Nachtschicht von SamAzo ================================================================================ Kapitel 4: Newbry ----------------- Seit sie zurück waren, versuchte sie Corvin zu erreichen. Doch egal zu welcher Tageszeit sie es versuchte, er ging nicht an sein Telefon. Schon unendliche Male hatte sie auf seinen Anrufbeantworter gesprochen, doch noch hatte er sich nicht gemeldet. „Was macht der die ganze Zeit?“ Frustriert legte sie das Telefon beiseite und ließ sich auf ihr Sofa fallen. Am Montag waren sie wieder zurück gefahren. Es war eine lange Fahrt und die ganze Zeit über, hatte er versucht nicht über sich zu reden und war somit jeder weiteren Frage ihrerseits ausgewichen. Er hatte nicht einmal darüber reden wollen, was am Mittwoch passieren könnte. Das er sehr gut darin war über etwas nicht zu sprechen, hatte er ja bereits auf der Hochzeit bewiesen. Nachdem ihr Partner sie zuhause abgesetzt hatte, war er gefahren und das war das letzte, was sie seitdem von ihm gesehen und gehört hatte. Inzwischen wusste sie, das sie nicht mehr an dem Mordfall arbeiteten. Zum einen, weil sie Urlaub hatte und zum anderen, weil Corvin suspendiert worden war. Dennoch dachte sie unentwegt an den Fall. Ihre Kollegen würden keinen Täter finden. Denn wer sollte schon auf das kommen, was der Vampir ihr erzählt hatte? Das wenige, dass es gewesen war. Die vergangenen Tage über hatte sie nichts anderes getan als sich seelisch darauf vorzubereiten am heutigen Abend den Vampir zu treffen. Zu gerne hätte sie gewusst, was Corvin tat und vor allem wie es ihm dabei ging, doch der war wie vom Erdboden verschluckt. Sie hatten nicht einmal abgemacht, wann sie losfahren wollten. Ob sie sich vorher schon treffen sollten oder erst dort. Charlie seufzte und legte sich hin. Es war unmöglich in Ruhe ein Buch zu lesen oder einfach nur Fern zu sehen. Dazu war die Aufregung einfach zu groß. Was würde heute Abend passieren? Es gab nichts schlimmeres als warten. Vor allem, wenn es gefühlt schon eine ganze Ewigkeit war. Warum mussten die immer erst alles absprechen und diskutieren? Am Ende konnte so oder so nicht alles so geplant werden, wie sie es gerne hätten. Corvin schaute ein weiteres Mal auf sein Mobiltelefon. Kein Empfang. Genervt strich er sich durch die Haare. Er hatte noch so viel erledigen wollen und nun saß er hier fest. Ungeduldig tigerte er den Gang auf und ab. Gelegentlich versuchte er an der Tür zu lauschen, doch mehr als unverständliches Gemurmel war einfach nicht zu hören. Ihm war danach seinen Kopf gegen die nächste Wand zu schlagen. Da das jedoch, außer Schmerzen, auch nichts gebracht hätte, unterließ er es. „Corvin“, rief ihn eine bekannte Stimme vom anderen Ende des Ganges entgegen. „Susan! Ich dachte du wärst mit da drin.“ „War ich auch, bis vor einer Stunde. Da das ganze aber noch dauern kann, dachte ich mir ich werde schon ein paar Vorbereitungen für dich treffen.“ „Ehm, was für Vorbereitungen?“ „Das wirst du schon sehen, komm mit. Am besten zeige ich es dir.“ Ihr Telefon klingelte und weckte sie damit aus ihrem Dämmerschlaf. Leicht desorientiert suchte sie mit einer Hand den Tisch ab um das nervige Klingeln abzustellen. „Ja?“, meldete sie sich knapp. „Hey Partner. Ich wollte dich nur vorwarnen.“ 'Vorwarnen?' ging es ihr durch den Kopf. Allerdings arbeitete ihr Gehirn langsamer als ihr Mund. „Corvin? Wo hast du gesteckt?“ „Das erkläre ich dir bei einem gemeinsamen Essen. Also.. Thai? Oder lieber Mexikanisch?“ „Was?“ „Genau, was soll ich mitbringen? Ich weiß, dass du beides magst, aber was ist dir gerade lieber?“ „Thai..“ „Hab ich ein Glück! Ich bin in 20 Minuten da.“ Dem Gespräch hatte sie nicht ganz folgen können und erst allmählich, jetzt nachdem er aufgelegt hatte, drang das Gesagte durch. Alles endete mit einem Gedanken: 'Corvin kommt gleich und du warst nicht duschen!' Auch wenn sie wütend auf ihn war, musste sie nicht herumlaufen wie der letzte Landstreicher. Außerdem müsste sie so nichts mehr machen, bevor sie zum Newbry Building aufbrechen würden und hätte somit alle Zeit der Welt um herauszufinden wo er die letzten Tage verbracht hatte. Denn er sollte nicht glauben, dass er sich alles leisten konnte. Als es klingelte, trocknete sie gerade ihre Haare ab. Wieder einmal hatte sie sich vom warmen Wasser dazu verleiten lassen länger zu duschen, als es geplant gewesen war. Sie zog ihr Handtuch fester um sich und ging zu Tür um zu öffnen. Draußen stand Corvin mit einer Tüte und schaute selber so aus, als könnte er eine Dusche gebrauchen oder zumindest ein Bett. „Du siehst schrecklich aus!