Smoke and Crimson von dadgrin ================================================================================ Kapitel 1 --------- Als Sebastian auf die Londoner Straßen hinaustrat war das erste was er dachte, das er etwas passenderes zum Anziehen brauchte. Denn auch wenn seine Kleidung keine Spuren von den Feuern der Hölle aufwies – ein bedauerlicher Nebeneffekt dem die meisten Dämonen aus dem Weg gingen, indem sie jedes Mal, wenn sie an die Oberfläche kamen ihren Körper änderten – war sie immer noch seit gut dreißig Jahren aus der Mode. Einige Dämonen glaubten, das die Kleidung längst vergangener Zeitalter den Hauch ihrer Unsterblichkeit nur noch verstärkte, das sie den Beweis lieferte das sie schon immer da gewesen waren und immer da sein würden. Marchosias zum Beispiel, bestand darauf sich wie Kaiser Nero zu kleiden. Das war aber auch der Grund warum er in nächster den Zeit kaum den siebten Thron der Hölle wieder zurückerlangen würde. Es war nicht das erste Mal während dieser drei Jahrzehnte das Sebastian unter Menschen wandelte – er hatte gerade vor einigen Jahren zu Abend gegessen – allerdings war es das erste Mal das er es ohne Vertrag tat seit er seine Diät begonnen hatte. Welche ihm letztlich auch an die Nieren ging. Dämonen die sich von Junk-Seelen ernährten zeigten sich absolut glücklich damit nur zu essen, dem Himmel zu zeigen wie korrumpierbar die Menschen doch waren und auf dem Steinrand herumzutoben. Aber seit Sebastian angefangen hatte darauf zu achten was er aß, begann er auch in allen anderen Bereichen seines Lebens auf Qualität zu achten. Die Ewigkeit war ja letztenendes eine ziemlich lange Zeit, wenn man nichts anderes tat außer Gott zu ärgern. Er verdiente die Chance auf eine eigene Identität. Als erstes war da natürlich die Frage nach seinem Namen. Andere Lebewesen verstanden einfach nicht wie viel von dem Namen eines Dämons abhing: Er war seine Identität; das was die Menschen für ihre Beschwörungen brauchten und ihr Anspruch auf das was es wert war später aufgeschrieben zu werden. Der durchschnittliche Dämon auf der Straße würde alles für seinen wahren Namen geben. Aber er mochte 'Sebastian' lieber, genauso wie er seinen jetzigen Körper lieber mochte. Nebenbei gesagt würde er auch nur seine Zeit verschwenden, wenn er darauf bestehen würde in seiner richtigen Gestalt mit seinem richtigen Namen hier durch die Gegend zu schlendern. Wen wollte er hier eigentlich verarschen – er verschwendete seine Zeit so oder so. Er wusste nicht Mal warum er hier war. Was, nebenbei gesagt, eine absolute Lüge war. Dämonen waren ja in dem Ruf Schwindler zu sein, aber wenn es darum ging sich selbst zu belügen, musste er einsehen das er es verlernt hatte. Als er das letzte Mal in London gewesen war, hatte er nicht sonderlich viel gelogen – ausgenommen wenn der Grund warum er hier war zählte – allerdings war da generell auch nicht viel Zeit für irgendetwas gewesen bei seinem letzten Essen. Ciel hatte vielleicht einen Beschützer gebraucht, aber alles was das Gavrilo Princip von ihm verlangte war eine etwas übernatürliche 'wird-erledigt'-Haltung. Nur wenige Menschen wussten das der Satz 'du bist was du isst' von Sebastians Cousin Asmodeus stammte der es einem seiner Essen gesagt hatte und so war er in den Umlauf gekommen. Aber das Problem dabei nur alle paar Jahre oder Jahrzehnte die feinsten Seelen zu essen und sich die Zeit nicht mit Snacks zu überbrücken, war dass Sebastian begann sich ziemlich... menschlich zu fühlen. Demnach tat er auch etwas menschliches. (In der Hölle wurde 'menschlich' gelegentlich als Synonym für 'unglaublich dumm' verwendet.) Das Wichtigste zu erst: Kleidung. Er hatte beschlossen wieder etwas praktischer zu werden. Eine durchaus praktische Eigenschaft von Menschen war es das sie es liebten sich gelegentlich zu betrinken. Um die Auswahl einzugrenzen brauchte er eine halbe Stunde, doch auch wenn Sebastian die Auswahl von einigen verschiedenen Anzügen hatte entschied er sich letztlich für einen schlichten schwarzen Wollanzug der mehr oder weniger eine neuere Version dessen war was er als Ciels Butler getragen hatte, nur ohne die Eigenheiten des Livrees. Dennoch, einen gut geschnittenen schwarzen Anzug zu tragen verhalf ihm noch lange nicht zu Anonymität und während Deutschland in voller Blüte stand war London noch immer ziemlich mitgenommen. „Exzellente Arbeit“, sagte ein zehnjähriger Junge auf der Straße zu ihm. „Hätte ich selbst nicht besser machen können.“ Sebastian blickte dem Jungen hinterher als er davonrannte und vorgab die Abendausgabe zu verteilen, wobei er in Wirklichkeit auf der Suche nach einem Snack war. Azazel. Sein zweiter Cousin Dantailion winkte ihm zu, während Procel und Bal ihn beide anhielten um ihm die Hand zu schütteln. Und erst als ihn Alocer fragte wo er die letzte Zeit gewesen war und wie es um seine Gesundheit stand, fiel Sebastian auf das selbst für einen flüchtigen Besuch in London bei Nacht sich viel zu viele hochrangige Dämonen an ein und dem selben Ort herumtrieben. Eine plötzliche schreckliche Erkenntnis sackte schwer in seinen Magen hinab, vergleichbar mit dem was die meisten Menschen empfanden, wenn es um die bloße Vorstellung ging erhebliche Zeit mit ihren Verwandten zu verbringen. Ohne ihr Gefolge ging seine liebe Tante Lilith nirgendwo hin und im Hinblick auf ihre Qualitäten als Gastgeber, liebte sie es natürlich festliche Abendessen zu veranstalten. Freilich aßen Dämonen selten zusammen. Aber war das Tratschen über das Essen hinterher geradezu ungehörig unter Menschen, (zumindest bevor es den Fernseher und die Kochshows mit ihren schamlosen Jurys gab), so war es doch in der Hölle ein beliebter Zeitvertreib. Zwar hätte er die Einladung so oder so höflich abgelehnt, aber es stand immer noch im Raum das er gar nicht eingeladen worden war. Es bedeutete das er etwas getan hatte, was seiner Tante Lilith missfiel. „Und ich dachte ich hätte mir genug Ehre verdient um für eine halbes Jahrhundert oder so meine Ruhe zu haben...“, murmelte Sebastian zu sich selbst. Seine Verwandtschaft hatte ihm ja nicht umsonst gratuliert. Allerdings hatte er Prioritäten, und auch wenn er sich nicht sicher war ob er den Mut hatte sie umzusetzen, wollte er die Freiheit haben sie aufzuschieben ohne das es in einer Art überkomplizierten Familienaffäre endete in der alles aus den Fugen geriet. Seine Diät hatte ja schon für genug Aufregung gesorgt. Er schloss seine Augen, und als er sie wieder öffnete fand er sich inmitten des dunkleren, hässlicheren Teils Londons wieder. Er roch Blut, aber irgendwas daran war komisch. Allerdings war auch etwas komisch an dem Loch in der Decke der Lagerhalle und wie wahllos zerstreut alles herumlag. „Willst du deiner Tante keinen Kuss geben?“ Sebastian blickte auf und sah eine Frau deren sehr modisches, sehr teures Kleid teilweise von etwas dunklem nach Eisen riechendem durchtränkt war. Noch mehr Blut. Ein schmales Lächeln legte sich auf seine Lippen. „Ich nahm an du wärst hier in der Gegend Lilith, also wollte ich kurz hallo sagen.“ „Was tust du hier?“ Lilith schmunzelte, als sie ihr sehr menschliches schwarzes Haar zurück- und das Kleid, die Haut und die Fassade abwarf. Ihre wahre Gestalt ließ Sebastian zusammenzucken. Sie war äußerst unangemessen für die feine Gesellschaft, auch wenn der eigentlich Grund das ihm die wahre Erscheinung eines Dämons zuwider war der war, dass es ihn daran erinnerte das er selbst nichts anderes trug. Einen Anzug in einem Anzug. „Hat mein süßer Neffe endlich beschlossen wieder zu seiner Familie zurückzukehren? Ich dachte du wärst dir zu gut für uns. Zuerst versuchst du auf eigene Faust besser zu speisen als Luzifer persönlich und meinst dann so herablassend sein zu dürfen indem du bei Gericht fernbleibst, nachdem du dein kleines Gefecht gestartet hast. Sicher, deine Geschwister, Cousins und Cousinen mögen beeindruckt sein, aber du musst schon bessere Geschützte auffahren, wenn du dich aufspielen und wie ein Mensch verhalten willst...“ „Also hast du mich überwachen lassen“, Sebastian hatte Mühe seine Stimme ruhig zu halten als er das sagte. „Tut mir leid das meine Angelegenheiten so langweilig waren, das nächste Mal suche ich mir eine Seele mit Aussicht auf eine aufregendere Beschäftigung.“ Lilith schmunzelte. „Warum solltest du deiner lieben Tante denn etwas verheimlichen wollen? Ich will doch nur das beste für dich... besonders wenn du nicht ganz beisammen bist. Ich hab ein paar Überlegungen angestellt warum du hier sein könntest.“ Daraufhin verschränkte Sebastian die Arme vor der Brust. „Ich hab so das Gefühl du wirst es mir gleich erzählen.“ „Ich esse. Ich lebe, überlebe nicht, so wie du. Denkst du wirklich ich schaue zu wie mein Neffe verhungert?“ „Ich werde nicht verhungern, Lilith“, seufzte Sebastian und vergrub für einen Augenblick sein Gesicht in einer Hand um ruhig zu bleiben. Mal im ernst, wer hatte je von einem verhungernden Dämon gehört? Als er wieder aufsah, nahm er die dunkle Zerrung an ihrer Schulter genauer unter die Lupe. Selbst jetzt wo sie ihre menschliche Hülle abgelegt hatte war sie immer noch da, also musste es letztlich ihr Blut sein. Wer hatte schon Mal von einem Dämon gehört der während seines Abendessens einen solchen Schnitt kassiert hatte? „Woher hast du diese Wunde...?“, wollte er dann wissen. „Oh Darling, wie-“ „Nenn mich nicht so. Ich will das nicht hören. Niemals wieder.“ Genauso gut hätte er ihr an anderer Stelle eine klatschen oder den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist beschwören können, so wie Lilith zusammenzuckte. „Wie bitte?“, fragte sie atemlos als sie sich wieder gefangen hatte. „Du würdest mich lieber den Namen den dir dein Fünfuhrtee verliehen hat benutzen lassen? Willst du so unbedingt ein Mensch sein?“ „Ich will kein Mensch sein– “ „Wäre dir Mr. Michaelis lieber? Oder ist dir das zu förmlich? Vielleicht einfach Sebastian... oder wie wärs mit“, meinte sie lachend, „etwas niedlicherem? Wie Sebby?“ Dieser Name war das letzte was er jetzt noch hatte hören wollen. „Es wäre mir lieber, wenn du mich Sebastian nennen würdest. Aber ehrlich gesagt wäre es mir noch lieber, wenn du mich nie bei auch nur irgendeinem Namen nennen würdest“, sagte er finster drein blickend. „Fahr zur Hölle– “ „Schweig jetzt!“, sagte Lilith und machte eine abwehrenden Handbewegung. „Es gibt keinen Grund dich übermäßig aufzuregen... Sebastian. Wir wissen beide das du sparsam mit deinen Kräften umgehen musst; wer weiß wann du das nächste Mal isst? Ich für meinen Teil, weiß sehr genau das es nur eine Frage von Stunden ist, bis mich ein wahrer Leckerbissen beschwören wird und er wird ein viel aufregender gestaltetes Spiel für mich haben als der letzte, wenn auch vielleicht nicht ganz so interessant. Kommt ja nicht jeden Tag vor das ein Dämon gerufen wird um sich am Tod zu rächen... Au revoir, mein wählerischer kleiner Neffe.“ Rache am Tod selbst, Sebastian drehte den Gedanken hin und her, während Lilith in blitzschnell aufglühender Dunkelheit verschwand. Der strenge Schwefelgeruch sagte ihm, das sie nicht gelogen hatte und wirklich in die Hölle zurückgekehrt war. Er hörte etwas. Stimmen – menschliche Stimmen. Sie kamen vom Eingang der Lagerhalle. Früher oder später hätte dieses Ausmaß an Zerstörung sowieso Aufmerksamkeit erregt. Am besten er ging hinten raus. Sebastian suchte sich im Halbdunkeln seinen Weg durch die Trümmer. Und hätte sich nicht für einen Moment das Mondlicht in seinen Brillengläsern gespiegelt, wäre ihm Liliths Opfer sicherlich nicht aufgefallen. Jetzt machte auch der komische Geruch des Blutes Sinn. Vorhin hatte er es nicht einordnen können, er war erdiger als der bei einem Menschen, so wie der Geruch von Steinen nachdem es geregnet hatte. Es erklärte ebenfalls woher Lilith ihre Wunde hatte. Lilith musste von der Sense eines Schnitters erwischt worden sein um so einen großen Schaden davonzutragen, dachte Sebastian mit dumpfem Unwohlsein, als er über seine Schulter zu der Blutspur sah der er unbewusst gefolgt war. Das, und das Sebastian den Schnitter Tod nicht erkannte, ließ ihn schlussfolgern, dass es entweder ein sehr junger Reaper gewesen war und Lilith ihren Job nicht sonderlich erst genommen hatte, oder aber das es ein Schnitter war bei dem er noch nicht das Glück gehabt hatte ihn kennen zu lernen und das Lilith ihren Job nur allzu ernst genommen hatte. Es wäre schlecht, wenn die Schnitter in ihren dummen Familienstreit verwickelt würden, auch wenn er nicht glaubte das sich Lilith um diesen Rückschlag kümmern würde. Wahrscheinlich hätte sie sogar ihren Spaß an so einem Drama im Jenseits. Aber für ihn es würde ziemlich unangenehm werden, wenn er da seine Karten drin hätte. Im Grunde war allerdings ein verletzter Schnitter Tod in der Obhut eines Dämons besser, als ein toter Schnitter Tod. Ohne eine genaue Idee wohin mit sich und dem Schnitter, ließ Sebastian seine Arme unter Beine und Schultern des Schnitters gleiten und hob ihn hoch. Ein schlichter schwarzer Mantel mit einem schlichten schwarzen Nadelstreifenanzug darunter. Wegen seinem matten braunen Haaren und dem zackigen Schnitt – sah aus als wäre es aus einer Laune heraus entstanden – erkannte Sebastian erst das er sich geirrt hatte, als der Schnitter ein schwaches Wimmern von sich gab. Und zwar nicht was die Verletzungen anging. Sebastian wusste das er, falls überhaupt, nicht mehr viel Zeit hatte. Dieser Schnitter lag wirklich im sterben. Sondern letztendlich kannte Sebastian diesen Schnitter doch. Noch war es nicht zu spät seine Meinung zu ändern. Er war ja letztenendes ein Dämon. Von ihm wurde praktisch erwartet, das er wenn er einen sterbenden sah ihm in die Rippen trat, ihn dann links liegen ließ und vielleicht zusätzlich noch wahnsinnig lachte. Sich selbst zu bemitleiden war nicht wirklich etwas was Dämonen in ihrer Freizeit machten, dennoch wusste Sebastian das er sich morgen Nacht dafür hassen würde, wenn er das jetzt nicht tat. Vor ungefähr dreißig Jahren hatte Sebastian eine schlechte Entscheidung getroffen. Für einen Dämon war eine schlechte Entscheidung nicht das selbe wie für einen Menschen, allerdings würden sich wohl beide Arten darin einig sein, das Sebastian nur seiner schlechten Entscheidung wegen zurück an die Erdoberfläche gekehrt war und jedes Mal, wenn er sich etwas anderes erzählte, sich selbst belog. Denn vor dreißig Jahren hätte Sebastian möglicherweise mit einem Schnitter Tod geschlafen. Natürlich wusste er es. Ebenso wie der Schnitter Tod es wusste. Es war nichts falsches daran das Dämonen mit anderen Arten schliefen, auch wenn in der Hölle automatisch jeder vermutete das es sich um einen (ermüdenden) Versuch handelte ein politisches Statement zu geben, wenn ein Dämon behauptete mit einem Engel geschlafen zu haben. Beziehungen allerdings waren etwas, das nur den Menschen vorbehalten war. Jeder wusste, das es einem Engel unmöglich war Gott keinen Platz einzuräumen, weshalb Eifersucht vorprogrammiert war, allerdings vergaßen Dämonen auch gerne Mal das sie es nicht mit einem Essen zu tun hatten (seine kühle Beziehung zu seiner Tante war der Beweis dafür.) Und da die Schnitter nun Mal festgelegt Neutral zu sein hatten, bestand fast keine Möglichkeit Beruf und Privatleben zu trennen. Damals hatte er nicht viel tun können: Er hatte voll und ganz unter Ciels Kommando gestanden und Ciel hätte jede Tat Sebastians als Verrat angesehen, nach dem Tod von Ciels Tante und dem ganzen. Das, und das Sebastian nicht Herr seiner Taten gewesen war (nur damit das klar war, wahrscheinlich war der Schnitter ebenso wenig Herr seiner Taten gewesen wie er.) Wollust, und als genau das hatte er es gegenüber Belial und Valafar sowie natürlich seiner Tante Lilith abgeschrieben, auch wenn es nicht dafür gesorgt hatte das er sich besser fühlte bei dem Ganzen. Ganz sicher, ob es Wollust oder etwas menschlicheres war, war er sich nämlich nicht. Selbst für einen Dämon war es ein angenehmes Gefühl gewollt zu werde. Nein, auch so war es das. Es war etwas worüber die Menschen nie nachdachten, wenn sie Höllenfeuer und Schwefel vor ihrem geistigen Auge heraufbeschworen. Es war dort einsam. „Grell“, sagte Sebastian leise, sein Griff war etwas fester als er annahm. „Es wäre besser, wenn du nicht stirbst; ich weiß nicht mal ob die Seelen von Schnittern essbar sind.“ Kapitel 2 --------- Es war eine Erleichterung als sich in besserem Licht herausstellte das Grell einen Holzkohle und Merlot farbenen Anzug trug. Für einen Moment hatte sich Sebastian nämlich wirklich Sorgen gemacht. Innerhalb kürzester Zeit hatte er ihn in einen ruhigeren, schläfrigeren und sichereren Teil der Stadt gebracht, allerdings hatte er es nicht geschafft weiter als bis hierhin zu denken. So suspekt ziellose Seitenstraßen auch wirken mochten hatten sie nicht das richtige Feng Shui für die schwarzen Künste. Aber diese hier musste jetzt reichen. In einem Anflug von Hast und Sorge platzierte er Grell auf dem Boden und kniete sich über ihn, so dass er auf Grells Hüften saß. Dem Tod rann die Zeit davon. „Wirklich könntest du nicht noch weniger Interesse an deinem Überleben zeigen?“, neckte ihn Sebastian leicht, als er sich über Grells Brust beugte. „Du bettelst ja nicht Mal darum das ich dich rette.“ Hätte ihm ein Passant zugehört wäre er wohl zu dem Schluss gekommen, dass Sebastian sich so oder so Sorgen machte – ganz davon abgesehen, dass der Passant beunruhigt gewesen wäre so wie Sebastians Handflächen in dunklem Höllenfeuer glühten, als er mit selbigen Grells Handgelenke und Schultern unachtsam von seinem verstümmelten Jackett, dem Hemd und der Weste befreite. Sebastian war wie gelähmt von dem Umstand das Grell bereit war so einfach aufzugeben und dem ziemlich realen Erscheinungsbild seiner blutbefleckten Haut und den dunklen Flecken auf dem ehemals weißen Hemd. Das Licht war nicht geeignet für rot; Sebastian sah nur schwarz. Allerdings musste er wohl etwas richtiges gesagt haben, denn Grell rührte sich. Mal davon abgesehen das er sich nur auf die Unterlippe biss – was mit nur noch mehr Blut endete – und das er versuchte Sebastians Hände wegzuschlagen. Nicht aus Resignation, sondern wegen etwas was komischer Weise mehr so etwas wie Angst ähnelte, hätte Sebastian es nicht besser gewusst. „Vertu deine Zeit nicht damit dir Sorgen zu machen“, sagte Sebastian daraufhin. „Ich bin nicht der Dämon der dich angegriffen hat; sei nicht bescheuert. Ich bins. Ich... Sebastian. Sebby“, fügte er hinzu und zuckte dabei empfindlich zusammen. Aber Grell war trotzdem immer noch verwirrt. Vehement schüttelte er seinen Kopf und murmelte mit Nachdruck etwas das eindeutig wie, „weg von mir!“, klang. Sebastian seufzte. „Für sowas haben wir keine Zeit“, entschied er für sich und murmelte leise etwas im lateinischen, während er Grell zwang seine Hände auf dem Gehweg zu lassen. Magie fixierte sie dort. Eine Reihe von konzentrischen Kreisen und Symbolen umgab sie beide. Entgegen dem allgemeinen Glauben konnte man die schwarzen Künste nicht nur für Boshaftigkeiten nutzen wie Kinder in Pilze zu verwandeln oder jemandens Blumenkohl zu verfluchen. Sie konnten auch zur Heilung angewandt werden, nur funktionierte das Ganze eben etwas anders. Funktionierte so, das es eine durchschnittliche Kirchengemeinde dazu gebracht hätte während ihrer Gebete zu erbleichen. Die Knöpfe waren ihm lästig und Sebastian beschloss, dass so zerschnitten und löchrig wie das Material war, Grell sein Hemd später nicht wiederhaben wollen würde. „Wolltest du nicht immer sowas in der Art?“, sinnierte Sebastian als er Grells Haare mit einer Hand aus dem Weg schaffte, hauptsächlich um den Schnitter zu beruhigen, und sich mit der Anderen vorsichtig durch den Stoff des Hemdes brannte. Mit den Fingerspitzen fegte er den Stoff beiseite, ohne dabei die Finger von seiner Haut zu nehmen, während er sich an die Zeit erinnerte zu der er noch nie einen Schnitter berührt hatte und geglaubt hatte ihre Haut wäre so kalt wie der Tod nach allgemeinem Glaube persönlich. Die Begriffe heiß und kalt waren äußerst sonderbar, dachte Sebastian. So glühend heiß man auch erröten konnte, war es nichts im Vergleich zu den Feuern der Hölle. Die kühle einer Nacht, so frostig sie auch war, war beinahe warm im Gegensatz zu einem erfrorenen Herzen. Er beugte sich über ihn und fuhr mit Zunge und Lippen über den gezackten Schnitt, der unter seinem Schlüsselbein entlangging. Das was er vor ein paar Jahren gegessen hatte war gut gewesen, aber trotzdem würde er hiernach ein kleines Nickerchen brauchen. Denn genauso langsam wie ein Schnitter Tod im Vergleich zu einem Engel oder Menschen bluteten, genauso langsam heilten sie auch wieder. Grell gab ein erschrockenes Keuchen von sich, wobei er die spitzen Enden seiner Zähne zeigte und auch wenn er seinen Arm nicht bewegen konnte, krümmten sich seine Finger zu einer angespannten widerspenstigen Faust. „Hör auf“, hauchte er und als Sebastian von ihm abließ konnte er sehen das Grell seine Augen geöffnet hatte, in ihnen flammte ungehaltener Zorn vergleichbar mit dem eines Erzengels auf. Wahrscheinlich war das gerade der ungeeignetste Zeitpunkt den es für Sebastian gab um sich vorzustellen wie es wäre, wenn eben diese Zähne aufreizend sein eigenes Schlüsselbein liebkosen würden. „Du verstehst nicht was passiert, oder...?“, murmelte Sebastian und verbarg dabei wie sehr es ihn verletzte das Grell ihn nicht erkannte. „Bleib liegen und wehr dich nicht. Ist gleich vorbei.“ Die Bestandteile von heiliger Magie waren gleichbedeutend mit Gift für Dämonen, mit all dem prächtigen Licht, der makellosen Reinheit und was sonst eben noch dazugehörte. Dämonenmagie hingegen basierte auf etwas sehr viel praktischerem. Der Schnitt an Grells Schlüsselbein war schon längst wieder verheilt, aber das half ihm nicht viel. Sebastian ließ seine Hände über seine nackten Schultern streichen und musste sich erinnern, das jetzt nicht die Zeit zum träumen war. Er ließ seine Finger weitergleiten bis er dort angelangt war wo er die Rippen des Reapers vermutet hätte, Sebastian hatte den eindeutigen Verdacht das mindestens zwei davon angebrochen, wenn nicht sogar gebrochen waren. Seine Berührungen gaben den Pfad für die Magie vor. Zum selben Zeitpunkt als Sebastians Hände über seinen Rippen stoppte fiel ihm eine dünne silberne Linie auf die trotzig über Grells Wange lief. Sebastian ließ von ihm ab. Er hatte ein ziemlich ungutes Gefühl was die ganze Sache anging. Eines das er nicht hätte haben sollen. Er war dabei Grells Leben zu retten. Oder Existenz; wie auch immer die Schnitter das nennen wollten. Und um ehrlich zu sein, würden einige seiner Brüder dafür töten um den Tod, im übertragenen Sinne oder wortwörtlch, bescheißen zu können. „Grell“, befahl er nachdrücklich, „öffne deinen Mund. Nur ein bisschen... nur ganz kurz.