I need you von Crimson_Butterfly (Das Lächeln seiner Seele) ================================================================================ Kapitel 7: Hot Blood -------------------- Mit einer Gabel aus Kunststoff, die in jeder Sammlung für Barbiegeschirr zu finden war, stocherte ich in meinen Frühstück, während ich mir die Bilder der vergangenen Nacht ins Gedächtnis rief. Welcher Teufel hatte mich bloß geritten, dass ich ihn ernsthaft dabei beobachtet hatte, wie er sich … sich …? Einen Kloß bildete sich in meinem Hals. Meine Wimpern legten sich fächergleich auf meine heißen Wangen. Das Besteck verharrte reglos in der Luft und das Stück Ei, das ich gerade aufgespießt hatte, fiel auf den winzigen Teller zurück. Meine Augen öffneten sich wieder und ich starrte Gedankenverloren Löcher in die Luft. Ich hatte wirklich komplett den Verstand verloren. Seufzend sah ich auf die Zeitung, hinter der sich Alec verbarg und die neusten Schlagzeilen durchging. Mein Blick schien ein Loch in das Papier zu brennen. Mein Atem wurde schneller und ich biss die Zähne zusammen. Ich dachte an seine harte Erregung und fragte mich unwillkürlich wie es sich wohl angefühlt hätte, wenn es meine Finger gewesen wären, die ihn … ihn …? Ich hörte ein Husten und ein Röcheln und Alec wandte sich hektisch auf seinem Stuhl. Hatte er sich verschluckt? Ein unterdrücktes Kichern folgte und dann stellte er die Kaffeetasse, die er sich zuvor genommen hatte, geleert auf den Küchentisch zurück. Was war los mit ihm? Kopfschüttelnd musterte ich die Konturen meiner Hand und augenblicklich schlug mir das Herz schmerzhaft gegen die Rippen. Ein Zittern jagte durch meine Muskeln und lähmte meine Bewegungen. Wie erstarrt saß ich auf meinen Beinen. Wenn es wirklich meine Finger gewesen wären …? Mir wurde plötzlich kalt und ich zog die Jacke über, die ich ebenfalls in meinem Barbie-Kleiderschrank gefunden hatte. Memo an mich selbst: Am besten war es wahrscheinlich, wenn ich mir gleich ein Puppenhaus besorgte und mich dort einquartierte. Ich seufzte tief auf und ließ die Schultern hängen. Wortlos griff ich nach dem Geschirr, dass für diese Gummipuppen gemacht wurde und benutzte meine Flügel diesmal bewusst, damit sie mich zu der Spüle brachten. Wieder ertönte dieses leise Geräusch, das Alec dazu veranlasste aufzusehen und meine zaghaften Bewegungen zu beobachten. Beschämt kehrte ich ihm rasch den Rücken zu und stieß dabei gegen eine Mineralwasserflasche, die bedrohlich wankte, umfiel, über die Arbeitsplatte rollte und schließlich mit einem ohrenbetäubenden Geräusch auf dem Boden zersprang. Ein spitzer Schrei entfloh meinen Lippen. Mit einer anmutigen Bewegung faltete er seine morgendliche Lektüre zusammen, legte sie zur Seite und stand auf. Er nahm sich den Handfeger und das Kehrblech, bevor er in die Hocke ging, um die Scherben zusammen zu sammeln, die er meiner Unachtsamkeit verdanke. Wieso machte Alec mich auf einmal dermaßen nervös? Ich hatte ihm zugeguckt und jede seiner Bewegungen interessiert verfolgt. Niemand hatte mich gezwungen. Es war mein eigener Wille gewesen. Natürlich habe ich es nur aus rein wissenschaftlichen Gründen getan. Das versuchte ich mir zumindest die ganze Zeit über einzureden, woraufhin mich mein Gewissen spöttisch lachend eine Lügnerin nannte. Deswegen war ich zu verlegen, um ihm weiterhin unbefangen in das schöne Gesicht sehen zu können. Ich senkte den Kopf und versteckte mich hinter dem Vorhang