“, bemerkte sie darum statt einer Begrüßung. „Genau das was ich hören muss.“ Er wartete bis sie ihm die Tür weiter aufhielt. Was sie nicht tat. „Wo warst du? Und.. sind das die Sachen von Montag?“, fing sie sofort an. „Können wir erst essen? Und vielleicht lässt du mich ein halbes Stündchen dein Bad benutzen.“ „Ungerne Rymer! Sehr ungerne. Ob ich dich mein Bad benutzen lasse, hängt davon ab, wie gut das Essen ist. Allerdings müssen wir es dazu erst essen und.. dafür musst du rein!“ „Dann lass mich rein.“ „Wer sind sie Fremder? Sie können nicht mein Partner sein, denn den habe ich bereits als vermisst gemeldet.“ „Charlie...“ Er sah ganz so aus, als wäre er einfach zu müde um sich groß zu verteidigen oder anderweitig zu behaupten. „Lass mich bitte einfach rein, ja?“ Langsam schüttelte sie den Kopf. „Ich habe versucht dich zu erreichen. Nach allem was du erzählt hast, verschwindest du einfach – Was glaubst du, was mir da durch den Kopf geht?“ „Es tut mir leid. Ich hatte kein Netz und kam leider auch nicht eher wieder weg.“ „Wo warst du?“, wiederholte sie ihre Frage. „Können wir das drinnen besprechen?“ Sie schüttelte den Kopf erneut. Sichtlich erschöpft strich Corvin sich über das Gesicht. „Ich war bei Susan um mich zu bedanken. Für die schnelle Antwort wegen unserem Problem.“ „Susan.. Diese Freundin? Und das dauert so lange?“ „Ja, genau die und nein! Aber den Rest können wir bitte drinnen besprechen?“ Charlie seufzte leise, nickte dann jedoch und machte Platz, damit ihr Partner herein kommen konnte. Corvin ging zielstrebig in die Küche, während sie die Tür schloss. Einen Moment lang wunderte sie sich wieso er den Weg kannte, bis ihr wieder einfiel, das er, nach einem 'Notruf' ihrer Nachbarin, hier gewesen war. „Ich hoffe es schmeckt dir. Es ist nicht von dem, wo wir das letzte Mal in der Pause waren.“ Charlie musste lächeln. Er versuchte schon wieder vom Thema abzulenken. Bevor sie in der Küche ankam, wurde sie jedoch wieder ernst. „Lenk nicht ab! Was war noch?“ Etwas erstaunt schaute er sie an. „Lass uns vorher essen.“ Charlie dachte nach und seufzte ein weiteres Mal. „Gut, ich sollte mich anziehen. Beim Essen erzählst du es mir! Du findest alles, ja?“ „Na, im Notfall mache ich einfach mal jeden Schrank auf.“ Fertig angezogen kam sie zurück in die Küche und war erstaunt über das was ihr Partner dort alles auf dem Tisch verteilt hatte. „Das war alles in der kleinen Tüte?“ Corvin nickte. „Klar, das ist ja jetzt nur hübsch verteilt. Darum sieht es so viel aus.“ „Du hast nicht heimlich, um mich zu beruhigen, noch etwas dazu kommen lassen?“ „Nein. Ich kann dich auch sehr gut ohne Essen beruhigen.“ „Ah.. kannst du?“ Charlie setzte sich ihm gegenüber, musterte das Essen und fing dann an ihren Teller zu beladen. „Normalerweise, ja. Jetzt habe ich ehrlich gesagt nicht genug Energie um mich mit dir zu streiten.“ Sie hob fragend eine Augenbraue, was ihr nicht so gut gelang wie ihm. „Streiten? Ich will gar nicht streiten. Nur möchte ich auch nicht immer dumm da stehen und nichts wissen, weil du versuchst .. was weiß ich, mich zu beschützen oder sonst etwas.“ Corvin schüttelte leicht den Kopf und lächelte müde. „Als ob ich dich beschützen müsste.“ „So kommt es manchmal bei mir an.“ „Wenn ich dir private Dinge von mir nicht erzähle, will ich dich damit nicht unbedingt beschützen.“ Dieses Mal schwieg sie und fing an zu essen. Er hingegen hatte noch nicht einmal angefangen sich etwas auf sen Teller zu packen. Was ihr auffiel, als sie aufsah. „Willst du nichts essen?“ „Ich überlege noch womit ich anfange.“ So lange wie er nichts gegessen hatte, zog sich nun beim bloßen Geruch sein Magen zusammen. „Ich finde, du kannst damit anfangen, was du die letzten Tage getan hast“, sagte sie kurz bevor sie sich die nächste volle Gabel in den Mund steckte. „Susan hat mir einige Sachen erklärt. Vielleicht wichtig für heute Abend. Ich will nicht vor lauter Wut, dem Vampir gegenüber, eine Gefahr für dich werden.