Wir alle sind aus Sternenstaub von Saedy (Yu-Gi-Oh! 5D's Story) ================================================================================ Kapitel 1: In unseren Augen war mal Glanz ----------------------------------------- Disclaimer: Yu-Gi-Oh! 5Ds gehört nicht mir und ich verdiene auch kein Geld hiermit. Und der FF-Titel, sowie einige Kapitel-Titel sind aus einem Song von “Ich+Ich”. Ich dachte mir, das mit dem Sternenstaub passt so gut zu Yuuseis Drachen^^. Anmerkung: Diese FF habe ich ca. in der Mitte des Fortune Cup zu schreiben begonnen. Das heißt, alles was danach kommt, wird hier nicht berücksichtigt und habe ich nach meinen Vorstellungen weitergeführt, die nicht der Serie entsprechen. Schwarze Haare mit vereinzelten, goldenen Strähnen schimmerten im Mondlicht und blaue Augen starrten gedankenverloren in die Ferne auf das weite Meer hinaus. Nicht einmal seine Freunde hätten in dem Moment zu sagen vermocht, was Yuusei gerade durch den Kopf ging, so undurchdringlich war der Ausdruck in seinem Gesicht. Seine Augen dagegen schienen Bände zu sprechen und sofern man zu den Menschen gehörte, die in Augen zu lesen vermochten, schien man fast hören zu können, was sie sagten. Es war, als flüsterten sie einem zu: Ich bin so traurig, doch niemand soll das wissen, mein Kummer soll niemanden belasten. Ich werde das schaffen, ich werde das auch alleine durchstehen. Doch manchmal, wenn ich alleine bin, in dunklen Nächten wie diesen, zweifle ich daran. Aber das darf ich mir nicht erlauben, ich muss durchhalten, stark und den anderen ein Vorbild sein. Doch was sich Yuusei da vorgenommen hatte, war gar nicht so leicht, wie es aussah. Ja, es schien, dass dieser Junge ohne Zweifel, sich fast mit Leichtigkeit seinen Problemen gegenüberstellte und sie ebenso einfach bewältigte. Doch der Schein trog. Eigentlich waren seine Freunde der einzige Grund, warum es ihm immer wieder gelang, in Duellen zu siegen, ja, sich ihnen überhaupt erst zu stellen. Ohne sie hätte er schon längst aufgegeben und wäre nach Satellite zurückgekehrt. Denn dieses Leben in New Domino City war, so schön es hier auch sein mochte, nichts für ihn. Das war einfach nicht seine Welt. So absurd das auch für andere Leute klingen mochte, doch ihm gefiel es in jenem dunklen, verlassenen U-Bahn Schacht, in dem er mit seinen Freunden früher gelebt hatte. Sicher, sie hatten oft Schwierigkeiten gehabt und das Leben dort in dem kalten, dunklen Gemäuer war alles andere als leicht gewesen… und doch, es war sein Zuhause. Dort wo er aufgewachsen war und woran er alle Erinnerungen mit der Vergangenheit verband. Die Zeit, als er und Jack noch Freunde gewesen waren. Die Zeit, als sie noch frei gewesen waren. Und heute, ja heute zweifelte Yuusei sogar daran, dass Jack es jemals ehrlich mit seiner Freundschaft gemeint hatte. Hatte er ihm vielleicht schon von Anfang an etwas vorgespielt um ihn ausnutzen zu können? Nein, das konnte er selbst jetzt nicht glauben. Jack hatte einfach um jeden Preis nach New Domino City gelangen wollen. Er hatte es in Satellite nicht mehr ausgehalten und Angst, niemals aus diesem Sumpfloch, wie er es selbst genannt hatte, herauszukommen. Er hatte nicht auf seine Freunde vertraut und auch nicht auf seine eigene Stärke, sondern sich Yuuseis Sternenstaubdrachen und sein D-Wheel genommen. Doch viel mehr als über den Verlust dieser beiden Dinge, war Yuusei traurig über den Verlust des Freundes gewesen. Wieso hatte Jack ihm nicht genug vertraut, um ihn einfach um Hilfe zu bitten? War ihm die Freundschaft zwischen ihnen so wenig wert? Anscheinend, seufzte Yuusei enttäuscht. Ständig schwankte er hin und her zwischen den Zweifeln und der Zuversicht - vielleicht würde ihn Jack nie wieder mögen, egal was er tat. Das war es, was ihm zu schaffen machte. Dabei hätte er dem blonden Jungen längst alles verziehen, wenn dieser sich nur bei ihm entschuldigt hätte. Noch nie hatte Yuusei einen Freund auf diese Weise verloren, noch nie hatte ihn jemand so betrogen und hinterher nichts mehr von ihm wissen wollen. Das tat weh. Verdammt weh. Genau gesagt, hatte Yuusei nicht geahnt, dass es so sehr wehtun könnte. Ja, so sehr, dass er jetzt schon zweifelte, überhaupt weiter machen zu können. Doch es half nichts, er musste eben. Er konnte seine Freunde nicht im Stich lassen. - Zuerst hatte Goodwin sie bedroht und nun, da jener herausgefunden hatte, was er wollte - nämlich, dass Yuusei ebenfalls ein Auserwählter mit einem Drachenmal war - hatte er ihn damit verpflichtet, dass er seinen Freunden anbot, hier in New Domino City zu wohnen und eine Chance auf ein tolles Leben zu bekommen. Natürlich galt das Angebot auch für ihn selbst, doch er hatte das nicht gewollt. Seine Freunde aber hatten Satellite fast ebenso dringend verlassen wollen wie Jack. Also hatte Yuusei nachgegeben und sich als Gegenleistung dafür verpflichtet, für Goodwin zu arbeiten. Doch es gefiel ihm nicht, es gefiel ihm ganz und gar nicht, nach dem, was er alles über Goodwins finstere Machenschaften erfahren hatte. “Na, Yuusei, was tust du denn hier? Trübsal blasen?”, erkundigte sich eine spöttisch klingende Stimme plötzlich hinter ihm und schreckte ihn aus seinen Gedanken. Er kannte diese Stimme nur zu gut. Vielleicht sollte er sich das nächste Mal, wenn er ungestört sein wollte, einen anderen Ort als das Dach des Gebäudes, in dem sie beide untergebracht waren, suchen. Auf das Dach kam aber selten jemand, deshalb hatte er nicht damit gerechnet. Und dass ausgerechnet noch sein liebster Rivale hier auftauchen musste… “Du bist aber mal wieder sehr gesprächig”, stellte der junge Mann neben ihm fest, als er ignoriert wurde. “Was erwartest du denn, Jack?”, Yuusei konnte nicht umhin, Unmut in seiner Stimme aufklingen zu lassen. Eigentlich wollte er nicht, dass überhaupt etwas von seinen schlechten Gefühlen nach außen drang. Das ging niemanden etwas an, schon gar nicht seinen ehemaligen Freund. “Ich verstehe, dir gefällt es hier nicht. Du willst nicht für Goodwin arbeiten, das hast du ja nur zu deutlich gemacht. Du tust das nur für deine Freunde. Wie selbstlos du mal wieder bist.” Die Stimme klang wieder spöttisch. “Ich geb dir einen guten Rat: Du solltest mal an dich denken! Sonst wirst du es nie wirklich zu etwas bringen.” “Das lass mal meine Sorge sein”, lächelte Yuusei ein schmales Lächeln. Er wusste genau, dass Jack Unrecht hatte. Nur durch seine Freunde war er stark. Aber eines stimmte: Er hasste es, für Goodwin arbeiten zu müssen. “Wie du willst. Es kann mir ja auch egal sein.” Jack klang irgendwie beleidigt. Außerdem war da wie so oft dieser verächtliche Unterton in seiner Stimme. Nun wandte sich Yuusei erstmals zu seinem ehemaligen Freund um und blickte ihm in die Augen. “Ist es das etwa nicht?” Yuusei wollte das nun genau wissen. Lag Jack vielleicht doch noch ein kleines bisschen an ihm? Doch er schien irgendeine empfindliche Stelle mit seiner Frage berührt zu haben, denn sein Gegenüber meinte nur schroff: “Schon gut, vergiss es”, und verschwand. Dabei wehten seine beiden blonden Haarsträhnen im Wind nach oben. Yuusei seufzte. Warum ist es nur so zwischen uns geworden, Jack? Er glaubte, die Antwort zu kennen und doch verstand er es nicht. Er verstand seinen ehemaligen Freund nicht mehr. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ “Yuusei! Ich fordere dich zum Duell heraus!” Der Angesprochene konnte sich gerade noch zurückhalten, hörbar zu seufzen. Wie oft hatte er diesen Satz in den letzten Tagen und Wochen gehört? Normalerweise freute er sich über Herausforderungen zum Duell, denn Übung war immer gut. Doch Jack übertrieb es maßlos. Er konnte es nicht lassen, Yuusei diese Aufforderungen mindestens zehn Mal täglich an den Kopf zu werfen. Bisher war er immer darauf eingegangen, wenn er Zeit hatte. Und, man mochte es kaum glauben, jedes einzelne Mal hatte Jack verloren. Das machte den blonden Jungen, mit seiner Vorliebe für weiße Mäntel, rasend und stachelte ihn nur noch mehr an, Yuusei immer wieder herauszufordern. Es war, als wäre er verflucht, seit er einmal gegen seinen ehemaligen Freund verloren hatte. Es konnte doch nicht mit rechten Dingen zugehen, dass er wirklich jedes verdammte Mal verlor! Inzwischen fragte er sich sogar, ob Yuusei nicht irgendwie schummelte. Obwohl er ihm das nicht wirklich zutraute, diesem Ehrlich- und Gerechtigkeitsliebenden Freunde-Fanatiker. Aber man wusste ja nie…Vielleicht war das alles nur Fassade, und Yuusei legte ihn ganz furchtbar rein, aus Rache, weil er ihn damals betrogen hatte. Und dann lachte er sich insgeheim ins Fäustchen, wenn Jack mal wieder nach einer Niederlage am Boden lag. “Diesmal wirst du verlieren!”, fügte er noch hinzu. “Jack, nicht heute, ja? Ich habe keine Zeit”, wehrte Yuusei ab. Das war eine der wenigen Situationen, in der er zu einer Notlüge griff und sich dabei selbst nicht mehr mochte. Aber Jack ging ihm einfach auf die Nerven. Er konnte es nicht mehr ertragen, dass der Gute ihn ständig provozieren wollte. Jack verzog enttäuscht den Mund. “Was, wo willst du denn hin? Deine kleinen Freunde sind doch auch hier”, stellte er fest und blickte auf Yuuseis rotes D-Wheel, das jener gerade aus der Garage zu holen im Begriff war. “Das waren auch mal deine Freunde, falls du dich erinnerst”, erwiderte Yuusei, denn Jacks abfälliger Tonfall gefiel ihm nicht. “Und wo ich hingehe, ist meine Sache.” Das war das erste Mal, dass er so abweisend zu ihm war, weshalb Jack ihn überrascht anblickte. Anscheinend hatte er es geschafft, selbst dem ruhigen und sanftmütigen Jungen auf die Nerven zu gehen. “Na gut. Aber heute Abend, wenn du zurück bist, duellieren wir uns wieder. Und diesmal werde ich dich besiegen, darauf kannst du dich verlassen!”, insistierte Jack. Nun musste Yuusei doch ein wenig lächeln über diesen Sturkopf. Das war mal wieder so typisch. Konnte einfach keine Ruhe geben, der Gute, bis er seinen Willen bekam. “Also schön.” Nun freute sich Yuusei doch wieder darauf, sich mit Jack duellieren zu können. Immerhin war das die einzige Zeit, die jener noch mit ihm verbrachte. Aber wie gesagt: Jack war unglaublich stur und so dachte er nicht im Traum daran, wieder Freundschaft mit Yuusei zu schließen. Nur seinen Duellstolz, den wollte er zurückgewinnen, deshalb ließ er ihn nicht in Ruhe. Insgeheim hoffte Yuusei, er könnte bei einem dieser Duelle nicht nur das Spiel, sondern auch Jacks Freundschaft zurückgewinnen. Doch langsam aber sicher zweifelte er daran, dass ihm das wirklich gelingen könnte. Wahrscheinlich würde es nie mehr so wie damals zwischen ihnen sein. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ “Ich fange an!”, rief Jack und zog die oberste Karte aus seinem Deck. Er schien nach den unzähligen Duellen gegen Yuusei immer noch total begeistert zu sein gegen ihn anzutreten und schien nicht genug zu bekommen. “Mit der neuen Strategie, die ich entwickelt habe, werde ich dich diesmal garantiert besiegen”, versprach er. Währenddessen machte sich Yuusei langsam aber sicher auch Sorgen um ihn. Denn dass Jack dauernd gegen ihn verlor, lag sicher nicht nur daran, dass er selbst so viel besser gewesen wäre, nein, irgendetwas schien mit dem blonden Jungen nicht zu stimmen, seit er beim Fortune Cup gegen ihn verloren hatte. Vielleicht hatte sein Duellstolz einfach einen zu großen Knacks erhalten? “So, mein Zug ist beendet”, verkündete Jack, nachdem er ein Monster und zwei verdeckte Karten auf’ s Feld gerufen hatte. “Gut, ich rufe jetzt…”, wollte Yuusei beginnen, als ihm plötzlich etwas auffiel. “Pass auf, Jack!”, schrie er und deutete mit seiner Karte in der Hand nach vorne. “Was?”, machte der irritiert und blickte in die angegebene Richtung. Doch da war es schon zu spät: Sein D-Wheel krachte gegen einen Baumstamm, der mitten auf der Fahrbahn lag. Wusste der Teufel, wie der da hingekommen war. Yuusei konnte selbst erst im letzten Moment Jacks D-Wheel ausweichen, welches zur Seite geschleudert wurde. “Jack, ist alles in Ordnung?”, rief Yuusei besorgt, stieg von seinem D-Wheel und lief auf den Anderen zu. Das weiße D-Wheel rauchte und sah ziemlich demoliert aus. “Verdammte Scheiße!”, fluchte Jack. “Ich stecke fest”, verkündete er unter Tränen des Schmerzens. Tatsächlich waren seine Beine direkt unter der Maschine festgeklemmt und aus eigener Kraft würde er da nicht mehr rauskommen. Also lief Yuusei hin und hob mit Mühe das schwere D-Wheel hoch, so dass dieser sich darunter hervorrollen konnte. “Ich rufe einen Arzt”, erklärte Yuusei mit einem Blick auf Jack, der sich offensichtlich die Beine gebrochen oder zumindest schwer angequetscht hatte. Er ging zu seinem eigenen D-Wheel und aktivierte das darin integrierte Visiphon, um seine Worte in die Tat umzusetzen. Anschließend ging er zu Jack zurück und stellte fest, dass dieser das Bewusstsein verloren hatte. Er ging hin, kniete sich neben ihm nieder und sprach ihn laut an, um zu sehen, ob er wirklich vollkommen bewusstlos war, doch bekam er keine Reaktion. Yuusei seufzte besorgt. Hoffentlich kam der Krankenwagen schnell. Wenn er jemals erführe, wer diesen Baumstamm dort auf die Fahrbahn gelegt hatte, dann konnte derjenige schon mal anfangen zu beten… Kapitel 2: Wir sind noch immer nicht zerbrochen ----------------------------------------------- Als Jack aufwachte, wunderte er sich, wo er eigentlich war. Dieses Zimmer war nicht seines, es sah eher nach Krankenhaus aus. Blinzelnd rieb er sich den Schlaf aus den Augen und