Die Chronik der anderen Welt von DhalaElenaAngel ================================================================================ Kapitel 17: Kleiner Drache ganz groß ------------------------------------ „Dann empfehle ich das hier, “ lächelte Harry und schob dem Mädchen einige Tüten mit Bonbons zu. „Fieberdrops, wirken garantiert und es sind die Neuen, die man noch nicht kennt, also wird die Schulkrankenschwester es nicht sofort merken.“ Das Mädchen nickte, bezahlte und lief eilig aus dem Laden. Sie erinnerte ihn an die Schüler, die er selbst früher immer beobachtet hatte und wie die er nie hatte sein können. Leider. Es war immer noch schwer zu sehen, was man ihm genommen hatte. Allerdings – hätte er auf andere Weise vielleicht Sev nie so kennenlernen können... vielleicht hatte das einfach mit dazu gehört... „He! Schlafmütze!“ Verwirrt sah Harry auf, lächelte Fred dann aber zu: „Was gibt es? Es ist doch niemand da, den ich vergessen haben könnte.“ Der Rotschopf lachte: „Darum geht es nicht, seit du hier arbeitest, sind die Umsätze wieder mal rasant gestiegen, weil die Mädchen – und ein paar Jungs – dich wohl ansabbern.“ „Was? Tun sie das?“ Der Ältere lachte. „Du merkst noch nicht mal, wie sie mit dir flirten!“ „Sollte ich?“ „Vielleicht besser nicht, “ grinste der Rotschopf. „Am Ende bekommt es dein Kerkerwächter mit und wir haben hier ein Blutbad.“ „So schlimm ist Sev nicht!“, verteidigte Harry den Anderen sofort. „Er ist nur immer da, wenn ich ihn brauche!“ „Du hast nur noch nie die Blicke gesehen, die er denen zuwirft, die dich anflirten!“, gab Fred trocken zurück. Tatsächlich hatten er und sein Bruder zwei mal befürchtet, dass der Elf auf einen der Kunden losgehen würde, aber es war dabei gewesen, dass er Harry vor allen Augen abgeknutscht hatte. Was aber als Nebeneffekt gebracht hatte, dass einige der Mädchen seufzend und sabbernd BEIDE angegeiert hatten. Harry zuckte nur mit den Schultern. „Sev weiß, dass Andere mich nicht interessieren. Er vertraut mir.“ „Dir...“ „Warum bist du denn hier, wenn ich nicht was schrecklich vermasselt habe?“, fragte Harry schließlich. „Nicht, dass es nicht toll ist, mit dir zu reden, aber...“ „Dein Schreihals will mit dir reden, “ erklärte Fred. „Er hat gesagt, ich soll dich holen. Irgendwas, das er nur mit dir besprechen will. Ich übernehme solange.“ „Ist gut, ich bin gleich wieder da.“ „Das hoffe ich, “ grinste Fred. „Und bevor ich es vergesse, wenn er sich nicht zurückhalten kann, benutzt Schweigezauber – sabbernde Teeniemädchen sind zwar schön und gut, aber wir geben keine Gratis Peepshows...“ „Freeeeeeeeeeeeeeeeed!!“ Der Angesprochene grinste, wich dem Schlag aus. „Nicht aufregen, “ zog er den Jungen auf. „Und jetzt geh hinter.“ Harry nickte und lief in das kleine, abgeschirmte Büro in dem der Spiegel stand, mit dem sein Gefährte Alles beobachten konnte. „Sev?“ Arme legten sich von hinten um ihn. „Was ist denn?” „Das sollte ich wohl dich fragen...“ „Was meinst du?“ „Eben, als das Mädchen da war, was hast du gedacht? Du warst auf ein Mal so...“ „Oh, das....ich... hab sie gesehen und mich gefragt, ob ich auch so gewesen wäre, wenn ich bei meinen Eltern aufgewachsen wäre,“ gab er leise zurück. Er wusste, der Ältere würde ohnehin nicht nachgeben, bis er wusste, was los war. Severus drückte den Jüngeren nur fester an sich. Er wusste, er konnte Harry seine Kindheit nicht zurückgeben, so gern er es auch täte. „Das ist vorbei, “ versprach er leise. „Ab jetzt wird es besser werden.“ Er hob Harrys Kinn, küsste ihn sanft. Es dauerte eine Weile, bis der Jüngere wieder aufsah. „Hast du etwas entdeckt?“, fragte er wieder ruhig. „Ja, “ gab Severus zurück. Er deutete auf einen der Spiegel, wo Moody gerade eine kleine Seitengasse in der Nokturnallee entlang schlich und sich immer wieder umsah, bevor er in eine der schäbigen Kneipen eintrat. „Du denkst, da treffen sie sich?