“ Sebastians Lippen schwebten nur einen Hauch über seinem Handgelenk; kurz nachdem Grell schwach den Kopf geschüttelt hatte biss er sich ins eigene Fleisch und konnte Kupfer und Schwefel schmecken. Das er die Spitze seines Daumens gegen seine Lippen drückte half nichts ihn davon zu überzeugen das es eine gute Idee war seine Lippen zu öffnen. Blut lief über Sebastians Hand und Grells Lippen wie eine rotglühende Sünde. „Du willst jetzt nicht sterben, oder Grell?“, neckte ihn Sebastian und zwängte einen obsidianfarbenen Nagel zwischen zwei der rasierklingenscharfen Zähne. Es war besser als ihn wissen zu lassen wie unsicher er sich eigentlich war. „Hmm...?“ Er erinnerte sich nicht Grell gebeten zu haben anzufangen zu zittern, als sich ihm Grells Mund unterwürfig öffnete. Sebastian beobachtete wie sein Blut seine Porzellanhaut herablief auf die Zunge des Reapers, und irgendwie verselbstständigte sich sein Blick dann, beobachtete die Zunge die sich leicht krümmte um das Blut zu erwischen. „Du wirst es auch schlucken wollen“, sagte Sebastian leise. Grells Lippen umschlossen Sebastians Daumen als er nachgab; Sebastian nahm Grells Kinn in seine Hand. „Da“, murmelte Sebastian. „War das jetzt so schwer? Noch ein bisschen mehr. Du kriegst mehr.“ Sebastian zog seinen Daumen zurück und setzte sein Handgelenk an Grells Lippen; die Zunge des Reapers wartete und leckte dann widerwillig das Blut weg. Nachdem Grells Mund sich wieder ein Stückchen geöffnet hatte nahm Sebastian sein Handgelenk weg und küsste die Wunde, worauf sie sich schloss, er stellte sich vor er würde Grell auf seiner Haut kosten. Zu sagen das Grell von seinem Beinahetod benommen und panisch aussah wäre eine Untertreibung. Sebastian fragte sich, warum Grell bisher noch nicht erkannt hatte, das er der Dämon war der das hier für ihn tat. Oder für sich selbst, korrigierte sich Sebastian im stillen. Er fing wieder an etwas auf lateinisch zu murmeln. Eigentlich war es nicht notwendig, es war ein Gebilde was die Menschen nutzten um die Magie zu unterstützen. Aber auch wenn er es nicht brauchte, wollte er die methodische Reinfolge durchziehen. „Du weißt was mit dir geschehen wird, oder?“, fragte Sebastian leise. „Du weißt wie diese Art von Magie funktioniert. Ich habe dir schon etwas mir gegeben – das Blut. Du weißt es hätte kein Blut sein müssen.“ Alles würde gut werden. Grell würde wieder gesund werden, zu Sinnen kommen und dann würde sich Sebastian für den Rest seiner Ewigkeit hassen, weil es später einfach keine Möglichkeit mehr geben würde den Schnitter wieder loszuwerden. Grell würde bis zum Tag des jüngsten Gerichtes bei ihm bleiben. Grells Lippen öffneten sich und erst sehr, sehr, viel später, als Sebastian das Gefühl hatte nichts anderes tun zu können außer zurückzublicken, wurde ihm klar das Grell etwas hatte sagen wollen, etwas das ihn vor dem noch kommenden gewarnt hätte. Aber einige Zeit später als Sebastian verschwitzt und benommen von Erschöpfung von ihm abließ – er hätte die Seele von Gavrilo Princip auch gleich dem Tod überlassen können, so viel Energie hatte er verbraucht um Grells schwachen Körper wieder hinzukriegen – nagte etwas kaum merklich an seinen Gedanken. Er war ein Dämon der davon träumte ein Mensch zu sein, aber er war kein kompletter Idiot. Die silberne Linie die aus Grells Augenwinkel über Wange und Kinn lief war nicht mehr die einzige. Ihr Anblick verletzte Sebastian mit einem Mal zutiefst und er fuhr mit seinem Ärmel über Grells Wangen. Während er das tat fühlte er wie ein ziehen durch seine Glieder fuhr, es fühlte sich wie Scham an. Aber das war nicht das richtige Wort; war es Reue? Kurz darauf hörte er etwas was nicht gerade erfreuliche Klang. Es war ein Kichern das merkwürdiger Weise nach einem Todesröcheln klang. „Hier ist er also gelandet... auch wenn es offensichtlich ist das er es nicht allein geschafft hat...“ Den einzigen Gruß den Sebastian und der Undertaker austauschten war eine lange gefühlslose Stille, während der Sebastian Grell auf den Arm hob und aufstand. Er wäre der letzte der das hier als Konfrontation bezeichnet hätte, aber genau das war es. „Was hab ich getan damit du das hier lustig findest?“, fragte Sebastian mit abgehackter und gekünstelt ausgelassener Stimme. Er wusste nicht wie lange der Undertaker schon dagewesen war. „Nun es ist das erste Mal das du mich zum Lachen gebracht hast ohne mir zu sagen was du suchst; du musst während deiner Abwesenheit in den letzten dreißig Jahren geübt haben. Ich hätte nicht gedacht dich hier wieder zu sehen, muss ich zugeben...“ „Was machst du hier...?“ „Hah. Sollte nicht ich dich das fragen? Ich finde es einfach saukomisch das du hier auftauchst und dann noch unter diesen Umständen. Und du weißt doch ich lebe – oder was auch immer – nur für einen guten Lacher... Ich hab nach ihm gesucht und nun hab ich ihn gefunden. Worauf wartest du?“ Sebastian lächelte leicht. „Ich weiß nicht Undertaker, worauf warte ich?“ „Du hättest besser zur Pointe deines Witzes kommen sollen“, sagte der Undertaker mehr oder weniger in Grells Richtung deutend bevor er davonging. „Trag ihn für mich, dann hast du was gut bei mir...“ Es war ein folge-dem-Anführer Spiel während der Undertaker Sebastian durch einige sehr schmale Gassen führte, einige Schritte in ein vollgerümpeltes und staubiges Foyer, eine Freitreppe hinauf und in einen Raum der tatsächlich gemütlich wirkte, und vorrangig dafür das Sebastian mit Grell eintrat, unbewohnt aber offensichtlich jemandens zu Hause war. Da waren ein Bett, ein unangezündeter Kamin, ein paar Bücherregale und ein Tisch. Ein Spiegel groß genug um sich stehend davor zu betrachten. Nichts allzu ungewöhnliches. Sebastians Plan war es das Grell den Übergriff der Dämonenmagie den er (neben anderen Dingen) hatte ertragen müssen ausschlief, aber da der Undertaker ununterbrochen Gründe fand um nach oben zu kommen und in wahllosen Abständen in gedämpftes Gelächter ausbrach, bekam Sebastian das Gefühl das da etwas unglaublich wichtiges war was der Undertaker wusste ihm aber nicht sagte. Aber schließlich musste er einfach Fragen. „Wieso hilfst du mir?“, wollte Sebastian wissen als der Undertaker Grells Handgelenk anhob und wieder fallen ließ. Er bezweifelte das es sich um einen ordnungsgemäßen Diagnoseweg handelte. „Besser hier als in der Hölle“, antwortete ihm der Undertaker nachdenklich. „Das ist es was du denkst, nicht? Deswegen bist du bei ihm, hm? Er wird schon wieder, du kannst von mir aus sofort zurück in deine Grube, wenn du willst..“ „Eigentlich wollte ich mit ihm über was reden, aber er war am sterben. Da hab ich beschlossen das es warten kann bis es ihm besser geht“, sagte Sebastian mit verengten Augen. Die dreißig Jahre hatten auch ein sehr viel entspannteres Bild von seiner Beziehung zum Undertaker in seinem Gedächtnis hinterlassen, als sie es in Wirklichkeit gewesen war. „Die wird er später wollen, da bin ich mir sicher“, sagte der Undertaker und legte ein Hemd und eine Weste als Ersatz für die zerstörte Kleidung beiseite. „Schau mich nicht so an, es sind ja keine Leichenkleider. Es sind seine. Ich frag mich nur warum er so lange braucht...“ „Ich weiß nicht“, erwiderte Sebastian. „Wieso hast du seine Kleidung?“ Der Undertaker lachte. „Du bezahlst so gut“, kommentierte er das. „Wieso glaubst du eigentlich, du wärst der einzige der das muss?“ Jetzt wo er darüber nachdachte, war ihm eine anständige Sammlung an Shakespearewerken aufgefallen die hier auf einem der Regale Staub ansammelte und auch das Bettzeug mit dem Grell zugedeckt war, war ein bisschen zu farbenfroh um dem Geschmack des Undertakers zu entsprechen. „Es passiert jedem von uns früher oder später“, sagte der Undertaker verwundert ohne jeglichen Hinweis darauf was 'es' eigentlich war. Selbst wenn Sebastian Interesse daran gehabt hätte nachzufragen ob er näher darauf eingehen könnte, er ging bevor er das tun konnte. Während er darauf wartete das der Schnitter aufwachte hatte Sebastian ungemein viel Zeit zum Nachdenken und die meiste Zeit verbrachte er damit sich davon zu überzeugen das es nur natürlich war das Grell länger brauchte um sich zu erholen als im Normalfall. Im Grunde war es nicht sonderlich schlimm, denn er wusste was passieren würde, wenn Grell erst ein Mal aufgewacht war und verstanden hatte was genau Sebastian getan hatte um sicherzustellen das er in der Lage war seine Augen erneut zu öffnen, Sebastian wusste das dann nur noch Spears persönlich Grell wieder von ihm trennen konnte. Falls das überhaupt noch ging beruhigte ihn dieses Wissen. Deswegen fühlte er sich wohl auch verpflichtet sich seine Zukunftsvision in einer Wiederholungsschlaufe vor dem inneren Auge aufzuzeigen. Als die Stille Sebastian beinahe in eine tiefschlafähnliche Abwesenheit eingelullt hatte rührte sich Grell. Grell wachte nicht wie es sich für eine verzauberte Prinzessin geziemt hätte auf, so, wie es Sebastian halbwegs erwartet hatte. Er verzog das Gesicht, krallte seine Hände in das Bettlaken unter sich und gab einen erschrockenen Schrei von sich, als er bemerkte das er woanders war als er es in Erinnerung hatte. Und das war noch bevor er Sebastian an seiner Seite bemerkte. Grell war kein Dornröschen. Zu einem, weil Märchenprinzessinnen keine scharfen Gegenstände nach ihrem Märchenprinzen warfen, wenn sie erwachten. Kapitel 3 --------- Hey hallo~ ^^ also wie ich in diesem Kappi nochmal festgestellt hab, ups Gavrilio Princip ist ein Kerl o__O" aber soweit ich das erinnere kommt der danach auch gar nich mehr vor, ich habs natürlich schon längst sinngemäß in den andern kappis umgeändert, wollt hier einfach nochmal drauf hinweisen ^^ ach ja, außerdem noch was anderes, zwar ist die korrekte übersetzung von chain guide kettenführung, bei kettensägen heißt es richtiger aber dann doch schwert (gemeint ist das flache lange teil um das sich die kette bewegt ^^) deswegen nich wundern, wenn ich mit einem mal was von schwert fasel =) und bevor ichs vergesse, nein ich hab keine ahnung wovon also sprach zarathustra handelt ich hoffe euch gefällts lg+kaffee, tee und kuchen Jana _____________________________ Sebastian hatte eine etwas ermattende fassungslose Verteidigungshaltung am Fenster eingenommen, entscheidend dafür war das es geringfügig sicherer für seine sterbliche Form war das Glas, als die Drehbank und den Putz und die Bleifarbe, auf deren Verwendung bei der Fertigstellung ihrer Wende die Menschen immer noch bestanden, zu durchbrechen. Grell sagte nichts, stand einfach nur da, halbnackt mit einem Blick der einen versteinern ließ. „Die schon wieder?“, fragte Sebastian leichthin als er die Scheren mit einem Ruck herauszog, wo sie die espressofarbenen Gardinen an die Wand hinter ihm geheftet hatten. „Was hast du diesmal angestellt?“ Das es sich um stinknormale Scheren handelte fiel ihm im selben Moment auf, als er erkannte das er sich vielleicht mehr Sorgen um sein Wohlbefinden machen sollte als er angenommen hatte. Die Kettensäge verfehlte ihn nur knapp. „Bis jetzt noch nichts“, Grell kochte vor Wut. Vielleicht war Gott gelangweilt. Vielleicht war Sebastian eingeschlafen während er auf Grell aufgepasst hatte und der Typ da oben hatte beschlossen etwas Spaß zu haben. Genau. Das hier war ein Traum. „Weißt du, ich hab schon immer gedacht das dir kurze Haare gut stehn würden“, sagte Sebastian in dem Versuch beiläufig zu klingen. Nicht das es funktionierte. Anscheinend hatte er das falsche gesagt. „Ich muss dir was gestehen Sebby. Seit Jahren träume ich von dem Tag an dem wir zusammen tanzen. Ich konnte nicht aufhören an deine breiten Schultern zu denken, dein verführerisches Lächeln, dein... man, es ist lästig das laut zu sagen! Nimm mich jetzt Sebastian!“ So wie er es gesagte hatte klang es irgendwie unaufrichtig. Sebastian duckte sich und fand sich in einer Ecke wieder, immerhin waren Ecken der beste Platz um sich vor einem Verrückten der mit einer Kettensäge herumfuchtelte zu verteidigen. Sebastian zuckte zusammen als das Schwert kaum einen Zoll von seinem linken Ohr in der Wand versank. Selbst wenn er es gewollt hätte, er glaubte nicht das er sich hier herauskämpfen konnte. Das letzte Mal hatte er ja einen, selbst in seinen Augen, billigen Trick angewandt. Und das war als Grell ihn nicht ernst genommen, und nicht diesen elektrisierten Hass in seinen Augen funkeln gehabt hatte. Sebastian langte vorsichtig zur Seite, legte vorsichtig seine Fingerspitzen auf die Mitte des Schwertes so das die Klingen keine Bedrohung mehr darstellten. Langsam, vorsichtig ließ er seine Hand am Schwert entlanggleiten bis er auf Grells Hand traf. „Wie du wünschst“, erklärte ihm Sebastian. Beinahe hätte er diesen Satz so beendet wie er es vor dreißig Jahren an eine andere Person gerichtet getan hätte, aber er konnte sich noch rechtzeitig fangen. Und Ciel hätte er danach sicherlich auch niemals geküsst. Nun ja, auf diese Weise sowieso nicht. „Willst du mir nicht dafür danken das ich dich gerettet hab?“, fragte Sebastian. „Du nennst das was du mir angetan hast 'retten'?“ Sebastian hielt inne und dann sagte er das absolut falsche. „Ist es nicht das was du immer wolltest?“ Was verlangte er denn noch, er hatte es gesagt wie ein Dämon es sagen würden, mit einem Schmunzeln im Gesicht und einem Glitzern, das definitiv nicht vom Licht kam, in seinen roten Augen. Nicht eher als Grell, aus einem Grund den Sebastian nicht verstand zitternd, wegzuckte löste sich die Kettensäge in Luft auf und Sebastian wurde klar das Grell ganz und gar nicht neben sich gestanden hatte, als Sebastian ihn geheilt hatte, er schlug eine Hand vor den Mund, Grell hatte genau gewusst was geschehen war. „Ich hab dein Leben gerettet“, verteidigte sich Sebastian hastig. „Natürlich. Darum gings ja, oder nicht?“, sagte Grell daraufhin und wich zurück. „Selbst den Undertaker hast du reingelegt. Du hast doch längst was du wolltest, wieso lässt du mich dann nicht einfach in Ruhe–“ Verständnislos starrte Sebastian Grell an. „Ich glaube nicht das ich dir folgen kann“, gab er zu. Dann wurde es ihm klar. Wenn Sebastian sich einen Augenblick Zeit nahm und die Situation vom vertracktesten Standpunkt aus betrachtete verstand er was Grell dachte. Es war ganz einfach. Und zwar, wenn Sebastians eigentlicher Plan war Grell zu vergewaltigen – anstelle davon das es ein unvorhergesehener GAU als Folge der Geschehnisse war – dann hätte er Liliths Angriff auf Grell geplant und wär genau im richtigen Augenblick aufgetaucht, so dass er Grell ohne jegliche Konsequenzen hätte 'retten' können, weil die Geschäftsführung der Schnitter Sebastian dankbar gewesen wär das sie keinen Schnitter verloren hatten. Was zur Hölle. „Grell“, sagte Sebastian mit soviel Enthusiasmus wie er gerade noch aufbringen konnte. „Setz dich. Ich hab nicht – nicht das es viel wert wäre, aber ich verspreche dir das ich dir nichts tun wollte. Schau mich nicht so an.“ Dieses heikle Gemisch aus Angst und Hass war das letzte was Sebastian auf Grells Gesicht sehen wollte, vorallem wenn er sich keinen einzigen – richtigen – Grund dafür denken konnte diesen Blick als Dämon verdient zu haben. „Nein. Verschwinde. Bitte–“, Grells Stimme zitterte, bevor sie ihm gänzlich den Dienst versagte und er Sebastian misstrauisch den Rücken zuwand und auf den gelöschten Kamin starrte. Er kniete sich hin und hielt seine Hände zur Glut, als in dem Versuch das Trugbild der Wärme zu erhaschen, woraufhin sie mit einer beeindruckenden Flamme Feuer fing. In dem kleinen Spalt zwischen dem Bett und dem Nachttisch war ein Buch. Ein kleines Buch das hier verlorener als alles andere wirkte. Sebastian bückte sich und hob es aus dem Staub. Er runzelte die Stirn. Das billig gedruckte Buch schien aus dem Dreck gerettet, und da war ein verdächtiger Fleck auf der Rückseite der ziemlich nach Blut aussah. Er wollte es wieder ins Regal stellen, merkte aber schnell das dort, falls überhaupt vorgesehen, kein Platz für die dünne Ausgabe war. Der Unterschied zu den in Leder gebundenen Shakespearausgaben war viel zu offensichtlich. Also wandte sich Sebastian vom Bücherregal ab und betrachtete das Buch. Der Titel war auf Deutsch: Also Sprach Zarathustra. Und nachdem Sebastian die ersten paar Absätze gelesen hatte, fragte er sich ob diese Buch nicht zufällig in Grells Sammlung gelangt war; es erschien ihm einfach nicht wie ein Buch mit dem Grell seinen Bestand selbst erweitern würde. „Grell?“, fragte er laut, ohne seine Augen von dem deutschen Schriftstück zu heben. „Was hast du da?“, verlangte Grell mit kalter Stimme zu wissen als er wieder aufstand. Sebastian hob lediglich das Buch, damit Grell den Titel lesen konnte. „Oh. Das“, sagte Grell daraufhin. „Ist nich meins. Na ja ich schätze technisch gesehen ist es das schon – es gehörte einem toten Typ. Ich hab mir nichts dabei gedacht als ich die erste Auflage neben einem deutschen Soldaten sah – auf dem Schlachtfeld. Ich mein – aber dann... irgendwie sprang es mir ins Auge und ich...“ Er schüttelte seinen Kopf. „Der deutsche Schnitter der die Seele des Autor eingesammelt hat war auch auf dem Schlachtfeld. Wir warn ein bisschen spaziern... und...“, anstatt weiter zu reden biss er sich für einen Moment auf die Unterlippe. „Nicht das dich solche menschlichen Belanglosigkeiten interessieren solang sie dir nicht den Bauch füllen“, meinte er daraufhin schnell. Dazu fiel Sebastian bei weitem keine akute Antwort ein. Schweigend sah er zu wie Grell mit einem fassungslosen Gesichtsausdruck mit seinen langen Fingern an seinem Genick entlangfuhr, seine Finger durch die groben Enden fuhr als ob er immer noch das Gewicht seiner Haare spüren konnte. „Sie hat es deinetwegen getan.“ „Lilith hat dir das angetan?“ „Glaubst du wirklich ich würde so eine grässliche Arbeit selbst verrichten? Oder mir so einen unmodischen Haarschnitt verpassen? Ich bin beleidigt“, erklärte ihm Grell. „Sie hat mich als 'deinen' Schnitter bezeichnet. Was meinte sie damit?“ „Ich–“, begann Sebastian und zuckte dann mit den Schultern und fügte hinzu, „ich hab keine Ahnung.“ Daraufhin seufzte Grell und grummelte stattdessen, „du warst dreißig Jahre lang weg ohne tschüss zu sagen – nicht das ich es erwartet hätte. Und als du wiederkamst war der dem du dich vertraglich verpflichtet hattest Gavrilo Princip, der Kerl der den ersten Weltkrieg angefangen hat.“ Grells Stimme klang gepresst, „allein über eine Million britische Seelen. Mehr als fünfzehn Millionen insgesamt. Glauben wir, wie auch immer; wir liegen mit dem Zettelkram im Rückstand. Kann sich ein Dämon wie du überhaupt ansatzweise so eine Zahl vorstellen?“ Sebastian hielt inne und schüttelte dann den Kopf. „Natürlich kannst du das nicht. Dämonen machen sich nie Gedanken darüber wer hinterher aufräumen muss. Ich bin erledigt; wenn ich am leben wäre, wäre ich tot. Ich hab seit Jahren nicht geschlafen und nein, nicht weil mich der Gedanke an dich Nachts wach hält. Ich hab Heute Nacht nur versucht meinen Job zu machen und Lilith persönlich greift mich an, erklärt mir es wäre für eine die ihren Mann-in-spe im Krieg verloren hätte und es auf den Schnitter abgesehen hat der seine Seele eingesammelt hat. Eine Seele die ich, wenn ich anmerken darf, in den Himmel geschickt hab. Wieso soll ich beschuldigt – und angegriffen – werden für etwas das du verbrochen hast?“ Die Tatsache das Grell anstelle seines Namens mit 'Dämon' bezeichnete schmerzte. „Zuerst hat mich Will nach Afrika geschickt, verkleidet als Assistenzarzt der britischen Armee“, fuhr Grell leise fort. „Dann war es der Stellungskrieg in Lorraine. Und dann im April 1915 Gravenstafel; ich war da als zum ersten Mal Chlorgas im Krieg eingesetzt wurde. Und ich... ich war bei der Schlacht an der Somme. So viele britische Seelen segneten an einem Tag das zeitliche das wir Hilfe von den französischen und deutschen Schnittern anfordern mussten. Menschen sind...“ In diesem Moment wollte Sebastian zwei verschiedene Dinge tun, und der geschwächte und müde Blick Grells appellierte an beide. Und weil beide beinhalteten den Schnitter zu beruhigen, entschied er sich für das wobei seine Chancen unversehrt aus der Sache rauszukommen eindeutig höher waren. Wollte er bei der Logik bleiben, dann wäre er gar nicht erst wieder in der Menschenwelt aufgetaucht. Und Grell wäre... Hätte Sebastian noch eine weiter Nacht mit nachdenken verbracht, hätte er seine Zeit verschwendet. Wäre er eine Nacht früher aufgetaucht könnte er jetzt die selbe Unterhaltung, nur weitaus entspannter führen. Grell sah zu ihm auf, während er immer noch mit einer Hand durch die Enden seines gekürzten Haares fuhr. „Also willst du etwas? Brauchst du die Hilfe Schnitters? Etwas das ich für dich tun kann, so dass du mich danach ignoriern kannst? Du weißt doch das hab ich am liebsten“, sagte er mit einem listigen Schmunzeln. Ein listiges, müdes Schmunzeln das Sebastian dazu brachte sich an das Hemd und die Weste zu erinnern die der Reaper immer noch anzuziehen hatte und ihr offensichtliches fehlen. „Macht es Spaß mich zu hassen?“, fragte Sebastian ruhig. Ihm fiel die kurze Spiegelung des Feuers in Grells Brillengläsern auf und die scharfen Enden seiner Zähne, als sich Grells gefährliches Lächeln weitete. Sebastian wusste das es gut für ihn wäre die ganzen Anstrengungen einfach zu vergessen und nach dem nächsten Essen Ausschau zu halten, vielleicht einem Essen das nicht mit einem so riesigen Preisetikett daherkam wie das letzte. Für eine Weile hatte es eine kräftigeren Geschmack gehabt als Ciels, wenn er so darüber nachdachte hatte es aber auch etwas billiges an sich gehabt. Allerdings hatte er mittlerweile auch eine breitere Palette zum Beurteilen, so dass er auch solche Feststellungen machen konnte. War es der Geschmack wert gewesen? Nein. Ciels Seele war unter seiner Pflege greift, aber Gavrilos Seele hatte noch nicht ein Mal ihre Saison erreicht gehabt. „Ja es gibt einen Grund. Aber es wäre unangemessen ihn zu nennen.“ „Wirklich Sebby? Bist du hier um mich zu verfolgen? Wir hatten nie eine Chance. Du bist ein Dämon. Ich bin ein Schnitter Tod. Und besonders nach dieser Nacht glaube ich nicht das mein Herz dem Hurrikane der Qual standhalten kann den der Gedanke ans wiederbeleben unserer Liebe mit sich bringt...