Fragmente von SamAzo (One Shot Sammlung) ================================================================================ Wissen ------ Die Sonne schien und ließ den Schnee glitzern. Miles wanderte durch den Wald und blieb dabei auf dem schmalen Weg, der sich durch die Nutzung von ihm und Quint bereits gebildet hatte. Sie waren allein, auch wenn Quint sich des Wetters und der Tageszeit wegen jetzt nicht bei Miles befand. Darum ging Miles auch ganz alleine zum See, um ein paar Fotos, mit der alten Kamera zu machen, die er in Quints Hütte gefunden hatte. Ein paar Fotos waren auf dem Film bereits, aber er hatte keine Ahnung, was oder wer darauf sein könnte, da es noch ein Fotoapparat mit Film war. So ein altes Ding, das erst einmal entwickelt werden wollte, bevor sie dazu kommen könnten sich die Bilder anzusehen. Falls das überhaupt noch klappte. Wie lange die Kamera bereits in der Hütte lag und wie gut sich der Film darin gehalten hatte, würden sie wohl erst raus finden, wenn sie dann in einem Laden standen, um die Bilder abzuholen. Noch war jedoch Platz und somit hatte sich Miles gedacht, er könnte das Wetter ausnutzen. Hier draußen gab es schließlich das reinste Winter-Wunderland und das wollte einfach fotografiert werden! Ein paar Eiszapfen hatte er bereits festgehalten. Wie sie in der Sonne glitzerten und vor sich hin tropften... Ein paar bunte Beeren ragten aus dem Schnee. Die Roten wirkten wie Blutstropfen. Die Blauen bildeten ein Muster, das aussah wie ein Schmetterling. Auch das bannte Miles mit der Kamera. Er freute sich schon darauf sich die Bilder zusammen mit Quint anzusehen. Wie lange war es wohl her, das er Schnee im Tageslicht gesehen hatte? Natürlich gab es Filme und in der Werbung gab es auch die schönsten Winterorte und strahlend blauen Himmel, aber das hier war eben ein Ort, der Quint wichtig war. Zu dem er sich zurückzog, wenn er Ruhe haben und allein sein wollte. Ein Ort, an dem Miles sich inzwischen genauso wohl fühlte, wie in seiner eigenen Wohnung, weil Quint ihn gerne hier hatte, selbst wenn er keinen anderen in seiner Nähe ertrug. Als es zu kalt, und auch langsam dunkler, wurde ging Miles zurück. Er hatte keine Lust hier im dunkeln herum zu laufen, auch wenn er zumindest keine Bären fürchten müsste. Wölfe könnten sich dennoch hier herumtreiben und da kannte Miles nur einen, der ihn ganz sicher nicht als Abendessen sehen würde. Aber der war nicht hier. In der Hütte empfing ihn der süße Duft von frischen Plätzchen, die er vor seinem Spaziergang noch gebacken und zum abkühlen hatte stehen lassen. Nachdem er sich Jacke und Schuhe entledigt hatte und die Kamera auf dem Tisch stand, wollte Miles eigentlich sein Gebäck verpacken. Wie jedes Jahr war es ein Teil seiner Geschenke für seine Freunde. Da kam dann noch die ein oder andere Kleinigkeit dazu und es wäre erledigt. Im Grunde hatte er also nun so gut wie alles für Weihnachten fertig. Blieb eine Sache... * Als Quint aufwachte war der Himmel noch nicht ganz dunkel. Am Horizont war ein heller Streifen, der ihn nicht davon abhielt sich zu Miles zu gesellen. Der packte gerade seine Kekse und Plätzchen in kleine Boxen, um aus ihnen die Geschenke für seine Freunde zu machen. Eine dunkelrote Box fiel Quint ins Auge, da sie wesentlich kleiner war, als alle anderen und kaum etwas hineinpassen würde. „Wer bekommt denn das?“, wollte er wissen, während er sich an die Arbeitsfläche zwischen Küche und Wohnbereich lehnte. Miles grinste vor sich hin und zählte weiter die Plätzchen vom Blech. Genau sieben Karamell-Makronen, vier Kaffee-Doppeldecker und vier Schoko-Kokos-Plätzchen passten in die Geschenkboxen. Damit hatte Miles dann auch den letzten Rest an Platz ausgenutzt. Quint ließ ihn machen, wo er die Antwort bereits aus dessen Gedanken erfahren hatte. Denn auch wenn Miles ihm verheimlichen wollte, für wen das Geschenk war, reichte es dem Vampir wenn er einen kurzen Gedankenfetzen mitbekam. Miles Gedanke hatte Quint gegolten. Es war also für ihn und obwohl er es nun wusste, hatte er nicht vor es anzunehmen und eigentlich wusste Miles auch, das Quint keine Geschenke haben wollte. Als Miles die letzte Box gefüllt hatte richtete er seine Aufmerksamkeit auf den Vampir. „Du kannst es ruhig nehmen.