Akasuna de Seiryû von Bambusbesen (Sasori X Deidara) ================================================================================ Kapitel 1: Akasuna de Seiryû I ------------------------------ Nervös zuckte der warme Schimmer Kerzenlichts über die schmutziggrauen Höhlenwände. In den Winkeln verfing sich das Heulen des Sandsturmes zu einem kläglichen Hilferuf vor dem unabwendbaren Verlöschen. Hin und wieder taumelten Sandkörner um die Ecke, getrieben vom hartnäckigen Sturm. Müde bedeckten sie den steinernen Boden mit einer feuerfarbenen Schicht. Nach der ungewöhnlichen Farbe des Sandes war diese Wüste benannt, Akasuna. Sasori saß auf dem Boden seiner geräumigen Höhle, unter sich lediglich ein dickes Sitzkissen und arbeitete an einem Puppenarm. Da die Höhle hinter dem Eingang scharf abknickte, war er hier sicher und konnte die Einsamkeit genießen. Niemand, auf den er warten musste oder der auf ihn wartete. Er war allein mit sich und seinen Puppen. Noch nie hatte sich ein Mensch hierher verirrt. Sollte es dennoch jemand wagen und diese Höhle betreten, so würde ihm eine wahre Armee an gut verborgenen Fallen eine tödliche Willkommensparty geben. Allein Sasori oblag es, diese zu aktivieren oder schlafen zu schicken. Nachdenklich prüfte der kleine Rotschopf die Gelenke des Armes und der Finger auf ihre Beweglichkeit. Seine Hand strich über das glattgeschliffene Holz. Irgendwas fehlte. Der Arm war nicht perfekt. Mehr als zehn Jahre arbeitete er nun schon an dem perfekten Puppenkörper für sich selbst. Er übte an den Holzstücken, da er seinen eigenen Körper nur einmalig in eine Puppe umgestalten konnte und da wollte er keinen Fehler begehen. Sobald dies endlich vollbracht wäre, müsste er sich nicht mehr mit den Gefühlen eines Menschen herumärgern. Sie machten nur schwach und zerstörten die Seele von innen wie Motten alte Kleider im Schrank zerfraßen. Das Wesentliche ging darin völlig unter und für ihn war Kunst das Wichtigste. Sasori wollte sich selbst zur Kunst machen. Eine ewige Puppe zu sein bedeutete, ein unvergängliches Kunstwerk darzustellen. Er würde sich selbst ganz im Sinne seiner Kunst zu einem Meisterwerk umbauen. Sehnsüchtig seufzte er. Wenn es doch nur schon so weit wäre… Seine Augenlider hoben sich und ein ärgerlicher Blick stach unter den wohlgeformten Wimpern hervor, als wolle er die feinen Sandkörner auf der anderen Seite der Höhle seinen Willen aufzwingen. Doch diese wirbelten nur matt über den Boden und legten sich zu ihren Brüdern und Schwestern zur Ruh. Sasori mühte sich schon viel zu lange mit seinem perfekten Körper ab… immer wieder fand er Schwachpunkte, die verbesserungswürdig waren. Der Sturm jaulte auf und der Boden erbebte unter der gewaltigen Kraft der Urgewalten, die um die einsame Felsformation tobte, in der Sasori sein Heim eingerichtet hatte. Es beruhigte den Rothaarigen. Der Sturm drückte aus, was sich in seinem Inneren abspielte. Er war nicht allein mit seinen Gefühlen. Der Sturm empfand mit ihm… Er biss sich auf die Unterlippe. Verdammte Gefühle! Nach Stunden versiegten allmählich die Kräfte des Sturmes im roten Sand und Stille senkte sich über die Felsformation. Die letzten Sandkörner krochen sterbend über den Boden und verharrten schlussendlich gezwungen. Sasori hob den Kopf und starrte zum Eingang. Ein Teppich aus warmem Rot begrüßte ihn stumm. Seine Hände hielten in ihrer Arbeit inne. Ganz schwach spürte er eine fremde Präsenz, die der heimtückische Sturm zuvor verborgen hatte. Wachsam lauschte er auf den Fremden, während er sich dem Ausgang näherte. Das Chakra brannte nur