I need you von Crimson_Butterfly (Das Lächeln seiner Seele) ================================================================================ Kapitel 8: The beauty of your soul ---------------------------------- Stundenlang hatte ich Alec darum angebettelt, dass ich ihn begleiten dürfte. Ich wollte nicht länger in meiner Wohnung versauern und die Stunden zählen, die sich wie Kaugummi dahinzogen. Ich konnte nicht länger vor einem Fenster hocken und die unleugbare Tatsache Willenlos hinnehmen, dass ich fortan in einer isolierten Welt leben musste, weil die Menschen nicht begreifen würden, was mit mir passiert war. Ich verstand es ja selbst nicht. Wie könnte ich es dann von anderen erwarten? Er hatte bis jetzt kein einziges Wort zu mir gesagt und hüllte sich weiterhin in den sprichwörtlichen Mantel des Schweigens. Scheinbar hatte er beschlossen mich weiterhin mit Ignoranz zu strafen, bis er sich schließlich irgendwann wieder daran erinnern würde, dass er mein einziger Gesprächspartner war und ich niemanden außer ihm hatte. Ja, ich war allein. Nur er stand mir nahe. Er war der einzige auf der ganzen Welt, dem ich noch vertrauen konnte. Resigniert seufzte ich auf. Er konnte wirklich nachtragend sein, denn seit unserem Streit waren inzwischen mehrere Tage vergangen. Alec hatte meine Bitte weder abgelehnt noch zugestimmt. Doch schließlich hatte er mich wortlos in den Kraken seines T-Shirts geschoben; und nun versteckte ich mich dort, als er teilnahmslos durch die Fußgängerzone ging und die Hände dabei in den Hosentaschen hatte. Ich spürte, wie unbeschreibliche Erleichterung meinen Körper durchzuckte und ich endlich das Gefühl hatte, wieder Luft holen zu können. Mit Worten könnte ich einfach nicht beschreiben, was es für mich bedeutete, dass ich meinem gläsernen Gefängnis endlich entkommen konnte. Wenn ich weiterhin eingesperrt gewesen wäre, dann hätte es nicht mehr lange gedauert und ich wäre Amok gelaufen. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Unweigerlich wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, als Alec plötzlich stehen blieb und ich ein Schild im Rasen entdeckte, das mich darauf hinwies, dass er geradewegs in den Park zu gehen beabsichtige. Ich neigte den Kopf geistesabwesend zur Seite. Musste er heute nicht arbeiten? Scheinbar steuerte er ein bestimmtes Ziel an, denn seine Schritte waren zielstrebig. In seinen Bewegungen gab es keinerlei Anzeichen für ein Zögern. Wohin wollte er also? Bevor ich dazu kam, irgendwelche Hypothesen aufzustellen, setzte er mich auf dem Ast eines Baumes ab und ließ mich allein, so dass ich mich schon zu fragen begann, ob er mich aussetzen wollte wie ein unerwünschtes Katzenbaby. Wütend ballte ich die Fäuste und beobachtete ihn dabei, wie er um eine Häuserecke bog. Ich hatte gedacht, dass er sich gerade einen Scherz erlaubt hatte und darum war das Entsetzen umso größer, als er aus meinem Sichtfeld verschwand und nicht wieder kam. Fassungslos starrte ich auf den Punkt, wo er noch vor wenigen Sekunden gestanden hatte. Ich wollte ihm hinterher fliegen, musste jedoch feststellen, dass die Beine unter mir weg zu knicken drohten. Meine Flügel gehorchten mir nicht. Tiefe Verzweiflung wallte in mir auf, gemischt mit einer Spur von Furcht. Die Kehle schnürte sich mir zunehmend enger und ich hoffte, dass das alles nur ein schlechter Traum war. Alec konnte mich nicht einfach hier zurück lassen … Aber er kam und kam nicht wieder, obwohl ich fast eine Stunde lang wartete, zwischen Hoffnung und Enttäuschung hin und her gerissen. Mein Herz schlug schneller und der Schmerz des Verlustes war schier unerträglich. Wie konnte er mir das nur antun? Na schön. Wenn er meinte