Brownie Boys von blumenpups (Stoner Masterpiece) ================================================================================ Kapitel 1: I don't like drugs, but the drugs like me. ----------------------------------------------------- Es war einmal...: vor langer Zeit bei "Spielkinder". Ein unsinniges als auch irgendwie leicht verstörendes Gewinnspiel. Die Gewinnerin? . Auf die Folter gespannt, geärgert, wartend sitzen gelassen. Aber jetzt...: ist die Zeit gekommen! Der One Shot ist fertig, in mühsamer Kleinstarbeit beinahe lückenlos recherchiert, in stundenlanger Arbeit entstanden. Er hat..: eine Menge Nerven gefressen, einen Stapel Ideen verbraucht und mich beinahe in den Wahnsinn getrieben. Und unglaublich lange gedauert. Er ist...: mein längster One Shot bisher, einmal versehentlich gelöscht worden und schlussendlich doch irgendwie fertig geworden. Und es hat...: nur ein paar Wochen Zeit in Anspruch genommen. In dem Sinne: Es tut mir Leid, dass es so lange gedauert hat und ich hoffe, er entspricht deinen Erwartungen ;D Diggen Dank an alle, die "Spielkinder" über die letzten Wochen & Monate treu geblieben sind. Auf die nächsten 20 Kapitel! WARNING: Drogen, tote Katzen und gnadenlose Zerstörung. Du kannst Drogen nehmen, wenn du willst Ich würd's dir nicht empfehlen, aber hab es selbst getan Du bist so frei für dich zu wählen Doch wenn du's tust, bitte nicht einfach so, informier dich Was kommt auf dich zu und was tust du geht es dir schlecht? (Meyah Don - Psychoaktiv) BROWNIE BOYS - Stoner Masterpiece Er hätte nicht damit gerechnet, dass es noch einmal soweit kommen würde. Einerseits, weil Ace nach der misslungenen Feuerspuck-Aktion in ihrer Küche, die gründlich schief gegangen war, absolutes Hausverbot im Lorenor’schen Haushalt bekommen hatte (eine Maßnahme, die Zorro seinen Eltern nur schwer übel nehmen konnte – immerhin war er selbst dem Schwarzhaarigen wutentbrannt an die Gurgel gesprungen, als sie sich das nächste Mal getroffen hatten). Andererseits, weil er nach einem weiteren von Ace angeblich so genialen und idiotensicheren Plänen vorübergehend Stubenarrest hatte. Nicht, dass er sich sonderlich darum kümmern würde, aber zumindest seine Eltern waren noch in dem Glauben, er würde die Nächte tatsächlich zu Hause verbringen. Bisher war er auch nicht aufgeflogen. Aber letzte Nacht war es ziemlich spät geworden (er hatte es erst kurz vor seinem Vater, der momentan Nachtschicht hatte, nach Hause geschafft und war beinahe erwischt worden), er hatte immer noch Kopfschmerzen von dem Alkohol, der in Strömen geflossen war und hatte den Plan gefasst, den restlichen Abend vor dem Computer zu verbringen und seinen Galka hochzuleveln. Jetzt, wo er herausgefunden hatte, wo sein Vater das Internetkabel gebunkert hatte, stellte eine fehlende Verbindung nach sechs Uhr Abends auch keinerlei Problem mehr da. Seit Stunden hockte er schon beinahe bewegungslos vor dem Computer, die Zigarettenpackung, ein Baggy mit Gras, Blättchen, Feuerzeug und improvisierten Aschenbecher in der Schreibtischschublade versteckt, und stierte konzentriert auf den Bildschirm. Die Flasche Bier befand sich in unmittelbarer Reichweite, halb verdeckt von seinen Boxen, während er seinen Galka, ein muskulöses, bärenartiges Wesen, durch die Republik Bastok steuerte. Es war sein dritter Charakter bei Final Fantasy XI und er war noch ganz am Anfang des Games. Wenn dieses verdammt geile Spiel nicht so verflucht süchtig machen würde, hätte er das Prasseln von Kieselsteinen an seinem Fenster wohlmöglich noch sehr viel früher bemerkt. Er runzelte irritiert die Stirn und drehte die Musik leiser, als er zum ersten Mal meinte, etwas gehört zu haben, das nicht in seine sonstige Geräuschkulisse passte. Als das Prasseln ein zweites Mal ertönte, hoffte er noch ein paar Sekunden lang, es sich nur eingebildet zu haben. Bein dritten Mal sah er sich in seiner Annahme, dass irgendein Idiot nachts Steine an sein Fenster warf und offensichtlich hereingelassen werden sollte, bestätigt und seufzend rappelte er sich auf die Beine. Der Grünhaarige kratzte sich seufzend am Hinterkopf, während er das Zimmer durchquerte und das Fenster öffnete. Als er sich über das Fensterbrett lehnte um nachzusehen, welcher seiner beiden Freunde es wagte, ihn beim zocken zu stören, traf ihn die nächste Ladung Kieselsteine gnadenlos heftig im Gesicht. Erschrocken und blind vor Schmerz – einige der spitzen Steinchen hatten ihm an den Augen getroffen – zuckte er zurück und verlor beinahe das Gleichgewicht. Es bestand gar kein Zweifel mehr, wer da unten in ihrem Garten stand. „Outsch! Ace, du Vollidiot!“ „Oh! Oh! Sorry, Alter, war echt keine Absicht!!“ = = = Fünf Minuten später, nachdem seine Augen endlich aufgehört hatten, wie verrückt zu tränen, schlurfte Zorro beinahe lautlos die Stufen herunter, entriegelte die Tür (mit der Sicherheit nahmen seine Eltern es seit einigen Jahren sehr genau) und schob die Haustür auf, um den Schwarzhaarigen hereinzulassen. Ace grinste wie gewohnt, ein atomares Grinsen, dass die Welt um ihn herum verstrahlte und für einen langen Moment die Welt um sich herum erhellte, doch auch das konnte nicht verhindern, dass dem Grünhaarigen auffiel, dass das Lächeln seine Augen nicht erreichte. Er sah zerzaust aus, ein wenig blass, hatte einen Kratzer an der Stirn, der immer noch leicht blutete und seinen alten Seesack, der zum Bersten voll war, über die linke Schulter geworfen. Einen langen Moment lang musterte Zorro ihn kritisch, solange, dass Ace unbehaglich von einem Fuß auf den anderen trat, bevor er seufzte, weil er eben wusste, dass er seinem besten Freund nichts vormachen konnte. „Ja, Grandpa hat mich rausgeworfen. Darf ich jetzt rein oder muss ich dich dran erinnern, dass dein Vater vor einem Monat dasselbe mit dir gemacht hat?“ Schmunzelnd trat der Grünhaarige bei Seite und brach alle ausgesprochenen Regeln, die sein Vater vor kurzem aufgestellt hatte. Aber Ace war sein bester Freund, obwohl er es nie darauf angelegt und es sicherlich auch eigentlich nicht verdient hatte, und für ihn würde er wohl noch eine ganze Reihe anderer Regeln brechen, sollte es nötig sein. Und weil es eben so war, wussten sie beide, dass es Dinge gab, die nicht ausgesprochen werden mussten, Dinge, die nicht weiter erklärt oder analysiert werden mussten, weil es manchmal einfacher war, so zu tun als wäre nichts passiert anstatt sich damit herumzuärgern und nach Lösungen zu suchen, die es eigentlich nicht gab. Und stattdessen die einzige Therapie in die Wege zu leiten, ganz egal, welche Nebenwirkungen das mit sich ziehen würde. Zorro biss die Zähne zusammen, als der Schwarzhaarige auf dem Weg nach oben über einen Läufer stolperte und beinahe die Vitrine im Flur zerstörte. Er ignorierte die Tatsache, dass der Schwarzhaarige, nachdem er wieder auf die Beine gekommen war, die Haustür so laut hinter sich zuschmiss, dass es an ein Wunder grenzte, dass seine Mutter davon nicht wach wurde. Kurz: er blendete alle Indizien, die auf eine bevorstehende Katastrophe hindeuteten, kategorisch aus, weil gute Freunde das eben so machten. Als sie wenige Minuten später in seinem Zimmer saßen; der Grünhaarige auf der Bettkante, Ace im Schneidersitz auf dem Boden vor seinem Kleiderschrank, wunderte es den Grünhaarigen, dass sie es überhaupt so weit geschafft hatten, ohne a) entdeckt zu werden oder b) unterwegs einen grausamen, schmerzvollen Tod zu erleiden. Erleichtert aufseufzend ließ er sich in die Decken und Kissen zurücksinken und schloss für einen kurzen Moment die Augen, während Ace mit den Füßen eine dreckige Boxershorts und ein paar Game-Magazine bei Seite schob, um sich Platz zu schaffen. Der Schwarzhaarige war das unübersichtliche Chaos im Zimmer seines Freundes bereits gewöhnt und störte sich auch nicht weiter daran. Bei ihm zu Hause sah es immerhin auch nicht viel besser aus. Während sein Freund also Anstalten machte, auf dem Bett einzuschlafen und seine Anwesenheit komplett auszublenden, warf Ace einen Blick auf den Monitor. „Von dem Spiel kommst du nicht los, was?