Tales of Symphonia: Lyrical Requiem von CruxisLyrica ================================================================================ Der Tempel im Blutbad --------------------- „Lyra!“ „Urgh…“ Müde wälzte Lyra sich zur Seite und verdeckte ihren Kopf mit der Decke. Bei Martel, wer weckte sie hier so früh? „Ly~ra!“ Irgendwie hörte sich das nicht nach Dirk an. Wer…? „Lighting!“ Immerhin musste man Genius zugestehen, dass er seinen Zauber ganz schwach einsetzte. Es war nicht mehr als ein leichter Blitz, ein kleines Fünkchen! „AAHHH!“ Und dennoch saß Lyra nun kerzengerade in ihrem Bett. Gelegentlich zuckte ein Arm und die Haare standen ihr zu Berge. „Genius, was sollte das?!“ „Collet! D-das Orakel, es…!“ Genius musste in Ruhe durchatmen, um sich wieder zu fassen. „Das Orakel ist vor Sonnenaufgang erschienen!“ Vor Sonnenaufgang? Lyra blickte aus dem Fenster. Schätzungsweise war es nun zwischen acht und zehn Uhr. „Und wo ist Collet jetzt?“ „… weg.“ „WAS?!“ „Hm?“ Ein wenig schläfrig blickte Dirk an die Decke des Erdgeschoss. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass Lyra nun aufgewacht war. „ARGH! Wie konnte das passieren?!“ Innerhalb einer Bewegung und weniger Sekunden sprang Lyra aus dem Bett, suchte ihre Klamotten zusammen und kämmte, während sie die Stufen ins Erdgeschoss stürmte, ihre Haare. Genius hinkte hinterher und versuchte ihr die Situation zu erklären: „Collet sollte auf die Priester des Tempels warten, während Phaidra-sama und Onee-san die Zeremonie im Tempel vorbereiten. Doch Collet wurde nie abgeholt.“ „Oyaji, meine Schwerter!“ Lyra hatte schon überall gesucht, doch sie konnte ihre Zwillingsschwerter nirgends finden. Und das gerade jetzt! Dabei war sie sich sicher, sie gestern in ihrem Zimmer abgelegt zu haben. „Collet… machte sich alleine auf dem Weg.“ Der Schlusssatz von Genius’ Erklärung, denn den Rest konnte man sich selbst denken. Genius, der bei Collets Vater Frank über die Situation aufgeklärt wurde, eilte danach so schnell ihm seine Füße trugen zu Lyra, um sie zu holen. „Aye, aye. Hier deine Schwerter, Lyra.“ Dirk überreichte seiner Tochter sein neustes Werk. Er hatte die nächtlichen Stunden genutzt und ihre Schwerter überarbeitet. Ihre Klingen waren nun schärfer denn je. Die polierten Schneiden spiegelten kristallklar die roten Augen des Mädchens wider. Augen, die Verzweiflung und Sorge ausstrahlten. „Dann los!“ Lyra schnappte Genius am Handgelenk und zog ihn mit sich. Ohne Rücksicht riss sie die Eingangstür auf und wandte sich im Laufschritt zum Stall. „Noishe!“ Der Hund erkannte den Ton seiner Besitzerin und eilte zur Stelle. Irgendetwas musste passiert sein, so viel war er sich sicher. „Treffpunkt vor Iselia. Dann weiter zum Tempel von Martel.“ Eine knappe Anweisung und Hund und Frauchen samt Anhang machten sich in unterschiedliche Richtungen auf. „Warum… läuft Noishe nicht… durch den Wald?“, fragte Genius keuchend. „Die Monster. Er hat noch immer Angst vor ihnen.“ „Und wie…“ „Frag nicht. Ich weiß es selbst nicht.“ In all der Eile ließ Lyra keine Abkürzung im Wald aus. Selbst als sie der Menschenfarm beachtlich nahe waren stoppte sie nicht für einen Umweg. Bei Martel, es gab nun Wichtigeres! „Da!“ Wie geplant wartete Noishe nahe des Waldrandes auf die beiden Jugendlichen. Sie sprangen auf den Rücken des Tieres und auf vier Pfoten ging es nun in Windeseile zum eigentlichem Ziel: dem Tempel! „Warum ist es im Dorf so still?“ Oh, wie hatte Genius gehofft, dass Lyra die Frage nicht stellen würde. Schuldig blickte der junge Elf zur Seite, wagte kaum die Antwort auszusprechen. „D-Desians sind durchmarschiert.