meiner Haare. Seltsam, wie kurz die glänzenden Strähnen, seit meiner Verwandlung, geworden waren. "Tollpatsch", meinte Alec, sichtlich amüsiert und entsorgte die Scherben im Mülleimer. Er riss mich mit diesen Worten unvorbereitet aus meinen Überlegungen und ich stolperte erschrocken einen Schritt zurück. Bevor ich auf qualvolle Weise Bekanntschaft mit dem Boden des Spülbeckens schließen konnte, fing er mich auf. Ich glaubte den Schraubstock deutlich zu spüren, der sich kontinuierlich immer fester zuzog und meine Brust einspannte. Er legte den Finger unter mein Kinn, gab mir keine Fluchtmöglichkeit und zwang mich dazu ihn anzusehen. Das Blut rauschte mir laut in den Ohren und ich war mir sicher, dass ich vor Scham sterben würde. Ein freches Grinsen zuckte um seine Mundwinkel und ich konnte den rätselhaften Ausdruck in seinen Augen nicht deuten. Alec setzte mich auf seine Schulter. Wortlos räumte er seinen Teller in den Geschirrspüler und stellte die Maschine an, bevor er die Küche verließ und ins Wohnzimmer ging. Er öffnete das Fenster und hielt seine freie Hand schützend über meine winzige Gestalt, um dem Wind damit keine Gelegenheit zu bieten mich zu erfassen und davon zu wehen. Nach einer Ewigkeit, wie mir schien, ließ er sich dann wie ein nasser Sack auf die Couch fallen und durch die Erschütterung verlor ich die Kontrolle über meinen Gleichgewichtssinn und rollte wie ein Kieselstein über seine Brust und landete in seinem Schoß. Nachdem mir bewusst wurde, in welcher unmöglichen Position ich mich befand und vor allem wo, kreischte ich entsetzt auf. Unbeeindruckt und scheinbar völlig gelangweilt lehnte Alec sich zurück und studierte die Decke, als gäbe es dort etwas Interessantes zu entdecken. "Was kann ich dafür, dass du dich davon magisch angezogen fühlst?", meinte er mit einem lasziven Unterton in der Stimme. Mir wich das Blut aus den Wangen und meine Augen drohten mir aus den Höhlen zu springen. Ich brauchte mehrere Lidschläge, bevor ich meine Fassung zurückerlangt hatte und ihn mit einem mörderischen Blick bedachte, der ihn aber nicht sonderlich zu stören schien. Würdevoll straffte ich die Schultern und flüchtete schnell auf seinen Oberschenkel. Ich atmete tief durch und massierte mir genervt die Schläfen, um die aufsteigenden Kopfschmerzen zu vertreiben. "Pass auf, dass dir deine unausstehliche Arroganz nicht irgendwann Mal das Genick bricht", stieß ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und ballte unbewusst die Fäuste. "Was sollte an dir schon interessant sein?" "Oh …", kam als geistreiche Antwort und er hob eine seiner elegant geschwungenen Augenbrauen, bevor ein böswilliges Lächeln über sein Antlitz huschte. "Willst du mir etwa weiß machen es hätte dir nicht gefallen, du kleine Spannerin?" Er legte den Kopf in den Nacken und verwehrte mir damit den Blick in sein Gesicht. Also hatte er doch nicht geschlafen. Dieser hinterhältige Mistkerl! Es hätte mich aber auch ehrlich überrascht, wenn ein Mann im Stande gewesen wäre, sich im Schlaf selbst zu befriedigen. Zorn erwachte in meinem inneren und wollte sich durch einen Aufschrei Gehör verschaffen. Ich grub meine Zähne in das nachgiebige Fleisch meiner Unterlippe. Wieso hatte er nichts gesagt, wenn er doch genau gewusst hatte, dass ich die Szene beobachtet und in meinem Gehirn abgespeichert hatte? Erst jetzt war ich mir auch darüber im Klaren, warum er beinahe erstickt wäre. Er hatte wieder meine Gedanken