“, stellte er spöttisch grinsend fest und öffnete die Schnalle seines Rucksacks, um den letzten Rest seines illegalen Drogenarsenals auszupacken. Den kläglichen Rest, den sein Großvater bei der Inspizierung seines Zimmers nicht gefunden und umgehend vernichtet hatte. Zorro brummte etwas Unverständliches zur Antwort, und weil er ihm prinzipiell schon dankbar war, dass er ihn überhaupt rein gelassen hatte, zuckte er bloß mit den Schultern und ließ ihm seine Ruhe. Erst, als von Zorro nur noch ein regelmäßiges Schnarchen zu hören war und der Joint, den er zwischenzeitlich gebaut hatte, absolut perfekt war und darauf wartete, angezündet und genossen zu werden, kam Ace wieder auf die Beine und setzte sich neben den Grünhaarigen und musterte ihn kurz. Die Stellen in seinem Gesicht, an denen die Kieselsteine ihn getroffen hatten, waren noch immer rot und teilweise auch blau und allein deshalb war er es ihm schon schuldig, dieses Meisterwerk, dass er in den Händen hielt, mit ihm zu teilen. „Mann, Tiger, du siehst echt scheiße aus“, verkündete er daher und knuffte den Grünhaarigen kräftig in die Seite. Dieser brummte bloß missmutig, rollte sich dann auf die Seite und blickte ihm aus schmalen Schlitzen entgegen, bevor er seufzte und sich durch die Haare fuhr, während er sich aufsetzte. = = = Zorro wachte am nächsten Morgen von dem dumpfen Gefühl auf, dass ihn jemand beobachtete. Es dauerte eine Weile, bis ihm aufging, dass es Ace war, der ihm mit einem Arm, den er um seine Kehle geschlungen hatte, die Luftzufuhr so brutal abschnürte und ihm gleichzeitig seine Schulter vollsabberte. Irritiert blinzelnd öffnete er die Augen und entdeckte seinen Vater, der vor dem Fußende seines Bettes stand, die Arme verschränkt, die Schultern gestrafft. Der Racheengel in Person. Auf eine plausible Erklärung wartend blickte Keiji ihn reichlich unterkühlt an, während er seinem Sohn dabei zusah, wie er langsam wach wurde, sich den Schlaf aus den Augen rieb und Ace eine Armlänge von sich weg schob, bevor er sich aufrichtete und sich mit einer Hand durch das müde Gesicht fuhr. „Garp hat ihn vor die Tür gesetzt. Er konnte sonst nirgendwo hin“, erklärte er schließlich leise und es fiel dem Polizisten erstaunlich schwer einzuordnen, ob er schuldbewusst oder einfach nur verschlafen klang. Musste ein Vater nicht eigentlich wissen, was seinem Sohn durch den Kopf ging? Sollte er sein eigen Fleisch und Blut nicht eigentlich in- und auswendig kennen? Die traurige Wahrheit war jedoch, dass er das schon lange nicht mehr sagen konnte. Wie lange, das wusste er selbst schon nicht mehr so genau, aber irgendwann war ihm die Fähigkeit abhanden gekommen, seinen Sohn zu verstehen und mittlerweile gelang es ihm auch nicht mehr, das einzig und allein auf die Pubertät zu schieben, weil er nun mal genau wusste, dass es schon weitaus früher angefangen hatte. Zorro erzählte ihm schon seit Jahren nicht mehr, was in ihm vorging, und er hätte beim besten Willen nicht sagen können, ob aus Furcht oder Schutz oder Liebe. Er konnte nicht mal sagen, ob er tatsächlich wissen wollte, was in seinem Sohn vor sich ging, ob er alle Geheimnisse und Wahrheiten verkraften würde. Aber er wusste, dass es verdammt schwer war, sich ständig fragen zu müssen, welchen Fehltritt er als nächstes begehen würde, sich ständig zu fragen, ob Zorro nun Drogen nahm oder nicht, sich jedes Mal, wenn er aus dem Haus ging, fragen zu müssen, ob er ihn wieder mal vom Revier oder aus der Notaufnahme würde abholen müssen. Seufzend ließ er sich auf die Bettkante sinken, registrierte kaum, dass sich die Matratze unter seinem Gewicht senkte und Zorro irritiert blinzelte, weil er das schon seit Monaten nicht mehr gemacht hatte. Keiji dachte lange über seine nächsten Worte nach, bevor er sie auch tatsächlich aussprach. „Weißt du, Zorro…ich weiß, dass es vermutlich ganz normal ist, dass du etwas über die Strenge schlägst, nach allem, was du durchgemacht hast. Und ich weiß es zu schätzen, dass du für deine Freunde einstehst und alles für sie tust, was in deiner Macht steht, aber…Ace hat dich jetzt schon in so viel Scheiße geritten und dich nicht nur ein Mal beinahe aus Versehen umgebracht. Vielleicht solltest du mal darüber nachdenken, ob er der richtige Umgang für dich ist.“ Aus den Augenwinkeln bemerkte Keiji, wie sein Sohn sich versteifte. „Ace ist-“, setzte Zorro vehement an, doch der Polizist ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen. „Ich weiß, dass Ace kein schlechter Kerl ist und dein bester Freund und ich bin ihm auch dankbar, dass er dich aus diesem…dunklen Loch geholt hat, in dass du dich damals gestürzt hast, aber irgendwann ist doch mal genug.“ Eine Weile lang musterten sich Vater und Sohn stumm, und Keiji musste sich eingestehen, dass Zorro selten so wach und aufmerksam gewirkt hatte, wie momentan. Es schien, als würde auch er seine Worte sorgsam abwägen, bevor er sich schließlich schief grinsend an ihn wandte. „Ja, Ace ist ein wandelndes Katastrophengebiet. Er zerstört alles, was sich ihm in den Weg stellt, er sagt Dinge, ohne vorher darüber nachzudenken, er verstößt gegen das Gesetz, bringt mich regelmäßig in brenzlige Situationen und geht mir oft so dermaßen auf die Nerven, dass ich ihn am liebsten umbringen würde…aber er ist trotzdem – oder vielleicht grade deswegen – mein bester Freund.“ Zorro zuckte mit den Schultern. „Und wenn das bedeutet, dass ich ab und an Ärger auf mich nehmen muss, dann ist das eben so. Ich würde nie behaupten, dass du es einfach mit mir hättest, aber ich werde ihn nicht auf der Straße leben lassen, nur weil du Angst hast, dass er Mom’s Lieblingsvase zertrümmert.“ Keiji grinste leicht. „Das hab ich auch gar nicht von dir erwartet. Und du hast Recht, es ist weiß Gott nicht einfach, dein Vater zu sein, aber ich bin stolz, dass ich es bin. Ich will nur, dass du dir gut überlegst, ob dass auch der richtige Weg ist, auf den du dich gerade begibst. Immerhin stand vor gar nicht so langer Zeit wegen Ace unser Haus in Flammen.“ „Nur die Küche“, warf Zorro halblaut ein, bevor er leicht nickte. „Schon klar. Aber das muss ich für mich selbst rausfinden, oder? Und Fehler macht man, um daraus lernen zu können. So wie’s aussieht, musst du mich meine eigenen Erfahrungen machen lassen, anstatt zu versuchen, mich davor zu schützen.“ Der ältere der beiden Grünhaarigen nickte nun ebenfalls. „Wahrscheinlich muss ich das. Aber wenn du einmal selbst Kinder hast, wirst du merken, wie schwer das ist.“ Zorro schnitt ihm eine halbherzige Grimasse, bevor er schief grinste. „Ich werd’s mir merken. Heißt das, Ace darf bleiben?“ Keiji seufzte tief, während er wieder auf die Beine kam und sich ein wenig imaginären Schmutz von der Uniform klopfte. „Solange er sich benimmt…von mir aus. Du bist für ihn verantwortlich.“ Er klopfte seinem Sohn auf die Schulter, bevor er sich auf den Weg zur Tür machte, um das Zimmer zu verlassen. Erst im Türrahmen hielt er inne und blickte verwundert über seine Schulter, als Ace sich aufrichtete und ihn wach ansah. „Mr. L? Ich bau keinen Mist, versprochen“, murmelte er, während er sich, halb grinsend, durch das Gesicht fuhr und einige, wirre Haarsträhnen aus der Stirn schob. Der Polizist grinste leicht. „Das will ich schwer hoffen, Puma.“ Als er die Tür hinter sich zuzog, lehnte er sich dagegen und ließ sich das Gespräch noch einmal durch den Kopf gehen. Es war das erste, ernste Gespräch seit langem, dass sie miteinander geführt und bei dem keiner von ihnen irgendwann an die Decke gegangen war. Zwar glaubte er nicht daran, dass Ace sein Versprechen tatsächlich halten würde – das wäre irgendwie wider seine Natur – aber es machte ihn stolz, dass Zorro darauf bestanden hatte, dass er blieb. Denn so bewies er immerhin, dass man sich auf ihn verlassen konnte. Dass er doch kein Herz aus Stein hatte, wie er sooft versuchte, ihnen weis zu machen. Er grinste leicht, während er dem Gespräch der beiden Jugendlichen lauschte, das einsetzte, als sie dachten, er wäre außer Hörweite. „Wie lange bist du denn schon wach?“ „Lange genug, Tiger.“ „Oh Mann…“ „Das muss dir nicht peinlich sein. Ich hab dich auch lieb.“ „Ace. Geh. Von. Mir. Runter. Sofort..“ „Okay.“ „…als ob du mal keine Scheiße bauen würdest…“ „Ich kann’s ja zumindest mal versuchen.“ = = = Alle Anwesenden im Hause Lorenor waren überrascht davon, wie tadellos Ace sich benehmen konnte, wenn er es denn nur wollte. Zwei Tage lang war er ein Paradebeispiel für gutes Benehmen. Er stand früh auf, überließ anderen den Vortritt ins Bad und schüttete in der Zwischenzeit Kaffee auf, ohne die Küche zu zerstören. Er holte die Zeitung und die Milch herein, er räumte sein dreckiges Geschirr in die Spülmaschine, er half der sichtlich verblüfften Miyu, Zorros Mutter, beim Abwasch, er stieß keine Gegenstände von ihrem angestammten Platz und keines ihrer Haustiere erlitt einen qualvollen Tod. Während Keiji und Miyu diesen Umstand sichtlich genossen und sich zunehmend entspannten, nun, wo sie sich ja offensichtlich nicht vor einer Überflutung, einem Hausbrand oder anderen Katastrophen zu fürchten brauchten, erkannte Zorro seinen besten Freund nicht mehr wieder. Über die Cornflakesschüssel gebeugt, eine Tasse Kaffee in unmittelbarer Reichweite, beobachtete er seinen besten Kumpel mit gerunzelter Stirn und fragte sich, was zum Geier bloß in ihn gefahren war. Als Ace wenig später doch tatsächlich damit begann, freiwillig Zorros Zimmer aufzuräumen, wurde es dem Grünhaarigen zu bunt und er flüchtete in die nahe gelegene Kirche, wo er sich so unauffällig wie möglich etwas Weihwasser in eine Plastikflasche abfüllte und es seinem Kumpel, nachdem er atemlos in sein sauberes Zimmer geplatzt war, geradewegs ins verdutzte Gesicht spritzte. Ace prustete, blinzelte sich irritiert das heilige Wasser aus dem Gesicht und starrte Zorro ehrlich verwundert entgegen, der lediglich mit den Schultern zuckte. Er wusste selber nicht, was er sich davon erhofft hatte; vielleicht, dass ein Dämon aus ihm herausfuhr und er endlich den Kerl zurückbekam, den er kannte, obwohl er eigentlich weder an Gott noch an andere spirituelle Kräfte glaubte. Dann wandte er sich hoffnungslos wieder seinem Computer zu. „Was sollte das denn?