My angel & my demon von Rosenmaedchen (It is what it is. [♥]) ================================================================================ Kapitel 16: What if ------------------- Was wäre, wenn… Vor Schreck war Samantha auf die Knie gestürzt. Schmerz schoss durch ihr rechtes Bein. Der Grund dafür, war ein spitzer Stein, der sich in ihre Haut gebohrt hatte. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken.“ Etwas kleines Schwarzes kam auf sie zu. Als Samantha aufsah, bemerkte sie, dass es sich um Kira handelte. Sie runzelte die Stirn. Eben hatte das, was in ihren Weg gesprungen war, viel größer gewirkt. Fast menschlich. Konnte sie sich so täuschen? Irgendwas stimmte nicht. „Hast du dir weh getan?“ Samantha folgte Kiras Blick zu ihrem Bein. Sie setzte sich normal hin und winkelte ihre Knie an. Dabei fiel der spitze Stein heraus und die Wunde fing an zu bluten. „Aua.“ „Wir sollten das behandeln. Komm mit.“ Kira sprang über sie hinweg und lief weiter. Verdutzt stand Samantha auf und versuchte, ihr verletztes Bein nicht allzu sehr zu belasten. Leicht humpelnd folgte sie der Katze. Sie verließen den Friedhof und liefen die Straßen hinunter. Bis sie sich irgendwann wieder an Duncans Haus befanden. Kira sprintete schnell ins Haus und kam, kurze Zeit später, mit einer Packung Taschentücher wieder. „Moment, ich roll noch eine Flasche Wasser her, zum Auswaschen der Wunde.“ Bevor Samantha irgendetwas sagen konnte, war sie wieder weg gerannt und holte die Flasche. Samantha ließ sich im Garten ins Gras sinken und wartete darauf, dass die Katze zurückkehrte. Schließlich rollte sie wirklich eine Flasche Wasser zu ihr. Wie sie das anstellte, wollte Samantha nicht fragen. „Danke.“ „Ach gern.“ Kira setzte sich zu ihr. „Was war los, dass du wie eine Verrückte durch den Friedhof gerannt bist?“ „Ich bin Duncan gefolgt. Er ist heute so komisch und ich wollte wissen, wieso. Dann hat er mich bemerkt, keine Ahnung, wie er das gemacht hat, und ich bin weggerannt. Ich wollte eigentlich nicht, dass er mich entdeckt.“ Kira schwieg. „Was ist heute für ein Tag für Duncan?“ Sie sah zu Samantha, wirkte dabei irgendwie selbst verletzt und traurig, nur wie konnte das sein? Sie war eine Katze, nur eine Botschafterin von Victor und dennoch sah sie so aus, als hätte sie direkt damit etwas zutun gehabt. „Kira, was ist los?“ „Duncans Bruder ist vor, nun, 21 Jahren verstorben…“ Tiefer Schmerz schwang in ihrer Stimme mit, der auch Samantha nicht entging. „Meinst du Sheridan?“ Ein kurzes Nicken war die Antwort. „Sie haben alles zusammen gemacht. Sheridan hatte, wie Duncan heute, viele Seiten an sich und es gab nur Wenige, die ihn wirklich kennenlernen durften. Er ist getötet wurden, Duncan hat das fast den Rest gegeben.“ Samantha machte den Mund auf, doch sie konnte nichts sagen, da Kira ihr schon über den Mund fuhr. „Jetzt wasch erstmal deine Wunde aus. Nicht das du noch verblutest.“ Die Ironie schwang in ihrer Stimme mit aber nichtsdestotrotz hörte Samantha auf sie. Sie schüttete etwas Wasser auf eines der Taschentücher. Dieses nahm sofort die nasse Flüssigkeit auf, sodass Samantha es auf ihre Wunde drücken konnte. Dann sah sie wieder zu Kira. „Darf ich jetzt fragen?“ „Jetzt darfst du.“ Trotzdem holte sie noch einmal tief Luft. „Woher weist du so gut darüber bescheid? Du klingst so, als kanntest du Sheridan besonders gut?“ Kira schwieg zunächst. Samantha dachte, sie würde gar keine Antwort bekommen, aber sie täuschte sich. „Als Botschafterin bekommt man vieles mit.