“ „Aber das wirst du sowieso nicht!“, stellte sie klar. Corvin zuckte mit den Schultern und nahm sich endlich auch etwas. 'Das hoffe ich', dachte er nur. Während des Essens schwieg er. Charlie saß alleine auf dem Sofa und aß den Rest ihres Essens. Corvin war im Bad verschwunden, um, wie er sagte 'Ihre empfindliche, kleine Nase nicht weiter zu stören'. Wirklich böse war sie ihm nicht mehr, trotzdem hatte sie wieder keine anständige Antwort bekommen. Allerdings wirkte er wirklich fertig, was sie davon abgehalten hatte weiter zu fragen. Also hatte er es wieder geschafft. Ob er schon wusste, was alles auf seinem Anrufbeantworter war? Darüber hatte er noch kein Wort verloren. Vermutlich hatte er sich direkt auf den Weg zu ihr gemacht, denn sonst hätte er ja sein eigenes Bad benutzen können. Noch während dieses Gedankenganges, fiel ihr etwas anderes ein. „Ehh.. kein Mokkaspresso! So geht das ja mal nicht.“ Sie stellte ihr Essen hin und ging flink zum Bad. Ohne zu klopfen öffnete sie die Tür. „Hey, ich hab gar keinen...“ Weiter kam sie nicht. Corvin hockte in der Dusche. Sein Gesicht vergraben in seinen Händen. „Corvin?“ „Hmm.“ „Alles ok?“ „Hmm.“ „Soll das 'ja' heißen?“ „Hmm.“ Was sollte sie jetzt tun? „Ich bin nur müde, ok? Brauchst dir keine Gedanken machen“, nuschelte er. Sie konnte es kaum hören wegen dem Wasser, das auf ihn und gegen die Duschwand prasselte, und seinen Händen, die er weiter vor seinem Gesicht hatte. „Dann komm da raus und leg dich etwas hin. Noch haben wir Zeit.“ Schüttelte er den Kopf? Es war nicht wirklich zu erkennen. Charlie ging näher an die Dusche, bis sie direkt vor der Duschtür stand, dort ging sie, wie er, in die Hocke. „Komm schon. Ich geb dir ein Handtuch, du machst dich fertig und dann legst du dich hin. Ich verzichte auch auf weiteres Gemecker.“ Langsam schaute er auf. Ein merkwürdiger Blick lag in seinen Augen. Es war schwer zu deuten was sie da sah, immerhin hatten sie die beschlagene Scheibe zwischen sich. „Ich habe zwei Tage nicht geschlafen und kaum gegessen. Das ist einfach die Rache meines Körpers.“ „Deines kranken Körpers! Ich hol dir ein Tuch.“ Ohne auf eine Antwort oder Reaktion seinerseits zu warten, stand sie auf und kramte ein Badetuch aus dem Schrank. Als sie sich herumdrehte, stand er in der Dusche und drehte gerade das Wasser aus. Selbst als er aus der Dusche kam, konnte sie nur starren. „Du.. du kennst keine Scham, oder?“ „Wer von uns beiden ist rein gestürmt während der andere duscht?“, fragte er mit einem, wenn auch müden, Grinsen. „Und vor allem, wer schaut noch immer?“ Charlie wurde rot, guckte zur Seite und hielt ihm das Tuch entgegen. Kaum hatte er es genommen, drehte sie ihm den Rücken zu. Ohne sich groß abzutrocknen, wickelte er lediglich den weichen Baumwollstoff um seine Hüfte und legte daraufhin seine Arme um Charlie. Sie zuckte etwas, da sie damit nicht gerechnet hatte. „Du bist nass.“ „Ich weiß“, flüsterte er in ihr Ohr. Eine Gänsehaut bildete sich in ihrem Nacken und wanderte von dort über ihren gesamten Körper. Seit der Nacht bei dem Vampir, war sie nicht sonderlich gut auf diese Positionierung zu sprechen. „Charlie..“ Sie nickte und drehte sich in seiner Umarmung um ihn ansehen zu können, was ihr ein weitaus besseres Gefühl gab. So kurz nach dem Duschen, war er einfach nur er. Kein Vampir- oder Aftershavegeruch. Sie lächelte auch wenn sich leichte Sorgen wegen seinem Zustand in ihrem Kopf ansammelten. Ging es ihm wirklich gut? Er tat es ihr gleich, lächelte und drückte sie noch etwas fester an sich. „Ich muss dir noch etwas sagen, wegen heute Abend.“ Das war nicht, woran sie jetzt erinnert werden wollte! „Jetzt?“ „Ja. Ich will, dass du es weißt, bevor wir..“ „Wir dorthin fahren?“ „Ich dachte eher an ein: Bevor wir den Raum wechseln und dich deiner Kleidung entledigen.“ Wieder wurde sie rot und schaute verlegen auf seinen Oberkörper. Als seine Hand sanft über ihr Haare strich lehnte sie ihren Kopf an seine Schulter und schloss die Augen. Sie musste zwischenzeitlich eingeschlafen sein und träumen! Charlie spürte einen leichten Kuss auf ihre Haare und musste noch breiter lächeln. „Ich kann allerdings auch verstehen, wenn du, nachdem du das weißt, nicht mehr willst.“ Das riss sie wieder aus ihrem Traumgefühl. „Was meinst du?