“, hakte Ace jedoch ehrlich entrüstet nach und folgte ihm wie ein treuherziger Hund. „Hab gelesen, das soll gegen Dämonen helfen. Besessen bist du also schon mal nicht“, gab der Grünhaarige ausdruckslos zurück und öffnete seine Lieblingssuchmaschine, um weitere Nachforschungen anzustellen. Der Schwarzhaarige brauchte ein paar Sekunden, bis er verstand, was mit seinem Kumpel los war, dann zog er sich einen Stuhl an den Schreibtisch heran und ließ sich darauf sinken. Schwer stützte er sich mit dem Ellbogen auf Zorros Schulter, der halbherzig ein paar Versuche startete, ihn wieder abzuschütteln. „Komm mir nicht zu nahe, Puma. Vielleicht ist das ansteckend.“ Ace grinste sein übliches, verschmitztes Grinsen. „Lorenor Zorro zieht überirdische, spirituelle Kräfte in Betracht? Hast du Fieber?“ „Nein. Ich erkenne nur mein nervendes Anhängsel nicht wieder“, gab der Grünhaarige lapidar zurück, seufzte schwer und drehte sich zu ihm herum. „Mal ehrlich, was ist los mit dir?“ „Das weißt du nicht?“ „Würde ich sonst fragen?“ Der Sommergesprosste überlegte kurz, bevor er mit den Schultern zuckte und es sich bequem machte. „Naja, du hast dich so für mich eingesetzt, da wär’s doch ne Schande, dich zu enttäuschen.“ „Hat dich doch sonst auch nie gestört.“ „Ich wusste, dass dir mein unkoordiniertes Verhalten früher oder später fehlen würde. Hier ist der Beweis – du suchst nach Gegenmitteln.“ Zorro schüttelte vehement den Kopf. „Falsch. Ich hatte die Schnauze voll davon, in jeder Sekunde, die ich mit dir zusammen bin, in Lebensgefahr zu schweben.“ Zweifelnd sah er sich in seinem Zimmer um. „Jetzt hab ich Angst, dass mich das Desinfektionsmittel vergiftet.“ Ace lachte rau auf. „Entweder oder. Du musst dich schon entscheiden.“ Für ein paar Sekunden tat Zorro so, als würde er angestrengt überlegen, obwohl ihm die Antwort doch eigentlich ins Gesicht geschrieben stand. Dann drückte er seinem Kumpel eine Flasche Saft in die Hand. Der Schwarzhaarige musterte die Flasche einen Moment lang irritiert, bevor er grinste, sie aufschraubte und über der Tastatur auskippte. „Du solltest eh nicht so viel zocken. Ist schlecht für die Augen und so.“ Zorro seufzte schwer und erleichtert und lehnte sich zurück. „Na endlich. Du bist wieder der Alte.“ = = = Kritisch spähte Zorro zwei Stunden, nachdem Ace zu seiner alten Form zurückgefunden hatte, durch die Vorhänge und sah dabei zu, wie das Auto seiner Eltern aus der Auffahrt setzte und auf die Straße bog. Er konnte nicht verleugnen, dass sie sie wahrscheinlich bloß alleine ließen, weil Ace sich in den letzten Tagen so tadellos benommen hatte, und er war unheimlich froh darüber, dass diese ganze Tortour letztendlich auch noch eine gute Seite an sich hatte. Nachdenklich drehte er den Kopf ein wenig, um dem Schwarzhaarigen bei seiner momentanen Tätigkeit zuzusehen – er saß auf der Couch, die Füße auf den Tisch gelegt, was ihm strengstens von Keiji verboten worden war – und er war immer noch nicht ganz überzeugt davon, dass Ace wieder voll und ganz der Alte war. „Und jetzt?“, hakte er zweifelnd nach und wartete auf den ultimativen Beweis. Wenn Ace ihm jetzt mit einem gemütlichen Fernsehabend kam, würde er den Schwarzhaarigen vor die Haustür setzen und nie wieder reinlassen. Er erwartete etwas Unerhörtes, eine Aktion, die so dermaßen hirnrissig und leichtsinnig und vor allem dumm war, dass sich ihm die Nackenhaare sträubten. Ace blickte kurz auf und grinste verschmitzt. „Jetzt rufen wir Sanji an!“, beschloss der Schwarzhaarige und Zorro sah seine Hoffnungen rasend schnell ins Nichts verpuffen. „Das ist die dämlichste Idee, die du je hattest“, stellte er trocken fest und stieß sich, gegen seinen Willen enttäuscht, von der Fensterbank ab. „Wieso?“, entgegnete Ace ehrlich entrüstet und baute sich zu voller Größe vor ihm auf. „Sanji ist ein Spitzenkoch! Sag ihm, er soll das Beste Brownierezept raussuchen, dass er hat! Und ich spreche hier von einem überirdischen Brownierezept, dass einem vor Begeisterung die Tränen in die Augen treibt, nicht so ein Ottonormal-Brownierezept, das war ganz und gar toll ist, aber eben doch nur den Erwartungen eines relativ anspruchslosen, verbitterten Menschen genügt, der seit dreizehn Jahren auf Diät war! Ich will das Brownierezept überhaupt!“ Nach dieser enthusiastischen Ansprache war der Grünhaarige vollends davon überzeugt, dass sein Freund vollkommen den Verstand verloren hatte. Er wollte tatsächlich Brownies backen? Wenn sie sturmfreie Bude hatten? Für mehrere Stunden? „Und ich will einen Krankenwagen rufen“, bemerkte er zynisch und legte seine Hand auf Aces Stirn. „Hast du Fieber?“ Der Schwarzhaarige grinste breit und tätschelte ihm mitfühlend die Schulter. „Ich hab gedacht, ich hätte dir mehr beibringen können, mein junger Freund. Tiger, du wirst sehen – das wird unser Abend! Aber damit es auch wirklich, und jetzt pass auf, legendär wird, musst du mir den Gefallen tun und Sanji hierher beordern denn sonst – und auch wirklich nur dann – wirst du den Abend versauen und wir werden uns mit Brownies aus Senf und…Eiern zufrieden geben müssen, weil wir beide ungefähr soviel Ahnung vom Backen haben wie Ruffy über die konkrete Zusammensetzung von Kohlenhydraten.“ Verwirrt schüttelte Zorro den Gedanken ab. „Alter, wieso gerade Brownies?!!“ Er hatte so ziemlich mit allem gerechnet – mit sinnlosen Mutproben, illegalen Medikamentenfeiern, Hahnenkämpfen im Hinterhof, lebensgefährlichen Stuntmanimitationen oder außer Kontrolle geratenen Partys – aber Brownies backen? Ace schnaubte lediglich entrüstet und schüttelte den Kopf. „Tiger, jeder mag Brownies. Deine Skepsis ist hier vollkommen fehl am Platz. Und jetzt tu mir endlich den Gefallen und ruf Sanji an, damit er uns auf dem Weg zum ultimativen Höhepunkt bei Seite steht.“ „Alter, das war-“ „Widerlich zweideutig?“ Ace grinste und zwinkerte ihm zu. „Ich weiß.“ = = = „Nimm deine dreckigen Pfoten da weg, du verfressener Saftsack!!“ Zorro, der mittlerweile auf der Arbeitsplatte in der funkelnden, neuen Küche saß und seine beiden Freunde bei ihrem merkwürdigen Unterfangen aus sicherer Entfernung beobachtete, schmunzelte amüsiert, als der Blonde Aces Hand erbarmungslos bei Seite schlug, als dieser versuchte, seinen Finger in der schokoladigen Teigmasse zu versenken, um eine kleine Kostprobe zu nehmen. Enttäuscht schüttelte der Schwarzhaarige seine Hand aus. Es überraschte ihn immer wieder, wie viel Kraft der hagere Koch zum Einsatz bringen konnte, wenn er wollte, aber da Sanji in Punkto Lebensmitteln keinerlei Kompromissbereitschaft kannte, waren seine Methoden wohl irgendwie auch verständlich. Seufzend zog er sich in Richtung Kühlschrank zurück, öffnete die Tür und warf einen Blick auf dessen Inhalt. Sein Magen knurrte schon seit einiger Zeit nachdrücklich vor sich hin und verlangte Nahrung, und da die Sache mit den Brownies sich wohl oder übel etwas länger hinzog, als er es zunächst vermutet hatte, würde er sich wenigstens darum kümmern. Allerdings…wenn er seinen Blick so durch die gekühlten Fächer gleiten ließ, fiel ihm auf, dass er für diese Aufgabe nicht die nötigen Requisiten hatte. „Tiger – wieso ist der Kühlschrank leer?“ Der Grünhaarige verdrehte die Augen und tastete mit einer Hand nach seinen Zigaretten, mit der anderen nach dem Feuerzeug, ohne Ace auch nur eines Blickes zu würdigen. „Weil du ihn vorhin leergefressen hast, Idiot.“ „Stimmt doch gar nicht“, maulte der Sommergesprosste, während er das Gemüsefach durchwühlte und schließlich triumphierend einen vergessenen Joghurt ans Tageslicht zog. „Tadaaaa!“ „Den würd ich nicht mehr essen“, bemerkte Zorro skeptisch. Er konnte sich nicht daran erinnern, diesen Joghurt jemals gesehen zu haben – und er hatte den Kühlschrank schon des Öfteren mehr oder weniger genau unter die Lupe genommen, wenn er Kohldampf geschoben hatte. Vorsichtshalber warf Ace einen Blick auf das bereits verblasste Mindesthaltbarkeitsdatum, ohne daraus schlau zu werden, und zuckte schließlich gleichgültig mit den Schultern. „Ich geh das Risiko ein“, beschloss er, zog den Deckel ab und warf einen kurzen Blick auf die zartrosa Masse, die sich darin befand. Von Sanji war ein leichtes, abfälliges Schnauben zu hören. Er hielt nicht viel von Massenproduktionen, chemischen Konservierungsmitteln und Geschmacksverstärkern, so viel Ernährungsbewusstsein hatte Jeff ihm eintrichtern können, aber mittlerweile waren die anderen beiden ziemlich gut darin, seine altklugen Belehrungen zu ignorieren. „Uhhhh“, entfuhr es Ace, während er an dem Becher schnupperte und ihm ein extrem säuerlicher Geruch in die Nase stieg. Kurz zögerte er, bevor er Zorro den Becher unter die Nase hielt, sodass der Grünhaarige in dem zweifelhaften Versuch, dem Gestank zu entkommen, beinahe das Gleichgewicht verlor. „Riech mal! Stinkt, was?“, grinste er. „Alter!“, fauchte Zorro zurück und fuhr sich mit einer Hand entnervt durch das Gesicht. „Du kriegst zehn Dollar von mir, wenn du den trotzdem auffutterst!“ „Gebongt!“ Der Blonde blickte über die Schulter hinweg knapp zu ihnen herüber. „Ihr seid widerlich“, informierte er sie dann sachlich, während ein Schauer über seinen Rücken lief und er sich vor Ekel schüttelte. Zorro zuckte lediglich mit den Schultern. „Ich nicht. Er“, korrigierte er dann und deutete auf Ace, der mittlerweile damit begonnen hatte, den urzeitlichen Joghurt mit Leidensmiene zu verzehren. = = = „Du weißt schon, dass du das Geld nicht kriegst?