gelesen. Ich setzte bereits an, um ihn anzuschnauzen, aber er kam mir zuvor und schnitt mir das Wort ab. "Klar, oder meinst du, dass ich noch einen Job bräuchte, wenn sich meine Hände nachts selbstständig machen könnten?" Warum tat er mir nicht einfach den Gefallen und fiel auf der Stelle tot um? "Vielleicht, weil ich in meinem Leben noch ein wenig mehr erleben und herausfinden wollte, zum Beispiel wie du erwachsen wirst?" Jetzt hatte er das Fass zum überlaufen gebracht. "Was kann ich dafür, wenn du ein widerlicher, notgeiler Bock bist, der sein Hirn in der Hose trägt und nichts Besseres zu tun hat, als sich dabei beobachten zu lassen, wie er sich einen runter holt?" Ich blitzte ihn vernichtend an. "Wahrscheinlich hat dich das auch noch geil gemacht!" Ich benutzte meine, noch immer gewöhnungsbedürftigen, Flügel und im nächsten Augenblick musste Alec einige seiner Haare einbüßen, als ich an den glänzenden Strähnen zu zerren begann und ihn einige ausriss. "Bist du bald fertig?", fragte er gelangweilt und gähnte leise, als würde ihn meine Attacke nicht weiter belästigen, als wenn ich versucht hätte ihn mit einem Zahnstocher zu erstechen. Er knackte provokativ mit den Halswirbeln. Ich wurde noch wütender und trieb ihm meine Fingernägel in die Kopfhaut. Er zuckte kurz zusammen, aber jede weitere Reaktion blieb aus. Eingeschnappt verschränkte ich die Arme vor der Brust und ließ mich wieder auf seiner Schulter nieder. Alec seufzte auf. "Was willst du eigentlich von mir?", fragte er genervt. Ich ging nicht darauf ein und sprach schneller als ich denken konnte. "Die Mädels müssen ja alle blind sein, oder ziehst du dir vorher eine Papiertüte über den Kopf? Und nur damit du es weißt, das Mittelalter ist vorbei." Ein Seitenhieb gegen seine männliche Ehre und sein zuvor makelloses Auftreten, das mich von einer Zeit träumen ließ, in der Männer perfekte Gentleman waren. Alec war allerdings völlig unbeeindruckt, packte mich am Rücken meiner Jacke und zupfte mich von seinem Körper, als sei ich nichts mehr als ein lästiger Fussel. Er hielt mich an zwei Fingern vor sein Gesicht und er begann zu Schmunzeln, was seine Miene aufhellte und dafür sorgte, dass mein Herz ins stolpern geriet. "Du verstehst das falsch, die Mädels sind nicht blind, sie erkennen nur wann sie vor einem Gott stehen", meinte er leise lachend und ein warmes Gefühl breitete sich in meinem Magen aus. "Und das Mittelalter bewahrt jeder von uns im Herzen, denn es hat uns geprägt." Ich schnitt eine Grimasse. Größenwahn ließ eindeutig grüßen. Er ließ mich los und ich fiel auf seine Hand. Um ihn nicht merken zu lassen, wie sehr mich sein warmes Lächeln aus der Fassung gebracht hatte, hob ich stolz das Kinn und flog wortlos davon. Jede Erwiderung hätte mich verraten und mein Schweigen tat sein übriges. Ich wollte in das Schlafzimmer und mich unter meiner Decke verstecken. Zu meinem Leidwesen hatte ich vergessen, dass die Tür geschlossen war, weshalb ich gegen das unnachgiebige Holz prahlte. Tränen schossen mir in die Augen. Aber bevor ich schmerzhaft auf dem Boden aufprallen konnte, war Alec bereits aufgesprungen und hatte mich aufgefangen. *** "Wie lange willst du noch Schweigen?", fragte Alec und kniete vor der Zigarrenkiste nieder, in der ich lag. "Soll ich die Leute vom Guinnessbuch der Rekorde anrufen?" Ich blieb stur und sagte weiterhin kein einziges Wort. Wieso ging er nicht einfach und ließ mich in Ruhe? Schon seit