When Love Tends To Become A Problem (LILEY) von EmiLy_RoHan (Remember, It Still Remains A Gift) ================================================================================ Kapitel 21: Mommy Knows Me -------------------------- WHEN LOVE TENDS TO BECOME A PROBLEM - REMEMBER, IT STILL REMAINS A GIFT LILEY Kapitel 21 Versteht mich nicht falsch, ich bin nicht weich geworden. Aber diese Sache ist schlicht und ergreifend zu viel für mich. Und Ollie hat so etwas in seiner Art und Weise, die mich aufbricht. Vielleicht hat ja auch der Alkohol meine Zunge gelockert. Es kommen sicher eine Menge Faktoren zusammen. Mir ist nur Mal aufgefallen, dass ich in der letzten Zeit ständig zusammenbreche... Alles, was ich weiß ist, dass ich jetzt in der Klasse sitze und Ms. Kunkle, meiner Englischlehrerin, beim Reden zuhöre. Oder ich sollte das zumindest tun, aber eigentlich starre ich nur den gelockten Hinterkopf vor mir an. Die braunen Locken meiner verletzten Liebe. „Truscott, hör mir gefälligst zu, wenn ich mit dir rede!“, ich kriege ein Kreidestück an den Kopf und funkele die verbitterte, alte Frau finster an. Ich hasse sie und sie hasst mich. Wir alle hassen uns. Ich werfe das Stück zurück, schenke ihr einen gehässigen Blick und ziehe eine Flasche aus der Tasche. Es ist eine Thermosflasche, aber ich habe keinen Tee dabei. Man kann mit so einem Ding ja nicht nur Warm halten, sondern auch kalt. Ich nehme einen Schluck und es brennt in meiner Kehle. Ich glaube, ich bin abhängig. Das kommt davon, wenn man so viel trinkt und raucht... da kann ja nichts Gutes bei raus kommen. Ich nehme einen zweiten Schluck und es brennt nicht mehr ganz so sehr. Eiskalter Wodka. Ich schließe für einen Moment entspannt meine Augen. Oliver deutet auf die Flasche und macht ein fragendes Gesicht, aber ich zucke nur mit den Schultern und lasse die Thermosflasche wieder zurück gleiten. Ich seufze zufrieden und schließe meine schmerzenden Augen erneut. Heute Nacht habe ich praktisch kein Auge auf meinem Sofa zugetan, weil ich genau wusste, dass ich heute Miley wiedersehe. Ich bin immer noch alles andere als gelassen, aber jetzt, wo wir nicht mehr reden, kann ich endlich wieder rauchen und mein Gemüt hat sich wieder einigermaßen beruhigt. Ich glaube man riecht den Alkohol aus meinem Mund und die Zigaretten an meinen Händen (weil man die Zigarette da ja am nächsten am Körper hat, stinken sie danach eben am meisten nach Rauch). Aber gut, wer an mir schnüffeln will, der kann es ja gerne machen. Die Tüten hat Ollie leider konfisziert. Eigentlich weiß ich ja, dass er das Richtige getan hat. Ich will nicht wirklich abhängig von diesem Zeug werden, das würde mein Leben noch mehr abfucken und das brauche ich nicht. Ich kriege das alleine auch ganz gut hin. Hat man ja gesehen. Na ja auf jeden Fall bin ich heute Miley wieder über den Weg gelaufen. Sie war mit Jack zusammen. Ihr wisst schon, dieser Skater, der mich immer von der Seite anmacht, weil ich besser bin als er. Außerdem ist er auch noch Drummer der Schulband. Ist wirklich seltsam, dass er mit Miles zum Ball geht. Ich hätte erwartet, dass er da spielen muss mit unserer Band. Mit Lisa Thompson. Mit der habe ich mich übrigens angefreundet. Ich lag vor ein paar Tagen in der Aula auf der Bühne und habe an die Decke gestarrt und über mein Leben nachgedacht. Und sie hat mich gefunden. Das war der letzte Tag, an dem ich zur Schule gegangen bin, bevor ich dann endlich den Entschluss gefasst hatte mich zu Hause einzuschließen. Das war auch so ungefähr der Zeitpunkt, an dem ich anfing mich gehen zu lassen. Das Papier und die vielen Flaschen liegen auch immer noch herum. Achtlos durch die Gegend geschleudert und lieblos in Ecken geworfen. Aber Oliver hat mir angeboten nachher vorbei zu kommen und alles mit mir zusammen aufzunehmen. Ich bin ihm sehr dankbar. Aber nun wieder zum eigentlichen Thema... Wie kann Miley nur mit Jack Patrick zum Winterball gehen? Der Kerl ist ein Arschloch und er kann nicht verlieren. Ich hätte wirklich erwartet, dass sie sich jemand Besseren sucht. Mich vielleicht... ja ich weiß, ein kindischer Wunschtraum. Aber ich kann mir nicht helfen, ich muss angesichts des Gedankens kotzen, dass sie mit ihm geht. Okay, er ist wenigstens besser als Jakey. Trotzdem hasse ich es. Ich will selbst mit ihr gehen. Sie hat heute noch kein Wort mit mir gesprochen. Ich stehe in der Reihe der Essensausgabe und seufze leise. Sie sitzt mit ihm und ein paar anderen Leuten zusammen und lächelt. Aber sie sieht nicht fröhlich aus. Es wäre schön zu wissen, dass sie mich wenigstens ein bisschen vermisst. Amber und Ashley stolzieren an mir vorbei und machen abfällige Handbewegungen, aber ich ignoriere sie und meine Aufmerksamkeit wandert zurück zu einer gewissen Brünette. Ollie hinter mir folgt meinem Blick und schüttelt leicht mit dem Kopf. Ja doch, Oliver. Ich weiß auch, dass sie mir noch nicht verziehen hat. Danke für die Hilfe. Ich rolle mit den Augen. Aber ich werde den Gedanken nicht los, dass sie sich da vorn unwohl fühlt. Sie redet nicht, nur wenn man sie anspricht und ihr Lächeln ist gefälscht. Es ist so falsch wie Ambers Nase. Und das will schon etwas heißen! Denn etwas ist selten so offensichtlich. Trotzdem scheint es niemand außer mir zu bemerken. „Sie ist traurig. Sie will nicht bei denen sitzen.