Zwillinge von Angie_Cortez (Taste in Men) ================================================================================ Kapitel 7: Tape 02 - Chapter IV - Crawling ------------------------------------------ Chapter IV Crawling in my skin, these wounds they will not heal „Ich kann nicht schießen, wenn sie so nah beieinander stehen.“ Mit angehaltenem Atem betrachtete Tom die Szene einige Meter unter sich und seinem Begleiter. Er hielt es kaum aus, einfach hier zu liegen und zu warten, während dieser Irre dort unten drauf und dran war Colin zu töten. Seine Hände waren in den Boden gekrallt. „Du musst irgendwas tun“, keuchte er, und beobachtete entsetzt, wie sein Onkel Colin am Kragen hoch zerrte, die Waffe noch immer unter dessen Kiefer gepresst. Er schien ihn anzuschreien, doch die beiden lautlosen Beobachter konnten seine Worte nicht verstehen. Der Wind trug seine Stimme fort, so dass nur ein undeutlicher Ton zurückblieb. „Er muss ihn loslassen“, auch Toms Begleiter stand der Schweiß auf der Stirn. „Ich könnte deinen Geliebten treffen, wenn ich jetzt schieße. Es ist zu riskant.“ „Schieße auf einen von den anderen“, wisperte Tom und biss die Zähne zusammen, damit sie nicht aufeinanderschlugen. „Ich kann nicht einschätzen, was dann passiert“, war die Antwort darauf. Toms Begleiter, ein Mann in seinem Alter, mit denselben blauen Augen und dunklen Haaren, die Toms ganze Familie ausmachten. Sie saßen auf glühenden Kohlen, denn jeder Schritt, jede falsche Bewegung konnte Colins Tod bedeuten. „Irgendetwas müssen wir tun.“ Tom betrachtete den Mann an seiner Seite. Sein Name war Luca Milano und er war Toms Cousin. Bis vor kurzer Zeit hatte Tom geglaubt, dass Luca längst nicht mehr unter den Lebenden weilte, allerdings war er da nicht der einzige gewesen, der damit auf dem Holzweg lief. Auch sein Onkel, Lucas Vater, hatte dies geglaubt und war damit reichlich zufrieden gewesen. Vor einigen Tagen hatte Luca dann über einen Kontaktmann im direkten Umfeld seines Vaters Wind davon bekommen, dass man glaubte, einer der „Jenkins Brut“ wäre hinter Tom her. Lucas eigentliches Ansinnen war es gewesen Colin vor seiner mörderischen Familie zu schützen. Dabei war ihm aufgefallen, dass Tom sich bereits wieder an sein altes Leben erinnerte und selbst ganz gut wusste, dass sie beide in höchster Gefahr schwebten. Aus diesem Grund hatte er sich heimlich, an seiner Schwester Isabella vorbei mit Tom in Kontakt gesetzt und ihm seine Hilfe zugesichert. Luca starrte verbissen über den Lauf seiner Waffe hinunter auf Colin und seinen verhassten Vater. Noch immer war nichts passiert und Luca fand das sehr merkwürdig. Sein Vater war nicht unbedingt ein Mann vieler Worte, und wenn er jemanden tot sehen wollte, musste das möglichst schnell gehen. „Tom“, sagte er jetzt und warf seinem Cousin einen kurzen Blick zu. „Ich werde auf ihn schießen“, dabei deutete er auf einen der Männer, der am weitesten von Colin entfernt stand. „Wenn ich das getan habe, nimm die“, er reichte Tom einen Revolver, ohne den Blick von der Szene unter ihnen zu wenden. Alfonso Milano hatte ausgeholt und Colin einen heftigen Schlag ins Gesicht versetzt, allerdings noch immer ohne von ihm zu lassen. Es war, als ahne er, dass nur Colins Nähe ihm das Leben rettete. „Nähre dich ihnen so schnell es geht und erledige die restlichen umstehenden. Versuch meinen Vater von Colin zu trennen. Der gehört mir!“ Tom nickte knapp, und erhob sich langsam auf die Knie, damit er nicht die Aufmerksamkeit der Familie auf sich richtete. „Auf drei“, murmelte Luca leise und zielte. „Eins … Zwei … Drei!“ Als wäre es sein Startschuss rannte Tom los, und sah gerade noch, wie der anvisierte Mann zusammenbrach. Tom hatte ihn schon einmal gesehen, er war einer seiner vielen Cousins und er hatte ihn nicht sonderlich gemocht. Er rutschte den Weg zum ebenen Strand mehr herunter, als er lief während die Männer um seinen Onkel unruhig wurden. Tom nahm den Revolver in beide Hände und schoss ebenfalls. Der Rückstoß fegte ihn fast von den Füßen, doch er konnte sich halten und sah wie ein weiterer der Leibwächter und Profikiller zu Boden fiel. Alfonso jedoch schien immer noch keinen Anreiz zu haben Colin loszulassen. Im Gegenteil. Er legte Colin einen seiner dickten Arme um den Hals und presste mit der anderen seine 9mm gegen dessen Schläfe. Wieder schoss Tom, bemüht auch die anderen auszuschalten und von Luca abzulenken, der noch immer unentdeckt auf der Anhöhe lag. Als Tom schließlich vor seinem Onkel zu stehen kam, lag dessen Leibwache teils tot teils schwer verletzt im Sand. „Lass ihn los!