zwei Stunden musste ich mich mit seiner unerträglichen Nähe rumärgern. Ich drehte mich auf die Seite und schloss die Augen. Er konnte meine Gedanken lesen, dann müsste er doch eigentlich begreifen, dass er unerwünscht war. Leise seufzend zog ich mir die Decke über den Kopf und versuchte seine Anwesenheit auszublenden, was sich jedoch als schwierig erwies. "Du hast dir eine schlimme Beule zugezogen", meinte er weich und brachte mich mit seiner Tonlage dazu, dass ich ihn wieder ansah. "Leider hast du keine Eiswürfel in deiner Größe im Gefrierfach." Er hockte vor dem Bett auf dem Teppich. Er hatte die Beine angezogen und die Finger hinter den Knien verschränkt, während er mit den Rücken zu mir saß. Sein unwiderstehlicher Geruch drang mir in die Nase und streichelte aufreizend meine Sinne. Jede Faser meines Körpers sehnte sich nach seiner Wärme. Dieses Gefühl war mir fremd und darum machte es mir Angst. "Glaubst du etwa, du wärst die einzige die so empfindet?", fragte er und klang dabei Gedankenverloren, als würde er mit sich selbst reden. Ich verstand nicht, was er meinte und versuchte vergeblich den Sinn hinter seinen Worten zu begreifen. Ich strich mir mit den Fingern durch die Haare und mir fiel auf, dass sein Blick seltsam leer war und dass er diesen stur auf die Wand gerichtet hielt. Überrascht musste ich feststellen, dass er nicht einmal bemerkte, wie ich mich neben ihn den Teppich setzte, nachdem ich aufgestanden war. Was beschäftigte ihn wohl gerade, dass er in seine Grübeleien versank und nichts mehr wahrzunehmen schien, was um ihn herum passierte? Schade, dass ich nicht in seinen Kopf sehen konnte. Ich ließ die Beine in der Luft baumeln und betrachtete sein attraktives Profil. Meine Wangen glühten. Alec war rätselhafter als eine sternenlose Nacht und schöner als der Sonnenaufgang. Ich senkte die Lider und starrte auf meine Hände. Meine Zähne gruben sich in meine Fingerkuppe, während ich ihn peinlich berührt betrachtete und zu verstehen versuchte, warum ich mich von seinem Anblick nicht losreißen konnte. Er wandte mir plötzlich das Gesicht zu und lächelte fast liebevoll. Einen kurzen Augenblick war ich verwirrt. Doch nachdem mir bewusst wurde, dass er mich gerade dabei erwischte hatte, wie ich ihn angaffte, wurde mir unerträglich heiß und ich fächelte mir mit der Hand verlegen Luft zu. Mein lachen klang für meinen Geschmack eine spur zu sexy. Ich schreckte zurück, als er sich mir unvermittelt näherte und spürte nur, wie er seine Hand an meinen Rücken legte und mir damit jegliche Fluchtmöglichkeit nahm. Aus großen Augen starrte ich ihn an und bevor ich wusste, was er vorhatte, drückte er seinen Mund seitlich auf meine winzige Gestalt und ich war einem Herzinfarkt gefährlich nahe. Was zum Teufel war das gewesen? "Ein Kuss", sagte er, als bedeute es ihm gar nichts, dass er sich mir gerade genähert hatte. Natürlich war ihm das egal, auch ich war nur eines dieser Mädchen, die er wahrscheinlich Massenweise haben konnte. Aber ich war keines dieser billigen Flittchen. Und trotzdem schmerzte diese Erkenntnis unerklärlicherweise. "Verschwinde, du Arschloch!", herrschte ich ihn ungehalten an. Alec zuckte die Schultern, stand auf und knallte die Tür hinter sich in das Schloss, dass der Putz von der Decke bröckelte. War er jetzt sauer? Nein, bestimmt nicht. Aber hundertprozentig sicher war ich mir da nicht. Fortsetzung Folgt ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)