“, sage ich sanft, als ich mich gegenüber von ihr an einem anderen Tisch niederlasse und versuche Blickkontakt herzustellen. Oliver folgt mir und setzt sich neben mich. Er fixiert sie mit seinem Blick und legt den Kopf leicht schief, als beobachtete er ein chemisches Experiment oder Ähnliches. „Findest du? Sie sieht doch ziemlich fröhlich aus.“, ich kann nicht glauben, wie leicht sie den sonst immer so sensitiven Oliver mit diesem Lächeln täuschen kann, aber ich lasse mich nicht so leicht abwimmeln. Ich habe sie wochenlang angesehen und studiert. Sie sieht auf und unsere Blicke kreuzen sich. Sie schaut wieder weg, hebt ihren Blick dann aber erneut. Ihre blauen Augen klären sich auf und ich kann mir ein leises Seufzen nicht verkneifen. Wie gerne würde ich sie jetzt in den Arm schließen und ihr nah sein. Sie lächelt schüchtern und wendet sich dann wieder Jack zu, der ihr ein breites Lächeln schenkt. Als sie sich wieder ihrem Lunch zuwendet, wandert sein Blick nach unten zu ihrem Ausschnitt und mein Blut kocht hoch. Er ist auch nur auf ihr Aussehen aus. Ich gebe zu, ich liebe es, wie sie aussieht. Aber bemerkt denn keiner von diesen Jungs ihre intensiven Augen? Oder die Tiefe ihres Blickes, der einem neue Welten öffnet, wenn man nur bereit ist einzutauchen? Ich frage mich, ob sie ihn wohl schon geküsst hat. Das macht mich rasend vor ungeteilter, schäumender Wut. Eifersucht. Miley und ich gehören zusammen. Miley und ich sollten ein Paar sein.. aber ich hab es vergeigt. Führ dir das vor Augen, Truscott. Du hast deine Chance vertan. Ich muss mich unbedingt bei ihr entschuldigen. In elf Tagen ist der Ball und Mileys Geburtstag. Was soll ich ihr nur schenken? Ich bin ratlos... ein Geschenk für Miley... ein Geschenk für Miley. Ich tippe mir mit dem Zeigefinger gegen das Kinn und denke nach. Hm... Was könnte meiner Miley gefallen... Soll ich ihr vielleicht einen Strauß rote Rosen schenken? Oder soll ich ihr vielleicht gleich mich schenken? In einem großen, eingewickelten Päckchen. Oder ich springe aus einer Torte. Gott... mit irgendetwas muss ich doch kommen können. Es kann doch wohl nicht angehen, dass ich meiner eigenen Freundin kein vernünftiges Präsent überreichen kann. Komm schon, Truscott, denk dir was aus! Nur noch so wenig Zeit! •◘○ Miley konnte Lillys Blick auf sich fühlen. Sie war insgeheim froh darüber, dass die Skaterin wieder zurück zur Schule kam, so konnte sie sie jeden Tag sehen. Sie war immer noch verletzt, aber sie vermisste ihre Präsenz und ihre Fürsorge. Allein in Lillys Blick spiegelten sich ihre Gefühle hundertfach wieder. Sie konnte die Liebe in ihnen hin und her wirbeln sehen. Aber vor allem die Sehnsucht. Sehnsucht nach ihr selbst. Sie vermisste die festen Umarmungen der Skaterin und ihre netten Worte, ihr warmes Lächeln, alles. Sogar ihre nervige Angewohnheit immer dann aufzutauchen, wenn Miley sich furchtbar fühlte und ebenso furchtbar aussah... Flashback „Miley? Miley?“, Klopfen an der Tür ließ die Pop-Prinzessin von ihrem Platz hinter ihrem Bett aufschrecken. Sie kannte diese Stimme und sie war alles andere als fröhlich, sie zu hören. „Um, ich komm jetzt rein, okay? Also, wenn du nicht angezogen bist... dann versteck dich bitte.“ Sie konnte sich ein kleines Kichern nicht verkneifen, obwohl sie sich so furchtbar fühlte. So wie jedes Jahr zu dieser Zeit. Die Tür wurde auf geschoben und ein blonder Kopf schob sich hinein und sah sich um. Als sie Miley nicht gleich entdeckte, zogen sich ihre Augenbrauen in der niedlichsten Weise zusammen, die sich Miley nur vorstellen konnte. „Ich bin hier, Lils.“, sie hörte sich verschnupft und krank an, aber sie war keines von beidem. Sie hatte nur seit zwei Stunden ununterbrochen geweint und es schien nicht so, als würde sie bald wieder aufhören. Lilly sprang sofort darauf an und wand den Kopf instinktiv in ihre Richtung. Ihre Augen weiteten sich leicht vor Entsetzen. „Miley! Ist alles in Ordnung bei dir?