Bora, Stein der Winde von Scarla ================================================================================ Kapitel 13: Meinungsverschiedenheit ----------------------------------- „Zwei Monate”, murmelte Timo. „Was ist mit zwei Monaten?”, erkundigte sich Justin. „Zwei Monaten sind Moritz und Janne nun schon weg”, antwortete er. „Ja und? Sie sagten doch, dass es dauern wird”, fand Justin. „Kann ja sein, aber ich will trotzdem wissen, wo die beiden jetzt sind, und was sie tun”, murrte Timo. „Ich nicht. Es interessiert mich nicht. Ich bin zufrieden so wie es ist”, erklärte Justin, nahm die Bürste, die neben ihm lag und begann damit, Floh durchzubürsten. Der Hund war vor einiger Zeit einfach so daher getrottet gekommen. „Ich will trotzdem wissen, wo sie sind”, murmelte Timo. In just diesem Moment ging die Tür auf und Janne kam herein gelaufen. „Hey ihr beiden”, begrüßte sie die Jungen. „Wenn man vom Teufel spricht”, war Justins Kommentar. „Dann kommt er angelaufen”, fügte Timo hinzu. Janne sah verwirrt aus. Melody, Sally und Moritz kamen dazu. „So Leute, jetzt kommt etwas auf euch zu”, begrüßte Moritz die Jungen. „Wie, was denn?”, fragte Timo gleich neugierig. „Wir werden Theo und die Drachen angreifen”, eröffnete Moritz. „Warum?”, fragte Justin gleich. „Ganz einfach, wir müssen Theo sein Schwert abnehmen. Wenn wir Phönixfeuer haben, dann kann er mit Korona nicht mehr viel anfangen, sollte er es jemals finden heißt das. Der Wind selbst ist in Sicherheit, weil wir sowohl Bora haben, als auch Drachenwind und die Erde und das Wasser sind beide auch vorerst nicht in Gefahr, weil niemand weiß, wo sich Steine und Schwerter befinden. Im Klartext: Es geht derzeit nur um den Wind und das Feuer. Nun, wie dem auch sei, wir müssen entweder Korona vor ihm finden, oder ihm Phönixfeuer abnehmen, da ihm das Schwert abnehmen leichter ist, werden wir genau dies machen”, erklärte Moritz. „Müssen wir da mitkommen?”, wollte Justin wissen. „Also Sally und Timo nicht, du schon. Ich kann Theos Schwert nicht berühren, genauso wenig wie alle anderen, das können nur Theo und du, weil du der Weltenretter bist”, antwortete Moritz. Justin seufzte. „Wann geht es los?”, wollte er wissen. „Na, so bald wie möglich. Die meisten von Theos Leuten haben mir gehorcht und nicht ihm, das heißt, wir haben viele Verbündete. Mit welchen Waffen kannst du umgehen?”, erkundigte sich Moritz. „Mit gar keiner”, war die Antwort. „Mit keiner? Was habt ihr denn hier die zwei Monate gemacht?” „Na, reiten gelernt”, antwortete Sally. „Und eure Waffenfertigkeit wurde schlichtweg vernachlässigt, ja? Toll, dann müssen wir euch das erst einmal beibringen, das ist wichtig, sonst habt ihr hier keinerlei Chancen zu überleben”, meinte Moritz. „Na dann sollten wir wohl am besten gleich beginnen”, fand Janne. „Genau. Also hoch mit den müden Knochen und mir nach“, forderte der Ritter sowohl Justin, als auch Sally und Timo auf. „Warte, Moritz“, hielt Janne ihn noch kurz zurück, „ich denke, Sally ein Schwert oder eine Axt in die Hand zu drücken ist keine allzu gute Idee und da keiner von ihnen mit Waffen umgehen kann, bezweifle ich jetzt einfach mal, das irgendjemand sich die Mühe gemacht hat, dem jungen Prinzen das Fliegen beizubringen, von der Magie ganz zu schweigen. Deswegen wäre mein Vorschlag, das Jack Sally unter seine Fittiche nimmt und ihr den Bogen erklärt, Melody wird Timo das Fliegen beibringen, ich werde die Magie übernehmen und zwar bei allen dreien und du wirst das Handhaben der Schwerter lehren, sowohl bei Justin, als auch bei Timo.