“ Dann wich sie Samanthas Blick aus. Kira bemerkte selbst, dass sich ihre Augen etwas trübten. Nicht als Botschafterin, als Freundin. Damals war alles noch so anders. Ich war anders. Und jetzt stecke ich hier fest. Sheridan würde nie wiederkommen und ich kann rein gar nichts dagegen tun, würde immer die bleiben, die ich jetzt bin. Du fehlst mir so. Dann sah sie zum Himmel hinauf und stand auf. „Entschuldige mich, bitte.“ Wieder schwang großer Schmerz in ihrer Stimme mit. Samantha fragte sich mehr denn je, welches Geheimnis Kira in ihrem Herzen hütete. Aber sie konnte nicht fragen, da diese schon davongerannt war. Kira rannte schnurstracks zu Duncans Haus, ohne sich umzusehen. Sie sprang auf die Mauer, von der Mauer in die erste Etage. Dort schlich sie die Treppe hoch, nur um dann aus einem Fenster raus an die Regenrinne zu springen. Von dort kletterte sie weiter nach oben, bis sie wieder an ein Fenster kam. Nachdem sie hindurchgesprungen war, musste sie niesen. Auf dem Dachboden war alles sehr verstaubt. Wenige Kisten standen dort. Kira kletterte aber zielsicher durch ein paar hindurch. Bis sie zu einer Stelle kam, wo ein altes Kissen lag, mit einem Foto. Es war Kiras geheimes Versteck, von dem niemand wusste. Immer, wenn sie an ihn dachte, oder es ihr dreckig ging, kam sie hierher. Dort, wo der einzige Schatz war, den sie noch von ihm hatte. Auf dem Kissen lag ein Foto von ihr und Sheridan. Als Lilith vor dem Grundstück landete, sah sie, wie Samantha im Garten auf dem Boden kauerte. Stirnrunzelnd ging sie den Weg zum Haus entlang. Sollte sie nicht diejenige sein, die Angst hatte? Die Prinzessin schritt über das Gras zu ihrer Freundin. „Was ist denn mit dir?“ Samantha sah zu ihr hinauf. „Ich wasche meine Wunde aus, wie du siehst.“ Lilith ging in die Hocke. „Am besten du erzählst es von Anfang an und nicht gleich das Ende.“ Samantha tat, wie ihr geheißen und schilderte Lilith die Geschehnisse der vergangenen Stunde. „Wärst du gleich zu mir gekommen, ich hätte es dir, ohne dass du verletzt wirst, erzählt.“ Auf Liliths Grinsen hin seufzte Samantha. Doch dann fiel ihr auf, dass sogar das Grinsen ihrer Freundin heute anders war. „Du bist aufgeregt“, stellte sie sachlich fest. Die Prinzessin nickte. „Heute ist der entscheidende Tag. Tag Null, Sammy.“ „Wo wollen wir das überprüfen? Bei dir zu Hause?“ „Bist du verrückt?! Wenn mein Vater nur den Hauch einer Ahnung kriegt, dann sperrt er Juan ein. Auch wenn ich nicht schwanger sein sollte, es reicht ihm, dass er mit mir geschlafen hat und ich den Verdacht hege. Nein, wir gehen hoch in dein Zimmer.“ Samantha sah auf ihr geschundenes Knie hinab. „Also bluten tut’s nicht mehr.“ Lilith verdrehte die Augen. „Jetzt hab dich nicht so.“ Sie erhob sich, nahm ihre Freundin bei der Hand und zog sie hoch. „Es gibt wichtigere Dinge als deine Wunde.“ „Heißt also, ich könnte verbluten und dir wäre es egal?“ „Theoretisch, und unter diesen Umständen, ja. Praktisch, niemals. Obwohl der Gedanke verlockend ist, jemanden beim verbluten zuzusehen…“ „Lil!“ „Tschuldigung, ich versuch mich abzulenken.“ In Samanthas Zimmer angekommen saß Lilith hibbelig auf dem Bett, während sie auf das Ergebnis des Testes warteten. „Wieso so was nur immer solange dauern muss, ist mir unvorstellbar.“ „Ist halt Technik.“ Lilith nahm das Kissen, welches auf dem Bett lag. „Wenn du weiter so ruhig bist, erstick ich dich. Oder ich lass dich doch verbluten, das entscheide ich spontan.“ „Wenn du aufgeregt bist, wirst du irgendwie immer sadistisch.“ Die Prinzessin zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich irgendwas gleich umbringe, wenn dieser Test nicht langsam fertig ist.“ „Siehst du, schon wieder.