sehr schwach. Also stellte der Fremde keine Gefahr für ihn dar, sodass er seine Fallen deaktivierte, damit sie ihrem Erschaffer nicht zum Verhängnis wurden. Der Rotschopf trat um die Ecke und hielt inne, überblickte den geräumigen Höhlenausgang. Ein großzügiger Blick auf die Wüste wurde ihm gewährt. Vor ihm streckte sich eine Zunge aus feinen Sandkörnern nach seiner Behausung aus. Die einzige Unregelmäßigkeit in dem satten Rot sprang ihm sofort ins Auge wie ein Stuhl in einem völlig leeren Raum. Honigblonde Strähnen wanden sich wie staubbedeckte Schlangen durch den Sand. Bis auf ein paar wenige schwarze Stofffetzen erkannte er nicht mehr. Sasori war klar, wieso keine Falle ausgelöst worden war. Der Fremde war knapp vor dem ersten Auslöser zusammengebrochen. Sein Glück… oder Pech. Sasori trat näher an den Unbekannten. Nachlässig fegte er die kleinen Sandhügel von dem Körper. Es musste sich um eine Frau handeln… nein, für eine Frau hatte er zu wenig Kurven. Er drehte ihn um und betrachtete seinen Fund. Der Bengel war garantiert minderjährig. Sein Gesicht wies noch letzte kindliche Rundungen auf und sein Körperbau war eher schmal. Die helle Haut war teilweise vom scharfen Sand des Sturmes aufgerissen und die winzigen Körner hatten sich hartnäckig in den Wunden festgesetzt und würden sich auch nicht so einfach entfernen lassen. An einigen Stellen war der Jinbei eingerissen oder zerschrammt. Der Wind hatte gute Arbeit geleistet. Der Sand, den er mit sich trieb, wurde zu einer gefährlichen Waffe. Hätte der Blonde sich länger im Sturm aufgehalten, wäre er wohl gestorben. Aber so bestand noch die Chance, zu überleben. Nun hielt Sasori die Fäden in der Hand, ob der Junge starb oder nicht. Er würde eine hübsche Puppe abgeben… Warum Sasori nun hier saß und dem Bengel die Wunden auswusch, war ihm schleierhaft. Er verdrängte seinen nicht vorhandenen Grund damit, dass er mit dieser aufgerissenen Haut keine gute Puppe abgeben würde. Er hatte ihn auf das dicke Bärenfell, sein Bett, gelegt und ihm zuallererst seiner Kleider beraubt, um sich das Ausmaß der Wunden anzusehen. Über den gesamten Körper zogen sich kleinere und größere Schürfwunden, in denen blutige Sandkörner klebten, die er nun vorsichtig auswusch. Die Wunden begannen wieder zu bluten, sodass er sie eilig verband, damit er nicht zu viel von dem kostbaren Lebenselixier verlor. Seufzend setzte Sasori sich wieder zurück und fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. Dann tunkte er seine Hände in die Holzschüssel mit Wasser. Das klare Wasser der Quelle tief aus dem Inneren der Höhle hatte bereits die Farbe des mahnenden Rotes angenommen. Während seine Hände sich am Handtuch trocken rieben, betrachtete er den Jüngeren zum ersten Mal eingehend, seit er ihn auf sein Fell gebettet hatte. Er war gut gebaut, schlank, aber die Muskeln schimmerten gut sichtbar unter der hellen Haut durch. Vermutlich zählte er fünfzehn oder sechszehn Jahre. Langsam streifte sein Blick über die teilweise verbundene Brust über seinen Hals hinauf zum Gesicht. Wenn er die aufgeschrammten Stellen an Wangen und Kinn außer Acht ließ, hatte er hübsche Züge. Länger verweilte er bei seinen geschlossenen Augen. Verschmierte schwarze Farbe umrahmte diese. Der Bengel schminkte sich. Hatte der nichts besseres zu tun? Der zerzauste Zopf deutete ebenfalls darauf hin, dass er sich wohl sehr um sein Äußeres kümmerte. Und wieso war er überhaupt in die Wüste gekommen? Es war nicht ungefährlich wie er nun erfahren haben dürfte und niemand wusste, dass er hier lebte, geschweige denn, dass jemand den