Thursdays Fault von Arcturus ================================================================================ Fool and Foe ------------ Fool and Foe Der Plan war simpel. Im Gebäude, eine alte Fabrik, in der vor zwei Jahrzehnten einmal Automobile hergestellt worden waren, befanden sich acht Dämonen, welche versuchten, eines der Siegel zu brechen. Vier der Brüder sollten durch den Osteingang eindringen, die drei anderen durch den Südeingang. Kein Dämon durfte überleben. Das Siegel durfte nicht gebrochen werden. Vier Brüder, das waren Bahram, Gediel, Dameal und Rael. Die drei anderen waren Ardarel, Paniel und er. Den Oberbefehl hatte Bahram, er war der Zweite im Kommando. Sie lauerten am südlichen Eingangstor, jeder von ihnen in seiner eigenen menschlichen Hülle, Paniel als einziger bewaffnet, und warteten auf den Sturmbefehl. Er hatte keine Zeit, nervös zu sein. Zeit zur Vorbereitung hatte es nicht gegeben. Daran war er gewöhnt. Drei seiner Brüder, die an diesem Angriff teilnahmen, kannte er nur vom Sehen, einen nicht. Es war unwichtig. Der Befehl kam, unhörbar für die Dämonen aber hörbar für sie und er ließ die Tür allein durch die Wucht seiner Gnade aufschlagen. Er hörte, wie die alten Glühbirnen, die einst die Halle erhellt hatten, zerbarsten. Es waren keine acht Dämonen in der Halle. Es waren neunzehn und er spürte nur, wie der Angriff Paniel neben ihm unerwartet traf und ihn einfach vernichtete. Dann war er in Bewegung. Der erste Dämon starb unter seiner Hand, vielleicht überlebte der besessene Mensch, er hatte keine Zeit, um sich darum zu kümmern. Eine Macht traf seinen Körper und schleuderte ihn durch den Raum. Abfangen konnte er sich nicht. Er traf die Wand hart und hörte die Knochen der menschlichen Hülle brechen. Ihn selbst verletzte es nicht, doch es brachte ihn aus der Balance. Dann prallte eine Faust mit übermenschlicher Wucht gegen seine Schläfe. Bevor er sich aufrappeln konnte, waren sie über ihm und sie waren zu dritt. Er hob die Hand, die heiligen Worte bereits halb gesprochen. Eine andere Hand packte seinen Arm und schlug ihn zurück auf den Boden. Lange schwarze Finger pressten auf die Augen seiner Hülle. Andere drückten auf seinen Hals. Er konnte nur den Mund halb erschrocken, halb entsetzt öffnen. Er fühlte den Angriff in jeder Faser seines Körpers. Er spürte den Druck und widersetzte sich mit all seiner Kraft, die langsam schwand. Er wusste, dass seine Gnade wich und nur Leere zurück ließ. Der Druck verschwand plötzlich. Warme Flüssigkeit benetzte sein Gesicht und als er die Augen seiner Hülle öffnete, sah er durch einen roten Schleier. Seine rechte Hand war wieder frei, packte den Dämon, der die Linke hielt, und beendete, was er begonnen hatte. Der dritte Gegner starb durch Paniels Schwert. Wieder packte ihn eine Hand beim Arm, zog ihn diesmal in die Höhe. Er blickte in tintenschwarze Augen. Dann erkannte er sie und wusste, dass das Schwert ihre Hände verbrannte und sie es ignorierte. "Ihr habt ein beschissenes Timing." "Du!" "Für Dankesreden ist später Zeit. Unter Umständen." Die Wucht der Erkenntnis, dass Bahram erloschen war, traf ihn und ließ ihn nur für den Bruchteil eines Augenblicks taumeln. Sie war verschwunden, als er die Konzentration wiedererlangte und dann hatte er die nächsten zwei Dämonen wortwörtlich am Hals, fegte den einen mit der ihm verbliebenen Kraft von sich, sodass er einen dritten mit sich riss und Ardarel damit gerade genug Luft gab, um sich wieder zu fangen. Der Zweite nutzte die Lücke in seiner Verteidigung und zwang ihn erneut zu Boden. Es gelang ihm, eine Faust gegen das Kinn des Feindes zu platzieren, doch die Kraft der Attacke reichte nicht aus. Ein Knie - zumindest vermutete er, dass es sich um ein Knie handelte, bohrte sich in seinen