Engelstränen von Zyra (Martin x Taro) ================================================================================ Kapitel 5: Gespieltes Selbst ---------------------------- Hi! So, das neue Kapitel ist da! ^^ Viel Spaß damit! LG Kyra --- Gespieltes Selbst Nachdenklich betrachtete ich die Schale Weintrauben. Sollte ich sie abwaschen oder nicht? Gestern wäre mir noch ganz klar gewesen, wie ich zu agieren hatte. Aber heute? Langsam aber sicher kam ich zu ihm durch. Auch wenn mir schleierhaft war, was der Auslöser dafür war. Allerdings sprachen wir von Taro. Da war das nicht unbedingt neu. Er hatte schon öfter mit unvorhergesehenen und unnachvollziehbaren Entscheidungen geglänzt. Ja, ich gestand es mir zwar nicht gerne ein, aber selbst mir fiel es manchmal noch schwer, seine Denkweise vollständig zu verstehen. Ich wusste, was er erlebt hatte. Dennoch war es nicht ganz kalkulierbar, wie ihn diese Vergangenheit geprägt hatte. Und ich war mir sicher, dass er nur über das Wichtigste gesprochen hatte. Etliche Abscheulichkeiten hatte er wohl weggelassen. Wofür ich ihm durchaus dankbar war. Letztendlich war ich einfach nur froh, dass er mich langsam an sich ran ließ – was nun dazu geführt hatte, war nur peripher von Belang. Die letzten beiden Monate waren für mich eine Qual gewesen. Auch wenn es mit den Schmerzen, die Taro erleiden musste ... mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen ... Ich schluckte. Es fiel mir nicht leicht, dennoch zwang ich mich die Wahrheit zu denken ... auch wenn es mit den Schmerzen, die ich Taro aufbürdete, nicht zu vergleichen war. Es tat mir in der Seele weh, mein Herz war nahe am zerspringen, wenn ich ihn so sah, dennoch hatte ich noch Hoffnung. Und wohl auch eine nicht so geringe. Seufzend stellte ich die Trauben in die Spüle und drehte den Hahn auf. Zu der Martin Matori Rolle hätte es zwar durchaus gut gepasst, sie einfach so wie sie waren ins Bad zu schleppen, und sie wenn er mich darauf ansprach, einfach ins Badewasser zu tauchen, aber wenn ich an das letzte Mal zurückdachte ... Taro war ... hm ... nun ja ... mit einer guten Portion Ironie könnte man sagen, er war begeistert gewesen. Und zwar hochgradig. Dabei wusste ich wirklich nicht, was er hatte. Ich fand meine Idee immer noch zum Kichern. Klar, dass er mich danach aus der Wanne gescheucht hatte und mir einen Vortrag darüber gehalten hatte, wie man es denn richtig machte, war nicht gerade zum Lachen gewesen. Sein Gesichtsausdruck im ersten Moment dafür umso mehr. Jedenfalls hatte ich die Lehre daraus gezogen, dass er in diesem Bereich kein Fünkchen Spaß verstand. Ich wollte meine gerade neugewonnene Nähe nicht mit etwas so leicht Umgänglichem riskieren. Je eher er sich etwas aufgerappelt hatte, desto eher konnte ich ihm alles erklären. Auch wenn mir mein Vater selbst das verboten hatte. Und dann würde er vielleicht mal wieder einen Gedanken an die Liebe verschenken. Oder zumindest eine Scheinbeziehung. Das würde es mir etwas erleichtern oder zumindest einen Zugang zu seinem Herzen bieten. Dass es mich wirklich erwischt hatte, wusste ich spätestens nach dem Kuss von geradeeben. Mein Herz hatte zu rasen angefangen, und ich hatte mich beherrschen müssen, damit es bei dem sanften, kurzen Kuss blieb. Ich hatte das Gefühl gehabt, platzen zu müssen vor lauter unterdrückte Liebe. Ich seufzte verträumt. Wie gern würde ich diesen Abend einfach nur kuschelnd und küssend mit ihm auf der Couch verbringen. Ihn einfach mal nach der langen Zeit verwöhnen. Leider konnte ich das voll vergessen. Ich war nicht mit ihm zusammen. Aber ich hatte ein Date. Ich musste grinsen wie ein Honigkuchenpferd, und konnte den Drang durch die halbe Küche zu hüpfen nicht unterdrücken. Endlich hatte ich es geschafft, ihn zu einem Besuch im Belacis zu überreden. Er würde zwar nicht sonderlich begeistert sein, aber Kompromiss war Kompromiss. Daran hielt er sich, auch wenn er mosern würde, dass dieser nur zu meinem Vorteil war. Am Ende würde es ihm gefallen, dafür würde ich schon sorgen. Immer noch voller Elan schüttelte ich die Schale mit den Trauben, bis das meiste Wasser