Zwillinge von Angie_Cortez (Taste in Men) ================================================================================ Kapitel 13: Tape 05 - Chapter I - So move closer ------------------------------------------------ *Wouldn’t it be good?*Tape 05 Chapter I So move closer, want to feel your touch, so come over, come on Der Flug schien endlos zu sein. Er verging nicht so schnell wie damals, obwohl die Aufregung riesig gewesen war. Jetzt fühlte es sich eher an, als würde ein riesiges Gummiband ihn zurückzerren wollen in diese große Villa, die er so geliebt hatte. Am Anfang war einfach alles klasse gewesen, besser konnte es gar nicht laufen und dann … dann hatte er alles kaputt gemacht. Eine Stewardess kam vorbei und fragte ihn, ob er etwas essen wolle. Er wollte nicht, sagte aber ja. Anrühren tat er trotzdem kaum etwas. Sein Magen wollte nichts haben, das spürte er schnell und brach das Essen ab bevor er seinem Sitznachbarn auf den Schoß kotzen musste. Mario starrte aus dem Fenster hinab auf das schier endlose Meer, froh darüber, dass er diesen Platz bekommen hatte und nicht in die müden Gesichter seiner Mitfliegenden starren musste. Ihre Anwesenheit war schlimm genug. Er wollte allein sein, am besten durch irgendeinen blöden Unfall sterben. Selbstmord war kein Ausweg und sein Vater hatte ihn so erzogen, dass er es als etwas Böses betrachtete, doch wenn es ein Unfall wäre könnte niemand ihm einen Vorwurf machen. Es klang etwas zu verlockend die Sache auf diese Weise enden zu lassen. Mario seufzte leise und bemerkte, wie ihn sein Sitznachbar mit einem Blick streifte. Sollte er denken was er wollte, verstehen würde er es so wie so nicht. Nicht einmal Mario verstand es. „Ah verdammt!“ Chris zuckte zusammen und fuhr herum. Marc stand einige Meter hinter ihm und rieb sich den Arm während er den Basketball zu seinen Füßen wütend anstarrte. Einen Moment lang hatte Chris noch den Drang die Flucht zu ergreifen, dann traf ihn Marcs Blick und er lächelte unschuldig. „Alles okay?“ fragte er, trat auf Marc zu und hob den Ball auf. Marc seufzte und sah sich um, als wolle er sichergehen, dass niemand ihm zuhörte. „Immer noch die Muskeln“, sagte er schließlich. „Es ist nicht besonders gut ewig lang halbtot rumzuliegen.“ „Ich weiß“, sagte Chris mit einem schiefen Lächeln. „Stell dir das mal vor, ich könnte dich fertig machen!“ Marc sah ihn beleidigt an. Chris lachte. Ihre anderen Mitschüler hielten inne und betrachteten die beiden unsicher. Besonders Marcs Freunde schienen nicht zu wissen, was sie davon halten sollten. Sie standen etwas abseits und betrachteten ihren besten Freund und Chris als wären sie etwas wie das siebente Weltwunder. „Dich mach ich immer noch mit links fertig“, sagte Marc leise und Chris bekam eine Gänsehaut. Er blinzelte verstört und jetzt musste Marc lachen. Chris grinste erleichtert. Ja es war schon komisch, als würde man zwei Farben mischen, die überhaupt nicht zueinander passten. Marc ließ sich auf die Bank fallen und fuhr sich durch die kurzen braunen Haare. Damals waren sie wirklich kurz gewesen, jetzt ging es schon. „Kranke Scheiße, nicht wahr?“ sagte er und lächelte Chris an. Es fühlte sich komisch an, aber auch gut. „Ich hätte nie gedacht, dass du so ein korrekter Typ bist.“ „Ich auch nicht“, gab Chris zu und warf einen unsicheren Blick auf Jakob und Harry. Marcs Freunde … seine Schlägerkumpels, die die Welt nicht mehr verstanden. „Was sagen die dazu?“ fragte Chris unsicher und ließ sich mit gebührendem Abstand neben Marc nieder. Das hatten sie geklärt. Chris durfte ihm nicht zu nahe kommen, dann würde schon alles gut gehen. Chris hatte auch nicht die Absicht das zu tun, denn Marc war in keiner Weise attraktiv für ihn. „Bis jetzt nicht viel“, gab Marc zu und sah selbst rüber. „Ich hab versucht denen das zu verklickern. Ich glaube aber nicht, dass sie es verstanden haben. Was soll ich auch sagen? Hey wir haben uns kurz vorm Tod getroffen und habe festgestellt, dass wir uns ganz gut leiden können, außerdem hat er mich gerettet. Das werden sie sicher verstehen.“ Chris nickte nachdenklich. Er knetete seine Hände und sah dann Marc an. „Also, wenn ich dir Probleme mache, dann können wir auch einfach wieder weitermachen wie vorher. Du verhaust mich und ich hab Angst vor dir, zumindest …“ „Schhh!“ machte Marc nachdrücklich und Chris sah verwirrt zu ihm auf. „Vergiss es, Alter. Du bist jetzt mein Bro, klar?“ er sah Chris dabei nicht an. „Und ich muss zusehen, dass ich meine Muskeln wieder aufgebaut bekomme. Du wirst am Samstagabend mit uns feiern gehen, klar? Du hast mir versprochen, dass du mir ein paar Tipps gibst, wie man eine Braut aufreißt.“ „Okay“, murmelte Chris unsicher. Ja, das war total schräg. Kevin sah Cindy fassungslos an, bevor er wieder den Mund aufbekommen konnte. „Wie bitte?“ fragte er schließlich. Sie sah traurig aus, genau genommen so, als würde sie sofort anfangen zu heulen. Kevin konnte sich das nicht erklären. „Sir, ich möchte kündigen“, wiederholte sich und begann irgendwo hin zu sehen, nur ihn nahm sie kaum wahr. Kevin beugte sich an seinem Schreibtisch nach vorn und sah zu ihr hoch. Sie hatte sich nicht mal gesetzt. „Warum?