“ Sie wollte aufschauen, doch er hielt sie davon ab, indem er ihr einfach weiter durch die Haare strich und dabei nicht zuließ, dass sie den Kopf bewegte. „Die Blackouts. Ich weiß was passiert ist.“ „Und.. was war es?“ Erneut spürte sie seine Lippen auf ihren Haaren, nur küsste er sie nicht. Er drückte sie einen Moment lang an sich bevor er es ihr sagte. „Ich.. habe Menschen angegriffen.“ Er konnte spüren wie sie sich anspannte. Noch hielt er sie fest, als brauchte er selber den Halt um überhaupt weiter atmen, geschweige denn sprechen zu können. „Was hast du? Wieso.. Wann war das?“ Sie klang entsetzt, womit er gerechnet hatte. Noch immer versuchte sie hochzuschauen. Nur würde er ihr nicht in die Augen sehen können, also hielt er sie weiter so fest, das es ihr nicht möglich war und erzählte weiter. „Das erste Mal, war ich 11. Im Sommer Camp. Natürlich habe ich nicht daran gedacht meine Tabletten zu nehmen und eines Nachts, ganz plötzlich, bekam ich Durst. Ich wusste nicht worauf und so stand ich stundenlang vor dem Automaten, bis einer der anderen Jungs vorbeikam. In dem Moment war klar was ich wollte. Nachdem ich versucht habe ihn zu beißen und das nicht das Ergebnis brachte, das ich wollte, habe ich ihn KO geschlagen und mir eine Schere aus der nächsten Hütte geholt. Es war das erste was ich fand und mir reichte, dass man damit verletzen konnte. Ich hab auf ihn eingestochen und.. sein Blut getrunken.“ Es fiel ihm hörbar schwer das zu erzählen und je mehr er sagte, umso kleiner wollte Charlie werden. Immer weiter verspannten sich ihre Muskeln und unbewusst stemmte sie sich gegen ihn. Als er fertig war, ließ er sie los. Sofort wich sie einige Schritte von ihm zurück. Vielleicht war ihre Vorstellungskraft zu lebendig, doch vor ihrem inneren Auge sah sie einen kleinen Jungen, der über und über mit Blut beschmiert war und voller Genuss seine Finger ableckte. Charlie versuchte das Bild zu verdrängen. Es machte ihr Angst. Noch mehr wenn sie daran dachte, dass sie mit diesem 'Jungen' gerade ihr, viel zu kleines, Bad teilte. Alles in ihr wollte weg, raus aus diesem Zimmer. Am liebsten auch raus aus der Wohnung, denn dank dieser Vorstellung machte sich Panik in ihr breit. „Hast du ihn getötet?“, wollte sie wissen. Corvin schüttelte den Kopf. Er starrte abwesend auf irgendeinen, scheinbar sehr weit entfernten, Punkt. „Nein. Sie konnten alle gerettet werden.“ „Alle?“ Den Schrecken in ihrer Stimme konnte sie einfach nicht verbergen. „Insgesamt acht Leute. Drei alleine an dem Abend im Camp.“ Langsam wich sie weiter vor ihm zurück, bis er sie ansah. Leidig wie ein getretener und geschundener Hund. Als wiege allein sein Gewissen mehr als die ganze Welt und lastete auf ihm ohne einen funken Gnade. „Ich wollte es nicht. Wirklich nicht. Aber es ..“ „Corvin ..“ Sie wusste absolut nicht was sie tun sollte. Aber zuerst einmal musste sie ihn davon abbringen ihr noch mehr dieser Bilder zu suggerieren. Sonst wäre sie keine Minute mehr im Bad und sie wollte nicht vor ihm davon rennen. Was wäre sie für ein Partner, wenn sie das täte? Auch wenn alles in ihr danach schrie zu flüchten, war das Einzige woran sie denken konnte, neben den gruseligen Bildern, die in ihrem Kopf waren, das sie ihn nicht im Stich lassen konnte. Er sagte nichts mehr. In seinem Blick konnte sie auch weiter sehen, das er sich schrecklich fühlte und dabei sah er bereits wieder woanders hin. Irgendwo in die Ferne, direkt an ihr vorbei.. „Corvin, sieh mich bitte an.“ Langsam kam sie wieder auf ihn zu und legte vorsichtig einen Arm um ihn. Kaum berührte sie ihn, schloss er die Augen. „Hat es dir Spaß gemacht? Hast.. hast du es genossen?“ Sie hatte Angst vor der Antwort, aber sie musste es einfach wissen. Wenn er es verneinen würde, dann hätte sie bestimmt nicht mehr dieses Gefühl der Gefahr, das ihren ganzen Körper unangenehm kribbeln ließ. Er verzog das Gesicht als verspüre er einen unglaublichen Schmerz und nickte schließlich. „Als würde man das pure Leben trinken.“ Ihr entgleisten sämtliche Gesichtszüge. Jetzt wusste sie erst recht nicht mehr was sie tun sollte. Vor lauter Panik und Verwirrung kamen ihr die Tränen. Sie musste raus! Zwar wollte sie ihn nicht alleine lasse, doch so wie jetzt konnte sie auch nicht denken. Irgendwie musste sie einen klaren Gedanken fassen können und das war hier drin, bei ihm, vollkommen unmöglich. „Tut.. tut mir leid.. Ich... muss..