“, im Bruchteil einer Sekunde kniete sie bei ihr und zog eine schluchzende Brünette in ihre Arme, wiegte sie hin und her. Miley vergrub ihr Gesicht in ihrer Brust und schlang ihre Arme um Lillys Rücken, klammerte sich an die starke Blondine vor ihr. „Shh, ist doch alles gut. Ich bin ja jetzt da.“ Zehn Minuten saßen sie so da, während Lilly ihr beruhigende Worte zu flüsterte und die Pop-Prinzessin ganz nah an sich hielt. Ihre Wärme sickerte in Mileys Körper und das leichte vor und zurück Wiegen machte sie schläfrig. Sie wollte nichts anderes als sich neben die Surferin ins Bett zu legen und einzuschlafen. Sie gähnte leicht und spürte Lillys Kichern in ihrer Brust, bevor sie es hörte. „Müde, was? Wenn ich so viel geweint hätte, wäre ich wohl tot.“, Lilly küsste sanft ihre Schläfe und hob sie auf das breite Bett, deckte die Brünette sorgfältig zu, strich ihr über die Wange und lächelte. Miley streckte die Arme aus und die Blondine nahm sie in den Arm, blieb aber fest auf dem Boden stehen. Sie wollte sich wieder zurück ziehen, aber Miley hielt sie fest an sich. „Ich will jetzt nicht alleine sein, Lil. Könntest du.. würdest du?“, die ungestellte Frage blieb im Raum stehen, aber die Surferin gehorchte. Sie streifte ihre Schuhe ab und hob die Bettdecke sanft an, legte sich neben Miley und drehte sich auf den Rücken, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Die Brünette schmunzelte und schlang einen Arm um Lillys Bauch, schmiegte sich an sie und die Skaterin drehte sich auf die Seite, presste Miley an sich und vergrub die Nase in Mileys Locken. Die beiden seufzten zufrieden, aber anscheinend hatte die Surferin gerade andere Fragen im Kopf als die Brünette. „Was ist los, Miles? Erzähl mir, was mit dir los ist.“, sie küsste die Brünette auf die Stirn und sah ihr tief in die Augen. Das Türkis so intensiv, dass es Miley einen langen Schauer über den Rücken jagte. „Ist dir kalt?“ Lilly zog die Decke noch näher um sie und rubbelte sanft über Mileys Rücken. Ein warmes, prickelndes Gefühl stellte sich in ihrem Bauch ein und ihre Wangen wurden heiß. Sie konnte Lilly vertrauen. „Heute.. ist der Todestag meiner Mutter. Sie ist vor sechs Jahren an Lungenkrebs gestorben.“, neuerliche Tränen stiegen in ihre Augen und sie drückte sich fest gegen den anderen Körper neben ihr, der sich so gut unter ihren Fingern anfühlte. So lebendig. „Tut mir Leid, dass du jetzt dafür herhalten musst.“ „Shh... ist okay. Gar kein Problem.“, Miley lächelte leicht und strich mit ihrer Nase über Lillys Halsbeuge. Sie fühlte, wie sich die Blondine neben ihr leicht verkrampfte und ihr Puls anfing zu rasen, sie sich aber ansonsten nichts anmerken ließ. Miley gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange. „Du bist die beste Freundin, die man nur haben kann. Weißt du das eigentlich?“, Lilly gluckste und schüttelte sanft den Kopf. Die Pop-Prinzessin stimmte leicht schniefend ein, dann wurde sie wieder ernst, als sie einen kleinen Blick auf die Uhr warf. Es war schon fast zehn Uhr. „Bleibst du heute Nacht bei mir? Ich will nicht allein sein...“ „Sicher. Alles was du willst.“, zufrieden und glücklich lächelnd schloss die Brünette sanft ihre Augen und legte ihren Kopf vorsichtig gegen Lillys sich stetig hebende und senkende Brust. So beruhigend, so vertraut. „Schlaf gut, Miles. Morgen ist alles schon wieder besser, du wirst sehen.“ „Gute Nacht, Lil.“ Flashback Ende Lilly war immer für sie da gewesen, wenn sie sie gebraucht hatte. Gewollt oder Ungewollt. Mit einer helfenden Hand, einer Schulter, an die sie sich anlehnen konnte oder einem offenen Ohr. Und all die Zeit hatte sie nicht ein Mal an sich gedacht, sie hatte sich immer nur um Miley gesorgt und sich unendlich bemüht. Und sie hatte Miley geliebt, die ganze Zeit. Sie hatte sie geliebt, als sie mit Jake ausgegangen war und auch danach. Nicht ein einziges Mal hatte sie gesagt, sie konnte nicht mehr mit Miley zusammen sein, weil sie es nicht ertrug, nicht auf diese Weise von ihr geliebt zu werden. Und als Miley ihr ihre Liebe angeboten hatte... Da hatte sie sich an Rachel gewandt...? Irgendwie ergab das keinen Sinn. Nicht einmal in ihren Augen ergab das irgendeine versteckte Logik. Wieso sollte Lilly mit dieser Frau schlafen – ihrer eigenen Cousine – wo sie sich doch sicher sein konnte, dass Miley ihr allein gehörte? Hatte sie ihr etwa nicht geglaubt? War sie ihr vielleicht nicht genug gewesen? Womöglich weil Miley an diesem Nachmittag nicht mit ihr hatte schlafen wollen? Nein, das konnte nicht der Grund sein. Das war absurd. Lilly tickte nicht so einfach. Ihre Gedankengänge waren komplex und viel verzweigter. Sie hatte es einmal in Mathematik gezeigt, als sie die einzige Schülerin gewesen war, die dem Lehrer hatte folgen können. Der