I need you von Crimson_Butterfly (Das Lächeln seiner Seele) ================================================================================ Kapitel 5: What your eyes do not see ------------------------------------ Der nächste Morgen brach für meinen Geschmack zu schnell an. Stöhnend rollte ich mich auf die Seite und versuchte zu verhindern, dass mein Gehirn innerhalb der nächsten Minuten explodierte. Ich war mir zu hundert Prozent sicher dass mich entweder ein LKW oder ein Panzer überfahren hatte. Natürlich gab es noch die Möglichkeit, dass ich so Lebensmüde gewesen war und mir die ganze Nacht das Gejaule von Michael Jackson angetan hatte. Die Erinnerungen an den vergangenen Tag drangen nur Bruchstückhaft in mein Gedächtnis vor. Ich legte die Hand an meinen dröhnenden Schädel und fragte mich ernsthaft, welche Drogen ich geschluckt hatte, dass ich solche Halluzinationen bekommen hatte. Ich war ein Fabelwesen und hatte in der Hand von Alec gesessen. Was für ein Albtraum. Ich vergrub das Gesicht in dem Kissen und öffnete widerwillig die Augen, als mich ein ungutes Gefühl beschlich und mir kalt über den Rücken jagte. Irgendetwas war hier Oberfaul und diesen Eindruck gewann ich nicht nur, weil es stark nach Zigarren roch und ich mir definitiv sicher war, dass ich noch niemanden erlaubt hatte, in meiner Wohnung, diese stinkenden Dinger zu rauchen. Ein vorwitziger Sonnenstrahl bahnte sich einen weg durch die geschlossenen Vorhänge und stach mir direkt in die Augen. Schützend hob ich den Arm und sah mich um. Wieso erschien alles so riesig? Ich zuckte die Schultern und gähnte ausgiebig, während ich meine steifen Glieder streckte. Das lag sicher an den Nachwirkungen des Rauschmittels, dass ich offensichtlich zu mir genommen hatte, auch wenn ich mir nicht erklären konnte, weshalb ich gegen meine eigenen Moralvorstellungen verstoßen sollte. Ich senkte den Blick, um die Decke zurück zu schlagen. Der Kiefer fiel mir bis zum Boden. Ich lag in einer Zigarettenkiste, die mit irgendwelcher Bettwäsche ausgelegt wurde, die scheinbar für Spielzeug gemacht worden war. Sah mir verdächtig nach Barbie aus. Stirnrunzelnd suchte ich nach irgendeinem Anhaltspunkt, der mir Bewies, dass dies nur ein makaberer, schlechter Scherz war. Verdammt! Wo waren diese verfluchten Kameras? Ich gehörte in keine Irrenanstalt. Zumindest glaubte ich das, aber inzwischen war ich mir da gar nicht mehr so sicher. Tränen schossen mir in die Augen. Und erst in diesem Augenblick bemerkte ich den warmen Atem, der mir durch die Haare strich. Zögernd drehte ich mich um und sah direkt in das fein geschnittene, ebenmäßige Gesicht von Alec, der ruhig in meinem Bett lag und schlief. Moment Mal! Diese ganze verrückte Geschichte entsprang nicht nur meiner kranken Fantasie? Ich hatte mir das alles nicht nur eingebildet und ich war tatsächlich sowas wie eine … Elfe? Ich musste zu meinem Psychiater. Das gab es doch alles gar nicht. Wo waren die Männer mit der Zwangsjacke? Hysterisches Gelächter bahnte sich einen weg durch meine geschlossenen Lippen und erfüllte schon wenige Minuten später den Raum. Mein Therapeut war meine letzte Hoffnung, ansonsten würde ich ihn auf Knien darum anbetteln, dass er mich in eine geschlossene Anstalt einwies. "Gut geschlafen, Angel?" Im ersten Augenblick fehlte mir die Stimme, um etwas zu antworten, im zweiten waren meine Gedanken leer, um ihm irgendeine Beleidigung an den Kopf