“ Hastig öffnete sie die Tür und verschwand hinaus. Ihre Flucht trieb sie ihn ihr Schlafzimmer. Schon immer hatte sie sich dort am sichersten gefühlt und so hoffte sie, dass sie sich auch jetzt beruhigen konnte. Eigentlich wollte sie Corvin nicht alleine lassen. Schlimm genug, dass sie vor ihm die Flucht ergriffen hatte. Jetzt hatte sie auch noch ein schlechtes Gewissen. Die Schatten wurden länger, als ihr auffiel wie lange sie schon auf ihrem Bett saß und grübelte. Wie sollte sie jetzt auf ihn reagieren? Was sollte sie sagen? Es war alles andere als leicht für ihn, das war klar rüber gekommen, und was hatte sie getan? Sie hatte ihn im Stich gelassen! Charlie atmete tief durch und machte sich auf den Weg zur Schlafzimmertür. Bevor sie öffnete, lauschte sie. Es war nichts zu hören. Leise öffnete sie die Tür und ging genauso leise durch das Wohnzimmer. Wieso sie versuchte keine Geräusche zu machen, wusste sie selber nicht. Eine Bewegung im Augenwinkel machte sie aufmerksam. Corvin lag auf ihrem Sofa und hatte einen Arm über dem Gesicht liegen. Er schlief, scheinbar. Inzwischen trug er auch wieder mehr als nur ein Handtuch. Sie setzte sich neben dem Sofa auf den Boden und legte ihre Hand auf seine Schulter. Wecken wollte sie ihn noch nicht, auch wenn sie sich langsam auf den Weg machen sollten. Doch das musste sie auch nicht. Er hob den Arm leicht und blinzelte ihr entgegen. „Hey“, sagte sie leise. „Hey“, nuschelte er müde. Verlegen lächelte sie ihn an. „Tut mir leid, dass ich so reagiert habe.“ Er sagte nichts, schaute sie lediglich weiter an. „Wir sollten los“, versuchte sie die unangenehme Stille zu überbrücken. „Charlie, es musste gesagt werden. Wenn der Vampir gleich davon anfängt.. Stell dir vor du hättest es dort erst erfahren. Wer weiß was dann passiert wäre. Und außerdem..“ Corvin setzte sich leicht auf und lehnte sich auf seinen Arm um ihr in die Augen sehen zu können. „Außerdem will ich, dass du es weißt, bevor aus uns ein wir werden kann – falls da eine Chance besteht. Du solltest nichts bereuen müssen, vor allem nicht mich.“ Wie sie darauf reagieren sollte, wusste sie nicht. Charlie starrte ihn einfach nur an und wurde langsam rot. Verlegen schaute sie schließlich auf ihre eigenen Hände, die inzwischen in ihrem Schoß liegen hatte. Ihr Partner hingegen, musterte ihre Reaktion aufs genauste. „Du hast gefragt ob ich dir vertraue.“ Sie biss sich auf die Lippe. Corvin nickte zur Bestätigung. „Eigentlich wolltest du es mir nicht sagen, oder?“ Jetzt schaute sie ihn an. Fragend und mit einem Blick den er noch nie an ihr gesehen hatte. „Nein, wollte ich nicht“, antwortete er ehrlich. „Wieso hast du dich umentschieden?“ „Wenn du es erst dort oben auf dem Dach erfahren hättest und dann auch noch von ihm..“ Langsam schüttelte er den Kopf und seufzte leise. „Dann hätte ich dein Vertrauen nicht verdient.“ Er ließ nicht zu, dass sie etwas darauf erwidern konnte. Corvin lehnte sich nach vorne und gab ihr einen Kuss auf die Stirn, bevor er aufstand und sich seine Jacke nahm. „Und jetzt sollten wir wirklich los.“ Charlie sah ihn einfach nur perplex an und rührte sich nicht. „Nun komm. Ich will das hinter mir haben!“ Etwas an ihrer Sichtweise ihm gegenüber hatte sich geändert. Wann das passiert war, konnte sie nicht sagen. Als sie ihn nun so ansah, wirkte er .. Wie sollte sie es beschreiben? Düsterer? Das konnte nicht nur von seinen dunklen Augenringen und dem leicht gestressten Eindruck kommen. Es musste an ihr liegen, oder eher an dem was sein Geständnis bei ihr ausgelöst hatte. Und obwohl er ein Gefühlschaos bei ihr angerichtet und für kurze Zeit mehr Angst eingejagt hatte als der Vampir, dachte sie nur an seine Lippen auf ihrer Stirn. Das konnte einfach nicht normal sein. Wie konnte sie ausgerechnet nur noch daran denken? Erfolglos versuchte sie den Gedanken zu vertreiben und stand auf um sich fertig zu machen. Corvin wartete geduldig und begutachtete dabei den Autoschlüssel als sei er ein wertvolles Austellungsstück in einem Museum. Woran er wohl dachte? Zu fragen traute sie sich nicht. Allgemein wusste sie nicht, was sie sagen sollte. Als sie ihn neben der Tür erreichte, gab er ihr den Autoschlüssel. „Fahr du!