“ Moritz dachte einen Augenblick lang sichtlich über den Vorschlag nach, dann nickte er. „Du hast recht. Justin, komm mit, beginnen wir sofort mit dem Schwert“, er nickte in richtung Tür und mit einem letzten Blick zu seinen Freunden folgte der Rotschopf dem Ritter. Sie gingen in einem Raum, von dessen Existenz Justin bisher nichts wusste. Es war wohl so eine art Waffenkammer, zumindest waren überall Schwerter, Schilder, Äxte, Hellebarden und so weiter. Moritz schaute sich jedes der Schwerter genau an, nahm dann zwei an sich und legte sie zur Seite. Als nächstes betrachtete er die Schilder und suchte auch von denen zwei aus. Einen drückte er Justin in die Hand, der im ersten Augenblick laut keuchte, da der Schild deutlich schwerer war, als er erwartet hatte. Moritz runzelte viel sagend die Stirn. „Wenn du dich bei dem Schild schon so anstellst, dann sollten wir vielleicht erst einmal Krafttraining machen. Das Schwert ist nämlich noch einmal ein ganzes Stück schwerer“, meinte er. „Was? Noch schwerer? Wie soll ich denn damit kämpfen lernen?“, wollte er wissen. „Irgendwie musst du das halt schaffen. Aber sieh es so, die richtig schweren Schwerter wirst du nur zum Training bekommen, die Leichten in einem richtigem Kampf“, antwortete Moritz mit einem so dreckigem Grinsen, das Justin ihm am liebsten den Schild ins Gesicht gerammt hätte. „Warum muss ich dann mit einem solch schweren Schwert das Kämpfen lernen, wenn ich letzten Endes eh nur die leichten habe?“, wollte er genervt wissen. „Ganz einfach. Die verschiedenen Völker dieser Welt nutzen verschiedene Schwerter und jetzt einfach mal theoretisch angenommen, du kämpfst in einer Schlacht gegen ein Volk, das die schwere Sorte Schwerter nutzt. Du kämpfst, dein eigenes Schwert zerbricht, wird dir aus der Hand geschlagen oder ähnliches. Kurz, es ist weg, du kannst nichts mehr damit anfangen. Aber du hast die Möglichkeit mit dem Schwert eines Feindes zu kämpfen. Wenn du nicht mit schweren Schwertern kämpfen kannst bist du trotzdem Tod, da du es jetzt aber lernen wirst, weist du wenigstens, dich deiner Haut zu erwehren. Verstanden?“, erklärte Moritz. „Ja, habe ich“, murrte Justin. Ihm passte es trotzdem nicht, dass er mit diesen Monstern von Schwertern kämpfen soll. „Lass uns runter gehen, hier kann man nicht ordentlich kämpfen“, bestimmte Moritz und nahm die beiden stählernen Waffen und seinen eigenen Schild mit, während Justin genervt mit seinem eigenem Schild folgte. Im Hof angekommen schaute sich Moritz suchend um. „Auch hier ist nicht der perfekte Ort, ich denke, wir sollten in den Wald reiten, oder wenigstens aus der Feste hinaus“, meinte er und wandte sich in Richtung der Stallungen. Schnell waren zwei Pferde gesattelt und sie ritten in einem flotten Trab davon. „Hat es einen Grund, dass du diese beiden Monster gewählt hast“, wollte Justin in der Zeit wissen, in der sie ritten. Moritz hatte nicht zwei der leichten, wendigen Elbenpferde gewählt, wie Justin eigentlich gedacht hatte, sondern zwei große, schwere Hengste, die alles andere als wendig waren, die seiner Ansicht nach eher für Feldarbeit taugten, den für einen flotten Ritt. Dennoch waren die beiden erstaunlich schnell. „Natürlich. Was die Ausbildung meiner Schützlinge anbelangt mache ich nie etwas grundlos, Justin. Sie sind vielleicht nicht so wendig wie die Elbenpferde, vielleicht auch nicht so schnell, aber dafür sind sie um einiges stärker und es ist schwerer, sie aus der Ruhe zu bringen. So vorteilhaft die Elbenpferde bei der Überbringung von Botschaften, bei Hinterhalten, bei Jagden auch sind, in einer Schlacht haben die Tiere nichts zu suchen. Das einzige Pferd, das dir in einer Schlacht bessere Dienste tut, als diese beiden es könnten, das sind gar keine Pferde, sondern Einhörner. In ihnen vereinen sich die stärken beider Arten, denn sie sind schnell und wendig, aber überaus stark und unerschrocken. Jedoch