Nicht jede Geschichte braucht ein Happy End von KingKibum (Wie alles begann... [Alice Story]) ================================================================================ Kapitel 1: Erinnerungen ----------------------- Dunkel und verlassen, abgeschottet von der Außenwelt. Nicht ein leises Geräusch war zu hören. Lag es an mir?? Oder war es wirklich so still. Vielleicht achtete ich auch schon gar nicht mehr darauf, was um mich herum geschah. Seit drei langen Monaten war ich nun schon hier. Nie besuchte mich hier jemand, warum jetzt? Keinen interessierte es wie es mir ging. Ich war eine von Vielen, eingesperrt, gehalten wie ein Tier das es nicht wert war zu leben. Warum war ich hier?? Ich war nicht verrückt. Nein! Ich war nur anders. Ich konnte Dinge die andere nicht konnten. Ich sah Sachen, die andere Menschen beunruhigten. Meine eigenen Eltern, oder besser gesagt mein Vater, war es der mich, mit meinen jungen siebzehn Jahren in diese persönliche Hölle sperren ließen. In eine Irrenanstalt. Eine Irre war ich also, das kleine stumme Mädchen das in die Zukunft sehen konnte. Oder zumindest nannten sie mich manchmal so. Immer wieder wenn ich alleine in meiner Zelle saß dachte ich über diese Worte nach. Was konnte ich dafür? Plötzlich vernahm ich ein Geräusch. Es war das Rascheln eines Schlüssels, nein mehrerer. Ich zuckte leicht zusammen. Doch ich brauchte keine Angst haben. Was sollte mir hier passieren? Nichts, ich war sicher. Zumindest glaubte ich fest daran, sonst würden mich meine Angstzustände sicher nicht ruhig schlafen lassen. Plötzlich kam das Geräusch näher. Jemand war an meiner Tür. Ich hielt die Luft an und starrte mit weit geöffneten und angsterfüllten Augen zu der Richtung aus der das Geräusch kam. Sehen konnte ich nichts. Ich lebte in ständiger Dunkelheit. „Guten Morgen“, flüsterte mir eine vertraute und weiche Stimme zu. Ich kannte sie, doch meine Angst verdrängte den Gedanken, dass ich ihr vertrauen konnte. Ich kauerte mich ganz klein zusammen, die Hände in meinen weißen Kittel gekrallt. Die Tür öffnete sich nur wenige Zentimeter. Das helle Tageslicht strahlte mich direkt an, und das obwohl noch nicht einmal die Sonne schien. Ich musste die Augen schnell schließen. Meine Augen waren einfach nicht mehr daran gewöhnt. Egal zu welcher Tageszeit, ich lebte immer ohne Sonne oder Tageslicht. Die Tür öffnete sich noch weiter und ich musste den Kopf zur Seite wegdrehen. Selbst durch meine Lieder brannte das Licht in meinen Augen. Ein kurzer Schatten huschte über mein Gesicht. Ich spürte genau das die Person die eben noch mit mir sprach nun den Raum betreten hatte. Schnell schloss sich die Tür, bis auf einen kleinen Schlitz damit die Person etwas sehen konnte. Das alles war mir wieder so vertraut. Nur sehr langsam konnte ich meine Augen öffnen. Außer den schwarzen Konturen eines großen stark gebauten Mannes sah ich nichts. „Keine Angst meine Kleine, ich bin es Gillean. Hab doch keine Angst. Ich bringe dir doch nur dein Frühstück. So wie jeden Morgen.“, flüsterte die Stimme noch immer mit Samtton. Obwohl er, dieser Mann der sich Gillean nannte flüsterte hörte es sich für mich an als ob er ganz normal redete. Gillean? Wie jeden Morgen? Natürlich. Ich kannte diesen Mann, sehr gut sogar. Er sorgte seit ein paar Wochen für mich. Womöglich hatte ich einfach zu viel erlebt um ihm voll und ganz zu vertrauen und ihn mir als Freund oder zumindest Pfleger zu merken. Es vergingen einige Sekunden in denen er nichts sagte. Vielleicht wartete er auf eine Antwort. Ich nickte nur leicht, das sollte ihm genügen. Er kam näher zu mir. Ich hörte nur das leise Geräusch als seine Schuhe den Boden berührten. Weiterhin beobachtete ich den großen Schatten vor mir, wie er immer näher und näher kam. Ja, ich hatte Angst, doch das war egal. Es würde eh niemanden interessieren wie ich mich fühlte. Doch plötzlich als seine Finger durch mein langes schwarzes Haar strichen zuckte ich zusammen und sah ihn mit angsterfüllten Augen an. „Shht. Keiner tut dir was. Na komm schon, du solltest etwas essen.