“ fragte er vorsichtig. Zu einer Antwort kam sie nicht. Colin stürmte durch die Tür. Wie in den letzten Tagen immer mit glasigem Blick und unnormal geweiteten Pupillen. Kevin verzog das Gesicht. Diesen Anblick konnte er kaum ertragen. „Du musst nur noch da unterschreiben“, sagte Colin in einem so normalen Ton, dass ohne sein Aussehen niemandem etwas aufgefallen wäre. Kevin betrachtete entsetzt die das Kündigungsschreiben, das vor ihm auf dem Schreibtisch landete. „Ich hab nicht gesagt, dass du das tun sollst“, sagte Kevin fassungslos. „Ich weiß“, gab Colin zurück, „aber sie hat keine Ruhe gegeben. Lass sie doch, wenn sie will.“ Seine Stimme war jetzt mitleidslos und Kevin sah, wie Cindy ihn angewidert ansah. Hatte er etwa schon wieder seinen Frauenhass an ihr ausgelassen? Kein Wunder, dass sie gehen wollte. „Ich bitte Sie“, sagte Kevin und stand nun auch auf. „Warum?“ Colin stöhnte genervt und jetzt musste Kevin ihn mit einem Blick abstrafen. „Sie ist heiß auf dich verdammte scheiße, aber du bist schwul und somit unerreichbar für sie. Ein guter Grund einen Job zu kündigen“, er wandte sich jetzt Cindy zu, die ihn entsetzt anstarrte. „der besser nicht sein könnte und in dem man ein scheiß Geld verdient und früh nach Hause gehen kann, wo man eine kleine Tochter zu versorgen hat. Ich versteh das Problem nicht, du dumme Schlampe!“ „Colin!“ rief Kevin wütend. „Reiß dich zusammen!“ „Ihr könnt mich alle mal!“ Und schon war Colin wieder davon gerauscht. Kevin seufzte und schüttelte den Kopf. „Oh mein Gott … ich habe gewusst, dass das passieren würde“, murmelte er bevor er Cindy wieder ansehen konnte, die nun bitterlich weinte. „Stimmt das was er sagt?“ Sie nickte. Ihr Anblick war wirklich mitleiderregend. Kevin seufzte wieder. „Hören Sie, ich bin … ja ich bin schwul und ich habe seit 18 Jahren einen festen Partner und eine Familie. Es tut mir leid, aber so ist es. Das sollte Sie nicht davon abhalten hier Ihren Job zu machen, den Sie zudem einfach wunderbar machen. Ich bitte Sie inständig nicht zu gehen.“ Sie setzte sich endlich und sah ihn an. Ihre Tränen waren längst nicht versiegt. „Sir, ich weiß, dass es dumm von mir ist. Sie sind wirklich der beste Chef, den man sich wünschen kann, aber ich kann es nicht mehr ertragen. Ich glaube ich habe es die ganze Zeit geahnt, aber es zu sehen war zu viel für mich. Bitte lassen Sie mich gehen.“ Kevin schüttelte den Kopf, zerriss die Kündigung die Colin geschrieben hatte und warf sie unachtsam in seinen Papierkorb. „Colin hat das unschön ausgedrückt, aber er hat Recht. Sie haben einen guten Job hier, Sie verdienen auch gut und haben trotzdem genug Zeit für Ihre kleine Tochter. Es wäre sehr dumm das wegzuwerfen.“ Er sah sie eindringlich an und sie lächelte ein wenig. „Sie haben ja Recht. Ich glaube Sie wären ein toller Vater für sie gewesen“, sagte sie leise und Kevin wurde etwas ungut im Magen dabei. Soweit hatte sie sich das Ganze also schon ausgemalt. „Fragen Sie meinen lieben Sohn, ich bin ein schrecklicher Vater“, sagte Kevin mit einem ermunternden Lächeln. „Können wir uns darauf einigen, dass Sie sich wieder an die Arbeit machen? Ich würde mich freuen.“ Sie sah ihn an, mit verweinten Augen aber irgendwie doch glücklich. „Sie sind so ein großartiger Mensch“, sagte sie. „Vielleicht, aber vielleicht auch nicht. Entschuldigen Sie mich ich muss was mit meinem lieben Bruder klären.“ Er stand auf und verließ hastig sein Büro. Die Nervosität hatte ihn ganz plötzlich ergriffen, der Drang nach Colin zu sehen, dem es seit Tagen nicht gut ging. Als Chris aufgewacht war, war Mario verschwunden. Natürlich hatte das weitreichendere Folgen, als der junge Italiener es sich gedacht hatte. Chris ging es ganz gut damit, dafür war Kevin dankbar. Doch Tom war ihm sofort nachgereist und hatte einen völlig verwirrten Colin zurückgelassen. Toms Verschwinden hatte in ihm eine Art grausames Déjà-vu ausgelöst und ihn direkt in die Depressionen und den Drogenkonsum der letzten Jahre zurückkatapultiert. Kevin begann zu rennen und riss die Tür zu Colins Büro auf. Keuchend stand er einen Moment da, sein Herz pochte wild. Colin war nicht da … schlimm genug … wo mochte er sein? Kevin machte einige Schritte rückwärts und spähte in den Konferenzraum. Die Tür stand einen Spalt offen und das war es, was seine Aufmerksamkeit erregte. Er ging langsam darauf zu. Immer noch pochte sein Herz. Er berührte die Tür und drückte sie auf. Colin saß auf dem Boden, das Gesicht schmerzverzerrt und die Hand an die Seite gepresst. Neben ihm stand die junge Archivarin. Kevin konnte sich gerade noch daran erinnern, wer sie war so selten sah er sie. „Soll ich wirklich keinen Krankenwagen holen?“ fragte sie vorsichtig und tätschelte Colins Schulter. „Nein“, sagte Colin atemlos. „Nur die Psyche, nichts Ernstes …“ Kevin trat herein und wurde über den Rand einer dunklen Brille angesehen. Die Archivarin fuhr von ihrem Platz hoch. „Sir“, sagte sie etwas zu demütig und fast sah es so aus, als wolle sie sich verbeugen. Kevin zog die Augenbrauen hoch. Wirkte er wirklich so angsteinflößend? „Oh Gott“, murmelte Colin und Kevin wurde aus seiner Verwunderung gerissen. Er kniete sich neben Colin nieder. „Was ist los?