Funeral of Dreams von PenAmour (...in the Distance the Tyrant's calling) ================================================================================ Kapitel 7: Richters Henker -------------------------- + If I was young, I'd flee this town I'd bury my dreams underground as did I, we drink to die, we drink tonight. (Beirut – Elephant Gun) + Das Messer schnitt durch die Luft wie durch Butter und er konnte der Klinge im letzten Augenblick ausweichen, bevor er den Lauf der Howa instinktiv gegen den Schädel seines Angreifers presste. Blonde Haarsträhnen zwirbelten sich um das Metall des Gewährlaufs und kristallene Augen blitzten in der Dunkelheit des Ganges auf. Sein Gegenüber ließ die Klinge zurück in die Scheide gleiten und ein kühles Lächeln umspielte seine Lippen. „Taichi Yagami, was für eine Freude dich noch lebend anzutreffen“, flüsterte er süffisant und verschränkte die Arme vor der Brust. Er sog die Luft hörbar ein und versuchte das Adrenalin zu ignorieren, welches wie ein Wurfgeschoss durch seinen Körper rauschte. „Wallace, lang ist’s her…“, antwortete er schließlich, während Ken sich neben ihm aufbaute und sich eine rabenschwarze Haarsträhne aus dem Gesicht strich. „Was führt dich an einen Ort von so geringem Interesse“, stichelte der junge Mann ohne seine Eisaugen von ihm abzuwenden oder den Weg freizugeben. Unruhig wanderte Kens Blick von ihm zu Wallace und wieder zurück, seine Unterlippe zuckte, doch er kam ihm zuvor: „Nichts, was für dich von besonderer Wichtigkeit wäre, Wallace.“ Er ließ seine Fingerknöchel knacken. „Außer deine Prioritäten sollten sich mittlerweile geändert haben, und du hast das Bedürfnis irgendetwas zu diesem Kampf beizutragen…“ „Auf keinen Fall“, knurrte Wallace und ließ ihn endlich passieren. Er trug eine Armeeweste und die Absätze der Springerstiefel krachten dumpf auf den Stein, während er ihn mit hochgezogenen Schultern durch den Gang führte. „Es muss wohl einiges bei euch los sein, wenn ihr urplötzlich alle aus euren Löchern kriecht“, hörte er Wallace, während sich eine automatische Tür aufschob und das in den Fels eingearbeitete Metal zum Vorschein kam. „Fehlt nur noch der gute Michael, dann könnt ihr so ein schnuckeliges Gipfeltreffen abhalten…“ Zwei Gottsumon bauten sich vor ihnen auf und musterten sie prüfend mit ihren giftgelben Augen, die im felsigen Gesicht der Steindigimon aufblitzen, von ihrem fröhlichen Naturell war kaum etwas zu erkennen. Er nickte ihnen zu und sie ließen ihn passieren, als sie ihn erkannten. „Was führt dich eigentlich hierher, Wallace?“, fragte er mit gedehnter Stimme und beobachtete den jungen Mann haargenau. Sein Gesicht versteinerte sich, wie das der Gottsumon und sein Adamsapfel wippte, zu seiner persönlichen Genugtuung, unruhig auf und ab, bis er sich mit gespielt desinteressierter Miene stellte: „Ach weißt du Taichi, ich bevorzuge es, meine Versprechen auch einzuhalten…“ „Also jagst du immer noch Hirngespinsten hinterher?“ Doch bevor Wallace auf seine Provokation eingehen konnte, tauchte ein saurierartiges Wesen vor ihnen auf. Die Schnauze des Digimon war weit geöffnet und entblößte eine Reihe von Reißzähnen. „Agumon.“ Sein Herz machte einen Hüpfer und er ging in die Hocke und schloss seinen Partner in die Arme. Die schuppige Haut des Digimons rieb vertraut an seinen Händen und für einen kleinen Moment existierten die Probleme der Welt nicht. Seit die Digimon in ihre Welt zurückgekehrt waren, um dort einen Widerstand zu formieren, hatte er Agumon immer seltener zu Gesicht bekommen. Zu riskant waren Reisen zwischen den Welten, da alle Eingänge bewacht wurden. Daher war das Reisen einer strengen Reglementierung unterworfen, der alle zugestimmt hatten – sogar Wallace. Seine Augen vielen auf Wormon, das mit einem Tränenschleier in den Augen auf Ken zu kroch, während er Patamons Flügelschlagen über seinem Kopf vernahm und auch die anderen Partnerdigimon erschienen. Das Innere der Festung, war anders als es der äußere Anschein vermuten ließe, mit wuchtigen Stahlträgern ausgebaut, blinkende Tastenfelder leuchteten auf und