hatte damals selbst gesagt, dass Lilly großes Potential besaß. Sie schien es nur nicht zu benutzen. Außerdem hatte Miley einige von Lillys Texten gelesen. Kleine Kurzgeschichten. Manchmal über Liebe, manchmal über Verlust. Und obwohl sie Lilly nichts davon erzählt hatte, hatte sie auch einen kleinen Text über sich selbst unter all den Arbeiten gefunden. Es war auf ein kleines Stück Papier gekritzelt worden und hatte ihr Herz aufflammen lassen. Sie trug den Zettel seitdem immer bei sich. Die Skaterin würde ja sicher ohnehin nicht danach suchen. Zumindest schien es unwahrscheinlich. Und wenn sie das tun sollte, dann würde sie vermutlich zu dem Schluss kommen, dass sie ihn selbst verlegt hatte. Sie sah auf und traf ihren Blick. Lilly sah schäbiger aus als sonst, das musste sie zugeben. Sie hatte feine Augenringe unter den Augen und ihr T-Shirt war zerknitterter als für gewöhnlich. Ihre Haare zu einem leichten Pferdeschwanz gebunden, ihre Hose zerrissener als an anderen Tagen und zu ihrer Linken stand eine Thermosflasche, aus der die Skaterin einen unmissverständlichen Schluck von etwas nahm. Trotzdem... das schmale Gesicht und der starke Körper waren derselbe. Und ihre Augen zeigten keine Anzeichen von Schwäche oder Müdigkeit. Oliver hatte ihr erzählt, dass Lilly ihr Haus nicht mehr verlassen hatte, als sie auch nicht zur Schule kam. Das erleichterte sie einerseits, denn dann konnte sie sicher sein, dass Lilly ihre Zeit nicht mit Rachel verbrachte. Andererseits machte es sie traurig, denn Lilly sollte sich nicht so vergraben. Sie war doch ein Mensch der Menge... Sie schenkte der Skaterin ein kleines, schüchternes Lächeln. Neben ihr hörte sie ein leichtes Räuspern und sie wandte sich zum Verursacher des Geräusches. Jack lächelte ihr zu und sie konnte sich ein eigenes nicht verkneifen, auch wenn sie sich gerade mehr verwirrt als glücklich fühlte. Sie lächelte trotzdem, auch wenn sie es etwas heraus pressen musste. Er hatte sie zum Ball eingeladen und die beiden hatten sich etwas angefreundet. Sie musste zugeben, dass er gar nicht so übel war, wenn man ihn erst einmal näher kannte. Und anders als Jake, der ständig über Lilly herzog, erwähnte Jack sie nicht so häufig. Manchmal lobte er sogar die Skaterin, weil sie so begabt war. Er hatte Miley anvertraut, dass er gar nicht wirklich sauer auf die Blondine war, weil sie ihn damals geschlagen hatte. Es schien nur so, dass das immer alle von ihm zu erwarten schienen, er aber nichts gegen sie persönlich hatte. Sie glaubte ihm, denn er hatte dabei so ehrlich geklungen... Sie wandte sich wieder ihrem Mittagessen zu und ließ ihre Augen für eine Sekunde zur Skaterin huschen. Lilly war wütend. Und Miley wusste nicht wieso. •◘○ Der 23. November. Heute Abend ist der Ball. Und ich habe keine Partnerin. Aber das ist okay, ich werde wahrscheinlich sowieso nicht hingehen. Was soll ich da? Miley dabei zusehen, wie sie sich an Jack Patrick ran schmeißt? Nein danke, darauf kann ich sehr gut verzichten. Meine Thermosflasche ist leer, sie liegt auf dem Boden und ich fläze mich gelangweilt auf dem Sofa. Meine Mutter ist auch wieder da. Sie ist in der Küche. Jetzt wo ich so viel Zeit zu Hause verbringe, kann sie sich schlechter vor mir verstecken. Es ist ziemlich still in unserem Haus. Sie hört leise Radio und ich überlege, ob ich wirklich auf den Ball gehen soll oder nicht. Ich bin sogar schon fast fertig angezogen. Nein, ich trage kein Kleid und das hättet ihr euch auch denken können. Mein Körper ist in einen eleganten, schwarzen Anzug gehüllt. Eng und glänzend und teuer wie sonst was. Aber was tut man nicht alles, um wenigstens ein bisschen gut auszusehen. Meine Krawatte hatte ich gebunden, sie hängt jetzt aber wieder lose um meinen Hals und mein Hemd ist etwas aufgeknöpft, weil es hier so abartig warm ist. Meine Schuhe – natürlich auf Hochglanz poliert – blitzen im Licht der Stehlampe hinter mir. Der Ball ist in einer halben Stunde. Ich höre, wie meine Mutter das Radio etwas lauter dreht und stehe dann auf, wider besseren Wissens. Die Küche ist nur ein paar Schritte entfernt. Ich lehne mich gegen den Türrahmen und sehe zu meiner Mutter, die nur leise dasitzt, ein Buch in der Hand. Ich habe ihre Schokoladenvorräte wieder aufgefüllt, sonst wäre es noch aufgefallen. Und dann hätte es Ärger gegeben. „Hey... Mom.“, sie sieht auf und mustert mich mit mildem Interesse, als wäre ich ein Tier in einem Zoo, das sie nicht verstehen kann und eigentlich ziemlich abstoßend findet. Ich seufze leise und überlege mir, ob ich das wirklich tun will. Was tue ich eigentlich gerade? „Um.. ich wollte...“, ich lasse meinen Blick von ihrem Gesicht huschen. „Was ist es, Lillian?