“, sprach die Stimme in gleichbleibendem Ton. Sie hatte eine beruhigende Wirkung auf mich. Ich nickte erneut und er nahm eine kleine Schlüssel und einen Löffel hervor. Was darin war wusste ich nicht. Ich kannte dessen Namen nicht. Ich wusste nur, dass es nicht besonders schmeckte, aber dafür satt machte. Er nahm etwas damit mit dem Löffel und hielt es mir vor den Mund. Ich sollte nicht alleine Essen. Warum auch immer. Ich wusste es nicht. Womöglich war es dir Angst, dass ich dann gar nichts essen würde. Nur zögernd öffnete ich meinen Mund einen Stück. Gillean nutzte diese Chance und steckte den Löffel langsam in meinen Mund damit ich essen konnte. Ich nahm das breiartige Gemisch auf und kaute einige Male darauf herum bis ich es herunterschluckte. Etwas fragend sah ich zu meinem Gegenüber, oder zumindest zu dem was ich erkennen konnte. Es schmeckte nicht so wie sonst. Nein da war noch ein anderer Geschmack. Süßlich, und sehr lecker. Gillean lachte kurz, wodurch ich verunsicher wurde. „Ich habe heimlich etwas Honig rein gemischt, ich weiß doch wie schrecklich das schmeckt.“, sprach er nun ein wenig lauter aber viel besser gelaunt als zuvor. Erneut hielt er mir einen Löffel vor, den ich auch ohne zu murren aufnahm. Er nutzte es, dass ich etwas essen wollte. Nun war schon die halbe Schüssel geleert, doch mein Bauch sagte mir, dass er voll war. Den nächsten Löffel wollte ich nicht annehmen und drehte den Kopf weg. „Nicht? Hm, nun gut. Du solltest aber mehr Essen. Du bist schon ganz dünn, dann wirst du nie ganz gesund. Hat es dir wenigstens geschmeckt??“, fragte Gillean mit seiner honigsüßen Stimme. Er klang besorgt aber auch zuversichtlich. Oft fragte ich mich warum er so viel mit mir redete. Ich antwortete ihm nicht. Seit ich hier war redete ich nicht mehr. Die Angst eine Verbindung zu jemandem aufzubauen und dann doch nur enttäuscht zu werden war zu groß als das ich reden wollte. Ich zuckte nur uninteressiert mit den Schultern. Ich sah mich etwas in meinem kleinen Zimmer um. Außer dem Bett und einem kleinen Klo war das Zimmer leer. Keine Fenster keine weiteren Türen. Ich bemerkte wie diese sich durch etwas Wind ein Stück weiter öffnete. Wind. Seit Monaten hatte ich ihn nicht mehr auf meiner Haut gespürt. Wie gerne wäre ich wieder nach draußen gegangen. Gillean beachtete ich schon gar nicht mehr. Ich war versunken in meinen Gedankenbergen. Langsam zog Gillean an meinen Armen so, dass ich aufstand. Ich sah ihn unsicher an. Doch er strich mir mit seiner Hand sacht über die Wange und sprach mir erneut beruhigende Worte zu. Ich zitterte leicht, doch nur weil ich fast den ganzen Tag im Bett lag oder saß. Täglich lief er mit mir von der einen Seite des kleinen Zimmers zur anderen damit meine Muskeln sich nicht zurückbildeten. Zunächst hatte ich kleine Probleme doch nach wenigen Schritten war es als würde ich normal laufen. Er lies meine Hände los und betrachtete mich einfach nur eine Weile. Da meine Augen sich nun an die Helligkeit in dem Zimmer gewöhnt hatten konnte ich nun wieder klarer sehen. Ich blickte in Gilleans Gesicht. Von