abgetropft war, und nahm sie auf einem Geschirrtuch mit ins Bad. Nicht dass Taro mir noch den Kopf abriss, weil ich Wasserspuren im Teppich hinterließ. Als ich ins Bad trat, dachte ich im ersten Moment, er wäre eingeschlafen. Es hätte mich nicht gewundert, er sah fertig aus, obwohl er die ganzen letzten Tage im Bett verbracht hatte. Und doch war da, seitdem ich ihn in der Stadt aufgegabelt hatte, noch etwas anderes ... nicht genau bestimmbar ... dennoch definitiv positiv ... Erst als ich von seinem trotz allem hübschen Gesicht gefesselt, auf den Fliesen das Gleichgewicht verlor, erkannte ich das Gegenteil. Seine intensiv grünen Augen richteten sich überrascht auf mich. Ein lange nicht mehr gesehenes Funkeln trat in sie. Seine Mundwinkel zuckten nach oben. Schmerzhaft machte ich mit dem Boden Bekanntschaft. Aber der Blick in sein halb amüsiertes, halb besorgtes Gesicht machte das wieder wett. Nur der Vollständigkeit halber, murrte ich „Au!“. Endlich, dachte ich voller Erleichterung im Herzen, kein Desinteresse mehr! Es war schrecklich gewesen zu sehen, was ich aus ihm gemacht hatte. Und noch grausamer war es gewesen, keinen wirklichen Weg zu kennen, um ihm zu helfen. Das Wissen alles ganz zu zerstören, wenn ich ihm zu früh alles beichtete. Ich wusste immer noch nicht warum, aber Taro war auf dem Weg der Besserung. Nicht mehr lange und ich konnte mich entschuldigen, ihm alles erzählen, ohne dass der Rest der Welt auch nur einen Hinweis bekam, dass ich geplaudert hatte. „Alles in Ordnung?“, fragte er, die Besorgnis überwiegte. „Nichts passiert!“, meinte ich munter, als ich mich am Wannenrand niederließ. Ich strahlte ihn an, konnte den Drang kaum unterdrücken, durch das ganze Bad zu springen, und meine neue Hoffnung herum zu posaunen. Bald hab ich meinen Taro wieder! Bald hab ich meinen Taro wieder!, jubelte ich in Gedanken. Ich war innerlich ganz hibbelich vor Freude. „Dann ist ja gut!“, murmelte er. Es war seltsam, wie viel ich ihm auf einmal zu bedeuten schien. Was hatte ich da nur verpasst? So langsam wurde ich neugierig, besann mich aber darauf ihn, wenn überhaupt, später danach zu fragen. Während ich mir die erste Weintraube in den Mund schob, musterte ich unauffällig seinen Körper, soweit das der Schaum und die Wasserspiegelung zuließen. Er hatte ziemlich abgenommen. Das hatte ich zwar schon geahnt, aber da er angefangen hatte einige meiner alten Klamotten zu tragen, die so oder so schon schlabbrig gewesen wären, hatte ich nie das Ausmaß erkennen können. Ich war nicht sicher, was ich erwartet hatte, aber ich war erleichtert, obwohl er deutlich an Gewicht verloren hatte. Doch sein Körper wirkte lange nicht so zerbrechlich, wie in manchem Moment, in dem zusammengekauert in der Ecke seines Betts gehockt hatte. Und nur noch Haut und Knochen war er auch nicht. „Nicht so der Renner, was?“, fragte Taro und mir schoss ertappt das Blut in die Wangen. Ich hatte mal wieder seine Beobachtungsgabe unterschätzt. Es war eine einfache Feststellung gewesen. Er war nicht glücklich damit, aber er schämte sich nicht. Weder dafür, dass er sich so hängen gelassen hatte, noch dafür, dass ich ihn so ungeniert gemustert hatte. Manchmal hatte ich das Gefühl, „Scham“ wäre ein Fremdwort für ihn. Ich lächelte leicht, als ich antwortete: „Etwas dünn, aber sonst ganz lecker!“ Das meinte ich ehrlich so. Man sah es Taro an, dass er die letzten zwei Monate mit viel Sport verbracht hatte. Er hatte sich regelrecht an seine einzige Routine geklammert. Ich hatte mit dem Thema nie viel anfangen können, deshalb verband er damit nicht viele schmerzhafte Erinnerungen. Dieses verstärkte Training hatte zusammen mit der verringerten Essensaufnahme für die rapide sinkenden Kilos gesorgt. Wird Zeit, dass er wieder ordentlich isst, dachte ich und warf einen wehmütigen Blick auf die Trauben. Ich hatte kaum welche gehabt, dennoch entschloss ich mich, sie ihm zu geben. „Hier, bitte“, nuschelte ich und genoss den verwunderten Blick, der zwischen mir und der Weintraubenschale hin und her wanderte. „Nimm sie, bevor mein Magen meinen Verstand doch noch umstimmt. Sie schmecken verdammt gut!