“ „Davon geh ich aus.“ „Wie... willst du es rausfinden?“ „Ich habe meine Möglichkeiten.“ „Nicht ohne mich!“ Harry, das... ist zu gefährlich! Bitte, bleib zu Hause, tu mir den Gefallen, dieses Mal. Du hast keine Ahnung, was da für Leute sind und wie du dich verhalten musst, ohne aufzufallen und um deine Informationen zu erhalten. Bleib dieses eine Mal hier, ich bin auch so schnell wie möglich wieder hier.“ Harry kuschelte sich an den Anderen, er wusste, es war so, wie er es sagte. In dem Fall würde er Sev das Leben nur schwer machen. „Ist gut, ich bleibe daheim – wann gehst du?“ „Jetzt gleich.“ Harry schluckte, nickte aber dann. „Dann... bis heut Abend?“ Der Ältere nickte. „Geh mit Zeon und esst schon mal was.“ „Dann bis später.“ Severus küsste den Anderen sanft und warf den Umhang über, zog die Kapuze über sein Gesicht und war dann einfach weg. Harry sah seinem Gefährten mit einem flauen Gefühl im Magen hinterher, schüttelte dann aber den Kopf. Das war Schwachsinn. Sev hatte jahrelang als Spion gearbeitet. Allerdings hatte der Jüngere Bedenken und nicht mehr den Nerv, nach vorn zu gehen. Stattdessen meldete er sich bei den Brüdern ab und ging mit Zeon heim, setzte sich da ins Wohnzimmer und wartete. Erst Stunden später kam sein Gefährte zurück, mit ruhigem Gesicht und allen Körperteilen, aber mit tierischem Ärger in den Augen, der sich erst legte, als er sah, wie Harry auf ihn gewartet hatte. „Was machst du denn noch hier?“, fragte er sanft. „Es ist nach Mitternacht.“ „Ich wollte auf dich warten, “ gab Harry müde zurück. „Ich hab mir Sorgen gemacht, ich hab die Zwillinge so in den Wahnsinn getrieben, dass sie mich heim gejagt haben.“ Was Harry aber verschwieg war das seltsame Gefühl, dass er gehabt hatte. Das, beobachtet zu werden. Von Jemandem, der ihm sicher nichts Gutes gewollt hatte und auch Dren in seiner Umhangtasche war unruhig geworden. Zeon allerdings schien nichts bemerkt zu haben. Also war es wohl nur Einbildung gewesen. Severus zog den Jüngeren zu sich, küsste ihn sanft. Er spürte, dass Harry besorgt um ihn gewesen war und immer noch unruhig war. „Es geht mir gut, ich bin unverletzt, ich bin nur höllisch genervt.“ „Das merke ich, “ lächelte Harry etwas. „Hast du was rausgefunden?“ „Sie treffen sich in dem Kabuff, ja. Regelmäßig und es werden, laut Wirt, jeden Tag mehr. Sie brüten etwas aus und der Wirt hat öfter gehört, dass sie darüber geredet haben, Elfen zu verdreschen und auszunehmen, wie Fische.“ „Das... klingt nicht gut...“ „Ja, aber es sieht nicht so aus, als haben sie bisher feste Anhaltspunkte. Beunruhigen tut mich, dass es Fänger gibt, Leute, die magische Wesen suchen, deren Lebensenergie man dem Alten zuführen kann.“ „Das... klingt nicht gut.“ „Ist es auch nicht. Das hat mich so wütend gemacht.“ „Kommst du mit mir ins Bett?“, fragte Harry leise. „Ja...“ Es war schon wieder geschehen. Ein weiteres Kind war auf offener Straße verschwunden und die Familie war bekannt für ihre Veelagene gewesen. Doch auch in dem Fall waren die Ermittlungen der Auroren mehr als schlampig, denn das Kind war nach dem Krieg allein auf sich gestellt gewesen. Es hatte vermutlich sogar auf der Straße gelebt, wie viele, auch die, die das Schicksal des Mädchens bisher geteilt hatten. Harry wusste, in zwei Tagen würde man die Leiche finden, irgendwo, ohne, dass man sich die Mühe gemacht hatte, sie zu verstecken. Der magische Kern würde verschwunden sein und das Gesicht würde nicht erkennbar sein. So alt würde es wirken. Erneut stieg die Übelkeit in Harry auf, die in den letzten zwei Monaten sein konstanter Begleiter geworden war. Er wusste nicht, warum oder wieso, aber sie war nun fast immer präsent und mit jedem dieser Berichte schien sie schlimmer zu werden. Er erinnerte sich noch an das erste, entführte Kind und das Foto vom Fundort, dass bei einer Besprechung mit