“ „Seit wann lässt du mich fahren – freiwillig und mit deinem Auto?“ „Ausnahme! Ich bin noch immer zu müde.“ Charlie nickte, steckte den Schlüssel ein und öffnete die Tür. „Dann genieße ich mal meine fahrende Freiheit.“ „Gewöhn dich nicht daran!“ Schweigend war der größte Teil ihrer Fahrt vergangen. Zwar hatte Corvin ihr gesagt, was er auf dem Dach tun würde, damit sie bescheid wusste. Doch danach waren ihnen die Themen abrupt ausgegangen. Ihr Partner hatte die meiste Zeit hinaus gesehen und schien nicht einmal etwas sagen zu wollen, während Charlie verzweifelt nach Worten rang. Irgendwie musste sie ihm sagen können, wie sie ihrer Meinung nach nun zueinander standen. Immerhin hatte er etwas angedeutet und sie war sich nicht sicher, was die geeignete Reaktion war. Herz oder Vernunft? Noch immer sagten sie nicht viel, jetzt wo sie auf dem Dach standen und auf den Vampir warteten. Ein wenig enttäuscht war Charlie ja schon, sie hatte gedacht er würde auf sie warten. Immerhin hatte er sie hierhin bestellt und es war bereits lange genug dunkel, da sie recht spät dran waren. Durch die umliegenden Gebäude und vor allem dem beleuchteten Turm direkt auf dem Dach, war es recht hell und so konnte sie alles gut erkennen, was sie wirklich erstaunte. Sie hatte damit gerechnet, das der Vampir eine finstere Gegend vorschlagen würde. Rastlos ging Corvin auf und ab. Eindeutig ein Zeichen seiner Aufregung, was er wohl nicht zugeben würde, falls sie nun fragen würde. Jetzt hieß es warten und zwar so lange, bis der wehrte Herr Vampir sich her bequemen würde. Der Wind war kälter als sie es angenommen hatte und darum zog Charlie ihre Jacke fester um sich. Langsam ging sie bis an die Balustrade. Der Blick nach unten war ihr unangenehm, dennoch blieb sie dort stehen. Einfach nicht nach unten schauen! „Ihr seid spät!“, hörte sie plötzlich. Mit etwas Unbehagen drehte sie sich herum. Außer der dunklen Wolke des Vampirs war allerdings nichts zu erkennen. „Du hast keine Uhrzeit genannt!“, verteidigte sich Charlie. Sie ging zurück zu Corvin. Zum Einen, weil sie abgesprochen hatten, das sie möglichst nah beisammen bleiben sollten, und zum Anderen, weil Corvin bereits wieder so ein düsteres Gesicht machte. „Es ist zu spät da noch drüber zu diskutieren. Aber ich hätte euch gerne auf sie Vorbereitet. Jetzt ist es zu spät dafür.“ „Sie?“ „Ja, sie!“ Der dunkle Nebel löste sich auf und neben dem Vampir stand eine weitere Person. Charlie musterte sie und brauchte etwas um zu verstehen wer da vor ihr stand. Die schöne Frau mit einem Figur betonten, knallrotem Kleid und dunklen Haaren die, wie ihre Beine, scheinbar nicht aufhören wollten. „Ach du meine Güte..“, wisperte Charlie. „Lass mich raten: Das ist die Frau nach der ich schauen sollte“, murmelte Corvin, leicht zu ihr gebeugt. Charlie nickte. „Was macht die hier?“, verlangte sie von dem Vampir zu erfahren. Während sie ihn so musterte, fiel ihr vor allem eines auf. Er wirkte nicht so bedrohlich wie die letzten Male. „Das ist er also“, sagte die Frau jedoch bevor der Vampir noch etwas sagen konnte. Dieser nickte nur. „Und was genau ist jetzt so besonders an ihm?“, wollte sie wissen. „Oh, ich seh schon.“ Langsam löste sie sich von der Seite des Untoten und kam zu Charlie und Corvin. Während sie erstere mit keinem Blick beachtete, fiel ihre gesamte Aufmerksamkeit auf Corvin. Der sich dadurch wenig behaglich fühlte. Als sei er eine besondere Beute schaute sie ihn sich von allen Seiten an indem sie, noch immer langsam, um ihn herum ging. „Ist das der Grund weswegen du noch aufrecht gehst?“, wandte sie sich nun wieder an den Vampir, als seien die anderen Zwei nicht anwesend. Charlie spürte Corvins Hand auf ihrer Schulter, was sie leicht zusammenzucken ließ. „Ich hab ein sehr ungutes Gefühl!“, flüsterte er ihr zu. Sie nickte und warf einen kurzen Blick in seine Richtung. Mit diesem Gefühl war er nicht alleine. „Aber warum sollte ich ihn mir ansehen?“, fragte die Unbekannte weiter. „Du kannst mit ihm – und mit ihr - machen was du willst, wenn du zurück nimmst was du getan hast.