Die Anstalt von Angie_Cortez (Nikolai und Raith) ================================================================================ Kapitel 1: Room One ------------------- - I was hanging from a tree Unaccustomed to such violence Jesus looking down on me I'm prepared for one big silence - Room One Prolog Nikolai hatte geglaubt endlich wäre alles vorbei. Doch auf die Dunkelheit, die er herbeigesehnt hatte, die er endlich erreicht hatte, folgte bald wieder ein Fünkchen Bewusstsein. Er nahm Geräusche wahr. Wie konnte das nur sein? Oder hatte er tatsächlich eine Welt erreicht, die jenseits des Realen lag? Eine Art Himmel, oder gar Hölle. Nie hätte er daran geglaubt, doch jetzt jagte wieder Angst durch seinen Körper. Hatte seine Mutter nicht immer davon geredet? Sie hatte den Rosenkranz geschwungen und zum Himmel geschrieen. Er erinnerte sich lebhaft daran. Nikolai hatte sich in sein Zimmer eingesperrt und geweint, während seine Mutter den Himmel anrief: Oh lieber Gott, was soll ich tun mit meinem sündigen Sohn? Was soll ich tun mit ihm, der sich der Sodomie schuldig gemacht hat? Nikolai hatte geweint. Sie wollte ihn nicht verstehen. Wollte nicht hören, wie er ihr versuchte zu erklären, dass Gott doch die Liebe wollte und er liebte, eben anders als andere, doch er liebte. Und das war doch keine Sodomie, dieser veraltete Begriff war fehl am Platze. Er war schwul, das war es auch schon. Doch seine Mutter hörte nicht zu. Horror, Angst und Wut standen in ihrem Blick, als sie vor dem Kreuze im Wohnzimmer zusammenbrach und Nikolai mit seinem Selbsthass zurückließ. Seine Mutter hatte sich nie ganz erholt. Vielleicht wäre alles besser geworden, hätte er einfach geschwiegen. Doch dieses Geheimnis mit sich herumzutragen, war er nicht länger fähig gewesen. Nikolai spürte, wie Luft in seine Lungen drang, Luft die sich ihm aufdrängte. Sein Bewusstsein wurde schärfer. Er konnte auch schon Stimmen vernehmen, die Worte formulierten. Ja, vielleicht hätte er alles für sich behalten sollen. Seine Mutter, seine arme, tief gläubige Mutter hatte er in so tiefes Unglück gestürzt. Er als einziges Kind, vom rechten Pfade abgekommen, im Sumpf der modernen Sünden versunken. Früher, so sagte sie, früher gab es so was nicht. Früher waren die Männer und Frauen noch rechtschaffen. Nikolai hatte mit hängendem Kopf kniend zu ihren Füßen gehockt. Immer noch waren seine Tränen, feucht und warm, seine Wangen hinuntergelaufen. Sie sollte mit den Anschuldigungen aufhören. Der Schmerz in ihm war groß gewesen, so groß, dass er ihm die Luft nahm, dass er keuchte und die schweißnassen Hände rang. Sie wünschte sich, Gott würde ihn endlich zu sich holen, bevor noch Schlimmeres ihn in die Hölle tragen konnte. Nikolai hatte sie angesehen von seinem Platz am Boden aus, hatte seine Tränen getrocknet und war zurück in sein Zimmer gelaufen. Dort hatte er den großen Spiegel an seinem Kleiderschrank zertreten, mit so viel Wut, dass die Scherben kreischend klirrten. Mutter hatte unten aufgeschrieen, doch bevor sie gegen seine Tür schlagen und den lieben Herrgott anflehen konnte, ihren Sohn zu schonen, ihn auf den rechten Pfad zu führen, drang die größte Scherbe die er finden konnte durch seine Haut und ließ das Blut seinen Arm herabfließen. Die Dunkelheit war gekommen, die Dunkelheit, die so gnädig alles gelöscht hatte. Doch nun wurde die absolute Dunkelheit schwarz, wurde grau, wurde weiß und langsam öffnete Nikolai die Augen um in ein Gesicht zu starren, das hinter einer weißen Maske verborgen war. „Bin ich im Himmel?“ wollte er fragen, doch etwas verschloss ihm den Mund. Er bemerkte die Beatmungsmaske, die man ihm angebracht hatte, er spürte die Infusionsnadel, spürte das fremde Blut in seinen Körper rinnen und zuckte unter den Schmerzen fester Verbände zusammen. Seine Augen füllten sich mit Tränen, und er sah zu der Ärztin hoch, die ihn besorgt aus ihren rehbraunen Augen betrachtete. Lasst mich doch sterben! Er begann wieder zu weinen, obwohl sich seine Augen trocken anfühlten, er schüttelte den Kopf in schierem Entsetzen und formte die Lippen zu einem einzigen Wort. Nein! Sie sag sah ihn traurig an und verschwand im Nichts. Nikolai übergab sich verzweifelt der Ohnmacht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)