Magierblut von Runenwölfin ================================================================================ Kapitel 8: Im Frühling ---------------------- Viele Wochen später war vom Winter kaum etwas übrig geblieben. An einigen Stellen lag noch ein wenig Schnee, der noch nicht abgetaut war, ansonsten standen alle Zeichen auf Frühling. Vögel flogen zwitschernd durch die Gegend und bauten schon an ihren Nestern. Aufmerksam sah Lexie ihnen zu. Ihre Ohren zuckten kurz, als sie Cloud bemerkte, der sich langsam näherte. „Du wolltest mich sprechen?“, meinte der junge Wolf und ordnete sich ihr sofort unter, in dem er ihr über die Schnauze leckte und sich klein machte. Lexie nickte dem Weißen zu: „Ich muss für eine Weile weg. Zurück ins Revier des Ordens.“ „Aber….?“ „Es wird nicht mehr als drei Tage dauern und da ich jetzt einige der freien Magier kenne, die in diesem Revier leben, werden die mir sicher helfen, sollte etwas passieren. Ich bitte dich, dass du Artus einige Stunden nachdem ich gegangen bin, sagst, dass ich etwas Wichtiges zu erledigen habe und bald wieder zurück bin. Er soll mir nicht folgen und sich keine Sorgen machen.“ Sie wusste, dass er sich Sorgen machen würde, aber hoffte, dass er ihren Wunsch akzeptieren konnte. „Wirst du das für mich tun, Cloud?“, fragte sie bittend. „Ich weiß nicht“, zögerte der kleine Wolf. „Wahrscheinlich ist es sehr wichtig für dich, sonst würdest du dieses Risiko nicht eingehen. Bitte sei vorsichtig. Ich werde es ihm ausrichten.“ „Danke“, erwiderte Lexie erleichtert. Dann wendete sie sich der Grenze zu und überschritt sie. Ohne noch einmal zu Cloud zurück zuschauen, lief sie los. Ihr Ziel könnte sie locker mit einem Tagesmarsch erreichen. Nur auf dem Rückweg würde sie einen halben Tag Pause machen müssen, um sich zu stärken. Sie hatte niemand von ihrem Vorhaben erzählt, weil sie wusste, dass sie alle versucht hätten, sie aufzuhalten. Die blaugraue Wölfin wusste genau, dass in der Richtung, in die sie lief, ein alter Tempel lag, den die niedrigen Magier des Ordens zu dieser Zeit aufsuchten. Dort würde auch ihre Mutter sein. Sie wollte sie da herausholen, bevor der Krieg zwischen den Magiern und den Wilden begann und sie mit zu den freien Magiern nehmen. Doch es tat ihr leid sich so weit von Artus zu entfernen. Sie hatten in den Monaten mit ihm eines erkannt: Sie liebte ihn. Wenn er bei ihr war, dann fühlte sie ein Glück, das sie all ihre Sorgen vergessen ließ. Und bald würde ihre Liebe perfekt sein. Sie konnte es in sich spüren. Bald würden sie eine richtige Familie sein, doch zuvor musste sie einfach versuchen ihre Mutter zu retten. Artus rannte gut gelaunt an einem Bach entlang. Er war sehr glücklich. Die Sonne wärmte nun schon etwas sein schwarzes Fell und bald würde der Frühling ins Land Einzug nehmen. Er sah in das klare Wasser und dachte dabei an Lexie. Die junge Wölfin hatte es ihm angetan. Langsam trank er aus dem Bach. Dann horchte er auf. Es war als hätte er etwas gehört und tatsächlich raschelte wieder etwas im Busch. Er sah sich um. Plötzlich schlich Cloud zu ihm. Artus blickte ihn verwundert an und Cloud erschrak, als er ihn sah. "Was ist mit dir los?", fragte der schwarze Magier. Cloud wirkte zerstreut und antwortete nur: "Ach Artus, Ihr seid es. Nichts, was soll schon los sein?" Er zog seine Rute ein und flüchtete. Der Schwarze sah ihm verwirrt hinterher: "Dieser Cloud ist schon ein seltsamer Bursche." Dann machte er sich gut gelaunt auf in Richtung Lexie auf. Die Blaugraue lief so schnell es möglich war. Jeder Meter, den sie sich von Artus entfernt, tat ihr in ihrem Herzen weh. Sie vermisste ihn jetzt