“ Charlie ärgerte sich über das was der Vampir sagte, wunderte sich gleichzeitig aber über den Klang der Worte. Seine kratzige und unangenehme Stimme klang flehend. Auch seine gesamte Körpersprache war so als hätte er vor dieser Frau, jetzt wo sie in unmittelbarer Nähe war, Angst oder zumindest eine Menge Respekt. „Ich würde dieses Angebot sehr gerne annehmen, aber sich kann es nicht zurück nehmen. Das sagte ich dir bereits!“ „Doch! Es muss eine Möglichkeit geben!“ Verzweiflung sprach aus jeder Geste des Untoten, so dass Charlie für einen kurzen Moment so etwas wie Mitleid verspürte. „Worum geht es hier eigentlich?“, wollte sie wissen. Sie hatte allen Mut zusammengenommen und ihre Frage an die beiden ungleichen Gestalten gerichtet. „Oh, das ist eine sehr alte Geschichte. Nichts was du wissen müsstest“, antwortete ihr die Frau. „Ich will es aber wissen!“, meldete sich auch Corvin zu Wort. Dieser Vampir hatte sein Leben ruiniert und somit, fand er, hatte er ein Recht darauf zu erfahren was eigentlich los war. „Anem, es muss eine Möglichkeit geben!“, mischte sich der Vampir ein. Die Angesprochene schaute auf den verwesenden Körper des Blutsaugers. In ihrem Blick lag eine beängstigende Belustigung, wie Charlie bemerkte. Sie schien eindeutig Gefallen an der Situation des Untoten zu haben. „Es ist deine gerechte Strafe!“ „Es ist Folter.“ Die schwarzen Haare der vermeintlichen Mörderin wehten im Wind als sie sich wieder Corvin widmen wollte. Doch der Vampir hielt sie zuvor am Arm fest. „Tu etwas!“, befahl er. Charlie hatte nicht verstehen können, was der Untote sagte, da es zu leise war, doch wieder hatte sein Körper gefleht. „Es gibt da eine kleine Chance einer Möglichkeit. Nur weiß ich nicht ob du das bereits verdient hast.“ Keiner von Beiden achtete auf die Detectives, die sich fragend ansahen, aber zu fasziniert waren um ein weiteres Mal das Wort zu erheben. „Tu es! Ich kann so nicht mehr.“ Mit einem interessierten Blick schaute sie auf Corvin und nickte dann. „Ok, du hast mich überredet, Vampir. Aber nur, weil ich wissen will, was dann mit ihm passiert.“ Der Vampir nickte. Ihm war alles andere egal. Charlie legte die Stirn in Falten. Was sie hörte machte ihr nur weitere Bauchschmerzen. Was auch immer diese Frau nun vorhatte, es würde vermutlich auch ihren Partner treffen. Wieder schaute sie zu ihm. Corvin war bleich und ahnte wohl auch, dass ihm nichts Gutes bevorstand. Nur einen winzigen Moment lang schaute er zu ihr, dann war seine Aufmerksamkeit wieder bei der Frau. Diese machte nur eine winzige Bewegung mit der Hand und berührte den Vampir dann an der Schulter. Es schien nichts zu passieren. Der Vampir schaute auf seine Hände, musterte seinen Körper. Als er wieder zu der Schwarzhaarigen sah, um sich zu beschweren, ignorierte sie ihn. Ihre Aufmerksamkeit lag vollstens auf Corvin. Charlie schaute unsicher zwischen dem Vampir, der Unbekannten und ihrem Partner hin und her. Sie hatte nicht gedacht, das Rymer noch bleicher hätte werden können, doch sein jetziger Anblick bewies das Gegenteil. „Corvin, alles ok bei dir?“, fragte sie leise. Er nickte, was sie allerdings nicht als ehrliche Antwort sah, sondern eher als eine Bestätigung, dass er noch anwesend war. Einige Minuten lang warteten alle darauf das etwas passierte. Allein die Schwarzhaaige in ihrem Minikleid schien genau zu wissen was passieren würde und beobachtete einfach nur den Detective. Hätte man nicht die entfernten Autos und den Wind gehört, wäre es totenstill. Gerade als der Vampir dazu ansetzen wollte etwas zu sagen, bemerkten er und auch Charlie und Corvin eine Änderung. Wieder musterte er seine Hände und beobachtete wie sie sich langsam auflösten. „Nein.. Nein.. So sollte das nicht sein!“ „Aber es ist der einzige Weg den Fluch zu lösen. Also jammer nicht, sondern sei froh, dass es ein Ende hat“, sagte die Schwarzhaarige desinteressiert, noch immer ruhte ihr Blick auf Corvin. Je weiter sich der Vampir auflöste, umso bleicher wurde Rymer, was Charlie bei einem weiteren kurzen Blick auf ihren Partner auffiel. Auch die Frau schien es zu bemerken. „Corvin, sicher das alles ok ist?“ Dieses Mal bekam sie keinerlei Reaktion von ihm. Gebannt starrte er auf den Vampir und seine rechte Hand wanderte langsam auf die Höhe seines Herzens, dabei verzog er sein Gesicht, als habe er Schmerzen. „Corvin?“ Charlie drehte sich erschrocken zu ihm. „Corvin, was ist los?