“ „… Das ist ein Albtraum. Ein bei der Göttin verdammter ALBTRAUM!“ Immer mehr Wut und Verzweiflung sammelte sich in Lyra an. Wie konnte innerhalb so kurzer Zeit so viel schief gehen? Der Tag des Orakels wurde schon seit Wochen, nein seit Monaten geplant! Und überhaupt! „Wir haben doch einen Nichtangriffspakt! Verdammte Desians! Verdammte Halbelfen!“ Genius zuckte zusammen und musste heftig schlucken. Ja, eigentlich bestand noch der Pakt. Wenn nicht… „Halbelfen… ob alle so sind?“, flüsterte er gegen den Wind. Seine Frage erreichte Lyras Ohren nie. „Wo ist die Auserwählte?!“ Tapfer hielt Phaidra-sama die Stellung am Tempeleingang. Selbst als ein Trupp von Desians mit ihrem Anführer – ein stämmiger Halbelf und mindestens zwei Köpfe größer als der Durchschnitt – sich der alten Priesterin entgegenstellten, ließ sie nicht locker. Keiner von ihnen durfte den Tempel betreten. Oh, Martel! Lass Collet – wo auch immer sie nun war – in Sicherheit sein. „Ich wiederhole mich nicht noch einmal.“ Botta, besagter Anführer, schritt vor. „Wo ist die Auserwählte?“ „Ich bin hier.“ Klong Vor Schreck und Entsetzen fiel Phaidras Gehstock um und durchbohrte die plötzliche Stille. Hämisch lachend drehten sich die Soldaten um. Tatsächlich, da stand die Auserwählte von Sylvarant. Collet Brunel, bewaffnet mit ihren beiden Chakrams, bereit zu Kämpfen und in ihr Verderben zu laufen. „Tötet sie.“ Ein einfacher Befehl und doch erfüllte er die Soldaten mit Freude. „Kyaaaaah!“ Ein markerschütternder Schrei ertönte in der Luft. Ein kalter Schauer glitt über den Rücken von Lyra und Genius. „COLLET! Bei den letzten Metern vor den Tempelstufen sprang Lyra von Noishe und lief voraus. „Genius, halte dich im Hintergrund! Sie dürfen dich noch nicht bemerken!“ „Verstanden!“ Schwer atmend lag Collet am Boden. Ihre Kleidung war vollkommen verdreckt von der Erde um den Tempel und ihr linker Ärmel verfärbte sich blutrot. Ihre Chakrams hatte sie schon vor wenigen Momenten verloren. „Collet!“ Botta hielt Phaidra-sama auf, bevor sie handeln konnte. Angeschlagen fiel sie auf ihre Knie und hielt sich den schmerzenden Magen. Konnte sie… konnte sie wirklich nur zusehen, wie die Auserwählte – ihre eigene Enkelin – vor ihren Augen starb? „Fahrt. zur. Hölle!“ Zwei Schwertklingen blitzten auf und ehe sich der einzige Speerträger der Desians versah, durchbohrten die Klingen seinen Körper. Blut spritze in alle Richtungen und beschmutzte Lyras Hände. Mit einem Ruck zog sie ihre Schwerter aus dem leblosen Körper des Desians und warf den restlichen Feinden einen Blick des Todes zu. „Wer…?“ Botta war ganz und gar nicht über die plötzliche Besucherin erfreut. „Sie hat einen Exphere!“ Einer der beiden restlichen Soldaten zeigte zu ihrer rechten Hand. Ein blauer Stein, umgeben von einer goldenen Fassung, zierte den Handrücken des Mädchens. Ohne diesen Stein hätte Lyra nur einen Bruchteil ihrer Kräfte. Expheres. Ihre Herkunft war unbekannt. Sie vervielfachten die eigene Kraft immens. Jedoch musste ein Exphere mit einer speziellen Schutzfassung angelegt werden, da der Stein dem Träger sonst Schaden zufügte. Er würde seinem Träger Energie entziehen, ihn krank machen und letztendlich den Tod bringen. Expheres ohne eine Schutzfassung durften auch nicht ‚einfach so’ wieder entfernt werden. Der Fluss des körpereigenen Manas wäre überfordert und vollkommen unkontrolliert. Eine Katastrophe seinesgleichen würde geschehen. „Kümmert euch zuerst um den Störenfried und bringt danch die Auserwählte um!