Finera - New Adventures von Kalliope ================================================================================ Kapitel 33: Ein Tangela unter lauter Folipurbas ----------------------------------------------- Als Faith gähnend die Augen öffnete, herrschte bereits buntes Treiben in dem Folipurba-Rudel von Moriko und Shoha. Sie gähnte noch einmal und rieb sich blinzelnd den Schlaf aus den Augen, während sie ein paar Blätter aus ihren Haaren zog, die die Folipurbas ihr ständig in die Haare steckten. Auch hatte sie sich daran gewöhnt, dass sie von Moriko „Tangela“ genannt wurde und Shoha ihr immer noch sehr misstrauisch gegenüber stand. „Guten Morgen“, murmelte Faith in alter Gewohnheit, woraufhin ein paar jüngere Folipurbas ihr interessiert den Kopf zudrehten, die Mehrheit jedoch verspielt über die Lichtung tollte oder an Beeren knabberte. Ein junges Folipurba, das einen Narren an Faith gefressen hatte, gesellte sich jedoch zu ihr und schaute sie mit leuchtenden Augen an. Faith seufzte und stand auf, klopfte sich die Erde aus den Kleidern und schaute sich um. Zwei Nächte hatte sie nun schon hier beim Rudel geschlafen, das sie nach kurzem Zögern bei sich aufgenommen hatte. Faith wusste nicht, was Moriko mit dem ältesten Folipurba besprochen hatte, weil für ihre Ohren alles nur noch „Folipurba“ klang, aber als der Anführer sie duldete, wurden auch die anderen Rudelmitglieder freundlicher. Die Lichtung schien mitten im Wald zu liegen, man konnte kilometerweit laufen ohne etwas Anderes als Bäume um sich herum zu haben. Weiches Moos, Gräser, Farn und große Blätter waren überall in kleinen Erdkuhlen zu recht bequemen Nestern gedrückt. Der Bach war direkt in der Nähe und auch um ihr Essen musste Faith sich keine Sorgen machen, da die Folipurbas oder Moriko ihr mehrmals am Tag leckere Beeren brachten, von denen sie satt werden konnte. Dennoch wurde Faith von Tag zu Tag unglücklicher, weil sie die Hoffnung verlor, dass sie Caleb oder ihre Pokébälle und ihren Rucksack noch finden würde. „Tangela?“ Moriko lief auf sie zu und zog an Faiths Haaren, woraufhin diese sich die schmerzende Stelle der Kopfhaut rieb und Moriko ein Lächeln schenkte, welches Moriko etwas verkrampft erwiderte, sodass es mehr wie eine Grimasse wirkte. Sie griff nach Faiths Hand und legte eine Portion roter Beeren in ihre Hand, schnappte sich anschließend selbst eine und verspeiste sie in einem Stück. „Danke, das ist sehr lieb von dir.“ Faith seufzte, setzte sich auf einen umgeknickten Baumstamm und begann schweigend zu essen, während sie ihren Gedanken nachhing. „Tangela? Purba purba?“ Moriko legte den Kopf schief, setzte sich vor Faith auf den Boden und streichelte ein kleines Evoli, das erst gestern geschlüpft war, am Kopf. Faith blickte auf und sah das Evoli, woraufhin sie sofort an Mira und ihren Starter und schließlich an Bibor, Voltilamm und Taubsi denken musste. Sie biss sich auf die Unterlippe, dennoch kamen ihr die Tränen und die restlichen Beeren fielen auf den Waldboden, weil sie ihr Gesicht in ihren Armen vergrub und leise vor sich hin schluchzte. „Tangela!“ Erschrocken sprang Moriko auf, schaute sich hektisch um und schnappte sich einen Farn vom Boden, mit dem sie Faith kitzelte, doch diese schlug den Farn nur weg und weinte weiter. Etwas ratlos stand Moriko vor ihr und warf Shoha, der immer in ihrer Nähe war, einen fragenden Blick zu. Shoha legte den Kopf schief, es konnte mit dem Menschenmädchen nicht viel anfangen und traute ihr nicht so ganz, weil es Angst hatte, dass seiner Moriko etwas passieren könnte. Schließlich deutete Shoha aber mit dem Kopf zu dem Anführer der Folipurbas, der auf einem runden Stein in der Sonne döste. Moriko nickte und kniete sich neben dem Anführer nieder, während sie Faith immer wieder besorgte Blicke zuwarf. Faith schaute auf, als sie bemerkte, dass Moriko weg war, dennoch wollten ihre Tränen noch nicht versiegen. Sie fand es zwar wahnsinnig lieb von Moriko und dem Rudel, dass sie sie bei sich aufgenommen hatten, aber das änderte nichts an ihrer Situation. Sie wollte nicht im Wald leben, sie wollte ihre Freunde wiederfinden und endlich ein richtiges Bett zum Schlafen haben. „Purba.