wirst du kaum ein Einhorn finden, das dich freiwillig in die Schlacht trägt, denn Einhörner verabscheuen den Tod. Es sind Wesen des Lichtes, Wesen des Lebens, sie sind nicht dafür gemacht, anderen Tod und Unheil zu bringen. Aber lass dir eines gesagt sein: Falls du es jemals schaffst, das ein Einhorn dir treu ergeben ist, alles tut, was auch immer du von ihm verlangst, dann hast du nichts mehr auf Erden zu fürchten, nicht einmal den Tod“, erklärte Moritz. „Man sagt, Einhörner können mit ihrem Horn Tote wieder zum Leben erwecken, meinst du das damit?“, erkundigte sich Justin. „Nein, das können sie keineswegs. Sie sind nicht das, was wir aus der Menschenwelt immer denken, das sie sind. Sie gehören ohne Zweifel zu den mächtigsten Geschöpfen die es gibt und einige unserer Legenden sind auch wahr, den mit ihren Hörnern können sie Kranke heilen, sie können Wunden binnen Sekunden schließen lassen, sie können wahre Wunder vollbringen, doch sie können nicht über das Leben bestimmen. Das kann alleine die Herrin. Nein, ich meinte eigentlich, das ein Einhorn, das dir treu ergeben ist, sein eigenes Leben für deines geben wird, sollte es die Situation erfordern. Jedoch nur, wenn du es niemals gezwungen hast, dir treu zu sein. Einhörner darf man nicht zwingen, ebenso wenig, wie man sie einfangen und in einen Käfig sperren darf. Nicht, wenn sie es nicht wollen. Das macht sie wahnsinnig, es lässt ihr Strahlen verblassen und ihre Unsterblichkeit schwinden. Das schrecklichste, das du einem solchen Wesen antun kannst. Und deshalb tue es auch nicht, niemals, egal was die Zukunft auch immer bringen mag“, hielt Moritz seinen nächsten Vortrag. Die restlichen fünf Minuten, die sie dahintrabten, verbrachten sie schweigend, dann jedoch hielt Moritz seinen Hengst an und deutete Justin, abzusitzen. Er selbst warf erst seinen Schild und die Schwerter ins Gras, dann glitt auch er an der Seite des Tieres hinab, nahm ihm Sattel und Zaumzeug ab und legte dieses ebenfalls ins Gras. „Warum tust du das“, fragte der Rotschopf weiter. Er verstand so vieles nicht, was Moritz mit einer solchen Selbstverständlichkeit tat und musste deswegen immer und immer wieder fragen. „Wir werden hiermit eine Weile beschäftigt sein, und warum sollen die Pferde in der Zeit gesattelt und gezäumt irgendwo stehen, wenn sie genauso gut weiden können oder sich im Schatten eines Baumes ausruhen“, war die Antwort. „Weiden? Was sollen sie denn weiden? Hier ist doch überall Schnee“, widersprach der Rotschopf. „Das sind sie gewohnt. Sie finden trotzdem immer etwas zu fressen“, war die Antwort. „Werden sie nicht davon laufen?“, Justin wusste zwar, das Elbenpferde niemals davon liefen, das sie immer kamen, wenn ihr Herr nach ihnen rief, aber diese beiden waren weder Elbenpferde, noch waren sie ihre Herren. „Sie werden nicht davon laufen, nicht vor dir Justin“, meinte Moritz. „Wie meinst du das?“, erkundigte sich der Rotschopf weiter, doch Moritz antwortet nicht mehr auf diese Frage, sondern er deutete Justin, der sein Pferd mittlerweile auch abgezäumt hatte, eines der Schwerter aufzunehmen und den Schild am Arm zu befestigen. Mit einer solchen Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit einer alltäglichen Begebenheit machte er es selbst, und Justin bemühte sich zwar, es ihm nachzumachen, doch der Schild war wahrlich nicht der leichteste und das Schwert konnte er nur mit Mühe überhaupt in der Hand halten. Moritz seufzte tief und viel sagend. „Okay, ich habe das Gefühl, dass das so nicht mehr viel werden kann. Du kannst dein Werkzeug nicht einmal richtig halten“, meinte er. „Werkzeug?!“, keuchte Justin darauf. „Natürlich Werkzeug. Das Werkzeug eines Ritters, eines Schwertkämpfers. Als was hättest du es denn bezeichnet?