“ „Jawohl Sir!“ Ein verzweifelter Akt seitens der Halbelfen. „Grave!“ Eine Stimme aus dem Nirgendwo. Plötzlich erbebte unter Desian-Fußsoldat Nummer zwei die Erde. Erdbrocken schossen hervor und zwangen ihn zu Boden. „Demon Fang!“ Lyra gab dem angeschlagenen Soldaten mit ihrem Demon Fang – eine Energieladung, die den Boden bis zum Gegner entlang glitt – den Rest. Jetzt war es nur mehr ein Kämpfer übrig – oh, und wie diesem die Angst im Gesicht geschrieben stand! „Collet!“ Genius nutzte die Deckung, die ihnen Lyra gab, und eilte zu seiner Freundin. Zum ersten Mal verfluchte er seine Magie, die rein auf Angriffszauber spezialisiert war und niemanden heilen konnte. „Es geht schon. Mir geht es gut, keine Sorge.“ Collet lächelte den jüngeren Elfen an und setzte sich auf. Ihre Hand drückte sie immer noch gegen die Wunde des verletzten Arms um die Blutung zu stillen. „Nichts ist mir dir in Ordnung…“ Genius’ Flüstern ging im Schrei des Soldaten unter, der schwer verletzt zu Boden sank. Wenige Atemzüge gewährte ihm sein angeschlagener Körper, ehe der letzte Hauch von Leben ihn verließ. Entschlossen blickten alle drei – Lyra, Genius und Collet – zu Botta. Schweißtropfen bildeten sich auf seiner Stirn und wütend knurrte er. Der Halbelf trug keine Waffe mit sich wodurch die drei Freunde schon glaubten, gewonnen zu haben. Doch ein letztes Ass hatte der Halbelf noch im Ärmel. „Ihr habt noch lange nicht gewonnen!“ Woher sein so genanntes Ass kam, konnte sich keiner erklären. Viel zu entsetzt waren die drei, als dass diese Frage ihre Gedanken gekreuzt hätte. Botta hatte noch einen Kämpfer bei sich, der furchterregender und stärker war als die drei vorherigen Soldaten zusammen. Er wirkte einen ganzen Kopf größer als der Anführer und sein massiver Körper war nur so von Muskeln übersät. Ohne ein Zeichen von gewaltiger Anstrengung schwang er seinen Morgenstern, der gemäß seinem Besitzer eine Spezialanfertigung in Übergröße war, durch die Luft. Ein Hauch von einem Schlag dieser Waffe würde ausreichen, und die befestigte Eisenkugel mit dornigen Stacheln würde einem den Leib zerschmettern. Als Reservewaffe trug er ein Schwert so groß wie Collet selbst am Rücken. In ihrer Abwehrstellung stand Lyra schützend vor dem Monstrum und ihren Freunden. Ein Triumph über diesen Gegner war von allen Seiten aus betrachtet so gut wie unmöglich. Aber war es ihnen möglich, einfach so zu fliehen? Erstens konnten sie Phaidra-sama nicht ihrem Schicksal überlassen und zweitens wartete das Orakel! Collet musste es heute, wenn nicht sogar sehr bald in den nächsten Stunden, empfangen. Andernfalls würde sie nicht als Auserwählte anerkannt werden und die Welterneuerung rückte in weite Ferne. „Lyra!“ Collet stand nun wieder auf ihren Beinen. Genius befand sich schützend an ihrer Seite, sein Kendama fest umschlossen. Er merkte, wie die Angst seinen Körper durchströmte. „Bleib in Deckung, Collet. Du bist geschwächt!“ Ein verzweifelter Versuch, wie eine Heldin zu wirken? Nichtsdestoweniger durfte Lyra das Mädchen nicht in den Kampf schicken. Sie war schon verletzt und hatte genug durchgestanden. „Nicht dafür.“ In jenem Moment wurde Lyra endlich klar, worauf Collet hinauswollte. Es war eine Möglichkeit. Vielleicht sogar die Letzte, die sie hatten. „Okay.