“ Samantha warf einen Blick auf den Schwangerschaftstest, bei dem sich noch immer nichts getan hatte. „Was würdest du tun, wenn du wirklich schwanger wärst?“ „Auswandern, mich umbenennen in Traudel Müller und in die Pampa ziehen.“ Auf Samanthas erschrockenen Blick hin, musste sie wirklich lachen. „Du Dummkopf, dass war ein Witz! Traudel würde ich mich doch niemals nennen. Hildegard ist doch viel schöner.“ „Willst du nicht vielleicht gleich einen Männernamen annehmen? So etwas wie William? Dann würde dich wirklich niemand mehr erkennen.“ Empört sah Lilith ihre Freundin an. „Jetzt bleib aber mal ganz ernst, Fräulein, okay? Ich will weiterhin eine Frau sein, und kein Mann. Deswegen bin ich Traudel, oder Hildegard. Entscheide ich auch spontan.“ Samantha seufzte. „Ich hoffe, dieses Ding ist bald fertig. Wenn du dich hören könntest, Lil.“ „Ich hab Ohren, also hör ich mich. Aber du erwartest sicherlich eine ernste Antwort von mir. Wenn ich wirklich schwanger wäre, ich würde wahrscheinlich erstmal in Tränen ausbrechen. Dann würde ich entweder abtreiben oder Juan davon erzählen. Und der hat dann mehrere Optionen.“ „Ja, er könnte sich für das Kind und gegen dich, für dich und gegen das Kind, für dich und für das Kind oder gegen euch beide entscheiden.“ „Ähm, ja. Genau.“ Samantha nahm den Test wieder in die Hände und sah darauf. „Und wenn du es nicht wärst? Was wäre dann?“ „Ich würde mich sicherlich freuen. Meine ganzen Probleme wären weg. Ich müsste, wenn sich Juan dagegen entscheidet, nicht allein das Kind erziehen, vorausgesetzt, dass ich das gar nicht schaffen würde. Mein Vater würde mich sicherlich verstoßen und wenn ich es mir doch überlege, abtreiben würde ich wahrscheinlich niemals über mich bringen. Also vergiss, dass ich es vorhin erwähnt habe. Mein Leben wäre dann die Hölle, und nein, das ist kein Wortwitz.“ Plötzlich ertönte ein Piepen, worauf sich Samantha und Lilith ansahen. „Die Entscheidung ist gefallen.“ Samantha hielt ihre Freundin den Test hin, doch die hob abwehrend die Hand. „Schau du bitte für mich drauf. Ich kann das nicht.“ Samantha nahm ihre Hand auch wieder zurück und besah sich den Test. Ein Lächeln breite sich auf ihren Lippen aus. „Sammy? Ist es negativ?“ Doch Samantha lächelte einfach nur weiter vor sich hin. „Hey, jetzt spann mich doch bitte nicht so auf die Folter. Sag schon!“ „Du bist definitiv nicht schwanger.“ Freudig kreischend fiel Lilith ihrer Freundin um den Hals, die darauf auf den Rücken fiel und lachen musste. Dann entriss die Prinzessin ihr den Test, um selbst einen Blick darauf zu werfen. „Ich hab ein saumäßiges Glück!“ „Darf ich kurz einen negativen Gedanken einwerfen?“ „Nein!“ Lilith grinste sie an, wo Samantha gleich wusste, dass ihre Freundin Späßchen mit ihr abzog. „Woher weißt du, dass der Test fehlerfrei funktioniert? Vielleicht bist du schwanger, produzierst nur noch kein Schwangerschaftshormon.“ Lilith wank mit der Hand ab. „Das ist bei euch Menschen so. Bei uns ist jeder Test zu hundert Prozent sicher, glaub mir. Ich bin definitiv nicht schwanger.“ Freudig versenkte die Prinzessin den Schwangerschaftstest im Mülleimer und ließ sich zurück in die Kissen fallen. „Mein Leben ist gerettet.“ Ihre Freundin räusperte sich. „Wäre das nicht vielleicht eine Chance gewesen, dass Juan mit dir zusammengekommen wäre? Ein Kind verbindet.“ „Ich will einem Kind etwas bieten können, Sammy. Es soll Eltern haben, die es aus Liebe gezeugt habe, die sich lieben und die es lieben. Es sollte eine heile Familie haben. Juan wäre vielleicht nur mit mir wegen des Kindes zusammen gewesen und das möchte ich nicht. Ich weiß, was es heißt, keine Mutter zu haben.