“ fragte er besorgt und zog ihn in seine Arme. „Es tut so weh“, jammerte Colin unter Tränen. „Beruhig dich“, sagte Kevin und streichelte seine Haare. „Beruhig dich doch endlich. Tom kommt wieder. Er wird nur Mario holen und dann ist es wieder gut. Hör auf mit dem scheiß!“ Er sagte die letzten Worte sehr nachdrücklich. Colin hatte zu zittern begonnen. „Ich ertrag das nicht. Wie kann … er einfach … gehen ohne mich?“ „Es musste schnell gehen, das weißt du“, sagte Kevin und streichelte vorsichtig Colins Rücken. „Sonst findet er Mario womöglich nie wieder.“ Er sagte das ernst und ruhig, obwohl er wütend auf Mario war. Sehr wütend sogar. „Ich bin an allem Schuld“, keuchte Colin, entspannte sich aber etwas, als hätte dieses Geständnis unbedingt aus ihm heraus gewollt. „Unsinn“, sagte Kevin. „Ich hab ihm gesagt, er soll gehen“, fuhr Colin unbeirrt fort. „Selbst wenn“, sagte Kevin jetzt doch etwas mürrisch. „Du hattest allen Grund dazu.“ Colin entspannte sich wieder etwas mehr. Er vergrub sein Gesicht an Kevins Hals und begann wieder ruhiger zu atmen. „Geht es besser?“ fragte Kevin, obwohl er die Antwort schon kannte. „Danke“, hauchte Colin und schlang die Arme um seinen Bruder. Kevin zog ihn mit sich nach oben und erst jetzt fiel ihm die junge Frau wieder ein, die sie die ganze Zeit neugierig betrachtet hatte. Sie wurde rot, als Kevin sie ansah. Nicht noch eine, betete Kevins stumm. „Sie sind schwul stimmt’s?“ fragte sie geradeheraus und lächelte herausfordernd. Kevin zog die Augenbrauen hoch. Eben noch so demütig jetzt so frech. Merkwürdiges Ding. „Ja“, sagte er schließlich schlicht. „Ich hab es gewusst“, sagte sie irgendwie triumphierend. „Ich habe mit meiner Freundin gewettet, aber sie hat gesagt so ein erfolgreicher Mann ist nicht schwul. Aber ich hatte recht. Tja …“, sie lächelte. „Oh, ich … werde dann wieder runter ins Archiv“, fiel ihr plötzlich ein. „Du bist lesbisch nicht wahr?“ fragte Colin plötzlich und Kevin sah ihn verwirrt an. Er sah immer noch ungesund aus, hatte sich aber soweit gefangen, dass er mit Kevins Hilfe stehen konnte. „Ja“, sagte sie und zuckte die Schultern. „Hab ich gemerkt“, meinte Colin und rieb sich stöhnend die schmerzende Stelle. „Sie ist nicht wie die anderen Weiber, das ist mir sofort aufgefallen.“ „Das ist ein Kompliment“, übersetzte Kevin und lachte. „Na dann, danke“, sagte sie und schwebte aus dem Raum. „Ich hasse dich“, sagte Colin leise. Kevin stutzte wieder. „Wie bitte?“ fragte er etwas fassungslos. „Dafür, dass du so viele ach so hübsche junge Frauen eingestellt hast. Wenigstens bei einer hast du es richtig gemacht.“ Er stöhnte wieder und verkrampfte sich. „Colin, hör auf dich so aufzuregen, das bekommt dir nicht“, tadelte Kevin ihn und küsste ihn auf die Stirn. „Mach’s halt besser!“ „Ich kann sie nur nicht alle rauswerfen“, meinte Colin und kuschelte sich an seinen Bruder. Es war ein kleiner Trost und schützte ihn vor der Leere dahinter. Kevin lachte wieder. „Du bist einfach …“ „Einzigartig, ich weiß“, sagte Colin und musste jetzt auch lachen. Endlich setzte sich das Rollband in Bewegung. Mario seufzte. Er hatte kaum geschlafen auf dem Flug, und wenn ihm dann doch die Augen zugefallen waren, kamen die Bilder wieder. Sie waren so klar, dass sich sein Magen schmerzhaft zusammenzog. Mandy, vor allem gerade sie! Etwas Blöderes war ihm nicht eingefallen? Er beobachtete wie der erste Koffer aus dem Nichts aufzutauchen schien und wartete. Seine eher mickrige Reisetasche, in der er nur das Nötigste hatte kam langsam angefahren, er wollte nach ihr greifen, als jemand ihm eine Hand auf die Schulter legte. Mario fuhr zusammen. Wer um Gottes Willen … „Mitkommen“, sagte eine Stimme. Mario ging alle Möglichkeiten durch, doch ihm fiel niemand ein, es sei denn … „Mach schon!“ Mario setzte sich in Bewegung und wagte es einen Blick auf den Mann zu werfen, der ihn gepackt hatte. Sein Koffer drehte herrenlos seine Kreise. Der Mann war ein Fremder doch Mario hatte eine böse Ahnung. Er wurde zu einer schwarzen Limousine geleitet, was seine Ahnung nur bestärkte. „Was soll das?“ fragte Mario wütend. Eine Tür des Wagens ging auf und die Hand legte sich auf seinen Kopf und drückte ihn herunter. Mario stolperte ins Innere und sah sich einem weiteren Mann gegenüber der ihn finster musterte. Diesen kannte er. Er war sein Onkel, der älteste Bruder seiner Mutter, Alfonsos Sohn und offensichtlich sein Nachfolger. Die Tür schlug hinter Mario zu. „Willkommen zurück, wie war dein Trip in die Freiheit?“ sein Onkel lachte und Mario ballte die Hände zu Fäusten. Er war ihnen direkt in die Arme gelaufen, ohne auch nur einmal daran gedacht zu haben, dass dies geschehen konnte. Mario hasste sich dafür, so dumm gewesen zu sein. Was hatte er denn erwartet? Das seine Mutter zu Hause auf ihn wartete, Essen und Blumen auf dem Tisch? Das hier war die Realität. Die Limousine setzte sich in Gang. „Genieß die Fahrt, es ist die letzte“, sagte sein Onkel und Mario sah sein Feuerzeug aufflammen. Dummer, dummer Junge. Colin stöhnte genervt und bedachte seinen Bruder mit einem bösen Blick. Sie saßen gemeinsam im Konferenzraum und warteten auf ihren neusten Großkunden. Kevin hatte ihn dazu verdonnert, bei der Präsentation der Werbekampagne dabei zu sein. Colin hatte keinen Bock darauf. Das war nicht sein Gebiet, er war dafür zuständig Leute einzustellen. „Es wird dir gefallen“, beteuerte Kevin, der gerade die Schilder mit den Werbeslogans falschherum auf einige Ständer verteilte. Das sollte wohl eine Überraschung werden. Colin stöhnte wieder. „Ich brauch ne Zigarette“, murrte er, sein Kopf tat weh. „Vergiss es“, gab Kevin zurück. „Ich bin auf Entzug und das in sämtlichen Lebenslagen und du tust mir das hier an!