“ Die Zwillingsschwertträgerin ließ eine ihrer Klingen zurück in die Schwertscheide gleiten. Die Griffe ihrer Schneiden waren nicht dafür gedacht, mit zwei Händen umfasst zu werden. Doch das würde sich sehr bald ändern… Collet löste ihre Hand – sie hatte sich bereits blutrot eingefärbt – von der Wunde und umschloss ihre andere Hand. Beide Mädchen konzentrierten ihr Mana und versuchten, in Einklang zu kommen. Auch Menschen können ihr Mana begrenzt für ‚Zauber’ einsetzen. Manchen war es möglichen, einen Heilzauber zu erlernen. Viele menschliche Kämpfer nutzten ihr Mana jedoch, um sich ganz besondere Fähigkeiten anzueignen. Meist in Verbundenheit mit einer Verstärkung ihrer Waffe. Vereinzelnd war es auch möglich, sein Mana mit dem einer anderen Person zu kombinieren und gemeinsam eine noch stärkere Attacke auszuführen. In Unisono. Lyras Schwert leuchtete auf und begann seine Form zu verändern. Die einstige Klinge wurde nun zu einem langen und gelben Stiel, dessen Ende nun ein quietschroter Hammerkopf zierte. Die Waffe erinnert nun stark an eine XXL Version von Collets Pow Hammer. Eine Attacke, wodurch das Mädchen einen kleinen, spielzeugähnlichen Hammer heraufbeschwört und auf den Gegner fallen ließ. Belustigt beobachtete das Muskelpaket die Situation. Wie niedlich, dass sie ihm mit einen solchen Hammer schlagen wollten! „Hmpf.“ Das Mana hatte sich verfestigt und der erschaffene Hammer war zu 100% einsatzbereit. Trotz seiner Größe fühlte sich die Waffe federleicht an. Lyra nutzte die offene Haltung ihres Gegners – und ohne es zu wissen auch seinen Leichtsinn – und stürmte auf ihn los. „Sword…“ „…Hammer!“ Die flinke Kämpferin landete einen Volltreffer. Mit all ihrer Macht schlug sie auf dem Kopf ihres Feindes ein. Sie spürte den ungeheuren Druck der Kräfte, die hier aufeinander prallten. Unzählige Schwingungen hallten in ihren Gelenken wider, ließen ihre Arme erzittern und die Konzentration schwinden. Der Hammer verwandelte sich wieder in das gewohnte Schwert zurück. Lyra sprang einige Meter rückwärts auf Sicherheitsabstand und ließ dabei ihren Gegner nie aus den Augen. Seit dem Schlag hatte er sich keinen Millimeter mehr gerührt. Hatten sie womöglich… gewonnen? „Kahahahaha!“ Er lachte. Nachdem er mit aller Kraft, die die beiden Mädchen noch hatten, eine über den Kopf gezogen bekam, konnte er immer noch lachen. Dieser ‚Schlag mit dem Hammer’ hatte ihm nur eine kleine Platzwunder auf die Stirn gezaubert. Mehr nicht. „Verdammte-kyaa!“ Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit, die man diesem Kraftbolzen nicht zutrauen würde, schwang er seinen Morgenstern und attackierte Lyra. Sie schaffte es halbherzig mit einem Schwert die gefährliche Kugel abzublocken, doch der Rückschlag warf sie zu Boden. „Wind Blade!“ Ein scharfer Wind fügte dem Riesen mehrere Schnitte zu. Ein wenig Blut entkam aus den Wunden, doch war nicht weiter sichtbar. Genius Versuch blieb ein Tropfen auf dem heißen Stein. Es war das Ende von allen drein. „Aus dem Weg!“ Keiner der drei Gefährten konnte wahrnehmen, wer nun das Kampffeld betrat. Das gänsehauterregende Geräusch einer Metallklinge, die einen Körper entzweit, erfüllte die Luft. Unschuldige Augen wandten sich dem Bild des Grauens ab, das sich ihnen erbot. Der Körper des Halbelfs war sorgfältig geteilt und badete in seinem eigenen Blut. Allen voran stand ein Schwertkämpfer, geprägt von seiner Erfahrung und gewachsen an seinen Reisen, mit seinem Schwert in der Hand. Immer noch tropfte Blut von der Klinge. Niemand wagte es, seine Augen zu früh zu öffnen. Selbst als Phaidra-samas erleichterter Seufzer zu hören war, wollte niemand seine Augen wieder der Realität widmen. Sie wollten nicht, auch wenn sie mussten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)