Weg kannte. Wenige Stunden später drang ein mattes Keuchen an Sasoris Ohren. Er seufzte genervt und wandte sich von seinem noch immer mangelhaftem Arm ab. Missmutig linste er über die Schulter zu dem blonden Bengel. Das lebendige Licht der Kerze offenbarte ihm, was er bereits vermutete. Feine Schweißperlen glitzerten auf der Haut in Gesicht, am Hals und dem unverbundenem Teil der Brust. Sein restlicher Körper wurde von einer dünnen Decke verborgen. Sasori stemmte sich vom Kissen hoch und kniete sich neben das Bärenfell. Seine vom Holz rauen Finger strichen über die Stirn des Jüngeren. Sie glühte wie ein Klumpen erkaltender Lava. Leise knurrte Sasori und nahm die Schüssel, welche er zuvor ausgeschüttet hatte, um in die Tiefen der Höhle zu verschwinden und die kleine Quelle um ein paar Liter Wasser zu erleichtern. Wieder zurück in seinem Wohnbereich schüttete er das kühle Wasser zur Hälfte in eine Kanne um und suchte nach einem Glas und einem Lappen. Mit Beidem kam er zu dem Blonden zurück, füllte das Glas halb mit dem frischen Nass. Erstaunlich behutsam schob er seinen Arm unter die Schultern des anderen und richtete ihn ein Stück weit auf. Sein Arm umfasste den fremden Körper so weit, dass er seinen Kiefer runter drücken und ihm ein paar Schluck einflößen konnte. Diese Nähe war ihm unangenehm. Sasori spürte die fiebrige Haut auf seiner und den flatternden Herzschlag so deutlich, dass es ihn zu erdrücken drohte. Er war noch immer zu menschlich. Sasori musste endlich den perfekten Puppenkörper für sich vollenden, sonst würden diese lästigen Gefühle ihm bis zu seinem Tod anhängen und einkesseln in leiblicher Unfähigkeit. Der Rothaarige zuckte leicht, als der Jüngere sich kraftlos aufbäumte und ein ersticktes Husten seine Kehle verließ. Er stellte das Glas beiseite und ließ ihn zurück aufs Lager sinken. Den Lappen titschte er in das durchsichtige Quellwasser. Ein leises Plätschern erklang beim Auswringen, ehe er ihn auf der erhitzten Stirn platzierte, um ihm Kühlung zu verschaffen. Mit einem harten Blick starrte er auf die geschlossenen Augen, deren Lider ab und an gequält bebten. Der Bengel sollte ja schnell wieder auf die Beine kommen. Er hasste es, zu warten. Viel zu lange hatte er damals auf die Rückkehr seiner Eltern gewartet, nur um erfahren zu müssen, dass sie niemals wiederkehren würden. Seine Großmutter hatte es ihm verheimlicht und anstatt wenigstens zu versuchen, ihm die Liebe seiner Eltern zu ersetzen, hatte sie ihn nur beobachtet und ihm das Kämpfen beigebracht. Irgendwann hatte er begriffen, dass es gesünder war, allein zu sein und wie die Puppen nichts zu fühlen. Ihnen blieb der Schmerz der Lebenden erspart. Was war ein Menschenleben denn wert? Es zerbrach viel zu leicht wie eine schön verzierte Glaskaraffe, die man aus Versehen fallen ließ. Wieso half er diesem Bengel, der dumm genug war, ohne Proviant und nur mit ein paar Lehmklumpen in einer kleinen Tasche in die Wüste zu rennen? Diese Gedankenlosigkeit sollte mit dem Tod bestraft werden. Sasori setzte seine Arbeit schließlich direkt neben dem Fremden fort, da er alle paar Minuten das Tuch in die Wasserschüssel tauchen musste. Ansonsten half die Kühlung ja nicht. Seine Ohren lauschten eher unwillig auf die leisen Worte, die ihm manchmal nuschelnd über die aufgeplatzten Lippen kamen. Zusammenhanglose Fetzen reihten sich zu einer Geschichte aneinander, die ihm erklärte, wieso der Blonde wohl in die Wüste geflohen war. Zumindest annehmen konnte er es. Er schien Probleme in seinem Heimatdorf gehabt zu haben – nach dem Stirnband, welches er ihm