“, mutmaßte der Grünhaarige, während er sich an der Badezimmertür herunter gleiten ließ, die Beine anwinkelte und die Arme auf den Knien abstützte. Seine Lippen kräuselten sich langsam zu einem Lächeln. Das hatte der Scheißkerl auch nicht anders verdient. Von der anderen Seite der Tür kam lediglich ein erneutes Würgen, ein widerliches Platschen von der Kloschüssel und ein krächzendes, mitleidserregendes „Warum nicht?“ von Ace, bevor der Sommergesprosste damit fortfuhr, seinen Mageninhalt zu entleeren. Zorro verdrehte die Augen. „Auskotzen gilt nicht!“ „Aber ich habe ihn gegessen!!“, beharrte der Schwarzhaarige erstickt, spuckte in die Schüssel und schüttelte sich angeekelt. War ja widerlich. Sein Magen war auch schon mal robuster gewesen. Seufzend rappelte er sich dann wieder auf die noch etwas wackeligen Beine und schwankte zur Badezimmertür. Als er sie öffnete, fiel Zorro ihm beinahe entgegen. Grinsend blickte er zu seinem besten Freund herunter. „Kohle her!“ Zorro reckte ihm den Mittelfinger entgegen. „Vergiss es! Scheiß Cheater!“ Ace schob lediglich schmollend die Unterlippe hervor und winkte dann halbherzig ab. Na gut, dann bekam er eben kein Geld. Bei dem Grünspan war eh nichts zu holen. Der war arm wie ’ne Kirchenmaus. Freundlich, wie er nun mal war, half er Zorro wieder auf die Beine, dann schlenderten sie Seite an Seite zurück in die Küche, wo Sanji gerade Anstalten machte, den Teig umzufüllen und in den Backofen zu schieben. „NEIN!!!“, stieß der Schwarzhaarige entschlossen aus und warf sich zwischen Sanji und den Backofen, als ob er den Koch vor einer Kugel schützen wollte. Zorro hob skeptisch eine Augenbraue in die Höhe. Der Auftritt machte Bruce Willis alle Ehre, aber was bezweckte der Schwachkopf damit? Sanji schien sich die gleiche Frage zu stellen – allerdings machte er seinem Unmut über Aces Aktion auch ordentlich Luft. „Hast du sie noch alle, du Idiot?! Du wolltest doch unbedingt backen! Und jetzt geh mir aus der Sonne!!“, keifte er und wollte den Schwarzhaarigen an der Schulter bei Seite schieben, aber Ace schüttelte den Kopf. „Nein! Du vermasselst alles!“ Zorro lehnte sich entspannt zurück gegen den Türrahmen und trat lediglich einen kleinen Schritt bei Seite, als der Schwarzhaarige leise aufkeuchend an ihm vorbei flog, direkt ins Wohnzimmer, und hart auf dem Rücken aufkam. Er zuckte nicht einmal mit der Wimper, als irgendetwas klirrend zu Bruch ging. Er hatte nichts anderes erwartet. Der Blonde schnaubte wütend. Er und ein Rezept vermasseln – so weit kam’s noch! So was ließ er sich nicht bieten, vor allem nicht von einer Knalltüte wie Ace, der von der Kunst des Kochens ungefähr so viel Ahnung hatte, wie vom Amerikanischen Börsenmarkt! Ace blinzelte irritiert an die Decke und hielt sich die pochenden Rippen. Das der Blonde aber auch immer direkt alles so persönlich nehmen musste! So hatte er das doch gar nicht gemeint, verdammt noch mal! Es fehlte doch nur die entscheidende Zutat! Plötzlich schob sich Zorro in sein Blickfeld und hielt ihm gnädig die Hand hin. „Das hättest du kommen sehen müssen“, informierte der Grünhaarige ihn trocken. Der Schwarzhaarige zuckte leicht mit den Schultern und grinste schief, bevor ihm wieder sein Auftrag einfiel. „Halt ihn auf! Schnell!“ Während der Grünhaarige irritiert die Stirn runzelte und sich fragte, ob Ace sich vielleicht eine Kopfverletzung eingefangen hatte, platzte dem Koch der Kragen. „Wo ist dein scheiß Problem, Puma?!“, verlangte er zu wissen und baute sich neben Zorro vor dem Schwarzhaarigen auf, der immer noch eine Hand an seine Seite gelegt hatte und blinzelnd den Kopf drehte, um nachzusehen, was er in seinem Sturz umgerissen hatte. Sein Blick fiel auf zersplitterte Porzellanfiguren, die einst auf dem kleinen Tischchen gestanden hatten, gegen das er geknallt war. Ächzend blickte er zu Zorro auf. „Waren die wertvoll?“ Der Grünhaarige zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Kümmert’s dich?“ Ace grinste. „Nicht wirklich“, gab er zurück und setzte sich schwungvoll in den Schneidersitz, von wo aus er zu dem Blonden hochsah. „Es fehlt noch was, Cookie!“ Sanji schnaubte unterkühlt. „Ach ja? Was denn?“, hakte er scharf nach und tastete mit einer Hand nach den Zigaretten in seiner hinteren Hosentasche. Er wollte jetzt eine verdammt gute Antwort haben, sonst würde er den Idioten ins Nirwana kicken – wenn nicht sogar noch darüber hinaus. Während sich die anderen beiden ihre Kippen anzündeten, kam der Schwarzhaarige wieder auf die Beine und klopfte sich die Scherben von der Jeans. „Meine geheime Zutat!“, verkündete er strotzend vor Selbstbewusstsein. Und befand sich im nächsten Moment im Würgegriff des Kochs. „Du wirst diese Brownies nicht mit irgendwelchen, widerlichen, ekelerregenden Substanzen verhunzen!“, knurrte Sanji gereizt und zog den Sommergesprossten näher an sich heran, bis sie sich Auge in Auge gegenüberstanden. Ace röchelte schwach und hob abwehrend die Hände zwischen sich und den Blonden. „Weed-Flavour!!“, krächzte er mühsam und beobachtete beinahe interessiert, wie Sanjis ungebremste Wut in unverhohlene Neugierde umschlug. „Weed-Flavour?“, hakte Zorro schließlich nach, um die Sache etwas zu beschleunigen. Von blöd rumstehen und sich anstarren würden sie immer hin nicht fertig werden. Beinahe zögernd ließ der Blonde sein Opfer wieder los, um ihn zumindest erklären zu lassen. Wenigstens war er sich jetzt sicher, dass der Idiot nicht irgendetwas potenziell Tödliches dazumengen würde. „Haargenau, Kumpel!“, stimmte Ace begeistert zu und rieb sich über den schmerzenden Hals. „Ich hab für diese Gelegenheit extra etwas aufbewahrt. Wir mischen jetzt den Rest dazu und futtern uns dann auf Wolke sieben!“ Sanji verzog das Gesicht. Er war kein Fan von Drogen. Andererseits hatte er es bisher auch noch nie ausprobiert. Seufzend zuckte er mit den Schultern. Vielleicht war es an der Zeit. In Brownies eingebacken hörte es sich nicht ganz so falsch an, wie es einfach zu rauchen. „Na gut. Hol’s her. Aber beeil dich“, gab er nach und deutete ein Grinsen an. Ace klatschte begeistert in die Hände und grinste bis über beide Ohren. „Bin schon unterwegs!“, flötete er dann begeistert und verschwand wie von der Tarantel gestochen aus dem Wohnzimmer. Zwei Sekunden später hörten sie, wie er vollkommen überstürzt die Treppen hinaufpolterte. Zorro musterte den Blonden aus den Augenwinkeln, dann stieß er den Rauch seiner Zigarette aus und verschränkte schmunzelnd die Arme vor der Brust. „Woher der plötzliche Sinneswandel?“ „Morbide Neugierde“, gestand der Koch und atmete einmal tief durch. „Gehen wir es an.“ = = = Nach einem halben Blech Pot-Brownies konnte Sanji beim besten Willen nicht sagen, warum genau er so lange „Nein“ zu Drogen gesagt hatte. Zumindest zu dieser Droge. Marihuana war immerhin auch nur eine getrocknete Pflanze, oder? Quasi ein Gewürz. Biologisch angebaut. Zumindest ging er stark davon aus. Und gewürzte Brownies waren weitaus lustiger als ganz normale, davon war er mittlerweile überzeugt. Überhaupt…hätte ihm vorher jemand gesagt, dass die Welt so lustig bunt war, hätte er ihn vermutlich bloß irritiert angeblickt und ihm den Vogel gezeigt. Aber jetzt, wo er selber in den Genuss gekommen war und die vollen Auswirkungen zu spüren bekam, war er fasziniert von dem guten Gefühl, dass sich in ihm ausbreitete – und noch viel faszinierender war der intensive Grünton von Zorros Haaren. Vorsichtig streckte er eine Hand nach seinem Kumpel aus, der breitbeinig auf der Couch lümmelte und kurz davor war, einzuschlafen, bis er mit den Fingerspitzen beinahe ehrfürchtig dessen maigrüne Mähne berührte. „Wahnsinn!!“, hauchte er begeistert. „Waren deine Haare schon immer so grün?!“ Zorro öffnete misstrauisch die Augen und wich dann entsetzt ein Stück zurück. Der Blonde ließ enttäuscht die Hand sinken und zog einen übertriebenen Schmollmund, bevor er sich kichernd tiefer in die Polsterung der Couch sinken ließ. Skeptisch ließ der Grünhaarige seinen Blick durch das Wohnzimmer gleiten, bis er Ace entdeckte, der quer auf dem Sessel lag, die Beine nachsichtig über die Lehne gelegt, und sich bereits den zehnten Brownie einverleibte. „Das war ’ne scheiß Idee, Puma!“, informierte er den Schwarzhaarigen energisch. Zwar fand er selbst großen Gefallen an dieser Art des Drogenkonsums – war ja mal was anderes – aber dem Aushilfskoch stieg die Wirkung eindeutig zu Kopf. Wenn Sanji ihm noch einmal an den Haaren rumfummelte, konnte er jedenfalls für nichts mehr garantieren. Ace blickte mäßig interessiert auf und grinste bis über beide Ohren, als sein Blick den Blonden streifte. „Soll ich ihm ein Glas Milch holen?