den Zwillingen, Sev und einigen Anderen herumgegangen war. Sie waren inzwischen ein regelrechter, kleiner Untergrund, der sich gegen den Einfluss stemmte, den Dumbledore langsam wieder gewann. Sie hätten das vermutlich sogar in aller Öffentlichkeit tun können, doch Harry wollte nicht, dass die magische Welt erfuhr, dass er wieder da war, dann wäre es mit ihrer Ruhe schnell vorbei und das war es ihm nicht wert. Auf jeden Fall war an dem Tag dieses Bild herum gegangen. Harry war schon seit dem Frühstück etwas anders gewesen, nicht schlimm, ein leichter Druck auf seinem Magen, aber dann hatte er das Bild gesehen – und es um ein Haar nicht mal mehr rechtzeitig ins Bad geschafft. Er wusste nicht, was ihn an dieser Leiche so getroffen hatte, nur, dass sie seinen Magen entgültig zum Rebellieren gebracht hatte. Sev war überbesorgt gewesen, er hatte seine Haare gehalten, ihm geholfen, ihn im Arm gehalten und er hatte sich nur knapp vor einem Besuch bei der Heilerin drücken können. Er verstand wirklich nicht, was ihn an diesen Bildern noch mehr mitnahm, als an denen, die er den gesamten Krieg über mit Voldemort zu sehen bekommen hatte. Und da hatte er sogar noch life miterleben dürfen, wie die Opfer zu Tode gefoltert worden waren, dank seiner verdammten Visionen. Was also hatte sich geändert, dass er nun so heftig reagierte? Denn auch, wenn mal ein Morgen ohne die Meldung verging, dass ein weiteres Kind vermisst wurde oder aufgefunden worden war, war ihm meist schlecht und er erbrach sich. Was er aber wohl wissentlich vor seinem Gefährten verheimlichte. Sonst würde Sev ihn sicher zurück nach Naphthalla schicken und das wollte er noch viel weniger. Zwar hatten alle gesagt, ihre Bindung würde sich beruhigen, aber in seinen Augen war sie bestenfalls schlimmer geworden. Auch, wenn er es sich nicht anmerken ließ, bedeutete es für ihn jedes Mal eine kleine Hölle, wenn der Ältere nicht da war, weil er versuchte, den Alten zu finden, der nie selbst in der Spelunke auftauchte, in der seine Gefolgsleute sich trafen. Jedes Mal, wenn Sev ging, wurden seine Schmerzen stärker, sein Magen tat ihm weh, er hatte Krämpfe, er erbrach sich. Aber bisher hatte er das verstecken können – zum Glück. Er vermutete, dass George einen Verdacht hatte und auch Hermines Blick hatte ihm nicht gefallen, aber noch hatte es wenigstens niemand seinem Geliebten gesteckt. Harry lehnte sich mit dem Kopf gegen die eiserne Kette der Kinderschaukel, die in dem kleinen Muggelpark angebracht war. Es war Vormittag an einem gewöhnlichen Wochentag, also war er allein. Na ja, fast. Zeon stand mit Sicherheit irgendwo im Schatten zwischen den Bäumen, die den Spielplatz umrahmten und fragte sich was zum Henker mit ihm los war, aber was sollte er schon tun? Er konnte es dem Anderen kaum sagen, es war so schon schwer genug, seinem Leibwächter die Kotzattacken zu verheimlichen. Von Sev mal ganz zu schweigen. Unter anderen Umständen wäre der Ältere vermutlich sogar stolz auf ihn, so gut, wie er seine Gedanken inzwischen verschleiern konnte. Denn hätte Sev etwas von seiner Übelkeit mitbekommen, wäre er schon lange nicht mehr hier. Nicht, dass er sich hier so wohl fühlen würde, aber wie gesagt, sein Gefährte war hier und seine Instinkte befahlen ihm, in dessen Nähe zu bleiben, also tat er genau das, wann immer es ging. Meist ließen Übelkeit und Krämpfe dann auch sehr schnell nach. Weswegen Harry nicht zu einem Heiler wollte. Es hing nur mit der Bindung zusammen. Was Severus sehr gut gefiel, war, dass er auch endlich nicht mehr so schrecklich mager war. Im Gegenteil, Harry selbst fand sich teilweise regelrecht aufgequollen und fett, was aber vermutlich einfach daran lag, dass er seinen Anblick mit etwas, das annähernd an Normalgewicht ging, nicht gewohnt war. Wobei er aber nicht verstand, warum er bei seinem vielen Gekotze nicht auch schon