Mustang GT & Lucky Strike von Baleika ================================================================================ Kapitel 1: Sandis Sedalte ------------------------- Knips. Überall blitzten die Kameras auf, wenn Sandis Sedalte in die Öffentlichkeit trat. Gejagt von den Papprazzia lächelte er ihnen zu. »Hat er keine Familie?« »Hat er keine Freundin?« »Ist er nicht einsam?« Jeden Tag und in jeder Zeitung wurden diese Fragen gestellt. Der Erfolgsjüngling aus Japan tritt immer alleine in die Öffentlichkeit. Sein blaues Haar tänzelte im Wind während sein verführerisches lächeln von den Kameras eingefangen wurde. Doch er hasste es. Jedes klicken, jedes auf blitzen. Es brachte sein Blut zum kochen. Ohne Opfer, keinen Sieg. Diese Gedanken motivierten ihn. Sie gaben ihm Kraft. Ihr habt keine Ahnung, ihr habt alle keine Ahnung wen ihr da fotografiert. Ihr wisst nicht wer ich bin, ihr wisst nicht was ich tue. Ihr wisst rein gar nichts. Mittwoch, 10 Uhr. Das Ich-schlaf-gleich-ein-Meeting. Jeden Mittwoch versammelten sich die Bereichsleiter der Saibaa Group zu einem Meeting. Sandis kam exakt 4 Minuten früher. Wie jeden Mittwoch, wie bei jedem Treffen. Immer 4 Minuten zu früh. „Nun meine Herren, heute stehen nur zwei Punkte an der Tagesordnung. Unsere Konkurrenz bewegt sich nicht mehr in unserem Schatten. Nein, sie sind bereits außer Reichweite. Doch gerade jetzt dürfen wir nicht nachlässig werden. Im Gegenteil, wir müssen hart arbeiten um diesen Standpunkt zu erhalten! Man soll zu uns aufsehen. Womit wir auch schon zu dem nächsten Punkt kommen. Herr Sedalte, wir schätzen ihr Talent und respektieren sie als neuen Bereichsleiter der PR-Abteilung. Doch gerade Sie sollten am besten wissen, das es kein gutes Licht in die Öffentlichkeit wirft, wenn Sie weiterhin keine Partnerin haben. Man munkelt bereits sie seien ein Workaholic und wir liesen unseren Mitarbeitern keinen Freiraum. Das schädigt unseren Ruf. Was sagen sie dazu?“ Fragende Gesichter sahen zu ihm. Sie wollten Antworten von ihm. Immer hatte er zu diesem Thema geschwiegen, doch noch länger würde man dieses nicht akzeptieren. „Nun Herr Todo, ich habe weder Zeit noch die Nerven für eine Frau die mir im Geldbeutel liegt und mir vorwirft, ich habe keine Zeit für sie. Verstehen sie mich nicht falsch.“, „Herr Sedalte! Man sieht Sie weder mit Familie noch mit einer Freundin! So kann das nicht weitergehen!“ Tief sahen die beiden Herren sich in die Augen. „Ich verstehe, ich werde alles nötige in die Wege leiten.“ Sandis biss die Zähne aufeinander. Er hasste sie. Er hasste sie alle. Die Kunst, jaaaa, die Kunst des Lebens. Nach dem Meeting ging er in sein Büro. Langsam lies er sich in seinem Stuhl nieder und blickte auf Tokio. Die Saibaa Group hatte Unsummen für einen vierzigstöckigen Wolkenkratzer investiert. Sein Büro lag im 36. Stockwerk. Von hier hatte er eine wundervolle Aussicht auf Tokio. Die Saibaa Group war das größte Spieleunternehmen Japans. Tagtäglich saßen mehrere hundert Mitarbeiter in der Spielentwicklung und realisierten die Ideen der Bereichsleiter wie auch Geschäftsführer. Sandis seine Aufgabe war, neue Spiele auf den Markt zu bringen, sie in ein gutes Licht zu rücken. Mit Erfolg. Seit er in das Team aufgenommen wurde, hatten sich die Einnahmen um 19 Prozent erhöht. »Was ist sein Erfolgsrezept?