“, sie klingt harsch und ich zucke leicht zusammen. Alkohol hat mich schon immer irgendwie sensibler gemacht. Ob sie von ihrem Platz da vorne am Tisch wohl riechen kann, dass ich schon wieder drauf bin? Dieses Mal war es kein Wodka, es war Korn. Ich seufze erneut und drehe mich dann weg. „Egal, ist nicht so wichtig.“, warum ich überhaupt zu ihr gegangen bin, ist mir ein Rätsel. Es schockt mich allerdings, als ich eine kleine, warme Hand auf meiner Schulter spüre, die mich zurückhält. „Mom?“ Sie schüttelt nur mit dem Kopf und drängt mich ins Wohnzimmer, drückt mich auf eines der Sofas. Sie taxiert mich mit ihrem Blick und lässt sich in den Sessel mir gegenüber sinken. Sie überschlägt ihre Beine und verschränkt ihre Arme. Absolute Abwehrhaltung. Okay, was will sie jetzt von mir? Sie will sonst nicht einmal mit mir in einem Raum sein. Komisch. „Heute ist dein Winterball, Lillian. Wieso gehst du nicht hin?“, das schockiert mich ebenfalls. Woher weiß sie das? Okay, ich trage einen Anzug... aber mal abgesehen davon. „Du solltest hingehen, auf solchen Bällen können viele, gute Dinge passieren. Vielleicht triffst du ja endlich Mal einen netten Jungen, der dir gewachsen ist.“ Bei dieser Aussage ziehe ich unmissverständlich eine Augenbraue hoch. Ich soll einen netten Jungen finden? Wo war diese Frau nur in all den Jahren? „Mom, ich will keinen netten Jungen.“, das ist das erste Mal, dass ich es ihr gegenüber zugebe. „Ich bin lesbisch, Ma.“, sie rollt mit den Augen und greift nach einem Bier. Das ist die letzte Kiste, die von ungefähr zehn noch übrig ist. Sie macht eine Bla-Bla-Bewegung mit ihrer Hand und ich spüre, wie leichte Wut in mir kocht, aber ich halte mich zurück. „Lillian. Du und ich.“, sie bewegt ihren Finger zwischen uns beiden hin und her um ihre Worte zu unterstreichen, „Wir wissen, was wir von einander halten, stimmt's?“, na ja, es ist zwar nicht schön, aber ja. Ich nicke. „Ich will offen zu dir sein. Ich wollte nie Kinder haben und dein Vater hat mich dazu überredet. Und dann haut der Mistkerl nach fast fünfzehn Jahren Ehe einfach ab. Das war nicht einfach für mich.“, für Matt auch nicht, Ma, für Matt auch nicht. Ich nicke schon wieder, noch zwanzig Minuten bis zum Ball. Sie nippt an ihrem Bier. „Du bist meine einzige Tochter und ich will, dass du ein besseres Leben hast als ich. Aber das kannst du sicher nicht haben, wenn du weiterhin dabei bleibst, dass du... dass du eben DAS bist. Die Welt hasst solche Leute wie dich.“, ich packe ebenfalls ein Bier und öffne es wütend am Tisch, funkele sie böse an. „Ma, ich wurde mein ganzes Leben lang gehasst. Von Leuten an meiner Schule, von meinen Lehrern, von meinem Vater. Von dir. Ich kann mit Kritik umgehen, glaub mir das. Ich habe darin eine Menge Erfahrung und Übung.“, wieso sie jetzt mit mir darüber redet ist mir schleierhaft. „Außerdem... was nützt mir ein Leben, wenn ich nicht das bekomme, was ich will..“ Es ist mir heraus gerutscht. „Du wirst nie das bekommen, was du willst! Lillian, das Leben ist nicht so einfach. Noch bist du in der High School. Aber wenn du da erst einmal raus bist, dann fängt das richtige Leben an!“, sie knallt die leere Bierflasche auf den Tisch und richtet ihren grauen Anzug, glättet ihre schönen, blonden Haare. Meine Mutter war schon immer eine natürliche Schönheit, aber sie hat etwas von ihrem Glanz verloren. „Glaubst du etwa, mein Leben wäre einfacher als deins?! Ich hab viel zu viele Dinge, die mich die ganze Zeit in Anspruch nehmen. Ich habe es auch nicht leichter als du, Mutter! Ich muss mich mit einer zerbrochenen und vermutlich zum Scheitern verurteilten Beziehung herum schlagen, habe Probleme mit Alkohol, bin abhängig von Zigaretten und habe eine Familie, die mich nicht ausstehen kann!“, ich stehe auf und lehne mich gegen das Fenster hinter dem Sofa. Ich werfe einen kleinen Blick über meine Schulter. Es ist jetzt dunkel draußen. „Eine zum Scheitern verurteilte Beziehung? Ich wusste nicht, dass du überhaupt mit jemandem gehst. Bist du nicht diejenige, die mir vor gar nicht langer Zeit an den Kopf geworfen hat, dass sie sich nie wieder bindet? Hast du deine Meinung etwa schon wieder geändert? Sprunghaft.“, ich spüre die Kälte in ihrer Stimme. Es ist wahr, nach Tiff habe ich meine Mutter angebrüllt und ihr gesagt, dass ich nie wieder so verletzt werden will. Das hat ja prima geklappt. „Das geht dich nichts an.“ „Ich bin deine Mutter, natürlich geht es mich etwas an. Du bist meine Tochter, erzähl mir, was passiert ist. Es ist alles deine Schuld, nicht wahr? Das es nicht geklappt hat. Was hast du angestellt?