längst wieder abgenommen hatte, denn er bekam schon seit einer Weile keine zusätzlichen Nährtränke mehr. Kurz blickte Harry sich um, sah seinen Leibwächter tatsächlich im Schatten eines alten Baumes stehen, stieß sich dann mit den Füßen etwas im Sand ab und schaukelte vor sich hin. Er wusste, es konnte noch eine Weile dauern, bis Sev zurück war. Das kleine, leere Haus ertrug er um sich herum gerade gar nicht. Da dachte er noch eher an all die Toten, als er es so schon wieder tat. In dem leichten Schaukelwind schloss Harry die Augen, während er sein Hirn mal wieder nach einer Lösung durchwrang. Verdammt noch mal! Etwas musste es doch geben! Irgendwas! Eine Kleinigkeit, die sie übersehen hatten. Eine Möglichkeit, diesen Wahnsinn endlich zu stoppen! Dumbledore auszuschalten, ihn umzubringen! Ja, Harry würde den Alten mit seinen eigenen Händen erwürgen, wenn er könnte. Was machte schon etwas mehr Blut auf seinen ohnehin schon blutbesudelten Händen? Merlin, wenn doch nur diese verdammte Übelkeit aufhören könnte! Er wusste nicht, wie lange er sie noch vor Severus verheimlichen konnte, der Andere schien nämlich langsam zu merken, dass er ihm etwas verheimlichte. Er ließ es sich nicht anmerken, aber Harry spürte es, an der Art, wie der Andere ihn ansah. Daran, wie der die Stirn runzelte, wenn er merkte, dass Harry einen Teil seiner Gedanken abschottete. Er wollte Sev wirklich nicht weh tun, aber er wollte auch um nichts in der Welt, dass der Andere merkte, dass etwas nicht stimmte, Sev konnte diese Mission nicht einfach abbrechen und zurück in den Palast gehen und Harry konnte nicht ohne den Anderen bleiben, das war ihm mindestens genauso klar. Und was machte da schon ein flatternder Magen oder die Schmerzen? Er hatte so lange viel Schlimmeres ausgehalten! Ein weiteres Mal wandte Harry sich zu Zeon um, er wusste, es wurde allmählich ohnehin Zeit, zu den Zwillingen zu gehen, heute in den Laden in der Winkelgasse. Immerhin hatte er keine Lust, dass die Beiden ihn am Ende enttarnten. Vielleicht lag sein Magen auch nicht an der Bindung, sondern an einem Virus? Oder einem Geschwür? Er hatte mal gelesen, dass das bei Stress durchaus geschehen konnte! Ja, das war es! Er würde sich bei der nächsten Gelegenheit zu einem Heiler schleichen. Ja, das war gut... „Hö?“ War Zeon nicht gerade noch da gewesen? Wo war er denn nun hin? Automatisch stand Harry auf, drehte sich ein Mal um sich selbst. Gerade war sein Leibwächter noch da gewesen, er hatte ihn doch gesehen! Also wo schlich er nun schon wieder....?! In der Sekunde spürte er einen harten Schlag auf den Kopf, automatisch schlang er seine Hände um den Bauch, dann wurde alles um ihn herum pechschwarz. Der letzte Gedanke, den er hatte, war, dass er das Gefühl, verfolgt zu werden, vielleicht doch ernster hätte nehmen sollen... Severus spürte den Schmerz in demselben Moment, als wäre es sein eigener. Er war gerade erst aus dem Versteck, als er zu schwanken begann, und die Hände gegen seinen Kopf presste. Das Einzige, was ihn vor einer unangenehmen Bruchlandung bewahrte, war Raban, der geistesgegenwärtig nach ihm gegriffen hatte. „Herr?!“, fragte Raban sofort besorgt. Er kannte den König, er wusste, dass der nicht auf einmal von einem Zauber erwischt worden war, er sah aber auch, dass der Mann auf ein Mal heftige Schmerzen zu haben schien. „Scheiße!“, kaum, dass der Schmerz vollkommen verklungen war, wusste der Elf, was geschehen sein musste – und es gefiel ihm ganz und gar nicht, nein, das war eine Untertreibung, er war so unendlich stinksauer, wie noch nie zuvor in seinem Leben. Er wollte Morde begehen! Jetzt, sofort! „Herr!“ „Harry... Jemand hat Harry niedergeschlagen! Und ich wette, entführt gleich noch mit dazu! Wo ist Zeon?!