“, bot er dann jedoch zuvorkommend an und machte Anstalten, sich aufzusetzen. Immerhin hatte Zorro bis jetzt äußerst gute Laune gehabt und er hatte nicht vor, zu riskieren, dass sich an diesem Zustand irgendetwas änderte. Warum genau das so war, wussten sie selbst nicht, aber sie hatten festgestellt, dass Milch im bekifften Zustand durchaus dazu in der Lage war, sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurück zu bringen – oder zumindest ziemlich nah zurück auf den Boden der Tatsachen. Musste wohl irgendwie mit den Wechselwirkungen zusammenhängen. Oder mit den Vitaminen. So genau wollten sie es aber auch gar nicht wissen – Hauptsache, es erfüllte seinen Zweck. Sanji schien allein die Vorstellung, ein Glas Milch zu trinken, äußerst lustig zu finden, denn er grinste immer noch dümmlich vor sich hin und hielt sich den vor Lachen schmerzenden Bauch. Zorro fand, dass da jegliche Hoffnung auf Besserung ohnehin vergebens war und winkte lediglich ab. „Das hilft bei dem jetzt auch nicht mehr“, gab er zu bedenken und Ace ließ sich schulterzuckend wieder in den Sessel sinken. Ein bisschen neidisch waren die beiden ja schon. Immerhin war es nicht ganz so üblich, dass man beim ersten THC-Konsum bereits etwas bemerkte, und so dicht wie Sanji waren sie schon seit Ewigkeiten nicht mehr gewesen. Sie wechselten einen kurzen, enttäuschten Blick, bevor Zorro wieder die Augen schloss und versuchte, sich in den angenehmen Dämmerzustand zu versetzen, in dem er sich befunden hatte, bevor der Koch ihn gestört hatte. Ace seufzte leise, lehnte sich zurück und stierte gelangweilt an die Decke. Das ganze hatte er sich irgendwie weitaus lustiger vorgestellt. Es war zwar durchaus amüsant, Sanji zu beobachten, der auf diesen neuen Zustand nicht wirklich klar zu kommen schien und sich am laufenden Band über die belanglosesten Dinge besickte, aber ein bisschen Action war doch wohl nicht zu viel verlangt, oder? Immerhin war er in den letzten Tagen lammfromm gewesen. Nachdenklich schielte er zu Zorro herüber, der bereits wieder im Reich der Träume zu versinken schien, dann kraulte er die grau-schwarz getigerte Katze, die aufmerksamkeitsheischend an ihnen vorbei scharwenzelte, und streckte die Hand aus, um sich noch einen Brownie zukommen zu lassen. Irgendwas musste man doch unternehmen können… Ein paar Minuten lang kaute er gedankenverloren auf dem Gebäck herum, bevor es ihm wie Schuppen von den Augen fiel. „Lasst uns Frisbee spielen!!“, schlug er begeistert vor und setzte sich kerzengerade auf, voller Elan. Zorro öffnete lediglich knapp die Augen und schüttelte den Kopf. Er wollte schlafen und seine Ruhe haben. Schließlich hatte er die letzten Tage nonstop an einer Lösung für Aces sonderbarem Verhalten gearbeitet, er hatte sich eine Auszeit verdient. Außerdem fühlte er sich nicht einmal in der Lage, die Katze zu füttern, geschweige denn, wie ein Irrer durch die Gegend zu hüpfen und einer Scheibe nachzujagen. Das war nichts für ihn. Der Koch hingegen war hin- und weg von der Idee, prustete unkontrolliert los und hievte sich mühsam in die Senkrechte. „Jaaa! Mit einem Teller!!“, ergänzte er begeistert und stützte sich, keuchend vor lachen, auf der Tischkante ab. Gedanklich wog der Grünhaarige die Gefahr einer ultimativen Zerstörung durch ein Frisbee-Spiel ab, beschloss jedoch, dass sie mit einem Teller noch relativ glimpflich davonkommen würden. Teller hatten sie immerhin genug, einen weniger würden seine Eltern verkraften können. Ace stimmte dem Blonden lediglich enthusiastisch zu und rappelte sich nun endgültig auf die Beine, um in Richtung Küche zu schweben. Er kehrte mit einem Teller in den Händen zurück, als es Sanji gerade gelungen war, wieder aufrecht zu stehen und sich ein paar wackelige Schritte von der Couch zu entfernen. Auffordernd streckte er die Hände in die Luft und musste an sich halten, um nicht sofort wieder in schallendes Gelächter auszubrechen, als der Schwarzhaarige grinsend Schwung holte und ihm den Teller entgegen warf. Das ganze Spektakel erinnerte ihn irgendwie an fliegende Untertassen. Prustend streckte er sich, gerade weit genug, dass er den Teller zu fassen bekam. Angestrengt wischte er sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln und sah gar nicht so genau hin, als er sein Geschoss zurück in die ungefähre Richtung von Ace warf. Beeindruckt beobachtete er dann, wie der Teller viel zu hoch flog, als dass der Schwarzhaarige ihn noch erwischen konnte, aber Ace schaffte es auf wundersame Art und Weise (und mit einem spektakulären Hechtsprung) an ihn heranzukommen. Krachend kam der Sommergesprosste wieder auf dem Boden auf und riss dabei den Fernseher herunter. Sowie alles andere, was auf demselben Tisch stand.. Nicht einmal das damit verbundene Scheppern brachte Zorro dazu, die Augen zu öffnen. Er blieb dabei – er wollte seine Ruhe haben – und er hätte damit rechnen sollen, dass die beiden Idioten nicht die nötige Intelligenz besaßen, zum Spielen raus in den Garten zu gehen. Außerdem war es jetzt ohnehin zu spät. Was auch immer zu Bruch gegangen war, es war verloren, nur für seinen Schlaf, da bestand noch Hoffnung. „Mann! Nicht so laut, ihr Deppen!!“, maulte er also bloß und rückte ein wenig nach rechts. Jetzt, wo der Koch nicht mehr neben ihm hockte wie eine Klette, hatte er immerhin genug Platz. Ace rappelte sich wieder auf die Beine, den wie durch ein Wunder unversehrten Teller in einer Hand, und klopfte sich die Scherben des zersplitterten Fernsehbildschirms von der Jeans, bevor er in einer übertriebenen Geste in Sanjis Richtung den Zeigefinger auf die Lippen drückte. „PSSSSSSSSST!!!!!!“, zischte er den Blonden an, der sich vor Lachen mittlerweile krümmte. Normalerweise hielt er nicht viel von sinnloser Zerstörung. Aber heute waren alle Gesetze außer Kraft gesetzt. Es ging ihm gut. Er hatte Spaß, da konnte ihn nichts mehr runter bringen. Die Katze – er hatte den Namen total vergessen – beäugte misstrauisch die Scherben, die auf dem Boden lagen, machte dann einen großen Bogen drum herum und streifte weiter durch den Raum, in der Hoffnung, endlich ihr Abendessen zu erhalten. Keiner der Jungs beachtete sie auch nur ansatzweise. Mit neu gewonnenem Mut warf der Schwarzhaarige den Teller ein wenig zu schwungvoll weiter. Die improvisierte Frisbeescheibe beschrieb einen großen Bogen, bevor sie schnurstracks auf den Schrank zuflog und mit Schwung sämtliche Vasen davon herunter riss. Drei von ihnen zersprangen schlicht und ergreifend in tausende Stücke, als sie auf dem Boden aufkamen. Nur eine von ihnen traf die Katze, aber das schien bereits genug für das arme Tier zu sein, denn es blieb reglos liegen. Ace erstarrte und warf einen zögernden Blick zu seinem besten Kumpel, der immer noch mit dem Rücken zu dem Geschehen auf der Couch saß und von dem wahren Ausmaß des Schlamassels noch nicht wirklich viel mitbekommen zu haben schien. Einzig und allein seine genervte Miene deutete darauf hin, wie angefressen Zorro wirklich war. Zögernd ging er in die Hocke und stieß die Katze an, die sich immer noch nicht rührte. Schien ganz so, als hätte sie jetzt alle ihre neun Leben verbraucht. Sanji, der den Ernst der Lage überhaupt nicht zu erkennen schien, gesellte sich zu ihm und strich mit einer Hand über das glänzende Fell des Haustigers. „Miez, miez!!“, rief er aus, versuchte, das erschlagene Tier zum Aufstehen zu bewegen und brach dann trotzdem in schallendes Gelächter aus. Als Antwort darauf stöhnte der Grünhaarige frustriert. „Haltet endlich die Klappe! Und geht raus, verdammt noch mal, bevor ihr das ganze Zimmer zerlegt!! Oder jemanden umbringt!“, raunzte er achtlos über die Schulter, streckte die Beine von sich, entschlossen, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Der Schwarzhaarige zuckte wie ertappt zusammen und kratzte sich hilflos am Kinn. Tja, und jetzt? Früher oder später würde Zorro auch auffallen, dass das fordernde Maunzen des Stubentigers fehlte. Er musste ja nur mal die Augen aufmachen, und er würde das Schlamassel entdecken. „Sag mal, Tiger…mochtest du die Katze eigentlich?“, hakte er schließlich vorsichtig nach. Fragen durfte man ja wohl mal, und es war besser zu wissen, ob der Grünhaarige an die Decke gehen würde oder nicht. Zorro grunzte unwillig. Er wusste beim besten Willen nicht, was man an der einfachen Aufforderung „Klappe halten“ nicht verstehen konnte, aber so, wie er seine Freunde kannte, würden sie eh keine Ruhe geben, bevor er eine halbwegs passable Antwort dazu gegeben hatte. „Geht so…“, setzte er frustriert seufzend an, bevor er irritiert innehielt und sich mit einer düsteren Vorahnung im Gepäck kerzengrade aufsetzte. „Wieso mochte?!!!“, fragte er dann entgeistert, riss die Augen auf und wirbelte zu den beiden herum. Sein Blick fiel auf Sanji, der die Katze am Schwanz zog. Unschuldig, als könne ihn kein Wässerchen trüben, blickte der Koch in die Runde. „Meint ihr, sie schläft?“ Sprachlos blickte der Grünhaarige zu Ace herüber, der sich unbehaglich am Hinterkopf kratzte. „War keine Absicht!“ „DU IDIOOOOOOOOOOOOOOOT!!!!!!!!“ = = = Er hätte niemals gedacht, sich über die Frage ernsthaft den Kopf zerbrechen zu müssen, aber es schien ganz so, als würde er eine Leiche verschwinden lassen müssen. Mächtig angepisst wühlte Lorenor Zorro sich nun durch die Garage, auf der Suche nach einem Spaten, denn nach mehrfachem Hin- und Herüberlegen hatte er beschlossen, das arme Tier im Garten zu verbuddeln, gemeinsam mit den ganzen Scherben, die die beiden Idioten fabriziert hatten. Zwar würden seine Eltern zweifelsfrei bemerken, dass die halbe Wohnzimmerdekoration, der Fernseher und die Katze fehlten, aber wenigstens hatten sie dann keinen Beweis. Er würde ihnen erzählen, sie wären den ganzen Abend bei Sanji gewesen. Er glaubte allerdings nicht, dass sie ihm das abkaufen würden. Ace lehnte mit ordentlichem Sicherheitsabstand im Türrahmen und war erleichtert, dass der Grünhaarige wenigstens aufgehört hatte, zu schreien. Der hatte aber auch ein Organ! Das war ja schlimmer als der Schrei des Löwen bei Kung Fu Hussle – lauter, länger und weitaus gemeiner. Aber er konnte nicht abstreiten, dass er es irgendwie verdient hatte, auch wenn es ein Unfall gewesen war. Und er musste gestehen, dass er froh war, dass Zorro ihm nicht das gleiche Schicksal wie der Katze hatte zukommen lassen. Einen langen Augenblick hatte er das nämlich befürchtet, als der Grünhaarige mit gefletschten Zähnen über die Lehne der Couch auf ihn zugesprungen war. Daraufhin war eine etwas längere Verfolgungsjagd durch das gesamte Haus gefolgt, bis Zorro ihn schließlich in seine Finger bekommen und beinahe erwürgt hatte, während er ihn so energisch zur Schnecke machte, dass ihm auch mehr als eine halbe Stunde später noch die Ohren klingelten. Seufzend kratzte er sich an der Schläfe und spielte dann mit einer seiner Haarsträhnen herum. „Kann man dir irgendwie helfen?