“ Das Echo hatte nicht ein Mal den Raum verlassen, als Grell sich wieder von Sebastian wegdrehte. „Aber du kannst mir trotzdem nicht in die Augen sehen nachdem du mir sowas ins Gesicht gesagt hast?“, verlangte Sebastian zu wissen und griff nach Grells Schulter. Als Sebastians Handschuh seine Haut berührte fuhr Grell blitzschnell herum. „Wenigstens färb ich auf dich ab Sebby Liebling. Du bist ein viel besserer Schauspieler als früher, obwohl...“ „'Obwohl' was?“, wollte Sebastian wissen, diesmal mit einem wartenden Lächeln. „Obwohl du deinen Touch in Sachen Charm verloren hast. Wann bist du so komisch geworden? So wirst du mich niemals kriegen“, kicherte Grell bevor sein Blick wieder zum Kamin ging. Sebastian hatte recht. „Du bist verrückt, oder?“, sagte Sebastian zu sich selbst in benommener Ehrfurcht. Nein, korrigierte er sich. Nur genauso launenhaft wie eine Katze und verzweifelt versucht die Aufmerksamkeit auf ein anderes Thema zu lenken. „Das war kein bisschen char-ma-hant...“, antwortete ihm Grell im sing-sang über seine Schulter hinweg. In dem Augenblick hatte Sebastian eine Idee die selbst er für eine potentiell schlechte hielt. Allerdings war alles daran das er gerade hier war eine schlechte Idee, so dass er annahm das er es nicht mehr viel schlimmer machen konnte. Es war viel zu einfach für Sebastian von hinten einen Arm unten um Grells Hüften zu schlingen, die dünne Ausgabe der vom Schlachtfeld gezeichneten Philosophie immer noch in seiner Hand und die andere um seine Schultern zu legen. „Ganz ehrlich, da ist etwas unheimlich lecker menschliches“, murmelte Sebastian mit einem Lächeln in Grells Ohr, „an der Verzweiflung in deinen Sätzen. Wenn du eine menschliche Seele hättest, ich glaube nicht das ich mich zurückhalten könnte. Selbst so wie es ist, ich...“ Hätte er gerade nicht speziell auf eine Reaktion gewartet, wäre ihm vielleicht das kaum hörbare Wimmern – es war mehr ein lang gezogenes Seufzen – nicht aufgefallen – es ließ ihn sich zurückziehen. Schon vor Jahrzehnten hätte ihm klar sein sollen, dass er eine Entscheidung getroffen hatte die er später nicht korrigieren konnte und das Grell in näherer Zukunft nicht seinem dämonischen Charm verfiel. Er würde eine andere Strategie anwenden müssen. Eine Methode bei der er sich wünschte wirklich und wahrhaftig aus dem von ihm vermuteten Gründen hier zu sein und das er nicht zur Hölle zurückkonnte und vorgeben das seine Koketterie mit Ciel und Gavrilo nichts weiter als eine kurze Entgleisung seiner Vernunft gewesen war. „Würdest du mir erlauben von vorn zu beginnen?“ „Was? Nein.“ „Na gut“, meinte Sebastian. „Wenn ich an deinem jetzigen überarbeiteten Zustand schuld bin, dann ist es nur recht das ich derjenige bin der sich um die kümmert damit es dir besser geht. Du verausgabst dich ja nur weiter; du solltest im Bett liegen. Ausruhen wäre das beste für dich, aber...“ Selbst Jahre später noch würde Sebastian auf den Vorfall zurückblicken und sich fragen wie Grell es geschafft hatte so viel Kraft aufzubringen um ihn die Treppen hinunterzuschlendern, er war niedergeschlagen und saß auf der anderen Seite eines geschrubbten Tisches des Undertakers, der geseufzt und ihm einen Tee mit eigenartigem Nachgeschmack serviert hatte. „Schmeckt das für dich nach bitteren Mandeln?“, sinnierte Sebastian. Der Undertaker zuckte mit den Schultern. „Vielleicht. Nicht gewollt. Ich muss den Namen der Firma rausfinden von der ich ihn gekauft hab; wär gut welchen für zukünftige Gäste zu haben.“ Sebastian seufzte. „Grell braucht noch mehr Zeit um sich von Liliths Verletzungen zu erholen und hat zugestimmt das es klug wäre, wenn ich bleiben und helfen würde bei seiner Genesung. Alles was du gehört hast, das andeutet das ich rausgeschmissen wurde und mir gesagt wurde nie wieder zu kommen, ist eine Missinterpretation von Grells Wünschen.“ „Ein Schnitter der Versucht dem System zu entfliehen“, sagte der Undertaker als er Sebastians leere Tasse nahm, „und ein Dämon der alles tun würde um nicht in die Hölle zurück zu müssen?“ Mit einem rasselnden wahnsinnigen Lachen fügte er hinzu, „das ist besser als eine Klasse Medizinstudenten bei ihrem ersten Besuch im Leichenschauhaus.“ Kapitel 4 --------- Iriden ist die Mehrzahl von Iris ^^ ansonsten wünsche ich viel Spaß beim lesen =) _______________________ Vor ungefähr dreißig Jahren hatte Sebastian nicht mit einem Schnitter Tod geschlafen. Dazu hatte es schon eigentümlich genug mit Ciel angefangen. „Grell redet nicht mit dir“, schmunzelte Ciel im schwachen Licht der Schlafquartiere die ihnen die okkulte Sekte für die Nacht angeboten hatte (Sebastian hatte gefragt warum es so still war.) So also fühlte sich Sebastian verpflichtet die Sache mit Grell – worum auch immer es ging – gerade zu biegen, sofern er sich bei der weiteren Ermittlung auf ihn verlassen wollte. Allerdings hatte sich Grell in der Vergangenheit als vollkommen unnütz erwiesen und Sebastian fragte sich ob er nicht vielleicht das Glück im Unglück störte. Dämonen erhielten nicht sehr oft einen Segen, egal ob verschleiert oder nicht und er fühlte sich außerordentlich schlecht das er ihn so einfach verstreichen ließ. Er fand Grell draußen an einer Wand eines steinernen Gebäudes sitzend, inmitten von schwebenden Staubpartikeln magischen Lichts sorgfältige, aber so wie er ausschaute, irgendwie uninteressante Notizen in ein kleines schwarzes Buch machend. Sebastian spannte seine Muskeln an für den Fall das Grell ihn angriff, stattdessen aber markierte Grell nur die Stelle wo er aufgehört hatte, schloss das Buch, legte es beiseite und dort verschwand es dann praktischerweise gleichzeitig mit dem magischen Licht – noch mehr Schnittermagie am Werk. „Irgendwas wobei ich dir helfen kann?“, fragte er in die Dunkelheit hinein. Es klang so durchschnittlich in der benommen Stille die darauf folgte, dass Sebastian sich bewusst wurde das er sich noch niemals zuvor mit Grell allein unterhalten hatte. Desweiteren nahm er sich die Zeit um sich darüber klarzuwerden, dass falls Grell, wenn Ciel recht hatte, wirklich auf ihn sauer war, es wahrscheinlich damit zu tun hatte das er in den letzten zwei Stunden eine Nonne gevögelt hatte. Mit der Zeit wurde es zu einer ziemlich langen Stille. „Ich wollte das nicht“, sagte Sebastian schließlich. „Du wolltest es nicht?“, strahlte Grell. „Das ist alles? Du bist nicht sauer?“ „Worüber reden wir denn?“ Sebastian räusperte sich. „Ich habs nur getan um an Informationen zu kommen. Es hat mir nichts bedeutet.“ „Oh“, meinte Grell und ermattete sichtlich. „Darüber reden wir.“ „Was hast du denn gedacht wovon ich rede?“, wollte Sebastian wissen. „Natürlich wolltest du es“, meinte Grell an ihn gewandt. „Die Empfindungen oder eher ihr fehlen. Was auch immer. So oder so, du warst loyal Ciel gegenüber und das ist alles was passiert ist. Du würdest sogar mit mir schlafen, wenn Ciel es von dir verlangen würde, nicht? Was wäre, wenn Ciel dir befehlen würde es zu genießen? Würdest du dein bestes geben?“ „Wie bitte?“, verlangte Sebastian. Grell sah über den Rand seiner Brille hinweg zu Sebastian und schmunzelte. „Für jemanden der Hunde hasst musst du sie Mal ziemlich gut studiert haben–“ Auch wenn er es niemals zugeben würde verlor Sebastian in diesem Augenblick die Beherrschung. Er ließ sich mit Grell unter sich ins Gras fallen und erst als sein Griff selbstsicher Grells Kehle erfasst hatte erinnerte er sich das sich ein Schnitter Tod nicht auf Dauer erwürgen ließen. „Meine Güte, willst du mich nicht erstmal verführen Sebby? Hat Ciel dir gesagt du sollst herkommen und dich entschuldigen? War das die Art die er dir empfohlen hat?“ „Es war kein Befehl“, sagte Sebastian. „Ich bin hier, weil ich es wollte–“ „– weil du deinen Gebieter glücklich machen wolltest“, unterbrach ihn Grell und zeigte mit einem zufriedenen Lächeln seine Zähne. „Es würde ihm noch besser gefallen, wenn du mich töten würdest. Selbst wenn es dir nicht gelingen würde, vielleicht könntest trotzdem weitermachen und ihm deinen guten Willen vorspielen. Vielleicht verlängert er deine Leine zur Belohnung, hm?“ Hauptsächlich war es Gehässigkeit die Sebastian dazu brachte ihn zu küssen. Und weil es Gehässigkeit war und weil es schwer war jemanden zu küssen, während man ihn würgte, gelang es ihm nicht sonderlich gut und Sebastian hatte stattdessen mit einem halben Mund voll spitzer Zähne zu kämpfen, anstatt – also er hatte sich eigentlich gar keine Gedanken gemacht. „Selbst wenn du protestierst verteidigst du noch den guten Namen deines Gebieters“, sagte Grell. „Besonders mit einem Kuss so unleidenschaftlich wie der eben.“ Irgendwie kam es bei Sebastian wie eine Aufforderung an, eine Aufforderung der er sich verpflichtet fühlte nachzukommen, als er mit seinem Daumen Grells Unterlippe entlangfuhr. „Was hast du denn geglaubt worüber wir uns gerade unterhalten haben?“ „Du machst es schon wieder“, sagte Grell und drehte seinen Kopf zur Seite um Sebastians Berührung spielerisch zu entkommen. „Was mache ich denn?“ „Die Tatsache das du attraktiv bist ausnutzen um zu kriegen was du willst“, schmunzelte Grell. „Also machen wir eine Vereinbarung. Ich sag was ich geglaubt hab worüber wir reden – aber nur wenn du von mir runtergehst.“ Sebastian war umgehend beeindruckt. Für einen Schnitter Tod besaß Grell eine geradezu dämonische Geschicklichkeit zu manipulieren. Auf den ersten Blick erschien es wie eine Vereinbarung zu schön um wahr zu sein: Sebastian würde bekommen was er wollte und musste sich noch nicht ein Mal mehr mit Grells vermeintlichen Fantasien aufhalten. Dann aber wurde ihm die Bedeutung des Ganzen Bewusst. Wieso wollte er es überhaupt so unbedingt wissen? Wenn er der Vereinbarung zustimmte machte er Grell damit unmissverständlich klar das er vollkommen uninteressiert war und das alles nur für Ciel tat. Da er sich aber nicht ganz sicher ob es nicht wirklich Ciel indirekter Befehl war der ihn dazu gebracht hatte Grell aufzusuchen, war es keine Entscheidung die er sofort treffen wollte. Den Kontext mit in Betracht gezogen, welches wichtige Gesprächsthema hatte Grell schon verwechseln können? Weil Grell für zwei Sekunden nicht geschauspielert hatte und er unbestreitbar glücklich gewesen war. Sebastian ließ von ihm ab. Er hätte Ciel nicht so lange allein lassen sollen. Er war nicht hier um einem Schnitter den Tag zu retten. Sein Vertrag war seine allerwichtigste Pflicht momentan und bis diese erfüllt war konnte nichts anderes Priorität haben. Diese ganze Sache schrie geradezu nach einem Interessenkonflikt und Sebastian hatte überhaupt keinen. Es kümmerte ihn nicht Mal mehr wovon Grell eigentlich geredet hatte. Oder zumindest sagte er sich das es das nicht tat. Sebastian war schon längst aufgestanden und am weggehen als Grell sagte, „ich dachte du hättest dich entschuldigt. Bei mir, nicht an mich gerichtet mein ich.“ „Wofür?“, fragte Sebastian als er inne hielt. „Na ja“, meinte Grell daraufhin. „Ich dachte du würdest mir sagen, dass du mich dir ganze Zeit nur wie Dreck behandelt hast, weil du versucht hast deinen Gebieter zu beschwichtigen und das du nichts davon gewollt hättest. Bin ich nicht nett?“ „Hat dir schon Mal jemand gesagt das du eine ziemlich komische Definition von 'nett' hast?“, fragte Sebastian hinaus in die Dunkelheit blickend. Hier und da brannten Lichter im Komplex, aber ansonsten war es eine perfekte Nacht um sich die Sterne anzuschauen. Ein Menschenpaar hätte es sogar noch romantisch gefunden. „Es hätte etwas wichtiges sein können. Etwas womit du gezwungen wärst wertvolle Zeit deines Gebieters mit Nachdenken zu verbringen. Aber stattdessen kannst du weggehen und musst dich nichtmal mit Informationen rumschlagen die es wert sind mehr als einen halben Moment darüber nachzudenken? Ich würde das ziemlich großzügig von mir nennen...“ Sebastian seufzte in sich hinein. Es war der näheste Betrug seiner Gereiztheit den er sich erlaubte. Grell hatte sich das schmerzlichste für den Schluss aufbewahrt, und das noch nicht Mal mit Absicht. „Bist du fertig?“ „Willst du denn das ich es bin?“ „Ja“, meinte Sebastian entschieden. „Ich hab wichtigere Dinge als dieses Gespräch um die ich mich kümmern muss. Tatsächlich wäre es das Beste, wenn wir dieses Thema für die Dauer meines Vertrags nie wieder zur Sprache bringen.“ Erst als es nicht passierte wurde ihm überhaupt klar das er drauf gewartet hatte. Doch eine eindeutige Stille lag in der Luft die beinahe beleidigend den Platz eines Phantoms einnahm. „Also danach wärs okay?“ Offensichtlich war der verzweifelte Grell verschwunden, nur um wahrscheinlich bald durch den wütenden oder blutrünstigen wahnsinnigen Grell ersetzt zu werden. Gut das Will ihm die Kettensäge weggenommen hatte. Oder vielleicht, als sich Sebastian umdrehte, der stille und totunglückliche Grell. Der Grell, den er unterbrochen hatte durch sein Erscheinen, der der zuverlässig gearbeitet und ihn mit einer blassen gelähmten Stimme, die er fälschlicherweise für Normal gehalten hatte, gefragt hatte „irgendwas wobei ich dir helfen kann?“ Der Grell der unerklärlicherweise in ihn verliebt war und absolut davon überzeugt war das Sebastian sich wiederum nicht nach ihm sehnte und hoffte das ihm das Gegenteil bewiesen wurde. Grell hatte sich wieder seiner Arbeit zugewandt, magisches Licht driftete um ihn herum wie ein Irrlicht und Sebastian beobachtete ihn als Grells behandschuhter Finger seine Unterlippe an der Stelle entlangfuhr wo Sebastian ihn vor einigen Momenten berührt hatte. Sebastian rührte sich für einige Zeit nicht, und als er es tat senkte er seinen Kopf als ob er sich schämen würde – was er auch tat, nur war Scham für Dämonen ein bisschen weniger greifbar als für Menschen – und schließlich ging er um wieder ein Butler zu sein. Nach seiner Tasse Tee mit dem Undertaker musste Sebastian entweder für eine Minute oder einen ganzen Tag in Ohnmacht gefallen sein, denn als er seine Augen wieder öffnete war es wieder Nacht. Ein Leichentuch war um seine Schultern gewickelt und Stimmen die murmelten – Grells und die von dem Undertaker - drangen an seine Ohren. „Also behalten wir... ihn... wirklich.“ „Sebastian war achtsam genug um nicht zu reagieren, nicht? Ich würde soweit gehen zu sagen das das nicht nichts zu bedeuten hat.“ Sebastian hörte ein verstimmtes Murmeln und dann antwortete Grell. „Nenn ihn nicht so... 'Sebastian'. Er ist ein Dämon, er hat einen Dämonennamen. Einen den wir schon die ganze Zeit hätten benutzen sollen... welcher auch immer es sein mag. Wenn er sich einem Menschen vertraglich verpflichtet wird er zu jemand anderem – der der Mensch ihn wünscht zu sein, soweit ich mir das denken kann.“ „Sag bloß du schmollst?“ „Das ist es nicht wert. Es kümmert ihn überhaupt nicht wie ich mich dabei fühle. Ich würde sogar soweit gehen und sagen das er es mit Absicht tut. Nur weil er es kann, dieser sadistische Bastard.“ „Du kannst nicht erwarten zu kriegen was du willst, ohne eine Gegenleistung zu bringen. Du schmollst... und beschwerst dich... wegen etwas das einzig und allein deinem eigenen Vorteil dient.“ Noch mehr verstimmtes Murmeln. „Ich will einfach nicht – nicht so. Ich glaube nicht das ich das kann.“ Also, wenn es diese Art von Unterhaltung war die Grell über ihn führte, dann war es offensichtlich das es Grell gut genug ging um aufzustehen und herumzulaufen, falls er nicht sogar genau in diesem Moment herumhuschte und Seelen einsammelte. Sebastian fühlte sich vollkommen berechtigt sich von seiner Erschöpfung – Erschöpfung deren Ursache wie üblich Grell war – übermannen zu lassen und wieder einzuschlafen. Am Ende musste sich Sebastian jedes Mal wenn er genug bei Bewusstsein war um einen Gedanken zu fassen sagen 'nur noch fünf Minuten' und bei ihm funktionierte es so gut wie bei jedem anderen auch. Falls Sebastian eine Vermutung über die Gesamtsumme der Zeit die er im halbwachen Zustand und Schlummer verbracht hatte anzustellen hätte, dann würde er ungefähr eine Woche schätzen. Also lag Grell eine Woche später seitlich auf einem übergroßen Stuhl gegenüber der Couch die Sebastian in Beschlag genommen hatte. Ein schwacher Sonnenstrahl neigte sich über dem Stuhl, so dass Grell einer Katze die sich für ein Nickerchen hingelegt hatte nicht gerade unähnlich sah. Seine Beine baumelten über einer der Armlehnen und der Rest von ihm lehnte zusammengerollt an der Rückenlehne; er hatte seine Brille abgesetzt und sie auf den Beistelltisch gelegt. Und er atmete nicht. Dämonen haben nicht sehr oft Panik. Es passiert vielleicht ein Mal alle hundert Jahre, manchmal mit Absicht nur um sich zu erinnern wie es sich anfühlt. Aber die Tatsache das sich Grells Brustkorb nicht hob und senkte sorgte dafür das sich Sebastians Augen weiteten, als er sich rüberlehnte und Grell heftig an den Schultern rüttelte. Er verstand nicht wie das hatte passieren können. Schnitter starben nicht wie Menschen einfach so im Schlaf, oder? „Was zu Hölle ist los mit dir?“, verlangte Grell zu wissen, als er nach seiner Brille tastete. „Du hast nicht geatmet!“ „Natürlich hab ich das nicht“, meinte Grell ärgerlich. „Wann hab ich das letzte Mal beim schlafen geatmet?“ Sebastian dachte zurück. „Gut, wenn du es so sagst–“ Grell legte seine Brille wieder beiseite und streckte seine Arme aus und umarmte Sebastians Taille. „Ich atme wenn du willst“, flüsterte er in anzüglichem Ton und küsste Sebastian auf die Wange, bevor er ihn einen Moment länger als von Sebastian erwartet im Arm hielt. Etwas war komisch an der ganze Sache, allerdings war auch etwas komisch daran das Grell so dicht bei Sebastian einschlief. Hatte Grell ihm vergeben? Das war schnell gegangen. Sebastian setzte sich daraufhin auf eine Armlehne des Stuhls, denn er hatte Grell noch niemals zuvor wirklich ohne Brille gesehen. Er nahm die Brille aus Grells Hand, faltete sie auseinander und setzte sie Grell auf. Nachdem er sie dort eine Weile gelassen hatte, nahm er sie eilig wieder weg, ehe er sie ihm wieder aufsetzte. „Spielen... wir verkleiden?“, fragte Grell. Es war vielleicht nur Sebastians Einbildung aber er meinte ein schwaches, schwaches Bisschen des Grells herauszuhören den er damals kennengelernt hatte. Es glich am ehestem dem Grell der Sebastian gesagt hatte das er die Lippen des Dämons mit seinem eigenen Blut schminken wollte, aber das war ein unbedeutendes Detail. „Ehrlich gesagt ja“, erklärte ihm Sebastian. „Ich konnte mich nicht entscheiden ob ich dich mit oder ohne lieber leiden mag. Ist das deine richtige Haarfarbe?“, fragte er als er Grells momentan braunes Haar aus seinen Augen strich. Das er der Art wie sich das Licht blitzartig in Grells Iriden brach viel zu viel Aufmerksamkeit widmete bemerkte er im selben Augenblick als Grell ihm antwortete. „Solltest du das nicht wissen?“, fragte Grell und die Stimmung war futsch. „Ich hab mich mehr um dein Überleben gesorgt, als darum ob der Teppich zu den Gardinen passt, also nein ich weiß es nicht mehr.“ „Bitte sag das niemals zu einem Menschen, ich bin mir sicher das wird Anklang finden“, kicherte Grell als ob er sich für eine Sekunde vergessen hätte. „Und wenn du dich nicht erinnerst seh ich auch keinen Grund dir das zu sagen...“ „Also willst du mir damit sagen das es braun ist und du dich schämst das zuzugeben. Zu langweilig?“ „Das hab ich nie gesagt!“, beharrte Grell und setzte sich etwas auf. „Du musst das schon selbst herausfinden.“ Er fuhr sich mit den Fingern durch die Haare wobei selbige scharlachrot wurden. „Du weißt es gibt keinen angemessenen Weg für mich das herauszufinden.“ „Ich weiß.“ „Nebenbei“, meinte Sebastian, obwohl das Thema was er einbringen wollte, eigentlich auf gar keine Weise einen Übergang hatte, „ich will das du mich Sebastian nennst. Oder jede Form davon die dir gefällt.“ So wie Grell seinen Mund zum sprechen öffnete und dann zu vergessen schien wie das ging, schien Grell klar zu werden das Sebastian seine Unterhaltung mit dem Undertaker überhört haben musste. Er sagte nichts. Und falls das aufhören des Blitzen in Grells Augen ein Zeichen war, dann musste mehr hinter der Unterhaltung mit Undertaker stecken als Sebastian angenommen hatte. „Ich glaube nicht das ich mich daran gewöhnen könnte, wenn du mich irgendwie anders nennst“, sagte Sebastian. „Nicht nachdem du einen so bleibenden ersten Eindruck hinterlassen hast.“ Grell lachte. Es klang natürlich genug. Natürlich genug für Sebastian um sich für seine nächste Tat zu rechtfertigen. „Das ist lächerlich dich hier schlafend vorzufinden, wenn du einen völlig annehmbaren eigenen Schlafplatz hast“, entschied Sebastian als er vom Stuhl glitt und Grell auf seine Arme hob so wie er es mit Ciel getan hätte, nur davon abgesehen das er bei Ciel eine andere Motivation für seine Fürsorge gehabt hatte und das Ciel wesentlich kürzere Beine gehabt hatte. Allerdings gab es keinen großen Unterschied in dem Theater das beide deswegen veranstalteten. „Ich war hier unten, weil du so einsam aussahst! Nicht im Augenblick, mein ich; ich bin immer für Fortschritte aber das hier ist absolut ungehörig, es gibt da sowas wie Romantik falls dir das Bewusst ist–“ Vor dreißig Jahren hatte Sebastian gelernt Emotionen zu fühlen anstatt sie einfach zu manipulieren und komischerweise hatte es alles mit einem Essen angefangen. Kapitel 5 --------- Es war später Nachmittag. Die Schatten die das Sonnenlicht, das sich an den Gardinen vorbei gestohlen, geworfen hatte, hatten sich, seit dem sie Sebastian aufgefallen waren, verflüchtigt. Nicht das er wirklich auf sie achtete; diese Schatten waren eben unglücklicherweise leicht von Grells Bett aus zu sehen. Grell war ebenso ruhig wie er atmete, aber er schlief nicht. Er war nur kurz davor. „Haben alle Schnitter einen so schnellen Herzschlag wie du?“, fragte Sebastian halb teilnahmslos und halb neugierig. „Böser Dämon“, murmelte Grell schläfrig als er seine Augen öffnete. „Darauf antworte ich dir nicht.“ Ein enttäuschtes Seufzen verließ seine Lippen als ob er die Bettlacken fragen würde was er hier tat und er wand sich anschließend aus Sebastians Armen, so dass die Position perfekt war um Sebastian sein Gesicht nicht sehen zu lassen. „Sind alle Schnitter so launisch?“ „Ich bin nicht launisch. Du bist nur... ich weiß nicht“, verteidigte sich Grell, aber sofern er irgendeinen Ausdruck in seine Worte legte, hörte ihn Sebastian nicht. „Wie bin ich denn?