« Die Schlagzeile der heutigen Ausgabe „Tokio aktuell“. Er musste schmunzeln als er über den Artikel flog. „Wie kann man nur Geld verdienen, wenn man jeden Tag das gleiche in die Zeitung schreibt?“ murmelte er vor sich hin. Er griff in seine Jackentasche und holte ein Päckchen Zigaretten heraus. Langsam zog er eine heraus, steckte sie sich in den Mund und zündete sie an. Mit zusammengekniffenen Augen sah er auf die Werbetafeln die rund um den Saibaa Group Tower aufleuchteten. Jede dieser Reklamen waren sein Werk. Genüsslich zog er den Rauch seiner Lucky Strike ein und blies ihn genussvoll wieder hinaus. Ihr wollt also mehr von mir sehen, bitte, nur zu, diesen Gefallen tue ich euch nur zu gerne. Er klappte sein Handy auf und suchte nach einer Nummer. Als er sie fand drückte er auf die grüne Taste. „Ja?“ „Hi ich bin es, Sandis.“ „Hey altes Haus, alles klar bei dir? Hab lange nichts mehr von dir gehört! Naja indirekt, die Zeitungen schreiben ja viel.“ „Könnte ich dich um einen Gefallen bitten?“ „Mh, für dich doch immer, sag an.“ Sandis erklärte seinem Freund aus alten Schultagen seinen Plan ganz genau. Lange redeten sie bis er schließlich das Handy auf den Tisch legte. Wunderbar. Er blickte noch einmal auf Tokio und ging zu seiner Sekretärin. Sie wurde rot als er ihr mit seinem verführerischen lächeln zu lächelte. Diese Lippen hätte sie nur zu gerne geküsst. Sie schienen perfekt geformt zu sein. „Miyu? Habe ich heute wieder Fanpost bekommen?“, „Eh, j-ja, sehr viele sogar.“antwortete sie verlegen. „Bring sie bitte in mein Büro.“ Miyu nickte zustimmend. „Ach Miyu, öffne bitte die Briefe. Ich möchte nur die, in denen Bilder von Frauen dabei sind.“ Mit diesen Worten war er in seinem Büro verschwunden. Miyu verstand nicht, was er vor hatte und rief bei ihrer Arbeitskollegin an, die zugleich ihre beste Freundin war. So begann der Klatsch und Tratsch im internen Bereich der Saibaa Group. Sandis nahm die Briefe dankend entgegen und sah sich die Bilder genau an. Mh... Eine hässlicher als die andere. Na toll. Moment, die sieht ja nicht schlecht aus. Er hielt das Bild einer jungen Dame in der Hand. Sie lag am Strand im Bikini und blickte mit ihren tiefblauen, runden Augen die Kamera. An ihren Armen wie an der rechten Schulter waren Sand. Dieses Bild hatte etwas undefinierbares. Er las ihren Brief aufmerksam durch. Er kehrte heute früher nach Hause und stieg sofort unter die Dusche. Die kalten Wasserstrahlen massierten sanft seine Haut. Leicht öffnete er den Mund. Er liebte es wenn das Wasser an seinen Mundwinkeln herab floss. Sanft massierte er das Shampoo in seine Haare ein und schloss dabei seine Augen. Er fuhr sich durch die Haare und drückte sie am Hinterkopf zusammen. So floss das Shampoo seinen Nacken runter, zwischen den Schulterblättern entlang zu seinem Po. Er musste Grinsen. Wenn er daran dachte, wie sich ihm jemand von hinten nähert und sein Rücken streichelt bekam er Gänsehaut und nicht nur das. Er spülte das Shampoo aus seinen Haaren und befreite sich vom Duschgel. Eilig stellte er das Wasser ab und spurtete aus der Dusche. Für alleiniges Vergnügen habe ich jetzt keine Zeit, tut mir Leid mein kleiner Freund. Nachdem er sich