erkannte, dass er offensichtlich wirklich im Krankenhaus gelandet war. Schlagartig kam die Erinnerung an seinen Unfall zurück, und er fasste sich stöhnend an den schmerzenden Kopf. Er wagte es gar nicht, seine Beine anzugucken, denn er hatte die dumpfe Ahnung, dass das, was er da sähe, ihm nicht gefallen würde. “Geht’ s?”, erkundigte sich eine ihm nur zu vertraute Stimme und als er hinüberblickte, entdeckte er Yuusei, der am Fenster stand, mit dem Rücken zu ihm. “Ja, alles in bester Ordnung”, erwiderte Jack ironisch. “Ich kann ja bloß nicht mehr laufen. Aber sag mal, was machst du eigentlich hier?”, erkundigte er sich etwas misstrauisch. “Ich wollte nur sehen, wie es dir geht. Was sollte ich wohl sonst hier machen?”, erwiderte Yuusei und wandte sich zu ihm um. “Es interessiert dich, wie es mir geht?”, wunderte sich Jack. “Natürlich. Auch wenn wir keine Freunde mehr sind”, - irrte sich Jack, oder schwang da Bedauern in der Stimme seines Rivalen mit? - “heißt das nicht, dass ich mir keine Sorgen mache, wenn du verletzt wirst.” “Ja, Yuusei”, legte Jack abschätzend den Kopf schief. “Das ist mal wieder typisch für dich. Du machst dir einfach um alles und jeden Sorgen, selbst wenn es sich um deinen Feind handelt, nicht wahr? Wie selbstlos von dir”, bemerkte er spöttisch. Yuusei ließ sich nicht anmerken, dass er über die Worte verletzt war, doch seine Augen blitzten kaum merklich auf. “Wie auch immer”, überging er die Bemerkung. “Da es dir ja offensichtlich wieder gut genug geht, dass du solche Kommentare von dir geben kannst, kann ich ja wieder gehen”, meinte er nur und verließ das Zimmer. Im gleichen Augenblick kam auch eine Krankenschwester zur Tür herein, die Yuusei mit einem freundlichen “Auf Wiedersehen” und einem Lächeln bedachte. Jack seufzte entnervt. Sogar Krankenschwestern vermochte Yuusei mit seiner Art in kürzester Zeit zu bezirzen und beabsichtigte das wahrscheinlich noch nicht mal. “Sie haben aber einen netten Freund”, kam sie nun auf Jack zu. “Wir sind nicht befreundet”, verkündete der übellaunig. “Ach so?”, wunderte sich die Krankenschwester. “Aber wieso hat er dann die ganze Nacht bei Ihnen verbracht?” “Was hat er?”, brachte Jack erstaunt hervor. “Ja, er war die ganze Zeit hier und hat sich nicht überreden lassen, nach Hause zu gehen. Er hat darauf bestanden, so lange hier zu bleiben, bis Sie wieder aufwachen.” Auf diese Erklärung hin war Jack erstmal sprachlos. Wieso hatte Yuusei das getan? ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Nachdem Yuusei im Krankenhaus die ganze Nacht durchgemacht hatte, wollte er sich noch nicht schlafen legen, um nicht die nächste Nacht wieder wach zu sein. Deshalb braute er sich einen extrastarken Kaffee zusammen, während er seinen Freunden Rally, Tank, Nervin und Blitz, die ja nun auch in Goodwins Anwesen wohnten, beim Frühstück noch mal genau von Jacks Unfall erzählen musste, da die vier das nur am Rande mitbekommen hatten. Außer ihm selbst und Goodwins Assistentin Mina schien sich aber niemand sonderlich große Sorgen zu machen. Selbst Goodwin ließ sich nichts anmerken und war so aalglatt wie immer. Kein Wunder, so “rücksichtsvoll” wie Jack immer mit seinen Mitmenschen umging. “Ach, vergiss den Alten doch”, meinte Tank sogar. “Der hat es doch nicht besser verdient.” “Niemand hat so etwas verdient, Tank”, erwiderte Yuusei abweisend und stand auf, die Kaffeetasse immer noch halbvoll. Ihm war irgendwie schlecht von dem Zeugs, also schüttete er den Rest weg. Er würde schon eine andere Möglichkeit finden, sich bis heute Abend wach zu halten. Nachdem er zur Tür hinaus war, meinte Rally leise: “Also, irgendwie hab ich das Gefühl, dass Yuusei immer noch was an Jack liegt.” “Meinst du?”, erwiderte Blitz zweifelnd. “Yuusei hat einfach ein zu großes Herz”, war Nervins Meinung und Tank gab den Abschlusskommentar: “Dabei hat der arrogante Arsch das gar nicht verdient.” ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Gedankenverloren lief Yuusei durch die Straßen von New Domino City und schien kaum etwas um sich herum wahrzunehmen. Dabei dachte er wie so oft darüber nach, was Goodwin eigentlich im Schilde führte, indem er ihn und die anderen Träger der Drachenmale dazu überredete oder wie in seinem Fall, sogar zwang, für ihn zu arbeiten. Was wollte er mit der Macht des Feuerroten Drachen eigentlich anfangen? Yuusei war sich nur über eines sicher, nämlich, dass es nichts Gutes sein konnte, nachdem, wie Goodwin ihn und seine Freunde, sowie den Duellanten Greiger behandelt hatte. Beim Finale des Fortune Cup, das er mit Jack ausgetragen hatte, war der Feuerrote Drache erneut erschienen und hatte dabei einen Teil des Stadions zerstört. Gegen Ende des Duells war keiner der Zuschauer mehr auf den Plätzen gewesen - alle, die noch dazu in der Lage gewesen waren, hatten sich in Sicherheit gebracht und ihn verflucht, weil sie glaubten, er habe genauso oder noch schlimmere Kräfte, wie die Schwarze Rose. Auf Jack hatten sie dabei nicht geschimpft, denn der hatte immerhin schon unzählige Duelle ausgetragen, ohne dass es dabei jemals zu übernatürlichen Phänomenen gekommen wäre. Also gaben alle Yuusei die Schuld und beschimpften ihn, er solle doch in dasselbe Loch kriechen, wie die Schwarze Rose. Dass einige Zuschauer verletzt worden waren, bedauerte Yuusei sehr. Er war nur froh, dass jeder mit dem Leben davongekommen war. So kam es, dass er, obwohl er als erster Duellant Jack Atlas besiegt hatte, fast nur böse Blicke und Beschimpfungen erntete. Nur sehr wenige Fans gaben ihm nicht die Schuld an dem, was passiert war. Plötzlich wurde Yuusei aus seinen Gedanken gerissen, als er einen Schrei hörte. Er blickte auf und bemerkte eine Gruppe von Jugendlichen, die an der Ecke zu einer Seitengasse einem kleinen Jungen gegenüberstanden und ihm offensichtlich Angst machten. Die anderen Passanten blickten nur kurz auf, um sich dann schnellst möglichst davon zu machen - keiner wollte selbst Ärger kriegen, oder sich auch nur die Mühe machen, dem Jungen zu helfen. “Hey, rück dein Geld raus, oder wir zeigen dir, wie man mit Rotzlöffeln wie dir verfährt!”, bedrohte einer der drei großen Jungen den kleinen, der mit seinem, für ihn viel zu groß wirkenden Schulranzen, hilflos dastand und nun am Kragen gepackt wurde. “Hey, ihr da! Lasst den Jungen in Ruhe!”, fuhr Yuusei dazwischen, der nicht einfach zusehen konnte, wie sich drei große, starke Kerle auf einen Schwächeren stürzten. Mit ein paar Schritten war er bei der Gruppe und starrte die Jugendlichen böse an. “Wie erbärmlich seid ihr, euch an einem Kind vergreifen zu wollen?” “Halt du dich da bloß raus, du Freak!”, wandte sich einer der drei unbeeindruckt gegen ihn. “Hey, Kenny, ist das nicht…”, schlug der zweite Junge dem anderen leicht in die Seite, um seine Aufmerksamkeit zu erregen, wobei die restlichen Worte so geflüstert waren, dass Yuusei sie nicht verstehen konnte. “Oh, was? Oh, man, ich glaub, du hast Recht”, meinte der nun. Jetzt ließ auch der Dritte im Bunde, der bis eben den kleinen Jungen festgehalten hatte, diesen los und wandte seine Aufmerksamkeit Yuusei zu. “Ja, tritt mich ein Pferd, du bist doch…”, weiter sprach er nicht und sah sich hektisch nach seinen Kumpels um. “Oh, Yuusei Fudo, nicht wahr?”, meinte nun der, der Kenny hieß und lächelte verkrampft. “Das eben war nicht so gemeint. Ich habe dich nur nicht gleich erkannt. Klar lassen wir den Kleinen gehen, das war doch nur Spaß unter Freunden, nicht wahr?” Seine Kumpels nickten einhellig - ihnen stand die Angst ins Gesicht geschrieben. “Wir sind eigentlich große Fans von dir, glaub mir”, redete er weiter, als Yuusei nicht darauf einging. “Bei Gelegenheit musst du uns mal ein Autogramm geben, aber jetzt haben wir leider keine Zeit mehr”, mit diesen Worten machten sich die drei davon, nur eine Staubwolke zurücklassend. Nun, der Ruf, zerstörerische magische Kräfte zu besitzen, war doch manchmal gar nicht so schlecht. Yuusei wandte sich an den kleinen Jungen, der nun unter seinem Blick ängstlich zusammenzuckte - offensichtlich glaubte er, gerade vom Regen in die Traufe geraten zu sein. Yuusei seufzte innerlich. Warum musste nur jeder Angst vor ihm haben, seit diesem Vorfall beim Finale im Kaiba-Stadion? “Hey, du brauchst keine Angst mehr zu haben, es ist alles in Ordnung”, versuchte er mit einem freundlichen Lächeln den Kleinen zu beruhigen. Der taute nun doch langsam auf. “Danke”, meine er. “Du hast mich gerettet. Was willst du dafür?”, erkundigte er sich misstrauisch. Yuusei guckte ihn überrascht an. “Gar nichts. Wieso sollte ich etwas von dir wollen?” “Aber du bist doch dieser böse Hexenmeister…, ups, ich meine, das sagen die anderen alle. Ich glaub das natürlich nicht”, versicherte er. “Schon gut, ich bin kein Hexenmeister. Das ist Unsinn. Ich bin ein ganz normaler Junge.” - nun ja, abgesehen von dem Drachenmal, aber das war etwas, was Yuusei nicht davon abhielt, sich als normal zu betrachten. Er war genauso ein Mensch wie alle anderen. “Aber das, was da bei deinem Duell gegen Jack passiert ist…”, der Junge sprach nicht zu Ende. “Na ja, egal”, meinte er dann. Plötzlich stellte sich ein junger Mann neben Yuusei, der nun etwas irritiert aufblickte. “Hey, was ist denn hier los?” “Ach, Joe”, fiel der kleine Junge dem anderen plötzlich um den Hals - oder besser gesagt, um die Beine. “Da waren so ein paar fiese Jungs und wollten mein Geld haben. Aber Yuusei hat mich gerettet”, erklärte er. “So, hat er das?”, meinte der Große und schaute nun zu dem Erwähnten herüber, während er dem kleinen Jungen über die Haare streichelte. “Schon gut, ich sollte dann besser gehen”, meinte Yuusei, dem die Sache etwas unangenehm war. “Ach, warte doch noch! Willst du nicht noch mit uns einen Tee trinken?”, forderte ihn der kleine Junge auf. “Das geht doch, oder Joe?”, blickte er zu dem Großen auf. “Klar, da du meinen kleinen Bruder gerettet hast, bist du herzlich bei uns eingeladen”, lächelte der. “Außerdem lasse ich mir doch nicht die Chance entgegen, Yuusei Fudo mal kennen zu lernen.” Yuusei blickte überrascht auf. Hatte dieser Mann keine Angst vor ihm, so wie alle anderen Leute? Er lächelte zurück. “Ja, gerne.” Bei den beiden Zuhause angekommen, erfuhr er, dass der kleine Junge Jim hieß und nur mit seinem großen, bereits volljährigen, Bruder Joe zusammen lebte. Joe erinnerte Yuusei nicht nur wegen dem ähnlichen Namen an Jack, sondern auch wegen der blonden Haare, der ähnlichen Statur und den Gesichtszügen. Nur trug Joe nicht nur zwei Strähnen seines Haars länger, sondern das gesamte Haar schulterlang. Außerdem war die Farbe goldblond und nicht hellblond wie bei Jack. Zudem hatte er wasserblaue Augen und machte einen sehr sympathischen Eindruck. Sein kleiner Bruder sah aus wie eine jüngere Variante von ihm, nur dass der die Haare kurz trug und eine Brille mit schwarzem Rahmen aufhatte. “Und, erzählst du uns ein bisschen über das Leben als Duell-Champion?”, lächelte Joe, während er ihm eine Teetasse reichte. Gemeinsam knieten sie an einem kleinen Tisch in einer ebenso kleinen, schlichten, aber hübsch eingerichteten Wohnung. “Na ja”, begann Yuusei und blickte in seinen Tee, da ihm die Sache etwas peinlich war. Was sollte er schon dazu sagen? Schließlich hatte er das alles nicht gewollt. Er hatte überhaupt nur beim Fortune Cup teilgenommen, weil Goodwin ihn gezwungen hatte. Das war alles so plötzlich gekommen. “Da gibt es nicht viel zu erzählen”, meinte er schließlich. “Ich habe einfach versucht, mein Bestes zu geben und… na ja. Auch wenn ich Jack besiegt habe, bin ich nicht gerade stolz darauf, was passiert ist.” Er hatte zwar nichts an dem ändern können, was geschehen war, doch trotzdem fühlte er sich irgendwie schuldig. “Verstehe, das war ja auch ein Unglück”, meinte Joe verständnisvoll. “Ich hab zwar keine Ahnung, was da passiert ist, aber das war sicher nicht deine Absicht, oder?” Joe konnte sich einfach nicht vorstellen, dass ein so netter Junge, der seinen kleinen Bruder beschützte, solche Zerstörung mit Absicht angerichtet hatte. Außerdem meinte er doch, eine ganz gute Menschenkenntnis zu besitzen und Yuusei schien ihm in Ordnung zu sein. “Nein”, schüttelte der den Kopf. “Ich wünschte, das wäre nie passiert.” Dabei guckte er Joe aus seinen klaren, dunkelblauen Augen so ehrlich an, dass dieser endgültig davon überzeugt war, dass Yuusei kein schlechter Mensch sein konnte. Die drei unterhielten sich noch eine Weile übers Duellieren, über New Domino City und Satellite - letzteres schienen die beiden Brüder ganz interessant zu finden, da sie die heruntergekommene Stadt nur aus Erzählungen kannten und sich nicht vorstellen konnten, wie es möglich war, an einem solchen Ort zu leben - und dies und das, bis Joe schließlich begeistert meinte: “Yuusei, kann ich ein Autogramm von dir haben?”, und ihn dabei mit so großen Augen anguckte, als wäre er noch genauso klein wie sein Bruder, der ein begeistertes: “Ja, ich auch!”, hinzufügte. Nun wurde Yuusei schon wieder verlegen, aber die zwei waren so nett, dass er schnell darüber hinwegkam und seinen zwei scheinbar ersten Fans - neben seinen Freunden - ein Autogramm gab. “Ich hoffe, wir sehen uns mal wieder!”, rief Joe ihm hinterher, als er die Wohnung verließ. “Ja, komm uns doch noch mal besuchen!”, meinte Jim. “Ja, das werde ich”, versprach Yuusei mit einem lächelnden Blick zurück. Dieser Besuch hatte ihm richtig gut getan. Die Zwei hatten ihm gezeigt, dass es da draußen nicht