vorhin abgenommen hatte, kam er aus Iwa – und seine Eltern waren wohl in einem Streit ums Leben gekommen. Sicher war Sasori sich nicht, aber das scheinbar sinnlose Gebrabbel ließ sich so interpretieren. Die tiefe Stimme des Jüngeren überraschte ihn allerdings. Bei dem Aussehen hätte er ihm eine solch männliche Stimme nicht zugetraut. Aber die Natur war eben eigenwillig. Erleichtert seufzte der Rotschopf auf. Nach weiteren Stunden senkte sich die Körpertemperatur des Jüngeren allmählich und er wurde ruhiger. Der Bengel würde wohl überleben. Und was machte er mit ihm, wenn er aufwachte? Sofort vor die ‚Tür‘ setzen konnte er ihn nicht. Dafür wäre er zu geschwächt. Er könnte an seinem Gedanken, ihn zu einer Puppe zu machen, festhalten. Aber vorher wollte er wissen, was der Kleine draufhatte. Unbewusst sanken Sasoris Hände mit dem hölzernen Arm in seinen Schoß. Seine rötlich braunen Augen ruhten auf dem Gesicht, welches sich allmählich zu entspannen schien. Seine Gedanken drifteten ab. Wie der Blonde wohl war…? Das flackernde Licht der Kerze malte weiche Muster auf das honigblonde Haar, welches sich anmutig auf dem dunklen Fell ausbreitete und förmlich dazu einlud, seine Finger darin zu vergraben. Sasori widerstand diesem Drang nur schwer. Wie lange Sasori den Fremden einfach nur anstarrte und darauf wartete, dass er erwachte, konnte er nicht sagen. Aber er wurde schlagartig in die Gegenwart zurückgerissen, als dessen vom Schwarz der Schminke verschmierte Lider flatterten und seine Augenbrauen sich leicht zusammenzogen. Ein unterdrücktes schmerzvolles Keuchen erklang. Sasori sah, wie sich die Muskeln unter der hellen Haut anspannten und wieder lockerten. Stoisch beugte er sich über den Jüngeren und musterte ihn regungslos. Abgespannt hoben sich die Augenlider. Wie schwer ihm das fallen musste, durchschaute der Rothaarige schnell. Was sich ihm nun allerdings enthüllte, traf ihn unvorbereitet. Wolfsaugen blickten zu ihm hoch. Der Rand der Iris tauchte sich in ein fast schwarzes Graublau und spielte mit den helleren Blaugrautönen in verschlungenen Bildern, je näher man den Pupillen kam. Zuerst zeigte sich lediglich Verwirrung wie ein matter Glanz in diesen berauschenden Augen. Nach und Nach schimmerten Fragen hindurch. Sasori konnte förmlich ablesen, was dem anderen auf der Seele brannte. Wie ausdrucksstark… wie …fesselnd. Trotz der körperlichen Schwäche schienen diese Augen zu strahlen wie die unermessliche Macht eines Drachen. Dem Rothaarigen wurde sein Grund, weshalb er ihn gepflegt hatte, unwichtig. Seine Lippen öffneten sich und formten eine Frage, die er dem Blonden nie hatte stellen wollen. „Wie heißt du?“ Sein Blick wanderte über die gerade Nase zu den rissigen Lippen. Sie bewegten sich kaum und die tiefe Stimme des Jüngern glich nur dem Krächzen eines Raben, dennoch verstand er ihn. „Dei…dar…a.“ Das Sprechen bereitete ihm wohl Schmerzen. Der Blonde wirkte verkrampft. Ein kaum noch hörbares „hm“ schloss sich dem halb auseinander gerissenen Namen an. Kapitel 2: Akasuna de Seiryû II ------------------------------- Liebreizend säuselte der schwache Wind, dessen Echo in die schützende Höhle drang. Eine Schmeichelei für Sasoris strapazierte Ohren. Kaum war der blonde Bengel in der Lage, sich aufzusetzen, beanspruchte sein Ego die gesamte Höhle und erdrückte ihn förmlich damit. Er schwatzte zwar nicht übermäßig viel, aber das, was er sagte, trieb dem Rothaarigen die Wut durch die Adern. Erst hatte er angenommen, jemanden gefunden zu haben, mit dem er sich über wahre Kunst unterhalten konnte, doch stellte sich