die in Metalloptik eingefassten Schiebetüren öffneten sich leise zischend für die unzähligen Digimon, die ein- und ausgingen und leise flüsterten, als er an ihnen vorbei schritt. Er spürte ihre Blicke auf sich und die Unruhe, die von ihnen ausging, als ahnten sie, dass durch seinen Besuch die Tage des Versteckens gezählt waren. Agumon führte sie an den kleinen Schlafnischen vorbei, die in unterschiedliche Etagen gegliedert waren, um so Konflikte unter den einzelnen Fields zu vermeiden, hin zum Sitzungssaal, wo bereits Wallace Partner Lopmon, die Gefährten Leomon und Elecmon, sowie ein Mädchen mit strahlend blondem Haar, welches ihr über die Schultern fiel, und einem Floramon an seiner Seite, auf sie warteten. In der Mitte des Raumes befand sich ein großer runder Steintisch, einer Tafelrunde gleichend, an dem er schon unzählige Diskussionen geführt und Debatten gehalten hatte. Catherine neigte kurz den Kopf und strich sich eine Locke aus dem porzellanfarbenen Gesicht. Er nickte ihr zu und ließ sich neben Leomon auf einen der gepolsterten Steinhocker nieder. „Ich grüße dich, Taichi Yagami“, brummte das Digimon mit der Löwenmähne förmlich und reichte ihm zur Begrüßung die Pranke, während Agumon zu seiner rechten Platz nahm und Ken sich zu Catherine gesellte und auch die anderen Partnerdigimon sich einfanden. Nur Wallace lehnte sich mit gewohnter Arroganz gegen einen Stahlträger und beobachtete das Geschehen aus einigen Metern Distanz. „Es freut mich, wieder bei euch zu sein“, begann er und warf einen Blick in die Runde. „Ich wünschte mein Besuch hätte einen angenehmeren Beweggrund, aber die Situation erfordert eine rasche Einigung.“ Er durfte keine Zeit verlieren, verriet ihm das D-Trace und erhob sich von seinem Sitz. „Catherine hat euch bei ihrer Ankunft einen Gefangenen mitgebracht. Dieser Gefangene lässt uns zur Vermutung kommen, dass der Kaiser eine neue Experimentreihe eingeleitet hat, bei dem die Probanden keinerlei Schmerzempfinden besitzen und somit zu perfekten Soldaten werden, die ihrem Gebieter treu zur Seite stehen…“ „Das bedeutet also…“, unterbrach Catherine ihn in französischem Akzent. „…dass er nicht mehr die dunkle Seite der Menschen anzapft, sondern Mithilfe dieses neuartigen Saatguts alle menschlichen und tierischen Eigenschaften seines Sklaven abtötet. Wir haben bereits den Probanden in den hiesigen Kellern untergebracht und führen einige Tests durch, um den Ursprung dieser Saat zu ermitteln“, erklärte sie mit versteinerter Miene. Leomon rieb sich grübelnd das fellbesetzte Kinn, seine Augen ruhten auf der Französin, die kerzengerade am Tisch saß. „Das ist natürlich ein Problem für euch Menschen“, begann das Digimon, das er schon so lange kannte und sie bereits vor einigen Gefahren bewahrt hatte. „Und sicherlich sollten wir Digimon euch unterstützen – im Rahmen unserer Möglichkeiten – aber wir können unsere Truppen nicht für euch in einen Krieg ziehen lassen, der unser Todesurteil wäre.“ Er spürte, wie er sich innerlich verkrampfte, doch Agumon kam ihm zuvor. „Wir sitzen doch alle im gleichen Boot, Leomon“, begann das Drachendigimon. „Ohne die Menschen würden wir heute nicht hier sitzen…“ Ein kehliges Kichern drang aus dem Schatten und Wallace trat ins Licht. „Ohne diese Menschen wäre der Kaiser niemals an die Macht gekommen, würd’ ich meinen…“ Seine Augen verfolgten Ken, der vor Schreck erblasste und in sich zusammensank. Wallace schlug lässig die Beine übereinander als er sich auf einen der freien Plätze fallen ließ und mit seiner rechten Hand über den felsigen Tisch strich. Die vier Finger glitten über die Unebenheiten, während der Stumpf seines Zeigefingers unverrichteter Dinge in der Luft hing und anklagend auf Ken deutete. Er war in aller Ruhe aufgestanden und hatte sich vor dem jungen Mann aufgebaut, dessen Arme von Narben übersät waren. Seine Faust traf Wallace am Kinn, während Wallace Hand ins Leere ging. Er drehte ihm den Arm auf den Rücken und ein zischender Schmerzschrei entfuhr den Lippen des Gegners. „Deine Selbstjustiz ist mal wieder bemerkenswert“, ächzte