schon fürchterlich, was ihr nur noch bestätigte, dass es sie voll erwischt hatte. So sehr hoffte sie, dass er ihr nicht böse sein würde, wenn sie wieder zurückkehrte. Insgeheim wünschte sie sich sogar, dass er ihr folgte, aber sie wusste, dass das egoistisch gewesen wäre. Sie wollte ihn einfach nicht in Gefahr bringen. Es war schon eine Weile her, dass Lexie die Grenze überschritten hatte, und sie fragte sich, ob der schwarze Wolf mittlerweile von Cloud wusste, was sie vorhatte. Die Sonne stand nun hoch am Himmel und verriet ihr, dass es bereits Mittag war. Sie lief weiter ohne darauf zu achten, wie sehr ihre Muskeln bereits zu schmerzen begannen. Doch plötzlich tauchten in der Ferne einige Wölfe auf und im letzten Moment gelang es ihr, in eine Hecke zu hüpfen und sich zu verstecken. Sie atmete erleichtert auf, dass der Wind gerade günstig stand und ihren Geruch nicht zu den Wölfen herüber trug. Sie musste nun vorsichtiger werden, weil der Tempel immer näher kam. Als die Wölfe vorüber gezogen waren, setzte sie ihren Weg weiter fort. Artus war noch immer guter Dinge, als er an der Höhle ankam. Freudig ging er hinein und rief dabei nach Lexie. Aber sie antwortete ihm nicht. "Komisch, wo ist sie nur?" Er schnupperte auf dem Boden, sie konnte noch nicht allzu lange weg sein, ihr Geruch war noch deutlich zu riechen. "Na ja, vielleicht hatte sie Durst oder wollte einfach nur spazieren gehen..." Doch nach einiger Zeit wartete der Schwarze immer noch auf die Blaugraue. Langsam machte er sich Sorgen. Was wenn ihr was passiert war? Plötzlich fiel ihm etwas ein. "Cloud! Wusste er vielleicht etwas? Er hat sich so komisch verhalten, als ich ihn vorhin getroffen habe." Er sprang auf um den Weißen zu suchen. Artus rannte in dieselbe Richtung zurück, aus der er gekommen war. Sein Herz pochte laut und er hoffte, dass der Wolf Cloud etwas über Lexies Verbleib wusste. Seine Beine wurden immer schneller und die Zunge hing ihm bereits aus dem Maul, als er endlich am Flussufer den kleinen Omegawolf entdeckte. Der Schwarze beschloss gar nicht erst um den heißen Brei rumzureden und schrie: "Heyyy Clouuud, wo ist Lexie???!!!" Im gleichen Moment sprang er auf ihn zu, jederzeit bereit ihn zu Fall zu bringen, falls er versuchte zu fliehen. Erschrocken durch Artus Rufen, verschluckte sich Cloud am Wasser, das er gerade trank. Als er den schwarzen Wolf auf sich zu rennen sah, zog er sofort den Schwanz ein und ordnete sich unter. Erst bekam er vor Angst kein Wort heraus, aber dann sammelte er sich und meinte: „Tut mir nichts. Ich sag es Euch ja! Sie hat die Grenze überschritten, weil sie etwas Dringendes dort erledigen muss. In drei Tagen wird sie wieder hier. Ihr sollt euch keine Sorgen machen und ihr nicht folgen.“ Zitternd stand der kleine Wolf vor Artus. Dieser war für einen Moment geschockt. Es war, als würde die Zeit für immer stehen bleiben. "Wie konnte sie nur?" Er wusste nicht, was er fühlen sollte: Angst, Wut, Enttäuschung? "Nein, ich kann nicht, ich muss ihr sofort folgen! In welche Richtung ist sie aufgebrochen, sag schnell!?" Artus wollte Cloud nicht so anschreien, aber in dem Moment konnte er nicht anders. Der Weiße deutete den Größeren an ihm zu folgen und führte ihn zu der Stelle, an der Lexie die Grenze überschritten hatte. „Sie ist in diese Richtung gegangen“, meinte er mit angelegten Ohren. Noch einmal überlegte der schwarze Rüde kurz, ob es das Richtige war ihr zu folgen, doch als er an die Gefahren dachte, die im Revier des Ordens lauerten, stand seine Entscheidung fest. Er musste ihr hinterher. "Ich danke dir Cloud." Im nächsten Moment rannte er los in eine