Consequences von Demona ================================================================================ Kapitel 2: but you are ---------------------- Kai biss sich abwesend auf die Unterlippe. Die Hand, mit der er Aoi geschlagen hatte, öffnete und schloss sich mehrmals, er rieb verwirrt mit den Fingern über die Handfläche, als wolle er sich versichern, dass dieser unpassende Kontakt mit Aois Wange wirklich stattgefunden hatte. Aoi konnte fühlen, wie sich das Machtverhältnis zwischen ihnen durch die plötzliche Unsicherheit des Drummers wieder zu seinen eigenen Gunsten verschob. Auch wenn er das eigentlich etwas bedauerte, war es momentan vielleicht die beste Lösung. Er konnte damit arbeiten. Und als Kai mit großen Augen ansetzte, sich zu entschuldigen, grinste der Gitarrist ihn unverschämt an. Der Drummer krauste irritiert die Stirn und in seinen Augen stand eine Frage, als ihn lautes Klopfen an der Tür herumfahren ließ. Aoi verdrehte frustriert die Augen. Es wurde gerade eine höflich Pause von knapp drei Sekunden eingehalten, ehe der Störenfried unaufgefordert die Tür aufstieß und ein blonder Schopf über einem besorgten Gesicht sich in den Raum schob. Uruha vermied es tunlichst, Kai anzusehen, sondern richtete seinen Blick starr auf Aoi. „Alles in Ordnung?“ Aoi sah den anderen Gitarristen fragend an ob des leicht besorgten Tonfalls. Dieser schüttelte allerdings nur mit einem kurzen Seitenblick auf Kai den Kopf und schob sich zwischen die beiden anderen. Für einen Moment glaubte Aoi, ein erneutes Aufflackern im Blick des Drummers zu erkennen, woraufhin der große Blonde leicht zusammen zuckte. Vielleicht hatte er es sich aber auch nur eingebildet, denn Kai zuckte nur mit den Schultern, drehte sich um und verließ mit schnellen Schritten den Raum in Richtung Garderobe. Ein wenig verwirrt starrten die beiden Gitarristen ihm hinterher. „Aoi?“ „Hm?“ Der Schwarzhaarige sah etwas verträumt auf. Uruha musterte ihn prüfend und streckte dann zaghaft die Hand aus, um die deutlich gerötete Wange des anderen Gitarristen zu berühren. „Hat Kai etwa…?“ Aoi rang sich ein Lächeln ab und klopfte Uruha auf die Schulter. „Schon okay. Wir haben das geklärt“, log er, ohne mit der Wimper zu zucken. „Komm, wir wollen uns fertig machen. Die anderen warten sicher schon, wir wollten doch noch was essen gehen.“ Er wandte sich in Richtung Tür und zog den anderen einfach mit sich. „Ich hab einen Bärenhunger!“, grinste er. Uruha stemmte sich kurz gegen seinen Griff und zwang ihn so dazu, anzuhalten und sich wieder zu ihm umzudrehen. „Aoi… ich…“, hob er hilflos an, um dann kurz den Kopf zu schütteln. „Was ich sagen will… wenn etwas sein sollte, kannst du mit mir darüber reden, okay?“ Der Schwarzhaarige stutzte kurz, grinste dann aber und wuschelte dem anderen durch die verschwitzten Haare. „Weiß ich doch. Aber danke.“ Dann drehte er sich um und ging einfach zur Garderobe, ließ Uruha wenig Wahl, als ihm nachzulaufen. Der plötzlich erwachte Beschützerinstinkt des anderen Gitarristen irritierte Aoi etwas, ergab aber im Hinblick auf Kais plötzliche Unbeherrschtheit einen Sinn, den Aoi später unbedingt näher ergründen wollte. Vor der Garderobe kniff Aoi sich unter Uruhas fragenden Blicken kurz in die rechte Wange, damit sein Gesicht gleichmäßig gerötet erschien. Kaum betrat er den Raum, hing ihm plötzlich ihr kleiner Vocal am Hals, um ihn kritisch zu mustern. „Hey, du siehst ja noch ganz lebendig aus. Knurrig, wie Kai ist, hätte ich angenommen, er hätte dich wenigstens an die Decke gekettet und ausgepeitscht.“ Grinsend sah er zu ihrem Bandleader, dessen Gesicht plötzlich deutlich an Farbe gewann, während er seine Sachen zusammen suchte und vor sich hin grummelte, dass er vielleicht eher Ruki an die Decke hängen sollte. Aoi grinste verschlagen. „Leider nicht, Ruki. Aber das wollten wir morgen Abend nachholen. Du weißt schon, zuhause, in aller Ruhe, ohne dass Uruha zu meiner Rettung eilen kann.