“ Der Leibwächter wurde schneeweiß. Er kannte Zeon schon lange, er wusste, niemand hätte seinen Schützling erreichen können, hätte man den Anderen vorher nicht irgendwie ausgeschaltet. „Ich... weiß nicht, aber er hat gesagt, bevor Harry zum Laden geht, geht er immer gern an einem kleinen Kinderspielplatz in der Nähe vorbei und sitzt auf der Schaukel, er will da allein sein, er bleibt immer bei den Bäumen und...“, weiter kam er gar nicht, als sein Herr ihn packte und durch das Tor stieß, dass der gerufen hatte – mitten an einer stark befahrenen Straße. Kinderspielplatz, der Platz wo Harry wohl immer brütete, sobald er ihn mal aus den Augen ließ. Er wusste, dass es so etwas in der Art sein musste. Severus merkte es daran, dass der Andere seine Gedanken dann vor ihm versteckte. Etwas, das ihm gar nicht passte und ihm zeigte, dass etwas nicht in Ordnung sein konnte. Er hatte mit Harry darüber reden wollen, schon in der letzten Woche, doch es war immer etwas dazwischen gekommen, eine unerwartete Bewegung seiner Gegner, eine dringende Sitzung im Elfenreich, weil die Aktivitäten an der Grenze wieder zunahmen oder sonst etwas. Jedes Mal, kaum, dass er sich mit Harry auf dem Schoß hingesetzt hatte, um dieses verdammte, überfällige Gespräch zu führen. Harry hatte sich so gut gemacht, als sie in Naphthalla gewesen waren, aber seit sie wieder in England waren, war dieser Erfolg wie weggeblasen. Erneut zog sich das künstliche Grinsen über Harrys Gesicht, während seine Augen dumpf blieben – sofern man sie durch diese gefärbten Plastikscheiben überhaupt sehen konnte. Hier erinnerte den Jungen alles an die Vergangenheit, an Jemanden, den er verloren hatte oder an die Kindheit die man ihm verwehrt hatte. Hastig sah er sich auf dem Spielplatz um, deutete Raban, seinen Kollegen zu suchen, während er selbst nach Harrys Spuren suchte. Er lief zu dem Schaukelgestell, wo die Schaukel trotz der Windstille noch vor sich hinschwankte, sie war nicht mal ganz zum Stillstand gekommen. Vor der Schaukel, im Sand, war ein langer Abdruck, der die Form eines Körpers hatte. Hier hatte Jemand es gewagt, seinen Gefährten niederzuschlagen. Sanft strich er über den Abdruck des Körpers, während auf seinem Gesicht harte Züge standen. Ein Muggelverbrecher? Nein, wie auch? Den hätte Zeon doch bemerken müssen! Also ein Zauberer, aber wie und warum? Bisher waren nur Kinder entführt worden! Niemand, der so vermisst werden würde, dass man vertiefte Nachforschungen anstellen würde! „Herr! Herr! Zeon ist hier!!“ Langsam richtete Severus sich auf, während seine Fäuste sich ballten, dann aber lief er auf die Stimme zu, die aus dem Schatten der halbkahlen Bäume kam. Da kniete Raban, er hatte gerade einen Haufen Blätter abgetragen, deutete dann auf den bewusstlosen Krieger, der offensichtlich so überrascht worden war, dass er es nicht mal geschafft hatte, irgendeine Waffe zu ziehen. „Lebt er?“ „Ja, er verliert aber sehr viel Blut. Er muss aus nächster Nähe halb erschlagen worden sein, “ gab der Andere zurück, der gerade einen Stasiszauber auf Zeon sprach. „Er muss sofort zu Thea...“ Nachlässig öffnete Severus ein Tor: „Ich will, dass du ihn zu ihr bringst, sie soll ihn versorgen und sich selbst bereit machen! Bilde zwei kleine Elitegruppen, ich erwarte euch noch heute Abend in unserem kleinen Haus! Ich trommle die Anderen zusammen!“ Raban hob seinen Kollegen vorsichtig auf, nickte und trat durch das Tor, das sich, dem Geschrei nach, direkt in Theas Praxis gebildet haben musste. „Ich werde so schnell wie möglich wieder da sein.