“, wollte er wissen. „Als Mordinstrumente irgendwelcher Männer, die der Ansicht sind, das sie damit rechenschaftes tun“, war Justins staubtrockene Antwort. Moritz schaute ihn einen Augenblick lang nachdenklich an. „Du hast recht. Es sind Mordinstrumente und jene, die sie benutzen tun es in dem Glauben, das sie etwas Gutes damit tun, was sie eigentlich nicht tun. Aber sie wissen es nicht besser. Das ist ja das Problem eines jeden Volkes. Es gibt immer welche, die so sehr davon überzeugt sind, das sie das Richtige tun, das sie nicht mehr nach rechts und links schauen, das sie nicht mehr sehen, wie viel Leid sie anderen damit antun, mit dem, was sie für richtig halten. Es gibt auch immer welche, die sehr wohl wissen, das es Falsch ist, was sie tun, die es aber trotzdem weiterhin beharrlich tun, weil sie sich nicht trauen, es nicht zu tun. Es gibt wahrscheinlich kein Volk in keiner Welt, das jemals vollkommen ohne Krieg und nur mit dem natürlichen Tod ausgekommen ist. Man gewöhnt sich an dieses Wissen Justin. Mehr noch, irgendwann ist es einem egal, man tut einfach nur alles, um sein eigenes Überleben zu sichern, und eventuell, wenn man nicht ganz so sehr auf sich selbst bezogen ist, dann eben das seiner Liebsten. Es ist egal. Du wirst lernen, mit diesen Mordinstrumenten umzugehen, wie du dieses Können, das du danach haben wirst einsetzt, das ist dann deine Sache, und da werde ich dir nicht rein sprechen“, beendete Moritz seine neuste Ansprache. „Ja, Papi“, knurrte Justin, dem es auf die Nerven ging, dass der schwarze Ritter nicht einfach einmal kurz, schnell und bündig sprechen konnte, sondern immer und immer wieder so weit ausschweifen musste. Anders jedoch, als er erwartet hatte, fragte Moritz nicht, wie er die beiden Worte meinte, er schaute ihn auch nicht fragend an, nicht einmal ein Stirnrunzeln schien Justin ihm entlocken zu wollen, sondern der Blick seines Gegenüber füllte sich mich einem solchen seelischem Schmerz, als hätte Justin mit diesen zwei Worten dem Ritter mehr angetan, als er es mit jeder Waffe gekonnt hätte und dies verwirrte ihn zutiefst. „Lass das Schwert liegen, üben wir erst einmal, wie du dich alleine mit dem Schild verteidigen kannst, denn auch das ist nicht so einfach, wie die meisten denken. Man braucht schnelle Reaktionen und muss auch in etwa erahnen können, wo der Feind als nächstes hinschlägt“, erklärte der Ritter stattdessen. Justin hob langsam den Schild und befestigte ihn an seinem Arm, so gut das irgend möglich war, jedoch war das reich verzierte Kriegeswerkzeug alles andere als leicht, und so musst Justin noch seine zweite Hand dazu nutzen, den Schild überhaupt richtig zu halten. Moritz seufzte tief, als er dies sah, dann jedoch nahm er sein Schwert fester und griff Justin an. Aus reinem Selbsterhaltungsinstinkt heraus überstand Justin die nächste halbe Stunde ohne größere Verletzungen, denn nicht einmal ruckte er den Schild aus Wissen in eine bestimmte Richtung, sondern jedes mal aus reinem Instinkt. Und dennoch hatte er nach dieser ersten Trainingsstunde das Gefühl, das drei voll beladene Lastwagen über ihn dahin gefahren wären. Sein Arm schmerzte, als hätte er ihn über Stunden mit voller Kraft gegen eine Metallstange geschlagen und er war froh, dass er noch die Hand öffnen und schließen konnte. An ein Heben des Unterarms war nicht einmal mehr zu denken. Moritz war definitiv alles andere als zimperlich mit ihm umgegangen. „Wenn du auch schon langsam im Kopf bist, bei so was, dann hast du doch außerordentlich gute Instinkte“, meinte er anerkennend, als er nun da stand und Justin musterte, der sich darum bemühte, den Schild abzulegen, ohne sich dabei unnötigerweise noch mehr Schmerzen zu verursachen. „Ich bin müde, ich mag nicht mehr, mir tut alles weh“, jammerte der Rotschopf. „Tut mir ja leid, Justin, aber ich wollte wissen, wie gut du das hinbekommst. Wenn du jetzt auch irgendwann einmal stark genug sein wirst, den Schild an einem Arm zu halten, dann brauche ich mir keine Sorgen mehr zu machen, ob du durch pure Unfähigkeit im Umgang mit Schildern geköpft wirst. Du darfst dich jetzt eine halbe Stunde ausruhen, dann geht es mit dem Schwert weiter“, beschloss Moritz. Justin schaute ihn entsetzt an. „Wie bitte?!