ungewisse Gefahr. Cloud sah ihm nachdenklich nach und hoffte, dass er und Lexie heil zurückkommen würden. „Viel Glück euch zwei“, sagte er leise vor sich hin. Dann drehte er sich um und kehrte zurück zu seinem Rudel. Er musste Runa alles erzählen, auch wenn er wusste, dass sie sowieso nichts unternehmen würde. Artus und Lexie konnten tun was sie wollten. Außerdem hatte die Alphawölfin zu viele andere Dinge im Kopf. Als die Sonne fast untergegangen war und am Horizont einen dunkelrot Streifen hinterließ, sah Lexie erleichtert hinter den Bäumen die Spitze des Tempels herausragen. Jetzt musste sie ganz vorsichtig sein. Sie verzog sich in die Büsche und schlich weiter in Richtung des Bauwerks. Sie konnte nur schwachen Geruch von Wölfen wahrnehmen und das verriet ihr, dass die Ordenswölfe, die sie suchte, noch auf dem Weg hierher sein mussten. Das Ritual konnte an jedem Tag durchgeführt werden, deswegen kam es schon einmal vor, dass sie sich verspäteten. Für Lexie bedeutete dies, dass sie wohl oder übel warten musste. Sie würde diese Zeit am besten zum Ausruhen nutzen und daher verzog sie sich etwas weiter in das Gestrüpp. Zu ihrem Glück fand sie einen verlassenen Dachsbau, in dem sie sich etwas schlafen konnte. Außerdem würde der starke Dachsgeruch ihren eigenen überdecken. Nimrod lag gemütlich in seiner Höhle und dachte über die Reise nach, die am nächsten Tag losgehen würde, als plötzlich Carth vorsichtig hereinkam und sich mit traurigem Gesicht in eine Ecke hockte. „Stimmt was nicht, Kleiner?“, fragte der graue Wolf aufmerksam. „Morgen brecht ihr ja zu eurer Mission auf…“, fing Carth an, aber dann brach er einfach ab, weil er keine Worte mehr fand. „Und du darfst nicht mit?“, ergänzte der Graue „Euch werden nur älter Schüler begleiten“, erwiderte der Rote mit hängendem Kopf. Der Ältere stand auf und stupste den Jungen aufmunternd an: „Ich weiß und deswegen habe ich auch schon mit dem Gildenanführer gesprochen.“ Mit großen Augen starrte der Rote den grauen Wolf an. „Und ich sagte ihm, dass ich nicht ohne meinen neuen Schüler gehen würde“, erzählte der Jäger weiter. „Ihr habt einen neuen Schüler? Wen?“, meinte der junge Wolf entsetzt. Sanft schmiss Nimrod Carth auf den Rücken und knurrte: „Du Trottel. Natürlich dich.“ Wild wedelnd setzte sich der kleine, rote Wolf auf und Nimrod glaubte sogar Freudentränen in seinen Augen glitzern zu sehen. Carth hatte sich das schon so lange gewünscht und da er Nimrod immer treu ergeben gewesen war, konnte der graue Jäger ihn nicht länger zurückstoßen. „Als mein Schüler erwartet ich, dass du dich gut auf die Reise vorbereitest. Schlaf heute Nacht genug und friss viel. Also ab in deine Höhle!“ „Ja, Meister“, rief Carth aufgeregt und setzte sich sofort in Bewegung. Vor Aufregung wäre es fast über einen Stein geflogen, aber dann war er auch schon weg. Der Graue sah ihm zufrieden hinterher, dann verließ auch er seine Höhle. Draußen war es bereits dunkel und im Lager der Jäger kehrte bereits Ruhe ein. Schnell erreichte der erfahrene Jäger sein Ziel – Akiras Bau. Akira hatte es sich bereits in ihrer Höhle gemütlich gemacht. Schlafen konnte sie aber vorerst nicht. Viel zu viele Gedanken gingen ihr durch den Kopf. Morgen würde also die große Reise beginnen. Sie und Nimrod und ein weiterer erfahrener Jäger würden mit den Schülern aufbrechen um die Verräterin Lexie zu suchen. Noch immer wurde Akira aus dem Orden nicht schlau. Warum wollten sie unbedingt diese Lexie? Im Grunde konnte es ihr egal sein, aber ihr war es immer lieber, wenn sie auch den Grund wusste, denn so konnte sie noch mehr Energie für die Sache aufbringen. Akira starrte