nur Menschen gab, die ihn hassten. Kapitel 3: Wir sind ganz ------------------------ @LinUchiha und suomi_rules Vielen Dank für eure Kommentare. Schön, dass euch beiden der Anfang gefällt^^. Viel Spaß mit der Fortsetzung. “Oh, man, ich hasse das! Ich will nicht so lange im Krankenhaus liegen!”, beschwerte sich Jack, der mit verschränkten Armen im Bett lag. “Könnt ihr mir nicht einfach ein paar Krücken geben und mich damit gehen lassen?” “Aber, Atlas-sama!”, protestierte Mina, die sich die meiste Zeit um ihn kümmerte, seit er im Krankenhaus lag. “Sie haben sich beide Beine gebrochen.” “Können Sie mir auch mal was sagen, das ich nicht weiß?”, herrschte Jack die junge Frau an. Ja, er wusste ganz genau, dass es mit sage und schreibe ZWEI gebrochenen Beinen nicht so einfach möglich war, mit Krücken davonzuspazieren, doch das passte ihm ganz und gar nicht! Er wollte nicht die nächsten 6 Wochen nur im Krankenhaus verbringen und an die blöde Wand oder auf den Fernseher starren. “Ich habe Ihnen etwas zu lesen mitgebracht”, versuchte Mina den jungen Mann zu besänftigen. “Dann ist Ihnen nicht mehr so langweilig.” “Ah, ich werde mich zwei Monate nicht duellieren können und das alles nur, weil so ein Idiot einen Baumstamm mitten auf die Fahrbahn gelegt hat!”, ignorierte Jack die fürsorgliche Frau. “Der Schuldige wird sicher gefunden und bestraft werden!”, versuchte Mina ihn zu beruhigen. “Pah, das hilft meinen Beinen jetzt auch nicht mehr. Aber wenn Sie den Idioten gefunden haben und ich wieder gesund bin, dann bringen Sie ihn mal bei mir vorbei”, lächelte Jack böse. Danach herrschte erstmal Schweigen zwischen den Beiden, bis Jack schließlich eine “brillante” Idee kam: “Genau, das ist es! Wenn ich nicht zum Duell kommen kann, dann wird das Duell eben zu mir kommen! Mina, lassen Sie Yuusei hier her bringen! Und wenn er sich weigert, dann erinnern Sie ihn an seine Pflichten!”, meinte er mit einem eindringlichen Blick, der Mina schaudern ließ. “Obwohl ich nicht glaube, dass das nötig sein wird, denn Yuusei ist einfach zu nett für diese Welt”, erklärte er spöttisch. “Wie meinen Sie das, Atlas-sama?”, wunderte sich die junge Frau. Sie hatte geglaubt, Jack würde Yuusei nicht besonders mögen. “Wie werde ich das wohl meinen? Gehen Sie jetzt endlich und erledigen Sie Ihre Aufgaben!” “Ja, Atlas-sama”, erwiderte Mina, unbeeindruckt ob der unfreundlichen Art Jacks. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ “Wie wäre es denn, wenn du diese Karte in Kombination mit den beiden anderen einsetzt?”, schlug Yuusei vor und deutete auf die entsprechende Karte. “Oh, ja! Das ist eine super Idee!”, rief Leo begeistert. “Danke, dass du mir immer so viele Tipps gibst.” “Ah, du nervst Yuusei doch nur und er ist einfach zu nett, dir das zu sagen”, meinte seine Zwillingsschwester Luna, die gerade aus der Küche des luxuriösen Hauses kam, in dem die beiden lebten. “Ach, was, das mach ich doch gerne”, lächelte Yuusei. “Siehst du!”, wandte Leo sich an seine Schwester. “Sag nicht immer, dass ich nerve!” “Aber wenn du es doch tust”, beharrte Luna. “Pah, die einzige, die sich genervt fühlt, bist doch du”, gab ihr Bruder zurück. “Na dann, ich muss jetzt auch mal wieder gehen”, warf Yuusei ein. “Es war schön mit euch.” Mit diesen Worten nahm er seinen Rucksack und warf ihn sich über die Schulter. “Was, schooon?”, schmollte Leo. “Ja, wir sehen uns ja bald wieder”, versicherte Yuusei und winkte den beiden noch zum Abschied zu, als er auch schon zur Tür draußen war. “Ah, das ist nur deine Schuld, Luna, weil du immer so rumzicken musst, ist Yuusei jetzt früher gegangen!” “Stimmt gar nicht! Er wollte sowieso gehen, weil du ihm die ganze Zeit auf den Keks gehst!”, protestierte seine Schwester. “Nein, tu ich gar nicht! Du bist doch die Nervensäge hier!” Damit schnappte sich Leo ein Kissen und schon war eine Schlacht im Gange… ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Yuusei saß mittlerweile wieder in dem Apartment, das Goodwin ihm zur Verfügung gestellt hatte und sortierte nachdenklich seine Karten, während er sich fragte, was die Zukunft bringen würde. Irgendwie hatte er das ganz schlechte Gefühl, dass sich eine finstere Wolke am Himmel zusammenbraute, die im engen Zusammenhang mit seinem momentanen Arbeitgeber stand. Es war sozusagen die Ruhe vor dem Sturm - doch die gedachte Yuusei auszunutzen. Aber dafür musste er etwas erreichen, was unmöglich schien… Also warf er sich seine Jacke über die Schulter und verließ den Raum. Auf dem Gang lief ihm Mina über den Weg, die ihn fragte: “Oh, hallo, Fudo-san! Wo wollen Sie denn hin, wenn ich fragen darf?” “Ich will Jack besuchen”, erklärte der und wollte schon weitergehen, als die junge Frau ihm einen komischen Blick zuwarf. “Können Sie auch Gedanken lesen?”, wollte sie schließlich wissen. “Wieso?”, erwiderte Yuusei verblüfft. “Na ja, Atlas-sama bat mich, Ihnen auszurichten, dass er Sie gerne sehen möchte. Und Sie sollen ihre Duellaustrüstung mitbringen”, erklärte sie, wobei sie Jacks Anliegen in wesentlich freundlicheren Worten vorbrachte. “Nun, dann lassen Sie mich noch mal Gedanken lesen: In Wirklichkeit hat er nicht darum gebeten, sondern befohlen, mich zu ihm zu bringen, nicht wahr?”, stellte Yuusei fest. Daraufhin wurde Mina etwas rot vor Verlegenheit und brachte nur hervor: “Sie kennen Atlas-sama wirklich gut. Aber das ist ja auch kein Wunder, schließlich waren Sie früher mal befreundet, nicht wahr?” Yuusei nickte. “Tja, doch das ist leider vorbei.” “Ich weiß, Atlas-sama hat Ihnen sehr wehgetan. Aber er ist kein so schlechter Mensch, wie er sich nach außen hin gibt. Ich bin mir ganz sicher er hat einen guten Kern und muss nur lernen, sich zu öffnen. Äh, ich meine…” Jetzt wurde Mina schon wieder rot und Yuusei verstand. “Sicher haben Sie Recht”, erwiderte er, um der jungen Frau aus ihrer Peinlichkeit herauszuhelfen. “Bis später dann”, mit diesen Worten verließ er das Gebäude. Mina schaute ihm nachdenklich hinterher. Yuusei schien doch ganz in Ordnung. Wieso wollte Atlas-sama sich partout nicht wieder mit ihm vertragen? Die junge Frau schwor sich, dieses Geheimnis zu enträtseln. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ “Ah, da bist du ja endlich”, begrüßte Jack Yuusei mit einem arroganten Lächeln. Der Angesprochene erwiderte nichts, sondern ging stattdessen zu dem einzigen Tischchen im Zimmer und zog es neben Jacks Bett. Dann stellte er noch einen Stuhl davor und breitete seine Karten aus. “Ah, nein, so gefällt mir das nicht”, erklärte Jack. “Schmollst du jetzt, weil ich unbedingt wollte, dass du hier her kommst?” “Nein, ich wollte auch kommen. Ich bin nur besorgt wegen Goodwin. Ich fürchte, er brütet irgendetwas aus und je mehr Zeit vergeht, desto mehr werden wir da mit hineingezogen und das gefällt mir nicht.” “Wovor hast du denn Angst, Yuusei? Dass er vorhat, dich beim nächsten Mittagessen zu verspeisen?” “Das ist nicht witzig”, erwiderte Yuusei verärgert. “Du weißt genau, dass ich Recht habe. Machst du dir etwa keine Gedanken darüber, was passiert, wenn es Goodwin gelingt, den Feuerroten Drachen zu kontrollieren?” “Hm, zugegeben, mir gefällt die Sache auch nicht, aber du machst dir zu viele Sorgen. Immerhin haben wir da auch noch ein Wörtchen mitzureden. Ohne uns kann Goodwin gar nichts machen”, war sich Jack seiner selbst so sicher wie immer. Yuusei sah das allerdings etwas anders und blickte nachdenklich zur Seite. Aber egal, wie sehr er die Gedanken auch drehte und wendete, er kam einfach nicht darauf, was Goodwin genau vorhaben könnte oder was er dagegen machen konnte. Denn wenn er ausstieg, dann würden seine Freunde mit Sicherheit wieder nach Satellite zurückgeschickt werden, oder sogar von Goodwin gefangen genommen, so wie während des Fortune Cups. Und selbst wenn letzteres nicht der Fall wäre, wollte Yuusei es seinen Freunden doch nicht antun, wieder nach Satellite zurückgeschickt zu werden. “Lass uns endlich anfangen zu spielen, damit ich in diesem Sanatorium nicht einroste”, forderte Jack und riss ihn damit aus seinen Gedanken. “Gut.” Und beide begannen, auf die altmodische Weise, ohne Holografien, zu spielen. “Ich habe gewonnen”, stellte Jack nach wenigen Minuten fest und klang dabei aber nicht glücklich, obwohl es das erste Mal seit unzähligen Duellen war, dass er gegen Yuusei gewann. “Aber das ist ja auch kein Wunder, so wie du geschlafen hast. Bist du jetzt gut erholt?”, zog er den ehemaligen Freund auf. “Was?”, schreckte Yuusei aus seinen Gedanken. “Tut mir leid, ich kann mich momentan einfach nicht konzentrieren.” “Du nimmst einem aber auch den letzten Spaß”, schmollte Jack. “Wenn du nicht spielen kannst, dann kannst du auch gehen!” “Aber…”, protestierte Yuusei. “Na los, verschwinde! Worauf wartest du noch?”, wedelte Jack mit der Hand, als wäre Yuusei sein Diener. “Hm, gut”, meinte jener enttäuscht vom Verhalten des blonden Jungen. Da hatte er gehofft, Jack mal wieder näher zu kommen und so vielleicht seine Freundschaft zurückzugewinnen und dann stellte sich heraus, dass der wie immer bloß einen guten Duellgegner in ihm sah. Und wenn er das nicht leisten kann, dann hatte zu verschwinden, einfach toll! “Wieso?”, ließ sich Jack nun vernehmen, als er schon auf halbem Weg zur Tür war. Yuusei blickte irritiert zurück und betrachtete den Anderen, der mit verschränkten Armen und gesenktem Kopf auf einen Punkt auf seiner Bettdecke starrte. “Wieso was?”, wollte Yuusei wissen. “Wieso bist du immer noch so nett zu mir? Eine Krankenschwester hat mir erzählt, dass du in der ersten Nacht sogar die ganze Zeit bei mir warst. Sowas macht man nicht einfach mal eben so. Also, wieso?” Jack starrte immer noch auf die Bettdecke und sein Gesicht schien zu einer Maske erstarrt. “Weil…”, Yuusei zögerte. Ja, wie sollte er das Jack sagen? “Weil ich dich immer noch als Freund ansehe”, erklärte er schließlich, obwohl er fühlte, dass das nicht ganz die Wahrheit war. Aber, wenn er selbst nicht mal wusste, sondern bloß fühlte, dass da noch etwas anderes war, wie sollte er das dann in Worten erklären? “Ach ja? Aber du hast immer noch nicht die Frage beantwortet, wieso?”, krampfte Jack die Finger in die Bettdecke. “Jeder andere hätte mir schon längst die Freundschaft aufgekündigt. Ich meine, ich habe dir deine wertvollste Karte und dein D-Wheel geklaut und einen Freund von dir in Gefahr gebracht. Also, wieso?” Yuusei war überrascht. Wieso benahm sich Jack auf einmal so komisch? Das war das erste Mal, dass er eine Art von Reue zeigte. Er hatte die Geschichte zwar schon einmal vor Goodwin und seinen Mitarbeitern erzählt, doch damals hatte er kein bisschen reumütig geklungen, sondern eher so, als wäre das, was er getan hatte, völlig in Ordnung. So in Ordnung, dass er sich nicht mal schämte, die Geschichte vor allen zu erzählen. “Weil ich immer noch an früher denken muss, als wir so viel zusammen unternommen haben und so viel Spaß zusammen hatten”, bei dieser Erinnerung schlich sich eines dieser seltenen Lächeln auf Yuuseis Gesicht. “Weißt du, ich wollte schon immer einen Bruder haben und ich glaube, du warst so eine Art Bruder für mich. Vielleicht, ja, wahrscheinlich hast du das anders gesehen. Aber für mich war es so. Ich wünschte, es könnte wieder so wie früher sein.” “Ach ja?”, wiederholte Jack und blickte nun endlich auf. Dabei stand eine solche Wut in seinen Augen, dass Yuusei vor Schreck zusammenzuckte. “Und das sagst du, nachdem du… Wie kannst du es wagen!”, schrie er und wollte sich aufrichten, um sich womöglich auf Yuusei zu stürzen, doch das ging wegen seiner Beine ja nicht. “Was meinst du, Jack?” Yuusei konnte sich wirklich nicht erklären, wovon jener sprach und warum er sich so aufregte. “Tu nicht so scheinheilig! Du hast es gewusst, du hast es ganz genau gewusst und jetzt willst du dich auch noch über mich lustig machen, was? - Von wegen Bruder und so? Hau bloß ab und lass dich nie wieder bei mir blicken!”, schrie Jack außer sich. Ehe Yuusei noch fassen konnte, was da gerade passiert war, stand er auch schon wieder auf dem Krankenhausflur. Was war denn jetzt in Jack gefahren? Wovon, zum Henker, hatte er gesprochen? Er hatte nicht die geringste Ahnung. Geschockt von diesem plötzlichen Rausschmiss, lief er durchs Krankenhaus, vorbei an Ärzten, Patienten und Krankenpflegern, ohne sie wahrzunehmen. Irgendwann bemerkte er, dass er kaum noch etwas sehen konnte und blieb verwirrt stehen. Was war denn mit seinen Augen los? Wurde er jetzt blind? “Ah, Fudo-san, hallo!”, rief ihm mit einem Mal eine Frauenstimme entgegen und er bemerkte ein Winken. Er konnte sie nur verschwommen sehen, doch er war sich sicher, dass es Mina war. “Oh, Fudo-san”, wiederholte sie, als sie bei ihm angekommen war. “Ich wollte gerade auch zu Atlas-sama und… Aber, Fudo-san, warum weinen Sie denn?”, stellte Mina überrascht fest. “Was? Ich…”, erwiderte Yuusei und stellte fest, dass ihm ein Kloß im Hals steckte, der ihn am weiterreden hinderte. Außerdem wusste er sowieso nicht, was er sagen sollte, denn als er verwirrt mit der Hand über seine Augen fuhr, stellte er überrascht fest, dass Mina Recht hatte: Er weinte tatsächlich. Wieso hatte er das gar nicht bemerkt? Und wieso heulte er jetzt, nur weil Jack ihn hasste? Er hatte doch auch damals nicht geheult, als dieser ihm seine Karte und sein D-Wheel gestohlen hatte. Also, warum jetzt? Als Yuusei daran denken musste, dass Jack ihn hasste, wurde sein bisher stilles Weinen zu einem Schluchzen. Was war denn jetzt mit ihm los? Wieso tat das so weh: von Jack gehasst zu werden? “Oh, Fudo-san, was ist denn los mit Ihnen?”, wollte Mina besorgt wissen. “Was ist passiert? So wie Sie weinen, könnte man meinen, jemand sei gesto…”, sie stockte mitten im Wort. “Atlas-sama… ist ihm etwa etwas zugestoßen?”, fragte sie mit zitternder Stimme. “Nein”, erwiderte Yuusei und zwang sich, sich zu beruhigen. “Es geht ihm gut.” “Ah, da bin ich aber erleichtert”, seufzte sie. “Aber was ist mit Ihnen? Kann ich Ihnen helfen?” “Nein, schon gut. Ich komme damit klar. Bis dann, Mina-san”, verabschiedete er sich und wischte sich die - hoffentlich - letzten Tränen fort. Kapitel 4: In die Tiefe ----------------------- Hier melde ich mich endlich mit dem neuen Kapitel. Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. @suomi_rules Vielen Dank für deinen Kommentar^^. Und nun viel Spaß euch allen mit dem neuen Kapitel^^. “Guten Tag, Atlas-sama”, begrüßte Mina Jack mit einer leichten Verbeugung in dessen Einzelzimmer im Krankenhaus. “Wie geht es Ihnen?” “Wie soll es mir schon gehen, in diesem Loch?”, zischte Jack seine Bettdecke an und Mina zuckte zusammen. Was war denn mit dem los? “Äh, entschuldigen Sie, dass ich Sie das frage, aber haben Sie sich vielleicht mit Fudo-san gestritten?”, wollte Mina wissen, woraufhin Jack aufblickte und sie mit seinen Augen zu erdolchen schien. “Woher wissen Sie das?”, fragte er scharf. “Nun ja… Fudo-san war so außer sich, als ich ihn eben auf dem Flur getroffen habe. Und Sie wirken so wütend, da dachte ich…”, erklärte sie. “Er war außer sich?”, fragte Jack irritiert und runzelte die Stirn. “Ja, ja, er war völlig aufgelöst. Als ich ihn so gesehen habe, dachte ich schon, Ihnen wäre etwas zugestoßen.” “Wie?” Jack wirkte total verwundert. Hat er sich etwa doch nicht über mich lustig gemacht?, fragte er sich. Jetzt wo er genauer darüber nachdachte, fiel ihm auf, dass Yuusei bei ihrem Gespräch auch gar nicht so gewirkt hatte, als würde er es nicht ernst meinen. Und er machte sich wirklich Sorgen um ihn. Aber, das konnte doch nicht sein! Schließlich hatte Yuusei ihn damals in Satellite eiskalt ignoriert und so getan, als wäre nichts, dabei wusste jener ganz genau, dass er… Doch so, wie Yuusei sich benahm, konnte man direkt meinen, er wisse überhaupt nicht Bescheid. Konnte das sein? Wenn das wirklich so war, dann bedeutete das ja… Jack riss geschockt die Augen auf - um dann laut aufzulachen. Mina schaute ihn verwirrt an und fragte sich, was los war. Nun, wenn er es wirklich nicht weiß, dann werde ich es ihm auch nicht erzählen. Damals dachte ich, es wäre gut, ihm die Wahrheit mitzuteilen, doch heute finde ich es besser, dass er es niemals erfährt. Und dass Yuusei jetzt denkt, ich könnte ihn nicht ausstehen, ist auch gut, denn wenn ich ihn auf Abstand halte, dann kann es mir wenigstens nicht in einem schwachen Moment passieren, dass ich ihm doch noch davon erzähle. So mit seinem Entschluss zufrieden, legte sich Jack wieder hin und zog die Bettdecke über seinen Kopf. “Ich bin müde, Mina, können Sie bitte jetzt gehen?”, verlangte er, obwohl die junge Frau gerade erst gekommen war. “Jawohl, Atlas-sama”, erwiderte sie enttäuscht und fragte sich, was mit dem Mann, in den sie insgeheim verliebt war, nur los war. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Yuusei saß am Hafen, direkt am Boden, nur Zentimeter vom tiefen Wasser entfernt und starrte geistesabwesend hinein. Seine blauen Augen wirkten durch die Spiegelung des Wassers dunkler und unergründlicher. Er fragte sich, wie sein Leben jetzt wohl weitergehen sollte. Würde er weiter für Goodwin arbeiten müssen, und dann? Nein, er wollte nicht ewig hier bleiben und für diesen Mann Turniere austragen und für seine Experimente mit dem Feuerroten Drachen herhalten. Eigentlich war er bloß hier her gekommen, um seinen Sternenstaubdrachen zurückzubekommen und um die Sache mit Jack zu klären. Seinen Drachen hatte er zwar wieder, aber alles andere war nur komplizierter geworden. Zudem fragte er sich, warum es ihm so zu schaffen machte, dass ihm nun endgültig klar geworden war, dass seine Freundschaft zu Jack nicht mehr zu retten war. Dass man traurig und enttäuscht war - und außerdem verwirrt, wenn man nicht so recht wusste, warum - wenn man seinen besten Freund verlor, war ja klar. Doch Yuusei machte es viel mehr zu schaffen, als normal gewesen wäre. Aber andererseits, woher sollte er wissen, was normal war? Schließlich war ihm so was noch nie passiert. Es fühlte sich an wie ein körperlicher Schmerz, als hätte jemand einen Dolch in sein Herz gebohrt und ihn dort stecken gelassen. Und jedes Mal, wenn er an Jack dachte, dann wurde es schlimmer. Also versuchte er, nicht an Jack zu denken - doch je mehr er das versuchte, desto weniger gelang es ihm. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ “Wo steckt Yuusei?”, wollte Goodwin verärgert von Rally, Tank, Nervin und Blitz wissen, als er in den Aufenthaltsraum neben der Cafeteria gestürmt kam, wo die vier sich befanden. “Das wissen wir nicht”, erwiderte Blitz überrascht. “Wieso? Was ist denn los?” “Er ist nicht zu dem Termin für das Showduell erschienen, bei dem wir einige der besten Duellanten eingeladen haben, das ist passiert. Wisst ihr, in was für eine Lage euer Freund mich gebracht hat?” Goodwins Augen blitzen gefährlich. “Das wird noch Konsequenzen haben und zwar nicht nur für Yuusei”, drohte er. “Doch jetzt solltet ihr lieber helfen, ihn zu suchen, er ist nämlich wie vom Erdboden verschluckt.” Mit diesen Worten wandte er sich ab. Er war schon fast zur Tür draußen, als sein Handy klingelte. “Ja, was gibt’ s?” Es entstand eine Pause. “WAS, WAS SAGEN SIE DA?”, schrie Goodwin plötzlich. “Wie geht es ihm? Er ist doch hoffentlich außer Lebensgefahr? Ja? Ja, das ist gut. Ich komme sofort”, versprach er und beendete die Verbindung. “Das muss eine Unglückswoche sein”, kommentierte er mit einem bösen Blick auf sein Handy. “Was ist los?”, rief Rally besorgt, der von der Couch aufgesprungen war. “Ist irgendetwas mit Yuusei?” Goodwin warf ihm einen forschenden Blick zu, dann meinte er: “Ja, allerdings. Euer Freund wäre beinahe ertrunken. Was hat er sich dabei nur gedacht?” “Wie meinen Sie das? Was ist passiert?”, wollten nun auch die anderen Drei wissen. “Wie geht es Yuusei?” “Nun, er ist offenbar am Hafen ins Wasser gefallen. Keine Ahnung, wie er das geschafft hat, aber er scheint über den Berg zu sein. Ich gehe jetzt ins Krankenhaus um nach ihm zu sehen. Ihr könnt mitkommen, wenn ihr wollt. Aber nur, wenn ihr euch benehmen könnt!” “Ich versteh das nicht”, bemerkte Rally, während sie hinter Goodwin herliefen. “Yuusei kann doch schwimmen, wieso ist er dann fast ertrunken?” Er erinnerte sich daran, wie sein Freund ihn damals aus dem Wasser gerettet hatte. Tatsächlich konnte Yuusei sogar sehr gut schwimmen. “Vielleicht hatte er einen Krampf oder so was und konnte deswegen nicht schwimmen?”, vermutete Nervin. “Was auch immer, wir sollten uns lieber beeilen”, forderte Tank. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Yuusei öffnete blinzelnd die Augen und blickte verwirrt um sich, nachdem seine zunächst verschwommene Sicht sich geklärt hatte. Offensichtlich lag er in einem Bett und noch dazu im Krankenhaus, so wie es hier aussah. Aber wie war er hier her gekommen? Er war doch am Hafen gewesen - und dann im Wasser, tief unten, wo es dunkel und kalt war - oder hatte er das nur geträumt? Nein, wurde ihm klar, das ist wirklich passiert. Ich wäre beinahe ertrunken, aber dann hat mich jemand herausgezogen. An das, was danach geschehen war, konnte er sich nicht erinnern. Doch wie hatte das überhaupt passieren können? War er etwa plötzlich ohnmächtig geworden und einfach ins Wasser gefallen? Aber wieso sollte er einfach so das Bewusstsein verlieren? Yuusei runzelte nachdenklich die Stirn. Genau, da war dieser Schmerz in seinem Herzen gewesen. Aber das war doch nur ein Gefühl gewesen, nichts Körperliches, oder doch? Yuusei seufzte, versuchte, sich zu entspannen und schloss die Augen: es hatte ja doch keinen Sinn, darüber nachzudenken. Irgendein Arzt würde ihm sicher schon bald mitteilen, was mit ihm los war. Jedenfalls fühlte er sich total erschöpft und sein Hals tat bei jedem Atemzug weh. “Oh, Yuusei!”, schrie plötzlich eine ihm bekannte Stimme durch den Raum und er zuckte wegen der überraschenden Störung zusammen - fast wäre er eingedöst. Im nächsten Moment hatte er auch schon rote Locken über seinem Gesicht hängen, die ihn auf der Nase kitzelten. “Rally”, lächelte er. Jetzt bemerkte er auch seine anderen drei Freunde aus Satellite. “Man, was machst du nur für Sachen?”, wollte Tank wissen. “Ja, was ist passiert Yuusei? Wie geht es dir?”, erkundigte sich Rally besorgt. “Mir geht es wieder gut”, versicherte Yuusei. Bevor er noch mehr sagen konnte, betraten Goodwin und ein Arzt den Raum. Seine Züge, eben noch so sanft, versteinerten. Er konnte diesen Mann nicht ausstehen, nachdem, was seine Leute mit ihm angestellt hatten, als er nach New Domino City gekommen war. “So, nun, junger Mann. Wie geht es Ihnen denn?”, wiederholte der Arzt die Frage und bekam die selbe Antwort wie Rally eben. “Was fehlt ihm denn, Doktor?”, wollte Goodwin wissen. “Nun ja, … körperlich ist alles in Ordnung, soweit wir bei unseren Untersuchungen festgestellt haben. Wahrscheinlich hat sich unser junger Champion”, damit warf er Yuusei ein freundliches Lächeln zu, “nur überanstrengt und deswegen einen Nervenzusammenbruch erlitten. Halb so wild, aber er sollte sich in den nächsten Wochen wirklich Ruhe gönnen und mal Urlaub machen. Sonst kann so was leicht tödlich enden, wie wir ja gesehen haben”, erklärte er mit einem mahnenden Blick Richtung Yuusei. “Gut, Doktor, ich werde darauf achten”, erklärte Goodwin höflich. “Was ist jetzt eigentlich passiert?”, wiederholte Rally seine Frage und Yuusei erzählte in knappen Worten, dass er am Hafen gewesen war und sich nicht erinnern konnte, warum er ins Wasser gefallen war. “Wer hat mich überhaupt gerettet?”, wollte er schließlich wissen. “Ich würde mich gerne bedanken.” “Oh, ich fürchte, unser Lebensretter ist schon wieder gegangen”, erklärte der Arzt. “Er war kurz hier, um zu sehen, ob es Ihnen soweit gut geht, aber leider hat er mir nicht mal seinen Namen verraten.” “Hm”, kommentierte Yuusei und richtete sich auf. Dabei fühlte er einen unangenehmen Stich in der Lunge und kniff die Augen zusammen. “Nun mal langsam, junger Mann! Sie sollten sich besser wieder hinlegen!”, empfahl der Arzt. “Es geht schon”, ignorierte Yuusei den Schmerz. “Wann darf ich wieder gehen?” “Nun, bis übermorgen früh wollen wir Sie gern noch zur Beobachtung hier behalten, falls sich herausstellen sollte, dass wir etwas übersehen haben. Wir wollen ja nicht riskieren, dass sich Ihr Zustand möglicherweise verschlimmert, nicht wahr?” “Nun, Yuusei, ich denke, was der Arzt sagt, klingt vernünftig, findest du nicht auch?”, meinte Goodwin, doch in seiner Stimme lag ein Unterton, der klang wie: Du tust jetzt schön, was der Doktor sagt, oder es gibt Ärger. “Ja, Yuusei, du solltest dich besser noch schonen”, meinten nun auch seine Freunde. Nun, gegen so eine Übermacht komme ich ja nicht an, dachte sich Yuusei innerlich seufzend. Aber vielleicht war es wirklich besser, wenn er sich erstmal ausruhte. Nur hätte er das lieber Zuhause getan, oder besser gesagt dort, wo er momentan wohnte. “Na gut”, erklärte er also und legte sich wieder hin. Jetzt liege ich im gleichen Krankenhaus wie Jack, dachte er dabei und blickte zur Decke. “Gut, wir lassen Yuusei dann besser allein, damit er schlafen kann, es ist schließlich auch schon spät”, meinte Goodwin und ging zusammen mit seinen Freunden und dem Arzt hinaus. “Bis bald, Yuusei!”, rief Rally noch, bevor sich die Tür schloss. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ “WAS, YUUSEI IST AUCH HIER! UND ER WÄRE BEINAHE ETRUNKEN!”, schrie Jack, ganz typisch gemäß seinem impulsiven Temperament. Mina zuckte zusammen. Sie hatte ihm gerade erzählt, was sie noch gestern Abend von Goodwin über Yuuseis Beinahe-Ertrinken erfahren hatte. “J-ja”, erwiderte sie stotternd. “B-bitte regen Sie sich nicht auf, Atlas-sama, das ist nicht gesund”, meinte sie, woraufhin der sie mit seinen Blicken zu erdolchen schien. “Wie geht es ihm?”, verlangte er zu wissen. “Nun, er ist auf dem Weg der Besserung, wie ich höre. Vielleicht möchten Sie ihn mal besuchen?” Es entstand eine lange Pause, in der Jack gar nichts sagte. Schließlich meinte er schlicht und in für ihn ungewöhnlich leisem Ton: “Nein.” “A-aber, ich dachte…”, wagte Mina einzuwerfen. “Er lebt, mehr brauche ich nicht zu wissen”, verschränkte Jack stur die Arme vor der Brust. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Yuusei stand auf einer felsigen Anhöhe, um ihn herum war alles braun und grau und der Himmel hatte einen unnatürlich roten Farbton, so als stünde er nicht auf der Erde, sondern auf einem ganz anderen Planeten mit einer fremden Sonne, die allerdings nicht zu sehen war. Yuusei fragte sich, was er hier eigentlich machte und wie er hier her gekommen war. Und war er hier ganz alleine? Weit und breit niemand zu sehen. Der junge Mann fühlte sich vollkommen verloren. Er blickte auf, als plötzlich ein Schimmern am Horizont zu sehen war. Etwas silbernes, nur als ferner Punkt erkennbar, blitzte dort auf - und noch mal, bis es langsam größer wurde. Ein bisschen schien es, als regnete silbernes Licht über den rötlichen Himmel. “Sternenstaubdrache”, erkannte Yuusei plötzlich. Der mächtige Drache landete mit einem Satz vor seinen Füßen, so riesig wie ein halber Berg und streckte den spitzen Kopf nach unten, ihm entgegen. “Sternenstaubdrache, gut, dass du hier bist. Wo sind wir hier?”, wollte er wissen. Doch der Drache sagte nichts und beugte sich vor, so dass Yuusei seine riesige Schnauze berühren und darüber streicheln konnte. Der silberweiße Drache gab ein zufriedenes Brummen von sich. Yuusei schloss die Augen und lehnte sich gegen den großen Kopf. “Du hast mich nicht vergessen, während wir so lange getrennt waren, nicht wahr?”, stellte er zufrieden fest. Der Drache summte zustimmend. Es war, als wollte er sagen: Du bist nicht allein. Plötzlich verwandelte sich die Form des Drachen unter Yuuseis Händen, es fühlte sich auf einmal so an, als hielte er einen Menschen im Arm. Yuusei wagte nicht, die Augen zu öffnen, aus Angst, wen er dann zu sehen bekäme. Doch irgendwie ahnte er es schon. Der Mensch strich ihm liebevoll über die Haare. “Hey, mach die Augen auf! Seit wann bist du so ein Angsthase?”, neckte die Person ihn und Yuusei öffnete schließlich die Augen. “Jack, was machst du denn hier?”, entfuhr es ihm überrascht. “Na, was soll ich wohl hier machen? Ich bin hier, um dir mitzuteilen, dass dein Sternenstaubdrache mich nicht aus den Augen gelassen hat, während er bei mir war. Er ist Schuld, dass ich jetzt hier bin und ich glaube, er will dafür sorgen, dass wir uns wieder vertragen.” Der Sternenstaubdrache, der nun plötzlich neben Yuusei stand, summte zustimmend. “Aber, ich verstehe nicht…” Ein durchdringendes Klingeln drang an Yuuseis Ohren. Waren das Kirchenglocken? Kirchenglocken hier und jetzt? Das konnte doch nicht sein! Yuusei schüttelte sich und versuchte, den Ton zu verscheuchen, doch es ging nicht. Plötzlich kippte die Umgebung um ihn herum weg. “Nein, Jack!”, streckte er die Hand nach ihm aus. Doch es war zu spät. Kapitel 5: Ist das Liebe? ------------------------- Hallo alle zusammen. Wie ihr seht, ist es mir endlich gelungen, mal weiterzuschreiben, denn ich hatte eine Riesen-Schreibblockade, die selbst jetzt noch nicht wirklich weg ist, aber wenigstens habe ich es geschafft, dieses Kapitel zuende zu schreiben. Vielen Dank für eure Kommentare und ich hoffe, ihr mögt nach dieser langen Pause noch weiterlesen. Viele Grüße Saedy Ruckartig setzte sich Yuusei im Bett auf, wobei sein Herz ungewöhnlich schnell schlug. Ihm wurde klar, dass er bloß geträumt hatte. So was Verrücktes, fuhr er sich mit einem kaum sichtbaren Lächeln durch die Haare. Jetzt träumte er auch schon von Jack! Er musste zugeben, dass ihm der Verlust ihrer Freundschaft noch mehr zusetzte, als er gedacht hatte, wenn er schon solche komischen Träume hatte. Er blickte sich verwirrt um, bis er sich erinnerte, dass er ja im Krankenhaus war. Und die Glockentöne, die er im Traum gehört hatte, stammten wohl von der Kirche direkt nebenan, die gerade 06:00 Uhr geschlagen hatte. Er legte sich wieder zurück und versuchte, weiterzuschlafen. Doch das ging nicht, weil ihm einfach zu viele wirre Gedanken durch den Kopf sausten. Irgendwann seufzte er und gab den Versuch auf. Stattdessen stand er auf, suchte das Bad und duschte erstmal. Anschließend kam auch schon eine Krankenschwester mit Frühstück vorbei, welches er dankbar annahm. Eigentlich sollte er noch bis zum nächsten Morgen hier bleiben, doch Yuusei fand, dass das unnötig war und machte sich auf die Suche nach seiner Kleidung, die er schließlich im Waschraum des Krankenhauses fand, wo das Personal sie in eine Waschmaschine und anschließend in den Trockner gesteckt hatte, so dass er sie gleich wieder anziehen konnte. Anschließend machte er sich davon, glücklicherweise, ohne von jemandem aufgehalten zu werden. Yuusei fragte sich, was er jetzt machen sollte, denn er hatte keine Lust, in Goodwins Wohnanlage zurückzukehren, wo er diesem womöglich über den Weg laufen und wieder zurück ins Krankenhaus geschickt werden würde. Seine Freunde wollte er auch nicht treffen, denn irgendwie hatte er das Bedürfnis, eine Zeitlang lieber alleine sein zu wollen, um über all die seltsamen Gedanken nachzudenken, die ihm in letzter Zeit durch den Kopf gingen. So lief er durch New Domino City, sah sich in der Stadt um und blieb schließlich an einem hübschen Springbrunnen mit zwei Pferdefiguren sitzen, die aus ihren Mäulern Wasser spieen. “Hallo! Na, wenn das keine Überraschung ist!”, rief ihm plötzlich jemand mit fröhlicher Stimme zu. “Oh, hallo Joe”, blickte Yuusei erstaunt auf. Er hatte nicht erwartet, dem jungen Mann so schnell wieder zu begegnen. “Wie geht’ s dir denn? Du siehst irgendwie traurig aus, kann das sein?”, wollte Joe wissen und strich sich dabei einige lästige, blonde Haarsträhnen aus dem Gesicht. “Na ja, ich habe mich mit einem Freund gestritten”, erklärte Yuusei kurz. “Das ist ja schade. Kann ich dir irgendwie helfen?”, setzte sich Joe zu ihm auf den Brunnenrand. “Nein, ich denke, damit muss ich allein klar kommen.” “Nun, wenn du meinst”, erwiderte Joe und die beiden schauten kurz schweigend vor sich hin, bis Joe meinte: “Hey, hast du Zeit? Ich lad dich zu mir ein - Jim wird sich bestimmt auch freuen. Und dann können wir zusammen Duel-Monsters spielen, oder Basketball.” Jetzt lächelte Yuusei doch wieder ein klein wenig. “Na ja, warum eigentlich nicht”, stimmte er zu und somit gingen die beiden zu Joe nach Hause. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ “Wo steckt dieser Junge nun schon wieder”, regte sich Goodwin auf, der mit verschränkten Armen durch sein Büro lief. Er hatte vor Kurzem erfahren, dass Yuusei aus dem Krankenhaus verschwunden war und niemandem Bescheid gesagt hatte. Seine kleinen Freunde wussten angeblich auch nicht, wo er sich aufhielt. “Ich darf nicht zulassen, dass diese Mätzchen noch zur Gewohnheit werden”, sagte er sich und beschloss, etwas strengere Regeln einzuführen. Yuusei war zwar schon volljährig und somit konnte er ihm eigentlich nichts verbieten, aber da ließ sich bestimmt trotzdem was machen… ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ “Der Gute hat ja einen gesunden Schlaf, was?”, meinte Joe zu seinem kleinen Bruder Jim, während die beiden auf Yuusei hinabblickten, der nach ihrem gemeinsamen Basketballspiel bei ihnen auf der Couch eingeschlafen war. “Ja”, stimmte Jim zu. “Also, ich könnte jedenfalls nicht schlafen, wenn der Fernseher so laut läuft.” “Aber er sieht doch ganz niedlich aus, wenn er so schläft”, stellte Joe fest. “Oh, nein! Stehst du etwa auf ihn?”, fragte Jim, der genau wusste, dass sein großer Bruder homosexuell war. “Na ja, er ist schon ganz süß”, musste Joe etwas verlegen zugeben. Nach dieser Feststellung ließen die beiden Yuusei erstmal in Ruhe weiterschlafen. Eine Weile später wischte sich Yuusei den Schlaf aus den Augen und setzte sich gähnend auf der Couch auf. Dabei stellte er fest, dass jemand eine Decke über ihn gelegt hatte. Na so was, dass ich einfach eingeschlafen bin…, dachte er verwundert. Die Sache gestern muss mich doch mehr mitgenommen haben, als ich angenommen hatte. Und wo steckten Joe und Jim? Yuusei fand die beiden nach kurzem Umgucken in der Küche, wo sie sich einen kleinen Nachmittagssnack zubereiteten. “Na, auch mal wieder wach?”, meinte Joe mit einem Schmunzeln. “Ja”, erwiderte Yuusei etwas verlegen. “Tut mir leid, dass ich einfach eingeschlafen bin.” “Ach, das macht doch nichts. Hier, willst du was?”, fragte Joe und hielt ihm einen Teller mit gefüllten Teigröllchen hin. “Nein, danke, ich habe keinen Hunger”, meinte Yuusei, doch gleich darauf strafte ihn sein Magen lautstark Lügen, als er den wunderbaren Duft wahrnahm. Jim kicherte: “Dein Bauch scheint da aber anderer Meinung zu sein!” “Ja, du brauchst keine Angst zu haben, dass du uns was wegisst, lang nur zu”, versicherte Joe. “Nein, das ist es nicht. Ich habe einfach keinen Appetit. Mir ist irgendwie komisch.” “Ach so, na dann. Vielleicht gehst du dann besser nach Hause und ruhst dich weiter aus?”, schlug Joe vor. “Ja, das wird wohl das Beste sein. Ich sollte sowieso meinem Chef Bescheid sagen, wo ich bin. Es war wirklich nett bei euch. Ich danke euch für den schönen Vormittag. Also dann, macht’ s gut”, mit diesen Worten verabschiedete sich Yuusei. Als die Tür zugegangen war, meinte Joe: “Oh, hast du diese großen, blauen Augen gesehen und wie höflich er ist…” “Ihh, nein, jetzt hör bloß auf zu schwärmen!”, wehrte Jim ab. Auch wenn er nichts dagegen hatte, dass sein großer Bruder auf Männer stand, diese Schwärmereinen fand er doch lächerlich und ein bisschen eklig. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ “Na endlich, ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr zurück!”, empörte sich Goodwin, als Yuusei spät am Nachmittag wieder in seiner Wohnanlage auftauchte. Dabei hörte er sich fast an wie ein strenger Vater, der sich über das Zuspätkommen seines Sohnes aufregt. Doch hatte er nun erwartet, dass Yuusei protestieren oder irgendwelche Ausreden vorbringen würde, meinte jener nur gelassen: “Es tut mir leid”, was Goodwin, der solcherart Zurückhaltung nicht erwartet hatte, erstmal den Wind aus den Segeln nahm. Was ihn aber nicht an einem kleinen Vortrag über die Regeln in seinem Hause hinderte. “Schließlich hast du einen Arbeitsvertrag unterschrieben und dazu gehört nicht nur, bestimmte Termine einzuhalten und an Wettbewerben teilzunehmen, sondern auch regelmäßig zu trainieren - und nicht einfach zu verschwinden. Wenn du schon fit genug bist, dass du meinst, aus dem Krankenhaus gehen zu können, dann kannst du auch arbeiten!”, verlangte Goodwin. “Und zur Strafe wird dein Gehalt für diesen Monat gekürzt. Um wie viel, das kommt ganz darauf an, wie sehr du dich den Rest des Monats noch anstrengst. Ist das klar, Yuusei?” “Gut”, meinte jener nur unbeteiligt. Irgendwie war ihm momentan alles egal. Doch woher kam dieses Gefühl, beziehungsweise, Nicht-Gefühl? Vielleicht war er nach dem Mittagsschlaf einfach nicht mehr richtig wach geworden? “Ich gehe auf den Übungsplatz, trainieren”, erklärte er und machte sich auf den Weg. “Hm”, machte Goodwin und blickte ihm nachdenklich hinterher. “Irgendwas stimmt doch mit dem Jungen nicht”, stellte er fest. Dieses innere Feuer, welches er sonst immer ausstrahlte, schien erloschen. Auch in der nächsten Zeit änderte sich nichts daran, dass Yuusei nicht mehr er selbst zu sein schien. Zwar war er noch nie der besonders gesprächige Typ gewesen, doch er war immer für seine Freunde da gewesen und hatte eine innere Ruhe und Stärke ausgestrahlt, für die ihn diese insgeheim bewundert hatten. Jetzt war davon nichts mehr zu bemerken, stattdessen zog sich Yuusei immer mehr zurück und es war, als habe er beschlossen, sich in seiner eigenen Welt zu verkriechen. Er ging zwar weiterhin gewissenhaft seiner Arbeit nach und war bei seinen Freunden körperlich anwesend, doch sein Geist schien ganz woanders zu sein. Die einzige Ausnahme bildete Joe, den er öfter traf, da dieser ihn von dem Leben, das er momentan führte, ablenkte und ihn auch nicht an Jack erinnerte. Wenn er dagegen seine alten Freunde traf, musste er immer daran denken, dass er wegen ihnen für Goodwin arbeiten musste - nicht, dass er deswegen sauer auf sie gewesen wäre - doch langsam aber sicher hielt er dieses Leben nicht mehr aus. Außerdem erinnerten ihn seine alten Freunde, besonders Rally, immer an Jack, den er selbst, weil dieser immer noch im Krankenhaus war, glücklicherweise nicht zu Gesicht bekam. Am liebsten wäre Yuusei wieder zurück nach Satellite gegangen und in sein altes Leben zurückgekehrt, selbst wenn dort alles schwieriger war und es im Gegensatz zu New Domino City so gut wie keinen Luxus gab. Aber es war eben sein Zuhause, dort wo alles angefangen hatte und er noch glücklich mit allen seinen Freunden zusammengelebt hatte. Aber genau genommen war diese Zeit längst vorbei, selbst wenn er jetzt wieder zurückkehrte, es wäre nie wieder wie früher, denn Jack wäre nicht mehr dabei. Yuusei schmiss wütend den Schraubenschlüssel beiseite, mit dem er gerade eine Schraube an seinem D-Wheel festgezogen hatte. Warum musste er nur immer an diesen verdammten Jack denken? Warum konnte er seine Wut und Enttäuschung denn nicht endlich vergessen? Es war vorbei, verdammt noch mal! Jack wollte nichts mehr von ihm wissen und nicht mal im Traum würde er sich für das entschuldigen, was er ihm damals angetan hatte. Mit zitternden Fingern tastete Yuusei nach dem Schraubenschlüssel und versuchte, jeglichen Gedanken daran aus seinem Kopf zu verbannen. Das Leben ging schließlich weiter. Er musste nach über zwei Jahren endlich vergessen und nach vorn blicken. Nicht mehr an der Vergangenheit hängen und an einem Leben, das nie wiederkehren würde. Dürfte nicht mehr so naiv wie bisher glauben, dass er Jacks Freundschaft schon irgendwie wieder zurückgewinnen würde. Außerdem hatte er viele tolle neue Freunde gefunden: Leo, Luna, Joe und Jim und auch Blister traf er ab und zu wieder. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ “Ah! Endlich kann ich wieder laufen!”, stieß Jack einen Begeisterungsschrei aus. Nun, genau genommen, hieß dieses “Laufen”, auf zwei Krücken mühsam durch die Gegend humpeln, doch immerhin war er endlich die beiden Gipse losgeworden! Nach Wochen endloser Langeweile konnte er nun wieder etwas tun! Dafür, dass seine schwach gewordenen Muskeln wieder fit wurden, musste er ein spezielles Trainingsprogramm absolvieren und Jack tat das nur zu gerne. Als dann endlich der Tag kam, an dem er das Krankenhaus verlassen konnte, war er heilfroh und freute sich schon diebisch darauf, Yuusei mal wieder ein bisschen zu ärgern. Wenn er ehrlich war, hatte er dessen blaue Augen, die ihn oft so empört anblitzten, nämlich ganz schön vermisst. Und natürlich auch ihre Duelle. Sein D-Wheel konnte Jack zwar noch nicht fahren, aber es würde sicher nicht mehr lange dauern, bis er wieder ganz gesund war. Eigentlich hatte er zwar beschlossen, Yuusei nicht mehr zu nahe an sich herankommen zu lassen, aber andererseits konnte er einfach nicht widerstehen, ihn ein bisschen auf die Schippe zu nehmen, denn wenn der sonst so ruhige Junge sich aufregte, war das einfach zu köstlich! “Wo steckt Yuusei?”, wollte er dann auch gleich von dessen Freunden wissen, nachdem er die wenigen Habseligkeiten, die er ins Krankenhaus mitgenommen hatte, wieder in seiner Wohnung verstaut waren. “Was willst du denn von ihm?”, blitzte Rally ihn wütend an, da er genau wusste, dass Jack nicht netter zu Yuusei geworden war, ganz im Gegenteil. Auch Blitz, Tank und Nervin waren von Jacks Gegenwart nicht begeistert. “Das geht euch nichts an! Aber lasst nur, ich werde ihn schon selbst finden!”, erwiderte Jack barsch. Damit wandte er sich ab und humpelte davon. Später erfuhr er von Mina, die einen ganz guten Kontakt zu Yuuseis Freunden hatte, dass dieser sich oft mit einem gewissen Joe traf. Was das für ein Kerl war und wo er wohnte, konnte sie aber nicht sagen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ “Also, willst du mir nicht endlich mal sagen, was los ist?”, fragte Joe fürsorglich seinen neuen Freund. Er und Yuusei saßen zusammen auf dem Dach des Hauses, in dem er wohnte und genossen die Aussicht auf die Stadt und den blauen Himmel. “Ich merk doch, dass mir dir die ganze Zeit schon etwas nicht stimmt. Vielleicht kann ich dir helfen, oder wenn nicht, vielleicht hilft es dir dann, einfach nur mal darüber zu reden.” Yuusei schwieg daraufhin einige lange Augenblicke und Joe glaubte schon, er würde gar nicht mehr antworten, als er schließlich leise seufzte und meinte: “Ja, du hast wohl Recht. Ich verstehe es ja selbst nicht. Es geht um meinen ehemaligen besten Freund, Jack.” Yuusei blieb die Luft im Hals stecken - selbst diesen Namen auszusprechen, bereitete ihm Mühe, so angefüllt voller Wut und Traurigkeit und Enttäuschung war er. Aber auch Hilflosigkeit. “Ich habe dir doch vor ein paar Wochen erzählt, dass ich mich mit einem Freund gestritten habe und …” “Das war dieser Jack?”, fuhr Joe fort, als Yuusei nicht weitersprach. “Ja”, nickte er. “Aber, ich weiß nicht wie ich es sagen soll…”, brach Yuusei ab. Irgendwie fiel es ihm doch schwerer, darüber zu reden, als er gedacht hatte. “Am besten fängst du einfach ganz am Anfang an”, meinte Joe und lächelte aufmunternd. “Gut, weißt du”, blickte Yuusei in die Ferne, “ich kenne Jack jetzt schon mehrere Jahre, seit ich vierzehn bin ungefähr. Wir sind sehr gute Freunde geworden und haben zusammen mit unseren anderen Freunden sehr viel unternommen. Es war eine wirklich schöne, spaßige Zeit. Wir hatten so viele Pläne und haben immer Duel-Monsters zusammen trainiert. Wir wollten eines Tages so gut darin werden, dass wir genug Erfolg haben, um zusammen nach New Domino City zu ziehen. Aber dann haben wir uns eines Tages gestritten, ich weiß gar nicht, wieso eigentlich, nur dass Jack aus irgendeinem Grund furchtbar sauer war, weshalb, daran kann ich mich nicht erinnern. Von da an war es aus mit unserer Freundschaft. Ich wollte mich ja wieder mit Jack vertragen, doch er hat sich aus dem Staub gemacht und sich sein eigenes Revier in Satellite geschaffen. Ich habe monatelang nichts von ihm gehört, bis, tja, bis er mich eines Tages angerufen hat und…” Hier erzählte Yuusei, wie Jack Rally in Gefahr gebracht hatte und sein D-Wheel sowie seinen Sternenstaubdrachen gestohlen hatte und nach New Domino City verschwunden war. “Ich schwor mir, ein neues D-Wheel zu konstruieren und so gut in Duel-Monsters zu werden, dass ich die Chance hatte, nach New Domino City zu kommen und mir den Sternenstaubdrachen und mein D-Wheel zurückzuholen.” “Und das ist dir auch gelungen”, stellte Joe anerkennend fest. “Und jetzt wo du ihn von seinem Weltmeisterthron gestoßen hast, ist er wohl ziemlich sauer auf dich, was?” “Tja, das kann man wohl sagen”, lächelte Yuusei traurig. “Aber ich glaube, wirklich sauer auf mich, ist er aus einem anderen Grund, den ich dummerweise nicht kenne. Ob es etwas mit damals zu tun hat? Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nur, dass Jack mich hasst. Und dass ich darüber hinwegkommen muss. Ich verstehe einfach nicht, was mit mir los ist. Nach diesen zwei Jahren und dem was vor Kurzem geschehen ist, müsste ich doch endlich mal kapiert haben, dass ich Jack als Freund wohl vergessen kann. Stattdessen könnte ich die ganze Zeit nur heulen.” Mit diesen Worten wischte sich Yuusei flüchtig über die Augen, da ihn nun tatsächlich die Tränen zu kommen drohten. “Na, na, schon gut”, tröstete ihn Joe, der es bemerkt hatte und legte ihm beruhigend einen Arm um die Schultern. Dadurch bewirkte er allerdings das Gegenteil und Yuusei kamen erst recht die Tränen. Dabei war er aber ganz still und gab keinen Laut von sich. Nicht mal das Gesicht verzog er - man hätte meinen können, es liefe ihm einfach Wasser über die Wangen. Nur an den tiefblauen Augen erkannte man, wie verletzt der junge Mann war. Joe war erstaunt über diese harte Selbstbeherrschung. “Also, wieso kann ich ihn nicht einfach vergessen?”, wiederholte Yuusei, als er sich wieder einigermaßen beruhigt hatte. “Wieso kann ich nicht aufhören, an ihn zu denken? Ich weiß doch jetzt, dass er mich hasst und dass ich keine Chance habe, das zu ändern, nachdem ich über zwei Jahre alles daran gesetzt habe, hier her zu kommen und versucht habe, seine Freundschaft zurückzugewinnen. Aber irgendetwas in mir versteht das nicht und ist nicht bereit, aufzugeben.” “Du bist also nicht einfach nur nach New Domino City gekommen, um deinen Sternenstaubdrachen und dein D-Wheel zurückzugewinnen, erst recht nicht, um dich an diesem Jack zu rächen, sondern, weil du seine Freundschaft zurückgewinnen wolltest?”, stellte Joe erstaunt fest. “Das ist wirklich … überraschend. Also, wenn ich mir vorstelle, dass mein bester Freund mich so hintergangen hätte, dann wäre ich bestimmt nicht so nett zu ihm gewesen, im Gegenteil, der hätte sich auf etwas gefasst machen können. Bis jetzt hätte ich ja nicht mal geglaubt, dass Liebe dermaßen blind machen kann, geschweige denn, Freundschaft. Wow, also, wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich mal ernsthaft darüber nachdenken, ob ich nicht verliebt bin.” Überrascht blickte Yuusei zu Joe auf. “Aber, nein, ich stehe doch nicht auf Männer”, erklärte er. “Na ja, war ja nur so ein Gedanke”, hob Joe beschwichtigend die Hände. “Aber wenn das nicht Liebe ist, dann weiß ich auch nicht weiter.” “Oh”, machte Yuusei. Joe fragte sich, ob dieses “Oh”, jetzt bedeutete, dass seinem neuen Freund ein Licht aufgegangen war, oder ob es einfach nur so ein nichts sagendes, kommentierendes “Oh” gewesen war. Jedenfalls sah Yuusei mit diesem leicht überraschten Gesichtsausdruck und den großen, feuchten Augen, unglaublich süß aus, fand der junge Mann. Aber dass er selbst homosexuell veranlagt war und Interesse an ihm hatte, wollte er Yuusei nun nicht auch noch auf die Nase binden, nach der - wie er annahm - Erkenntnis, dass er womöglich in einen Mann verliebt war. Ein Schock für diesen Tag würde schon genügen. “Ich schätze, ich muss nach Hause”, mit diesen Worten stand Yuusei auf, ohne auf Joes Vermutung einzugehen. “Hey, du bist doch jetzt nicht sauer, oder?” “Nein, nur verwirrt. Ich muss erst mal darüber nachdenken, was du gesagt hast. Danke, dass du mir zugehört hast”, damit verabschiedete sich Yuusei mit einem offenen Blick in Joes Augen, der diesem Schmetterlinge im Bauch verursachte. Als der Duellant gegangen war, fuhr sich Joe durch die blonden Haare und seufzte. “Man, Yuusei, du bist der Knaller und weißt es wahrscheinlich nicht mal”, redete er vor sich hin. Kapitel 6: Schnüffeleien ------------------------ Hallöchen, wie ihr seht, ist es mir nach 2 laaangen Monaten endlich gelungen, das nächste Kapitel hochzuladen. Ich hoffe, es gefällt euch. “Ah, Yuusei, da bist du ja endlich!”, empfing Jack den jungen Mann, mit seinem typisch selbstgefälligen Lächeln auf den Lippen. “Ich dachte schon, du tauchst nicht mehr auf.” “Jack”, mehr sagte Yuusei nicht. Warum musste sein ehemaliger Freund auch ausgerechnet heute wieder aus dem Krankenhaus zurückkommen, wo Joe ihm erzählt hatte, dass er womöglich in ihn verliebt war? Er hatte ernsthaft darüber nachgedacht, war aber noch zu keinem Ergebnis gekommen. Sicher war nur, dass er Jack sehr mochte, aber konnte das, was er fühlte, eine Art Verliebtheit sein? Nein, sicher nicht, sagte er sich, als er Jacks selbstgefälliges Grinsen betrachtete. In einen so arroganten Idioten konnte man nicht verliebt sein. Das dumme war nur, dass er wusste, dass Jack auch anders sein konnte. Jedenfalls war das früher mal der Fall gewesen. Und wenn er sich vor dessen Unfall mit ihm duelliert hatte, schien es immer mal wieder Augenblicke gegeben haben, in denen etwas von dem alten Jack wieder durchblitzte. “Lust auf ein kleines Duell?”, hielt Jack seine Karten hoch. “Nein”, erwiderte Yuusei knapp und wandte sich ab, um zu gehen. “Hey, was soll das heißen? Sonst hast du dich doch immer mit mir duelliert.” Yuusei erwiderte nichts und ging einfach weiter den Gang hinunter, dicht gefolgt von dem noch leicht humpelnden Jack. “Nein, diesmal geht es nicht”, erwiderte Yuusei und ging weiter, den Blick starr geradeaus gerichtet. “Bitte?”, regte sich Jack auf. “Wieso nicht?” “Was ist eigentlich mit dir los Jack?”, Yuusei wandte sich abrupt zu ihm um. “Vor ein paar Wochen noch wolltest du mich nicht mehr wieder sehen und jetzt kommst du an und denkst, es wäre alles beim Alten? Nein, so geht das nicht. Irgendwann ist auch mal meine Geduld zu Ende. Du musst dich entscheiden. Entweder, unsere Wege trennen sich hier, oder du sagst mir hier und jetzt, dass es dir leid tut.” Jack blickte Yuusei auf diese Worte hin perplex an. So hatte er den ehemaligen Freund noch nie sprechen hören. Immer hatte er alles in sich hineingefressen und versucht, eine Versöhnung zu erreichen, doch nie hatte er mit einem solchen Ultimatum gesprochen. Und er schien es ernst zu meinen. Jack wurde plötzlich klar, dass es so nicht mehr weitergehen konnte. Er konnte nicht weiter so tun, als stünde Yuusei immer zur Verfügung oder konnte abgeschoben werden, wie er es wollte. Nein, hier war ein Wendepunkt gekommen: Entweder er entschied sich, wieder mit dem jungen Mann befreundet zu sein, oder er würde ihn für immer verlieren. Er würde ihn nicht mehr foppen und ärgern können und sich auch nicht mehr mit ihm duellieren. Er würde nicht mehr so tun können, als wäre das vor zwei Jahren oder das vor wenigen Wochen nie passiert. Irgendetwas in Jack zerbrach und er blickte Yuusei reumütig an. Dieser hatte nicht wirklich damit gerechnet und schaute nun seinerseits überrascht zurück. “Du hast wohl Recht. Ich muss mich entscheiden.” “Und wie lautet deine Entscheidung?”, fragte Yuusei, als Jack nach einer Weile immer noch nicht weitergesprochen hatte. Der streckte eine Hand aus und es schien, als wolle er Yuusei festhalten, doch dann zog er sie wieder zurück. “Du hast Recht, es ist besser, wenn wir uns nicht mehr sehen.” Geschockt blickte Yuusei Jack an. Er hatte zwar damit rechnen müssen, dass der sich so entschied, aber es nun tatsächlich zu hören, war etwas anderes, vor allem, da er eben noch so reumütig geklungen hatte. “Dann soll es also so sein”, erwiderte Yuusei traurig und wandte sich ab. Nun, Joe hatte definitiv Recht, erkannte er. Denn wenn er Jack nicht lieben würde, dann würde sein Herz jetzt nicht so wehtun. Und was er noch viel schlimmer fand, war, dass er seinen ehemaligen Freund nicht wieder erkannte. Wenn er wenigstens so wie früher gewesen wäre, dann hätte er sich vielleicht eher damit abfinden können, dass Jack nicht das gleiche für ihn empfand. Dann hätte er wenigstens die Gewissheit gehabt, dass Jack noch der gleiche liebenswerte, lustige Mensch gewesen wäre, wie damals. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Ein paar Tage später traf Yuusei Joe wieder und bekannte: “Ich habe darüber nachgedacht und fürchte, du hast Recht, ich Idiot habe mich in Jack verliebt. Ich hatte bis dahin wirklich keine Ahnung”, Yuuseis Blick schweifte ab und blieb irgendwo an einem Punkt auf dem Fenster hängen. “Also, wenn jemand ein Idiot ist, dann ist es dieser Jack, so mies, wie er dich behandelt hat”, stellte Joe fest. Gemeinsam saßen sie auf der Couch in dessen Wohnzimmer. “Macht es dir nichts aus, dass ich…”, zögerte Yuusei und schaute scheinbar interessiert auf die Teetasse in seiner Hand. “Dass du auf Männer stehst? Nein”, lachte Joe, “zufällig geht es mir genauso.” Yuusei blickte überrascht auf. “Wirklich?” “Ja, aber du brauchst dir jetzt keine Sorgen zu machen, dass ich dich anmache, oder so. Ich weiß, du brauchst Zeit, um über diese Sache hinwegzukommen. Das heißt aber nicht, dass ich dich nicht süß finde”, fügte Joe noch schnell hinzu. Ups, jetzt hab’ ich’ s doch gesagt, biss er sich auf die Zunge. “Oh?”, machte Yuusei überrascht. “Tja, aber wie gesagt, ich werde dich nicht belästigen, oder so”, versprach Joe. “Es sei denn natürlich, du willst es”, mit diesen Worten stand er auf und ging in Richtung Küche. “Ich hol uns ein paar Kekse”, verkündete er und ließ einen perplex vor sich hinstarrenden Yuusei zurück. `Bin ich so blind?