“, erkundigte er sich vorsichtig. „Ich helf dir gleich!“, raunzte Zorro nur knapp zurück und warf irgendwas nach dem Schwarzhaarigen. Ace wich dem Sägeblatt in letzter Sekunde aus und vermied es, sich dazu zu äußern. Wer wusste schon, ob Keiji nicht noch mehr potenziell tödliche Werkzeuge in der Garage gebunkert hatte?! Mit vor der Brust erhobenen Händen trat er im Rückwärtsgang den Rückzug ins Haus an und entfernte sich langsam aber sicher aus der Schussbahn des Grünhaarigen. Langsam aber sicher stürzte Zorro ihn in tiefste Verwirrung. Gut, er hatte vorher schon gewusst, dass der Grünspan anders war als andere, aber ihn erst anflehen der Alte zu sein und dann auch noch die Dreistheit besitzen sich zu beschweren – also bitte! Er wusste doch, worauf er sich damit einließ! Schnaufend ließ der Schwarzhaarige sich auf die Couch fallen und angelte geschickt nach einem der letzten Brownies. Während er aß, ließ er seinen Blick durch das Wohnzimmer gleiten und konnte nicht abstreiten, dass es schon ziemlich schlimm aussah. Er zuckte wie ertappt zusammen, als die Tür wieder aufflog und Zorro mit einer Schaufel bewaffnet hereinplatzte. Hastig schluckte er den Brownie herunter und setzte sich etwas aufrechter hin, um die nächsten Schritte seines Freundes verfolgen zu können. Der Grünhaarige öffnete die Tür, die zum Garten herausführte und warf die Schaufel auf den Rasen, bevor er sich dem Chaos in seinem Rücken zuwandte und schließlich resignierend seufzte. „Der Fernseher alleine hätte schon für lebenslangen Hausarrest gereicht – musste es auch noch die Katze sein?“, murmelte er dumpf und hob knapp die Hand, als Ace tatsächlich zu einer Antwort ansetzte. Er wollte gar keine Erklärungen hören. Ace zuckte lediglich mit den Schultern und klappte den Mund wieder zu. Dann sah er zu Sanji herüber, der mittlerweile auf dem Sessel eingeschlafen war, und wackelte verheißungsvoll mit den Augenbrauen. „Sollen wir ihn direkt mit einbuddeln?“, schlug er amüsiert vor und blickte erwartungsvoll zu dem anderen herüber. Zorro warf ihm lediglich einen düsteren Blick zu, packte die tote Katze im Genick und stiefelte zurück nach draußen in den Garten. „Soll ich dir den Fernseher raus bringen?“, schlug Ace hilfsbereit vor. „Bleib ja wo du bist und beweg dich nicht!!“ = = = Eine Stunde später waren sämtliche Beweismittel ihrer schändlichen Taten vernichtet – sowohl das Blech mit Brownies, das frisch gespült wieder an seinem angestammten Platz war, als auch die Spur von Chaos und Zerstörung, die im Wohnzimmer gewesen war. Trotzdem wurde Zorro das Gefühl nicht los, dass er besser Asyl in einem weit entfernten Land beantragen sollte. Am besten in den Niederlanden. Da wäre so ein Abend wenigstens größtenteils legal. Seufzend ließ er sich neben Ace auf die Couch fallen und warf einen knappen Blick auf Sanji, der immer noch selig und vollkommen erledigt vor sich hinschlummerte. Frustriert verschränkte er die Arme im Nacken. „Na ganz toll. Und was erzähl ich jetzt meinen Eltern?“, verlangte er brüsk zu wissen und sah sich im Wohnzimmer um. Alles wie vorher. Keine Porzellanfiguren. Kein Fernseher. Keine Vasen. Und erst Recht keine Katze. Alles im Garten begraben, unter Mutters Rosenbüschen. Der Schwarzhaarige folgte dem Beispiel seines Freundes, sah sich um und bewies wenigstens so viel Anstand, ein einigermaßen betroffenes Gesicht zu machen, während er mit den Schultern zuckte. „Sorry, Alter!“ Zorro schnaubte bloß. „Halt die Klappe.“ Nachdenklich fuhr er sich mit einer Hand über die angespannte Stirn und zermarterte sich das Hirn über eine verständliche Ausrede für dieses Dilemma. Aber er glaubte kaum, dass seine Eltern eine fadenscheinige Ausrede einfach so hinnehmen würden. Besser wäre es, er hielt schon mal nach einer eigenen Wohnung und einem Job Ausschau. Frustriert rappelte er sich schließlich auf die Beine und stapfte auf Sanji zu, um ihn auf die Beine zu ziehen. Ace blinzelte irritiert. „Was hast du vor?“ Zorro drehte ihm nicht einmal den Kopf zu. „Komm einfach!“, forderte er stattdessen knapp, legte sich den Arm des Blonden um die Schultern und hievte ihn mehr schlecht als recht auf die Beine. „Wohin denn???“, verlangte der Schwarzhaarige zu wissen, rappelte sich jedoch trotzdem auf die Beine. Er hatte den Grünhaarigen schon genug verärgert, jedes Widerwort brachte ihn nur näher an den Rand des Todes. „Keine Ahnung! China, Russland, Rumänien – such dir was aus! Einfach weg!!“, fauchte Zorro ungestüm zurück. Er hatte keine Lust, von seinen Eltern bei lebendigem Leibe skalpiert zu werden. „Auswandern?“, schloss Ace scharfsinnig und äußerst belustigt, legte den Kopf nachdenklich leicht schief und grinste dann triumphierend, als ihm eine viel bessere Lösung einfiel. „Ich hab ’ne Idee!!“, verkündete er selbstsicher. „Behalt sie bloß für dich!“, raunzte Zorro, der keine Lust auf weitere Katastrophen hatte. Ace Ideen waren noch nie besonders geeignet für die Gesellschaft gewesen, und wenn der Idiot so weiter machte wie bisher, dann war sein Untergang eindeutig besiegelt. Ace ignorierte ihn jedoch geflissentlich, verließ das Wohnzimmer kurzzeitig und kam mit einem Stuhl im Schlepptau zurück. Misstrauisch verengte der Grünhaarige die Augenbrauen. „Was hast du vor?“, verlangte er zu wissen und seine Stimme wurde immer alarmierter, je mehr Schritte der Schwarzhaarige in den Raum trat. Anstatt eine Antwort zu geben, stakste der Sommergesprosste geradewegs auf das Fenster zu – und ließ den Stuhl mit voller Kraft dagegen prallen. Fassungslos und, dank Sanjis Gewicht auf seinen Schultern, unfähig einzugreifen, beobachtete Zorro, wie das dicke Glas unter der Wucht des Schlags zerbarst und in alle Richtungen splitterte. In derselben Sekunde, in der Ace den Stuhl breit grinsend und scheinbar äußerst zufrieden mit sich selbst wieder auf dem Boden abstellte, schob Zorro den Koch von sich weg und explodierte. „WAS SOLLTE DAS DENN, DU VOLLIDIOT?!!! WILLST DU MICH ENDGÜLTIG LOSWERDEN?! IST DIR JETZT AUCH NOCH DAS LETZTE BISSCHEN VERSTAND FLÖTEN GEGANGEN?!! DAS WAR DEIN GRANDIOSER PLAN?!!! DAS FENSTER EINSCHMEIßEN?!!!!“ Mit jedem Wort, dass er sich aus der Seele brüllte, kam er einen Schritt näher an den Schwarzhaarigen heran, der hastig vor seinem Kumpel zurückwich und beschwichtigend die Arme vor die Brust hob. „Lass mich erklären!!“, verlangte er atemlos, stolperte über seine eigenen Füße und landete auf dem Hintern. Zorro war ihm mittlerweile so nahe, dass er ernsthaft um sein Leben fürchtete, also robbte er auf dem Po weiter zurück. „Jetzt sieht es wenigstens so aus, als wäre jemand eingebrochen! Du musst zugeben – das lenkt die Schuld auf jeden Fall von uns ab!“ „DU DÄMLICHER VOLLPFOSTEN!!!“, polterte der Grünhaarige unbeeindruckt ob der unschlagbaren Logik weiter, bückte sich und packte Ace am Kragen. Am liebsten hätte er Ace den Schädel eingeschlagen, ihn parallel dazu erwürgt, ihm Insektenvernichtungsmittel in den Rachen gestürzt, bevor er ihn schlussendlich vierteilte und ihn im Garten verbuddelte. Direkt neben der Katze und gemeinsam mit den ganzen Glasscherben. Allerdings würde ihm das wohl nur noch mehr Ärger einbringen. Wie er es schaffte, wusste er im Endeffekt selber nicht mehr so genau, aber nachdem er einige Male tief durchgeatmet hatte (Ace verkniff sich dabei angestrengt den Kommentar, dass der Grünhaarige wie ein wütender Stier aussah) hatte er sich wieder so weit unter Kontrolle, dass er den Schwarzhaarigen guten Gewissens loslassen konnte. Zwar brannte die Mordlust immer noch durch jede Faser seines Körpers, aber zumindest behielt er im Hinterkopf, dass er sich, wenn er ihr nachgab, nur noch tiefer in die Scheiße ritt. Gedanklich zählte er bis tausend, um sich wieder einigermaßen zu beruhigen und einen klaren Kopf zu behalten. Denn er brauchte jetzt unbedingt eine halbwegs passable Lösung für sein Problem, ansonsten war er geliefert. Ace hockte immer noch auf dem Boden und blickte relativ unschuldig aus der Wäsche, während er geduldig darauf wartete, dass sein Kumpel wieder ansprechbar war. Solange die Vene auf seiner Stirn noch pochte, sollte er Zorro jedoch lieber nicht zu nahe treten. Seufzend rappelte er sich auf die Beine und sah sich im Wohnzimmer um. Na gut, vielleicht war es nicht seine beste Idee gewesen, aber als Ausrede für das zerstörte Zimmer eignete sich Einbruch seiner Meinung nach immer noch besser, als bekiffte Teenager – das würde ihnen nämlich wirklich Ärger einbringen. „Tiger?