Magen. Den Schmerz, der jetzt auch ihn traf ignorierend, schlug er erneut zu, diesmal mit Erfolg. Er brachte sich über den Feind, ein dritter Schlag und ein vierter, dann die Hand auf das Gesicht und einen Moment später stand es nur noch elf zu vier. Das Gewicht eines Körpers begrub ihn unter sich und er brauchte einen Augenblick, um zu realisieren, dass es eine Leiche war. Er kämpfte sich wieder hoch, spürte nur, wie Ardarels Klinge gegen die von Paniel in ihrer Hand klirrte. Sie fluchte und setzte zurück und fiel über einen der leblosen Körper. "Nicht sie!" Er hatte seine Stimme erhoben ohne zu denken. Das war ein Fehler, das wusste er, auch ohne Ardarels Blick. Kein Engel beschützte einen Dämon. Das war gegen jede Regel. Das war gegen den Plan. Sie war wieder auf den Beinen, das ätzende Schwert noch fester in der Hand, nicht irritiert von dem letzten Aufleuchten, das Rael hinterließ als er starb, seine Feinde zwischen sich und Ardarel bringend. Zehn zu vier, ohne Rael, mit ihr. Er stand wieder, Ardarel in seinem Rücken, drei Dämonen gegen sie beide. "Was war das?" "Gehört zu den Winchester-Brüdern." Es war das Erste, das ihm einfiel, und es war wieder ein Fehler und dann war es egal, weil Ardarel in seinem Rücken starb und zwei der Bastarde mit sich nahm. Den dritten übernahm Dameal, der gerade genug Luft hatte, um dem Feind die Hand gegen den Hinterkopf zu schlagen. Der Schlag des Vierten, der ihr entwischt war und den er zu spät bemerkte, traf ihn nicht unerwartet, aber hart. Er taumelte zurück, ging diesmal nicht zu Boden aber fand die Wand in seinem Rücken und hätte beinahe geflucht, hätte er mehr Atem gehabt. Ein leises Stimmchen fragte sich, wieso er überhaupt Atem brauchte und ein anderes, seit wann er fluchte, doch er übertönte beide mit einem Schrei, als sich etwas in seinen Arm bohrte, das eigentlich auf sein Herz gezielt hatte und dieses nur dank seiner mittlerweile stark beeinträchtigen, aber nach wie vor vorhandenen Reflexe verfehlte. Panik flutete über ihn, wie er sie lange nicht gespürt, vielleicht sogar noch nie gespürt hatte. Seine gesunde Hand ging zu dem unbrauchbaren Ellenbogen und der nächste Schlag verfehlte nur um Millimeter. Er ging halb zu Boden, trat gegen die Füße, die er mit seiner schwindenden Sicht kaum mehr erkennen konnte, traf doch, war wieder auf den Füßen, taumelte, schlug der Länge nach hin, als er einer weiteren Attacke auswich und hatte dann Ardarels Schwert in den Händen. Er stach blind zu, sein Feind hatte hingegen vielleicht gezielt. Er traf die Brust - nicht das, was bei der menschlichen Hülle das Herz gewesen wäre, sondern tiefer, aber die Brust - sein Feind seine Schulter und er schrie wieder. Der Schmerz ließ nicht nach, doch er bekam ihn irgendwie halb unter Kontrolle, zumindest so weit, um wieder sehen zu können und sah nichts mehr, denn der Feind war verschwunden, wenn nicht tot, dann aber doch verletzt genug, um den Rückzug anzutreten und das Schwert lag neben ihm auf dem Boden, ohne dass er das Klirren des Aufschlags gehört hätte. Es machte ihm keine Angst, schlicht, weil er schon jenseits aller Angst war. Seine zitternden Finger fanden den Griff des Dolches, der in seiner Schulter brannte, zuckten zurück, als selbst das Leder seine Finger verätzte, und griffen dann doch zu und zogen die Schneide aus der Wunde, bevor ihn die Kraft verließ. Stöhnend drehte er sich auf die Seite und dann auf den Bauch, um wieder auf die Knie zu kommen, weil er nicht mehr weiter kämpfen konnte, aber weiter kämpfen musste. Die Feinde nahmen ihn noch nicht wahr, doch er konnte daraus keinen Vorteil mehr ziehen. Selbst das Zählen fiel ihm unglaublich schwer. Vier Dämonen noch. Nur noch vier. Die leise Stimme in seinem Hinterkopf war wieder da und raunte