“ fauchte Colin und deutete auf die Ständer mit den Schildern. Er wollte gar nicht wissen, was für einen Mist Kevin sich da ausgedacht hatte. „Es ist Toms Kampagne“, sagte Kevin und verschränkte die Arme. Colin schloss die Augen. Auch das noch. „Sie wird dir gefallen. Er hat sein ganzes Herzblut da reingelegt und du hast ihn inspiriert. Also sei nicht so abweisend.“ „Na fein“, sagte er leise und blickte zur Tür. Er konnte Kevin nicht ansehen. Toms Abwesenheit tat immer noch fast körperlich weh. Besonders nachts. „Sie kommen“, murmelte Kevin und jetzt konnte auch Colin die Schritte und Stimmen hören. Cindy betrat den Konferenzraum und lächelte. Sie war wieder fast die Alte. Colin verdrehte die Augen. Wäre sie gegangen, dann hätte er die Kleine aus dem Archiv auf ihren Platz gesetzt. Warum musste Kevin auch so ekelhaft nett sein? „Sir, Mr. Gahan, Mr. Louis und Mrs. Paya sind jetzt da.” Kevin lächelte sein umwerfendes Lächeln, bei dem selbst Colin schwach wurde und die Kunden traten ein. Colin erhob sich, einen Seufzer unterdrückend und sah sich plötzlich seinem ehemaligen Chef gegenüber. James Gahan lächelte dreckig. „Hallo, wen haben wir denn da?“ sagte er und statt Colin die Hand zu schütteln küsste er sie, wie man es sonst bei vornehmen Damen tat. Colin verfiel in leichte Panik, als Kevins verwirrter Blick ihn traf. Hatte er den keine Ahnung für wen er da arbeitete? „Hi“, sagte Colin atemlos, zog seine Hand weg und begrüßte die beiden anderen, die er noch nie gesehen hatte. Scheinbar werkelten sie hinter den Kulissen des Adonis. „Setzen Sie sich bitte“, sagte Kevin höflich. Colin sank auf seinen Platz zurück und selbstverständlich ließ sich Gahan sofort neben ihm nieder. „Ich hab dich lang nicht mehr gesehen, Colin“, sagte er und beugte sich so weit es ging zu ihm herüber. Colin versuchte ihn zu ignorieren. „Ich wusste gar nicht, dass deine Karriere so steil ist. Respekt.“ Colin warf einen Blick gen Himmel und seufzte dann kaum hörbar. Damals, als er im Adonis angefangen hatte, war es Gahan gewesen, der ihn dazu überredet hatte zu strippen. Eigentlich hatten sie einen Barkeeper gesucht, aber Colin hatte mehr Potential. Ja so hatte Gahan es ausgedrückt. So hatte er Colin für seinen Laden tanzen lassen und dabei einen scheiß Umsatz gemacht. Die goldene Uhr an seinem Arm bewies das eindrucksvoll. Er hatte Colin umschmeichelt und aus ihm eine kleine Attraktion gemacht. Er hatte Colin seine ersten Drogen vertickt, damit er weitertanzen konnte bis zur endgültigen Erschöpfung und er hatte ihn gefickt. Wann immer er es gewollt hatte. Colin wurde übel. Gahans einziger Fehler war es gewesen Colin nach Italien zu schicken. „Es wäre schön, wenn du zurückkommst“, säuselte Gahan und Colin bekam eine Gänsehaut. Dieser Mann war unberechenbar und fast autoritär. Colin hatte seine Schwierigkeiten ihm zu widersprechen, denn er war jahrelang ein sicherer Hafen für ihn gewesen. Gahan lächelte, dass konnte Colin aus dem Augenwinkel erkennen. „Fangen wir an?“ fragte er an Kevin gewandt, der misstrauisch zwischen ihm und Colin hin und her schaute. „Natürlich“, sagte Kevin und begann seinen Monolog über Toms Arbeit. Colin konnte ihm gar nicht richtig zuhören, so unruhig machte ihn Gahans Anwesenheit. „ … Mister Sander setzt dabei vor allem auf die Aspekte Jugend und Sex …“, erläuterte Kevin und trat jetzt an die Ständer um die kleinen Tafeln umzudrehen. Colin wagte einen Blick darauf und sog scharf die Luft ein. Ja Tom hatte sich von ihm inspirieren lassen. Gahan schien sichtlich zufrieden. „Wir haben das Layout jetzt per Computer bearbeitet, da Sie den Entwurf so schnell wie nur möglich haben wollten. Sollte es Ihre Zeit jedoch gestatten würde ich vorschlagen ein echtes Model zu engagieren …“ Verdammt, was redest du da! fluchte Colin innerlich. „ … ist natürlich grundsätzlich Ihre Entscheidung.“ Kevin spähte zu Gahan rüber der lasziv lächelte. Dieses Lächeln schien ihn zu irritieren. „Wunderschön“, sagte Gahan und ließ seinen Blick genüsslich über die Bilder gleiten. Dann sah er zu Colin hinüber, der nun fast völlig verkrampft auf seinem Platz saß. „Ein echtes Model, das wäre ja schon zu viel des Guten. Und wer könnte so viel Erotik verkörpern, wie Mister Sanders fiktive Gestalt?“ Das war eindeutig eine Fangfrage. Colin biss die Zähne zusammen. Er spürte genau wie die Augen der anderen Anwesenden zwischen ihm und dem Bild hin und her wanderten. „Wo ist Ihr Kollege eigentlich?“ „Scheiße, dass geht dich nichts an!