“ Als der Andere verschwunden war, legte Severus seine Hand über die Augen, auch, damit niemand die Träne sah, die aus einem davon rollte. Er machte sich schreckliche Sorgen. Was war nur geschehen? Wer hatte einen Elitekrieger wie Zeon so überrumpeln können, wer wollte etwas von Harry, selbst, wo sie doch nicht mal wussten, wer er wirklich war?! Wer hatte es gewagt, seinem Geliebten derartige Schmerzen zuzufügen?! Ihm war klar, dass er Harry schnell finden musste, aber das würde ihm nur gelingen, wenn sein Geliebter zu sich kommen würde, erst dann konnte er mit ihm in Verbindung treten und ein Tor zu ihm öffnen. Was hatte er auch gerade heute seine Schoßkatze mal nicht dabei gehabt, die doch sonst schon für ihr Alter so aggressiv war? Sie hätte den Angreifer sicher gerochen! Und Dren? Was war mit Dren? Hatte Harry vielleicht seinen Drachen bei sich? So würde er wenigstens die Chance haben, zu entkommen! Dann konnte dieses Taschenmonster wenigstens beweisen, dass es zu irgendwas nütze war! „Bitte, Harry... sei in Ordnung, ich verspreche, ich mache es wieder gut...“ Warum musste immer alles Harry passieren? War der Junge nicht so schon gestraft genug? Er hatte ständig Probleme gehabt, mit allem Möglichen. Mit ihren, wenn auch nur kurzfristigen Trennungen. Er war nicht blind und es war ihm schwer gefallen so zu tun, als habe er nicht gemerkt, um wie viel mehr die Anhänglichkeit seines Gefährten in der Zeit hier in England gestiegen war. Nur zu genau hatte er gemerkt, wie der Jüngere sich jedes Mal verkrampft hatte, wenn er allein hatte gehen müssen. Zu Orten, wo er Harry nicht hatte mitnehmen wollen, da sie zu gefährlich waren. Aber vermutlich wäre ihm da nichts geschehen... Ja, Harry hatte wieder mal bewiesen, dass er Ärger magisch anzog, ob er es nun wollte oder nicht, es schien ihm einfach immer wieder zu passieren. Und es war seine Schuld! Es hätte doch wirklich gereicht, einige Elfen nach England zu schicken, die Informationen hätten sammeln können! In Naphthalla wäre all das nicht geschehen! Da war Harry immer glücklich gewesen und auf jeden Fall sicherer, als hier, in einem Land wo die eine Hälfte der Menschen ihn tot sehen wollte und die Andere ihn mit dem Wunsch ihm nahe zu sein, über einen Abgrund treiben würde. Harry, der immer lächelte, auch, und vor Allem, wenn es ihm schlecht ging. Sein Gefährte, der immer versuchte, ihm zu helfen, um keine Last zu sein. Der nicht verstand, dass er ihn nie als Last sehen könnte. War seinem Gefährten nicht so schon genug geschehen? Musste nun noch mehr passieren? Konnte das verdammte Schicksal ihn nicht ein Mal, ein einziges Mal in Ruhe lassen?! Severus merkte kaum, wie er ein weiteres Tor öffnete, somit zurück in das Haus kam, das Lucius ihnen zur Verfügung gestellt hatte. Sitara hob ihren Kopf von dem Sessel auf dem Sie saß, sie schien ihn anzublitzen, als wisse sie bereits, was geschehen war. Wen er aber nicht sah, war Dren. Gut, vielleicht war nicht alles verloren, stellte Severus erleichtert fest. Dann setzte er sich in die Mitte des Raumes, schloss die Augen. Er konnte nichts tun, als zu warten, bis Harry wieder bei Bewusstsein war und seine Truppen kommen würden. Er konnte Harry nur orten, wenn er wach war und viel wichtiger, er konnte auch nicht allein losstürmen, wer wusste, wo er rein geraten würde... Severus strich sich über sein Mal, während er an die großen, grünen Augen des Jüngeren denken musste, den er doch einfach nur im Arm halten wollte. Wie sollte es nach dieser Aktion weiter gehen? Konnte er es wirklich riskieren, Harry hier zu lassen? Andererseits – durfte er den Jüngeren im Palast mehr oder weniger einsperren? Andererseits wollte er nicht riskieren, dass Harry noch mehr zustieß und es war schwerer, mehr Wachen zu überlisten, als einen einzelnen Bodyguard. Er würde mit Harry über die Möglichkeiten reden, denn ihm war klar, dass er, egal, wie sie entscheiden würden, bei Harry bleiben musste. Harry wusste nicht, wie lange er dieses Mal bewusstlos gewesen war, er merkte aber, dass ihm alles wehtat. Beim ersten Mal hatte er sich in einem Kerker befunden, er war getreten worden, in die Seite, gegen seine Arme, die er um seinen Bauch geschlungen hatte, bis er wieder bewusstlos geworden war. Aber dieses Mal war etwas anders. Er war nicht mehr im