abgetrocknet hatte deonierte er sich ein und zog sich an. Für den heutigen Anlass trug er eine schwarze Anzughose und ein Aprikosenfarbendes Hemd. Die oberen drei Knöpfe lies er offen, den Kragen hochgestellt. Er schnappte sich sein Haargel und wuschelte sich damit durch die Haare. Eleganz mit Sexappeal verbunden, so einfach war das. Sein schwarzer Mustang GT heulte auf als er das Gaspedal durch trat. Das röhren hallte durch die Straßen Tokios und in manchen Ecken, kam ein kleines Echo zurück. Er öffnete das Fenster. Der Sound, der Wind, die Lucky Strike. Nichts liebte er mehr als diese kleinen Momente. Der Fahrtwind lies seine Haare tanzen, der Motor röhrte und der leckere Geschmack seiner Zigarette, der Rauch der im Fahrtwind verschwand. Das Gefühl von Freiheit. Kurz bevor er an seinem Ziel ankam lies er seinen Motor aufheulen. Er stellte den Wagen vor einem Mehrfamilienhaus ab. Es war schlicht und hatte den Stil eines Studentenwohnheims. Die dunklen Fassaden tauchten das Gebäude in ein ungemütliches Licht. Langsam stieg er aus seinem Auto und schloss leise die Fahrertüre. Kaum hatte er sein Ich-will-dich Lächeln aufgesetzt, machte er sich auf den Weg zum Haupteingang. Frustriert suchte er die Klingeln nach dem Namen Himato ab. Welch Schande, warum mussten in einem Mehrfamilienhaus auch mehrere wohnen? Nach mehreren Anläufen hatte er ihn schließlich gefunden. Himato. Stock 2 Wohnung 15. Die Haustüre war offen, somit ersparte er sich das klingeln. Doch damit nicht genug, als er im 2. Stockwerk ankam musste er zum bedauern feststellen, das die Wohnungen nicht nummeriert waren. Da man dieses Stockwerk von zwei Seiten betreten konnte, war er sich nicht sicher in welcher Reihenfolge er zählen musste. Er fing links an und ging solange nach rechts bis er vor einer Glastüre stand. Hier geht es wieder runter. Was ist das für ein Scheiß! Verdammt nochmal! Auf dem 2. Stockwerk gab es nur elf Wohnungen. So ging er wieder runter und sah sich die klingeln noch einmal genau an. Himato. Stock 2 .Wohnung 15. Er ging vor den Klingeln in die Hocke und steckte sich eine Zigarette an. Genervt sah er gen Himmel. Nach vielen langen Zügen entdeckte er eine ältere Dame, die auf den Haupteingang zu kam. Er rappelte sich auf und ging fröhlich auf sie zu. „Guten Abend, wohnen Sie hier?“ fragte er sanft. „Ja, sie sind doch, sie sind doch Herr Sedalte nicht wahr?“ fragte sie unglaubwürdig. „Der bin ich. Ich suche Frau Sakura Himato, doch die Nummerierung stimmt nicht.“ „Ach die junge Dame. Sie wohnt im 3. Stock gleich die erste Türe.“ „Ich danke Ihnen“ „Bekomme ich keinen Kuss als Dankeschön?“ Leicht angewidert sah er die alte Dame an. Sie ließe ihre gelben Zähne auf blitzen und formte ihre Lippen zu einem Kuss. Er jedoch nahm ihre Hand und gab ihr einen leichten Kuss darauf. „Ich danke Ihnen vielmals.“ Mit diesen Worten wendete er sich angesäuselt von ihr ab und schritt die Treppen zum 3. Stock hinauf. Taddaaaa! Da ist es doch. Es steht sogar ihr Name an der Tür. Nachdem er seinen Kragen zurecht gerückt und sich durch die Haare gefahren war, klingelte er. Keine Reaktion. Er klingelte nochmals. Keine Reaktion. Ich bin im falschen Film. Das ist eine verdammt schlechte Schmierenkomödie. Er schnaubte kurz und lehnte sich an das Außengeländer. Gerade wollte er nach seinem Päckchen Lucky Strike greifen, als sich hinter ihm die Tür öffnete. Mit leicht gedrehtem Kopf sah er in die blauen Augen von Sakura Himato. Langsam richtete er sich auf und ging einen Schritt näher auf sie zu. „Hi, ich bin Sandis. Du hast mir geschrieben.