“ fuhr Colin plötzlich hoch und bedachte Gahan jetzt mit einem offensichtlich feindseligen Blick. „Oh oh, nicht unhöflich werden, meine Schönheit. Das war eine ganz normale Frage“, Gahan lächelte immer noch einnehmend. „Wenn Tom hier sein könnte, wäre er es“, sagte Colin und seine Stimme zitterte. Es tat so weh, so furchtbar weh. Was, wenn ihm etwas zustieß. „Pause?“ fragte Kevin unsicher und Gahan nickte ihm zu. Colin erhob sich von seinem Platz und rauschte aus dem Konferenzraum. Kevin wollte ihm folgen, doch Gahan hielt ihn zurück. „Wenn Sie erlauben, ich würde gern ein wenig mit ihm reden. Das wird schon wieder“, sagte er höflich, aber bestimmt und Kevin blieb nichts anderes übrig als den anderen Kaffee anzubieten. Colin stürmte in sein Büro und ließ sich auf seinen Platz fallen. Warum? Warum? Er stützte die Ellenbogen auf die Tischplatte und vergrub das Gesicht in den Händen. Und er hatte geglaubt einen sauberen Schnitt gemacht zu haben. Colin hörte die Tür gehen und erwartete, dass Kevin an seine Seite gelaufen kam um ihn zu trösten. Doch es kam anders. „Warum weinst du, Prinzessin?“ Colins Kopf fuhr hoch und er taxierte Gahan mit seinen finstersten Blicken. „Lass mich in Ruhe!“ sagte er und wischte sich schnell die Tränen von den Wagen. „Ist dir dein Märchenprinz abhanden gekommen?“ stocherte Gahan weiter und kam nun mit verschränkten Armen auf ihn zu. Colin schüttelte den Kopf. „Ich habe es dir schon mal erklärt. Tom ist mein Mann fürs Leben und es gibt nichts was uns trennen kann …“ „Warum ist er dann nicht hier?“ unterbrach Gahan ihn. „Wenn er so perfekt ist, so schön und wunderbar, warum ist er jetzt nicht bei dir und sorgt dafür, dass ein Arschloch wie ich dir fernbleibt?“ „Weil er nicht kann!“ sagte Colin wütend. „Süße“, sagte Gahan und setzte sich neben Colin auf die Tischkante. „Du fehlst uns allen sehr. Ich meine, wer würde schon diesen hübschen Luxus hier nicht wollen, aber dafür bist du nicht gemacht, glaub mir. Deine Welt ist die Tanzfläche. Die reichen Jungs …“ „Oh Gott“, fuhr Colin ihm dazwischen. „Dieser reiche Junge von dem du da redest ist mein Zwillingsbruder! Wir wurden als reiche Jungs geboren und großgezogen. Ich mache mir nichts vor. Das hier ist die Welt die meine Eltern sich für mich gewünscht haben!“ Gahan wirkte ehrlich überrascht. Dann begann er zu lachen. „Warum um Himmels Willen hast du dir dann das Adonis angetan?“ fragte er geradeheraus. Colin zuckte zusammen. Genau diese Frage wollte er nicht beantworten, denn er wusste es selbst nicht. „Und warum bist du so lang geblieben?“ Colin antwortete immer noch nicht. Schließlich schien Gahan ungeduldig zu werden. Er legte seine Finger unter Colins Kinn und zwang ihn hochzublicken. „Was für wunderschöne leidende Augen.“ „Nein“, sagte Colin leise. Gahan zerrte ihn von seinem Platz hoch, direkt in seine Arme und küsste ihn fordernd. Colin krallte die Hände in seinen Kragen. Er landete rücklings auf seinem Schreibtisch und in der nächsten Sekunde war Gahan schon über ihm. Er war grob, so wie Colin es von ihm kannte. Grob und selbstverliebt. Seine Dominanz erregte Colin bis ins Unendliche und machte die Schmerzen die er ihm dabei zufügte zur reinen Nebensache. Es war kompletter Masochismus. „Worüber habt ihr geredet?“ fragte Kevin und packte seine Sachen zusammen. Colin sah ihn nicht an, als er antwortete: „Über alte Zeiten.“ „Er hat mir aus der Hand gefressen“, sagte Kevin. „So einfach hatte ich es noch nie.“ „Schön“, murmelte Colin und verzog eine Sekunde lang schmerzverzerrt das Gesicht. Kevin war sofort an seiner Seite. „Geht es dir gut?“ fragte er vorsichtig. „Nicht wieder die Schmerzen, oder?“ „Nein, nein alles okay“, sagte Colin abwehrend. „Ich bin noch etwas fertig und manchmal tut es weh. Kein Problem.“ „Ich glaube dir nicht“, sagte Kevin und ließ sich wieder auf einem der Stühle nieder. Von seinem Platz aus musterte er Colin besorgt. Colin seufzte und setzte sich ebenfalls. „Du würdest es nicht verstehen“, behauptete er und blickte seinen Zwilling so flehend an, wie er nur konnte, doch Kevin ließ sich nicht erweichen. „Das weißt du nicht, bevor du es nicht versucht hast“, kommentierte er. „Weiß du, Gahan war mein Chef, damals“, lenkte Colin ein und versuchte dabei den Blickkontakt mit Kevin zu halten, was ihm jedoch misslang. Schon bei den nächsten Worten verkrampfte er die Finger ineinander und starrte diese an. „Er ist ein riesengroßes Arschloch. Es interessiert ihn nicht, was andere denken und fühlen. Alles was er tut, tut er zu seinem Nutzen. Auch diese angebliche Pause, die er haben wollte, hat er eiskalt ausgenutzt. Er kam in mein Büro und …“ Colin hielt inne, den Mund noch halb offen. „Nein, nein, das willst du nicht wissen.“ Kevin schnaubte beleidigt. „Komm schon, ich kann mir eh denken, was es ist“, sagte er zickig und griff sich Colins linke Hand damit er sich nicht noch selbst verletzte. Colin fluchte. „Er hat mich gefickt.“ Kevin zog eine Augenbraue hoch. Er schien darüber nachzudenken, ob es klug war die nächsten Worte laut auszusprechen. „Das klingt aus deinem Mund wie eine Vergewaltigung“, sagte er schließlich unsicher. „Oh nein“, wehrte Colin ab und entzog seinem Bruder seine Hand etwas zu hastig. „Das verstehst du falsch.