schmeißen zu können. Was zum Teufel erwartete er? Das ich jetzt Freudestrahlend nicke und so tat, als wäre ich kein sechzehn Zentimeter großer Zwerg? Wütend verschränkte ich die Arme vor der Brust und trommelte ungeduldig mit den Fingern auf meinen Oberschenkel. Was sollte ich jetzt machen und was war die klügste Vorgehensweise? Alec ignorierend sann ich darüber nach, wie mein Leben zukünftig aussehen sollte. Immerhin konnte ich kaum erwarten, dass meine Umwelt mit Verständnis darauf reagierte, dass sich in ihrer Mitte zukünftig ein Winzling aufhielt. Wie konnte ich nur in diesen Schlamassel geraten? Sekunde! Wieso geriet ich eigentlich nicht mehr in Panik? Ein Teil von mir, ich wusste zwar nicht welcher, aber dieser schien die unleugbare Tatsache inzwischen als gegeben hinzunehmen, nachdem ich den ersten Schock halbwegs verdaut hatte. Grob griff ich mir in die Haare und zog die Knie an meine Brust. Sollte das etwa bedeuten, es gab keine Möglichkeit, um in meinen alten Körper zurückzukehren und weil ich das wusste, hatte ich innerlich bereits aufgegeben? Das Herz schlug mir schmerzhaft gegen die Rippen und der Horror saß mir im Genick. Ich wollte nicht auf ewig in dieser Gestalt gefangen sein. Es gab doch noch soviel, dass ich erleben und machen wollte. Ich sollte aufhören in Selbstmitleid zu ertrinken. Das brachte mich nicht weiter. Alec schien mich diesmal genauso mit Schweigen zu strafen, wie ich das bei ihm ein paar Minuten zuvor getan hatte. Wortlos stand er auf und mir schoss das Blut heiß in die Wangen, als ich feststellte, dass er vollkommen nackt war. Beschämt wandte ich das Gesicht ab, obwohl das kleine Teufelchen in meinen inneren mich dazu zwang, einen Blick über die Schulter zu riskieren. Erschreckt weiteten sich meine Lider, als ich die Narben auf der Sonnengebräunten Haut seines Rückens entdeckte, die sich teilweise von den Schultern bis zu seinen Schmalen Hüften zogen. Diese unansehnlichen Verletzungen wiesen eindeutige Merkmale auf und deshalb war die vernünftigste und vor allem logischste Schlussfolgerung, dass er bereits mit einer Peitsche Bekanntschaft geschlossen hatte. Ich konnte nicht verhindern, dass ich eine Grimasse schnitt und mich fragte, wer ihm das angetan hatte. Hatte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank? Hallo … dieser Kerl war Jamie Alec Draycott … Leise fluchend hätte ich mir selbst in den Hintern treten können. Dieser Typ war nicht nur ein Stalker und Nervtötend dazu, er hatte scheinbar auch seltsame Vorlieben, den soweit ich wusste, gab es diese Form der Bestrafung nur in der Sexuellen Szene, wo Masochisten und Sadisten aufeinander trafen. "Denk doch was du willst", sagte er beinahe beleidigt und langsam begann ich mich ernsthaft zu fragen, ob er meine Gedanken lesen konnte. "Ja verdammt, dass kann ich und jetzt hör auf mein Gehirn mit deinen dummen Mutmaßungen zu füllen, sonst platzt mir noch der Schädel." Empört straffte ich die Schultern und setzte dazu an, ihn mit den schlimmsten Schimpfwörtern zu belegen die ich kannte, wurde jedoch unterbrochen, als er sich zu mir umdrehte und ich plötzlich seine Vorderfront vor Augen hatte. Ich errötete bis zu den Zehenspitzen und versteckte mich unter dem Stück Stoff, dass wohl den Namen 'Decke' weniger als verdient hatte. "Willst du dich nicht waschen?", fragte Alec und ich wagte es kaum mich zu rühren, geschweige den zu atmen. "Ich kann dir Wasser