`, fragte der sich mittlerweile, denn er hatte kein bisschen gemerkt, dass Joe ihn süß fand oder dergleichen. Er sah überhaupt nicht schwul aus. ‘Ich ja auch nicht’, stellte Yuusei mit einem kleinen Lächeln fest. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ In den nächsten Wochen trafen sich Yuusei und Joe regelmäßig wieder und lernten sich besser kennen. Yuusei trainierte hart wie immer seine Duell-Fahigkeiten, nahm an kleineren Turnieren teil und tat, was Goodwin sonst noch so von ihm verlangte. Seine Freunde bemerkten erleichtert, dass es mit ihm langsam wieder bergauf ging. Nur Jack war nicht zufrieden, denn es gefiel ihm nicht, dass Yuusei immer heimlich irgendwohin verschwand und er der einzige zu sein schien, der nicht wusste, wo er sich aufhielt. Sogar Mina schien besser informiert zu sein. Diese quetschte er denn auch aus und erfuhr, dass sich Yuusei immer wieder mit diesem geheimnisvollen Joe traf, den bisher noch niemand zu Gesicht bekommen hatte. ‘Ich frage mich, wer das ist’, dachte Jack und runzelte die Stirn. Das Yuusei irgendetwas tat, ohne dass er davon wusste, gefiel ihm nicht. ‘Ich werde schon noch herausfinden, was du die ganze Zeit treibst’, schwor er sich. Gesagt, getan. Yuusei ging immer an den gleichen Tagen und zur gleichen Zeit in die Stadt und deshalb war es nicht schwer, ihm heimlich zu folgen, was er dann auch tat. Schließlich kam Yuusei mit seinem D-Wheel vor einem Haus, in dem sich mehrere Wohnungen befanden, zum Stehen und ging hinein. Jack sauste ihm schnell hinterher, so dass er noch die Tür erwischte, bevor sie zufiel. Drinnen angekommen, sah er eben noch, wie Yuusei von einem blonden Typen zur Begrüßung umarmt wurde. ‘Ich seh viel besser aus, was will er von dem?’, dachte er sich dabei und vergaß die Tatsache, dass er selbst angeblich nichts mehr von Yuusei hatte wissen wollen. Aber das war natürlich gelogen gewesen. Er hatte nur nicht gewollt, dass Yuusei bemerkte, was er wirklich empfand. ‘Wie lange wollen die denn noch da drin bleiben?’, fragte sich Jack nach einer Stunde, in der sich nichts gerührt hatte. Und er lungerte hier vor der Tür herum und wusste nicht, was vor sich ging. Wer wusste schon, was da drin gerade abging? ‘Nein, das ist nur deine Fantasie, beruhige dich!`, ermahnte er sich selbst. Als dann endlich die Tür aufging, musste er zusehen, dass er sich schnell versteckte und wäre dabei um ein Haar die Treppe hinunter gefallen. Dabei hatte er sich erst vor Kurzem beide Beine gebrochen gehabt, das wollte er sicher nicht noch mal erleben. Ganz knapp schaffte er es noch, um die Ecke zu biegen. Dabei warf ihm Joe noch einen kritischen Blick hinterher, der wahrscheinlich noch den Zipfel seines Mantels gesehen hatte. Aber der junge Mann dachte sich wohl nichts weiter dabei und ging mit Yuusei hinaus, ohne sich darum zu kümmern. Die beiden setzten sich auf Yuuseis D-Wheel, wobei Joe seine Arme um dessen Hüften schlang, um sich festzuhalten, was Jack zähneknirschend, beobachtete. ‘Verdammt, da lässt man dich einmal alleine und schon kleben dir solche Typen am Hals’, fluchte Jack und fuhr hinterher. In der Innenstadt schauten sich Yuusei und Joe erstmal in einem Spieleladen Duel-Monsters Karten an, dann gingen sie in ein Sportgeschäft und anschließend setzten sie sich in ein Eiscafé, das etwas abseits lag und nicht gerade besonders gut besucht war, in eine dunkle Ecke. Die beiden hatten dieses Café wahrscheinlich mit Absicht gewählt, da Yuusei als Duel-Monsters Champion ja nicht gerade unauffällig war. Apropos unauffällig: Jack hatte sich in dem Sportgeschäft, in das er sich hinter den beiden geschlichen hatte, schnell eine Schirmmütze geschnappt, seine Haarsträhnen darunter geklemmt und sie tief ins Gesicht gezogen. Schnell noch den Gürtel mit dem auffälligen A und seine Kette versteckt, eine Sonnenbrille aufgezogen und voilà - schon erkannte ihn niemand mehr! Und jetzt konnte er den beiden auch folgen, und musste nicht mehr, wie bei dem Spieleladen, hinter einer dunklen Ecke außerhalb des Geschäfts warten. Nun saß er am anderen Ende des Cafés, hinter einer Speisekarte versteckt und beobachtete die Beiden aus den Augenwinkeln. Oh, wie gut die Zwei sich doch verstanden, das war sogar für Jack offensichtlich. “Was darf’ s denn sein?”, erkundigte sich die Bedienung freundlich und Jack hätte sie beinahe überhört. “Bringen Sie einfach irgendwas”, befahl er. “Aber, junger Mann…” “Nun machen Sie schon und lassen mich in Ruhe!”, herrschte er die Frau an, wobei er etwas laut wurde und die Aufmerksamkeit seiner beiden Beobachtungsobjekte auf sich lenkte. Schnell versteckte er sich wieder hinter der Karte. “Sind Sie Privatdetektiv?”, kicherte die Bedienung. “Ein Tipp von mir: Seien Sie dabei etwas unauffälliger”, damit ging sie gutgelaunt wieder hinter die Theke. Jack schnaubte abfällig und nahm wieder Yuusei und Joe unter Beobachtung. Plötzlich legte Joe eine Hand auf Yuuseis. Der machte keine Anstalten, sie wegzuziehen und ließ es geschehen. Joe schaute Yuusei tief in die Augen und sagte irgendetwas, dabei kam er dessen Gesicht immer näher. ’Nein, er will ihn küssen!’, erkannte Jack zu seinem Entsetzen. ’Yuusei, wach auf! Merkst du denn nicht, was abgeht? Oder willst du das etwa?’ Nein, sicher nicht, dafür war der Gute viel zu naiv und freundlich zu seinen Mitmenschen. Bestimmt dachte er nur, Joe wolle nett zu ihm sein. Jack wäre am liebsten aufgesprungen, um es zu verhindern, doch er beherrschte sich: Immerhin dürfte Yuusei nicht merken, dass er ihn verfolgt hatte. Trotzdem zogen sich bei ihm alle Zehennägel hoch, als Joe es tatsächlich wagte, Yuusei zu küssen. Etwas riss und die Eiskarte in seinen Händen ging in zwei Teile. ‘Na los doch, stoß ihn von dir!’, dachte Jack. ’Worauf wartest du denn noch?’ Zu seinem Entsetzen stellte er fest, dass Yuusei die Augen schloss und den Kuss hinnahm. Am Ende war es Joe, der den Kuss wieder löste. Yuusei, der mittlerweile rot angelaufen war, sah ihn fragend an, sagte dann irgendetwas, worauf Joe etwas erwiderte. Dessen Hand lag immer noch auf seiner. Jack konnte es nicht fassen, was er da sah. Das musste ein Alptraum sein! Dieser Joe hatte es doch tatsächlich geschafft, ihm seinen Yuusei vor der Nase wegzuschnappen. Plötzlich wurde ihm klar, dass es so nicht weitergehen konnte: er musste Yuusei endlich die Wahrheit sagen und dürfte nicht mehr so tun, als wollte er nichts von ihm wissen. Ansonsten würde er ihn für immer verlieren - wenn es denn nicht schon zu spät war. Jack bemerkte, wie die Beiden das Eiscafé verließen, was ihm aber entging, war, dass Yuusei ihm einen erstaunten Blick zuwarf, als er ihn erkannte. Aber er sagte nichts, sondern ging wortlos weiter. Jack beschloss, ihnen weiter zu folgen. Irgendwann gelangten Yuusei und Joe in eine ziemlich verlassene Seitengasse der Altstadt und blieben stehen. Dort lehnte sich Yuusei an eine Mauer und Joe stützte sich neben ihm ab, wobei er ihm schon wieder so nahe kam. Sie redeten irgendetwas und schließlich beugte sich Joe vor und küsste Yuusei schon wieder! Was zu weit ging, ging zu weit! Jack konnte sich nicht mehr beherrschen und stürzte sich mit einem Wutschrei auf Joe. Der landete völlig überrascht auf dem Boden und musste sich des vor Eifersucht kochenden jungen Mannes erwehren. Und ehe Yuusei klar wurde, was hier abging, waren die Beiden schon in eine Schlägerei verwickelt. Jack verpasste Joe eins mitten auf die Nase und der wandte sich vor Schmerz stöhnend ab. Aber das war seiner Meinung nach noch nicht genug und er wollte noch mal zuschlagen, als Yuusei dazwischentrat. “Was soll das?”, funkelte er Jack wütend an. “Das sollte ich wohl dich fragen. Was erlaubst du diesem Kerl, dich einfach zu küssen?” “Bitte? Was geht dich das an? Außerdem gibt dir das noch lange nicht das Recht, Joe zu schlagen!” Yuusei war wirklich wütend, diesmal war Jack zu weit gegangen. “Ach, was, ich kann schlagen wen ich will. Und außerdem geht es mich sehr wohl etwas an, mit wem du dich rumtreibst.” “Ach, und wieso?” “Weil…”, hier stockte Jack. Ja, richtig, er konnte Yuusei schlecht sagen, dass er ihm gehörte. Wie dämlich wäre das denn? Da kam ihm ein spontaner Einfall. Er schnappte sich Yuuseis Arm, den dieser drohend vorgestreckt hatte, zog ihn zu sich und küsste ihn fest auf die Lippen. Yuusei war vor Überraschung wie gelähmt. Er wusste nicht, was er denken sollte. Als sich Jack endlich von ihm löste, bekam er nun seinerseits einen Schlag von dem schwarzhaarigen Jungen. Dieser funkelte ihn noch wütender, wenn das denn überhaupt möglich war, an. “Du bist so ein Idiot, Jack!”, zischte er mit einem verächtlichen Blick und wandte sich ab. Jack blickte ihm entsetzt hinterher, während er sich die schmerzende Wange hielt. Kapitel 7: Das Missverständnis ------------------------------ Vielen Dank für eure Kommentare. Hab mal wieder ganz schön lange für das nächste Kapitel gebraucht, was? Dafür hab ich mir mit dem letzten Drittel dieses Kapitels einen abgebrochen, im Kampf gegen diese lang anhaltende Schreibblockade. Sieht man, wie kaputt mein Kopf aussieht? Trotzdem wünsch ich euch viel Spaß beim Lesen. Mfg Saedy Yuusei war vollkommen durcheinander, während er neben Joe herlief, ihn auf sein D-Wheel verfrachtete und zum Krankenhaus brachte, damit dieser seine blutende Nase behandeln lassen konnte. Während der Fahrtwind an ihm vorbei sauste, war er mit seinen Gedanken mehr bei dem bisherigen Geschehen, als auf der Straße. Er war vollkommen überrascht, dass Jack ihn plötzlich geküsst hatte. Nicht mal im Traum hätte er daran gedacht, dass sein ehemaliger Freund derart für ihn empfinden könnte und schon gar nicht, nachdem er ihm erst vor Kurzem klar gemacht hatte, dass er nichts mehr von ihm wissen wolle. Was hatte das zu bedeuten? Hatte Jack sich einfach nur gescheut, ihm seine wahren Gefühle zu offenbaren? Und jetzt, wo er gesehen hatte, wie er Joe geküsst hatte, war da die Eifersucht mit ihm durchgegangen? Doch war diese Erklärung nicht zu einfach? “Jack, du Idiot”, flüsterte Yuusei vor sich hin, doch ein leichtes Lächeln lag dabei auf seinen Lippen. Im Krankenhaus angekommen, wartete Yuusei auf Joe, bis dessen Nase behandelt worden war. Anschließend fuhren sie gemeinsam zurück zu dessen Wohnung. “Geht es wieder?”, erkundigte sich Yuusei fürsorglich bei Joe, der sich auf seinem grünen Sofa niedergelassen hatte. “Ja, ja, geht schon”, wiegelte der ab. “Jedenfalls solange das Schmerzmittel wirkt. Man, dein Freund hat ja einen ganz schönen Schlag drauf.” “Tja, tut mir Leid, dass das passiert ist.” “Wieso denn, das war doch nicht deine Schuld”, stellte Joe fest. “Aber wegen mir ist es erst soweit gekommen.” “Ach, red keinen Quatsch.” Eine Weile schwiegen die Beiden und dachten nach. Schließlich meinte Yuusei: “Joe…”, er zögerte. “Ja?” “Als du mich vorhin geküsst hast, da ist mir klar geworden, dass ich… nicht so für dich empfinde, wie du für mich. Tut mir Leid, dir das sagen zu müssen, aber ich bin nicht in dich verliebt.” “Irgendwie hatte ich es schon befürchtet”, seufzte Joe. “Na ja, es ist wohl kein Wunder. In der kurzen Zeit konntest du diesen Jack nicht vergessen, was? Und dann kommt der Trottel auch noch an und küsst dich einfach. Was für eine Chance habe ich da denn noch?”, meinte er resigniert. “Nein, so darfst du das nicht sehen. Im Gegensatz zu Jack, bist du nämlich kein Idiot, sondern ein lieber, netter Kerl”, erklärte Yuusei mit sanfter Stimme, was Joe innerlich noch mehr seufzen ließ. “Tja, aber man verliebt sich immer in die Idioten und nie in die netten Kerle, was?” “Nein, nicht immer. Ich bin sicher, du wirst auch noch jemanden finden, der dich liebt”, meinte Yuusei bestimmt. “Wirst du dich jetzt mit dem Idioten einlassen?”, verzog Joe das Gesicht. “Ich weiß nicht”, erwiderte Yuusei nachdenklich. Er musste sich selbst erstmal darüber klar werden, wie er zu Jack stand. Sicher, dieser hatte sich aufgeführt wie der letzte Depp und der Kuss, den er ihm aufgezwungen hatte, war hart und wenig gefühlvoll gewesen und dennoch schlug Yuuseis Herz schneller, wenn er nur daran dachte. Aus irgendeinem verdammten Grund konnte er Jack einfach nicht vergessen. Er konnte nicht wirklich böse auf ihn sein, obwohl er sich wirklich daneben benommen und ihn immer wieder mit Füßen getreten hatte. Eigentlich müsste er den Idioten hassen, oder zumindest nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen, doch sein Herz sagte ihm, dass Jack nicht so übel war, wie er tat, dass da noch so vieles in ihm war, was er damals an ihm gemocht hatte und er es nur wieder hervorholen musste. War das diese berühmte rosarote Brille, von der die Leute immer sprachen, wenn sie verliebt waren? Yuusei musste über seine eigene Naivität schmunzeln. Er konnte einfach nicht anders, als immer noch etwas Positives in Jack zu sehen und ihn zu mögen, oder, nein, lieben. Er schlug sich die Hand vor die Stirn. Was sollte er jetzt nur tun? Eigentlich wusste er zwar genau, was er tun wollte, doch war das auch das Richtige? “Oh, nein, jetzt fängst du auch noch an zu seufzen”, stellte Joe, Trübsal blasend, fest. “Ist es wegen dem Idioten?” “Ja”, schmunzelte Yuusei. “Ich fürchte, ich habe noch einiges mit besagtem Idioten zu klären.” “Worauf wartest du dann noch?”, wollte Joe wissen, als Yuusei sich nicht rührte. “Bevor ich dir noch beim Dahinschmelzen zusehen muss, geh lieber und gib dein Bestes”, forderte er ihn auf. “Gut, das mache ich”, stimmte Yuusei zu und stand auf. Als er schon fast an der Tür war, meinte er noch: “Und Joe… Danke, danke für alles.” “Ach, nichts zu danken”, winkte der ab. “Aber vergiss mich nicht.” “Nein, natürlich nicht”, lächelte Yuusei und ging. Joe ließ sich betrübt auf das Sofa zurück sinken. “Und ich? Jetzt bin ich hier allein mit meinen Schmerzen und versinke in Liebeskummer. Das hättest du dir aber wirklich vorher schon denken können, Joe. Oh, man, jetzt rede ich schon mit mir selbst.” ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Jack war vollkommen schockiert. Jeder, der ihn an diesem Tag anzusprechen versuchte, wurde von ihm durchweg ignoriert, oder besser gesagt, gar nicht erst wahrgenommen, nicht mal die treue Seele Mina, die ganz besorgt um “ihren” Jack war. Apathisch ließ sich der ehemalige Duel-Monster-Champion in seinem Apartment auf den nächstgelegenen Sessel fallen. Was hatte er da nur angerichtet? Wie konnte er nur so die Kontrolle verlieren und Yuusei einfach küssen? Was musste dieser jetzt von ihm denken? Nun, wenigstens würde er ihn nicht verachten, weil er homosexuell war, denn immerhin hatte er selbst mit diesem Joe rumgeknutscht, wenigstens etwas Positives. Doch wenn er an Yuuseis zornigen Blick dachte, wurde ihm ganz, ganz schlecht. So richtig schlecht. Genau genommen fühlte es sich so an, als müsse er sich bald übergeben, so ein Kloß hing in seinem Hals. Was war das nur? So mies hatte er sich noch nie gefühlt. Liebeskummer wegen Yuusei hatte er schließlich früher schon gehabt, doch noch nie war es ihm deswegen so schlecht gegangen. Vielleicht lag es daran, dass jetzt alles heraus war und Yuusei ihn nun endgültig nicht mehr ausstehen konnte? Ja, jetzt hast du es wohl geschafft, Jack, selbst Yuusei dazu zu bringen, jemanden zu verachten., stellte er sarkastisch fest. Was sollte er jetzt machen? Er musste doch irgendetwas unternehmen können! Nervös fuhr sich Jack durch die Haare und stand vom Sessel auf - nur um eine unruhige Wanderung durch sein Apartment zu beginnen. Schließlich kam er zu einem Ergebnis: Es gab nur eine Lösung, er musste zu Yuusei gehen und sich entschuldigen. Jack biss sich auf die Lippe, er hatte sich noch nie bei irgendjemandem entschuldigt! Doch wenn er es nicht tat, dann würde Yuusei ihn auf ewig verachten. Jack wurde ganz weiß im Gesicht, allein bei dem Gedanken daran. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ “Jack! Hier steckst du also”, stellte Yuusei fest. Diesmal war es sein ehemaliger Freund, der sich auf das Dach ihres Apartmenthauses begeben hatte und über die Häuser und auf das Meer hinaus starrte. Täuschte er sich, oder war Jack beim Klang seiner Stimme leicht zusammengezuckt? Nein, das hatte er sich sicher nur eingebildet. “Was willst du?”, erkundigte der sich schroff, ohne sich umzudrehen, während er die Arme vor der Brust verschränkt hatte. “Sollte ich das nicht eher dich fragen?”, erwiderte Yuusei, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. “Du warst schließlich derjenige, der mich geküsst hat.” “Ja, verdammt!”, wirbelte Jack herum und schaute ihm aufgebracht in die Augen. “Ich konnte das einfach nicht mehr mit ansehen, wie du diesen,… diesen Lackaffen küsst! Was hast du dir nur dabei gedacht?” “Was ich mir gedacht habe?” Yuusei schien nicht im Mindesten beeindruckt von Jacks Ausbruch. “Nun ja, ich dachte mir, dass ich diesen netten, jungen Mann vielleicht liebe.” “Was sagst du da? Wie kannst du nur…”, fauchte Jack mit geballter Faust. “Moment mal! Sagtest du gerade, ‘vielleicht’?” “Ja, doch dann ist mir klar geworden, dass ich noch immer diesen blöden Idioten liebe, der es gar nicht verdient hat.” Mehr sagte Yuusei nicht, doch seine dunkelblauen Augen sprachen Bände. “Was? Von wem sprichst du?”, wollte Jack, der gar nichts verstand, aufgebracht wissen. “Wenn du das nicht weißt, dann kann ich dir auch nicht weiterhelfen”, erwiderte Yuusei und wandte sich ab. “Warte!”, rief Jack und lief hinter ihm her, um ihn aufzuhalten. Er drehte ihn zu sich herum und hielt ihn an den Armen fest. “Es tut mir Leid, Yuusei. Dass ich so gemein zu dir war. Ich wollte doch nur… Ich dachte, du würdest mich verachten, wenn ich dir sage, dass ich, dass ich…”, stotterte er. “Und früher, vor zwei Jahren, da hast du mir nicht geantwortet, auf meinen Brief. Ich dachte, du wolltest mich einfach ignorieren und so tun, als hätte der Brief nie existiert. Aber heute ist mir klar, dass du ihn wahrscheinlich gar nicht gelesen hast, weswegen auch immer. Deshalb haben wir uns damals wegen ein paar Kleinigkeiten so in die Haare gekriegt, weil ich so sauer auf dich war, denn ich habe geglaubt, du wolltest meine Gefühle einfach ignorieren und so tun, als wäre alles wie immer. Und nun, zwei Jahre später, dachte ich, es wäre einfach das beste, die ganze Sache zu vergessen, dich zu vergessen, weil du sowieso nie so für mich empfinden würdest, wie ich für dich. Aber jetzt, wo ich weiß, dass du auch auf Männer stehst… Vielleicht habe ich da ja noch eine Chance bei dir. Das heißt, falls du mir verzeihen kannst. Und diesen Idioten, wer immer das auch ist, vergisst.”, schloss Jack und sah Yuusei dabei tief in die Augen. Das war das erste Mal seit langer Zeit, dass dieser ihn so ehrlich anblickte. Er konnte es nicht fassen, dass Jack ihn wirklich liebte, wo er doch schon alle Hoffnungen aufgegeben hatte, bevor dieser ihn so plötzlich geküsst hatte. “Von welchem Brief sprichst du eigentlich?”, wollte er wissen. “Du hast ihn also tatsächlich nicht bekommen?”, wunderte Jack sich. “Aber wie kann das sein, ich habe ihn dir doch damals in deinem Zimmer selbst auf das alte Sofa gelegt. Du musst ihn gesehen haben.” “Hm”, versuchte Yuusei sich zu erinnern. “Nein, da war wirklich kein Brief, daran würde ich mich doch erinnern. Aber, oh…”, machte Yuusei. “Was?”, wollte Jack gespannt wissen und zerdrückte dabei fast die Arme seines Freundes. “Charly!”, durchzuckte Yuusei eine Erkenntnis. “WAS? WER IST CHARLY?”, schrie Jack. “Weißt du nicht mehr, dieser Straßenhund, Charly, dieser große Schäferhund. Er war eine Weile bei mir und hat ständig irgendwelche Sachen zerfetzt. Darunter war sicher auch einige Post.” “WAS?”, rief Jack fassungslos. “Und wegen so einem miesen Köter verliere ich meine große Liebe?” “Hm, ich weiß ja nicht, ob ich jetzt erfreut sein soll, weil du mich deine große Liebe nennst, oder verärgert, weil du Charly einen miesen Köter nennst”, erwiderte Yuusei amüsiert. “A-aber… Nun ja, das ist jetzt auch egal. Viel wichtiger ist, in wen du dich nun verliebt hast. Sage mir seinen Namen und ich verspreche dir, ich werde ihn zu einem fairen Duell herausfordern! Ich werde ihn platt machen, jawohl!”, lachte Jack siegessicher. “Na gut”, erwiderte Yuusei etwas verärgert, dass Jack immer noch nichts schnallte und sich so idiotisch wie eh und je aufführte. ‘Wie konnte ich mich nur ausgerechnet in ihn verlieben?’, tadelte er sich selbst. Aber in Wirklichkeit wusste er ja genau, wieso. Eigentlich war es doch amüsant, wie Jack sich immer anstellte… “Ja, und wenn ich gewinne, dann gehörst du mir!”, bestimmte Jack und zog Yuusei näher zu sich. Diesem wurde ganz warm ums Herz. “Das möchte ich sehen”, meinte Yuusei belustigt. “Vielleicht soll ich dir dabei helfen… dich platt zu machen. Schließlich kann man das selbst immer so schlecht. Außerdem bin ich der Einzige, der dazu in der Lage ist, nicht wahr?”, blickte er Jack provozierend in die Augen. “D-du meinst mich?”, erwiderte der verblüfft. A-aber… Na klar! Da hätte ich auch gleich drauf kommen können! Natürlich liebst du mich! Ich bin ja schließlich der Größte, ha, ha!”, lachte Jack und stemmte dabei seine Fäuste in die Hüften. “Ha, ha, ah! Au! Was, wofür war denn das?”, ächzte er und hüpfte nur noch auf einem Bein, da Yuusei ihm voll auf den anderen Fuß getreten hatte. “Allerdings scheinst du dich mehr zu lieben, als mich”, stellte dieser verärgert fest. “Ich hätte es ja wissen müssen.” Diesmal hatte er wirklich die Nase voll. Das war jetzt nicht mehr lustig. “Krieg dich erstmal wieder ein, dann können wir weiterreden.” Damit wandte sich Yuusei ab und wollte gehen. “He, warte! So war das doch nicht gemeint!”, rief Jack ihm beinahe panisch hinterher. Yuusei seufzte innerlich und blieb stehen. “Na ja, in Wirklichkeit…”, fuhr er zögernd und mit leiser Stimme fort, “…in Wirklichkeit habe ich die ganze Zeit… Angst gehabt, dass du meine Gefühle nicht erwidern würdest und dich von mir gestoßen, weil mir das lieber war, als dass du die Wahrheit erfährst und mich dann verachtest. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dich zu verlieren. Und dann habe ich Dummkopf selbst dafür gesorgt, dass genau das passiert, wovor ich mich so gefürchtet habe. Aber wahrscheinlich hatte ich mehr Angst davor, das du mich von dir stoßen könntest, als wenn ich es selbst tue. Es tut mir Leid, ich hätte wissen müssen, dass du nicht so bist, dass du einen Freund, auch wenn du ihn nicht liebst, nie im Stich lassen würdest. Das habe ich erst vor kurzem begriffen. K-kannst du mir noch mal verzeihen?”, blickte Jack ihn flehend an. Yuusei seufzte innerlich - vor Erleichterung. Das war der Jack, den er kannte, in den er sich verliebt hatte, von dem er schon befürchtet hatte, er wäre verschwunden. Mit einem strahlenden Lächeln, von dem Jacks Knie weich wurden, drehte er sich um. “Klar, ich würde dir immer verzeihen, wenn du mich darum bittest. Nur, bitte tu mir einen Gefallen!” “Jeden!”, ereiferte sich Jack, kam auf Yuusei zu und fasste ihn wieder bei den Armen, die dieser über der Brust verschränkt hatte. “Bitte versuch, diese Angeber-Masche sein zu lassen. Das kannst du vor den anderen machen, aber mir gefällst du besser, wenn du bescheidener bist - wenigstens etwas.” “Echt?”, machte Jack überrascht. “Äh, ja, klar, wenn’ s weiter nichts ist.” „Hm“, nickte Yuusei und blickte ihm sanft in die Augen, was Jack schwach werden ließ. Er beugte sich hinunter und wollte ihn küssen – und fuhr im letzten Moment zurück, als plötzlich Rally mit einem lauten: „Hallo, Yuusei! Da bist du ja!“, auf das Dach stürmte. Jack seufzte enttäuscht und wich auf einen unauffälligen Abstand von seinem Freund zurück. „Hallo, Rally!“, erwiderte Yuusei freundlich. „Was gibt’s denn?“ „Ich habe dich gesucht, weil das Abendessen fertig ist und ich dir Bescheid sagen wollte. Nicht, dass du es wieder verpasst und hungrig ins Bett gehen musst.“ „Oh, man, und deswegen störst du uns?“, beschwerte sich Jack. „Was, habt ihr euch etwa wieder vertragen?“, blickte Rally von einem zum anderen. „Ja“, erwiderte Yuusei glücklich. „Wir sind jetzt wieder Freunde, nicht wahr, Jack?“ „Ja“, erwiderte dieser etwas beschämt. „Ich weiß nicht. Bist du dir sicher, Yuusei? Ich meine, hast du vergessen, was er dir, was er uns, angetan hat? Woher kannst du wissen, dass er dich nicht wieder verraten wird?“ Yuusei nickte. „Ich verstehe deinen Einwand. Sicher sein kann man sich nie. Aber ich vertraue darauf, dass Jack es nicht wieder tun wird. Und jeder hat eine zweite Chance verdient, nicht wahr?“ Mehr sagte Yuusei nicht. Doch Rally wusste ganz genau, wie viel Jack seinem Freund bedeutete, auch wenn dieser nie viel darüber gesprochen hatte. Und auch jetzt spürte er, wie sehr Yuusei an ihm hing. Wahrscheinlich hätte er ihm nicht nur eine zweite, sondern noch tausend Chancen gegeben. Rally ahnte nur nicht, auf welche Art und Weise Yuusei Jack liebte. „Na gut, wenn du das sagst“, erwiderte Rally deshalb. „Ja, und wir essen erst später, nicht wahr, Jack?“, fragte Yuusei. Der nickte bestätigend. „Gut, also bis dann“, verabschiedete sich Rally. „Du bist mir noch einen Kuss schuldig“, wandte sich Jack an seinen Freund, als der Kleine verschwunden war. „Bin ich das?“, tat Yuusei verwundert. „Und ob.“ Mit diesen Worten beugte sich Jack die letzten paar Zentimeter zu Yuusei hinunter und legte seine Lippen auf dessen. Für einen wunderbaren Moment schien die Zeit still zu stehen. Yuusei hätte nie gedacht, dass sich Küssen so wundervoll anfühlen konnte. Nicht nur seine Lippen schienen zu prickeln, sondern auch etwas tief in seinem Bauch, als Jack ihn zu sich zog. Das musste ein Traum sein, so lange hatte er sich gewünscht, dass dieser einfach nur wieder sein Freund wäre und jetzt war er viel mehr als das. „Komm, lass uns in mein Apartment gehen“, forderte Jack ihn auf grinste ihn lüstern an, woraufhin Yuusei versteinerte. Sein Freund wollte doch nicht etwa... „J-jetzt schon?“, zögerte er. „Warum nicht?“ „Nun ja, ich habe noch nie...“ „Ach so. Na, mach dir keine Sorgen, das kriegen wir schon hin“, war Jack zuversichtlich, legte einen Arm um Yuuseis Schultern und zog ihn mit sich. Diesem wurde ganz mulmig zumute. Das ging ihm doch eeetwas zu schnell. „Ach, weißt du, mir fällt gerade ein, dass ich noch etwas wichtiges zu erledigen habe“, erklärte Yuusei und wand sich aus Jacks Griff. „Tja, man sieht sich“, und schon war er wie der Blitz verschwunden. Jack guckte ihm verdattert hinterher. Was hatte er jetzt schon wieder falsch gemacht? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)