“ Die Lippen, dieses Lächeln, die Tatsache das Sandis Sedalte vor ihr stand bekam ihr nicht. Mit nassen Haaren, einem Handtuch umwickelt starrte sie ihn mit offenen Mund an. „Ich, eh, bin Sakura, k-komm doch rein.“ Er nickte und trat in die kleine Wohnung. Hier war es sehr gemütlich und warm. „Hier ist das Wohnzimmer, ich zieh mir etwas an dann komme ich.“, „Nicht meinetwegen“ lachte er. Sie wurde knallrot und verschwand im Badezimmer. Nach gefühlten 30 Minuten kam sie wieder. „Möchtest du etwas trinken?“ fragte sie verlegen. „Nein, ich trinke gleich im Plaza.“ „Achso, na dann.“ „Mit dir hoffe ich doch.“ „M-mit mir?“ Ihre Wangen färbten sich in ein weiches Rosa. „Ja, ich würde gerne mit dir dort hingehen. Der Tisch ist bereits reserviert.“ »Der Erfolgsjüngling heimlich mit einer Frau unterwegs!« Diese Schlagzeile war auf jeder Zeitung zu lesen. Nicht nur in Tokio, nein in ganz Japan. Die Medien platzten aus allen Nähten. Es wurde nur noch über Sandis und die geheimnisvolle Frau geredet. Egal auf welchen Sender man schaltete, es war nur noch sein Gesicht zu sehen. Bis zum Wochenende nahmen diese Schlagzeilen kein Ende. Was ihn nicht sonderlich störte, denn nächste Woche bereits, würde ihnen das Papier zum Zeitungsdruck ausgehen. Am Samstagabend traf er sich mit Ryozaki Kige. Seinem besten Freund aus Schultagen. „Hey Bruder“ begrüßte er Sandis. „Na Kleiner, alles klar?“ Freudig umarmten die beiden sich und gingen in eine Nahe gelegene Disco. „Du hast dich kaum verändert, du warst damals schon ein Frauenheld“ kicherte Ryozaki. „Ach was, willst du auch nen Drink? Ich hol uns noch etwas“ „Ja Batida de Kirsch bitte“ „Batida was?“ „Batida de Kirsch!“ „Nich im Ernst? Das heißt doch Batida de Coco!“ „Ich will aber mit Kirsch! Mensch großer Bruder, stell dich nich so an!“ lachte er. Mit einem Batida de Kirsch und einem Sex on the Beach kam er zurück zu Ryozaki. „Na, schon nen Mädel in Aussicht?“ lachte dieser. „Warum machst du das alles eigentlich?“ „Lass uns zu Hause reden.“ „Wie, he?“ „Na du gehst doch mit zu mir? Wo willst du sonst deinen Kirschrausch ausschlafen?“ „Haha, stimmt auch wieder. Komm las uns gehen! Die Story ist mir wichtiger als Batida de Kirsch.“ Sandis klopfte ihm kurz auf die Schultern, dann verließen sie die Disco. Es war mehr Zeit verflogen als die beiden dachten. Sie stiegen in das bereits wartende Taxi und fuhren nach zu Sandis Apartment. Während Ryozaki sich die Schuhe und die Jacke auszog, musterte er seinen besten Freund. „Los jetzt sag schon, warum machst du das alles hier?“ Sandis deutete auf die Couch und sie setzten sich. „Jetzt sag! Es ist nicht fair wenn du mich so zappeln lässt! Also, was soll das hier? Du hasst Bonzen und bist selber zu einem geworden? Früher ging es dir nie ums Geld. Das war dir alles egal, aber nun tust du alles, um an die Spitze zu kommen?!“ „Hör zu, das ist nicht so wie es aussieht.“ „Ach nein? Wie dann?!