in das Waschbecken einlassen oder möchtest du mit mir in die Wanne?" Wo war der kultivierte, taktvolle, junge Mann hin, der mir den Schlaf geraubt hatte? Alec erinnerte mich in Augenblick stark an einen Möchtegern-Macho. Entsetzt schrie ich auf, als er mich plötzlich hoch hob und auf seine Hand setzte. Auf diese weise konnte ich direkt in seine giftgrünen Augen sehen, die schelmisch aufblitzten und sich über meine Verlegenheit amüsierten. "Entscheide dich, sonst wirst du tun was ich will." Nervös bog ich mich unter seinem intensiven Blick. "Dir ist klar, dass es Dinge gibt, die nicht einfach übersehen werden können, oder?", fragte ich ihn mit hochrotem Kopf. "Ansonsten erkläre ich dir gerne den unterschied unserer Geschlechter." Alec grinste mich nur unverschämt an und achtete nicht auf meinen lautstarken Protest, als er in das Badezimmer ging und die Tür abschloss, damit ich keine Fluchtmöglichkeit hatte. Er setzte mich auf dem Waschbecken ab, beugte sich vor und drehte am Wasserhahn der Dusche. Alec hielt seine Finger unter den Duschkopf und prüfte die Wassertemperatur. Der Raum wurde schon bald von dichten Schwaden heißen Dampfes gefüllt, die den Spiegel des Hängeschrankes und die Milchglasscheibe des Fensters benetzten. Ich seufzte resigniert auf und fügte mich in mein unausweichliches Schicksal. In der Realität hatte ich noch keinen nackten Kerl gesehen. Nur in Filmen. Zumindest nahm ich das an. Alec zog plötzlich eine Tasse hervor, wo er die plötzlich her hatte war mir ein Rätsel, und füllte sie mit heißem Wasser, bevor er sie auf dem Waschbecken abstellte. "Damit ich Eure Augen nicht mit meinen grausigen Anblick beleidige, Mylady", meinte er sarkastisch und vollführte eine spöttische Verbeugung, bevor er unter der Dusche verschwand und mich nicht mehr beachtete. Tief aufseufzend schüttelte ich den Kopf und kletterte in meine persönliche Badewanne. Ein winziges Stück Seife schwamm auf der Wasseroberfläche. Wie umsichtig von ihm. Nachdenklich starrte ich auf den Duschvorhang. Hieß das jetzt, wir führten Krieg oder dass wir die Waffen erstmal niederlegten? *** Bis vor ein paar Minuten hatte ich vermutet, dass diese ganze, makabere Angelegenheit nicht mehr schlimmer werden könnte, aber scheinbar hatte ich mich geirrt. Die Demütigungen schienen kein ende zu nehmen und Alec hatte davon wohl einen unerschöpflichen Vorrat. "Hallo Barbie", sagte ich Grimassen schneidend zu meinem Spiegelbild und zupfte an den billigen Stoff, der für die Kleidung dieser Gummipuppen verwendet wurde. Hatte er seine kleine Schwester beklaut? "Soweit ich mich erinnere hatte ich erwähnt, dass ich keine Familie habe." Ein Muskel in meiner Wange zuckte. "Erstens: Hör auf meine Gedanken zu lesen. Zweitens: Dann bist du Schwul." Mit einer unirdischen und Geisterhaften Eleganz schloss er die Knöpfe seiner Hose, die ihm trotzdem tief auf den Hüften hing und seine Beckenknochen und die Bauchmuskeln betonte. Seine Bewegungen waren gewandt und perfekt bis ins kleinste Detail. Eine solche Anmut hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen, kein Kunststück wenn man sich nur an die letzten zwei Jahre erinnerte, und gerade deshalb schien er wohl eine solche Faszination auf mich auszuüben. Seufzend ließ ich die Schultern hängen und Zorn wallte in mir auf, als er hinter mich trat und belustigt zu grinsen begann. Er zog ein weißes Hemd über ein schwarzes T-Shirt und ich