“, die ganze Wut in mir verpufft. Sie hat Recht, es ist meine Schuld. Ich bin an allem Schuld. Ich schenke ihr einen unsicheren Blick und lasse mich zurück aufs Sofa sinken, vergrabe mein Gesicht in den Händen und ächze leicht. „Ich habe ihr weh getan und sie kann mir nicht verzeihen.“ Ich sehe auf, sie sieht aus dem Fenster, aber ich weiß, dass sie mir zuhört. „Ich habe sie betrogen.“ Ihre Ohren zucken. Diego kommt die Treppe hinunter getapst, ich kann ihn hören und wenige Sekunden später erscheint er im Zimmer. Er schlendert als erstes zu mir, dann zu meiner Mutter, die ihn auf ihren eigenen Schoß hebt. Die beiden sind ineinander vernarrt und ich kann partout nicht verstehen wieso. Meine Mutter ist ein Scheusal... aber Katzen urteilen ja nicht. „Und das ist der Grund, wieso du nicht zum Ball gehst? Weil sie dort sein wird?“, sie streichelt meinen kleinen Kater und lautes Schnurren erfüllt den Raum. Ich nicke und schaue sie erwartungsvoll an. Aber sie sitzt nur da und guckt mich an. „Was, keine Moralpredigt? Nicht einmal, dass ich mich schämen sollte, weil ihr ihr das angetan habe?“, ich höre ein Klingeln an der Tür. Noch zehn Minuten bis zum Ball, aber keine von uns beiden rührt sich. Ich starre meine Mom an und sie mich. Die Tür wird klickend aufgeschlossen und ich sehe zum Eingang. Dort steht Oliver. In einem hellblauen Anzug, er lächelt mich an. „Hey, Lil! Fertig für den Tanz?“, meine Mom hebt ihre Augenbrauen und setzt ein verschmitztes Lächeln auf. Ich sehe ihn verständnislos an. „Ich gehe nicht, Ollie. Das hab ich dir gesagt.“ „Unsinn. Du verpasst nicht den Winterball! Das kommt nicht in die Tüte! Jetzt komm, Sarah wartet im Auto. Und binde gefälligst deine Krawatte!“, ich stehe auf und gehe zu ihm, schenke meine Mutter und Diego einen letzten Blick, bevor ich ohne ein weiteres Wort verschwinde. Bye Mom. •◘○ Ihre Arme um seinen Hals geschlungen schwangen sie zu dem langsamen Lied hin und her. Sie seufzte leise und sah sich um. Viele Paare drehten sich auf der Tanzfläche, aber jedes Mädchen, das sie ansah, sah glücklicher aus als sie. Na ja, mit einer kleinen Ausnahme. Ihr Herz blieb fast stehen und der ganze Raum schien sich nur auf diesen einen Punkt zu reduzieren, als sie zur Tür blickte und sie dort stehen sah. Lilly. In einem eleganten, dunklen Anzug, ihr Hemd leicht aufgeknöpft, gerade oberhalb ihrer Brüste endend. Die Haare offen um ihr Gesicht hängend und die Krawatte ungebunden um den Hals schwingend. Sie hatte die Hände in den Hosentaschen und funkelte einen belustigt aussehenden Oliver finster an. Sie fletschte ihre Zähne. Und Miley wollte zu ihr laufen, aber sie tat es nicht. Lillys Augen suchten den Raum ab und fanden offenbar, was sie gesucht hatten. Ihre Blicke trafen sich und Lilly nickte ihr hastig zu, bevor sie sich abwandte und zur Bar verschwand – na ja, viel eher zu dem Tisch, auf dem der Punsch sein Zuhause hatte. Es schien, als wäre sie unvorbereitet auf den Ball gezogen worden, von eben dem Jungen, der sich jetzt hinter ihr her machte. Sarah wurde an ihrer Hand mit gezogen und sah mindestens genauso unzufrieden aus wie Lilly. Es schien, als hätte sie sich den Abend auch anders vorgestellt. Miley jedenfalls hatte keine Lust zu tanzen. Sie hatte in der Tat zu nichts Lust. Das war nicht Jacks Schuld, er hatte sich bemüht, aber sie konnte sich nicht darüber freuen. Ihr Kopf war jede Sekunde mit der Skaterin beschäftigt, die sich Punsch in ein Glas kippte und es hinunter stürzte. In einem Zug, das Gesicht verziehend. Vermutlich war der Punsch zu süß. „Alles okay?“, kam Jacks besorgte Stimme an ihr Ohr, als sie kurz stehen blieb. Er sah sie an und sie zwang sich zu einem kleinen Lächeln und Nicken und legte ihren Kopf zurück auf seine Schulter. Jacks Bewegungen waren – ähnlich denen von Jake – etwas ruppig und unpräzise. Sie vermutete, dass alle Jungs so etwas innehatten und es nicht ändern konnten. Aber sie mochte nicht herum geschoben werden wie ein Gegenstand. Wieder fanden ihre Augen die Blondine, die sie offenbar beobachtet hatte und jetzt wieder an dem Punsch nippte. Ihr Blick war intensiv und bestimmt und die Augenringe unter ihren Augen von vor ein paar Tagen noch waren verschwunden. Sie schien frischer, ausgeschlafener und vor allem aufmerksam. Es entlockte Miley ein kleines Lächeln und sie schenkte es der Surferin, die leicht unsicher zurück lächelte, eine Handbewegung in Richtung Raum machte und dann mit den Augen rollte. Miley kicherte leicht und nickte kaum merklich, damit ihr Date es nicht mitbekam. Lillys Stimmung wirkte gerade so, als hätte ihr jemand einen Schwung verpasst, denn das Grinsen der Skaterin wurde bei jeder Sekunde größer. In ihren Augen tanzte etwas Neues. Erleichterung vielleicht, dass Miley nicht