Wallace wütend und versuchte sich aus dem Griff zu befreien, doch er hatte bereits sooft andere festhalten müssen, dass selbst so ein erfahrener Kämpfer wie Wallace ihm nicht entkam. Er presste seine Lippen gegen das Ohr des anderen und flüsterte leise, so dass die anderen es nicht hören konnten: „Sei vorsichtig Wallace. Du stehst auf dieser Welt ganz allein da, nicht mal Lopmon eilt dir zu Hilfe“, er lockerte seinen Griff und setzte ein Geschoss an schmerzenden Worten los. „Ich weiß, was du alles getan hast, wen du auf dem Gewissen hast, also würde ich an deiner Stelle nicht allzu große Töne spucken. Du bist allein, Wallace und mit jedem Tag schwinden deine Chance, weißt du… Erst heute habe ich zwei Galgomon getötet. Der Kaiser setzt sie in letzter Zeit sehr häufig ein… Sie scheinen genau nach seinem Geschmack zu sein… Aber das weißt du ja sicherlich…“ Und mit diesen Worten ließ er von ihm ab. Hass loderte in den eisigen Augen Wallaces auf, der sich wortlos aufrappelte und den Sitzungssaal verließ. Lopmon schaute ihm mit großen dunklen Knopfaugen hinterher und ließ die Schlappohren hängen. „Wie dem auch sei…“, er richtete sich wieder an die Verbliebenen, die das Schauspiel stumm beobachtet hatten. „Ich will einen Blick auf den Gefangenen werfen und zu einer schnellen Einigung kommen. Zwar kann ich euch nicht zwingen, uns zu unterstützen, aber sobald die Menschheit untergeht, dauert es nicht mehr lange, bis auch eure Freiheit Geschichte ist. Unser Schicksal ist miteinander verknüpft.“ Agumon führte sie durch einen schmalen Treppenschacht, der von Feuerfackeln beleuchtet war und an dessen Ende eine wuchtige Eisentür auf sie wartete. „Ihr kennt unsere Verließe sicherlich noch.“ Die Anspannung war zu hören, während Agumon die Wachen mit einem Blick bedachte, woraufhin diese bereitwillig den Weg frei gaben. Laut knarrend öffneten sich die Türen und sie passierten. Hinter den Gitterstäben, von denen er wusste, dass sie elektrisch geladen waren, befanden sich kleine, beengende Nischen, aus denen gierige blutrote Augen sie anstarrten und Schatten mit ihren Ketten raschelten und scharrten. Er ignorierte die Gefangenen und konzentrierte sich auf die wippenden Locken, die vor ihm auf und ab tänzelten und zu Catherine gehörten. Selbstbewusst schritt sie an den Gitterstäben entlang und zielsicher auf eine weitere Tür zu, die sich am Ende des Ganges befand und zur Folterkammer führte. Das dämmrige Licht hüllte den Raum in einen trügerischen Mantel, der sich über die Gerätschaften legte, die von der Decke hingen und an den Wänden angebracht waren. Seine Aufmerksamkeit richtete sich auf die Streckbank, die wie ein steriler Operationstisch wirkte. Eine Hochgewachsene Gestalt verdeckte den Blick und drehte sich zu ihnen um, als sie ihre Schritte vernahm. Die eingefallenen Mandelaugen Masao Shikkounins waren hinter dicken Gläsern einer Hornbrille versteckt, die der Mann auf der Nase trug, und mit denen er geschäftig die piepsenden Monitore musterte, auf denen die Vitalfunktionen angezeigt wurden. „Ich sehe, sie haben sich schon an die Arbeit gemacht, Shikkounin-san“, begrüßte er den Mann und gesellte sich zu ihm an den Tisch. Schweißperlen glitzerten auf der hohen Stirn des Mannes, der mit Gummihandschuhen die Riemen festzog und sich anschließend den weißen Kittel zurecht rückte. „Nun wir haben soweit alles vorbereites“, begann der Mann und fuhr sich über das lichte Haar, „dennoch muss ich meine Zweifel zu diesem Unterfangen zum Ausdruck bringen. Diese Methoden sind aus ethischer Sicht nicht vertretbar und ich als Mediziner…“ „Ich habe sie aber nicht nach ihrer Meinung gefragt, Shikkounin-san“, ging er entschieden dazwischen und der Arzt zuckte erschrocken zusammen. „Wir haben ihnen und ihrem Team unseren Schutz geboten, damit sie uns Ergebnisse liefern. Alles andere überlassen sie bitte mir.