mich als kleine, hilflose Elfe irgendwo auszusetzen, dann würde er schon sehen, was er davon hatte. Ich würde mich super alleine zu Recht finden, der sollte ja nicht glauben, dass ich hier blieb und auf ihn warten würde … Trotzdem konnte ich nicht verhindern, dass die Tränen flossen. Ein Finger strich mir vorsichtig über die nassen Wangen. Vorsichtig hob ich den Kopf und sah in seine schönen Augen. Niemals zuvor war ich so unendlich froh gewesen, dass Alec wieder da war. Seine distanzierte Miene begann zu bröckeln und seine seidenweiche Stimme erklang. "Warum, Angel?", fragte er sanft. Ich verstand auf anhieb und nahm das Stück Taschentuch entgegen, dass er von einem größeren abgerissen hatte. "Ich dachte, dass du mich hier zurücklässt", gestand ich schüchtern und ich kam mir plötzlich sehr dumm und einfältig vor. "Ich dachte, dass du mich …" Sein Blick drückte Reue aus und ihm wich das Blut aus dem Gesicht. "Nein … das …" Ihm schienen die Worte zu fehlen und er rang beinahe hilflos die Hände. "Das darfst du nie wieder denken. Wenn du nicht mehr bei mir wärst, dann würde ich sterben." Seine Worte klangen aufrichtig und gaben mir keinen Grund um seine Glaubwürdigkeit infrage zu stellen. Alec jedoch schien verzweifelt zu sein. Warum? Etwa weil ich ihm misstraut hatte? Weil ich ihm etwas zugetraut hatte, dass er niemals tun würde? Oder gab es eine andere Erklärung für den mutlosen Ausdruck in seinem Gesicht? Etwas, dass ich nicht verstand. Zumindest noch nicht … Ich wartete darauf, dass er etwas hinzufügen würde, dass mir Aufschluss über die Situation geben würde, aber er sagte nichts mehr. Er schwieg, setzte mich auf seine Schulter und zog etwas aus seiner Hosentasche, dass einem Autoschlüssel verdächtig ähnlich war. Ich hörte ein 'Klack' und blinzelte überrascht, sobald mir klar wurde, dass das Geräusch von der Zentralverriegelung des schwarze Jaguar XJR kam, auf den Alec direkt zuging und der unter dem Blätterdach einer Eiche stand. Er hatte mir nie erzählt, dass er einen Wagen besaß. Alec öffnete die Tür und setzte mich auf den Beifahrersitz, bevor er das Fahrzeug umrundete und selbst einstieg. Der Motor erwachte brüllend zum Leben und das Auto kreiselte fachmännisch auf den Parkplatz herum, nachdem er den Gang einlegte und losfuhr. Meinen Lippen entfloh ein Schrei, als das Gefährt raketenartig über die Straße jagte. Durch die ruckartige Beschleunigung wurde ich in den Sitz geschleuderte und wäre froh gewesen, wenn es auch für meine Größe einen Sicherheitsgurt gegeben hätte. In diesem Moment klingelte das tragbare Telefon, das neben mir lag. "Jemand versucht dich anzurufen", informierte ich den Fahrer und las mir den Namen durch, der auf dem Display stand. Er riss das Handy beinahe ungeduldig aus meiner Reichweite und warf es teilnahmslos auf den Rücksitz, weshalb ich mich fragte, warum er plötzlich so angepisst reagierte. Ich erwartete eine Erklärung, wurde jedoch auch diesmal mit Ignoranz gestraft und ein abfälliges Schnaufen verließ meine Lungen. Die Arme vor der Brust verschränkt, starrte ich wütend vor mich hin. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie er in den sechsten Gang hochschaltete und er irgendein unverständliches Gemurmel von sich gab. Der Tonlage nach würde er mir wohl liebend gern den Hals umdrehen. "Wohin fahren wir eigentlich, Alec?", fragte ich brummelnd. Er sah mich nicht an. "Urlaub", war seine einsilbige Antwort und verfiel dann wieder in seine Wortkargheit. Ich war mir sicher, dass er log. Außerdem klang das für mich wie 'Ich finde du bist reif für die Insel'. Skeptisch hob ich die Augenbrauen, doch ich sagte nichts weiter dazu. Ungefähr fünfzehn Minuten später drosselte