“ „Und warum der blaue Fleck auf deinem Arm. Der war vorher noch nicht“, fuhr Kevin nachdenklich fort und deutete darauf. Colin war er noch gar nicht aufgefallen, doch er erinnerte sich daran, wie sehr es wehgetan hatte, als Gahan seinen Arm gegen ein Aktenregal gepresst hatte. „Wie gesagt, er ist grob und dominant. Es interessiert ihn eben nicht“, murmelte Colin und strich über den Fleck. Er schmerzte. „Das klingt immer noch nach einer Vergewaltigung“, beharrte sein Bruder. Seine grünen Augen suchten verzweifelt nach Colins Blick. „Ich hab mich doch nicht gewehrt, also … ich hätte ja nein sagen können, aber … ich hab es nicht. Weißt du, ich finde es erotisch, wenn jemand so … dominant ist.“ Kevin riss erstaunt die Augen auf. „Es macht dich geil, wenn man dir wehtut?“ fragte er empört. „Ein wenig vielleicht“, gab Colin zu. „Das ist ja krank!“ Colin bedachte ihn mit einem bösen Blick und Kevin wurde bewusst, dass das eigentlich zu Colin passte. Durch und durch ein Masochist. „Wirst du es Tom erzählen?“ fragte Kevin, um den Gedanken loszuwerden, dass sein Bruder auf Schmerzen abfuhr. „Na klar“, sagte Colin leichthin und zuckte mit den Schultern. Er war etwas rot geworden. Kevin musste darüber lächeln, dass ihm tatsächlich noch etwas peinlich sein konnte. „Wird er nicht wütend sein?“ „Ja, das wird Gahan wohl zu spüren bekommen“, sinnierte Colin. „Ich meine, ob er nicht auf dich wütend ist?“ hakte Kevin verständnislos nach. „Oh nein, nein ich darf tun und lassen was ich will und mit wem ich will, außer …“, Colin brach wieder ab und begann zu kichern. Kevin lehnte sich entnervt zurück. „Außer?“ fragte er beleidigt, weil er nicht an Colins Gedanken teilhaben durfte. „Nur mit dir nicht“, rückte Colin endlich raus und auch Kevin musste jetzt lachen. „Dabei bist du so ein heißer Typ“, säuselte Colin und zog seinen Bruder zu sich ran. „Hey, zurück an die Arbeit. Kein Techtel Mechtel mit dem Chef, klar?“ wies Kevin ihn zurecht, doch sein Lächeln strafte ihn Lügen. „Jawohl, Sir“, hauchte Colin und küsste ihn dann flüchtig auf den Mund. Kevin bekam eine Gänsehaut. Colin war schon nicht leicht. „Ich liebe dich. Danke.“ „Ich dich auch.“ Mario setzte sich stöhnend auf. Die Schmerzen trieben ihm Tränen in die Augen. Langsam robbte er zur nächsten Wand um sich daran abstützen zu können. Er war sich sicher, dass sie ihm mindestens eine Rippe gebrochen hatten. Vorsichtig ließ er sich gegen die Wand sinken und versuchte gleichmäßig zu atmen. Doch jeder Atemzug brannte. Warum hatten sie ihn nicht einfach umgebracht, warum mussten sie ihn noch foltern? „Scheiße, scheiße“, fluchte er atemlos und widerstand dem Drang in sich zusammen zu sinken. Es tat zu sehr weh. Sein Kopf protestierte dröhnend, als er die Augen zum Fenster richtete. Licht flutete hinein und ließ ihn blinzeln. Mit einem Mal verstand er wo er war. Dieses Zimmer, dieses Bett, das alles war seins. Er war im Haus seiner Mutter in seinem Kinderzimmer. Mario stöhnte wieder. „Nein, nein, nein“, jammerte er. Wie sollte er hier je wieder herauskommen. Er lauschte in die Stille des Hauses und konnte ganz entfernt Stimmen hören. Sie schienen langsam nähe rzu kommen und ihm wurde unwillkürlich schlecht. „Bitte nicht!“ hörte er eine weibliche Stimme flehen. Wenn das nicht seine Mutter war, wollte er einen Besen fressen. „Oh bitte Francesco, bitte nicht. Das kannst du nicht tun. Er ist doch mein Sohn.“ „Es ist meine Pflicht und jetzt lass mich vorbei“, antwortete die Stimme seines Onkels. Mario begann zu zittern, was bei seinen Schmerzen nicht unbedingt gut war. Die Tür wurde aufgestoßen und Mario zuckte zusammen. Er sog scharf Luft ein, als sein Körper mit Schmerzen protestierte. „Nein, nein hör auf!“ Isabella warf sich schützend vor ihren Sohn. Mario konnte sie nur anstarren. Seine Mutter. Das kam ihm komisch vor. „Bella, ich bitte dich. Geh. Du musst nicht zusehen, aber ich habe es geschworen. Habe es Vater geschworen, also geh bei Seite!“ „Er kann doch nichts dafür, dass gerade ER sein Vater ist!“ rief sie. Mario fiel auf, dass sie weinte. Ihm war noch gar nicht ganz klar, in was für einer Situation er sich befand. Erst als Francesco den Lauf einer Waffe auf seine Mutter richtete wurde es ihm allmählich klar. „Mama“, sagte er hastig. Sie fuhr zu ihm herum. Der Ausdruck in ihren Augen war herzzerreißend. „Mein armer Junge“, wisperte sie. „Das kannst du nicht tun! Francesco!“ Marios Onkel wollte gerade den Mund aufmachen, als ihn etwas unterbrach. Mario und Isabella starrten ihn schweigend an. „Nimm die Waffe runter“, sagte jemand leise und drohend. Francesco tat was ihm befohlen wurde und senkte den Lauf in Richtung Boden. „Brav und nun lass sie fallen.“ Auch dieser Aufforderung kam er ohne Widerrede nach. Hinter ihm trat ein Mann hervor und Mario war sich nicht ganz sicher, ob das gut war oder nicht. Auch dieser hatte eine Waffe dabei. „Bella“, sagte er. Sie riss die Augen weit auf, als sie ihn erkannte. „Luca“, wisperte sie fassungslos. „Du lebst.“ „Ist dir das aufgefallen, ja?“ fragte er. „Gut, geh weg von ihm. Sofort.“ „Luca, ich ….“ „Weg hab ich gesagt!“ brüllte er. Seine Hand zitterte am Abzug. „Beruhig dich“, sagte jemand leise und Mario fiel ein Stein vom Herzen. „Papa“, wisperte er kraftlos. Sein Vater kam auf ihn zugeeilt. „Kannst du aufstehen?