Bora, Stein der Winde von Scarla ================================================================================ Kapitel 43: Bei Timo -------------------- Timo klingelte an der Haustür und grinste dabei Shadow unsicher an. „Ich würde euch beide ja ganz gerne galant hereingeleiten, aber leider habe ich keinen Schlüssel mit“, erklärte er. „Und wie willst du dann überhaupt herein kommen? Bis einer deiner Familie hier auftaucht kann doch noch eine ganze Weile vergehen“, bemerkte Shadow dazu. „Deswegen habe ich ja auch geklingelt, meine Liebe“, antwortete der Schwarzhaarige mit einem nachsichtigen lächeln. „Du hast was? Erklär das mal, was heißt denn klingeln?“, wollte Moon wissen, die in ihrer Menschengestalt neben den beiden stand. „Na ja, ich drücke den Knopf und dadurch wird ein Mechanismus in gang gesetzt, der dann eine art Glocke betätigt und das ergibt einen Ton. Und den Ton hört man im ganzen Haus. So wissen wir, ob jemand zu besuch kommt, versteht ihr?“ Moon nickte, doch Shadow legte fragend den Kopf schief. „Du verstehst es nicht, nicht wahr?“, fragte Timo seufzend. „Nein, nicht so ganz“, bestätigte Shadow, „was soll denn ein Mechanmus sein?“ „Mechanismus. Na ja, wenn du eine Falle stellst, dann stellst du die doch so, das erst etwas ganz bestimmtes passieren muss, damit die Falle zuschnappt, stimmt’s? Und na ja, das ist eben ein Mechanismus“, erklärte Timo. „Ach so. Okay, dann habe ich es jetzt verstanden“, nickte Shadow. Timo nickte auch, jedoch eher gelangweilt und ließ die Klingel noch einmal schrillen. „Ja, ja, ich komme ja schon!“, rief die Stimme seiner Schwester Marie aus dem Haus und einige Sekunden später riss sie die Tür auf. Einen Augenblick lang starrte sie ungläubig auf Timo, dann viel sie ihm mit einem Schrei um den Hals. „Timo! Da bist du ja wieder!“, rief sie schlurzend. „Ja, da bin ich wieder, Marie, und wenn du so weitermachst, dann bin ich aber nicht mehr lange da, weil du auf dem besten Weg bist, mich zu erwürgen!“, japste Timo, doch Marie ließ ihn erst eine ganze Weile später wieder los. „Wo warst du denn schon wieder?“, fragte sie dann traurig. „Dort, wo ich auch das letzte mal war, sind Mama und Papa da?“, wollte er seinerseits wissen. „Nein, die sind nicht da, sie sind heute Nachmittag in die Stadt gefahren, werden aber wohl bald wiederkommen“, antwortete Marie. „Gut, ich hatte schon befürchtet, sie seien da“, atmete Timo erleichtert auf, wandte sich dann Shadow und Moon zu, „kommt rein.“ Die beiden schauten sich fragend und neugierig um, als sie in das Haus traten. Timo lotste sie alle in das Wohnzimmer und drückte einen nach den anderen auf das Sofa nieder. „Okay, Marie, ich werde dir jetzt erzählen, was los ist. Bitte unterbrich mich nicht, und tu nicht so, als wäre ich nicht ganz richtig im Kopf, ich weiß selber, wie sich die Geschichte anhört, aber ich werde sie dir im nachhinein beweisen. Ist das okay?“, fragte er. Marie nickte verwirrt und Timo begann zu erzählen, er ließ nichts aus, ging jedoch auch nirgends ins Detail, sodass er nach kaum einer Stunde fertig war. Maries Augen begannen dabei immer und immer mehr zu glänzen und als Timo von Shadow oder Moon erzählte, da strahlte sie die beiden an, wie ein kleines Kind, das sich schon immer einen Hund wünschte und da saß er nun, unterm Weihnachtsbaum. „So und das ist die ganze Geschichte. Nun sind wir hier, um die Phönixe zu finden, und wenn wir das geschafft haben, dann werden wir die letzten beiden Aufgaben in Angriff nehmen“, endete Timo. „Das…“, Marie suchte sichtlich nach Worten und strahlte die drei sowohl ungläubig als auch voll Freude an, „die Geschichte ist der Oberhammer! Und wenn sie, wie du sagst, vollkommen wahr ist, dann…“ „Genau, ich wollte es dir ja noch beweisen. Na ja, genauso genommen kann ich selbst es weniger, da ich meine Verwandlungen nicht kontrollieren kann. Aber Moon, und Shadow, könnte einer von euch beiden das bitte übernehmen?“, bat er. Moon nickte, stand auf und schloss die Augen. Sie konzentrierte sich und langsam aber beständig verwandelte sich ihr Körper von dem eines Menschen in den eines Wanderfalken. Während sie immer und immer kleiner wurde, wurden Maries Augen immer und immer größer, sodass Timo bald Angst bekam, sie könnten ihr herausfallen, denn noch nie hat er gesehen, dass ein Wesen die Augen so weit aufgerissen hatte. „Das ist ja…“, flüsterte Marie ungläubig. „Ich denke, spätestens jetzt glaubst du mir, oder?