“ „Danke“, murmelte er und nahm sie mir ab. Meine Augen klebten regelrecht an seinem Mund. An seinen leicht kaputten Lippen, die trotzdem so sinnlich aussahen. Ich seufzte, und in meinem Kopf hämmerte angesichts der Bewegungen nur ein Wort: küssen. „Irgendwie bist du süß!“ Taro grinste leicht und hielt mir eine Traube hin. Automatisch öffnete ich den Mund. Ein angenehmer Schauer lief mir über den Rücken, als seine Fingerspitzen meine Lippen streiften. „Inwiefern?“ Egal wie sehr ich ihn mit fragenden Blicken löcherte, er ging nicht näher darauf ein. Frustriert seufzend verschränkte ich die Arme vor der Brust und zog einen Schmollmund. „Sag ich doch“, murmelte er kaum hörbar, und ein leises Kichern kam über seine Lippen. Bevor ich etwas dazu sagen konnte, fuhr er lauter fort: „Ich will nicht unhöflich sein, aber ich bin etwas neugierig. Warum achtest du, chaotisch wie du bist, so sehr auf ein ordentliches Aussehen?“ Die Frage überraschte mich. Und ich war etwas unschlüssig, was ich darauf antworten sollte. Nach einem Moment entschloss ich mich für die Wahrheit: „Das hat zwei Gründe, zumindest was meine Haare angeht. Die sehen nämlich ansonsten aus wie Kraut und Rüben.“ „Und der andere?“, harkte Taro sichtlich neugierig nach, als ich zögerte. Wo kamen auf einmal diese ganzen Gefühlsregungen her? Was hatte da nur den Damm gebrochen? „Mein Vater meint, wenn ich schon so ein Chaot bin, dann sollte man es zumindest nicht auf den ersten Blick sehen. Ich halte nicht sonderlich viel von ihm, aber er hat mich in der Hand“, gestand ich. „Hm. Erzählst du mir warum?“ In seinen Augen leuchtete das Verlangen, mehr über mich zu erfahren. Ich kannte dieses Funkeln, es war unverkennbar. „Er droht mir, mich endgültig von jemandem zu trennen, der mir sehr viel bedeutet“, murmelte ich, und es tat gut mal darüber zu sprechen, auch wenn es nur indirekt war. Ich konnte ihm noch nicht sagen, dass er dieser jemand war. „Kann er das denn?“ „Er hat die Macht dazu. Und wenn er mich nur in der Villa einsperren würde. Und in diesem Fall will ich kein unnötiges Risiko eingehen!“ „Ich bin kein unnötiges Risiko?“, fragte er leicht verwundert. Ich schüttelte lächelnd den Kopf. „Nein, ganz bestimmt nicht! Wenn du jetzt denkst mich nach diesem halben Jahr los zu sein, hast du dich gewaltig geschnitten. Sobald es geht, gehört das Kopfkissen neben deinem wieder mir!“ Eine seiner Augenbrauen hob sich. Taro wirkte erstaunt. Aber glücklich. „Ehrlich?“, fragte er leicht unsicher. Huch. Was war nun? Bedeutete ihm das etwa so viel? Was hatte ich verpasst? Mann. Jetzt wollte ich es wirklich wissen. Aber fragen war noch nicht drin. Arg. Ich unterdrückte den Drang mir die Haare zu raufen. Erstens würden sie danach in alle möglichen Himmelsrichtungen abstehen, zweitens würde Taro mich bestimmt für bekloppt halten. Also grinste ich nur übers ganze Gesicht. „Jupp...“, sagte ich, wurde dann aber durch die Klingel unterbrochen. Funny, war mir bei dem Sturmgeklingel gleich klar. Ein Blick auf die Uhr bestätigte den Gedanken. „Hups“, murmelte ich, „das hab ich glatt vergessen. Die wollten ja vorbeikommen.“ „Die ganze Clique?“, fragte Taro gequält. Ich konnte ihn verstehen. „Taktvoll“ war ein Wort, das nicht auf alle zutraf. „Nozomi wird dir den Rücken schon relativ frei halten. Und notfalls bin ich ja auch noch da!“ Ich zwinkerte ihm zu, und ging dann zur Tür, die inzwischen schon unter den Schlägen von Fufu erbebte. „Hey, sitzt ihr auf euren Ohren? Die Kapuze zerstört allmählich meine Frisur!“ Das war Vivi. „Du solltest dir in dem Aufzug lieber Sorgen um deine Gesundheit machen!“, wendete Ryan ein. „Könnt ihr eure Klappen von allein halten, oder muss ich sie euch stopfen. Ihr übertreibt maßlos.“ Eine mehr als genervte Caca. „Leute, ihr seid mal wieder echt unmöglich!“, stöhnte Nono, und ich konnte mir bildlich vorstellen, wie sie eine Hand vor die Augen schlug. Ungeduldige Zwillinge. Modetussi. Gesundheitsfreak. Kampfsportlerin. Vernunftmensch. Jap. Das war unverkennbar unsere verrückte Clique. --- Na, wer ist überrascht? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)