“ Sie schluckte und starrte weiter an die Decke. „Etwas Schlimmeres kann ich mir für meine Kinder nicht vorstellen. Meinen Kindern soll es besser ergehen, als mir.“ Samantha schwieg für einen Moment, so wie ihre Freundin. „Hast du mittlerweile irgendwas über deine Mutter in Erfahrung bringen können?“ Lilith seufzte. „Nein, mein Vater macht jedes Mal dicht. Als hätte sie niemals existiert. Wenn ich nur wüsste, wer sie war…“ Glaub mir, ich weiß, wie du dich fühlst, Lil. Weit weg von der Hölle, genauer gesagt, in ihrem Gegenteil, dem Himmel, saß eine Frau am Fenster. Es regnete Bindfäden, doch sie sah starr weiter nach draußen. Wie sehr wünschte sie sich ihr altes Leben zurück? Alles, wirklich alles, würde sie dafür geben, ihn einmal wiederzusehen, um ihm jedenfalls die Wahrheit zu sagen. Und um sie einmal zu sehen, sich bei ihr zu entschuldigen, dass sie nie für sie da sein konnte. Einfach den Frust und die Schuld, die beide schwer auf ihrer Seele lagen, herauszulassen. Sie bat gar nicht um Verzeihung, nein, es war auch nicht ihre Schuld gewesen. Sie wollte sich nur entschuldigen und wieder gehen. Wohin? Das wusste sie selbst nicht. Sie ließ ihren Kopf gegen das kalte Glas sinken und schloss die Augen. Wenn nur irgendjemand wüsste, wo sie war. Nur um ihm die Wahrheit zu übermitteln. Ihr zu sagen, wie sehr sie sie liebte. Als sie die Augen öffnete, entwich ihr eine Träne. Was würde sie für ihre Freiheit geben? Raus aus diesem Haus, ihrem Gefängnis. Ihre Flügel ausbreiten und wegfliegen. Weg von ihm. Ganz weit weg. Frei sein. Wieder leben. Richtig leben. Sie hörte, wie unten die Haustür ins Schloss fiel. Tapfer strich sie die Träne weg und löste ihren angespannten Blick von dem Regen, der draußen fiel. Vor ihm durfte sie einfach keine Schwäche zeigen. Er durfte nicht gewinnen. Auch wenn er es vielleicht schon längst hatte. So viele Jahre schon. Aber diesem Triumph gönnte sie ihm nicht noch. Wenn doch seine Frau nur wüsste, was er tat. Wenn irgendjemand nur wüsste, was er tat. Aber niemand wusste es. Nur er und sie. „Wo bist du, meine Hübsche?“, ertönte seine nett klingende Stimme vom Flur. Sie hatte das Gefühl, brechen zu müssen. Von Anfang an fand sie, seine Stimme passte nicht zu ihm. Er war nicht nett. Er war alles andere als nett. Vor allem nicht zu ihr. Würde er sie sonst gefangen halten? Er hatte seine Stellung nicht verdient, machte ihr keine Ehre. Das einzige, was er ihrer Meinung nach verdient hatte, war die Strafe. Die Strafe, für die Dinge, die er tat. Die Zimmertür öffnete sich und er trat herein. „Da bist du ja. Wieso antwortest du nicht?“ „Ich hab dich nicht gehört.“ Wie immer schwang Kälte und Abneigung vor diesem Mann in ihrer Stimme mit. Doch ihn schien es nicht zu stören. Im Gegenteil. Er kam auf sie zu und packte sie an der Hüfte. „Ich hab jetzt Zeit für dich.“ Sie spuckte ihm ins Gesicht. Knurrend schleuderte er sie gegen die nächste Wand. Sie rutschte daran herab und hielt sich ihren Kopf. Dieser dröhnte und schien fast zu explodieren, „Das hätte ich an deiner Stelle lieber gelassen.“ Wie Gift verließen diese Worte seinen Mund. Das erste, was ihr dazu einfiel, war, dass es nicht zu seiner Stellung, seinem Wesen, seiner Art passte. Aber sie hatte gelernt, dass das nichts zu sagen hatte. Bei ihr angekommen zog er sie unsanft hoch, gegen seine Brust. „Du wirst es bereuen.“ Kalt grinste er und sie sah förmlich, wie er sich die nächsten paar Stunden ausmalte. Es war jeden Tag das gleiche. To be continued. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)