“ fragte Tom und sah ihn besorgt an. Mario wollte lieber gar nicht wissen, was für ein Anblick sich ihm bot. Er schüttelte leicht mit dem Kopf. „Dreckskerl, was hast du mit ihm gemacht!?“ fuhr Tom Francesco an. „Und du lässt das zu? Du bist seine Mutter!“ Isabella zuckte zusammen und weinte nur noch mehr. Vorsichtig half Tom seinem Sohn auf die Beine. Es war gerade noch zu ertragen. Die Schmerzen fast sein ganzes Denken ein. „Er ist aufgewacht“, flüsterte Tom in Marios Ohr. Wieder war da diese Erleichterung. „Gott sei Dank“, flüsterte er schwach. „Wir müssen hier weg“, sagte Luca und winkte Tom zu sich. „Schnell, bevor ich die Beherrschung verliere!“ Die verließen das Zimmer so schnell es irgendwie ging und Tom trug Mario mehr die Treppe hinunter als er selbst ging. Sie erreichten ein schwarzes Auto, dass direkt vor der Einfahrt geparkt hatte und Tom schob seinen Sohn auf die Rückbank. „Er muss ins Krankenhaus“, hörte Mario ihn sagen, als Luca mit quietschenden Reifen anfuhr. „So übersteht er den Flug nicht. Und was sollen die Leute denken?“ „Wir haben keine Zeit“, zischte Luca durch die zusammengebissenen Zähne. „Sie haben mich gesehen und erkannt, das ist nicht gut. Jetzt wissen sie mit wem sie es zu tun haben.“ „Wir bekommen ihn so niemals heil hier weg“, sagte Tom. Seine Stimme wurde immer leiser für Mario und die Schmerzen ebbten langsam ab. „Mario? Hey …“ Dann war alles dunkel. Chris starrte nachdenklich auf seine Hausaufgaben vor sich. Eigentlich konnte er es so lassen. Kontrollieren würde doch so wie so niemand. Seufzend lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und sein Blick fiel auf die leere leblose Zimmerhälfte die Mario gehörte. Sein Bett war sauber gemacht, sein Schreibtisch ordentlich aufgeräumt. Es sah wirklich leblos aus. Ein wenig Staub hatte sich auf seinem Laptop gesammelt. Als wäre er gestorben, so sah es aus. Chris zog eine Schublade an seinem Schreibtisch auf und holte Marios Brief heraus. Zum hundertsten Mal las er ihn, obwohl er die Worte schon auswendig kannte. Alle waren sauer auf Mario, selbst Marc irgendwie. Nur Chris, der allen Grund dazu hatte, nicht. Ein Fehler, ein Patzer, was war das schon? Colin und Tom nahmen es doch auch nicht so genau. Konnte man nicht einfach einmal verzeihen? Sicherlich, dass es gerade Mandy war erschwerte die Sache erheblich, aber Chris wollte es so gern einfach vergessen. Für seine Überreaktion sollte Mario nicht leiden. Wo er wohl war? Ob er bald wiederkommen würde? Hoffentlich fand Tom ihn schnell. Chris seufzte wieder. Das Leben war so schrecklich kompliziert. Unvermittelt wurde er aus seinen Gedanken gerissen, als sein Handy in der Hosentasche zu vibrieren begann. Er zog es hastig hervor. „Hi“, sagte er und lehnte sich wieder zurück. „Was geht? Hast du Zeit heut Abend?“ fragte Marcs Stimme heiter. Chris verdrehte die Augen. Jetzt keine schwulen Sprüche! „Nein, ich hab so viele Freunde, dass ich voll ausgeplant bin. Was hast du denn vor?“ fragte er schließlich doch. „Also … heute Abend bin ich zu einer Geburtstagsparty eingeladen. Es ist ein übelst heißes Gerät da, dass nur noch nicht weiß, dass es auf mich steht. Ich brauch da mal deine Hilfe.“ Chris stöhnte genervt: „Schon wieder?“ „Sicherlich“, erwiderte Marc. „Wann und wo?“ fragte Chris. Warum nicht? Er hatte eh nichts Besseres vor. „In zwei Stunden, komm erstmal zu mir, okay? Mh … fährst du?“ fragte Marc. Das hatte Chris kommen sehen. „Ja“, sagte er. „Ausnahmsweise.“ „Sehr gut, bis dann!“ Schon hatte er aufgelegt. Chris hatte ein Auto geschenkt bekommen und seitdem war er noch beliebter bei Marc. Er stand auf und ging hinüber zu seinem Kleiderschrank und öffnete ihn. Unzählige Klamotten lagen dort, die meisten liebevoll ausgesucht und gekauft von Colin. Er wühlte ein bisschen. Am Besten war etwas Schlichtes, damit Marc neben ihm auch auffiel. Er musste uninteressant wirken für die Frauen. Schließlich entschied er sich für eine einfache Jeans und ein schwarzes T-Shirt. Zufrieden mit sich verließ er das Zimmer in Richtung Bad. „Gehst du wieder kuppeln?“ Chris zuckte zusammen, als Colins Arme sich von hinten um ihn schlangen. Hatte der einen leisen Schritt! „Erschreck mich nicht!“ sagte er tadelnd. „Sag schon, gehst du?“ ließ Colin nicht locker. Chris Nackenhaare stellten sich auf, als er Colins Atem dort fühlen konnte. Sein Onkel drehte ihn zu sich herum. „Ich kann es gar nicht ertragen, wenn du so langweilig aussiehst …“ „Es funktioniert aber“, gab Chris lächelnd zurück. Colins enttäuschter Gesichtsausdruck war zu niedlich. „Dafür habe ich aber nicht so viel eingekauft und dir versucht dir Stil anzuerziehen!“ maulte Colin weiter. Er selbst sah tatsächlich aus, wie ein Model kurz vor dem Fashion Shooting. „Wir können ja auch mal wieder weggehen. Dann zieh ich auch etwas anderes an, versprochen“, schlug Chris vor und schob seine Hände über Colins Schultern. „Na gut“, lenkte dieser ein. „Dann geh mal deinen neuen Kumpel verkuppeln. Dummer Kerl.“ „Warum?