fragte mich ernsthaft, wer von den beiden Männern, die ich kennen gelernt hatte, sein wahres Gesicht zeigte. "Erstens: Dann hör du auf mein Gehirn mit deinen Sinnlosen Selbstgesprächen zu füllen, Angel", erwiderte er neckend und zupfte seinen Kragen zu Recht. "Zweitens: Was könnte schöner sein, als ein knackiger Frauenarsch?" Meine Augenbrauen schossen in die Höhe. Ich wirbelte zu ihm herum und zeigte ihm die Zähne. Alec lachte auf. "Du bist richtig süß." Er brachte mich aus der Fassung und ich stolperte über meine eigene Zunge. Erneut errötete ich bis zu den Haarspitzen und senkte verlegen die Lider. "Red … Red keinen Scheiß", stammelte ich kleinlaut. Als ich ein lautes Knallen hörte und wenige Augenblicke später die Sirene des Krankenwagens, schreckte ich aus meinen Grübeleien hoch. Etwas musste passiert sein! Wie von der Tarantel gestochen hetzte ich zum Fenster und sah auf die Straße hinaus. Direkt an der Kreuzung waren zwei PKWs frontal zusammengekracht. Mit wie viel Km/h waren die Fahrer über den Asphalt geheizt, um einen solch immensen Schaden an ihren Autos zu verursachen? "Alec, lass uns runter gehen", bat ich scheu. Hart sah er mich an und vor diesem Ausdruck in seinen Augen, aus denen jegliche wärme gewichen war, trat ich einen Schritt zurück. "Willst du etwa auch zu einem dieser Schaulustigen und hirnlosen Gaffer werden?", fragte er grob und seine Stimme klang beinahe grausam. Mir jagte ein Schauer über den Rücken und ich begann zu zittern. Mir wurde eiskalt und ich presste die Lippen zusammen. Was war plötzlich mit ihm los und warum reagierte er dermaßen wütend, dass ich ihn nicht mehr wieder erkannte? Zögernd wandte ich das Gesicht wieder dem Fenster zu. Eine junge Frau lag auf der Straße und ein Sanitäter hockte neben ihr und führte Wiederbelebungsmaßnahmen durch. Ich drückte mir fast die Nase an der Scheibe platt, als ich einen Jungen Mann mit feuerroten Haaren und schwarzen Flügeln sah, der durch die Menschen ging, die um den Umfall herumstanden, als würden die vielen Leute kein Hindernis darstellen. Und tatsächlich lief er durch sie hindurch, als wären diese Personen gar nicht anwesend. Irritiert runzelte ich die Stirn. Wie hatte er das gemacht? Er blieb vor der toten stehen, an denen die Ärzte gerade jegliche Rettungsversuche aufgegeben hatten, griff nach ihrer Hand und zog sie auf die Füße. Stopp! Sie hatte ins Gras gebissen. Ich habe es ganz deutlich gesehen oder hatte ich etwas an den Augen? Das wirklich Seltsame an der ganze Sache war … niemand schien die beiden zu sehen oder sie wenigstens zu bemerken. Ich glaubte schon, das ganze könnte nicht mehr verrückter werden, aber dann hörte ich plötzlich Glockengeläut, leise und schwach. Ein helles Licht schoss geradewegs in den Himmel. Ich blinzelte irritiert und zweifelte an meinen Verstand. Hatte ich einen an der an der Waffel? Vielleicht sollte ich mein Gehirn einmal untersuchen lassen. Der Mann mit den schwarzen Flügeln und die Tote Frau waren verschwunden. "Hast du das gesehen?", fragte ich und hob den Kopf, um Alec anzusehen. Er wirkte verwirrt. "Was meinst du?" "Na diesen Kerl mit den schwarzen Flügeln." Alec sah mich nachdenklich an, schwieg eine weile und sagte schließlich: "Das hast du dir sicherlich eingebildet." Damit wandte er sich ab und ließ mich mit meinen Überlegungen allein. Was hatte er bloß? Fortsetzung Folgt ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)