Kerker, er lag flach auf dem Rücken, Arme und Beine waren festgebunden, nur wusste Harry nicht, wie. Nur, dass jede Bewegung höllisch schmerzte. Und das er seinen Bauch nicht schützen konnte, was bei ihm eine regelrechte Panikattacke auslöste. Seine Augen bekam er dieses Mal überhaupt nicht mehr auf, die Kontaktlinsen waren zu lange drin gewesen, also sah er noch nicht mal etwas! Verzweifelt versuchte er, sich gegen die Fesseln zu wehren, aber das Einzige, was er hörte, war ein hämisches Lachen. „Na, na! Nicht bewegen! Dann schneiden die Fesseln auch nicht so, “ erklang die Stimme, die eine unheimliche Ähnlichkeit mit der von Severus hatte. Mühsam riss Harry seine Augen auf. Er sah nur stark verschwommen, aber der Blick bestätigte die Ähnlichkeit nur noch. Theodore. Was wollte der Mann von ihm? Erneut versuchte Harry schwach, sich zu befreien, doch er schaffte es nicht. Am Rande seines Bewusstseins spürte er seinen Geliebten, der auf ein Mal immer heftiger aufzuregen schien, aber Harry drängte die Präsenz wieder in den Hintergrund. Er war sich ohnehin nicht sicher, ob er nur träumte. „Was... wollen Sie von mir?“; fragte er schwach. Wieder ertönte ein hämisches lachen. „Nicht, dass das Wissen dir irgendwie nutzen wird, “ säuselte der Mann. „Aber ich habe vor, meinem Verbündeten zu zeigen, wie ich den Gefährten meines lieben Neffen auszuschalten gedenke! Fühle dich geehrt, du unwürdiges Halbblut! Du darfst seinen Tod austesten! Ich hoffe, du hast noch genug Kraft, ordentlich zu schreien!“ Oh toll, so etwas konnte nur ihm passieren! „Beginnen wir, “ schaltete eine weitere, hörbar aufgeregte Stimme sich ein, die Harry schaudern ließ und die ihm nur zu bekannt war. Albus Dumbledore. Nein, sie wussten sicher nicht, wer er war, aber trotzdem wollten sei ihn töten! Einfach nur so! „Natürlich, mein Bester. Ihr Beide! Entkleidet ihn! Von mir aus könnt ihr noch euren Spaß haben, bevor wir anfangen...“ Nein! Nein! Verzweifelt versuchte Harry, den Händen auszuweichen, aber er hatte keine Chance. Bis ihm etwas einfiel, weil seine Jacke anfing, verrückt zu spielen. „Dren! Du bist frei!“ Er hielt den Drachen immer lieber gesichert in der Tasche, nicht dass der einfach auf irgendwen losging, denn er hatte schnell gemerkt, dass Dren sehr, sehr eigen war. Sofort fühlte er, wie sein stabloser Zauber sich löste, etwas grabbelte auf seine Brust, das allgemeine Erheiterung auslöste, dann spürte er, wie Dren sprang und das Aufschreien sagte ihm, dass die Belustigung mit Sicherheit vorbei war. Aber wenigstens waren die Hände endlich weg, die seinem Bauch gefährlich nahe gekommen waren. Harry hörte Schreie, er hörte Flüche, es war ihm erst mal gleich, er konnte sich nicht regen, alles tat ihm weh – und sein Gefährte war nicht bei ihm. Er merkte gar nicht, wie er begann zu weinen, er sah die Tore nicht, die sich auf ein Mal wie aus dem Nichts öffneten, er bekam es erst mit, als die ohnehin schon panischen Schreie noch heftiger wurden. Erst da wandte er seinen ebenfalls gesicherten Kopf etwas zur Seite. Das Erste, was er sah, war Dumbledore – mit brennendem Bart und lodernden Haaren. nur war der Bart nicht mehr weiß, sondern schien da, wo die Flammen noch nicht gewütet hatten, braun zu sein. Als er sich vorsichtig zur anderen Seite drehte, sah er den Mann, der Severus äußerlich so ähnlich war, der gerade verzweifelt mehrere Flüche abwehrte, selbst schrie und versuchte, den Drachen irgendwie zu fesseln, bis er aufstampfte und einfach verschwand. „Dren...?“ Es dauerte nicht lange, bis der Drache sich in sein Sichtfeld schob. „Dren, kannst... du mich los machen?“, flüsterte Harry schwach. Er spürte, wie dessen lange, scharfe Krallen sich vorsichtig in die Fesseln schoben, dann gab es mehrere schnappende Geräusche und Harry konnte die Hände bewegen. Nun erst schaffte er es, seinen Hals zu befreien, setzte sich auf, schlang die Arme wieder um seinen Bauch, kämpfte gegen die wieder aufkommende Übelkeit. „Harry!