“, kreischte er, „Ich kann meinen Arm kaum bewegen und dann soll ich mit diesem Monster eines Schwertes weiter machen?!“ „Ganz genau“, antwortete Moritz mit einem Grinsen. Dann wurde er aber wieder ernst. „du hast instinktiv die richtige Seite für den Schild ausgesucht, ein Rechtshänder trägt das Schwert in der rechten Hand und den Schild am linken Arm, also wirst du gleich nur die Rechte brauchen“, meinte Moritz. „Das mag ja so sein, aber ich kann nicht mehr! Moritz, ich bin fix und fertig, wollen wir nicht morgen weiter machen? Ich fühle mich, als hätte mich ein verrückter Zugfahrer mit seiner Lok überrollte!“, jammerte Justin. „Darauf wird dein Feind auch keine Rücksicht nehmen, das garantiere ich dir, also gewöhne dich daran. Sei lieber froh, das ich dir überhaupt die Pause gelassen habe, ich hätte dich auch gleich weiter vornehmen können“, erwiderte der Ritter hart. „Ach, und wegen den paar Minütchen soll ich dir jetzt huldigen und dir auf ewig dankbar sein, oder was?“, erkundigte sich der Rotschopf bissig. „Nein, aber die Idee finde ich nett. Kannst ja gleich damit anfangen“, war die Antwort. „Eigentlich solltest du Sklavenhändler werden, viel besser behandelst du mich auch nicht“, knurrte Justin. „Das mache ich auch noch so nebenher, da verdient man nicht schlecht mit, mein Guter“, konterte Moritz ein weiteres mal. „Warst du zu deinen anderen Schüler genauso fies? Hattest du überhaupt jemals andere Schüler, oder bin ich gerade dein Versuchkaninchen, was das lernen betrifft?“, erkundigte sich Justin, doch bevor der Ritter auch nur an eine Antwort denken konnte fügte er hinzu, „wenn ich das Kaninchen bin, dann lass dir eines gesagt sein, als Lehrer bist du eine Niete.“ Moritz lachte kurz auf und antwortete dann: „Zu dir bin ich noch freundlich, mein Guter, weil du noch von größter Wichtigkeit sein wirst, in dieser Geschichte des Lebens. Ich kann nicht riskieren, dass du jetzt schon, beim Training, stirbst. Meine anderen Schüler hatten es viel schlimmer als du.“ „Noch schlimmer? Was hast du denn mit denen gemacht, ihnen zusätzlich Ketten angelegt, mit schweren Eisenkugeln dran?“, knurrte der Rotschopf. „Nein, das wäre ja zu langweilig. Was ich mit den anderen gemacht habe, das erzähle ich dir ein ander mal. Auf mit dem müden Knochen, es geht weiter“, meinte der schwarze Ritter und nahm nun seinerseits den Schild und befestigte ihn an seinem linken Arm. Justin stand mühsam auf und versuchte, das Schwert aufzuheben, doch mit einer Hand schaffte er es kaum vom Boden hoch, und die zweite Hand konnte er immer noch nicht richtig nutzen. „Justin simulieren bringt bei mir nichts“, mahnte Moritz. „Ich simuliere nicht, ich kriege das Schwert wirklich nicht hoch“, knurrte Justin und der Ritter runzelte viel sagend die Stirn. „Es geht echt nicht“, knurrte Justin, „mit deinen Hieben hast dazu es geschafft, meinen Arm zu lähmen.“ „Justin“, sagte Moritz mit einem tiefen Seufzer, „Justin, ich gehe schon beinahe zu sanft mit dir um, aber wenn du weiter so sehr am jammern bist, dann schmeiße ich meine ganze Freundlichkeit über Bord, und dann werde ich keinerlei Rücksicht mehr auf so etwas nehmen. Tu, was auch immer du meinst, damit dein Arm wieder ordentlich funktioniert. Du hast eine Stunde zeit. Nach dieser Stunde werde ich keinerlei Rücksicht mehr auf dich nehmen, komme was wolle.