“, wollte Sebastian mit einem Mal sehr interessiert wissen. Er sank tiefer in die Kissen zurück. Als Grell dann aber seinen Kopf schüttelte fügte er hinzu, „nein, ich wills wissen. Sags mir.“ Ohne zu schauen wohin griff Grell hinter sich und fand dort Sebastians Hand. Für einen Moment hielt er sie fest und drehte sie dann herum so das der Handrücken nach oben zeigte, die bleiche weiße Haut dort wartete auf das nächste Mal markiert zu werden. Es war keine Antwort. Keine eindeutige zumindest, nicht die Art die sich Sebastian im Stillen wünschte. Besonders seit Sebastian eine vage Vermutung hatte was Grell mit dieser kleinen Geste meinte und es war etwas worüber er nicht nachdenken wollte. Und anscheinend war es etwas über das auch Grell nicht gerne nachdachte. Sebastian sank weiter in die Kissen zurück als er einen Arm um Grells Nacken und den Anderen um seinen Oberkörper legte. Irgendwas an Grells streitlustigen Verhalten wenn es um Sebastian ging ließ den Dämon vermuten das es bloß heiße Luft war; Sebastian hatte falsch gelegen. „Vorsichtig“, murmelte er nicht sehr überzeugend als Grells Zähne in seine Unterlippe schnitten. Er fuhr mit der Zunge über die Stelle, suchte nach dem Blut und entschied das jetzt wo seine Zunge schon Mal da war er sie auch weitermachen lassen konnte. Grells erschrockenes keuchen ließ Sebastian lächeln; er löste seine Hand die sie beide noch trennte und legte sie um Grells Taille, hielt ihn fest. Seine Küsse wurden intensiver, betörender und erst als er in Angst, Betrug und Schmerz versank merkte er was er tat. Eine Seele wie Sebastian sie am liebsten hatte. Es gab nur eines das Sebastian an dieser menschlichen Seele störte – und es gab nichts was er dagegen tun konnte – und zwar das Menschen eine Lebensspanne mit einem eindeutigen Anfang und Ende hatten. Und selbst wenn es einem Menschen irgendwie gelang sich an dem Grad an Verzweiflung entlang zu schleppen den Sebastian bei einer maximalen menschlichen Lebensspanne am meisten genoss, war ihre Zeit zum reifen immer noch wesentlich kürzer als ein Jahrhundert. Und oft wurde der Geschmack zum Ende hin auch schlechter. Wäre eine menschliche Seele also dementsprechend in ewiger Jugend gefangen, vollkommen gefangen in den ungeschliffenen Gefühlen eines Menschen, bis das hohe Alter den Schmerz vielleicht betäuben würde, und dann an Todesbetten und auf Schlachtfeldern ausharren, Tod und Krankheit erdulden musste, dann hatte sie zwei Möglichkeiten für alles weitere. Die Seele konnte dem betäubenden Geschenk des Alters erliegen und der Tod konnte so natürlich wie atmen (oder nicht atmen) werden, oder auch nicht. Grells Seele um es einfach zu machen gehörte zu der 'oder auch nicht' Variante. Sebastian fühlte sich so beschämt wie ein angesehener Weinkritiker dem man gesagt hatte das der Merlot den er einst, ohne das er jemals seine Lippen berührt hatte, wegen seines derben Geschmacks scharf kritisiert hatte, der war den er jetzt nicht mehr wegstellen konnte. Aber Seelen waren etwas viel subtileres als menschliches Essen oder Trinken, selbst Wein. Denn der bloße Geschmack einer Seele war nicht mal annähernd so detailreich wie der Lebenslauf eines Schnitters, da gab es so eindeutige Eindrücke die kaum Interpretationsspielraum ließen. Grell schmollte und er konnte es schon beinahe durch bloßes ansehen schmecken. Es war ein Blick der auf Sebastians Erinnerung, wie er neben Ciel gestanden und sich bewusst geworden war das Ciel durch jeden anderen Menschen hatte ersetzt werden können, antwortete. Grell wollte nicht teilen, wollte Sebastian nicht für einen Moment alleine lassen, nur damit er ihn dann im nächsten Moment bei jemand anderem sehen würde, dem Sebastian ständig mehr Aufmerksamkeit schenken würde. Und das in Kombination mit der Erkenntnis das es keinen Ausweg gab, tränkte seine Seele in Eifersucht, aber in einer mehr pragmatischen Absicht. Eine Wand die etwas wertvolles dahinter verbarg. War es Ablehnung? Vielleicht. Vielleicht war es etwas anderes. Sebastian wollte es wissen. Was zur Hölle dachte Sebastian was er tat? Sebastian und Grell starrten sich mit gegenseitigem Horror in die Augen an, als Sebastian wieder zu Sinnen kam. Er umarmte Grell nicht länger; an irgendeinem Punkt hatte er Grell weggeschoben so dass er jetzt am Fußende des Bettes lag. Dem aufwallenden Rot in Grells Augen nach zu urteilen hatte Sebastian genug Kraft und Unglück dabei gehabt um ihm weh zu tun. Sebastian bewegte sich vielleicht einen halben Zoll und Grell zuckte zurück um von ihm wegzukommen. Aber er verschätzte sich, rückte ein bisschen zu weit weg und fiel vom Bett. „Grell!“, rief Sebastian und beugte sich gerade rechtzeitig nach vorn um zu sehen was wohl einen Ausdruck von Panik darstellen sollte. „Bist du–“ „Bist du okay?“, wollte Grell wissen, seine Stimme atemlos. Er war entweder noch benommen von seiner Gehirnerschütterung oder es die Nachwirkung davon beinahe seine Seele durch Sebastians Hunger verloren zu haben. „Nun... ich denke nicht das du derjenige von uns beiden bist der das Fragen sollte.“ Grell sah weg und legte sich wieder aufs Bett, so dass er auf seine Ellenbogen gestützt war. Nach einem sehr, sehr langem Schweigen sagte er mit einem beinahe geschäftlichen Ton, „du hast dieses Haus seit einer Woche nicht verlassen. Und du hast so viel deiner Energie an mir verbraucht. Du solltest raus und jemanden essen – etwas meine ich“, korrigierte sich Grell und das viel zu schnell. „Versuchst du mich so schnell wieder loszuwerden? Oder planst du gelegentlich meine Aufmerksamkeit, von meiner vertraglich verpflichteten menschlichen Seele, zu stehlen, so wie früher?“ „Tschuldigung“, meinte Grell mit einem hörbaren aber nicht gelungenem Versuch aufrichtig zu klingen. „Aber mal ehrlich, ich und lächerlich? Schau dich an. So hungrig das du dich selbst mit der Seele eines Schnitters zufrieden geben würdest – geh einfach, ich werde deine Seele Heute Nacht einfach nicht einsammeln.“ „Aber du würdest den Lebenslauf auf den du schon immer einen Blick werfen wolltest sehen können–“ „Das“, sagte Grell scharf, „ist es nicht wert Sebby, wenn du nicht gehst, dann sorg ich dafür. Ich würde sogar mit dir gehn. Es wäre nicht das schlimmste was ich trotz meiner eigentlichen Neutralität getan habe und das weißt du...“, meinte er mit einem koketten Lächeln. Während der Gedanke das Grell ihn zu irgendwas zwingen wollte ein unterhaltsamer war, zweifelte er daran das es in irgendwas erfolgsähnlichem Enden würde. „Du würdest dastehen und mir zusehen wie ich mich voll und ganz, meine Zeit, meine Seele einem Menschen verschwören und mich ihm Unterwerfen würde im Austausch für seine oder ihre Seele? Verzeih mir wenn ich dich falsch einschätze, aber ich nehme gut und gerne an das du, als Person, viel weniger als Schnitter Tod, mit zumindest einer dieser Sachen ein Problem haben würdest.“ Er warf einen Blick zu Grell der schon halb auf dem Boden lag. Grell blickte zurück. „Sebby lass mich nicht zufällig die Papiere einer Seele verlieren. Du würdest nicht im voraus wählen können, also gibt es keinen Weg rauszufinden wie sie schmeckt.“ Sebastian wollte das Thema nicht weiterführen. Er brauchte es auch nicht. Es ärgerte ihn nur das nicht allein Grell sich ergab, er tat es selbst mit ganzer Kraft. „Also gut. Wir gehen; es gibt keinen Grund um zu solchen Maßnahmen zu greifen. Aber trotzdem, bist du sicher das du nicht in Schwierigkeiten kommst?“ Grells Ärger flammte blitzartig auf und er lachte. „Oh, ich bin mir mehr als sicher das ich in Schwierigkeiten gerate. Aber Mal ehrlich, wem tu ich damit eher einen Gefallen, dir oder Will?“ Allein der Gedanke an Grells Boss ließ Sebastian zittern. Der war ein Bilderbuch Schnitter Tod: Gefühlslos, unmenschlich, absolut neutral, nicht in Verbindung mit, aber in gleichwertigem Ekel zu beidem, Engeln und Dämonen. Auch wenn Sebastian ihn respektierte und er von Zeit zu Zeit in der Lage war ihre Differenzen beiseite zu legen – oder eher, Wills eigene Differenzen, aber Sebastian war es so oder so egal – wenn es wirklich darauf ankam, aber ehrlich gesagt zweifelte Sebastian daran das das hier so ein Umstand war. „Lass uns gehen“, scheuchte ihn Grell. „Du hasts eilig, oder?“, kicherte Sebastian. „Für jemanden der noch nicht mal seinen Mantel anhat nämlich auf jeden Fall...“ Der Abstand zwischen den Schatten auf der Straße war kurz. Und auch wenn sie kein bestimmtes Ziel hatten (und selbst wenn, Grell wusste sicher nicht wo das war) fand sich Sebastian ein paar Schritte hinter Grell wieder, der unglaublich schnell ging für einen Mann auf Stöckelschuhen. „Ich hab mich noch gar nicht richtig entschuldigt, oder?“, fragte Sebastian, gerade laut genug das Grell es hörte. „Ich will das du weißt das es mir leid tut. Ich wollte dich nicht angreifen.“ „Ist es das worüber wir reden?“, fragte Grell und stoppte. Er sah kaum zu Sebastian. „Oder ist da etwas anderes auf das du hinauswillst? Ist es nur das du in meiner Gegenwart das Gefühl hast das du dich bei mir entschuldigen musst, selbst wenn du nichts getan hast? Wenn du dich schlecht wegen etwas fühlst, sollte es nichts sein was mit mir zu tun hat. Immerhin...“ „'Immerhin' was?“, fragte Sebastian. Es war niemand auf der Straße und er schlang seine Arme um Grells Taille. Er fühlte wie die Anspannung zwischen Grells Schulterblättern verschwand und seufzte leise als Grell sich auf seinen Hacken zurücklehnte an Sebastians Brust. Als er Sebastian seinen Kopf zuwandte lächelte er. Und er flüsterte, „du wirst dir meinetwegen nicht mehr lange Sorgen machen müssen, stimmts? Ich sollte es nicht anders wollen. Ich könnte den Gedanken dir zur Last zu fallen niemals ertragen“, und schnappte für einen Moment nach Sebastians Unterlippe, er hätte ihn beinahe geküsst. „Ich würde dich so gerne lieben, Sebby. Aber ich kann dich nicht haben und ich will dich nicht lieben, wenn ich dich nicht haben kann. Also kann ich dich nicht lieben.“ „Wenn du sagst das du mich nicht lieben kannst–“, begann Sebastian. Grell schüttelte seinen Kopf und legte seine Hände über Sebastians. „Schweig du brichst mir das Herz, wenn du weiter redest“, sagte er und schmunzelte jedoch. „Also worüber reden wir?“ „Wieso sagst du mir das nicht“, meinte Sebastian und ließ von ihm ab, er hielt es selbst für Widerwillen, aber dazu tat es zu weh. „Wieso bist du zurückgekommen? Wieso hast du mich gerettet–“ „Wieso hilfst du mir?“, verlangte Sebastian wiederum zu wissen. „Ich bedanke mich nur“, sagte Grell mit gepresster Stimme. „Also kannst du deinen neuen Vertrag ohne äußere Bindungen eingehen. Deswegen bist du doch hier, oder?“ „Grell warum würde ich für ein Essen gerade nach London kommen, wenn ich die ganze Welt habe? Wieso würde ich diese Gestalt behalten – und diesen Namen? Ich bin hier wegen etwas das ein wenig wichtiger ist.“ „Das ist mir schon klar Sebastian“, sagte Grell mit recht ernster Stimme. „Deswegen habe ich dich die ganze Zeit beobachtet – es wird Zeit das wir unsere Farce beenden.“ „Wovon bitte reden wir?“, fragte Sebastian diesmal vollkommen verloren. Aber mit einem Mal hatte er keine Zeit mehr zum antworten. Im Kontext betrachtet war es nicht das klügste, aber er tat das einzige was ihm einfiel: Er schob Grell in eine Vertiefung in der Wand. „Bleib still und versteck dich hier“, zischte als er sich so gut wie er konnte schützend vor Grell aufbaute. „Sebby–“ „Das gilt nicht als 'still'“, warnte ihn Sebastian. Etwas hatte die Nacht verändert und dieses etwas schien seine liebe Tante Lilith zu sein. „Bleib hier. Beweg dich nicht solang du nicht in Gefahr bist. Ich werde keinen anderen Grund akzeptieren.“ „Sebastian?“ Daraufhin kniete sich Sebastian vor Grell der größtenteils von den Schatten verborgen war. Sebastian küsste ihn. Für eine lange Zeit. Als er sich schließlich von ihm löste, presste er einen Finger auf Grells Lippen und dann stand er auf und folgte dem Brand. Kapitel 6 --------- Alles wäre für Sebastian so viel leichter gewesen, wenn Grell sich nicht bewegt hätte. Er hatte Grell doch extra gesagt sich nicht zu rühren. Er hatte sogar die Wahrscheinlichkeit miteinbezogen das Grell es ignoriert und ihm die Möglichkeit gegeben Sebastians ausdrückliche Wünsche zu ignorieren ohne dass Sebastian die Kontrolle über die Situation verlieren würde. Wenn Grell sich nicht bewegt hätte, dann hätte Sebastian nicht herausgefunden warum Grell so gut hatte vergeben können. Er hätte nicht herausgefunden, dass der Undertaker über ihn gelacht hatte und nicht einfach nur in seine Richtung, und er hätte nichts von Liliths Plänen gewusst. Es war unumstritten nützlich etwas über Liliths Pläne zu wissen – es war schließlich von Vorteil so etwas zu wissen – aber die Tatsache, dass er von ihnen noch nichts wusste, machte die Tatsache, dass ihm Grell so einfach vergeben konnte und das Lachen des Undertakers zu unglücklichen Umständen (und sinnlos noch obendrein.) Wenn es darauf ankam sorgte es auch nicht gerade dafür, dass er sich besser fühlte. „Guten Abend, meine liebe Tante. Das Mondlicht bricht sich heute Nacht besonders schön in deinen Schuppen“, meinte Sebastian, während er im Salon, einen Block entfernt von dort wo er Grell noch sicher und still vermutete, platz nahm. Der Salon gehörte einem Menschen, aber das war unwichtig. Was wichtig war, dass der Salon durch seine dunkle, provokante Ausstrahlung uneinladend wirkte. „Soll ich dir das Feuer entzünden?“, fragte Sebastian wobei er mit einer Hand zur Feuerstelle deutete. „Stimmt, so etwas kannst du ja ganz gut“, entgegnete Lilith. „Ich glaube es könnte nicht schaden, ich muss diesen Salon ja nicht so kalt in Erinnerung behalten. Morgen ziehe ich weg, zusammen mit meiner vertraglich verpflichteten Seele. Sie will nach Deutschland, sie hat Nachforschungen im Bereich des okkulten gemacht und wie es aussieht gibt es eine Gesellschaft welcher sie gerne einen Besuch abstatten und vielleicht eine Partnerschaft schließen, die ihr ebenso viel wie unser Vertrag bringen würde.“ Sebastian interessierte das kaum, auch wenn es ihn interessierte warum seine Tante glaubte, dass er gefallen an solch banalem Geschwätz hatte. Er hielt es für Wahrscheinlich, dass sie es ihm eher früher als später erzählen wurde. Ein kurzer Blick Sebastians zur Feuerstelle setzte sie in Brand, auch wenn sie gefegt worden und kein Feuerholz in Sicht war. Er hatte das Bedürfnis seine Sache anständig zu machen bei einem Publikum wie Lilith; sie würde die Arbeit wahrscheinlich sowieso nicht würdigen. „Als junge Frau verlor sie ihren Verlobten. Es dauerte nicht sehr lange – oder, um genauer zu sein, erst kürzlich – bis ihr klar wurde, daes sie nicht verstehen konnte, wenn sie all als... gewöhnlich betrachtete. Sie hätte mich zu keiner besseren Zeit rufen können. Sie ist einfach perfekt Azzy, du solltest sie sehen.“ 'Azzy.' War das notwendig? Nein, war es nicht. „Mein Name ist Sebastian. Für welche deiner Absichten ist sie denn perfekt? Hast du entschieden meinem Beispiel zu folgen und mehr auf das zu achten, was du isst?“ „Wenn das der Fall wäre mein lieber Neffe, dann könnte ich ihren Wunsch erfüllen indem ich sie zu uns nach unten riefe. Der Dämon der Schuld am verschwinden ihres Verlobten ist bist schließlich du. Du solltest sehen was aus ihr geworden ist“, sagte Lilith. „Süße kleine Elizabeth.“ Es gab nichts was Sebastian dazu auf der Stelle sagen wollte. Er kreuzte schlichtweg die Beine und lehnte sich im Polster des mauvefarbenen Sessel zurück.“Ich könnte es ihr natürlich nicht erzählen. Auf diese Weise könntest du mit uns nach Deutschland kommen.“ „Wieso willst du nach Deutschland?“, wollte Sebastian wissen. „Ein Experiment“, antwortete Lilith. „Was hältst du vom Tod Gottes? Ist ein bisschen unpassend, sagt sich aber schön.“ Eigentlich hörte es sich wie etwas Geschäftliches an, so wie er die üblichen Hobbys seiner Tante kannte. Der einzige Unterschied war, dass sich Lilith dieses Mal größere Mühe gab ihn mit einzubeziehen als gewöhnlich. Es störte ihn. „Ich hab den Schnitter gefunden den du am Rande des Todes zurückgelassen hast“, meinte Sebastian plauderhaft. „Deswegen bin ich hier. Obwohl es da ehrlich gesagt nicht viel zu bereden gibt.“ Lilith kicherte. „Wenn du mit 'gefunden' meinst, das du ihn dir 'zu Willen gemacht hast' gibt es viel zu reden. Ich bin so erfreut, dass mein lieber Neffe einen gut aussehenden Gentleman zum Freund gefunden hat. Oh, aber stimmt ja, ich bin ein Dämon, oder nicht? Und mein lieber, kleiner Neffe ebenfalls. Das heißt er hat wichtigeres zu tun, als seine Zeit mit einem Schnitter Tod zu verplempern. Besonders einen Schnitter, den ich so von ganzem Herzen verabscheue“, seufzte Lilith. „Wieso tust du mir das an, Liebling? Ich mache mir so viele Sorgen um dich. Manchmal habe ich das Gefühl, dass du gar nicht an deine arme, alte Tante denkst...“ Sebastian runzelte die Stirn. „Was hat ein hier ansässiger Schnitter Tod getan, um sich deine Missgunst zu verdienen?“ „Er nimmst sich mehr vor, als er auf die Reihe kriegt, beide, er und sein Boss“, Lilith grinste. „Ich würde es eine etwas aktivere Rolle im Kampf zwischen Himmel und Hölle nennen. Sie wissen, dass ich etwas plane, aber sie wissen nicht was es ist. Wir wissen es natürlich, und du kannst davon ausgehen das es bald auch ein Schwarm Erzengel weiß.“ Hätte Sebastian es sich aussuchen können welche Stimme er gerade am wenigsten hören wollte, dann wäre es die von Grell gewesen. „Du weißt das wahrscheinlich schon, aber Engel können Verträge von Dämonen brechen, wenn es sich um einen Notfall handelt. Das hier wird höchstwahrscheinlich darauf zutreffen, also... oh, und denk nicht mal daran jetzt nach oben zu stürzen und Elizabeths Seele zu rauben, sie wird bewacht von einem alten Freund eines Freundes von ihr aus ihrer Kindheit, jemanden den sie als den 'Undertaker' kennt und der einer meiner Mitarbeiter ist.“ Vor nicht allzu langer Zeit hätte Lilith Grell beinahe getötet, einfach nur so zum Spaß. Nun hatte sie eine weitere Gelegenheit. Wenn er Liliths beiläufigen Kommentar von zuvor miteinbezog, dann konnte Sebastian, wenn er richtig anstellte Will alles in die Schuhe schieben. Also, wo war er? Will war nicht hier. Er würde in seinem Büro sitzen oder wo immer sonst es war wo Schnitter Manager ihren Papierkram machten, darauf wartend, dass jemand kam und ihm sagte dass, wenn er nicht dazwischen ging, er für die Friedhofsschicht Dienstag einen Namen weniger einzutragen hatte. Mit diesem Gedanken im Kopf stand Sebastian vorsichtig auf und strich sein schwarzes Jackett glatt. „Grell war es das wovon du Gesprochen hast?“ „Ja, mein liebster Sebby.“ Die Art wie Grell dies aussprach fand Sebastian in keinsterweise attraktiv, allerdings war er bereit die Umstände zu berücksichtigen. Und noch mehr als das wollte er die Situation beenden. „Lilith“, sagte er, „du solltest jetzt gehen.“ In einer Stunde würde er sich zurückerinnern und verstehen wie zweideutig sein momentanes Verhalten auf die Parteien, die er eigentlich auseinander halten wollte, gewirkt hatte. Für Lilith hatte es natürlich so gewirkt als wollte er Grell beschützen. Aber aus Grells Sicht hatte es so ausgesehen als wären Sebastians Prioritäten ein bisschen anders. Es half auch nichts, dass Lilith von ihrem Lehnstuhl aufstand und Sebastian höflich umarmte, bevor sie ihn auf beide Wangen küsste und herzlich meinte, „Dann überlasse ich das hier dir“, bevor sie verschwand. Dabei war es Sebastian verständlicherweise noch nicht gelungen die Puzzleteile zusammen zu legen. Er war ein bisschen zu sehr davon eingenommen gewesen auf Liliths Angriff zu warten. „Dir fehlt nichts?“, wollte Sebastian wissen, als er Grell beiseite nahm und sanft an den Schultern packte. Grell brauchte ein paar Sekunden für seine Antwort. Kaum merklich schüttelte er seinen Kopf, sein verstörter Blick ging an Sebastian vorbei. Der Dämon seufzte erleichtert. Normalerweise war Sebastian nicht gleich so gefühlsduselig, aber das hier waren keine normalen Umstände. Er strich ein paar lose Strähnen scharlachroten Haares nach hinten und hauchte einen Kuss auf Grells Lippen. „Du bist so ein Idiot“, murmelte Sebastian. „Du hättest sterben können. Hast du mir vorhin überhaupt zugehört?“ „Was glauben sie was sie da grade mit einem meiner Schnitter machen Dämon?“ Sebastian zuckte zurück beim Klang dieser schreibmaschienenartigen Stimme. Es war Will. Noch bevor Sebastian die Zeit hatte sich eine Art Antwort zu überlegen trat Grell unsicher zurück. Er biss sich auf die Unterlippe und dann innerhalb eines Herzschlags hatte er sich wieder gefasst. Als er den Rücken seines Handschuhs an seine Lippen führte war es wie ein Schlag der Verachtung, in seinem bleichen Gesicht flammte der Schock auf. „Ich bin eine Schauspielerin, nicht wahr?“, schmunzelte er in Sebastians Richtung. Sebastian wusste wusste nicht was er tun sollte. „Nun ja, du hast mich nichtsahnend erwischt. Wenn ich gewusst hätte das der Vorhang Heute fällt, hätte ich die Rosen mitgebracht. Ich würde sagen das war deine beste Performance.“ Grell strahlte.“Wirklich? Du weißt wie sehr ich deine Meinung schätze; dein Zuspruch ist mehr als die besten Kritiken.“ „Ich entschuldige mich für die Täuschung Dämon“, meinte Will. „Normalerweise gebe ich mir wirklich Mühe meine Standards über Ihren zu halten, aber es war ein Notfall. Sie verstehen. Wir haben angenommen, dass Sie direkt in Liliths Plan involviert wären, aber jetzt haben wir situationsbedingte Beweise. Dass Sie ein Dämon sind hilft ihnen nicht viel, aber es ändert den Text in Ihrer Akte. Mr. Sutcliff“, fügte er hinzu, seine Stimme klang gepresst, „Ich erwarte Ihren Bericht in zwei Stunden auf meinem Tisch. Ich schlage vor Sie fangen sofort an, wenn Sie ihre Antwort möglichst schnell haben wollen.“ „Nun, das hat Spaß gemacht, nicht?“, meinte Grell. Aber es war an Sebastian gerichtet, nicht an Will. „Du–“, Sebastian kochte vor Wut, ein Fluch lag ihm auf der Zunge. Aber dann wurde ihm klar, dass er nur über sich selbst fluchen würde. Er war ein bisschen zu menschlich gewesen, für ein bisschen zu lang; er hatte gesehen was er hatte sehen wollen, nicht mehr und nicht weniger. „Schau mich nicht so an Sebby“, seufzte Grell spöttisch.“Ich wusste, es würde nichts dauerhaftes sein. Und das – kannst du mir vorwerfen, dass ich verletzt bin? Dass ich auch nur ein bisschen sauer war? Und... dass ich mich nicht schlecht dabei gefühlt hab dir etwas vorzumachen? Immerhin bin ich davon ausgegangen dass, wenn du mitgespielt hättest, genau dasselbe getan hättest. Und du hast mitgemacht. Ich bin so froh, dass ich einen unterhaltenden Abschied für dich vorbereiten konnte... für eine kurze Zeit zumindest.