mehr allzu sauer auf sie war. Sie konnte nicht sagen, dass sie nicht immer noch verletzt darüber war, aber Lilly schien es so schlecht zu gehen und es schien ihr so aufrichtig Leid zu tun, dass sie sich überlegt hatte... vielleicht wieder mit ihr zu sprechen. Sie könnten ja wieder beste Freunde werden... ein Fundament des Vertrauens aufbauen, bevor sie sich beide wieder Hals über Kopf in eine Beziehung miteinander stürzten. Auch wenn Miley es stark bezweifelte, dass sie die Finger von der Skaterin würde lassen können, wenn sie sich wieder umarmten oder einfach nur redeten. Komischerweise machte ihr der Gedanke, der Beziehung vielleicht noch eine Chance zu geben, gar nicht mehr so viel Angst, wie er es noch vor etwa einer Woche getan hatte. Miley vermisste die Anwesenheit ihrer zwei besten Freunde. Denn obwohl sie immer noch etwas mit Oliver unternahm... Lillys Schatten schwebte über ihnen und Ollie hatte nicht nur einmal versucht, ihr die ganze Sache von Lillys Standpunkt aus zu erklären. 'Lilly hat Angst davor sich zu binden. Weil es ihr das letzte Mal das Herz gekostet hat.' Oliver machte sich Sorgen um die Skaterin. Er hatte der Pop-Prinzessin erzählt, dass Lilly Drogen genommen hatte um die ganze Sache zu verkraften. Dass sie zu diesem Zeug gegriffen hatte, weil sie keinen anderen Weg mehr wusste, die Gedanken loszuwerden. 'Zumindest', dachte Miley, 'hat sie dieses Mal nicht wieder versucht sich umzubringen.' Trotzdem bereitete ihr die ganze Sache ebenfalls Kopfzerbrechen. „Hast du Spaß?“, sie hatten jetzt eine Stunde lang getanzt und Mileys Füße schmerzten etwas ungehalten in den hochhackigen Schuhen, aber es störte sie nicht zu sehr. Wenn sie tanzte musste sie sich nicht mit Jack Patrick unterhalten. Sie fühlte sich schlecht, weil sie seine Einladung angenommen hatte und sich trotzdem wünschte, er wäre eine gewisse Blondine. „Ja. Danke für den schönen Abend.“, die Antwort klang so ehrlich, wie sie sie hin bekam und er schien nichts zu bemerken. Sie seufzte innerlich erleichtert und ließ ihren Blick zurück zu dem Objekt wandern, das ihren Kopf mehr als jemals etwas anderes beschäftigte. Lilly. Sie lehnte an der Wand direkt neben der Tür, eine Zigarette in der einen und ein Glas Punsch in der anderen Hand. Sie schien hier etwas fehl am Platz. Ihr Hemd war immer noch aufgeknöpft und von der Wärme in der Halle hatten sich kleine Schweißperlen auf ihrem Körper gebildet. Miley schluckte, als ein Tropfen Punsch von ihrem Mundwinkel in ihren Ausschnitt fiel und langsam in ihrem Hemd verschwand. Lilly starrte an die Decke, zog geistesabwesend an ihrer Zigarette und blies den Rauch in kleinen, langsam aufsteigenden Ringen wieder aus. Die Lehrer hatten sie nicht getadelt und ihr auch nicht gesagt, sie solle doch bitte draußen rauchen, denn es wäre ohnehin unnötig gewesen. Sie würde nicht gehen, wenn sie es nicht wollte. Und das wusste auch jeder. Es war immer besser, sich nicht mit Lilly Truscott anzulegen, wenn man sein Leben behalten wollte. Auch wenn sie sich eingestand, dass Lilly viel von ihrer bösen Person eingebüßt hatte über die letzten Monate. Sie war nicht mehr ganz so wild, sie war gezähmt worden. Sie war sanftmütiger und lieber. Und Miley fragte sich, ob sie sich auch wieder ändern würde, wenn sie Miley vergaß. Der Gedanke ließ ihr einen Schauer über den Rücken laufen. Ob Lilly irgendwann bemerken würde, dass sie sich die ganze Sache mit Miley nur eingebildet hatte? Würde sie dann wieder ein solches Leben führen wie zuvor, bevor sie Mileys beste Freundin wurde? Nicht mehr zur Schule kommen, sehr viel öfter raus gehen und ständig irgendwelche Frauen abschleppen? Miley wusste nicht, was Lilly sonst noch alles getrieben hatte, bevor sie sich änderte. Lilly war in ihrer Gegenwart stets so reserviert gewesen, was ihre Vergangenheit anging. Manchmal sogar über Dinge, die explizit ihre Persönlichkeit betrafen. Sie hatte nichts preisgeben wollen und hatte immer geschwiegen. Sie war ein kleines Mysterium geblieben in bestimmten Bereichen ihres Lebens. Zum Beispiel, was ihr widerfahren war, dass sie versucht hatte sich das Leben zu nehmen. Jack machte sich leicht von ihr los und lächelte. Sie hatte den Jungen hinter ihm nicht bemerkt, der ihn am Arm zog. Es wirkte dringend und Jack Patrick versuchte, ihn zu besänftigen. Irgendetwas schien falsch zu laufen und Miley wusste wieder einmal nicht, was um sie herum geschah. „Tut mir Leid, Mile. Ich muss den Trotteln da hinten mit dem Schlagzeug helfen. Die haben es doch tatsächlich geschafft es zu schrotten, kannst du das glauben? Da macht man einmal eine Pause, und dann so ein Scheiß!