er das Tempo der Limousine, bis er schließlich anhielt und mit unirdischer und geisterhafter Eleganz ausstieg. Ich blinzelte überrascht, bevor ich durch die offene Fahrertür kletterte und ihm in die Nacht hinaus folgte. Ich hatte gar nicht bewusst wahr genommen, das sich der Himmel verdunkelt hatte und die Sonne unter gegangen war. In letzter Zeit entging mir vieles. Woran lag das bloß? Das sanfte Plätschern von Wellen drang an meine Ohren und der noch immer warme Wind umschmeichelte meine bloße Haut. Ich konnte das Wasser riechen und Lichter sehen, die jenseits des Sees aufleuchteten. "Alec?" Er kniete neben einem Pfahl, seine schlanken, zartgliedrigen Finger umschlossen ein Stück Seil und lockerten den Knoten. Schweigend ging ich neben ihm in die Knie. Er band ein Motorboot los, das vor Anker lag und das Herz rutschte mir in die Hose. Alec hatte doch nicht ernsthaft vor mit dem Ding über das Wasser zu schippern, oder doch? Ein Blick in sein Gesicht und meine schlimmsten Vermutungen wurden wahr. Der Horror saß mir im Nacken. Seine Bewegungen waren gewandt und perfekt bis ins kleinste Detail. Plötzlich befahl er recht grob: "Los steig ein." Ich trat einen Schritt zurück und schob abwehrend die Hände. "Das Ding erweckt weniger Vertrauen als die Panzerknacker in Dagoberts Geldspeicher." Er sah mich kurz ungläubig an, dann stieß er mich unsanft über die Kante hinweg und ich fiel hart in das Boot, das mit den sanften Wellen kämpfte und gegen den Anlegesteg schlug. Noch während ich dem Holz entgegen stürzte, schrie ich mir die Seele aus dem Leib. Nur meine Flügel verhinderten, dass ich eine allzu liebenswürdige Bekanntschaft mit der löchrigen Nussschale schloss. "Scheiße!", fluchte ich zornig. "Hast du ein Rad ab?" Er grinste mich von oben herab diabolisch an. "Du wirst es überleben." Auf einmal war er neben mir und ich begann mich zu fragen, ob ich kurzzeitig ein Blackout gehabt hatte. Ich konnte mich gar nicht daran erinnern, dass er überhaupt in dieses wackelige Stück Sperrmüll gestiegen war. "Du bist einfach nur völlig übermüdet", beantwortete er meine Gedanken. Elegant und anmutig wie ein Panter, zog er an der Reißleine des Motors aber zunächst tat sich gar nichts. Er beugte sich vor und überprüfte die Tankanzeige, die auf voll stand. Alec klopfte leicht auf das Blech und das Triebwerk sprang an. Geschickt lenkte er das Motorboot über den See. Sekunden später übermannte mich die Müdigkeit und ich fiel in einen unruhigen Schlaf. *** Als ich die Augen wieder öffnete, schlich sich ein Sonnenstrahl über meine schlafwarme Wange und ich hob den Arm, um das unerwünschte Licht auszusperren. Murrend drehte ich mich auf dem Kissen auf die Seite und als ich das tat, starrte ich in große, grüne Pupillen, die mich genau fixierten. Ich wurde blass. Erschrocken und einem hysterischen Anfall gefährlich nahe, sprang ich auf und war vor Entsetzen wie gelähmt. Ein buschiger Schwanz schlug von einer Seite auf die anderen und wenn er die Decke erwischte, ertönte ein dumpfer Laut und ich bekam eine Gänsehaut. Ein Muskel in meiner Wange zuckte und zunächst war ich mir nicht sicher, ob mir meine Fantasie einen Streich spielte. Doch als ein hungriges Miauen erklang und das Vieh in Angriffsstellung ging, wusste ich, dass ich verschwinden sollte, solange mir noch genügend Zeit dazu blieb. Als ich einen Schritt zurücktrat, machte die Katze einen auf mich zu und ließ mich dabei keine Sekunde aus den Augen. Mein Blick wanderte panisch umher, streifte den Tisch und die Stühle, die in der Mitte des Raumes standen, registrierten die Kommode an der Seite - und eine geschlossene Tür auf der anderen. Ich hatte keine Ahnung wo ich war, aber