“ „Nein“, protestierte Sebastian. „Ich–“ „Das Problem Sebby“, unterbrach ihn Grell mit einem Haifischzähneschmunzeln, „Mit jedem Versuch von dir, dich zu verteidigen ist, dass ich nicht weiß ob du lügst oder nicht.“ Also das war ja mal total gelogen. Nicht einmal die Möglichkeit – würden sie hier überhaupt stehen, wenn Sebastian kein Dämon wäre? Dennoch Sebastian wusste ganz genau das einen Weg gab Grell zu zeigen, dass er die Wahrheit sagte. „Wenn ihr euch so sicher seid, dass ihr hinter mir her seid, wieso tötet ihr mich nicht einfach?“, schlug Sebastian vor. In der darauffolgenden Stille der Nacht veränderte sich die Art in der sich das Mondlicht in Grells Brillengläser spiegelte. Die gezackte Linie seiner Zähne verschwand in der Dunkelheit. „Nicht ganz“, fügte Sebastian hinzu, „Nur genug – damit du dich überzeugen kannst.“ „Ich–“, stammelte Grell. „Ich könnte dir niemals wehtun–“ „Irgendwie glaube ich nicht, dass ich es bin, bei dem du Angst hast ihn zu verletzen“, sagte Sebastian ruhig und streckte seine Hand in Richtung des Schnitters aus. „Oder eher, ich bin nicht der Einzige. Ich bin bereit verletzt zu werden, aber du nicht, oder?“ „Was erlaubst du dir so etwas überhaupt zu sagen“, Grell kochte vor Wut und schlug Sebastians Hand weg. „Ist doch nett und alles, nicht? Dir sicher zu sein, dass du wirklich glaubst, den Schmerz spüren zu müssen, von dem du glauben machst du seist darauf vorbereitet. Wenn du wirklich in Gedanken bei mir zurück nach London gekommen bist, wie du sagst, dann wette ich, dass es nicht einen einzigen Augenblick gab in dem du daran gezweifelt hast, dass es nicht so laufen würde wie du es dir vorgestellt hast.“ „Das stimmt nicht.“ An dieser Stelle räusperte sich Will. „Grell. Wir gehen.“ Grell starrte ihn in verärgertem Unglauben an und nach einem kurzen Seufzer sagte er zu Sebastian, „Damit das klar ist, abgesehen von Wills Managergeschwafel haben keinen Anlass zu glauben, dass du involviert bist. Soweit wir das sagen können bist du unschuldig.“ „Das ist gut zu wissen. Natürlich hätte ich euch das auch selbst sagen können, immerhin bin ich nicht nur unschuldig, sondern auch vollkommen unwissend.“ „Das wäre gut zu wissen“, stimmte Grell sanft zu. „Ich werde versetzt. Nach Amerika. Das war der Deal. Ich spiele dein Spiel mit und untersuche in wie weit du involviert bist, ich... Naja, es gibt nichts weiter zu sagen, oder? Außer auf Wiedersehen, das ist alles.“ Grell hätte sie jetzt verlassen können. Wills Blick nach zu urteilen wäre es besser gewesen. Aber er tat es nicht, nicht sofort. Er nahm seine Brille ab, putzte sie mit einem zerknitterten weißen Stück Stoff und setzte sie erst wieder auf als er sich abgewandt hatte. „Mr. Grell Sutcliff“, rief Sebastian. „Warte. Nur einen Moment. Du liebst mich wirklich noch, nicht?“ Es war keine Frage. Sebastian wäre nicht genervt gewesen von einer Antwort, er wollte nur sicher sein. Er hätte genauso gut den Schatten einer Straßenlampe fragen können wo hin verschwunden war, denn alle Antworten die er bekam waren die des leeren Türrahmens. Kapitel 7 --------- Es war nicht, dass Sebastian nicht verstand; er verstand ganz genau. Denn schließlich war Grells Leistung, darin keine Fragen offen zu lassen, phänomenal gewesen. Auf seine eigene Weise war er nett gewesen, hatte auf seine eigene, perverse Art Mitleid gezeigt: Mitleid, welches sich fürchtete entdeckt zu werden oder Mitleid, das nicht als solches gesehen werden wollte aus Furcht davor, dass er sich revanchieren würde. Das Mitleid, die Nettigkeit, der Gefallen der in nur wenigen Worten seinem Empfänger mitteilte: „Danke, lass mich dir geben was ich dir schulde, jetzt verschwinde aus meinem Leben.“ Was in allem untergegangen war, war, dass sich Elizabeth nach draußen begeben hatte um eine zu rauchen, auf diese eigenartig glamouröse Weise. Sebastian nahm an er hatte wohl irgendeinen menschlichen Trend verpasst und stellte sich vor, dass Grell, wäre er hier, mehr als glücklich gewesen wäre ihn aufzuklären. Grell war es aber nicht; und in der Zwischenzeit hatte sich Undertaker erkundigt, ob er seine Hilfe anbieten konnte. „Was?“, fragte Sebastian ungläubig. „Ich bin ziemlich gut darin eine Leiche zu analysieren und herauszufinden wie sie starb. Der Ausdruck auf deinem Gesicht sagt mir, dass du ein wenig Hilfe brauchst.“ Sebastian bevorzugte es zwar nicht seine mutmaßliche vorige Beziehung als Leiche zu bezeichnen, dennoch gab es einige gewisse Gemeinsamkeiten mit dem Lieblingsthema Undertakers. Gerade hatte sie kaum etwas, das man einen Puls nennen konnte und sah auch so recht einsam aus, wie dort für jeden zu sehen lag. Davon abgesehen gab es jedoch ein paar ungeklärte Probleme die Sebastian bisher ignoriert hatte und er nahm an, Undertaker konnte sie lösen. So konnte Sebastian noch mehr erfahren und sich noch schlechter fühlen. Er freute sich schon darauf. „Soviel ich sicher weiß, erlitt der Körper beträchtliche Wunden während des Krieges. Wenn ich vermuten sollte, nehme ich an, dass er von Anfang an nicht bei bester Gesundheit war, in Anbetracht der schwächenden Wirkung der äußeren Umstände innerhalb und außerhalb seiner Kontrolle. Es gab sichtbare Versuche die Wunden zu versorgen und die Gesundheit zu regenerieren, aber die Versuche schlugen Fehl und das Ergebnis ist das, was du nun vor dir siehst.“ Es ließ ihm viel zu viel Interpretationsspielraum. „Also korrigiere mich, falls und wenn ich eine falsche Annahme mache“, meinte Sebastian. „Nach dem ersten Weltkrieg erholte sich Mr. Sutcliff nicht.“ Undertaker lachte ermutigend, falls es so etwas gab. „Und ich hab sicherlich nicht geholfen“, fügte Sebastian vorsichtig hinzu. Undertaker räusperte sich. „Auslassen ist dasselbe wie eine falsche Annahme machen. Nimm nicht alles auf deine Kappe.“ Sebastian zog die Stirn kraus. „Wer oder was sonst?“ „Mr. Sutcliff, wie du ihn ja, nun wo du so verärgert bist, lieber nennst, erschien eines wunderbaren, traurigen Abends an meiner Türschwelle, bettelte mich an die Nacht bleiben zu dürfen nach Arbeitsende. Er versuchte wirklich mir nicht zur Last zu fallen“, Undertaker lachte, „Aber letztlich wusste ich, dass je weniger Zeit er in Wills Nähe verbrachte, desto weniger irre würde er sein. Also gab ich ihm den Raum oben. Warum er jemals davon ausging Will, würde seine Reaktion auf diese Abschlachtung der Menschen verstehen, weiß ich nicht.“ Das Gespräch welches er zwischen Grell und Undertaker mitbekommen hatte machte nun mehr Sinn also zuvor. Er wusste nun, dass er nicht direkt etwas hatte um speziell ein sadistischer Bastard genannt zu werden. Wenn Sebastian irgendetwas gelernt hatte, dann, dass Grell immer wieder bewies, dass er klüger war als Sebastian annahm. Dämonen waren an keinen bestimmten Ort gebunden; sich allein durch Bewegung von Sebastian zu entfernen hätte Grell nichts Gutes gebracht. Grell hatte den Deal gemacht, um seine Maske aufsetzen zu können und Sebastians Verstrickung in Liliths Pläne untersuchen zu können, um von seinem Boss wegzukommen, nicht von Sebastian. Und am Ende hatte er geschauspielert, um Will los zu werden und deswegen war er auch vorgegangen und hatte durchblicken lassen, dass er in die Staaten versetzt werden sollte. Natürlich gab es auch noch das unumstößliche Argument, dass Grell Will so sehr hasste, dass es ihn nicht gekümmert hatte Will sehen zu lassen wie sehr er bei Sebastian sein wollte, da ihn das vorher auch nie aufgehalten hatte. Jedoch tat dieses Argument Sebastians Stimmung einen deutliche Bruch. „Sebastian Michaelis“, sagte die dünne, ältere Frau mit den rauchigen Augen, als sie den Raum betrat. „Du siehst nicht einen Tag älter aus, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe. Bist du also auch ein Schnitter Tod?“ „Nein, lass mich dir sagen warum du hier bist“, sagte Sebastian widerwillig und nahm sich einen Moment um sich die Augen und Schläfen zu massieren. Einer gealterten Elizabeth Middleford (Sie hatte nie geheiratet und war sogar von zu Hause ausgerissen, nachdem sie erneut verlobt worden war und hatte bis vor einigen Monaten einen anderen Namen benutzt) zu erklären, was ihr indirekt mit dreizehn Jahren widerfahren war, war das letzte was er in diesem Moment tun wollte. Undertaker hatte schon das Wichtigste erklärt: dass er ein Schnitter Tod war, dass der Mann, den Elizabeth einmal in ein sehr hübsches weißes Kleid gesteckt hatte, auch einer war und dass Ciel nicht aus eigener Kraft aus den verkohlten Ruinen des Phantomhiveanwesens zurückgekehrt war. In anderen Worten, all das was Sebastian ihr hatte erklären wollen um seinen Anstand zu wahren, bevor er ihr das eine sagen würde, dass was sie am wenigsten hören wollte. Es umgaben sie immer noch Rückstände heiligen Lichts, eines ehemaligen Vertrages mit einem Engel den jener beendet hatte. Elizabeth massierte einen Punkt hinten an ihrer linken Schulte, aber ansonsten schien sie sich nicht gestört zu fühlen. Wenn überhaupt störte sich Sebastian an etwas; wieso war sie jetzt überhaupt hier? Einen Pakt mit einem Dämon zu schließen war ein todsicherer Weg in die Hölle für eine menschliche Seele. Vielleicht war der Engel sonderbarerweise vergebend gewesen und hatte sich entschlossen Elizabeth den Rest ihres Lebens in ihrer sterblichen Welt verbringen zu lassen. Vielleicht würde sie sogar neu gewertet. Nun, das wäre nett. Nach Elizabeths Gesichtsausdruck zu urteilen hatte sie ein paar Dekaden zu viel der Unsinnigkeit gehabt. „Oder wieso komme ich nicht gleich zum Punkt?“, entschied sich Sebastian. „Meine Tante Lilith – ja, meine Tante, was mich zu einem Dämon macht – wusste die Antwort auf deine Frage schon bevor sie überhaupt in den Vertrag einwilligte. Du warst ihr sehr viel nützlicher als sie dir; deine Neugier hätte sie dort hingebracht wo sie hin wollte. Sie hat viel zu viele Hintergedanken um sie dir jetzt alle zu erklären. Sofern du sie niemals direkt gefragt hast, war sie sehr wohl in der Lage dich durch ihr Schweigen anzulügen. Lass mich das klar stellen: Ich hatte einen Vertrag mit deinem Verlobten und als die Bedingungen des Vertrags erfüllt waren verschlang ich seine Seele. Nein, ich fühle mich keineswegs schlecht.“ Elizabeth aber rollte nur die Augen. „Natürlich nicht; deinetwegen hatte er ein paar Jahre mehr auf dieser Erde und ich hatte ein paar Jahre mehr mit ihm. Wenn er an dem Punkt war wo er deine Hilfe brauchte, zweifle ich, dass er sich so oder so im Himmel wiedergefunden hätte. Ich wollte den Dämon, der Ciels Seele genommen hat nicht finden um mich zu beschweren, was wäre denn da der Punkt? Ich wollte dir danken. Also, Danke...“ Beinahe hätte er ihr seinen richtigen Namen genannt. Der Grund warum er so lange bei 'Sebastian' geblieben war, war gegangen. Aber sie wollte diesem anderen Namen nicht danken, denn diesen hätte es nicht gekümmert, Ciels letzte paar Jahre schön zu gestalten. Dieser Namen hätte nicht mal seinen Atem verschwendet Grells Annäherungsversuche abzublocken. „Sebastian ist schon okay“, sagte er ihr. „Und ich glaube zwar nicht, dass ich deine Dankbarkeit erhalten sollte, dennoch nehme ich sie gerne an.“ „Bist du dann der einzige der bleibt?“, fragte sie an Undertaker gewandt. „Ich befürchte es“, seufzte Undertaker. „Ich glaube nicht, dass Sebastian noch länger bleiben wird und Mr. Spears ist schon längst fort.“ „Der strenge Typ? Er war eher komisch. Nicht, dass du das nicht auch bist“, fügte Elizabeth mit einem Lächeln hinzu. „Verlässt du uns wirklich bald, Sebastian? Warum genau?“ Er hatte bis jetzt noch gar nicht darüber nachgedacht, aber nach dem diese Annahme nun im Raum stand sah er keine andere Alternative. „Für die neue Welt, wie sie einst hieß“, antwortete Sebastian. Kapitel 8 --------- Huhu (: euch is vielleicht/bestimmt/gar nicht aufgefallen das ich (Grim) Reaper neuerdings mit Schnitter (Tod) übersetzt hab. Zu Anfang der FF hatte ich keine Übersetzung die mir wirklich gepasst hab, mittlerweile mag ich Schnitter aber recht gern und deswegen hab ich es für die FF übernommen und auch in den Kapitel so geändert das nun nirgendwo mehr ein Reaper sondern nur noch Schnitter zu finden sind. Ich find das so nämlich besser so ^_^ Eine Betaleserin hab ich jetz nich mehr, nur mal so angemerkt. Sprich alles selbst korregiert ab hier und nu genug gelabert. Viel Spaß beim lesen ________________________________ Die Weltwirtschaftskrise war dabei wirklich so deprimierend zu werden, wie sie es vorgab zu sein. Sebastian hatte seit Dekaden nicht so gut gegessen; aber er fühlte sich schlecht, weil er sich seinen Mahlzeiten nicht ernsthaft widmete. Er konnte sich einfach nicht konzentrieren. „Für einen Dämon bist du eher nachdenklich, oder?“ Sebastian drehte sich von dem Fenster weg, welches den entschieden optimistischen Horizont Washington D.C.s zeigte. Er kicherte. „Nicht alle von uns haben sich gänzlich aktiv der Korruption der Menschheit verschrieben. Einige von uns würde lieber ein ehrliches Leben führen.“ „Du meinst wohl eher, du würdest lieber ein ehrliches Leben führen. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen das dein Ziel, dem du entgegen strebst, die Erlösung der Menschheit ist.“ Sebastian stand; sein Meister saß. Die Lähmung ab seiner Hüfte war etwas von dem sein Meister sicher ging es niemals öffentlich zuzugeben oder anzudeuten. „Wenn es dein Wunsch ist, ist es meine Pflicht. Meine eigenen Interessen liegen jedoch tatsächlich nah daran unnötiges Leid zu vermeiden. Es macht den Job anderer Agenten der übernatürlichen Welt weniger schlimm und ich glaube das ist etwas das ich als taktvolles Mitglied meiner Gesellschaft sagen sollte. Übrigens sollte dein New Deal keine Startschwierigkeiten beim Kongress haben.“ „Wie–“ „Wenn ich nicht mal so einfache Dinge erledigen könnte, dürfte ich mich gar nicht mit stolz euren Diener nennen Franklin Delano Roosevelt.“ Er sah wie die Anspannung die den Präsidenten der Vereinigten Staaten Amerikas sichtlich quälte verschwand. „Nun, das ist zumindest gesagt eine Erleichterung. Nichtsdestotrotz unserer Abmachung, gibt es etwas das ich für dich tun kann?“ Amerika als ganzes war ziemlich groß. Sebastian hatte angenommen Grell hatte die Vereinigten Staaten gemeint, aber bei genauerer Betrachtung war seine Wortwahl doch ziemlich vage gewesen. Zwei Kontinente und eine ganze Horde Inseln vage um genau zu sein. Also hatte Sebastian mit den Gegenden unter britischer Kontrolle angefangen, ausgehend von der Frage ob Grell dorthin versetzt worden war und war dann von dort weitergewandert. Er hatte sogar ab und den zufällig örtlich stationierten Schnitter Tod beiseite gezogen und gefragt ob er oder sie einen britischen Schnitter gesehen hatte, bevorzugt einen Wahnsinnigen. Nicht ein einziges Mal hatte er die Antwort bekommen nach der er suchte. „Ich befürchte nicht“, sinnierte Sebastian. Er war nicht blind einen Vertrag mit einem Politiker eingegangen; er wusste das es ein einfacher Weg war um ein Auge auf die Ereignisse der Menschenwelt zu haben und er hoffte das Grell irgendetwas irgendwo auf dieser Hälfte der Weltkugel tat das offensichtlich genug war, so wie eine Wiederholung des Jack the Ripper Vorfalls. Soweit kein Glück gehabt. So wie es aussah hatte Sebastian, für die kurze Zeit die er mit Grell verbracht hatte, einen dämpfenden Effekt auf Grells Wahnsinn gehabt. „Ich würde gerne wissen was du gerade denkst.“ „Geht es Eleanor gut?“, fragte Sebastian. Die Ehe war schon Jahre bevor Sebastian den amerikanischen Politiker kennen gelernt hatte erfolgreich zerstört worden – Franklin war noch nicht Präsident gewesen, als der Vertrag entstand – und momentan lebte Eleanor in einem separaten Anwesen; waren sie doch ein funktionierendes Paar in der politischen Szene, so war es doch nicht mehr als ein hoffnungsvoller Wunsch zu sagen in ihrer Ehe gäbe es noch so etwas wie Intimität. Es war wegen einer Affäre gewesen und weil der Präsident ein Versprechen gegeben hatte – das Versprechen der Ehe – und die Entscheidung eine Seele über allen anderen zu preisen, und es gebrochen hatte. Sebastian kannte die Details der Ehe vor ihrem jetzigen Zustand nicht und er hielt es nicht für angebracht nachzufragen. „Ist das eine Anmerkung zu deinen Gedanken oder willst du ablenken?“, lachte der Präsident sinnierend. „Du vergisst ich bin Politiker; ich merke wenn jemand ein Thema vermeidet, selbst wenn er ein Dämon ist.“ „Dann eine Anmerkung zu meinen Gedanken“, antwortete Sebastian. „Ist es das“, murmelte der Präsident. „Ich würde gern ein paar Nachforschungen zu deiner Art anstellen, wenn ich darf. Lieben Dämonen?“ „Allgemein?“, hakte Sebastian nach. „Nicht wirklich. Das Potential ist sicherlich da, aber ich kenne keinen Dämon der jemals wirklich und wahrhaftig von diesem Instinkt nutzen für persönliche Zwecke gezogen hat.“ „Scheint als hätte ich die falsche Frage gestellt“, gab der Präsident zu. Während sich Ciel immerzu über Sebastians Tendenz der Wahrheit auszuweichen, wenn sie direkt erfragt wurde, geärgert hatte, fand Franklin diese erheiternd. „Du als Dämon, liebst du?“ „Allgemein?“, antwortete Sebastian, „nein.“ „Aber speziell–“ „Speziell“, Sebastian hielt in seiner Antwort inne, „du bist mein Vertragspartner und deswegen bist der eine dem ich die höchste Aufmerksamkeit und Rücksicht widme. Es ist in keinsterweise eure Definition der Liebe, aber es ist Loyalität und Hingabe zu solch einem Grad, das etwas der Liebe ähnliches anzustreben das selbe wäre wie dich um die Hälfte deines Handels zu betrügen. Da das nun gesagt wäre“, fügte er mit einem lächeln hinzu, „ich bin dem Tod ziemlich verfallen. Weißt du, der Tod den ich kenne ist recht atemberaubend. Manchmal überwältigend, aber...“ Entgegen seines sonstigen Verhaltens seufzte Sebastian. „Wenn du so lange wie ich gelebt hast, hat so eine überwältigende Präsenz wirklich etwas an sich.“ „Wie ist der Tod?“ „Ich fürchte ich kann dir nicht die Antwort geben die du suchst“, sagte ihm Sebastian. „Der Tod den ich kenne ist nicht der Tod, den du kennenlernen wirst. Schließlich, in allen Punkten und Angelegenheiten, bin ich dein Tod.“ „Wie es scheint führen wir zwei unterschiedliche Gespräche zur selben Zeit“, kommentierte der Präsident dies zustimmend. „Neugier – und ich gebe zu Angst davor wo meine Unterhaltung vielleicht hinführt – will das ich deinem anstatt meinem folgen. Ist der Tod ein perfektes Wesen? Ein Engel, oder ein Dämon?“ Sebastian lachte. „Der Tod ist kaum ein perfektes Wesen und näher am Menschen dran, als ein Engel oder Dämon. Und ich glaube nicht das unsere Unterhaltungen so exklusiv für beide Seiten sind das eine beendet werden muss, damit die andere fortfahren kann.“ „Nun, in diesem Fall, warum ist der Tod nicht perfekt? Sollte der Tod nicht neutral sein?“ Schon bevor er in Amerika eingetroffen war hatte diese Nation sich scheinbar geweigert sich in die Geschehnisse der anderen einzumischen. Es war weise von den Menschen, musste Sebastian anmerken, wenn nicht sogar äußerst intelligent. Vielleicht hatte Grell deshalb herkommen wollen – er würde keinen zweiten Krieg aufräumen müssen. „Neutralität ist alles andere als perfekt“, sagte Sebastian. „Und in einigen Punkten ist der Tod überhaupt nicht neutral. Aber selbst wenn der Tod irgendwie beides wäre, neutral und perfekt, wo ist dann der Reiz?“ Der Präsident lachte leise. „Ein Dämon würde den Tod natürlich reizvoll finden... den eigenen ausgenommen.“ „Ich würde den Tod sehr gerne mein eigen nennen.“ „So wie fast die ganze Menschheit, wenn sie nur den Hauch einer Chance hätte.“ „Du hast keine Ahnung wie sehr ihr den Tod schon längst habt und hattet, seit dem aller ersten Vorfall und jeher.“ „Also... genießt der Tod den Krieg nicht?“ Kein anbetungswürdiger Anführer würde seine Leute in den Krieg und die Arme des Todes schicken wollen. Es gab viele die es taten und die Anbetung ihrer Selbst erreichten, aber es war nur eine Illusion, ein Schleier den man anheben würde um über das Gesicht einer Leiche zu legen. „Das kommt auf den Tod an“, sagte Sebastian nachdenklich. „Ich kannte den Tod anfangs als jemanden der sich wenig um Opfer schert und dann später traf ich ihn nach dem ersten Weltkrieg wieder und der Tod hatte seine Ansichten geändert. Genauso wie Menschen erwachsen*) werden, so liegt es auch in der Natur des Todes. Und die Methoden ihn jemandem zuzufügen“, fügte Sebastian hinzu. Es war nicht still. Es hatte eine Zeit gegeben in der die Menschen der entfernten Verwandtschaft den Rücken zukehren konnten, aber diese war vorbei. Alles war miteinander verbunden, genauso wie Sebastian mit seiner Familie, deren Taten er nicht ignorieren konnte. „Also falls ich noch einmal unter diesem neuen Gesichtspunkt fragen darf“, erkundigte sich der Präsident, „wie ist der Tod?“ Sebastian schloss die Augen, wünschte sich das ihn ein Moment der Inspiration ergreifen würde, so dass er den besten Eindruck von Grell passend zu dieser Unterhaltung vermitteln konnte und gleichzeitig so wenig seines neugierigen Wahnsinns wie möglich. Wenn Grell hätte gefunden werden wollen, hätte er Sebastian einige Anstrengungen erleben lassen, schlussendlich wäre es aber viel zu einfach gewesen. Es waren Jahre gewesen; Grell war kein allzu geduldiger Mann. Somit war die einzig sinnvolle Antwort das Grell nicht hier war. Wieso würde Grell Sebastian dann den falschen Ort nennen? Hatte er versucht den Dämon loszuwerden? Das wäre kindisch. Und wohl kaum fair. Jedoch musste Sebastian wohl etwas an dieser Sache gefallen haben, denn sonst wäre er es müde geworden. Es gab ihm etwas zu tun, ein größeres Ziel im Leben, als satt zu sein. Dann jedoch fiel Sebastian eine Möglichkeit ein, eine die ihm schon vor Jahren hätte einfallen sollen, Grell hatte Sebastian nicht nach Amerika geschickt um ihn zu finden; er hatte ihn nach Amerika geschickt, so dass er, da ja unschuldig war, er in Europa nicht physisch präsent sein und in die Pläne seiner Verwandtschaft miteinbezogen werden konnte. Und da die Vereinigten Staaten von Amerika nach dem Krieg sich in ihrer Stellung abgesondert hatten, war es Sebastian beinahe unmöglich in die Geschehnisse im Ausland involviert zu werden. Nein. Das war überhaupt nicht was hier passierte. Hatte sich Grell damals in dieser Nacht nachdem Sebastian ihn abgewiesen hatte eben so gefühlt? Die Strauchelnden und Flüchtenden brauchten jede kleine unbedeutende Geste oder Aktion und verdrehten sie um zu Beweisen das er vielleicht immer noch wichtig war? Sebastian gefiel es nicht so beständig abgewiesen zu werden. Es tat ihm weh und es war, ob er es zugeben wollte oder nicht, ein starker Schlag für seinen Stolz. Die menschlichen Überlieferungen der Dämonen hatten über Jahrhunderte das Bild eines ziemlich attraktiven, in jeglicher Bedeutung dieses Wortes, selbst für seine wahre Form, Gentelmans gezeichnet; wenn es einen Dämon gab der begehrt werden sollte, dann er. Er glaubte gern das er über seinen Brüdern stand, das er von ihnen am fähigsten im umgarnen desjenigen war den er begehrte, solange er nur begehrte. Schließlich war er nicht umsonst Liliths Neffe. Und da es sein erster Versuch war etwas anderes zu werden als der stereotype manipulative Dämon, war dieser Fehlschlag auch nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen. Selbstsicherheit war eine attraktive Eigenschaft ganz egal wo man seine Freizeit im Nachleben verbrachte und er glaubte nicht das es so war das er sich nicht mehr auf sie verlassen konnte. Er sollte noch einer Frage antworten, oder nicht? „Er–“, begann Sebastian. „Ich meinte, der Tod... ich weiß nicht genau was ich meine. Es tut mir leid das ich dir keine adäquate Antwort geben kann.