seinen dunklen Augen und der schmalen Nase, bis zu seinem Mund mit dem charmanten Lächeln. Immer wieder fielen seine langen braunen Haare, die mit silbergrauen Strähnen durchzogen waren, in sein Gesicht. Er war zwar älter, wie es mir schien, aber sein Gesicht zeigte nur wenige Falten. Auch sein Körper war nicht schwächlich und gebrechlich wie der eines alten Mannes. Ich konnte sein Alter nicht einschätzen. Vielleicht war es mir schlicht und einfach auch egal wie alt Gillean war. Erneut spürte ich einen Luftzug der in den Raum blies. Vielleicht hatte jemand draußen ein Fenster geöffnet. Ich stellte mir vor wie die Vögel draußen ihre Lieder sangen. Das Verlangen die Welt draußen zu sehen flammte in mir auf. Ich ging langsam einen Schritt zurück und drehte meinen Kopf zur noch immer offenen Tür. Es wunderte mich, dass Gillean nicht verunsichert war oder mir folgte. So schnell ich konnte öffnete ich die große Tür und rannte nach draußen. Ich wollte den Himmel sehen, das grüne Gras und die bunten Blumen. So schnell es meine Beine zuließen rannte ich über den weißen Gang. Das helle Licht brannte in den Augen so, dass diese etwas tränten und mir die klare Sicht nahmen. Ich stolperte und war im Begriff hinzufallen. Doch starke Arme hielten mich fest und stützten mich. Es war Gillean. Wie konnte er so schnell bei mir sein? Ich war nicht die Größte. Mit meinen 1,47 m war ich wirklich klein und meine Beine waren auch nicht die Längsten. Doch wenn ich wollte, war ich ziemlich flink. In wenigen Sekunden hatte er es einfach geschafft mich zu überholen und mich dann so schnell aufzufangen. Sanft drückte er mich an seinen Körper. Meine Finger krallten sich an seine weiße Jacke. „Ganz ruhig, Alice. Shhht. Beruhig dich. Keiner wird dir etwas tun. Das lasse ich nicht zu. Ich passe auf dich auf. Ich verspreche dir, dass du eines Tages hier raus darfst. Nur jetzt noch nicht. Hab Geduld, Kleine.“, flüsterte er mir beruhigend ins Ohr und strich durch mein langes Haar. Er beruhigte mich zwar doch ich hatte noch immer einen Schock. Das alles ging so unglaublich schnell. Langsam flossen mir Tränen über die Wangen. Ich weinte nur selten. Ich wollte den anderen nicht zeigen wie es mir ging. Doch ab und an konnte ich mich einfach nicht zurückhalten. Sofort eilten andere Pfleger zu uns und standen um uns. Erneute Panik stieg in mir auf. Selbst wenn ich Gillean trauen konnte, noch mehr Pfleger wollte ich nicht in meiner Nähe. Mir fehlte doch nichts. Ich war kerngesund, meist zumindest. Noch immer hielt er mich in seinen Armen. „Was ist mit ihr? Warum ist sie nicht in ihrer Zelle?“, fragte einer der anderen Pfleger mit rauer und fast böser Stimme. Sie waren alle so anders, nicht wie Gillean. Ich sollte froh sein das ich ihn hatte. Doch hier drinnen, eingesperrt in der Irrenanstalt, konnte ich das nicht als Glück ansehen. Der andere der beiden Männer zog an meinem Arm und drehte mich etwas zu sich so, dass er mich betrachten konnte. „Die kleine stumme mit ihren komischen Visionen..“, sagte er abwertend und legte eine Hand an mein Kinn. „ Sie sieht fahl aus, krank. Vielleicht solltest du dich nicht mehr um sie kümmern. Sie war bei dem vorherigen Pfleger in besseren Händen..“, murrte er streng und sah zu Gillean. Ich spürte, dass Gillean die Muskeln etwas anspannte und mich wieder zu sich zog. „Nein! Du weißt genau wie er mit ihr umgegangen ist. Er hat sie gezwungen und sie angeschrien. Obwohl er genau wusste das sie nicht mit ihm reden würde. Sie redet mit niemandem. Und das sollten wir endlich einsehen. Nur weil sie hier drinnen eingesperrt ist, ist sie ein Mensch wie wir auch. Ob ihr das einseht oder nicht. Ich werde mich weiter um sie kümmern. Sie wird essen wenn sie will. Es bringt nichts wenn wir sie dazu zwingen..