“ Er kannte Quint gut genug, um sagen zu können, das er seine Frage bereits selbst beantwortet hatte. Zwar mit Hilfe einer kurzen Einsicht in Miles Kopf, aber das nahm er ihm nicht mehr übel. „Es ist auch nichts... naja. Hmmm... wie beschreibe ich das am besten?“ „Sag nicht, das es nur eine Kleinigkeit wäre oder dergleichen. Es bedeutet dir viel...“ Doch Miles ließ Quint nicht weiter sprechen. „Aber das heißt nicht, das es bei dir auch so wäre... ist.“ Der Moment, in dem Miles alles was dieses Geschenk anging durch den Kopf ging, reichte Quint aus, um zu wissen worum es sich handelte. Er senkte den Blick und betrachtete das kleine Geschenk für ihn. Beinahe schon zögerlich nahm er es an sich und machte es doch nicht auf. „Ich möchte keine Geschenke, Miles“, sagte er und sah Miles wieder an. „Du hast noch nicht rein gesehen.“ „Brauche ich auch nicht. Ich kenne deine Gefühle und deine Gedanken. Ich kenne deine Schwächen, die Dinge, die dich fröhlich machen...“ „Du kennst mich in und auswendig“, fasste Miles zusammen. Quint nickte. So konnte man das nennen. „Aber was weiß ich von dir? Ja, natürlich – ich weiß schon mehr als viele andere und ich finde es wundervoll, das du mir so sehr vertraust. Das... das... ist etwas, das nicht so selbstverständlich ist, wo du nicht einmal wusstest, ob ich es wert bin. Ja, das hab ich mir gemerkt. Aber du hast auch gesagt, das du auf mich gewartet hast. Wieso ausgerechnet auf mich?“ Quint sah Miles an und wusste nicht so recht, was er sagen sollte. Jetzt kannten sie sich so lange und er hatte nie einen Gedanken gesehen, der ihn auf diese Frage vorbereitet hätte. „Ich... weiß es nicht genau“, gab er zu. „Du kamst auf das Dach.“ „Ja, aber ich hatte die Idee dort hoch zu gehen einfach so. Ohne Grund, ohne einen vorangehenden Gedanken an Jeremy. Und vor allem hatte ich die Idee auch erst nach Einbruch der Dunkelheit...“ Miles ließ sich auf einen Stuhl fallen und wischte sich über das Gesicht. So hatte das nicht laufen sollen. „Wieso also ich?“, fragte er noch einmal leise. Quint blieb eine Weile ruhig und als Miles wieder zu ihm sah, schien dieser zu überlegen. So unsicher hatte Miles den Vampir schon lange nicht mehr erlebt. Es waren diese schwachen, zerbrechlichen Momente, die Miles zeigten, das Quint noch immer menschlicher war, als dieser jemals freiwillig zugeben würde. „Du warst alleine“, kam es schließlich von dem Unsterblichen. „An dem Abend... du hast … immer wieder daran gedacht, das du jemand anderen brauchen würdest, als deine Freunde. Jemand, der dich besser verstehen könnte.“ Quint spielte mit der schmalen Box. „Ich hatte keine Ahnung, kein Verständnis, aber... ich war auch alleine und...“ Nein, das konnte er Miles nicht erzählen. Es wäre ein Eingeständnis, das er lange nicht einmal sich selbst hatte geben wollen. „Und?“, wollte Miles wissen. „Die Wahrheit? Wärst du nicht dort rauf gekommen und hättest Zeit mit mir verbracht, dann wäre ich vielleicht nicht mehr hier. Du warst zwar ängstlich, aber... so offen und warmherzig.“ Miles starrte Quint an. Das war tatsächlich mehr, als er jemals geglaubt hätte zu hören. Darum stand er auch auf und ging um den Tresen, damit er Quint umarmen konnte. Der sah aus, als brauchte er das jetzt, auch wenn er sonst immer eher dagegen war. „Keine Geständnisse mehr!“, verlangte Quint leise. „Wie wäre es damit, wenn das gar nicht nötig werden müsste?“ „So wie in... immer die Wahrheit sagen?“ Miles nickte. „Dann sollte ich dir vielleicht sagen, das ich eine Lösung für deine Stimmen habe.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)