“ Mit wütendem blitzen in den blauen Augen drehte sich der Ritter um und stürmte davon. Justin schaute ihm noch einen Augenblick lang nach. Moritz hatte mit seinem Worten im Prinzip nur eines ausgedrückt, viel ihm auf, und das gefiel Justin ganz und gar nicht. Alles was der Ritter gesagt hatte drückte nur eines aus, und zwar, das er den Rotschopf für einen Jammerlappen hielt, für eine Memme, ein kleines Kind, das schon heulte, lange bevor die Wespe auf seinem Knie zu stach, lange bevor der Arzt seine Spritze rausholte. Und das machte ihn wütend. er hatte eigentlich vorgehabt, so lange zu jammern, bis Moritz einlenkte und ihn in Ruhe ließ, doch mit diesen wenigen Worten hatte der Ritter es geschafft, Justins Einstellung grundlegend zu ändern. Nun war er fest entschlossen, ihm zu beweisen, dass er nicht war, für das Moritz ihn augenscheinlich hielt. Er trat an das Schwert heran und nahm es am Schaft hoch. Seine Hand und sein Arm taten noch immer zu sehr weh, als das er das Schwert wirklich hochbekommen hätte, aber er probierte es weiter. Erst fünf Minuten, bevor die Stundenfrist vorbei war ließ er das Schwert, das er mittlerweile nicht nur hoch bekam, sondern auch schwingen konnte, endlich ins Gras sinken und ließ sich schwer atmend auf einen Stein nieder. Als Moritz fünf Minuten später wieder auftauchte, hatte sich sein Atem so sehr beruhigt, das nichts mehr von seinem eignen Training kündete. Wortlos nahm Moritz den Schild und befestigte ihn an seinen Arm und deutet Justin, das Schwert zu nehmen. Der stand auf, trat an die Waffe heran, hob es hoch und schwang es mit solcher Kraft und solchem Geschick, das Moritz vor verblüffen zurückwankte, als der Schild und das Schwert aufeinander prallten. „Vor einer Stunde konntest du die Waffe nicht einmal anheben, und nun das…“, knurrte er, dabei blitze aber kein Zorn in seinen Augen, wie es bei vielen anderen Männern der Fall gewesen wäre, sondern der Stolz. Justin verstand nicht, wieso, aber es machte für ihn keinen Unterschied, für ihn war in diesem Augenblick nur wichtig, das er den schwarzen Ritter gezeigt hat, das er kein Schwächling war. „Okay, ich danke, das soll es für heute gewesene sein“, fand Moritz während Justin schon dabei war, sich innerlich auf den nächsten Angriff vorzubereiten. „Hä? Wieso das den?“, wollte Justin verwundert wissen. „Warum nicht?“, brummte Moritz. „Weil du mich vorhin total fertig gemacht hast, weil du unbedingt weitermachen wolltest, aber ich nicht!“, machte Justin den Mann drauf aufmerksam. „Ja, das war vor einer Stunde“, meinte Moritz. „Trotzdem!“, meckerte Justin, „Du kannst nicht einfach im Minutentakt deine Meinung ändern!“ „Natürlich kann ich. Justin, ich kann nahezu alles. Ich soll es nur nicht. Zumindest nicht, wenn es nach dir geht“, antwortete Moritz und blitze Justin dabei belustet an. Der war allerdings sauer. Er hatte sich eine Stunde lang gequält, nur um dieses dämliche Schwert hochzuheben, und dann kam der Kerl einfach so, von wegen, lass uns mal Schluss machen. „Ich verkneife mir jetzt einfach mal das, was ich sagen will“, knurrte Justin, schmiss das Schwert zu Boden und ging zu seinem Pferd. Schnell war das Tier gesattelt. Er kletterte hinauf und lies das Tier dann los galoppieren. Was Moritz hinter ihm mit dem anderem Pferd und den Schilden und Schwertern tat, das wusste er nicht, und es interessierte ihn auch nicht. Binnen kurzer Zeit war er wieder in der Elbenfeste. Er zäumte seinen Hengst ab, brachte ihn in den Stall und verschwand dann in sein Zimmer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)