“, meinte er mindestens genau so ernst und strich mir über den Rücken. Die beiden Männer sahen ihn wütend an, beließen es aber dabei. Ich schmiegte mich wieder dichter an meinen Pfleger. In diesem Moment war ich wirklich froh das er bei mir war. Die anderen Pflege in dieser Anstalt ängstigten mich. Mein letzter Pfleger war besonders schlimm wie Gillean es schon erzählte hatte. Gilleans Vorgänger sprach mit mir wenn er mir mein Essen brachte. Doch ich antwortete ihm nicht, genau so wie ich es jetzt nicht tat. Ich wurde angeschrien und geschüttelt wenn ich schwieg. Er wollte, dass ich redete und wenn er gewalttätig werden musste. Doch ich lies mich nicht dazu zwingen. Anstatt dessen steckte ich lieber eine Ohrfeige ein. Ebenso fütterte er mich nicht wie mein jetziger Pfleger es tat. Nein. Wenn ich nicht essen wollte dann zwang er mich dazu. Doch das alles brachte ihm nichts denn sobald er weg war musste ich mich übergeben. Das war auch der Grund warum ich so dünn war. Aber nun schoben sie das alles auf Gillean. Es war ungerecht. Wie sehr wünschte ich mir stark zu sein, so wie früher. Doch ich war klein und ängstlich. Konnte kein Vertrauen zu Niemandem aufbauen. Verurteilt zum ewigen Leben in dieser Hölle. „Na komm schon Alice. Ich bring dich zurück in dein Zimmer.“, sagte Gillean mit Samtstimme und brachte mich langsam zurück zu meiner Zelle. Nur wiederwillig folgte ich ihm. Ich wollte nicht, doch eine andere Wahl hatte ich nicht. Vielleicht hatte ich etwas Glück und Gillean würde noch eine Weile bei mir bleiben. Wir waren nach wenigen Metern an meiner Zelle angekommen. Ich hatte das Gefühl weiter gerannt zu sein. Doch mein Gefühl täuschte mich wohl, wie so oft. Wir wollten gerade das Zimmer betreten als ich wie vom Schlag getroffen stehen blieb und auf den Boden starrte. Immer wieder flackerten Bilder vor meinem inneren Auge. Ich sah verschiedene Sequenzen. Wie von einem Film liefen sie vor mir ab. Es dauerte eine Weile bis ich sie richtig zusammenfügte. Gillean war sofort bei mir und stützte mich. Wieder sprach er mir beruhigende Worte ins Ohr, doch ich konnte ihnen nicht folgen da ich zu abgelenkt von meiner Vision war. Ob es wirklich eine Vision war? Ich wusste es nicht, zumindest sagten die Leute, dass ich so etwas hatte. Nur weil ich ab und an sah was in der Zukunft geschah. Ich hatte mich langsam beruhigt. Das was ich gesehen hatte sorgte dafür. Denn meist stimmte das was ich sah. Gillean würde heute noch ein wenig bei mir bleiben. Es geschah nicht oft das er das tat, denn er durfte es eigentlich nicht. Den Pflegern war es untersagt mit den Irren, wie sie abwertend sagten, länger als die zehn Minuten, die sie zum Pflegen brauchten, in einer Zelle zu sein. Plötzlich spürte ich starke Arme die mich hochhoben. Gillean wusste genau wie ich reagierte wenn ich eine Vision hatte. Langsam trug er mich in das Bett und setzte sich dann neben mich. „Bleib ganz ruhig. Ich sollte eigentlich wieder gehen, doch..“, begann er leise zu reden, doch ich hörte ihm ab diesem Moment gar nicht mehr zu. Denn ich wusste genau, dass er sich entschieden hatte noch eine Weile bei mir zu bleiben. Fast so etwas wie ein kleines Lächeln breitete sich auf meinen Lippen aus. Ich schmiegte mich an ihn, schloss meine verweinten müden Augen und genoss die Zeit die ich mit ihm verbringen konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)