“ fragte Chris und hielt seinen Onkel fest, als der schon wieder lautlos wie er gekommen was verschwinden wollte. „Er sollte dich nehmen“, sagte Colin, überzeugt von seiner Idee. „Aber Marc ist durch und durch eine Hete, das weißt du doch“, kicherte Chris. Er wusste schon, was er als Antwort darauf bekommen würde. „Das hat dein Vater auch mal gedacht“, sagte Colin seufzend. Volltreffer. „Und Gott sei Dank. Denn sonst hätte ich keinen so wunderschönen, süßen Neffen wie dich.“ Colin küsste ihn flüchtig und seufzte dann. Chris konnte das nicht genau deuten, aber er hatte auch nicht mehr so viel Zeit. „Lässt du mich meine Haare machen?“ fragte er und lächelte. „Ungern“, gab Colin zu. Er hatte die Arme und Chris Hüften gelegt. Dieser konnte sich nur zu gut denken woran Colin dachte. Leider musste er diesen Gedanken beiseite schieben, wenn er Marc nicht enttäuschen wollte. „Mach keinen Unsinn, hörst du?“ sagte Colin leise. „Ich halte nichts von Enkelkindern.“ Wieder so ein flüchtiger Kuss. Noch so einer und Chris würde weich werden, Marc einfach vergessen und mit Colin … „Wirst du wohl nie bekommen. Ich bin ja nicht dein Sohn“, riss er sich selbst aus seinen Gedanken, die immer heißer wurden. Die Luft knisterte praktisch. „Ein Glück“, murmelte Colin nur und leckte sich unbewusst über die Lippen. „Sei ein guter Homo und verführ die Hete“, sagte er und grinste wieder. „Lieber nicht“, lehnte Chris lachend ab. Die Musik war viel zu laut und überhaupt nicht Chris Geschmack. Schon auf den ersten Blick missfiel ihm auch die ganze Partyatmosphäre. Überall klebte ein halbnacktes Mädel an einem Typen mit Klamotten, die ihm drei Nummern zu groß sein mussten. Hier ging es nur darum möglichst viel zu saufen und irgendjemanden zu vögeln. „Nicht besonders schlau, hier so spät aufzutauchen“, brüllte Chris in Marcs Ohr, damit er ihn auch nur ansatzweise verstehen konnte. „Nicht, dass jemand schneller war als du!“ Marc zuckte nur die Achseln und sie bahnten sich weiter ihren Weg durch die tanzenden Leiber. Chris verstand das schon. Es war uncool so früh auf einer Party aufzutauchen. Natürlich. „Bah“, machte Chris, als ein stinkender, besoffener Typ ihn anrempelte. Marc packte ihn am Arm und entzog ihn den umherirrenden Augen des Betrunkenen, um Schlimmeres zu vermeiden. „Da ist sie!“ brüllte er und beugte sich zu Chris runter um ungefähr auf seiner Augenhöhe zu sein. Chris musste durch die Lücke zwischen zwei Partygästen spähen. Ihr Name war Sarah, das hatte Marc schön erwähnt. Sie trug ein knappes schwarzes Kleid und hatte wallendes Kaffeefarbenes Haar. Ihre Haut war gebräunt, wahrscheinlich von Natur aus, jedoch verfeinert mit ein wenig Solarium bräune und natürlich fehlten die Accessoires und ein Haufen Make-Up nicht. Chris warf Marc einen Seitenblick zu. Ja sie war genau sein Beuteschema. „Langweilig“, kommentierte Chris. „Wie wäre es mal mit einer Blondine?“ Marc sah ihn warnend an und Chris hob die Hände. „War nicht so gemeint, man!“ Er blickte sich prüfend um und legte sich seine Strategie zurecht. Marc war schon wieder ungeduldig, also musste es schnell gehen. Gut, umso eher war er wieder zu Hause bei Colin und hatte vielleicht doch noch eine Chance auch auf seine Kosten zu kommen. „Also gut“, sagte Chris und zog Marc mit in eine ruhigere Ecke, wofür er schon wieder einen warnenden Blick bekam. „Hallo? Hör mal auf damit. Ich will nichts von dir“, murrte Chris und dachte sehnsüchtig an Colin. „Pass auf, versuchen wir es damit.“ Marc wurde schon viel entspannter, als Chris ihm seinen Schlachtplan erklärte und grinste bald auffällig siegessicher. „Den Rest kannst du ja alleine“, schloss Chris seinen Plan und tauschte einen kurzen Blick mit Marc. „Ach ja, trink nichts, oder wenig. Das wäre unerotisch.“ „Schon klar“, gab Marc nach. Er hörte auf Chris. Schließlich hatte die Masche schon oft genug gezogen in den letzten Tagen. Ungeduldig beobachtete er, wie Chris seine Angebetete ansprach und sich über ihr „wunderschönes“ Kleid ausließ. „Schwuchtel“, murmelte Marc und schüttelte verständnislos den Kopf. Er bot ihr einen Drink an. Sie freute sich darüber. Ihr Lächeln war bezaubernd. Marc wollte direkt neidisch werden. Nach einer viertel Stunde schwankte sie schon leicht und kicherte zu viel. Chris drehte sich wie zufällig um, warf ihm einen vielsagenden Blick zu und Marc näherte sich ihnen. „Hi Marc!“ sagte er überschwänglich. „Sarah, kennst du Marc schon? Marc, das ist Sarah. Ist sie nicht bezaubernd. Entschuldigt mich kurz, ich bin gleich wieder da!“ Weg war er. Marc grinste. „Hi Sarah“, sagte er und ließ sich dicht neben ihr nieder. „Hi“, sagte sie. „Du bist aber nicht schwul, oder?“ „Nein, absolut nicht“, sagte Marc lachend. „Da bin ich aber froh“, gab sie kichernd zu. Chris hatte gut vorgearbeitet. „Er ist ja wirklich nett und süß, aber es ist echt deprimierend, dass man gar keine Chance bei ihm hat!“ Sehr gut vorgearbeitet. Sie hatte Hunger bekommen und er war der Hauptgang. _________________________________________________________________ Anm. v. A. Mist. Ich glaube ich bin einfach zu faul mir lauter Kapitelüberschriften rauszusuchen. Es tut mir echt leid, dass die Dinger immer so irre lang sind. *seufz* Im Schriebfluss merk ich das gar nicht und hinterher will ich es nicht mehr auseinander reißen. Dumm gelaufen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)