“ zischte Tom durch zusammengebissene Zähne und fixierte seinen Onkel. „Lass die Waffe sinken, oder er ist tot!“ kam prompt die Antwort. Dem alten Mann war es kaum anzusehen, dass er gerade seine besten Männer verloren hatte. Colin wand sich unter dem Klammergriff seines fetten Armes, als könne er nur schwer Luft bekommen. Er schien es ernst zu meinen. Tom zögerte, einen Augenblick zu lang, Alfonsos Finger am Abzug zuckte, Colin warf sich mit letzter Kraft gegen den alten Mann und entglitt so seinen Fängen. Er fiel in den Sand. Man hörte einen lauten Knall, zurückgeworfen von der Steilküste und Colin schrie auf. Wieder Schüsse, noch ein Schrei, die Waffe fiel aus Alfonso Milanos Hand und zurück blieb ein blutiger Klumpen. Tom war mit einem Satz bei Colin. Ein roter Fleck breitete sich auf Colins schmutzigem Shirt aus, wie eine Blüte. „Oh mein Gott, nein“, Tom zog Colin in seine Arme. „Nein, nein, nein.“ „Tomieh“, murmelte Colin und er klang erschreckend leise und leblos. Tom lief es eiskalt den Rücken herunter. „Tomieh … bist du das …?“ Colins Blick huschte über Toms Gesicht, schien es aber nicht wirklich fixieren zu können. „Ja Baby“, Tom schluckte, wollte Colin nicht mit seiner gebrochenen Stimme beunruhigen, „ich bin bei dir. Ich habe es dir versprochen.“ „Sie haben gesagt, dass du … dass du …“, Colin hustetete und zu Toms Entsetzen lief ein Rinnsal Blut dabei aus seinem Mundwinkel. „Es ist okay, Baby, sie haben gelogen. Egal was sie gesagt haben. Ich bin bei dir, wie versprochen. Jetzt musst du auch bei mir bleiben, hörst du? Bleib bei mir!“ „Es tut so schrecklich … weh“, das letzte Wort war nur noch ein Hauch, bei dem sich Toms Innerstes zusammenkrampfte. „Sei stark, bleib bei mir. Versprich mir, dass du bei mir bleibst. Ich hole einen Arzt, es wird alles gut.“ Tom zog sein Handy aus der Tasche und wählte den Notruf, als sein Blick an Luca hängen blieb, der über seinem Vater im Sand stand, die Waffe direkt auf diesen gerichtet. „Du konntest mich nicht töten, du konntest Tom nicht töten und du wirst auch Colin nicht sterben sehen, alter Mann!“ Der letzte Schuss in dieser Nacht ertönte, als der Alte seinen Mund öffnete um zu antworten und am anderen Ende der Telefonleitung meldete sich der Rettungsdienst. Davis Tag war bis dahin recht ruhig gewesen. Er hatte sich um seine Patienten gekümmert, die größtenteils auf dem Weg der Besserung waren, einige kleinere Notfälle waren reingekommen, aber im Großen und Ganzen hatte Davis geglaubt diese Schicht ohne weitere Probleme hinter sich bringen zu können. Er glaubte es immer noch, als sein Pieper losging und ihn an die Krankenhausinformation holte. Wahrscheinlich hatte nur irgendeine Schwester einen Testbericht erhalten, den sie an ihn weiterleiten musste. Davis ging schnellen Schrittes auf die Information zu und eine der Schwestern, ihr Name war Tracy, hob die Hand um ihn auf sie aufmerksam zu machen. Er kam näher und sah sie fragend an. „Was gibt’s?“ „Ein Anruf für sie. Der Typ lässt sich nicht abschütteln. Er meint es geht um Ihren Schwager – Colin.“ Davis griff hastig zum Telefon. „Young?“ „Davis?“ Einen Herzschlag lang zögerte Davis, dann sah er, dass sämtliche Schwestern ihn anstarrten und sagte endlich: „Ja, wer ist da?“ „Davis … ich … hier ist Tom.“ Die Welt schien mit einem Mal stehen zu bleiben. Alles lief nur noch in Zeitlupe an Davis vorbei und er musste sich am Tresen festhalten, um nicht auf die Knie zu sinken. „Tom?“ hauchte er ins Telefon, halb den Tränen nahe, halb lächelnd noch immer aber mit butterweichen Knien. „Bist du das wirklich?“ „Ja, ich bin es, Davis ich kann jetzt nicht viel erklären. Es ist etwas Schreckliches passiert. Ich habe diese Nummer in Colins Taschen gefunden, dieses Kärtchen auf dem steht, dass du sein Arzt bist.