“ „Das ich dich bat meinen Bruder zu spielen und das ich mich mit dieser Frau getroffen habe ist nur wegen den Medien. Ich muss sie auf Trap halten. Ich bin schwul musst du wissen.“ „Du bist was?!?“ stieß er entsetzt hervor. „Ich bin schwul“ sagte er verlegen. „Das ist nicht dein Ernst? Verarsch mich nicht!“ „Tu ich nicht.“ Sandis, einer der sicher den Sexiest-Man Award gewonnen hätte, saß eingeschüchtert vor seinem besten Freund. Ihm krümmten sich die Eingeweide zusammen, bei dem Gedanken seinem Freund die Wahrheit gesagt zu haben. Er hielt die Hand vor sein Gesicht und rieb sich die Schläfen. Ryozaki blickte ihn fragend an und beugte sich leicht zu ihm. „Alles ok?“, „Jaaaa, mir geht’s gut“, murmelte er. „Glaub ich dir nicht.“ Das, was sich jede Frau aus Japan und anderen Ländern erhoffte, von denen sie nur träumten, das tat Ryozaki. Er küsste ihn auf seine weichen, wohl geformten Lippen. „W-was? Ryozaki!“ keuchte er entsetzt. „Ich dachte du bist schwul?“, „Ja, a-aber“ Welch Schande, es ist schon blöd wenn man einen schwulen in die Wohnung einlädt um ihm zu beichten, das man schwul ist? „Du, du etwa auch?“ „Ganz recht. Dazu, muss ich dir auch was beichten“ „Eh und was?“ „Ich bin seit der 8. Klasse in dich verliebt.“ Mit dieser Antwort hatte er nicht gerechnet. Sie war so kurz, klar, ohne jede Romantik. Sandis sein Herz machte Freudensprünge. Die Druckwelle die dadurch ausgelöst wurde, bahnte sich durch seinen ganzen Körper, durch jede Ader, in jede Zelle. Die Schmetterlinge tobten in seinen Bauch und drohten auszubrechen. Was ist nur los mit mir? Warum... Zärtlich berührten sich ihre Lippen. „Sandis ich, tut mir Leid. Ich kann nicht anders.“ Er schlang die Arme um ihn und ihre Küsse wurden leidenschaftlicher. Ryozaki leckte sanft über seine Lippen und sah Sandis dabei tief in die Augen. „Lass uns duschen gehen.“ Doch ehe Sandis antworten konnte, machte sein Freund sich daran, sein Hemd auf zuknöpfen. Voller Liebe küsste er seinen Hals und streichelte über seinen durch trainierten Bauch. „Jetzt komm schon.“ Auf dem Weg zur Dusche zogen sie sich aus und ihre Küsse wurden von Schritt zu Schritt leidenschaftlicher. Außer Atem stand Sandis vor der Duschkabine. Hell braune Augen blickten ihn fragend, aber liebevoll an. Er musste lächeln und stieg in die Dusche. Das Wasser drehte er auf Lauwarm. Ryozaki näherte sich ihm von hinten und lies seine Hände sanft über seinen Rücken gleiten. Sandis stöhnte leicht auf und genoss die Berührungen. Er küsste ihn auf seine Schulter. „Ich will noch viel mehr“ stöhnte Ryozaki. Sandis drehte sich zu ihm um. Ihre Zungen tanzten einen wilden Tango während ihre Hände sich gegenseitig erkundeten. Die ganze Nacht gaben sie sich ihren Gefühlen völlig hin. Sie liesen die Moral des Lebens hinter sich und genossen die Zweisamkeit in allen Zügen. Ryozaki schmiegte sich an Sandis` Brust und spielte mit seiner blauen Haarsträhne. „Du Sandis, es ist vielleicht unpassend, aber warum hast du dich so verändert?“ fragte er leise. „Wegen meinem Vater.“ „Wieso?“ „Er, ach, er meinte ich sei es nicht Wert sein Sohn zu sein.“ „Warum sagt er so was? Ich finde dich klasse.“ „Naja, meine künstlerische Ader hat ihm nicht gefallen. Er meinte, wenn du schon eine Kunst beherrschen willst, dann die Lebenskunst. So bin ich fort vom ihm um zu beweisen, das mehr hinter der Lebenskunst steckt als er ahnt.