“ „Das ist schon okay. Dein zögern war Antwort genug. Darf ich mich deinem Vertrauen aufdrängen? Ich würde dich gerne um etwas bitten. Es ist eine ernste Angelegenheit. Ist es möglich einen Vertrag aufzuschieben?“ „Aufzuschieben...? Was für eine Angelegenheit kann es sein, das du mich so etwas fragst?“ Der Präsident seufzte. „Im Januar diesen Jahres hat Deutschland einen neuen Kanzler gewählt, einen der Versprechen macht die er nicht halten kann ohne den momentanen Zustand relativ globalen Friedens zu stören. Chaos, unter jeglichen Umständen würde mein Land bedrohen. Ich kann es mir nicht für den Rest der Welt vorstellen. Ziehe ich das also in Betracht, glaube ich nicht das du auf eine erfolgreiche Investition deiner Loyalität mir gegenüber hoffen kannst. Ich bin Politiker, ich weiß wie ihr Dämonen arbeitet“, fügte er mit einem schiefen lächeln hinzu. „Wenn du dich dafür entscheidest den Vertrag aufzuschieben, dann verstehe das ich nicht mehr in der Pflicht bin dein Anliegen auch nur in Betracht zu ziehen“, sagte ihm Sebastian. „Nein. Aber soweit ich das sagen kann gibt es etwas das du für jemanden tun willst, aus Gründen die nichts mit Pflichten zu tun haben. Du wusstest nur nicht das es eine Möglichkeit ist.“ Sebastian seufzte. Er wusste nicht ob er überhaupt noch irgendetwas tun wollte. Totes sollte tot bleiben, selbst wenn er sich sicher war das der Undertaker ihm nicht zwingen zustimmen würde das irgendetwas totes 'bleiben' und etwas auf eigene Faust tun sollte. „In der Politik der Menschen würdest du nicht einen Tag überleben, weißt du?“, lachte der Präsident. „Du kannst dich nicht immer nur beliebt machen, oder warten bis du dir hundertprozentig sicher bist Dank für deine Taten zu erhalten. Ich weiß, das wenn der New Deal anfängt seine Wirkung zu zeigen, es irgendwen, irgendwo sehr unglücklich machen wird. Sie würden mich lieber anspucken, als mir die Hand zu schütteln. Sie werden nicht sehen das es zu ihrem Vorteil ist, aber ich. Also will ich es so oder so durchsetzen.“ Die ganze Situation war absurd. Aber genauso war es in erster Linie auch Sebastians Grund hier zu sein. „Das ist alles sehr unschicklich für einen Dämon“, kicherte Sebastian als er seine Hand ausstreckte. Der Präsident ergriff sie und nach einem festen Handschütteln verschwand das Siegel auf Sebastians Handrücken. „Ohne vertragliche Pflicht erfüllt es mich mit großem Stolz in deinem Dienst zu stehen. Ich schaue vorbei nach erfolgreicher Beendigung meiner Aufgabe und wir werden uns erneut unterhalten. Oder vielleicht wird es auch nur ein Freundschaftsbesuch.“ „Und wenn du ihn triffst“, sagte der Präsident beiläufig, „richte dem Tod meine Grüße aus und frage ihn ob er mir nicht bitte freundlich gesinnt gegenübertritt, wenn meine Zeit kommt.“ Das brachte Sebastian zum lachen. „Ich bitte ihn darum ein gutes Wort für dich einzulegen. Das, liegt natürlich bei dir. Falls es jemals zum Krieg kommt, dann vertraue ich darauf das du die richtige Entscheidung treffen wirst. Wenn ich es mir nicht erlauben kann meiner Wirkung auf andere den Rücken zu kehren, dann...“ Er wusste das er diesen Satz nicht zu Ende führen brauchte. Sebastian hatte sich gedacht er würde um der guten alten Zeiten willen in London vorbeischauen, selbst wenn er wusste das Grell nicht dort war: immerhin wäre das viel zu einfach und warum sollten die Angelegenheiten plötzlich einfach für Sebastian werden? Zumindest die eigentliche Reise über den Atlantik war eher mühelos gewesen. Nebenbei, mit seinen Prioritäten stimmte etwas nicht. Er sollte zuerst etwas tun um Grell für sich zu gewinnen und dann 'versehentlich' in ihn reinlaufen – eine nette Wiederholung des Vorfalls während des ersten Weltkrieges, der Sebastian in so heiße Gewässer mit dem Schnitter geworfen hatte – als anders herum. Aber was war es wirklich das ihn davon abhielt dem düsteren Geschäft eines bestimmten Undertakers auf einen freundschaftlichen Besuch vorbeischauen, der beinhaltete nach einem gegenseitigen Freund zu fragen? Vielleicht war das eine zu optimistische Beschreibung ihrer Beziehung im Moment. In jedem Fall wüsste er sie ohne sein jetziges Wissen sowieso nicht zu benennen, also konnte er es genauso gut hinter sich bringen, bevor er wirklich anfing. Innerer Frieden würde ihm helfen sich zu fokussieren und wenn er sich direkt mit den Affären der Menschen befassen wollte, brauchte er dies auch. Wenn das alles nun so logisch klang, warum saß er dann immer noch niedergeschlagen auf einer Bank am äußersten rechten Ende des Hyde Parks? Und warum sah ihn der junge Typ mit den sandigen Haaren, im Anzug mit der Brille, auf der anderen Straßenseite so komisch an? Sebastian seufzte schwer in sich hinein und setzte sich gerade hin, als besagter, suspekter junger Mann die Straße überquerte. Doch tat es der junge Mann nicht geradewegs. Er war über die Ecke gegangen und dann ordentlich über die Straße und dann sicherstellend keinen Augenkontakt zu Sebastian zu halten, obwohl sein Blick mehr oder weniger in Sebastians generelle Richtung ging, auf dem Gehweg an ihm vorbei. So langsam wurde er es müde. „Irgendetwas womit ich dir helfen kann?“, rief Sebastian zu ihm herüber. Er wollte wissen ob der junge Mann seinen Trick weiterführen und vorgeben würde es wäre alles nur ein Missverständnis, oder aufgeben und weitermachen würde mit welcher Beschäftigung auch immer. Zumindest war dieser Mann ehrlich; er zuckte zurück und lachte leichtfertig, als er auf der anderen Seite der Bank platz nahm. „Nun, wenn das mal nicht peinlich ist“, gab er zu. „Darf ich mich vorstellen. Mein Name ist Ronald Knox, aber 'Ron' reicht und ich denke sie kennen meinen Vorgesetzten den ich vor einigen Jahren hatte? Davon ausgehend, das sie sind wer ich denke, sowieso. Wir haben uns nie getroffen“, erklärte Ron. „Tut mir leid, ich muss wie ein brabbelnder Idiot klingen.“ Sebastian zog die Stirn kraus. „Tut mir leid, wo sagtest du arbeitest du?“ „Ich bin Buchhalter.“ Und dann seufzte Sebastian. „Ich kenne keine Buchhalter.“ Für sich selbst fügte er hinzu, das falls dieser gewisse Mr. Ronald Knox seine Seele geben würde, um seinen alten Vorgesetzten zu finden, er bereit wäre zu handeln. Dann fiel ihm auf das er sich gar nicht vorgestellt hatte, wahrscheinlich weil er nicht wusste wie am besten. „Entschuldigung ich war bis vor kurzem in Washington D.C. Mein Name ist Sebastian Michaelis.“ „Ich wusste es!“, rief Ron. „Du bist es – tut mir leid das ich dich vorher so angestarrt hab, aber wie gesagt, wir haben uns nie getroffen, also musste ich der Beschreibung meines Vorgesetzten trauen. Er hat viel von dir gesprochen“, sagte Ron und fügte dann schnell hinzu, „natürlich, nur im besten Sinne. Was es eigentlich sogar schwer gemacht hat zu sagen was wahr und was Übertreibung war... aber nichtsdestotrotz! Gott sei Dank!“ Es war etwas allzu komisch bekanntes an der Art wie Ron seinen Vorgesetzten beschrieb und falls Sebastian sich nicht irren sollte, dann war Ron ganz sicher kein Buchhalter, außer auf eine unbehaglich scherzhafte Weise. „Ah, wie genau hast du nochmal gesagt, war der Name deines Vorgesetzen?“, wollte Sebastian wissen. „Tut mir leid, ich hätte es von Anfang an sagen sollen!“, meinte Ron. Wortlos stimmte Sebastian ihm zu. „Sein Name ist Grell Sutcliff und ich hab mich gefragt ob du weißt was mit ihm passiert ist. Den einen Tag war er noch im Büro und am nächsten waren seine Sachen fort und niemand schien irgendetwas darüber zu verlieren. Diese ganze Unterhaltung ist sehr spontan für mich entstanden, falls du es dir nicht schon gedacht hast.“ Es war enttäuschend. Anscheinend war dieser beliebige Schnitter Tod zu Sebastian gekommen um genau das zu erfahren was auch Sebastian speziell nach London gebracht hatte. Sebastian streckte seine Hand aus. „Es ist eine Freude die kennen zu lernen Mr. Knox. Ich meine Ron“, sagte Sebastian. „Gleichfalls“, erwiderte Ron und schüttelte Sebastian die Hand. „Du bist ein Dämon, oder nicht?“ „Du bist ein Buchhalter, oder nicht“, entgegnete Sebastian mit einem schmunzeln. „Ein kleiner Scherz meinerseits“, erklärte ihm Ron. „Wir werden nicht wirklich dazu ermutigt Humor zu zeigen. Ich sollte nicht mal mit ihnen sprechen“, fügte er hinzu. „Und vielleicht auch nicht gerade über Mr. Sutcliff, wenn ich jetzt so darüber nachdenke. Huh“, machte Ron mit einem Schulterzucken, er sah nun deutlich vorsichtiger aus, als vorhin wo er sich hingesetzt hatte. „So oder so“, sagte er als er aufstand. „Diese Unterhaltung fand nie statt, solltest du jedoch jemals den Gefallen eines Schnitter brauchen, sprich mich an. Ich weiß nicht was sie für Mr. Sutcliff waren, aber er half mir ein paar mal mit – mit geschäftlichen Dingen. Ich rede zu viel, nicht? Es war gut sie endlich mal kennen zu lernen Mr. Michaelis.“ „Warte einen Moment“, sagte Sebastian und gab gegenüber diesem vergleichsweise Fremden etwas zu das er sonst bisher immer hartnäckig zu leugnen versucht hatte, bevor Ron sich gesetzt hatte. „Genaugenommen suche ich nach ihm. Deswegen war ich auch bis vor vierzig Minuten in den Vereinigten Staaten. Er sagte mir er würde versetzt werden, aber ich weiß nicht ob es die Wahrheit war oder nicht. Da dies nun gesagt ist, wenn dir irgendetwas einfällt, was er vielleicht gesagt hat, eine zufällige Bemerkung...“ Für einen Moment stand Ron da, und dann schüttelte er seinen Kopf. „Mir fällt nichts ein. Er war die letzten paar Jahre wo er noch zu gegen war, nicht mal mehr die volle Zeit im Büro. Vielleicht hat deswegen niemand etwas gesagt, als er schließlich verschwand. Ich nehme an es war einfach, das es niemandem auffiel.“ Es stimmte, der Undertaker hatte gesagt das Grell für einige Zeit bei ihm gelebt hatte. Aber nicht auffallen und Grell Sutcliff waren zwei Dinge die absolut nicht zusammenpassten. „Danke trotzdem“, sagte Sebastian. „Nein, danke dir“, protestierte Ron. „Wenn du ihn tatsächlich findest – ach vergiss es. Mein Angebot steht immer noch. Hab einen schönen Tag.“ „Du auch“, meine Sebastian freundlich. Es gab kaum etwas anderes zu tun. ___________________ *) grey hat hier das Wort mature (dt.: erwachsen, reif) benutzt, ich habs hier nun mit erwachsen übersetzt, da der Tod in Kuro durch die Schnitter ja stark Personifiziert wird, auch wenn die Übersetzung reif Sinngemäß wahrscheinlich eher passt - wollt ich nur mal so anmerken xD Kapitel 9 --------- Als Sebastian Grell zum ersten Mal getroffen hatte, war Deutschlands jetziger Kanzler nicht einmal geboren worden. Er fühlte sich deswegen aber nicht alt, Sebastian hielt es mehr für eine interessante weise gezeigt zu bekommen wie viel Zeit vergangen war. Der Name seines Vaters war Alois gewesen und für die meiste Zeit hatte Alois den Mädchennamen seiner Mutter verwendet, weil es um die Blutlinie etwas kompliziert geworden war. Aber das war nicht so wichtig, denn alles andere war auch ein wenig kompliziert. Zum Beispiel die Frage wie es der Kanzler geschafft hatte so lange zu überleben. Höchstwahrscheinlich hatte er Grell im ersten Weltkrieg bei der Schlacht an der Somme getroffen, jedoch war er letztlich nur verletzt gewesen und daher Grells Zeit nicht wert. Später nachdem er vom Schlachtfeld in die Bierhalle gewechselt hatte, hatte er einen Coup versucht und wäre zweimal fast gestorben: einmal durch eine Kugel und einmal durch seine eigenen Hände, aber nichts davon war erfolgreich gewesen. Jedoch war es ihm gelungen beinahe politischen Selbstmord zu begehen, nachdem er sich ein Redeverbot in der Öffentlichkeit verdient hatte. Und all das kurz vor der Weltwirtschaftskrise, während Sebastian an der Karibik umhergewandert war und seine Kleiderwahl in Frage gestellt hatte. Leider hatte die Weltwirtschaftskrise dem Kanzler eher einen Gefallen getan. Der Rest war aufs Höchste propagierte lokale Geschichte. Zu sagen es wäre hier das Glück der Dummen am Werk, wäre nur Nettigkeit dem Kanzler gegenüber; Sebastian fragte sich ob das Schicksal des Kanzlers nicht vielleicht mehr, vielleicht weniger mit einem Handel zu tun hatte. Hier war es wichtig zu wissen das der Berater des Kanzlers Dietrich Eckhardt gewesen war, ein Mitglied einer Gesellschaft die verdächtig nach jener Klang die Lilith zu Wort gebracht hatte, als sie ihn dazu eingeladen hatte mit ihr und Elizabeth nach Deutschland zu kommen. Je mehr Sebastian darüber nachdachte, desto wahrer schien es ihm, das der großmäulige Kanzler Deutschlands, bekannt als Adolf Hitler, in erster Linie mehr mit den Ereignissen die ihn mit Grell vereint – und getrennt – hatten, zu tun hatte, als er gedacht hatte. Na, wenn das mal nicht schön war. Sebastian fühlte sich ein wenig unwohl; es war ja alles schön und gut darüber nachzudenken seine Tante zu konfrontieren, aber es dann wirklich zu tun dazu brauchte er noch ein bisschen mehr Planung. Je mehr er hinter ihrem Rücken agierte, desto besser. London war heutzutage sowieso ein wenig feuchtkalt. Aber wenn er die Augen für einen Moment der Ruhe und des Friedens schloss, dann fühlte er ein seichtes ziehen von der anderen Seite des Ärmelkanals her. Um so etwas zu tun war die Parkbank nicht der richtige Ort. Sebastian stand auf und begann zu gehen, bis er das Gefühl hatte sich an einem Ort zu befinden wo er das ganze richtig angehen konnte. Er betrat den Hyde Park und lehnte sich an einen mitgenommen aussehenden Baum. Dieser hatte mehr Geschichte erlebt als die meisten anderen Bäume; Jahrhunderte zuvor hatten Hexen ihre Zauberstäbe aus seinen herabfallenden Ästen gemacht. Etwas wozu er gut geeignet war. „Wer bist du...?“, murmelte Sebastian interessiert schmunzelnd, als er seine Augen schloss. Er konnte seinen Beschwörer vor sich sehen, wie er dort stand, sich sichtlich unwohl in seiner Haut fühlend, wie jemand der sich noch nie zuvor erfolgreich auf die Astralebene gewagt hatte. Er war deutsch und trug eine schwarze Uniform mit einem eigentümlichen kleinen Totenkopf auf seiner Kappe. „Das ist eine interessante Armbinde die du da trägst“, sprach er plauderhaft, obwohl der einzige Gedanken den er wirklich dafür übrig hatte der war ob Grell es geschmacklos gefunden hätte, da er rot so sehr liebte. Jedoch ließ dieses Thema seinen Beschwörer entspannter werden. „Es ist das Symbol unserer Partei“, erklärte Sebastians Möchtegernbeschwörer mit Stolz. „Ich habe dich hierhin eingeladen auf Befehl des Gruppenführers der Schützenstaffel, Heinrich Himmler. Ich trete dir mit einem schwierigen Problem bevor, eines das deiner Hilfe bedarf. Ich bin schließlich nur ein Mensch und das was ich mir für meine Leute wünsche kann ich nur mit Hilfe deiner Art verwirklichen.“ „Du nimmst all diese Schwierigkeiten auf dich, nur um mich um einen Rat zu bitten?“, kicherte Sebastian. Dennoch nervte es ihn das er von dem Schoßhündchen eines Anderen beschworen worden war. „Du hast ganz schön Mut, das muss ich dir lassen. Trotzdem bin ich mir sicher, das wir uns auf ein potentielles Arrangement einigen können. Versprechen kann ich dir gerade jedoch nichts. Du hast mich falls überhaupt, neugierig gemacht. Wieso führen wir unsere Unterhaltung nicht in der materiellen Welt fort? Beweg dich nicht, es ist viel leichter für mich zu dir zu kommen, als anders herum, da bin ich mir sicher.“ Als Sebastian die Augen öffnete bemerkte er wie gewaltig die Einladung war, er sah die konzentrischen Kreise und verschiedenen Mineralien auf dem Boden, wie in guten alten Tagen. Das einzige Licht kam von den Kerzen. Aber da war etwas in seiner Einplanung im großen und ganzen. Etwas... stimmte nicht. Und das war noch nett ausgedrückt. Die Spannung passte nicht zu dem was passierte, jedoch war da etwas dunkles, blutrünstiges in den Augen seines Beschwörers das darauf hinwies was dieser Ort einmal werden wollte. Deswegen wollen wir einmal das Heinrich Himmlers Hund den Ort in seinen menschlichen Worten beschreibt. „Nun“, Sebastian schnurrte buchstäblich als er ruhig den Kreis verließ und auf einem Sessel mit gerade Rückenlehen platz nahm. „Sag mir: Wo bin ich?“ Sebastian erwartete, eine sofortige Antwort; er bekam keine. Der Mensch schien gefangen in etwas das wie entrüstete Angst schien. „Du solltest –“, stammelte er, „du solltest dazu nicht in der Lage sein – die Markierungen sollten dich binden. Ich hab dich nicht zum Verhandeln beschworen, ich–“ Also war es vielleicht das was hier los war. Er war nicht für eine Vereinbarung beschworen worden, sondern für Sklaverei. Es hatte seit Jahrhunderten keinen Menschen mehr gegeben dem dies, zumindest bei einem Dämon so mächtig wie Sebastian, gelungen war. „Shhh“, machte Sebastian. „Keine Sorge ich beiße nicht. Beantworte meine Frage und ich werfe einen Blick auf deine Arbeit und sage dir wo der Fehler liegt. Sogar umsonst.“ Als Sebastian die alchemistischen und esoterischen Kritzeleien überprüfte erfuhr er das er Gast der Nazipartei im Konzentrationslager Dachau war. Es dauerte nicht lange und er erkannte ihren einzigen gravierenden Fehler. Und er seufzte. „Bevor wir hier weitermachen, erkläre mir bitte was genau du dir von diesem Treffen erhoffst.“ „Ich wünsche mir“, sagte der Mensch mit stark zitternder Stimme, „ich wünsche mir die Macht über den Tod den Euereins besitzt. Als dein Beschwörer verlange ich die Kraft die minderwertigen Rassen die meine eigene plagen auszulöschen so wie andere Untermenschen die nicht dafür geeignet sind sich fortzupflanzen. Ich werde helfen eine führende Rasse von Übermenschen für Deutschlands Zukunft zu züchten.“ Genau was sich Sebastian gedacht hatte. Diese Seele war überhaupt nicht seins und das nicht nur wegen ihres billigen Geschmacks, er konnte sich auch sofort von Grell verabschieden, wenn er auch nur vorgab bei solchem Wahnsinn mitzumachen. Der erste Weltkrieg war eine Sache gewesen, aber mal ehrlich. Das, und das dieser Mensch nicht mal eine Ahnung hatte was er hier im Rahmen des Okkulten anstellte. Sebastian nahm sich einen Moment Zeit und räusperte sich dann. „Was du beschwören wolltest, nach dem was du verlangst und dem Geschreibsel am Boden, ist ein Schnitter Tod. Aber was du getan hast ist wahrscheinlich nur eine erweiterte Einladung an den Tod zu richten. So bekommst du stattdessen mich.“ „Aber, wenn du – wenn du kein Schnitter bist, was... was bist du dann?“ „Er ist natürlich ein Dämon“, hörte Sebastian eine Stimme sagen, während in einer Ecke ein Buch zugeschlagen wurde. „Und zu was machst dich das? Ein Mensch der die Macht über den Tod will ohne die Schuldigkeit die diese erfordert?“ Sebastian erstarrte. Sein Gesichtsausdruck war der selbe wie der von Heinrich Himmlers Hund, obgleich ganz anderer Gründe. Ein Schnitter Tod hatte die Einladung angenommen, ein Schnitter Tod dessen Deutsch einen deutlich britischen Akzent hatte.“Da sind eine Menge Menschen auf der Welt, mein zitterndes Seelchen. Die meisten sind nicht Deutsch. Ihr Menschen seid einfach perfekt unperfekt so wie ihr seid, ihr braucht keine Veränderung. Deswegen gibt es Leute die Speziell dazu ernannt sind genau den Job zu machen, den du grad so unzulänglich beschrieben hast und die dabei weniger abscheulich sind als du.“ Das surren einer Maschine war zur hören. Es war ein Geräusch von dem Sebastian Angst gehabt hatte es nie wieder zu hören. „Justizia sollte schließlich blind sein. Davon abgesehen, lass es mich nett formulieren: Ich bin kein guter Schnitter Tod. Ich bin ein bisschen parteiisch... aber das macht meinen Charme aus, meinst du nicht?“ Vielleicht war Grell etwas beschäftigt gewesen vor Sebastians Ankunft. Aber da wollte sich Sebastian nichts herausnehmen. Das Blut das Grell von Kopf bis Fuß bedeckte hätte überall herkommen können. Dann allerdings sah er wie Grell schnell ein kleines Stück Scharlachroten Stoffes mit kaum mehr sichtbarem schwarzweißem Untergrund von den Zähnen seiner Kettensäge entfernte und fragte sich ob Grell nicht schon die ganze Zeit hier gewesen war, nur eben nicht in diesem Raum. Wirklich, dieser Mensch hätte seinen Atem nicht für Hilfeschreie verschwenden sollen; es war niemand hier der ihn hören konnte. Er hätte betteln sollen. „Was hat er eigentlich getan?“, fragte Sebastian als er sich die Leiche ansah. „Er sollte sterben“, seufzte Grell. „Zerstört und einer Gehirnwäsche unterzogen. Ich leg ein Wort für ihn ein und so; sie werden im Himmel festgehalten und dürfen sich den Konflikt zu Ende anschauen. Je nach dem was passiert und wie ihre Seelen auf das was folgt reagieren, werden sie dann ordnungsgemäß vermittelt. Besser er stirbt jetzt, als mit dem Blut an seinen Händen so wie er es wollte.“ „Da gibt es einige die dir widersprechen würden“, entgegnete Sebastian leichtweg. „Das will ich hoffen. Glücklicherweise bin ich keiner von ihnen. Hoffentlich lässt der Anblick seines toten Mannes Heinrich Himmler seine Pläne überdenken, bevor er sie wahrmacht. Ich bin sicher gegangen das es nicht natürlich aussieht, so abergläubisch wie er ist... also nehm ich mal an du bleibst hier. Nun dann noch einen schönen Tag–“ Grells Stimme klang mehr als sehr nach der eines Schauspielers der das Skript zum ersten Mal las. „Wo glaubst du gehst du ohne mich hin?“, wollte Sebastian wissen. „Du schuldest mir zumindest eine Unterhaltung.