“, fragte er und Marie nickte wie betäubt. „Oh ja, spätestens jetzt würde jeder dir glauben…“, meinte sie wie in Trance, dann schien sie zu erwachen und schaute Timo wieder fragend an. „Und sie ist tatsächlich deine richtige Mutter? Und, und kannst du dich auch so verwandeln?“ „Ja, ist sie, aber ob ich mich auch verwandeln kann, das weiß ich nicht, ich habe es nie versucht“, meinte Timo. „Kannst du. Kannst sicher, denn wir sind vom selben Blut und jeder Chito hat diese Fähigkeit. Du auch, du musst sie haben“, mischte sich Shadow ein. Timo nickte: „Ja, mag sein, aber ich habe es nie versucht und ich bezweifle auch stark, das ich es einfach so könnte. Ich habe über meine Verwandlungen keinerlei Kontrolle, die hatte ich noch nie. Vielleicht lerne ich sie irgendwann… ist ja auch egal.“ „Das ist gewiss voll toll, sich in ein Tier zu verwandeln. Und dann kann man vielleicht auch fliegen!“, ereiferte sich Marie, „Fliegen kann unsereins auch ohne, das wir uns extra in ein Vogel verwandeln, und schwimmen können wir selbst dann nicht, wenn wir zu Fischen werden. Chito sind Geschöpf der Winde, wir haben uns erst in tausenden Jahren so entwickelt, das wir auch auf Erden laufen können, aber dennoch ist unser Reich das Reich der Winde“, erklärte Shadow. Marie nickte. In dem Moment hörten sie einen Schlüssel im Schloss und wie die Tür aufging. Timo machte ein Gesicht, als hätte er Zahnschmerzen, den er hatte Angst vor der Reaktion seiner Eltern auf Moon. Und wie sie reagieren mögen, wenn sie seine Geschichte hörten, den er musste sie ihnen irgendwann einmal erzählen und hier und jetzt hatte er wenigstens die Möglichkeit, Shadow oder seine Mutter darum zu bitten, auch gleich den Beweis zu liefern. Er stand auf und trat einen Schritt in Richtung Flur, als Tina, seine Ziehmutter eher zufällig ins Wohnzimmer schaute, während sie sich mit ihrem Mann über etwas unterhielt, was Timo nicht interessierte, weswegen er auch nicht zuhörte. „Hallo“, machte er und hob zum Gruß leicht die Hand. Tina stockte in der Bewegung und starrte Timo an, als würde ein Geist vor ihr stehen, und nicht ihr Ziehsohn. „Timo…“, murmelte sie, dann ging sie die paar Schritte hin zu dem Jungen und schloss ihn so fest in die Arme, das Timo keine Luft mehr bekam und schon dachte, er müsse ersticken, als Tina ihn endlich losließ. Steffan, der still dazu getreten war, stand auch jetzt vollkommen reglos da und schaute Timo an, mit einer solchen Erleichterung in seinem Blick, wie Timo sie nie zuvor in den Augen eines Menschen gesehen hatte. „Ich will euch etwas erzählen“, sagte Timo dann. „Du bist doch gerade erst angekommen, wir haben dich doch kaum richtig begrüßen können!“, protestierte Steffan. „Ja, das stimmt zwar, aber ich werde auch nicht lange bleiben und ich will euch erklären, was los ist, warum ich immer und immer wieder für so lange Zeit weg muss, wo ich in dieser Zeit bin, und warum ich jetzt hier bin und Shadow und Moon mitgebracht habe und… nun, meine Geschichte wird einfach alles erklären, und ich werde sie auch beweisen können. Ich weiß jetzt schon, das ihr mir nicht glauben werdet, aber wartet ab…“, erklärte Timo, setzte sich dann wieder neben Shadow und deutete seien Zieheltern, sich ebenfalls zu setzen und ihm einfach nur zuzuhören. Zum zweiten mal erzählte er die Geschichte, diesmal ein wenig ausführlicher und als er fertig war, gab er seinen Zieheltern keinerlei Chance, auf irgendeine Weise zu reagieren, sondern deutete seiner Mutter, sich wieder zurückverwandeln. Während sie das tat, stand er auf und ging, denn er wusste, dass seine Mutter und seine Zieheltern wohl lieber alleine miteinander sprechen würden. Nach kurzem Zögern folgten ihm Shadow und Marie. „Ich finde es schade, das du bald wieder gehst…“, meinte Marie als sie in Timos Zimmer saßen, das genauso aussah, wie er es vor einigen Monaten verlassen hatte. „Ja… und nein… Marie, verschwinde bitte, ich habe jetzt keine Lust, zu reden“, brummte Timo als er sich auf sein Bett fallen ließ. Seine Schwester schaute ihn einen Augenblick lang fragend an, dann nickte sie und ging. Shadow, die sich auf seinen Schreibtischstuhl gesetzt hatte, schaute ihr nachdenklich nach. „Shadow?“, Timo schaute das Mädchen mit einem leichten, kaum sichtbaren Lächeln an, „komm her…“ Die Chito schaute nachdenklich zu Timo, dann wieder zur Tür und noch einmal zu Timo, dann lächelte sie, nickte und kuschelte sich Timos Arme… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)