“ Doch ihr Partner schüttelte nur den Kopf und starrte noch immer in die Richtung, wo der Vampir gerade zu Asche zerfiel. Corvin biss die Zähne aufeinander. Charlie warf einen Blick über die Schulter. Die schwarzhaarige Frau, die bestimmt kein einfacher Mensch war, schaute noch immer zu und grinste inzwischen. „Welch köstliches Schauspiel. Ich hätte nicht gedacht, dass er sich so lange auf den Beinen hält“, erklärte sie kalt. „Was hast du getan?“ Charlie schrie, sie war aufgeregt, beinahe panisch. Doch sie bekam keine Antwort. Corvin sackte langsam zusammen und Charlie versuchte den größeren und schwereren Mann zumindest langsamer auf den Boden zu legen, damit er nicht einfach auf dem Dach aufschlug. „Corvin? Sag was.. los!“ Sie versuchte einen Puls zu fühlen, doch sie fand keinen. Er war inzwischen kreidebleich und als sie so über ihm gebeugt war, spürte sie keinen Atemzug seinerseits. „An deiner Stelle würde ich mich nicht so weit runter beugen!“ Charlie zuckte zusammen und schaute auf. Ein ihr unbekannter Mann stand vor ihr, hinter ihm stand eine weitere Frau, die sie genauso wenig kannte. „Wer.. ?“ „Schh...“ Der Unbekannte ging neben Corvin und ihr gegenüber in die Hocke und musterte den leblos wirkenden Mann. Nur kurz schaute er zu der Schwarzhaarigen, die noch immer einige Meter weit weg stand. Als Charlie zu ihr sah, traute sie ihren Augen nicht. Sie flog. Ihre Arme waren verschwunden und stattdessen hatte sie nun ein paar Flügel an deren Stelle. Charlie kam jedoch nicht dazu etwas zu tun oder zu sagen. Da der Fremde ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich und Corvin richtete. „Warum soll ich ihm nicht zu nahe kommen?“, fragte sie leise. Das diese Frau flog musste sie sich eingebildet haben! Der Fremde reichte ihr seine Hand, zögernd legte sie ihre darauf. Schneller als sie reagieren konnte, hatte er ihre Hand bereits an seinen Mund geführt und ihren Zeigefinger mit einem seiner Zähne leicht aufgeritzt. „Aua!“ Keine Reaktion des Unbekannten, doch Corvin wurde plötzlich wieder lebendiger. Mit einer weiteren, schnellen Bewegung drückte der Fremde den Detectiv zurück auf den Boden. Dabei hatte er noch immer Charlies Hand fest umschlossen. „Darum“, erklärte er knapp. „Er lebt noch, allerdings... Kann ich nicht sagen für wie lange noch.“ In Gedanken hatte er ihre Hand wieder an seinen Mund geführt. Doch bevor er das Blut von ihrem Finger lecken konnte, hatte Charlie reagiert. „Untersteh dich!“, grummelte sie und achtete nun wieder auf ihren Partner. „Was ist mit ihm passiert?“, wollte sie wissen. Der Fremde, der offensichtlich auch ein Vampir war, zuckte lediglich mit den Schultern. „Keine Ahnung.“ Mit einem prüfenden Blick untersuchte er Corvins Zähne. „Immerhin besteht die Chance, dass er einfach nur stirbt.“ Entsetzt über die Aussage sah sie ihn an. Doch er war bereits mit etwas anderem beschäftigt, denn er richtete sich wieder auf. Charlie folgte seinem Blick bis zu dem kleinen Aschehaufen, der von dem anderen Vampir übrig geblieben war. Mit einem leichten Kopfschütteln ging er zu den Überresten, ging dort ein weiteres Mal in die Hocke und drückte seine Hand auf die kalte Asche. Eine Handvoll hob er hoch und zerrieb sie langsam. „Du verdammter Idiot...“, meinte Charlie zu hören. In ihr war alles leer. Sämtliche Gedanken, die sie den Abend über schon gequält hatten, waren verschwunden. Sie konnte nur auf ihren Partner schauen und hoffen, dass es ihm wieder gut gehen würde. Was auch immer da genau mit ihm passiert war. „Du bist Charline, nicht wahr? Wir werden ihn mitnehmen und uns um ihn kümmern. Wenn du möchtest kannst du erst einmal mitkommen.“ Sie schaute auf und blickte in die warmen, freundlichen Augen der Frau, die hinter dem Vampir gestanden hatte. Obwohl sie ihr ebenfalls nicht bekannt war, schoss ihr sofort ein Name in den Kopf. „Susan?“ Sie nickte. „Steh auf, meine Leute werden sich um ihn kümmern.“ Susan half ihr auf und führte sie etwas von ihrem Partner weg, damit sich zwei weitere Männer, die Charlie nicht einmal bemerkt hatte, Corvin auf eine Bare legen konnten. „Sie haben die Harpyie bekommen und bringen sie in euer Hauptquartier“, meldete sich der Vampir zu Wort. Charlie schaute entgeistert. „Harpyie?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)