“ Sebastian sah es als ein gutes Zeichen das die Kettensäge in diesem Augenblick verschwand. Er sah es als ein noch besseres Zeichen das Grell sich nicht bewegte, als er den Abstand zwischen ihnen mit sogar etwas zögerlichen Schritten verringerte. „Grell“, sagte Sebastian langsam, als er seinen Daumen gegen den Blutstropfen presste der das Gesicht des Schnitters herunter rann. Er verschmierte an seinem Wangenknochen wie ein eigensinniger Streifen Rouge. „Was soll ich bloß mit dir anfangen?“ Grell jedoch hatte sich zu sehr in Sebastians Berührung verloren um zu antworten. „Sebby, bist du beeindruckt? Bist du belustigt, erfreut, nachdenklich, irgendetwas davon? Oder bist du mal wieder angewidert von mir? Bin ich dir zu anstößig?“ All dies war ein süßes, liebendes murmeln gegen Sebastians Hand. „Sebastian was tust du hier?“, fragte er dann offen und ehrlich. „Vor dir stehen?“ „Nein“, seufzte Grell und rollte mit den Augen. „In Deutschland. Warum spezifisch hier, kümmert mich nicht.“ „Nun denn“, sagte Sebastian mit gepresster Stimme, als er seinen Daumen auf Grell Lippen drückte, „dich kümmert mein Grund nicht viel, nicht? Weil er weit mehr damit zu tun hat das ich nun vor die stehe, als mit Deutschland. Obwohl ich hier Pläne hatte, wäre es gelogen zu sagen du wärst nicht meine Motivation gewesen.“ Er fühlte wie Grells Lippen zitterten. „Du lügst doch nur“, murmelte er gegen seinen Daumen. Aber als Sebastian den Kopf schüttelte gab er nach. „Lass uns diese Unterhaltung zumindest wo anders weiterführen“, sagte Grell sanft und Sebastian folgte ihm über den Astralpfad zu einem kleinen Haus in einer anderen Stadt. Der hölzerne Fußboden hatte wohl niemals so gut ausgesehen, selbst als er neu gewesen war. Es war eine dunkle, verlässliche Farbe, der Art die die Zeichen des Alters und der Abnutzung recht anständig vor dem Auge das nicht wirklich nach solchen Dingen suchte verbarg. Überall wo Sebastian hinsah schien es ihm mehr, als würde er eine sepiafarbene Fotografie ansehen, als das Zimmer selbst. Wenn er sich nicht so sicher wäre das Grell vor ihm stünde, wäre sich Sebastian sicher eine falsche Abzweigung genommen zu haben. „Was willst du von mir Sebastian? Wieso lässt du mich nicht allein? Es tut mir leid. Sebby, bitte...“ Das war es was Grell wisperte, als er sich auf der Lehne eines abgewetzten Sessels niederließ; mit sichtlicher Ängstlichkeit sah er zu Sebastian auf. Die Spitze eines weißen Zahnes biss nervös in das bleiche Rot seiner Lippe. „Bitte hass mich nicht?“ „Ich könnte dich niemals hassen“, sagte Sebastian. „Zumindest nicht für länger als einen Monat oder so. Deine Nähe für meine Sicherheit zu opfern ist sehr nobel und romantisch, aber alles andere als praktisch. Davon abgesehen, ich bin sauer auf dich.“ „Wirklich?“, wollte Grell wissen. Seine Schultern sanken nach unten und er lehnte sich ein wenig zurück. „Ich wollte nur – ich hatte gehofft das es... aber ich verstehe–“ „Unglaublich, unleugbar sauer auf dich“, fügte Sebastian hinzu. „Aber jetzt komm, wir können dich nicht so in Blut getränkt rumlaufen lassen“, sagte er und bot ihm seine Hand an. Als er einen misstrauischen und ängstlichen Blick zur Antwort bekam, nahm er Grells Hand in seine. „Sebastian...“, protestierte Grell, seine Stimme war matt, selbst als Sebastian ihn auf die Beine zog und der Schnitter Tod ihm ins Bad hinterher zockelte. Als er das warme und kalte Wasser anstellte, in dem Versuch eine lauwarme Mitte zwischen eiskalt und siedend heiß zu finden, sagte Grell, „lass mich wenigstens erklären.“ Und ohne auf Sebastians Antwort zu warten begann er. „Es hatte nur für eine kurze Zeit sein sollen. Aber dann hoffte ich es würde länger dauern bis du dahinter kommst das ich dich angelogen hab. Als die Erzengel unsere Ermittlungen verfolgten, weigerten sie sich zu glauben das du nichts damit zu tun hattest. Du weißt doch wie Engel sein können“, Grell seufzte. „Also wäre es das Beste du wärst gar nicht hier um nicht mal versehentlich... ich meine, aber jetzt wo du hier bist, ich... bist du wirklich sauer auf mich?“ Da war etwas eigenartiges an der Art wie Grell das ganze sagte. Sebastian machte den Waschlappen nass – natürlich war dieser rot – und wandte sich an Grell. „Ein wenig. Nicht so sehr wie es dir gefallen würde bin ich mir sicher“, lachte Sebastian, als er Grells Brille abnahm und langsam, sanft das Naziblut wegwischte. Es sollte ein Witz sein. „Du willst das ich wütend auf dich bin“, sagte Sebastian, während seine Stimme schmerzlich ruhig blieb, als er Grells abwartenden Blick in sich aufnahm. Er konnte es nicht glauben. „Ich kann einfach nicht glauben das du so ruhig bist bei der ganzen Sache... es is so als ob es dich gar nicht kümmert, egal was ich dir antue, du hast nur eine Sache im Kopf und du tust nicht mal... ich wollte nur einen Hinweis das ich etwas mit dem was passiert zu tun habe.“ „Du glaubst du solltest bestraft werden? Was glaubst du bin ich, ein Engel? Gott? Vergib mir, aber ich verstehe einfach nicht, wie du dadurch das ich dir wehtue Bestätigung erlangen willst–“ Grells zaudernder Blick begegnete Sebastians starren. „Nein. Schau mich an und wag es ja nicht wegzusehen. Wut ist keine Form der Liebe. Ich bin gerade sauer auf dich und genau jetzt liebe ich dich nicht und ich glaube auch nicht das ich das kann, es sei denn das du mich verstehst.“ „Zorn“, sagte Sebastian langsam, erhitzt, „ist keine Liebe. Es ist nur der Versuch jemandens zu zeigen das er dich kontrollieren kann. Es ist ein Missbrauch deiner Liebe um dich dazu zu bringen zu tun was sie wollen. Es ist Manipulation. Glaubst du ich bin deswegen hier, das es für mich als Dämon der einzige Weg ist den du auch verstehst – Grell, ich weiß nicht wo du gelernt hast das dich jemand nicht liebt, solange er dir keinen Schmerz zufügt. Verstehst du was ich dir sage Grell?“ „Bitte lass mich los Sebastian“, sagte Grell mit zitternder Stimme. „Bitte nur – Bitte...“ „Nicht bis du mir geantwortet hast Grell.“ Stille nahm sie gefangen. „Ich verstehe“, motzte Grell. Sebastian wich mehr aus Überraschung als sonst etwas zurück und Grell wich zur Seite, bevor er Reißaus aus dem Raum nahm und Sebastian darüber nachdenken konnte was er sagen konnte. Kapitel 10 ---------- Zwanzig Minuten hatte ihm Sebastian letzten Endes gegeben, denn ihm wurde jedes Mal wenn er sich in Richtung Tür bewegte klar das das was er sich vorgenommen hatte zu sagen, nicht das richtige war. Am Ende hatte er gar nichts. So kam es das Sebastian leise hinaustrat und die Hintertür nur einen Haarspalt breit hinter sich aufließ. Dann ging er vor Grell auf die Knie, welcher mit dem Rücken an den Türrahmen gelehnt saß und erdolchende Blicke in ein unschuldig aussehendes, in Leder gebundenes Notizbuch mit einem Totenkopf an der oberen rechten Ecke warf. Ein Déjà vu? Oh, das ohne Zweifel. „Sprich niemals wieder so mit mir“, sagte Grell, seine Stimme wie ein loderndes Feuer. Er schloss das Buch und es verschwand. „Du hast keine Ahnung wie man mich in der Vergangenheit behandelt hat und so wie ich das sehe bist du der letzte dem ich es erzählen sollte.“ „Grell“, sagte Sebastian entschuldigend, wenngleich er nicht verstand warum er ihm eine schuldete. Da gab es zwar den Punkt das er offensichtlich Grells Gefühle verletzt hatte, aber warum ihre Unterhaltung Grell verletzt hatte war etwas das über Sebastians Verständnis hinausging, etwas das er wissen wollte. „Was willst du das ich tue?“ „Ich dachte das weißt du schon längst“, antwortete Grell ein wenig frech und noch ein bisschen mehr giftig. „Aber wenn du zu müde bist um vollständig unbegründete Annahmen über meine Gedanken zu machen, lass es mich dir sagen. Ich will das du gehst. Geh und komm niemals wieder“, sagte er bestimmt, auch wenn ihm bei den letzten Worten Tränen in den Augen glänzten. „Mir zu sagen das du mich liebst und das du mich nicht liebst ist das selbe, denn du glaubst das ich nicht aufhören werde es zu versuchen, nicht? Ich bin kein Idiot Sebby. Ich weiß das du hier bist weil du glaubst das ich ein sicherer Treffer bin.“ Grell starrte Sebastian an. „Ich kümmere dich doch gar nicht wirklich, du willst doch nur jemanden der – ich weigere mich von jemandem geliebt zu werden für den ich nur ein letzter Ausweg bin! Glaubst du eigentlich ich bin so verzweifelt? Wenn ich dir nicht gut genug bin, dann versuch nicht mich zu etwas zu machen das deinem Geschmack entspricht. Sag es einfach.“ „Wie es scheint, bin ich dann für dich auch nicht gut genug“, antwortete Sebastian. „Nichts was ich um deinetwillen tue ist gut genug, weil du immer so unendlich überzeugt davon bist das–“ „Was magst du an mir Sebastian?“ „Ich denke ich verstehe jetzt“, sagte Sebastian ruhig. „Hier geht es um deine Eitelkeit.“ „Nein, tut es nicht! Beantworte meine Frage, Sebastian Michaelis. Was an mir, mir allein, magst du?“ Und dann hielt Sebastian inne. Es endete jenseits dem Grad zwischen nachdenklich und vielsagendem Schweigen. „Du hast keine Antwort darauf, oder?“, fragte Grell schwach. Er gab ein leises abgehaktes Seufzen von sich und sah hinab auf die Erde. „Das– das ist schon okay, nur– es hat einiges, nun, notwendiges... ich meine, es ist gut sowas von vornherein zu wissen, solche Dinge sind besser ausgesprochen, so dass beide Bescheid wissen wie es bei dem anderen ist und... Ehrlichkeit is eine gute Grundlage für jede–“ „Ich weiß was ich nicht an dir mag“, unterbrach ihn Sebastian. Es gab ein paar Dinge die er zu diesem Zeitpunkt schon sagen konnte. Er nahm davon jene Sache die ihm den meisten Ärger einbringen konnte. „Du wartest immer darauf das ich dir etwas schreckliches antue.“ „Du wirst mich verlassen“, sagte Grell tonlos. „Du wirst mich vögeln bis du mich müde bist und mich dann verlassen.“ „Wieso sollte ich das tun?“ „Wieso nicht?“, entgegnete Grell bestimmt. „Ich hab dich reingelegt und dich verlassen und...“ Und nun waren sie wieder am Anfang ihrer Unterhaltung aufgrund derer sie sich in erster Linie gestritten hatten, falls man das hier überhaupt einen Streit nennen konnte. „Ich denke–“, begann Sebastian, „ich denke du überschätzt wie viel Kraft ich für Rache aufbrauchen würde. Besonders Rache an jemandem den ich liebe.“ „Liebe?“, wiederholte Grell tonlos. Er versuchte weiter von Sebastian weg zu kriechen, musste jedoch einsehen das er schon längst dicht an die Wand gepresst dasaß. „Du weißt wie sehr ich dieses Wort mag.“ „Weil es das ist was du willst, ist es nicht so?“, wollte Sebastian wissen. „Komm von der Wand weg; sie hat nichts getan um deine Umarmung zu verdienen und ich kann mir nicht vorstellen das sie besonders gut im erwidern ist.“ „Liebe ist nichts was ich von dir haben kann, einfach weil ich es will!“, protestierte Grell. „Das würde mich– und danke mir geht es hier gut.“ „Aber wenn ich dich liebe, sollte ich dir nicht so oder so geben was du willst? Und wenn es Liebe ist das du von mir willst, also dann wirklich, bist du nichts weiter als grausam, wenn du mich abweist.“ Grell schüttelte seinen Kopf. „Ich kann nicht– Ich kann einfach nicht–“ Was auch immer er hatte sagen wollen ging im folgenden verloren. Die Worte zumindest gingen verloren. Was Grell gemeint hatte, war hinterher nicht schwer zu verstehen gewesen. Sebastian wappnete sich schnell, ließ letztlich aber doch zu das ihn Grell, kraftlos und neben sich, auf seinen Hüften sitzend zu Boden drückte. Sebastian starrte in Grells verzweifelten Blick, welcher sich in seinen purpurnen Iriden spiegelte. Als Grell seine Brille abnahm und sie ins dreckige Gras legte war sein Gesicht bedeckt mit Schatten und schwaches Sonnenlicht brach sich in seinem scharlachrotem Haar. Es begann mit einem Kuss der Sebastian irritierte. Aber irgendwann ließ Grell von seinen Lippen ab und biss leicht unsanft in seinen Hals. Grells bewegte seine Hände so flink das Sebastian kaum reagieren konnte, es machte ihn ein bisschen panisch falls, wenn überhaupt, es ihm behagen sollte. Doch Sebastian wollte Grell sagen das er langsam machen sollte, das es okay war und egal was für Wahnvorstellungen die Jahre der Einsamkeit dem Schnitter beschert hatten, er nirgendwo hin verschwinden würde. „Du warst alles was ich wollte Sebastian“, sagte Grell mit kalter Stimme als er sich zurück auf die Füße begab. Abwägend hielt er seine Kettensäge in den Händen und entschied sich dann dafür das er sie woanders haben wollte. Auf einmal dachte Sebastian etwas, etwas sehr einfaches: 'Meine Güte.' Was verständlich war, wenn man bedachte das er sich auf keinen Fluchtweg vor den noch unbewegten Zähnen, welche an seiner Kehle lagen, der Kettensäge Grells besinnen konnte. Es war schließlich momentan sehr gut möglich für ihn enthauptet zu werden. Seine einzige wirkliche Möglichkeit, ein göttlicher Eingriff in die Situation, jedoch nicht. „Ich war erstaunt das du dich mehr um deinen Meister, die Seele die du zu verschlingen gedachtest, mehr gekümmert hast als– sämtliche Hintergedanken der Welt waren dein und nichts weiter; du warst ein großartiger Schauspieler, aber jetzt bist du hier und versuchst es kaum. Ich nehme an ich bin kaum einen Bruchteil deiner Energie und deines Talentes wert.“ Und mit einem Mal wurde Sebastian klar das er es niemals gesagt hatte. Sebastian hatte irgendwie immer die richtigen Worte gefunden ohne sie in genau der Reinfolge auszusprechen die sich Grell am meisten wünschte. Jemand verzaubert von Gedichten und Worten hätte es bemerkt, hätte bemerkt das Sebastian das Wort 'Liebe' zwar gebrauchte, jedoch niemals „ich liebe dich“ gesagt hatte. Und jemand der ein Herzleid erwartete würde annehmen es wäre mit Absicht gesagt. „Du hattest recht, weißt du: Ich wollte das du mir wehtust. Ich wollte das du etwas, irgendwas tust das deine Fassade, so attraktiv sie auch ist, zerbrechen lässt und mir zeigst das da noch etwas mehr ist als der schöne Glanz. Hinterher hätte ich mich von dir umgarnen lassen, davon überzeugen lassen das es dir leid tut. Es wäre das beste gewesen das mir jemals passiert ist.“ „Ich würde dir gerne meine Seele anbieten Sebastian, aber du willst sie nicht. Aber so wie du hier liegst, müsstest du sie nehmen, wenn ich sie dir in die Kehle hineinstopfen würde, oder nicht?“ Sebastian riss die Augen auf. Er gab nicht mal vor zu verstehen was Grell damit meinte, aber es ängstigte ihn trotzdem genauso sehr wie das Kettensägeblatt das an seinem Hals ruhte. „Hier ist ein Vorgeschmack, mein liebster Sebby. So ungefähr als du mit dem kleinen Jungen, der unangekündigt unser Treffen bestimmte, einen Vertrag geschlossen hast, gab es jemanden der jemand anderen zum spielen wollte, wen kümmerte ihn nicht. Aber das wusste ich nicht. Ich wusste nur das er nicht wollte das ich ihn berührte. Oder küsste. Selbst wenn wir allein waren. Wenn überhaupt, war er in der Öffentlichkeit noch viel strenger mit mir als zuvor schon. Und weil er mein Boss war konnte ich nichts sagen.“ Will? Nein. Ganz bestimmt nicht. Verzweifelt versuchte sich Sebastian das ganze vorzustellen. Jedoch versagte er, bei dem was Grell als nächstes sagte, kläglichst an dieser Aufgabe. „Das erste Mal hat er– er hat meine Hände am Kopfende festgebunden, mich ausgezogen und kam in mir. Dann hat er mich losgemacht ohne ein Wort zu sagen und noch bevor ich mich wieder erholt hatte, hatte das heiße Wasser meine Geruch von seiner Haut gespült. Lange habe ich gedacht es wäre meine Schuld, das ich es wäre der sich besser benehmen müsste und er derjenige wär der litt, darauf wartete das ich... es war lächerlich–“ „Wenn du so verzweifelt“, unterbrach ihn Sebastian, „einen unbedingten Zuspruch des Wissens um meine Liebe brauchst, als etwas das in und für sich selbst geschlossen ist, gibt es nichts das ich tun kann um ihre Existenz für dich zu beweisen. Nein, es ist sogar für jeden anderen, selbst für mich, unmöglich zu beweisen das sie von Natur aus existiert.“ Ungläubig seufzte Grell und schüttelte seinen Kopf als er die Kettensäge anhob, so dass sie in der Luft hing. „Ich denke es kommt nicht jeden Tag vor das ein Dämon ehrlich zu jemandem ist...“ Sebastian griff nach Grells Hosenbund und zog ihn zu sich nach unten bevor dieser überhaupt reagieren konnte. „Aber du kannst das Feuer in meinen Augen sehen, wenn ich dich anschaue“, sagte er, wobei sein Gesicht nur wenige Zentimeter von Grells entfernt war, als er seine Hand in Grells Nacken legte. „Du kannst fühlen wie ich mich gerade an dich drücke. Du kannst meine Haut riechen und du kannst schmecken– was immer du willst. Und du kannst mich hören und meine Worte deuten und verstehen, wenn ich sage das ich dich liebe. Und ich liebe dich. Was ich vorhin zu dir gesagt habe tut mir leid. Hörst du mir zu, Grell? Oder bist du beschäftigt damit nach den Fehlern zu suchen?“ „Ich bin ein Dämon“, fuhr er fort, „aber so viel dazu. Stimmt das archetypische Bild eines Dämons in deinem Kopf mit dem dessen der unter dir liegt überein? Du passt so gar nicht in mein Bild eines Schnitter Tods – und ich will auch nicht das du es tust. Mich wie einen Dämon zu behandeln wäre...“ „Aber du klingst so sehr wie ein Mensch.“ „Ich–“, begann Sebastian und hielt inne. Seine Stimme war wie gelähmt; egal was er auch versuchte, sie weigerte sich zu funktionieren. Noch schlimmer, seine Hand die bisher sanft Grells Nacken gestreichelt hatte fror in ihrer Bewegung ein und wollte sich nicht bewegen, trotz innerlicher Drohungen seinerseits. Er blinzelte und war erstaunt das er das überhaupt zu Stande brachte. „Sebastian?“ Jedoch war die Lähmung dazu gut Grell sanfter zu machen, als alles was Sebastian gesagt hatte. Zuerst sah Grell ihn eine lange lange Zeit an, doch dann legte er sich neben Sebastian ins Gras, welcher versuchte sich zu sammeln. Grell biss sich auf die Unterlippe, verlängerte den Moment für einen Augenblick. „Ich liebe die meisten Menschen, tu ich wirklich. Ich will ihre armen, ängstlichen Seelen bewerten und ihnen sagen das es in Ordnung ist, das der Tod sie nicht zu einem Fehler oder unbedeutend macht. Aber ich kann nicht. Das ist nicht unser Job. Du hast keinen Anteil daran, es sei denn du mischst dich in die Belange der Menschenwelt ein. Ich muss dich nicht lieben – und da gibt es nichts das mich aufhält es zu tun. Und Sebastian, ich denke es ist ziemlich grausam das das Wort 'Menschlichkeit' für die Menschen reserviert ist. Für uns ist es nicht fair, oder nicht?“ Woher kam das denn nun? „Außerdem, wie könnte ich einem Gesicht, einem Körper wie deinem nur widerstehen? Und du bist so ein Romantiker.“ Es dauerte einen stillen Moment voller Anspannung für Sebastian um zu erkennen das so eines von Grells wirklichen Geständnissen klang, oder zumindest so nah an ein Geständnis kam wie Grell, nachdem er alles was Sebastian niemals über seinen Boss hatte wissen wollen vor ihnen ausgebreitet hatte, es zustande brachte. Unverwandt sah er in den mehr oder weniger bewölkten Himmel des Nachmittages, als ob das flackernde Sonnenlicht genug wäre um ihm zu helfen. „Grell... ich werde dir das nicht antun. Dich benutzen. So sehr ich es auch hasse in dieser Sache ehrlich zu sein, aber wenn ich das wirklich gewollt hätte, hätte ich es schon vor Jahrzehnten. Deine Meinung von mir kümmert mich ein wenig zu viel. Davon abgesehen, glaube ich nicht das 'romantisch' ganz das richtige Wort dafür ist“, fügte Sebastian behutsam hinzu. Eindringlich behutsam, aber es war der Gedanke der zählte. „Du kannst mir das nicht so einfach sagen, nachdem du mir grad erzählst hast das ich dich nicht über das Wort 'Dämon' definieren soll–“, antwortete Grell beinahe im sing sang. „Vielleicht beinhaltet meine Definition von romantisch alles was du tust. Was dann?“ Es machte seine abgerundete Logik zu einem Fehlschuss. „Du bist verrückt.“ „Keine Ursache“, erwiderte Grell und meinte dann plötzlich, „Sebastian, ich hab grad dreißig Leute getötet, dreißig Leute die noch nicht hatten sterben sollen.“ „Kommst du jetzt in Schwierigkeiten?“, wollte Sebastian wissen. „Nein. Das ist ja das schlimme.“ Und dann sagte Sebastian überhaupt gar nichts; er nahm einfach nur Grells rechte Hand und noch während Grell ihn verwirrt und vorwurfsvoll ansah, zog er ihm den schwarzen Lederhandschuh aus und legte ihn neben Grells Brille. Schließlich trug Grell immer noch die Kleidung in der er Heinrich Himmlers Männer abgeschlachtet hatte. „Ich muss zugeben, ich hab nicht erwartet das es rot ist“, kommentierte Sebastian was er sah. „Was?“ „Deine richtige Haarfarbe. Ich war völlig überzeugt es sei braun, aber siehe da“, meinte er und hielt Grells Handgelenk hoch. „Das ist schummeln!“ „Tut mir leid das ich ein Dämon bin“, lachte Sebastian. Kapitel 11 ---------- Es gab nur eine Sache die Sebastians Gedanken beschäftigte und auch wenn es so aussah, war es nicht das wofür Grell es hielt. Jedoch schloss das eine das andere nicht aus und Sebastian hatte keine Probleme damit das Andere beim Multitasking miteinzubeziehen. „Dir ist bewusst das ich dir ein wenig helfen könnte, wenn du schon so sehr darauf bestehst mich auszuziehen.“ „Ist es denn das was ich tue?“, fragte Sebastian absichtlich abwesend klingend. „Nun, alle Knöpfe meines Hemdes waren noch befestigt als ich mich hingesetzt hab und sind es jetzt nicht mehr, also ja, ich würde es so nennen, aber es steht dir frei es–“ Sebastian manövrierte seine Handflächen unter den groben Stoff des offenen Hemdes und schob sie über Grells Schultern, als er den Kopf zur Seite neigte und wie versuchsweise nach Grells Unterlippe schnappte, ehe seine Lippen die von Grell vollständig versiegelten. „– zu nennen wie immer du willst...“, murmelte Grell gegen Sebastians Lippen. Unter halb geschlossenen Lidern hindurch sah er Sebastians Händen dabei zu wie sie seine Arme streichelten. Immerhin hatte Grell eine berechtigte Frage gestellt. Weshalb liebte ihn Sebastian? Sebastian wollte seine Antwort definieren, wenngleich er nur zu gut wusste das mindestens eine, wenn nicht sogar mehrere hatte. Er bemerkte wie der wenige, übriggebliebene Widerstand in sich zusammenbrach, als seine Lippen ihren Platz auf Grells Hals fanden und er Grells scharlachrotes Haar über die nackten Schultern strich. Mit der Zeit wurde Sebastian weniger sanft und Grells seufzen verwandelte sich in leises, wollendes stöhnen. Liebte Sebastian Grell aufgrund der Art wie er es, ob wütend oder leidenschaftlich und allem dazwischen, immer wieder schaffte Sebastian daran zu erinnern wie sehr er ihm verfallen war? War es die merkwürdig widersprüchliche Tatsache das dieser Schnitter Tod nichts weiter als am Leben war? „Sebastian“, keuchte Grell, „nur so aus Neugier, was für eine Art Dämon bist du?