in die Dunkelheit. Sie musste an Nimrod denken. Ihr Herz wurde schwer. Seit ihrer Reise im Winter drehten sich ihre Gedanken sehr oft um den grauen Wolf. Ja, sie war sich sogar sicher, dass sie sich in den alten Griesgram verliebt hatte. Auch er schien nicht allzu abgeneigt sein von ihr. Aber das konnte auch daran liegen, weil sie eine gute Jägerin war und es ihm auch bewiesen hatte. Außerdem leiteten sie unter anderem die Mission. Nimrod war sehr mürrisch, wenn sie ihn sah, aber sie bildete sich ein, dass er sich in ihrer Gegenwart anders verhielt. Doch sie war sich nicht sicher und auch wenn sie sonst nicht aufs die Schnauze gefallen war, in solchen Sachen war sie doch schüchtern. Plötzlich wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Jemand rief nach ihr und dieser Jemand war Nimrod. „Akira, bis du da?“, fragte er in die Dunkelheit. Ihr Herz pochte als sie ihm antwortete: "Ja, komm herein Nimrod!" „Ich wollte dir nur sagen, dass wir noch einen weiteren Schüler mitnehmen werden. Carth ist ab jetzt mein Schützling. Er kann für sein Alter schon ziemlich gut kämpfen, auch wenn er manchmal etwas unbeholfen wirkt“, erzählte der Jäger tonlos. Er setzte sich neben die Jägerin und fügte noch hinzu: „Jetzt bekommen wir endlich unsere Rache. Ich hoffe nur, dass dieser schwarze Wolf auch bei ihr ist. Den würde ich nämlich zu gerne erledigen.“ Der graue Wolf konnte sich an die Begegnung mit ihm noch so gut erinnern, als wäre es gestern gewesen. Oft spürte er noch den Schmerz im Rücken, für den Artus die Verantwortung trug. Zwar hatte die Heiler des Ordens so gute Arbeit geleistet, dass keine Narbe zu sehen war, aber ein kleines Ziehen machte sich trotzdem manchmal bemerkbar. Nimrod hatte nichts dagegen, da es ihn daran erinnerte, an wen er noch Rache nehmen musste. „Welcher Jäger begleitet uns denn nun?“, wollte er wissen. "Ich weiß nur so viel, dass die Schüler des letzten Ausbildungsjahres uns begleiten werden. Ich glaube das sind um die sechs Wölfe und ein weiterer Jäger der Elite. Sein Name ist Rhodri. Ich habe ihn schon mal ein paar Mal gesehen und ich muss sagen, er ist nicht schlecht. Er war auch schon während der Ausbildung ein hervorragender Schüler. Er wird uns sicher nützlich sein. Außerdem stammt er aus einem starken Jägergeschlecht." Sie sah zu Nimrod. Sie war auf seine Reaktion gespannt. Sie konnte sich vorstellen, dass dieser gar nicht so begeistert sein würde einen weiteren Wolf an seiner Seite zu haben. Zumal sie wusste, dass Rhodri sich ziemlich viel auf seine Herkunft einbildete. Sie war mit ihm in der Ausbildung gewesen, aber das verschwieg sie Nimrod vorerst. „Rhodri? Noch nie gehört“, meinte der graue Wolf gelangweilt. Es war kein Wunder, dass er ihn nicht kannte, denn er hatte eine lange Zeit alleine gearbeitete. Rhodri gehörte zu der jüngeren Generation und Nimrod interessierte sich grundsätzlich nicht für andere Jäger. „Und selbst er noch aus einem so tollen Jägergeschlecht stammt, dass macht noch keinen guten Jäger aus. Was sollte ich da sagen, ich stamme…“, doch plötzlich schwieg er und dreht seinen Kopf weg. …aus einer mächtigen Magierfamilie. Und trotzdem bin ich kein guter Magier. Ich bin gar kein Magier, dachte er zu Ende. Die Vergangenheit holte ihn doch immer wieder ein und auch wenn er versuchte, dass so gut es ging zu verdrängen, manchmal wünschte er sich insgeheim, er hätte die Gabe seiner Familie geerbt. So gut wie jeder hier hatte eine Verbindung zu seinen Verwandten, nur er war immer alleine. „Na ja, ich wollte dir nur mitteilen, dass Carth uns ebenfalls begleiten wird“, lenkte er schnell ab. Akira merkte, dass