ihm zu, dass es vier zu viel waren. Gegen den Angriff, der ihn wieder zu Boden drückte, wehrte er sich nur noch halbherzig. Er spürte wie er zitterte und es kam ihm irreal vor. Er biss sich auf die Unterlippe, als er bemerkte, dass er den Mund zum Flehen geöffnet hatte. Und dann war Dameal da, mehr verzweifelt als mutig, aber mit einem Schwert, das genügte, um ihn erneut zu retten. Sein Bruder, den er nicht kannte, zog ihn auf die Beine, sagte etwas, das sein Bewusstsein nicht mehr erreichte, dann verschwand er wieder, denn es waren noch immer drei Dämonen zu viel und er gab sich einen Ruck, blickte in sich hinein, fand nur blanke Angst, packte sie, riss sie hervor und stürzte sich mit einer Kraft, die er nicht mehr hatte, auf den Gegner, der gerade von einer ihrer Attacken getroffen auf ihn zu taumelte. Sie tauschten Schläge, eins, zwei, drei, dann konnte er nicht mehr zählen, denn er spürte Dameal nicht mehr, lag unten und hob die Hand. Die heiligen Worte musste er erzwingen. Die Leiche des Mannes begrub ihn unter sich. Dann war es still. Der Augenblick verstrich so quälend wie die letzten zweitausend Jahre und er hörte nur sein eigenes verfluchtes Atmen, das eigentlich seiner Hülle gehörte und nicht ihm und hatte nicht mehr die Kraft, sich zu fragen, wieso er es überhaupt hörte. Sie kippte ihm das heilige Wasser ins Gesicht, das einer seiner Brüder mit sich gebracht haben musste und endlich schaffte er es, sie in seinem Blickfeld zu fokussieren. "Ich frag nicht, ob's dir scheiße geht. Ich seh's." Sie grinste furchtbar schief und unfroh, das Gesicht an mehreren Stellen sprichwörtlich aufgeplatzt, über und über mit Blut besudelt, ihrem eigenen und dem ihrer Feinde, ihrer Feinde, die eigentlich ihre Gefährten hätten sein sollen, mit klaffenden Schnitten in der Kleidung und der darunter liegenden Haut. "Die anderen..." Sprechen fiel ihm schwer, aber nicht so schwer, wie er erwartet hätte, vielleicht, weil sie die Leiche von ihm gewuchtet haben musste als er, zu schwach um die Augen zu schließen, ins Leere gestarrt hatte. "Tot. Wenn ihr Engel das so nennt." Er nickte und sie verhalf ihm zu einer aufrechten Position, als sei es das Normalste der Welt. Es wunderte ihn, dass er in der Lage war, zu sitzen ohne vor Schmerz zu vergehen, während sie sich über ihn beugte und die Wunden in seinem Arm und der Schulter betrachtete. Sie sagte nichts und er war zu schwach zum Sprechen. Die Verbände - aus dem Hemd eines der Leichen gerissen - waren nur eine Geste, das wussten beide, denn sie versorgten die eigentlichen Schäden nicht, weil sie sie gar nicht erreichten. Dennoch fühlte er sich seltsamerweise besser. Dann verließen sie die Fabrik, durch den Ostausgang, gestützt aufeinander und sich gegenseitig schleppend, nur kurz den Weg hinab, weil ihn dann die Kräfte verließen. Sie ließ ihn ins feuchte Gras des Morgens, der sich noch nicht am Horizont abzeichnete, sinken und verschwand in der Dunkelheit. Gerade als er überlegte, ob seine Kraft reichte, um einen seiner Brüder, der ihm würde helfen können, zu kontaktieren - er wusste sehr wohl, dass es nicht genug war - kehrte sie doch noch zurück und ließ zwei Beutelchen in seinen Schoß fallen. Sein Verstand war zu müde, um zu überlegen, um was es sich bei den kleinen Behältern aus dünnem braunen Stoff handelte. "Der eine hält Dämonen fern, der andere verstärkt die Selbstheilungskräfte." Er nahm beide in die Hand und begutachtete sie schwach. "Ich war früher mal eine Hexe." "Ich ein Priester." Sie seufzte und setzte sich zu ihm ins Gras, in den Händen ein drittes Gefäß, vielleicht aus Glas und die Augen auf seinen zwei Wunden. Ihr Blick huschte nur kurz hoch zu seinem Gesicht. "Ruby." "Castiel." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)