“, er grinste und lachte leicht und Miley schenkte ihm ein warmes Lächeln. „Kein Problem! Rette du nur dein Schlagzeug!“ •◘○ Ich rauche inzwischen schon meine sechste Zigarette von heute Abend und seufze leise in mich hinein. Fast eineinhalb Stunden Miley und Jack beim Tanzen zusehen... ich wusste, dass es keine gute Idee sein würde, her zu kommen. Jetzt lerne ich meine Lektion. Ich ziehe wieder und nehme einen Schluck Punsch. Das Zeug schmeckt wie purer Zucker vermischt mit einer Art verfaulter Zitrone. Ich hatte mir ja erhofft, dass irgendjemand ihn mit Alkohol gespickt hat. Aber nichts dergleichen. Ich trinke das Zeug trotzdem. Wieso? Ich habe einfach nichts anderes zu tun und es ist wirklich bitter, wenn man mal näher darüber nachdenkt. Big O und Saint Sarah haben sich vor etwa zehn Minuten gestritten. Ich glaube, sie haben sich getrennt, aber ich bin mir nicht ganz sicher. Ollie sitzt alleine an einem Tisch und sie hat sich in die Mädchentoilette zurück gezogen. Ich habe nicht das Bedürfnis mich auch nur einem von ihnen zu nähern. Ich wusste von Anfang an, dass das mit den beiden nicht gut ausgehen kann. So jemand wie Mr. Smokin' Oken und so jemand wie Sarah?? Niemals. Niemals sage ich euch! Aber auf mich hört ja sowieso nie irgendjemand. Also was soll überhaupt meine Mühe. Miley und Jack trennen sich auf der Tanzfläche und sie sieht für einen Moment offensichtlich erleichtert aus. Vielleicht ist er ja doch nichts für sie. Ein Lächeln huscht über meine Lippen. Ich habe sie aus den Augenwinkeln die ganze Zeit beobachtet. Nur für den Fall, dass er etwas zu mutiges mit ihr wagt. Ich bin sehr beschützerisch und äußerst eifersüchtig. Er verschwindet hinter der Bühne, die extra für die Schulband aufgebaut wurde und Miley macht sich auf den Weg von der Fläche. Sie scheint Oliver zu entdecken, denn sie geht langsam auf ihn zu. Sie schaut sich um, erwischt meinen Blick und bleibt stehen. Ich frage mich, ob sie darüber nachdenkt, zu mir zu kommen. Ich wäre so glücklich, wenn sie es täte. Aber noch bevor ich auf den Impuls reagieren kann zu ihr zu gehen, presse ich meinen Kiefer fest zusammen. Jake hat eine Hand auf ihre Schulter gelegt und flüstert ihr etwas ins Ohr und sie nickt etwas unverständlich. Er nimmt ihre Hand und zieht sie in Richtung Hinterausgang. Der Ausgang, an dem ich nicht stehe. Ich frage mich, was er vor hat. Vermutlich will er sie jetzt wieder haben. Vielleicht hat er ja endlich eingesehen, was für ein dummer Idiot er gewesen ist. Sie wirft mir einen Blick über die Schulter zu und schenkt mir ein kleines Lächeln. Ich muss heute unbedingt mit ihr reden. Da sind zu viele Dinge, die ich sonst verlieren würde. Und ich brauche sie. Ich bin ohne sie nicht vollständig. Die beiden verlassen die Halle und etwas in meinem Kopf springt an. Wieso nimmt er sie mit nach draußen... und wieso durch den Hintereingang? Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen, drücke die noch brennende Zigarette in mein halb volles Punsch-Glas und stelle es auf einen nahen Stehtisch. Ich stecke mir ein Kaugummi mit Pfefferminz-Flavor in den Mund und stürme zur Tanzfläche. Sie ist ziemlich voll und ich muss mich an jedem einzelnen von ihnen vorbei quetschen. Die große Uhr an der Wand tickt bedrohlich und zeigt mir genau, wie viel Zeit schon verstrichen ist. Aber die beiden kommen nicht wieder. Schon fünf Minuten. Ich komme an Ollie vorbei und er packt mich am Arm. Ich ächze ungehalten und bleibe nur widerwillig stehen. „Ollie, ich habe jetzt keine Zeit. Irgendetwas stimmt mit Miley nicht.“, er nickt und lässt mich los, starrt wieder auf den Tisch vor sich und ich seufze und lege eine Hand auf seine Schulter. „Wir reden später darüber, okay? Ich bin gleich wieder da.“ Ich drücke seine Schulter einmal fest und schenke ihm ein aufmunterndes Lächeln, auch wenn mir gerade wirklich nicht danach ist und schwinge mich wieder in die Menge. Er sieht mir nach und ich kann das Lächeln auf seinen Lippen fühlen. Es ist unheimlich wie gut wir beide einander kennen. Sieben Minuten. Ich gehe immer schneller, stoße ein paar Footballspieler zur Seite, die mir mit rügen Gesten hinterher winken, aber ich ignoriere sie. Sie sind nicht wichtig. Miley ist wichtig. Sie ist jetzt die einzige, die zählt. Niemand sonst. Sie ist der wichtigste Mensch auf der ganzen Welt. Und für mich... bedeutet sie viel mehr als das. Ich schlucke einmal kurz und stoße die Hintertür fest auf, sehe mich um. Aber es nichts zu sehen. Ich sehe nach links und nach rechts. Niemand ist da. Ich bin völlig allein. Und es ist diese Tatsache, die mir mehr Angst macht als alles andere. Miley ist nicht mehr da. Ende Kapitel 21 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)