“ Davis nickte, erinnerte sich daran, dass sowohl Colin, als auch Chris und Kevin so ein Kärtchen hatten, damit er sofort benachrichtigt wurde, wenn einem der drei etwas zustieß. Jetzt grad erfüllte es seinen Zweck. „Pass auf, wir sind in Italien, das weißt du wahrscheinlich. Colin wurde angeschossen …“ Davis schnappte entsetzt nach Luft, aber er zwang sich Tom weiterhin zuzuhören. Panik würde jetzt niemandem etwas bringen. Eine der Krankenschwestern trat besorgt an seine Seite, aber er hob die Hand um sie zu bitten ruhig zu sein. „Er ist jetzt hier im Krankenhaus, aber … ich … wir müssen hier weg und es wäre mir lieber, wenn du dich um ihn kümmern könntest. Ist das irgendwie möglich?“ Davis dachte fieberhaft nach. „Der Weg ist verdammt lang. Colins Zustand müsste mindestens stabil sein, damit er den Flug übersteht. Wie geht es ihm jetzt?“ Er hörte Tom am anderen Ende der Leitung tief Luft holen und konnte noch immer nicht glauben mit wem er da redete. Bildete er sich das vielleicht nur ein? War das die ganze Aufregung um Mario, die ihn so halluzinieren ließ. Träumte er eventuell? Nein, sein pochendes Herz und die zittrigen Knie waren Beweis genug dafür, dass er nicht träumte, dass alles verdammt real war. „Künstliches Koma“, brachte Tom schließlich raus. Davis schloss die Augen, mehr um sich zu beruhigen, als vor Schreck. „Das ist okay …kannst du mir die Nummer des Krankenhauses geben, in dem du bist? Ich werde eine der Schwestern beauftragen, alles nötige zu regeln. Ihr werdet so schnell wie möglich hier sein“, erklärte er möglichst ruhig. „Danke Davis.“ Chris war grad in einer Art gelangweilten Coolness damit beschäftigt einige Kleinigkeiten in der Küche aufzuräumen, als Davis mit seinem Vater im Schlepptau hereinstürmte, dicht gefolgt von Mario, der ein wenig verblüfft aussah. Verwirrt drehte Chris sich zu den drei Neuankömmlingen um und betrachtete sie neugierig. Davis hatte einen unheimlich ernsten Gesichtsausdruck aufgesetzt. „Hinsetzen“, sagte er knapp und machte Chris dabei mit einer Geste klar, dass auch er gemeint war. Chris war nicht besonders glücklich über den Tonfall, protestierte aber auch nicht. „Was geht?“ fragte er in die Runde, als er sich neben Mario niederließ. „Ich habe heute einen Anruf bekommen“, begann Davis und faltete die Hände vor sich auf dem Tisch. „Er kam aus Italien.“ Mario und Chris tauschten einen kurzen Blick bevor sie sich wieder auf Davis konzentrierten. „Der Anrufer war Tom.“ „Was?!“ kam es im Chor von Kevin und Chris. Davis hob abwehrend die Hände. „Ich weiß, das klingt irre. Ich konnte es auch erst selbst nicht glauben, aber es war Tom. Ich habe seine Stimme erkannt, ich habe sogar seinen Tonfall erkannt. Wenn es nicht Tom war, dann ein ziemlich gutes Double und davon gehe ich nicht unbedingt aus.“, erklärte er und gab ihnen Zeit diese Information zu schlucken. „Was hat er gesagt?“ fragte Chris und beugte sich etwas weiter über den Tisch. „Das ist die schwierige Sache“, gab Davis zu und begann jetzt seine Hände zu kneten. Kevin griff ihm dazwischen und nahm Davis rechte Hand in seine. „Colin wurde schwer verletzt. Ich weiß nicht warum, ich weiß nicht wie, ich weiß nur, dass es so ist. Man hat ihn in ein künstliches Koma versetzt und er wird sobald es geht in mein Krankenhaus gebracht werden.“ Schweigen. Kevin hielt sich eine Hand vor den Mund. „Oh Gott“, wisperte er. „Davis, wie schwer? Was ist passiert?“ Chris sprang auf, als sein Vater auf seinem Stuhl zusammensackte und kniete sich an seiner freien Seite auf den Boden. „Ich glaube nicht, dass es gut wäre …“, begann Davis und legte seinem Freund vorsichtig eine Hand auf die Schulter. „Er wurde angeschossen, richtig?“ fragte Kevin mit belegter Stimme und Chris konnte ihn nur noch anstarren. Sein Vater war nie der emotionale Typ gewesen, doch jetzt sah er seinem Bruder so ähnlich wie Chris es noch nie gesehen hatte. „Woher weißt du das?“ fragte Davis erschrocken. Kevin schüttelte mit dem Kopf. Tränen liefen ihm übers Gesicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)