Fensterschreiben von Technomage (Every day is writing day) ================================================================================ my immortal(18.02.09) --------------------- „Aber ich lebe ja nicht alleine dort, sondern um bei ihm zu sein.“ Das Mädchen kaute mit gläserner Gelassenheit an einer Pommes. „Nicht böse gemeint, Meru, ich mag dich; ich mag auch die Manga und deinen Musikgeschmack und die Art wie du gerade die Haare auf der Seite hochgesteckt trägst. Aber du hast ein ernsthaftes Realitätsproblem.“ Er biss in der Hälfte des Satzes in seinen Burger und sprach danach kauend weiter, während der Junge neben ihm abwesend in die Alulehne seines Stuhl gesunken war, als wolle er sie mit sich legieren. „Menschen verstehen uns nicht“, erklärte Meru mit einem kauenden Lächeln. „Aber er war so lange einsam, dass ich für ihn da sein muss, auch wenn ich im Leben nie ganz mit ihm eins sein kann.“ „Haben die ganzen Geschichten über übernatürliche Geliebte und zurückgebliebene Geister wirklich so derartig deinen Hirnkasten durch gebraten?“ Er verschlang die Reste seines Burgers und machte sich daran den nächsten auszupacken. „Erinnere mich daran, wenn ich das nächste Mal eine Diskussion darüber anzettle, dass Fiktion nicht das Denken unserer Generation zu einer verfälschten Realität verklärt, dich als Ausnahme aufzuführen.“ Meru lächelte noch breit und wissend, als wolle sie sagen „Ja, bitte tu' das“ und knüllte ihre leere Pommestüte zu einem Ball zusammen. Sie erhob sich und schulterte ihre Tasche. „Ich muss jetzt gehen. Er wartet sicher schon auf mich.“ Wortlos und ohne Kommentar von den beiden Jungen ihr gegenüber verließ sie den Fastfoodladen. „Soviel zum Thema 'Wir müssen nur mal Klartext mit ihr reden', Will“, kommentierte der Zurückgelehnte das sprachlose Gesicht seines Freundes, der immer noch leicht ungläubig auf Merus Tablett starrte, als würde er selbst gerade auch einen Geist sehen. „Ich meine, Greg, die große Metallhand im Himmel sei mein Zeuge, ich bin ja nicht gerade eingeschnappt, was es meine Ansichten angeht, aber die Frau hat echt ein Problem.“ Will starrte auf die Papierkugel, als würde sich gleich ein großer weißer Ball aus Sinn daraus erheben und ihm an den Kopf fliegen. „Eigentlich hat sie nur Humor.“ Greg schwang sich aus seiner zähflüssigen Lage und machte sich daran seinen ersten Burger zu entpacken. „Was hat das noch mit Humor zu tun? Die Grenzen der Wirklichkeit nicht so ernst nehmen? Spaß am eigenen Irrsinn?“ Er sah zu wie der andere ungefähr die Hälfte des Burgers mit einem Bissen verschlang. „Nachdem du neulich deine Bedenken geäußert hast, war ich so frei ihr abends nach der Schule mal hinterher zu stalken“, begann Greg zwischen zwei Bissen seine Erklärung. „Und ich mache mir Sorgen über ihre Probleme“, seufzte Will. „Warum rede ich überhaupt noch mit dir?“ „Um festzustellen, dass dieses ominöse heruntergekommene Haus mittlerweile Strom und Breitband-DSL hat, sowie eine durchaus geschmackvolle, wenn auch leicht chaotische Inneneinrichtung.“ Er biss erneut ab und kaute zufrieden. „Aber das Ding ist eine Bruchbude. Ein Seelenverkäufer. Da blättert so ziemlich jedes Bauelement von der Vorderseite.“ Will wusste nicht wohin mit seinem Erstaunen und deshalb fummelte er ebenfalls einen weiteren Burger aus seinem Papier, um die Verwirrung zu kompensieren. „Genau, die Vorderseite. Alles, was ich gerade erwähnte, liegt auch im rückseitigen Bereich, der von außerhalb des Grundstücks ziemlich schwer einsehbar ist. Aber genau da sitzt Meru die ganze Zeit ziemlich unbesessen von übernatürlichen Wesenheiten und zockt Yaoi-Dating-Games.“ Greg packte den nächsten Burger aus. Will blinzelte. „Sie ist also gar nicht verstört oder sonstwie geisteskrank, wie sie es uns weismachen will?“ Er biss ungläubig in seinen Burger „Kein Stück. Außer ihre Besessenheit kanalisiert sich durch Konsolen und Game-Controller.“ Greg machte eine wellende Geste mit der freien Hand. „Das will ich sehen.“ Will machte sich daran die Reste seines Essens in Rekordzeit zu verschlingen. „Du willst doch nur wissen, ob sie sich nicht in Wirklichkeit durch einen spirituell aufgeladenen Kristallphallus mit ihrem Geliebten auf der Astralebene vereinigt und ich dir das vorenthalten will.“ „Tut sie's?“ „Nein. Nur Dating-Games.“ „Schade.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)