“ Der Anführer überquerte die Lichtung und ließ sich direkt vor Faith nieder, sodass er das Mädchen gut beäugen konnte. Er musterte die Jungtrainerin eingehend, dann stupste er ihr Bein an und deutete mit dem Kopf zu einem schmalen Weg. „Soll ich dir folgen?“ Etwas irritiert stand Faith auf und wischte sich die letzten Tränen aus dem Gesicht, dann nickte sie. „Ich folge dir einfach mal.“ Dann schaute sie zu Moriko, die recht gut gelaunt wirkte und Faith auf Schritt und Tritt verfolgte, während Shoha wiederum ihr folgte. Auch das junge Folipurbamädchen, das Faith äußerst interessant zu finden schien, schloss sich ihnen an. Der alte Anführer der Folipurbas führte die kleine Gruppe von der Lichtung fort und schon nach wenigen Minuten waren keine Geräusche des Rudels mehr zu hören. Nur das Knacken des Unterholzes, das Rauschen des Windes in den Baumkronen und das Singen einiger Vogelpokémon drang noch bis zu den Ohren. Faith folgte dem Anführer schweigend, sie musste sich viel mehr auf den Weg konzentrieren als die anderen. Ständig waren ihren Füßen Wurzeln und Äste im Weg, weshalb der Marsch ziemlich anstrengend für sie wurde. Es dauerte wohl gute drei Stunden, bis die Gruppe dank Faith als Hauptverzögerungspunkt eine breite Lichtung erreicht hatte. Bäume waren hier gefällt und die Baumstümpfe ragten wie ausdruckslose Augen aus dem Boden heraus. Es war eine künstlich geschaffene Lichtung, von Baggern gegrabene Kuhlen waren noch gut zu erkennen. Stille legte sich über die Gruppe, bis Faith sich räusperte und einen Schritt nach vorne trat. „Ist es das, was ihr mir zeigen wolltet? Eine von Menschen geschlagene Schneise im Wald?“ Moriko senkte betreten den Kopf, ihr schien der Ort Unbehagen zu bereiten und auch Shoha stellte sein Fell kampflustig auf, wobei es leise knurrte. Der Anführer schien Faith jedoch zu verstehen und nickte voller Trauer in den Augen. Es war der einzige Ort, den er in diesem Wald kannte, an dem sich regelmäßig Menschen versammelten. Es waren Forscher, die den Wald erkunden wollten, manchmal auch Ausflugsgruppen. Ihnen allen war jedoch gemeinsam, dass sie diese Lichtung als ihren Ausgangspunkt benutzten. „Foli“, sprach der Anführer gedehnt, dann hob er wieder den Kopf und trottete zurück in den Wald, ließ Faith, Shoha und Moriko alleine zurück. „Das sieht so… traurig aus.“ Faiths Stimme war belegt und sie seufzte. „Ich wusste nicht, dass es so schlimm für euch ist, wenn Menschen hier im Wald sind. Sie zerstören euren Lebensraum, stimmt’s? Aber warum bin ich hier?“ Faith verstand nicht, warum Moriko und der Anführer sie erst jetzt hergebracht hatten, wenn sie diesen Ort doch kannten. Genauso gut hätten sie sie auch einfach an den Waldrand führen können. „Moriko, jetzt sag doch was.“ „Pokéball.“ Moriko hob ihren Kopf an und trat mit aufmerksamen, vorsichtigen Schritten auf die Schneise, wo sie zu einer Kuhle ging und mit einem angerosteten Pokéball zurückkehrte. Die Augen der Jungtrainerin weiteten sich, als sie sah, was Moriko in den Händen hielt. „Hast du hier den Pokéball hergehabt, den du mir gezeigt hast? Gibt es noch mehr davon?“ Shoha knurrte leise vor sich hin und tingelte unruhig auf und ab, woraufhin auch Moriko ihren Kopf hob und den verrosteten Pokéball auf den Boden fallen ließ. Einen Moment war es still um sie herum, nicht einmal die Vögel gaben mehr einen Ton von sich. Es schien, als hätte der ganze Wald den Atem angehalten. Und dann brach ein ohrenbetäubendes, metallisches Surren durch die Stille. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)