“ Im ersten Moment wollte der Jüngere um sich schlagen, aber dann spürte er, wer da hinter ihm war, lehnte sich etwas an den Älteren: „Tut... tut mir... leid, ich...“ Severus schüttelte nur den Kopf, während er hastig mit einigen aggressiven Zaubern und der Hilfe des Drachen die letzten Fesseln löste, die seinen Gefährten auf diesem blutbesudelten Opferaltar festhielten. Überall hatten diese Drahtschlingen, geladen mit Magie, tiefe, blutige Schnitte hinterlassen. „Alles ist gut,“ murmelte er, hob seinen sichtlich verstörten Gefährten, der die Arme um sich selbst geschlungen hatte und sich hin und her wiegte, in seine Arme, drückte ihn an sich. „Rena, ich bin im Palast! Harry muss sofort versorgt werden! Bring das Ungetüm mit!“ Serena, in voller Rüstung, sah ihren Bruder verschwinden, blickte dann zu Dren. „Und, wie bitte, stellt er sich das vor?“, fragte sie ungläubig, aber sie hielt ihren Bruder nicht auf, nicht, nachdem sie dessen blutüberströmten Gefährten gesehen hatte. Stattdessen übernahm sie das Kommando: „Sammelt ein, was noch lebt!“, rief sie deutlich. Das waren ohnehin, dank des Drachen, nicht allzu viele. Mehrere Körper, die hier herum lagen, waren sauber in zwei Teile gebissen, einzelne Arme und Beine lagen herum. Es war ziemlich sicher zu sagen, dass der Drache die Verletzung seines Reiters auch nicht gut hingenommen hatte. Sie wusste, ihr Onkel war entkommen, aber Dumbledore nicht, der hing zitternd an eine Wand gedrängt, mit schweren Verbrennungen im Gesicht und mehreren Speeren auf der Brust. Nun – der Alte konnte sich jetzt Severus’ Wut stellen und Rena wusste, die war riesig. Die letzten vier Tage hatte der Ältere immer wieder mitbekommen, wie Harry zwischen Bewusstsein und Bewusstlosigkeit hin und her gependelt war, jedes Mal unter starken Schmerzen und Angriffen. Man hatte dem Jungen so übel mitgespielt, dass der Severus blockiert hatte, da er nicht mehr zwischen Freund und Feind hatte unterscheiden können. Sie selbst war stinksauer. Sauer genug, um selbst in voller Montur mitzulaufen. Sie lief an den anderen Kriegern vorbei, direkt zu Dumbledore, schlug ihm ins Gesicht, mitten auf die Brandwunden. „Den da in eine Einzelzelle zu Vernon Dursley! Damit er weiß, was ihn erwartet! Obwohl ich bezweifle, dass Sev ihm auch nur eine Unze Mitleid geben wird, indem er ihn sterben lässt, wie den alten, fetten Sack! Schafft ihn mir aus den Augen, bevor ich meinem Bruder die Arbeit abnehme!“ Sie öffnete mehrere Tore, zurück in den Palast, sah aber dann Neo und Raban an. Zeon war noch nicht wieder ganz auf der Höhe, er hatte nicht mitgedurft, obwohl er gewollt hatte. „Ihr beide, sammelt die Sachen der Beiden ein, Raban, sag den wichtigsten Leuten bescheid, du warst Sevs Schatten, du wirst wissen, wer das ist.“ Dann wandte sie sich zu dem Drachen. „Ich hab keine Ahnung, wie ich dich mit zurück... oh...“ Das erklärte auch, wie Dren seinen Herrn hatte finden und verteidigen können. Denn der schrumpfte auf ein Mal vor Serenas Augen – bis er nicht größer war, als ein Spielzeug. Serena packte ihn und trat selbst durch das Tor, brachte den Drachen in den Palast, der immer noch mit ungehemmter Wut auf einem abgerissenen Finger herumbiss. Am liebsten wäre sie zu ihrem Bruder, aber sie wusste, zwischen Thea und Sev würde sie eh nicht an Harry heran kommen und der Junge brauchte nun vor allem seinen Gefährten, nicht seine Schwägerin. Also ließ sie nur den Drachen leise durch die Tür, der von Harrys Panther begrüßt wurde, schloss die Tür dann leise wieder hinter sich und machte sich auf den Weg in ihren eigenen Flügel. Sie hatte Gefangene auszufragen und zu foltern. Damit konnte sie ihrer Wut vielleicht wenigstens etwas Herr werden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)