“, versuchte er es vorsichtig und drehte sich zu dem Grünhaarigen herum. „Wir müssen noch ein bisschen nachhelfen, aber sonst…-“ Entgeistert blickte Zorro auf und schenkte Ace seine volle Aufmerksamkeit. „Willst du damit in irgendeiner Weise andeuten, dass du an deinem Plan festhalten willst?“, verlangte er dann zu wissen. Ace grinste bloß geheimnisvoll und legte ihm den Arm um die Schulter. „Vertrau mir!“ = = = Zum ersten Mal in seinem Leben verstand Zorro, was das Sprichwort „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ ihm sagen wollte. Er wünschte sich, dieses Wissen hätte sich vorher vor ihm aufgetan. Jetzt war es zu spät und er konnte direkt einen Freifahrtschein zur Hölle für sich beantragen, denn seine Eltern würden ihn zweifelsfrei umbringen, wenn sie dahinter kamen, wer das Wohnzimmer tatsächlich verwüstet hatte. Unsicher sah er sich um und schluckte hart. „Das kaufen sie mir niemals ab“, stellte er kurzerhand fest und stieß mit der Hand skeptisch gegen den zerkratzten Wohnzimmertisch. Ace, der unbekümmert auf dem Sofa saß und aus einem der Löcher im Stoff die Polsterung herauspulte, grinste ihn bloß fröhlich an. „Mach dir keine Gedanken. Wieso sollten sie es dir nicht abkaufen? Welchen Grund hätten wir, das Zimmer zu verwüsten?“ „Welchen Grund hätten Einbrecher, das Zimmer auf diese Art und Weise zu verwüsten?“, gab der Grünhaarige zurück und wandte den Blick von dem ehemals gemütlich eingerichteten Raum ab. Sie hatten ganze Arbeit geleistet. Der Raum war nicht mehr wieder zu erkennen, die Möbel zerkratzt, alle Wertgegenstände verschollen und die Vorhänge in Fetzen gerissen. Irgendwann zwischendrin hatte die Sache angefangen, Spaß zu machen, Ace war ohnehin nicht zu bremsen gewesen und das ganze Unterfangen war vollkommen außer Kontrolle geraten. Schon wieder. Ace hingegen sah sich ungeniert um. „Naja…sie waren halt gründlich“, stellte er fest. „Oder Werwölfe“, fügte Zorro spöttisch hinzu. Der Schwarzhaarige holte sofort tief Luft, um zu einer überzeugten Erklärung anzusetzen, warum die Existenz von Werwölfen noch nicht widerlegt, sondern sogar durchaus möglich und ganz und gar nicht einfach nur eine Ausgeburt der Fantasie war, aber Zorro brachte ihn kurzerhand zum Schweigen. „Lass uns Sanji wecken und abhauen, solange wir noch die Gelegenheit dazu haben“, unterbrach er den Sommergesprossten, bevor der seinen Redeschwall beginnen konnte. Der Schwarzhaarige ließ sich das eine Sekunde durch den Kopf gehen und nickte dann. „Du hast Recht. Lass uns abhauen, bevor dein Dad uns im Affekt erschießt.“ = = = Es war weit nach zwei Uhr morgens, als Keiji den Wagen in die Auffahrt lenkte und zum Stillstand brachte. Seine Frau, Miyu, hatte den Kopf gegen die Fensterscheibe gelehnt und war während der Rückfahrt immer mal wieder weggenickt, während das Radio leise vor sich hinspielte – nichts besonderes, aber immer noch besser, als das nächtliche Schweigen. Der grünhaarige Polizist war guter Dinge. Es war lange her gewesen, seit er das letzte Mal unbesorgt das Haus hatte verlassen können, aber sowohl Ace als auch Zorro, sein Sohn, waren in den letzten Tagen lammfromm gewesen und hatten sich nichts zu Schulden kommen lassen. Ein kurzes Lächeln huschte über sein Gesicht, während er seinen Blick durch den dunklen Hof gleiten ließ und den Motor verstummen ließ. Es war ein schöner, entspannender Abend mit Arbeitskollegen gewesen, eine willkommene Abwechslung zu seinem sonst eher stressigen Arbeitsleben. Smoker hatte anlässlich seiner Beförderung einige Runden springen lassen. Lorenor Keiji streckte sich einmal kurz, bevor er die Hand nach seiner Frau ausstreckte und sie behutsam an der Schulter berührte, um sie aufzuwecken. Sie grummelte lediglich etwas Unverständliches, bevor sie widerwillig die Augen öffnete und sich erstaunt umsah. „Wir sind schon da?“, stellte sie mit schlaftrunkener Stimme fest und tastete gleichzeitig bereits nach dem Gurt, um sich abzuschnallen. Der Polizist grinste kurz. „Ja. Und das Haus steht auch noch“, bemerkte er, während er die Tür aufstieß und aus dem Wagen kletterte. Miyu tat es ihm gleich und wartete einen Augenblick, bis er den Wagen abgeschlossen und umrundet hatte, dann griff sie nach seiner Hand und lehnte sich entspannt an ihn, während sie den Weg zur Haustür gemeinsam antraten. Sie bemerkten erst, dass irgendwas nicht stimmte, als unter ihren Füßen das Glas verheißungsvoll knirschte. Wie erstarrt hielten sie inne und sahen sich unbehaglich um. Keiji handelte instinktiv; sein Verstand schaltete automatisch in den Polizisten-Modus, und er schob Miyu vorsichtig hinter sich, um sie vor eventuellen Angriffen zu schützen. Sein Herzschlag beschleunigte merklich, hämmerte gegen seine Rippenbögen, während das Adrenalin durch sein Blut zirkulierte und ihn in einen merkwürdigen Zustand versetzte, der ihm unheimlich bekannt vorkam. Vorsichtig trat er einen Schritt näher an das Fenster heran und erkannte erst jetzt, was ihm in der Dunkelheit verborgen geblieben war: es war zerbrochen. Behutsam ließ er seinen Blick durch das Wohnzimmer seines Hauses gleiten, und als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte er, dass es restlos zerstört war. Sein einziger Gedanke galt Zorro, und er verfluchte sich dafür, dass er seine Waffe nicht dabei, sondern sicher im Keller eingeschlossen hatte. Er atmete tief durch, um seinen Verstand zu klären und wies Miyu dann an, im Wagen auf ihn zu warten, bevor er sich in Richtung der Haustür schlich. Mit jedem Schritt waberte ein anderes Horrorszenario vor seinem geistigen Auge auf, welches er gewaltsam wieder vertrieb, um einen klaren Kopf zu behalten, als ihn etwas innehalten ließ. Irritiert drehte er sich wieder herum und warf einen Blick auf die Glasscherben, die auf dem Boden um das Wohnzimmerfenster zerstreut lagen. Wenn jemand bei ihnen eingebrochen war…müssten die Glasscherben dann nicht im Wohnzimmer liegen anstatt draußen im Hof? Energisch schritt er auf die Haustür zu, an der ein Zettel in Zorros unleserlicher Handschrift prangte: Sind bei Sanji. Gruß, Z. Tief durchatmend nahm der Grünhaarige das zerbrochene Fenster nochmals in Augenschein, und er hatte nicht übel Lust dazu, ebenfalls irgendetwas einzuschlagen. Dann schnaubte er und strebte entschlossen auf den Wagen zu, um seine Frau davon abzuhalten, die Polizei zu rufen. Er würde sich höchstpersönlich darum kümmern – und den Jungs eine Lektion für’s Leben erteilen. = = = Es war vier Uhr morgens und Zorro wunderte sich, warum immer noch nichts passiert war. Er war sich ziemlich sicher, dass seine Eltern mittlerweile zu Hause sein mussten – immerhin waren sie auch nicht mehr die Jüngsten und für durchzechte Nächte nicht mehr allzu geeignet. Und sie konnten die Destruktion unmöglich übersehen haben. Und er war sich ziemlich sicher, dass sein Vater ihnen schnell auf die Schliche kommen würde – ansonsten wäre das wohl eine Schande für die Familie. Also: warum saß er dann immer noch unbeschadet und lebend in Sanjis Zimmer und starrte gelangweilt die Wand an? Sanji selbst lag zusammengerollt wie eine Katze auf dem Bett, nahm drei Viertel des vorhandenen Platzes ein und sabberte zufrieden in sein Kissen. Es war schwierig gewesen, ihn überhaupt erst wach zu kriegen, aber noch weitaus schwieriger war es gewesen, ihm den Zustand des Wohnzimmers zu erklären und ihn zu überzeugen, dass sie besser die Beine in die Hand nahmen. Immerhin hatte Jeff keine Fragen gestellt und sie einfach nach oben geschickt, damit sie ihm im Erdgeschoss nicht auf die Nerven fallen konnten. Nach kurzem hin- und her hatte Ace schließlich wahllos irgendein Mixtape eingeworfen und sich gemeinsam mit ihm auf das Stückchen Bett gequetscht, welches nicht von dem Koch belegt war. Seitdem schwiegen sie sich eisern an und warteten auf das kommende Inferno, von dem der Grünhaarige nicht den geringsten Zweifel hatte, dass es früher oder später kommen würde. Und zwar eher früher als später. Seufzend legte er den Kopf in den Nacken und versuchte, seine Gedanken auf etwas anderes zu lenken. Etwas Erfreulicheres. Immerhin konnte es gut sein, dass es seine letzte Gelegenheit war, zu machen was er wollte. Irgendwann im Laufe des Tages würde er wohl lebenslangen Hausarrest aufgebrummt bekommen. Aus den Augenwinkeln musterte Ace seinen grünhaarigen Kumpel und überlegte fieberhaft, wie er ihn wieder aufmuntern konnte. Eigentlich war der Abend doch lustig gewesen, zumindest, wenn man ihre komplexe Lage ausblendete und nicht an die ganzen Katastrophen dachte, die sie verursacht hatten. Nachdenklich tastete er seine Hosentaschen ab, zog zwei Zigaretten hervor und hielt seinem besten Freund eine davon entgegen, als ob es eine Friedenspfeife wäre. Zorro musterte sie kurz und nahm sie wortlos in die Hand. „Ach, komm schon, Tiger“, maulte der Sommergesprosste schließlich, während er sein Feuerzeug aus der Tasche fischte. „Mach dir keine Sorgen, uns kommt schon keiner auf die Schliche!