das interessierte mich in diesem Moment herzlich wenig. Was für mich um einiges relevanter war, war die Tatsache, dass ich von einer Bestie verfolgt wurde und keinen Schimmer hatte, wie ich hier lebend raus kommen sollte. Von Alec brauchte ich mir keine Hilfe erwarten. Dieser Sack hatte sich verdrückt, wie mir die leere im Zimmer bewies. Wütend stieß ich einen gotteslästernden Fluch aus. Zu weiteren Überlegungen kam ich nicht mehr, denn dieses fette Teil sprang auf mich zu und ich verlor das Gleichgewicht, als ich auszuweichen versuchte. Unsanft landete ich auf den Boden und war mir sicher, dass ich eine Gehirnerschütterung hatte und in dem Moment, in dem ich jammern und heulen wollte, hörte ich bereits, wie sich mir jemand näherte, langsam und schleichend. Warum hatte ich eigentlich meine Flügel nicht benutzt? Weil ich vergessen hatte, dass ich welche besaß. Wie blöd musste man sein? Ich wollte mich gerade selbst ausschimpfen, entschloss mich jedoch dazu, dass ich das auf später verschieben würde und rappelte mich stattdessen auf meine Füße auf, um die Flucht anzutreten. Schreiend lief ich vor der lauernden Gefahr davon, die bei ihrer Verfolgungsjagd, die sich über Tische und andere Möbelstücke erstreckte, alles umriss, dass sich ihr in den weg stellte. Jeder Gegenstand der aus Glas oder Porzellan bestand und aus großer Höhe geräuschvoll auf dem Fließenfußboden landete, zersprang in seine Einzelteile. Ich schmecke doch gar nicht! Ich sehe einer Ratte nicht Mal ansatzweise ähnlich! Die Tränen liefen mir in Strömen über die Wangen, als ich meine Flügel dann doch benutzte und mich an den Vorhängen festkrallte, um zumindest einen kurzen Augenblick verschnaufen zu können, aber mein Jäger gab keine ruhe. Fest darauf aus seine Beute zu erwischen, versuchte dieser Flohzirkus hochzuspringen und mit seinen Pfoten nach mir zu schlagen. Ich kniff die Lider fest zusammen und redete mir krampfhaft ein, dass ich nur einen weiteren meiner geschmacklosen Albträume hatte. In Gedanken verfasste ich gerade mein Testament, als sich die Tür öffnete. Vorsichtig sah ich dem eintretenden entgegen. Dieser Freddy Krüger für arme schrie auf, als ihm ein Fuß auf den Schwanz trat und als er den harten Gesichtsausdruck von Alec bemerkte, suchte er in einer Geschwindigkeit das weite, das ich Spekulationen darüber anstellte, ob er einen Hyperantrieb besaß. Er wandte sich ab, bevor ich mich bedanken konnte und murmelte nur irgendetwas, dass sich nach "Mutiert das zum Fulltimejob auf deinen Arsch aufzupassen?" anhörte. Ich blinzelte überrascht und ließ den Stoff los, in den sich meine Hände verkrampft hatten. "Bekomme ich eigentlich Provision dafür, wenn ich dich rette?" War er etwa noch immer sauer? Ich dachte, das hätte sich inzwischen gelegt, aber ich hatte mich wohl getäuscht. Kopfschüttelnd schwebte ich in der Luft und beobachtete Alec dabei, wie er sich auf das Bett legte, die Hände hinterm Kopf verschränkte und an die Decke starrte. Und während ich ihn betrachtete und seufzend überlegte, wie ich diese angespannte Situation lockern könnte, hatte ich plötzlich das Gefühl den Jungen mit den roten Haaren und schwarzen Flügeln anzugucken, den ich nur ein einziges Mal gesehen hatte. Während des Unfalls. Ich blinzelte überrascht und schmeckte Blut. Scheinbar hatte ich mir die Lippe kaputt gebissen. Es kümmerte mich nicht, denn der Gedanke an in, ließ mich nicht los. Ich musste herausfinden, was es mit diesem Kerl auf sich hatte und ob Alec irgendetwas mit ihm zu tun hatte. Das würde auch seinen Blick an jenem Tag erklären, als ich ihn nach den Typen gefragt hatte. Fortsetzung Folgt ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)