“ „Und die wäre? Was ist die Kunst des Lebens?“ Sandis zeigte auf ein Bild das über dem Bett hing. »Lebenskunst besteht zu 90 Prozent aus der Fähigkeit, mit Menschen aus zukommen, die man nicht leiden kann. Von Samuel Goldwyn.« Sie schwiegen und Ryozaki gab ihm einen kleinen Kuss auf die Brust. „Wieso in diesem Maße? Du hast Distanz aufgebaut zu uns allen, nur wegen diesem Zitat?“ „Nein, nicht ganz. Nachdem ich den Bogen raus hatte und verinnerlichte, was es heißt diese Kunst zu beherrschen, bewarb ich mich bei der Saibaa Group. Ich wollte es meinem Vater zeigen, wozu ich im Stande war.“ „Ha! Imstande den anderen Honig ums Maul zu schmieren? Wie schwer, alle Politiker sind so!“ „Nein, das ist es nicht Ryozaki. Es ist viel mehr. Ich habe ihnen eben nicht nur gesagt, was sie hören wollen, nein, ich habe ihnen auch widersprochen. Diese Leute zu ertragen und ihnen nicht an den Hals zu fallen, diese Machtverherrlichung, das ist nicht leicht. Mit diesen Leuten 6 Tage die Woche zusammen zu arbeiten, sie zu ertragen. Ihre Blicke, ihr Geruch. Unausstehlich. Doch ich habe es geschafft. Seit 2 Jahren ertrage ich sie und sie ahnen nichts. Sie kennen mich nicht, sie kennen nur das, was ich sie sehen lasse.“ „Sei mal ehrlich, findest du das Kunst? Ist das für dich die Lebenskunst?“ „Was, was meinst du damit?“ „Sei mal ehrlich, die Lebenskunst umfasst viel mehr, oder etwa nicht?“ „Ich komme mit diesen Leuten aus. Ich habe das geschafft, wo viele vor mir gescheitert sind. Ich kann wahrlich sagen, das ich stolz auf mich sein kann. Das ist auch der Punkt, warum ich es soweit gebracht habe!“ „Hättest du nicht auch dein Ziel erreicht, wenn du versucht hättest mit deinem Vater klar zu kommen und deiner Familie? Deinen Freunden? Den Fremden die unser kleines Dorf immer besuchten? Du hast sie abgestempelt, weißt du nicht mehr? Nicht eine Chance gabst du ihnen!“ „Ich, ich,...“ „Das wollte dir dein Vater nahe legen!“ Sandis schwieg. Diese Worte brachten ihm zum Nachdenken. Er hat recht, er hat vollkommen recht. Die ganze Zeit habe ich immer nur versucht, alle in einem schlechten Licht dastehen zu lassen. Ich habe nie probiert mit ihnen aus zukommen. Ob ich sie mag oder nicht, spielt doch keine Rolle. Ein Mensch ist ein Mensch. Ich habe andere so behandelt, wie ich nie hätte behandelt werden wollte. Ich habe ihnen Unrecht getan. Doch diese Zeiten sind nun vorbei. Er nahm seinen Freund in die Arme und küsste seine Stirn, seine Wange, sein Kinn. Mit der Nase stupste er leicht gegen die von Ryozaki. Aneinander gekuschelt blieben sie liegen und schliefen ein. Am nächsten Tag reichte Sandis die Kündigung bei der Saibaa Group ein und reiste mit Ryozaki in sein Heimatdorf zurück. Mit Tränen in den Augen wurde er von seinem Vater empfangen. „Ich bin so stolz auf dich mein Junge.“ Ryozakis Vater bot ihm einen Job in seiner kleinen Firma an. Sandis nahm dankend an. Kurze Zeit darauf zogen er und Ryozaki in eine gemeinsame Wohnung. Doch an einsamen Tagen setzte er sich in seinen Mustang, fuhr die Landstraßen entlang und genoss das röhren des Motors und den Rauch seiner Lucky Strike. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)