“, versprach er scheinheilig und zwinkerte ihm zuversichtlich zu. Als hätte das Schicksal nur auf diesen Moment gewartet, sprang die Tür auf, kaum das Ace seinen Satz beendet hatte, und ein halbes Dutzend schwer bewaffneter Polizisten stürmte den Raum, um die beiden Jugendlichen systematisch zu umstellen und den Lauf der Waffen auf sie zu richten. Da sie alle gleichzeitig Befehle brüllten, war es schwer zu verstehen, was genau sie von ihnen wollten, aber eines war klar: sie waren ihnen doch auf die Schliche gekommen. Der Schwarzhaarige zuckte zu Tode erschrocken zusammen und riss hastig die Hände hoch, um sich vor eventuellen Übergriffen schützen zu können, während sein Herzschlag vor Schreck auf das dreifache beschleunigte und in seinem Körper Unmengen von Adrenalin frei gesetzt wurde. Aus den Augenwinkeln bemerkte er kaum, wie auch der Grünhaarige kurz zusammenfuhr, das Geschehen ansonsten jedoch weitestgehend unbeeindruckt beobachtete. Im Gegensatz zu Ace war ihm nämlich durchaus klar, dass man ihnen wegen einem zerstörten Wohnzimmer wohl kaum das Sondereinsatzkommando auf den Hals hetzen würde, aber der Schwarzhaarige schien so dermaßen erschrocken zu sein, dass ihm diese Idee gar nicht kam. Für einen kurzen Moment ertappte sich Zorro dabei, wie er Ace überraschten, panischen Gesichtsausdruck beinahe genoss, bevor er den Gedanken abschüttelte und seinen Blick auf die Läufe der Pistolen richtete. Kurz blickte er auf Sanji, der immer noch selig schlummerte, völlig unbeeindruckt von dem Lärm, den die Beamten absichtlich verursacht hatten, dann zu Ace, der unfähig schien, irgendetwas zu sagen. „Was hast du grade gesagt?“, fragte er schließlich resignierend an den Schwarzhaarigen gewandt. Er hatte ja gleich gesagt, das würde Ärger geben. Aber mit einem solchen Ausmaß und Aufgebot an Polizisten hatte er dann doch nicht gerechnet. Verständnislos blickte der Schwarzhaarige zu ihm herüber. Neben dem Schock war in seinen Augen auch kurz die Spur von Verärgerung über diesen Kommentar zu sehen, aber dann blickte er wieder auf die Einsatztruppe vor sich, die ganz danach aussah, als könnten sie sie bei einer falschen Bewegung gnadenlos über den Haufen schießen und er verkniff sich eine Antwort auf Zorros dämliche Frage. Gut, dann hatte er sich eben geirrt! Passierte schließlich jeden Mal! In dem Moment drängte sich Keiji wie ein personifizierter Racheengel durch den Türrahmen, starrte für ein paar Sekunden wütend auf die beiden Jungs nieder und schüttelte kurz den Kopf, bevor er sich an seine Kollegen wandte. „Danke, Jungs. Ich denke, das reicht jetzt“, meinte er mit einem Seufzen und sah dabei zu, wie die Männer, die er vor einer Stunde um Hilfe gebeten hatte, ihre (gesicherten) Waffen langsam wieder sinken ließen und sich amüsiert angrinsten. „Sicher, dass du alleine mit ihnen fertig wirst, Keiji?“, feixte einer von ihnen, ein anderer klopfte dem grünhaarigen Polizisten mitfühlend auf die Schulter. „In jeder Familie gibt es ein schwarzes Schaf“, meinte er im Vorbeigehen. Wenige Sekunden später hatte das Sondereinsatzkommando den Raum wieder verlassen und alles, was übrig blieb, waren zwei Teenager, die auf den Ärger ihres Lebens warteten, ein gereizter Polizist und ein schlafender Sanji, den das alles überhaupt nicht interessierte. Die Spannung war beinahe greifbar. Zorro und Ace tauschten einen kurzen Blick. Der Schwarzhaarige ließ die Hände, die er vor die Brust gehalten hatte, langsam wieder sinken und sein Herzschlag beruhigte sich wieder, aber abgesehen von diesen kleinen Gesten hatten die beiden es während dem sturmartigen Überfall nicht gewagt, sich zu bewegen. Stumm beobachteten sie jetzt, wie Keiji sich angespannt über die Stirn fuhr und die Tür hinter seinen Kollegen schloss, bevor er sich schließlich wieder ihnen zuwandte und tief durchatmete. „HABT IHR JETZT VOLLKOMMEN DEN VERSTAND VERLOREN?! WAS, ZUM TEUFEL, HABT IHR MIT DEM WOHNZIMMER ANGESTELLT?! HABT IHR ECHT GEDACHT, ICH WÜRDE DARAUF REINFALLEN?!!“ Der Schwarzhaarige setzte unbehaglich zu einer Antwort an. „Naja, immerhin-“ „Das war ein rhetorische Frage, Puma D. Ace!“, fauchte Keiji ungehalten, was den Sommergesprossten augenblicklich dazu brachte, die Klappe zu halten. Bebend vor Wut wandte sich der Polizist schließlich seinem Sohn zu, der noch immer bewegungslos auf dem Bett saß und nichts zu seiner Verteidigung sagte. „Also? Was sollte das?“ Zorro wog seine nächsten Worte zunächst sorgsam ab. „War nicht mit Absicht“, murmelte er schließlich jedoch bloß und zuckte mit den Schultern. Zumindest das war die Wahrheit – hätte er früher gewusst, wie diese Aktion ausarten würde, dann hätte er mehr versucht, es zu verhindern. So war er jedoch von den Geschehnissen selbst überrascht worden. Trotzdem würde er nicht die ganze Schuld auf Aces Schultern abladen. Immerhin hatte er gesagt, er würde die Verantwortung übernehmen, sollte es letztendlich doch schief gehen. Und jetzt bestand kein Zweifel mehr daran, dass die Sache gewaltig in die Hose gegangen war. Einen langen Augenblick fixierte Keiji seinen Sohn, bevor er noch immer verständnislos den Kopf schüttelte und enttäuscht seufzte. „Kommt mit“, forderte er die beiden brüsk auf und riss die Tür wieder auf. Ace blickte unbehaglich zu Zorro herüber, der nicht einmal Anstalten machte, die Schuld von sich zu weisen. Es gefiel ihm nicht, dass der Grünhaarige die Schuld so widerstandslos auf sich nahm und noch mehr beunruhigte ihn die Tatsache, dass Keiji kein weiteres Wort über die Dinge verlor. Auffordernd stieß er seinen Kumpel in die Seite. „Aber-“ „Klappe, du Knalltüte!“, unterbrach Zorro ihn mit einem leisen Seufzen und rappelte sich auf die Beine, um seinem Vater nach draußen zu folgen. Jetzt war es ohnehin zu spät, und wenn Keiji Ace wieder zurück zu seinem Großvater transportierte – und er hatte bei dessen Gesichtsausdruck keinen Zweifel, dass es soweit kommen würde – dann würde Ace schon genug Ärger am laufen haben. Auch, wenn er den Schwarzhaarigen am liebsten erwürgt hätte für diesen Abend, obwohl er stinksauer war – sie waren Freunde. Auf irgendeine merkwürdige, verquere Art und Weise, und er hätte nicht einmal genau sagen können, wie es überhaupt soweit gekommen war. Aber Freunde verpfiffen sich nicht gegenseitig, also würde er einen Teufel tun. = = = Die Stille auf dem Rückweg nach Hause war angespannt und beinahe greifbar. Zorro saß auf dem Beifahrersitz, die Arme vor der Brust verschränkt, und starrte aus dem Fenster raus, ohne seine Umgebung überhaupt wirklich wahrzunehmen. Irgendwo vor ihnen ging die Sonne auf und brachte ein wenig Licht ins Dunkel, aber das änderte nichts an der Spannung zwischen ihnen. Seitdem sie Ace zurück zu seinem Großvater gebracht hatten, hatten sie kein Wort mehr miteinander gewechselt. Er konnte es seinem Vater nicht einmal verübeln. Das Wohnzimmer hätte auch noch ganz andere Reaktionen gerechtfertigt. Der Polizist hielt den Blick stur auf die Straße gerichtet. Er war mit seinem Latein so gut wie am Ende. Wie oft waren sie jetzt bereits in solch unmögliche Situationen geraten? Er hatte es schon mit allen möglichen Strafen probiert, aber Zorro nahm sie jedes Mal kommentarlos entgegen und fuhr danach fort wie gehabt. „So kann es nicht weitergehen“, bemerkte er leise, als sie in die Einfahrt bogen und der Wagen langsam zum Stillstand kam. Seufzend lehnte er sich zurück und musterte seinen Sohn aus den Augenwinkeln aufmerksam. Zorro starrte gleichgültig in Richtung Haustür, die Arme immer noch vor der Brust verschränkt. „Ich weiß“, gab er lediglich zurück. Keiji seufzte inbrünstig, als sein Blick auf die Scherben fiel, die immer noch auf dem Boden lagen, und er erinnerte sich widerwillig an den Schrecken, der ihm in die Glieder gefahren war, als er sie entdeckt hatte. Unbehaglich räusperte er sich. „Kannst du dir vorstellen, woran wir als erstes gedacht haben, als wir angekommen sind?“ Der Jüngere blickte auf und linste kurz zu ihm herüber, bevor er seinem Blick folgte und die Scherben entdeckte. „Das eingebrochen worden ist?“, gab er dann zurück und grinste schief. „An dich.“ „Hä?“ Er seufzte, während er den Motor abstellte und sich abschnallte. „Wir haben nur an dich gedacht. Dass dir etwas passiert sein könnte. Schon wieder.“ Zorro biss sich auf die Unterlippe. Er hatte keinen Gedanken daran verschwendet, dass seine Eltern eventuell denken könnten, ihm wäre irgendetwas passiert. „Ich hab einen Zettel dagelassen“, meinte er schließlich leise. Keiji grinste freudlos. „Ja. Das haben wir nach ein paar Minuten auch bemerkt. Aber verstehst du, worauf ich hinaus will?“ „…tut mir Leid.“ „Das will ich schwer hoffen“, seufzte der Polizist und stieß die Tür auf. So sehr ihn das zerstörte Wohnzimmer auch ärgerte…er hatte ja irgendwo auch geahnt, dass es kein gutes Ende nehmen würde, wenn sie Ace bei sich aufnahmen. Und die Erleichterung, dass Zorro wohlauf war, überwog alles andere. Er schloss den Wagen ab, nachdem sein Sohn ebenfalls aus dem Wagen geklettert war und gemeinsam schlenderten sie auf die Haustür zu. Zorro hatte die Hände in den Hosentaschen verborgen und war in Gedanken immer noch bei dem kurzen Gespräch, dass sie eben geführt hatten, als sein Vater ihm einen Arm um die Schultern legte und schmunzelnd zu ihm herunter sah. „Du weißt schon, dass du in den nächsten Wochen nicht mehr ins Dojo kommen wirst? Geschweige denn vor die Haustür?“ Der Jüngere verzog das Gesicht. „Ich hab’s mir schon fast gedacht…“, gab er dann zurück und grinste schief. Die Strafe war schließlich auch gerechtfertigt. Aber das hieß noch lange nicht, dass er sich auch daran halten würde. Ende. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)