“ Empörung kroch über das Gesicht des Mannes, doch er hatte keine Zeit, um das Ego eines Erwachsenen mit Gottkomplexen zu kitten. „Testen sie, ob die Immunität des Probanden auf Schmerzen partiell ist und was diese Schmerzresistenz verursacht. Versuchen sie den Probanden so lange wie möglich am Leben zu halten, wir haben nur diese eine Testperson, um unsere Untersuchung durchzuführen. Sollte er versuchen zu fliehen und die Kerker verlassen, töten sie ihn auf der Stelle. Wir können nicht riskieren, dass er unsere Pläne verrät und uns dem Kaiser ausliefert“, befahl er laut und sah dabei Masao Shikkounin eindringlich an, der sein Team bereits anwies, die nötigen Gerätschaften heranzuschaffen. „Einen Moment bitte!“ Catherine war an den OP-Tisch getreten und schaute auf den Mann der dort festgeschnallt war und mit leerem Blick in ihr Gesicht starrte. Er besaß schulterlanges Haar, dass dem Rostrot von Soras Haaren glich, und sein Gesicht war mit unzähligen Sommersprossen übersät. Kleine Lachfalten waren um seine Augen zu erkennen, die jetzt keinerlei Regung zeigten. Neben Catherine, die so perfekt war, wirkte er schlaksig, während sich seine Hände stumm gegen die Lederriemen pressten, die ihn an den Tisch fesselten, als verspürte er einen inneren Drang, der an ihm nagte, ein stiller Ruf, der ihn lockte. Für ihn war dieser junge Mann nur ein weiterer Sklave mit einer Geschichte, die ihn nicht interessierte, doch Catherine streckte die langen, schmalen Finger aus und strich ihm sanft über die Wange. Er hörte sie leise wispern, verstand die Worte jedoch nicht. Mit einem Ruck trat sie vom Tisch zurück. „Na, machen sie schon ihre Arbeit“, deutete sie Shikkounin-san mit kühler Miene an und machte auf dem Absatz kehrt, während das Skalpell in der Hand des Mediziners aufblitze. Just if you don`t see a future And your dreams are falling down If pain enters new dimensions And you feel like you would drown Take your broken bird and fly Without a certain destination (Ephemere – Hopelessly) ____________ Author’s Note: Neue Woche, neues Kapitel. Wir kehren zurück in die Digiwelt und erfahren nun wer Taichi und Ken dort angreift: Wallace. Und Wallace ist nicht erfreut über das Wiedersehen – aber das ist Taichi auch nicht. Die beiden verabscheuen sich schon ziemlich. Das liegt wohl daran, dass sie ihren gegenseitigen Lebenswandel nicht sonderlich schätzen und schon gar nicht Entscheidungen, die in der Vergangenheit getroffen wurden. Es ist kompliziert, aber genau deshalb tun Taichis Worte Wallace ungemein weh – das könnt ihr euch kaum vorstellen. Ich kann euch nur dazu raten, noch einmal über Wallace Lebenslauf zu schauen, dann wird euch sicherlich einiges klarer und schaut euch einmal die Digitationsstufen von einem Galgomon an… Wallace Geschichte wird in Tales of the Firefly aufgegriffen – wie auch die Geschichte vom namentlich erwähnten Michael und der nun anwesenden Catherine. Die Festung des digitalen Untergrunds ist wirklich riesig, schließlich müssen hier alle einen Platz finden – auch die Gefangenen. Es hat sich eine Art Tafelrunde gebildet, der sowohl die Partnerdigimon als auch Leomon und Elecmon angehören – sowie die drei Vertreter der Menschen Taichi (für die Japaner), Michael (für die Amerikaner) und Catherine (für die Europäer). Wie Leomon und Elecmon zum Untergrund stießen ist ebenfalls eine ToF-Geschichte. Kommen wir nun zum bösen Teil: Die Folterkammer. Kriege erfordern ungewöhnliche und auch harte Mittel – heißt es so schön. Taichi vertritt diese Meinung – egal wer ihm gegenübersteht. Dabei ist es in Japan mit dem Respekt so ein Riesending, deshalb dürfte es für den Arzt Masao Shikkounin immer wieder eine Überwindung sein, sich Taichi unterzuordnen. Taichi hat also einen Expertenstab aus Wissenschaftlern unter seinem Kommando. Shikkounin bedeutet übersetzt übrigens Henker… Der Proband heißt Prosper, der sich dort zu verlieren scheint. Catherine und er… nun auch das ist eine ToF-Geschichte… Ich glaube ein bisschen hat mich Percy Weasley zu ihm inspiriert, aber das ist jetzt nicht wichtig.^^ Der Rest ist Schweigen – ihr könnt euch sicherlich gut vorstellen, wie diese Szene weitergeht, ohne dass ich euch die Worte liefere… So oder so tut es weh. Bis dahin PenAmour Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)