den Grauen etwas bedrückte, sagte aber nichts. Sie war etwas enttäuscht, weil er nur deswegen gekommen war. "Nun gut, dann sind wir also zu zehnt in der Gruppe. Ich denke das ist eine ordentliche Größe, aber denkst du wirklich Carth ist schon so weit, dass du ihn auf so eine gefährliche Reise mitnehmen kannst?" Sie wollte sich noch weiter mit Nimrod unterhalten und sie wusste, dass er Carth gern hatte. Wohl den einzigen Wolf, den er mochte. Sie war etwas traurig bei dem Gedanken. Dennoch hoffte sie ein Gesprächsthema gefunden zu haben. „Keine Sorge, ich werde auf ihn aufpassen“, meinte der Jäger. „Und ich halte ihn für durchaus fähig diese Reise anzutreten. Viele unterschätzen ihn, aber er hat wirklich etwas drauf.“ Nimrod blickte etwas nachdenklich in der Höhle umher. Er war nicht gut in Unterhaltungen führen, aber er wollte auch nicht einfach so abziehen, also dachte er nach, was er Akira fragen könnte. „Und fühlst du dich fit für die Mission?“, fragte er schließlich. "Ja, ich denke schon, auch wenn ich etwas Angst davor habe die Grenzen zu überschreiten. Es ist ein gefährliches Land für Jäger, wie wir es sind. Doch wir sind nicht alleine. Vor allem auf Rhodri kann man sich verlassen. Er war mit mir in der Ausbildung und er ist echt nicht schlecht." Akira hatte es Nimrod nun doch erzählt. Warum sollte sie auch nicht? Früher oder später hätte er es sowieso erfahren. „Das Land hinter der Grenze ist in der Tat gefährlich. Aber wir werden vorsichtig sein. Lexie holen und dann wieder raus“, erwiderte Nimrod. Er wusste nicht warum, aber er hatte nicht wirklich Angst. Es lag wahrscheinlich daran, dass er solche Gefahren gewöhnt und schon mal hinter den Grenzen gewesen war. Außerdem hing er nicht sonderlich an seinem Leben. Wer keine Familie hatte, der brauchte sich auch keine Sorgen zu machen nicht wiederzukehren. Keinen würde es kümmern, wenn er sterben sollte. Aber es war natürlich auch nicht so, dass er sterben wollte. Es machte ihm bloß nicht sonderlich viel aus. Wahrscheinlich machte das ihn zu so einem guten Jäger. Der Name Rhodri ging Nimrod allerdings jetzt schon auf die Nerven. Wie Akira von ihm schwärmte, machte den grauen Wolf wütend. „Man kann sich nur auf sich selbst verlassen“, meinte Nimrod kalt. „Vertraue niemandem.“ Der harte Ton von ihrem Gegenüber traf die Fähe sehr. Sie schwieg für ein paar Sekunden, bis sie ihm antwortete: "Wir werden sehen, du hast es ja schon einmal miterlebt. Aber ich denke, wir sollten jetzt schlafen." Dies war das Zeichen Akiras, dass es für Nimrod an der Zeit war, ihre Höhle zu verlassen. „Das habe ich nicht böse gemeint, Akira“, sagte der Graue, der gemerkt hatte, dass seine Worte nicht so gut gewählt gewesen waren. „Ich wollte dich nur warnen.“ Der graue Wolf drehte ihr den Rücken zu und ging in Richtung Ausgang. „Schlaf gut. Bis morgen“, meinte er und zwang sich dabei zu einem netteren Ton, dann ging er nach draußen. Es war nun komplett dunkel, doch der Kristallpalast schien immer noch zu leuchten. Der Wind fuhr durch Nimrods Fell als er nachdenklich auf das riesige Gebilde starrte, das ihn jedes Mal aufs Neue beeindruckte. Eine Weile blieb er noch stehen, bis ihm bewusst wurde, dass er sich gut ausruhen musste. Mit gesenktem Kopf machte er sich zu seiner Höhle auf. Die Jägerin sah ihrem Partner hinterher. Auch wenn er die meiste Zeit sehr kalt war, so glaubte sie daran, dass ein kleiner Teil in ihm doch noch nicht ganz verbittert war. Was hatte ihm das Leben nur angetan, dass er so geworden ist? Sie wusste es nicht, aber sie wusste, dass sie nun schlafen sollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)