“ Er ließ seine Augenbrauen zweideutig zucken, was dem Sänger ein Lachen entlockte, während sowohl Kai als auch Uruha ihn völlig entgeistert anstarrten. Die Gesichter seiner Bandmitglieder schienen den Sänger dermaßen zu amüsieren, dass er sich vor Lachen erst einmal setzen musste. „Aoi, Aoi… da tun sich aber Abgründe auf…“, prustete er. „Stille Wasser sind tief“, kam der trockene Kommentar aus Reitas Ecke. Jetzt war es an Aoi und Ruki, entgeistert zu starren, bis sich ihre Blicke trafen und sie wieder in Gelächter ausbrachen. Diesmal stimmten Kai und Uruha mit ein, aber Aoi hätte schwören können, dass ihr Lachen gezwungen klang. Den Rest des Abends schien Uruha ein wenig zu schmollen, während Kai sich Mühe gab, Aoi komplett zu ignorieren. Nur ab und zu warf der Drummer Aoi böse Blicke zu, wenn beim Essen das Gespräch wieder auf die Vorfälle während des Konzerts und danach kam und der Rest der Band und die Staffs, die sie begleitet hatten, sich sehr darüber amüsierten. Ruki wunderte sich ein wenig darüber, dass Aois Grinsen geradezu intrigante Züge annahm, als der Drummer wieder ein wenig wütend wurde, sich aber redlich bemühte, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Ruki konnte sich jedoch wieder an Kais völlig entgeistertem Gesichtsausdruck erfreuen, als sich ihre Wege für diesen Abend trennten und Aoi den Bandleader grinsend fragte, wann er denn am nächsten Tag bei ihm vorsprechen sollte. Als dann allerdings ein düsteres Grinsen auf Kais Gesicht erschien und er einfach nur mit den Worten „Halb sieben. Und sei pünktlich.“ gemütlich davon schlenderte, stellten sich Rukis Nackenhaare etwas auf. Zumal Uruha bei diesem kleinen Dialog zwischen ihrem Drummer und dem zweiten Gitarrist zunehmend beunruhigter erschien. Als auf Rukis Nachfrage jedoch keiner der beiden Gitarristen eine klare Auskunft gab (der eine schmollte, während der andere scherzte), gab Ruki es auf und freute sich einfach darauf, die nächsten zwei Tage Ruhe vor diesem Kindergarten zu haben. ~*~ Trotzdem er selbst dieses Treffen gewissermaßen initiiert hatte, war Aoi ein wenig nervös, als er sich am nächsten Tag auf den Weg zu Kai machte. Um nicht zu sagen: ziemlich nervös. Sein Kopf und sein Magen hatten sich wieder diese erwartungsvolle Leichtigkeit zugelegt, die man verspürte, wenn man in der Achterbahn die erste Ansteigung nach oben gezogen wurde. Obwohl er dahingegen noch den Vorteil hatte, dass er jederzeit umdrehen könnte, um sich später damit herauszureden, er hätte nur gescherzt. Aber irgendwie hatte er das Gefühl, sich dann eine gute Gelegenheit entgehen gelassen zu haben. Schlimmstenfalls würde Kai ihn anschreien und rauswerfen. Vielleicht sogar vorher noch füttern, schließlich war ihr Drummer stolz auf seine Kochkünste. Er konnte also eigentlich nur gewinnen. Etwas beschwingteren Schrittes legte er den Weg vom Parkplatz zu Kais Appartementtür zurück und sah auf seine Uhr. Er stand noch ein paar Minuten herum, ehe er pünktlich eine Minute vor halb die Klingel betätigte. Schnell wurde die Tür geöffnet und ein verblüffter Kai starrte dem Langhaarigen entgegen. „Ich hätte nicht damit gerechnet, dass du wirklich vorbeikommen würdest.“ Er winkte Aoi herein. „Wer hätte einer so lieblichen Einladung schon widerstehen können“, grinste dieser und streifte die Schuhe von den Füßen. Ein klares Zeichen, dass er nicht so schnell vorhatte, wieder zu gehen. „Irgendwie hast du dich ja eher selbst eingeladen…“, meinte Kai leise, als sie unschlüssig im Flur herumstanden. Aoi räusperte sich. „Kai-chan? Bist du noch sauer wegen gestern?“ Aoi packte gekonnt einen Dackelblick aus, den er sich von Uruha abgeschaut hatte. Kai rieb sich verlegen das Genick. „Eigentlich nicht. Wegen gestern…“ Mist aber auch, dachte Aoi. Jetzt würde Kai sich entschuldigen, sie würden vielleicht noch etwas zusammen trinken und freundschaftlich auseinander gehen. Wenn nicht… „Schon gut. Ich habe es ja irgendwie verdient.“ Aoi gab sich redlich Mühe, verlegen auszusehen. „Wenn ich geahnt hätte, dass man deine Konzentration so leicht stören kann, hätte ich mich nicht so von Ruki anstacheln lassen.“ Es kostete Aoi einiges an Überwindung, diese Sätze möglichst beiläufig auszusprechen. Obwohl, hatte sich da etwa doch ein wenig Gemeinheit in seine Stimme geschlichen? Sowas aber auch. Sofort verdunkelten sich die Augen des Drummers ein wenig, aber anstatt auf die Provokation einzugehen, trat er misstrauisch einen Schritt zurück. „Sag mal, Aoi? Kann es sein, dass du absichtlich versuchst, mich zu reizen?“ In seiner Stimme lag der Hauch einer Drohung, was schon ausreichte, um dem Gitarristen eine leichte Gänsehaut zu bescheren. „Und wenn?“, flüsterte er heiser. „Vielleicht finde ich es ja interessant, dass du dich selbst genauso wenig unter Kontrolle hast wie deine Drums.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)