“ Zumindest war dies eine eindeutige Möglichkeit. „Ich selbst?“, schmunzelte Sebastian. „Nichts Außergewöhnliches fürchte ich. Für dich zumindest werde ich jede Art von Dämon sein die du willst. Irgendwelche Vorlieben?“, fragte er, während er mit seiner Fingerspitze hauchzart Grells Lippen nach fuhr. „Ich nehm dich wie du bist“, hauchte Grell. „Nur–“ „Sei vorsichtig?“, lachte Sebastian, als Grells Kinn in die Hand nahm. „Wag es nicht“, befahl ihm Grell, als er Sebastians Gesicht in beide Hände nahm, sich in sein Haar krallte. Während eines zügellosen Kusses, der nur kurz vor dem Blutvergießen endete, verlagerte er seine Position auf Sebastians Schoß. Für Sebastian war das alles okay. Seine Antwort lag nicht in den simplen Details: die dumpfe Wärme von Grells Haut wie die einer Feuersglut, der leichte Geschmack von Grell Lippen und seiner Zunge, die sündige weiche Haut an Grells Nacken unter Sebastians Fingerspitzen. Schließlich bemerkte er es nicht bis es zu spät war um Rückschlüsse daraus zu ziehen. „Sebby, du...“, sagte Grell atemlos. „Willst mich, oder nicht...“ So wie Grell hier auf seinem Schoß saß war er, Sebastian war offen gesagt überrascht das es Grell nicht früher aufgefallen war. Während Sebastians Hand den Bogen von Grells Rücken nach fuhr, bestätigte er seine Worte mit einer Vielzahl von Küssen um sein Schlüsselbein. Es dauerte eine Weile, aber schließlich hatte Sebastian es geschafft Grell aus seinen blutgetränkten Klamotten zu befreien. Mit Enttäuschung stellte Sebastian fest, das die Flecken nicht mehr rausgehen würden, als er sie auf den hölzernen Boden fallen ließ. In Sebastians Hinterkopf spukte die Annahme das es einem kleinen Teil von ihm vielleicht sogar gefiel sich um den launenhaften und unvernünftigen Schnitter kümmern zu können und bestätigte sich leider durch das zögerliche Zittern der Hände Grells an Sebastians halboffenem Hemdkragen. Leider aus dem Grunde das Sebastian als er auf Grells zitternde Hände starrte einfiel, das Grells Vorstellung und das eigentliche letzte Szenario in dem er nackt mit jemandem zusammen gewesen war, nicht übereinstimmten. Sebastian hätte schwören können das Grell in diesem Moment seine Gedanken gelesen hatte, denn eine Mischung aus Trotz, Entschlossenheit und Resignation blitzte in Grells Augen auf, als er seine Hände zur Ruhe zwang. „Ich will dich auch, Sebastian“, flüsterte Grell, als er Sebastians Schultern und Arme liebkoste, wobei er ihn von seinem weißen Hemd befreite. Als er sich Grells Berührung entgegen lehnte, begann er mit eindeutiger Absicht an seiner Haut zu knabbern, wobei er von seinem Hals zu der Innenseite seines Oberschenkels wanderte. Sebastian hatte seine Augen vor Ekstase beinahe gänzlich geschlossen, als ihm etwas recht eigenartiges auffiel das er zuvor nicht hatte bemerken können. Sebastian konnte nicht glauben das er es dort gut sichtbar an Grells Taille nicht schon vorher bemerkt hatte. Er verlagerte seine Position um genauer hinsehen zu können, und entschied das das war gedacht hatte zu sehen, eindeutig mit dem übereinstimmte was im Grunde dort war. „Was ist das“, meinte Sebastian, darum bemüht seine Stimme neutral zu halten. „Ich glaube nicht das ich dir folgen kann. Was ist was?“ „Wieso“, verlangte Sebastian zu wissen,“hast du– du das Vertragssiegel eines Dämons.“ Es passte zu keinem Dämon dem er jemals begegnet war. Das jedoch musste bedeuten das es ein Dämon mit besonderen Fähigkeiten war, einer der es sich leisten konnte seine Launen zu genießen und das Siegel nach belieben zu verändern. Und die Platzierung war eine der unvorteilhaftesten die sich Sebastian jemals aussuchen würde. Es bedeutete das es jemand aus den Reihen Belials sein musste, oder gar Lilith selbst. „Dir ist das nicht vorher aufgefallen?“, sagte Grell, nicht mal annähernd so panisch wie Sebastian. „Ich denke das ist offensichtlich.“ Der bloße Gedanke eines Schnitters der einen Dämon, wofür auch immer, vertraglich verpflichtete schockierte Sebastian zutiefst. Zum einen weil er es nicht für möglich hielt und zum anderen, weil jeder Gedanke das Grell einen Vertrag mit einem Dämon eingegangen war ihn panisch werden ließ. „Beruhig dich Sebby. Das ist kein dämonisches Vertragssiegel“, beharrte Grell gemächlich. „Sieh genauer hin. Oder eher, tus nicht. Siehs dir an, aber nicht so fokussiert. Siehst du den Totenkopf?“ Sebastian tat wie befohlen, war sich sicher das es irgendein Trick sein musste. „Ich schätze ich sehs“, gab er ernüchtert zu. „Das Mal markiert meine Seele als die eines Schnitters und es bindet sie an diesen Körper. Sonst würde sie mir im Schlaf von selbst in den Himmel oder die Hölle oder ins Fegefeuer wandern. Wahrscheinlich ins Fegefeuer“, überlegte Grell laut. „Ich mein, wenn ich wirklich so gut gewesen wäre, wäre ich wohl kaum ein Schnitter Tod geworden, nicht?“ „Wieso genau hast du es da?“ „Wahrscheinlich damit es niemand sieht“, überlegte Grell. „Dort wird es fast immer verdeckt, egal was wir tragen müssen um als Mensch durchzugehen.“ Sebastian ließ sich gegen das Kopfende sinken. Es dauerte nur einen Moment bis Grell sich seinen Weg in seinen Arme bahnte und – falls das möglich war – auf beinahe unschuldige weise seine nackte Taille umarmte. „Mach dir keinen Kopf, meine Keuschheit wurde von keinen Dämon, dir ausgenommen, beschmutzt.“ Darauf musste Sebastian nun nicht antworten. „An was aus deinem sterblichen Leben erinnerst du dich?“, fragte er als er Grells Kinn in seine Hand nahm und ihm in die Augen sah. „Nichts“, antwortete Grell. Er sprach dabei vollkommen normal, was auch genau das war was Sebastian hellhörig werden ließ: es war verdächtig. „Ich meine – ich habe Träume. Aber die sind nicht von mir; sie sind über die Leben der Seelen die ich einsammle. Einige vergesse ich vollkommen, aber an andere ich mich dafür umso deutlicher. Von einigen Träume ich jede Nacht.“ Und mit diesen Worten entfernte sich Grell. „Ich sehe Angelina jede Nacht in meinem Traum“, murmelte er. „Ich hatte dich sowieso fragen wollen was du mit Madam Reds Mantel gemacht hast, du scheinst ihn ein paar Jahrzehnte nicht angehabt zu haben“, entgegnete Sebastian vorsichtig. Und er hatte es gewollt. Aber um ganz ehrlich zu sein war ihm nie ein guter Weg eingefallen um auf das Thema zu sprechen zu kommen und bis vor kurzem war er erst einmal auch gar nicht in Grells Nähe gewesen um eine so eigenartige Unterhaltung in die Wege zu leiten. „Ist er aus der Mode gekommen?“ „Irgendwann wohl, nehme ich an. Aber ich hab ihn hier zurück gegeben. Ich habe ihn nur an ihrer Stelle behalten bis ihr Papierkram durch war und es hat ungefähr ein Jahr gedauert um ihr Siegel und ihre Sense und alles hinzukriegen.“ Lustig. So wie Grell das gerade gesagt hatte und nach dem was er erzählt hatte klang es verdächtig danach das Angelina zu einem Schnitter Tod geworden war. Da musste sich Sebastian jedoch verhört haben. „Warte mal eine Moment, willst du mir sagen das Madam Red jetzt ein Schnitter Tod ist?“ „Nun, sie war bis zum Schluss eine recht nette Person und sie hatte dem Tod in ihrem Leben oft genug ins Auge gesehen und das ist eines der Dinge auf die sie achten, wenn sie jemanden als möglichen Schnitter Tod betrachten. Ich habs natürlich von vornherein gewusst. Du glaubst doch nicht wirkliche ich bringe gewöhnlicherweise einfach so aus Spaß eine Horde Prostituierte um?“, fragte Grell ernsthaft verletzt. Allerdings. „Nein“, versicherte Sebastian ihm. „Nur eine Truppe Nazis.“ „Ich schätze ich sollte damit ein größeres Problem haben als ich es tue. Nein, Angelinas Opfer wären so oder so gestorben und anstatt meiner hättest du so einen schrecklich ungehobelten und langweiligen Typen getroffen der nicht mal halb so attraktiv gewesen wär wie ich. Wenn ich nicht dazwischen gefunkt hätte, wäre Angelina eine von ihnen gewesen. Stattdessen habe ich mitgespielt und gehofft das sie irgendetwas wieder an ihre Menschlichkeit erinnern würde – und dieses etwas war ihr Neffe, dein ehemaliger Herr.“ Es herrschte eine eigentümliche Stille. Doch Grell schien sie zu bemerken und fuhr fort, als wäre nichts gewesen. „Sowieso, wenn sie ihn getötet hätte, wäre sie direkt in die Hölle gewandert, keine Frage. Ich hatte Angst das es nur von kurzer Dauer war, also tötete ich sie bevor ihre Seele eine Chance hatte sich wieder zu besinnen. Es ist ne Menge lernen und Büroarbeit nötig bis man in die Praxis geschickt wird, aber ich denke sie ist fast soweit für das Training. Ich frage mich wen sie als Partner bekommt; ich hab mich Will trainiert, aber–“ „Aber ich merke das es da einige Probleme mit dieser Zusammenstellung geben würde“, sagte Grell ruhig. „Nach allem was ich ihr erzählt hab. Ich meine, es schadet seiner Professionalität nicht, jedoch ist es ziemlich schwer diese Sache zu ignorieren, wenn man davon weiß...“ Also wusste Ciels Tante noch alles über ihr voriges Leben, aber Grell gar nichts? Entweder kam ihm das einfach gelegen oder eine Lüge, eine der Sebastian viel zu einfach aufgesessen war. Also war es entweder keine Lüge, oder es war eine Lüge von der Grell wollte das sie Sebastian bemerkte. War dies vielleicht der Grund warum Sebastian Grell liebte? Um das mindeste zu sagen – So schwer er es ihm auch machte erlaubte Grell Sebastian niemals aufzuhören sich Gedanken zu machen. Er war ein wunderschönes kompliziertes Puzzle und Sebastian erwartete ihn niemals müde zu werden. Eines Tages werde ich dein menschliches Leben schon noch aus dir herauskitzeln, dachte Sebastian, während er Grell von hinten umarmte. Er war sich sicher nicht enttäuscht zu werden. „Können wir wieder – ach vergiss es“, seufzte Grell und setzte sich für einen Moment auf, bevor er sich von Sebastian entfernte. „Jemand wird sterben. Ich komm zurück. Wartest du auch mich Liebster?“ Aber noch bevor Sebastian antworten konnte küsste ihn Grell heiß und verschwand im anliegenden Raum. Sebastian nahm an es war damit Grell halbwegs ordentlich aussah, wenn er die bedauernswerten Seelen Münchens einsammelte. Hatten sie doch keine Ahnung was sie erwartete. Vielleicht liebte Sebastian ihn deswegen. Es war zumindest eine gute Möglichkeit. Kapitel 12 ---------- Für all die Mühe die er sich gegeben hatte das Sebastian auf ihn 'wartete', schleppte er sich mit kaum genug Energie für irgendwas eineinhalb Stunden später durch die Vordertür. Sebastian hatte ihn ins Bett gebracht. „Was ist passierte?“ „Ich will nicht darüber reden“, murmelte Grell gegen Sebastians Ärmel (Sebastian hatte sich wieder angezogen nachdem er zu dem Schluss gekommen war das es eher unangemessen war halbnackt wie Grell ihn zurückgelassen hatte zu faulenzen.) „Wirklich?“, fragte Sebastian als er Grell hinsetzte und seine Krawatte lockerte. „Menschen sind Idioten“, sagte Grell als er sich auf die Seite drehte, das Gesicht ab von Sebastian. „Sie sind es wirklich und wahrhaftig. Wann verstehen sie endlich das sich das Jenseits nicht darum kümmert unter welchen Umständen sie ihren Gebete sprechen? Sie sind alle gleich.“ Darauf wusste Sebastian nun keine Antwort, außer die das er ihm zustimmte. „Geh schlafen“, sagte er sanft und streichelte abwesend Grells Haar, während er nachzudenken begann.Wieder einmal war es Zeit sich viel zu sehr in die Angelegenheiten der Menschen einzumischen. Die Menschen rauften sich in Kriege, begründet auf den Besonderheiten ihrer jeweiligen Religionen, es war nichts neues für Sebastian. Besonders wenn man bedachte das es zum Teil der Grund war warum sich Sebastian dazu entschlossen hatte sich erstmal besser um seine Diät zu kümmern. „Sebby?“, murmelte Grell. „Danke.“ „Wofür?“, kicherte Sebastian. „Dafür das du hier warst als ich zurückkam. Hältst du mich?“ So überschwänglich wie Grell das fragte wollte Sebastian lachen, doch der eiserne Ernst von Grells ersten Worten lag noch schwer in der Luft. Also lehnte er sich zurück und zog Grell in seine Arme, obwohl Grell sowieso schon beinahe dort gewesen war am Ende seiner Worte. Irgendwann hörte Grells Brustkorb auf sich zu heben und senken und Sebastian wusste das er eingeschlafen war. Falls Sebastian es schaffen sollte seine Tante irgendwie aufzuhalten, ungeschehen machen, was sie wohl schon längst getan hatte und den Krieg vor den sich sein voriger Herr so gefürchtet hatte und den auch auch Grell wahrscheinlich im stillen fürchtete, dann wäre es das erste Mal das Sebastians Einmischung in die menschlichen Angelegenheiten ihnen wirklichen helfen würde auf der großen Skala. Nein, das stimmte nicht. Er hatte einige gute Dinge für einen kleinen Teil der Menschheit unter Ciels Kommando getan. Er nahm an es kam ganz auf seinen Meister zu jeder Zeit an und was er oder sie wollte. Etwas so vergiftendes und erschütterndes wie Rache das die ganze Welt bewegen konnte oder etwas so bescheidenes wie die Liebe einer Mutter oder den simplen Wunsch des Überlebens, der die Welt ebenfalls in Bewegung setzen konnte. Es war erst vor recht kurzer Zeit – ein paar Jahrhunderten – das Sebastian sich darum kümmerte, welcher Art von Meister er sich verschwor. Und interessanterweise war es niemand anders als William T. Spears der lange genug da gewesen war um einen Blick auf den früheren Sebastian werfen zu können. Er nahm an das es erst mit Catherine von Aragon richtig begonnen hatte, sie war die erste Frau König Henrys VIII gewesen. Die Ehe – oder Annullierung – hatte die religiösen Vorstellungen der Zeit angefochten. Catherine von Aragon hatte, mehr als alles andere, gewollt das das Kind welches in ihrem Bauch wuchs eines Tages König von England wurde. Man musste Sebastian nicht daran erinnern wie besessen König Henry VIII von einem männlichen Erben gewesen war, denn es würde kaum ein paar Jahre später auf den Plan treten. Damals war Sebastian gefräßig gewesen, hatte seine Gestalt so oft wie nötig geändert um so viele Seelen wie möglich zu verspeisen. Aber er war ebenso geduldig gewesen: es war die Ruhe vor dem Sturm eines unersättlichen Wahnsinns gewesen. Er hatte Catherine von Aragon im Austausch für ihre Seele versprochen das ihr Kind eines Tages der Herrscher von England werden würde. Dieses Kind war ein kleines Mädchens namens Mary. Und dann hatte es dieses Theater mit Henrys Scheidung von Catherine von Aragon gegeben und bald schon gab es eine neue Frau des Tudors die darum bettelte das ihr Kind die Krone trug. Zu diesem Zeitpunkt hatte Sebastian immer noch auf den Moment gewartet um Catherine von Aragons Seele zu verspeisen, er war jedoch weniger nachsichtig mit Anne Bolelyn. Er erhielt ihre Bezahlung nach ihrer Enthauptung die auf die Geburt ihrer Tochter Elizabeth gefolgt war. Seine Ungeduld wurde besonders deutlich, bedachte man das Jane Seymour ihn bezahlte noch bevor sie sich von der Geburt ihres Sohnes Edward erholte. Und so hielt er seine Versprechen auf seine eigene weise. König Edward VI starb, als er ungefähr fünfzehn war. Zumindest erinnerte sich Sebastian das es irgendwie um den Dreh fünfzehn war: sein Geist war so lange am Hof geblieben das er es vergessen hatte. Zuerst verstand Edward nicht. Ein Geist sieht nicht wirklich den blutgetränkten Körper den er zurück lässt. Wenn sich Sebastian nicht täuschte war es Schwindsucht gewesen. Die Rosen des Tudor Hauses waren weiß und rot, weil sie auf die eine oder andere weise mit Blut begossen wurden. Edward hatte sogar das für die Tudors typische rote Haar gehabt, so rot wie das berühmte Haar seiner Halbschwester Elizabeth. Genau wie seine Halbschwester Elizabeth war König Edward IV auch ein Protestant gewesen und hatte anders als die katholische Mary, die Übernahme des Thrones recht kompliziert gemacht. Höchstpersönlich hatte er die Qualen die Edwards zerbrechlicher menschlicher Seele zugefügt worden waren gesehen, als ihm bewusst geworden war das es keine so gute Idee gewesen war Lady Jane Grey an seinem Totenbett zu seiner Nachfolgerin zu ernennen. Beobachten zu müssen wie seine viel geliebte Halbschwester Elizabeth ins Exil geschickt wurde, als der Thron an Mary weitergegeben wurde hatte ihm sicherlich auch zugesetzt. Um es einfach auszudrücken hatte Sebastian eine Menge Spaß daran gehabt den Kindesgeist zu foltern, während er gewartet hatte. Er leugnete es nicht, aber er war nicht der einzige gewesen der ihn wahnsinnig gemacht hatte. Die Andere war seine Halbschwester Mary gewesen. So königlich Edwards Ausbildung gewesen war, so hätte kein lernen der Welt gereicht um ihn ausreichend auf die Verbrennungen vorbereiten könne die Mary zu der niederträchtigen Königin machten die sie war. Catherine von Aragon unternahm den Versuch nicht ihr Wort zu halten. Sie bestand darauf das ihre Seele beurteilt nicht gefressen werden sollte. Sebastian schlug vor, das sie, wenn sie ihre Seele so unbedingt beurteilt haben wolle, sie die Schuld ihrer Tochter Mary an all den in ihrem religiösen Fieber Verbrannten auf sich nehmen solle und sie wäre frei vom Vertrag. Sie nahm Sebastians Vorschlag an and er wiederum hatte den Festschmaus akzeptiert. Genau ab dem Zeitpunkt an dem der Vertrag der ihre Tochter zur Königin von England machte zunichte geworden war, sollte Marys Platz in der Geschichte für immer von den schweren Schatten der Asche ihrer Feuer überlagert werden. Die ganze Zeit jedoch hatte Sebastian angefangen alarmierende, erschreckende Gedanken zu seinen Handlungen heimzusuchen. Es war nicht richtig das sich ein Dämon seiner Verfressenheit und Verdorbenheit schämte: die Seelen die er wegen Marys Feuern hatte verspeisen können, hatten keinen Vertrag mit ihm gehabt und er hatte sie dennoch gefressen. Gepeinigt von seinem Selbstekel wie er war, hatte er dennoch eine letzte Pflicht zu erfüllen. Ein letztes Kind der Tudors hatte den Thron zu besteigen. Also auch wenn er sich nichts sehnlicher wünschte als in die Eingeweide der Hölle zurückzukehren und seine diffusen Verbindungen seiner Einmischung in England hinter sich zu lassen, wartete er und ließ den Kindesgeist seinen Frust spüren indem er in quälte und peinigte bis es ihm langweilig wurde. Das letzte Mal das er den Geist von Edward VI gesehen hatte war am Vorabend von Elizabeths Krönung gewesen. Ein ernster Schnitter Tod in braunem Winterkleid der eine Schlichte Sense mit einem hölzernen Griff bei sich trug, traf Sebastians Blick mit einem stechenden, säuerlichen starren als er den Geist wegführte. Nachdem Elizabeth den Thron übernommen hatte begab sich Sebastian zurück in die Hölle und hungerte auf eigenen Wunsch auf so zwanglos sinnlose weise für Jahrhunderte, das er den Vertrag mit dem jungen verwaisten Ciel Phantomhive unter unglaublicher Schwäche einging. Aber selbst da hatte er den Blick in den Augen des Schnitters nicht vergessen. Dieser Schnitter war ein junger und sehr viel beeindruckenderer William T. Spears gewesen. Und selbst Sebastian wusste das er genug zu seinem eigenen schlechten Eindruck beigetragen hatte – indem er die Seelen von mehr als zweihundert und achtzig Protestanten die durch Marys Befehl verbrannt worden waren gestohlen hatte – um dafür zu sorgen, das Will den Dämonen bis Heute reinen kultivierten Hass entgegen brachte. Sebastian fragte sich wie alt der Schnitter Grell wohl war. Er wollte nicht derjenige sein der Grell sagen musste das was auch immer ihm widerfahren war bevor er in dieser Nacht nach Hause zurückgekehrt war, nicht mehr als die Zugabe des vorigen gewesen war, dennoch fragte er sich wie etwas so offensichtliches für diejenigen die in der Nachwelt der Menschen verweilten, einfach an Grell vorbeigegangen war. Dann allerdings, sollte Sebastian erfolg haben, war die eine Unterhaltung die er niemals führen bräuchte. Für eine kleine Weile. Vielleicht Länger, es kam darauf an wie lange Sebastian erfolgreich blieb. Aber da gab es einen Haken an der Sache. Die Lösung – die weitaus größere Lösung, nicht nur die akute Lösung die die Welt nur dieses eine Mal flicken würde – war schon längst durch jemand anders aufgedeckt worden. Dieser jemand war seine Tante. Und ihre speziellen Methoden waren das akute Problem. Den Faschismus in Europa zu unterstützen und gleichzeitig erfolgreich einen Ersatzkatalysator für den menschlichen Eifer zu finden war einfach nicht der stillste Weg um die blutrünstige Auffassung der Menschheit von Gottes Einfluss auf die Welt zu mindern. Dann wiederum war die Alternative – der Stille weg – das Werk der Engel. Wahres Engelswerk. Dieses gewalttätige eigensinnige Ding das London in Flammen gesetzt hatte, war wahrscheinlich schon lange bevor Sebastian ihn zum ersten Mal getroffen hatte in Gottes Ungnade gefallen. Es war nicht besser als Lilith. Wie fühlte sich Sebastian dabei die Arbeit eines Engels zu tun? Nicht sonderlich gut, also entschloss er sich, sich auf den ersten Schritt zu konzentrieren. Allem anderen zuvor musste er sich dringend mit seiner Tante unterhalten. Sonderlich schaden ihre Methoden und ihren Einfluss in der Menschenwelt bis zu diesem Zeitpunkt genauer unter die Lupe zu nehmen würde es auch nicht. Hatte Grell nicht in der Nacht bevor Lilith ihn angegriffen hatte etwas eigenartiges gelesen? Seine Tante war nicht nur eine Verführerin des Fleisches; das brachte einen Dämon nicht sonderlich weit. Ein Dämon vom Kaliber seiner Tante wusste genauso wie man den Geist verführte. Für Menschen eines bestimmten Charakterschlages war das geschriebene Wort eine verführerische Schlinge. Sanft wie nie legte er Grell auf die Laken und zog die Decke über ihn. Das was Sebastian ein paar Minuten später fand war nicht das Original; er nahm an die billig gedruckte Version war schon vor Jahren zerfallen. Das Grell sie jedoch ersetzt und sich die anderen Werke des Philosophen ebenfalls angeschafft hatte, war der Hinweis den Sebastian zu seiner Bestätigung Gesucht hatte. Wenn es irgendjemanden gab der sich eindeutig zu viel auf gesprochene und geschrieben Worte einließ, dann, das bezweifelte Sebastian nicht, war es Grell. Als er die erste Seite des am frühesten erschienenen Buches aufschlug wusste Sebastian das das Problem nicht der deutsche Text sein würde. Ein ganz anderes Problem starrte ihn an: Grell hatte ausführliche Notizen am Rand und selbst zwischen die Textzeilen geschrieben. Es hätte Sebastian jedoch eine Menge Zeit gespart, wenn Grells Handschrift nicht so verschnörkelt und kursiv gewesen wäre das Sebastian sie völlig unleserlich fand. Er seufzte in sich hinein und fing ganz von vorne an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)