dies als völlige Fehleinschätzung heraus. Noch ein Grund mehr, seine Gefühle endlich von sich zu stoßen. Diese Enttäuschung bohrte sich schmerzhaft in sein Herz. Deidara sah in Kunst nicht die Ewigkeit, sondern den Moment. Es bedurfte keiner Nachfrage, warum er Lehm mit sich herumschleppte. Der Kleine hatte es ihm von allein ausführlich erklärt und dabei auch noch selbstzufrieden gegrinst, als habe er soeben einen Heiden bekehrt. Sasori hätte ihm am liebsten seine gerade Nase gebrochen. Doch lediglich seine Hände hatten sich zu Fäusten geballt. Der Grund, warum er seine Wut nicht körperlich an ihm ausgelassen hatte, war ihm schleierhaft. Bei niemand anderem hatte ihn sein Gewissen gehindert. Selbst der Sandaime zählte in seine Puppensammlung und vor dem Dorfoberhaupt sollte man theoretisch Respekt haben und es ehren. Nun, Sasori ehrte ihn, indem er ihn als würdig befunden hatte, ihn zu einer seiner Kampfpuppen umzugestalten. Hinzu kam, dass Deidara einfach nicht bereit war, sich mit einer Decke in einer anderen Ecke seiner Behausung zufrieden zu geben. Stattdessen beschlagnahmte er hartnäckig sein Bärenfell, sein Bett. Sasori schubste ihn jeden Abend vom Fell herunter, aber der Bengel kam immer wieder und ließ sich auch nicht durch die Schmerzen abhalten, die er unweigerlich haben musste. Die zahlreichen Schürfwunden waren noch nicht gänzlich verheilt. Und Sasori hatte keine Rücksicht auf die Verletzungen genommen. Er verfluchte sich jede Nacht, weil er im Machtkampf um sein eigenes Bett verlor und neben Deidara schlafen musste. Jede vermaledeite Nacht spürte er seine lebendige Wärme, hörte seinen ruhigen Atem, er roch ihn sogar. Diese Mischung aus süßlich herbem Duft mit dem feinen Hauch nach Lehm trieb ihn in den Wahnsinn. Sein Herz klopfte wild in seiner Brust, wenn eine verirrte Windböe ihm Deidaras Geruch in die Nase wehte. Sasori hatte einen großen Fehler begangen. Er hätte den Bengel nicht retten sollen. Nun schlugen ihm seine Gefühle seine eigene Unfähigkeit, sich gegen sich selbst durchzusetzen, um die Ohren und er fühlte sich machtlos, sie zu bändigen. Er hasste sie! Könnte er Deidara doch nur mit seinem Hobel niederschlagen und zu einer seiner Puppen umbauen. Doch selbst das schaffte er nicht. Dabei würde es sich lohnen. Deidaras Kampftechnik barg große Gefahr in sich und er sah in den blaugrauen Augen kalte Berechnung, gepaart mit einem Schuss Irrsinn eine äußerst explosive Mischung. Sie passte zu dem Blonden. Er könnte Deidara das Essen streichen. Immerhin gab er ihm von seinen eigenen Vorräten. Dann wäre er gezwungen, zu gehen. Oder er würde sich etwas klauen, wenn Sasori nicht hinschaute. Auch das traute er dem Bengel zu. Lästig, wie ein Kleinkind! Nein, schlimmer. Kleine Kinder machten keine zweideutigen Bemerkungen und grinsten auch nicht dreckig. Der Junge war noch nicht einmal volljährig und verdorben wie ein süßer Wein, der die Sinne betörte. Nur über den Grund seiner Flucht in die rote Wüste hatte Sasori bisher nichts weiter herausgefunden als das, was Deidara im Fieber gebrabbelt hatte. Zu diesem Thema schwieg er beharrlich. Sasori gestand sich allerdings ein, erst ein einziges Mal nachgehakt zu haben. Er mochte das Thema Familie nicht. Ärgerlich schnaubte der Rothaarige und schliff das Kugelglied ab, welches er zum Fingergelenk erklärt hatte. Seit der Bengel hier war, brachte er alles durcheinander und sein Zeitplan verzögerte sich empfindlich. Er störte ihn in seiner Arbeit an seinem perfekten Körper. Und Deidara war so uneinsichtig wie ein Stein. Er wollte nicht begreifen, warum nur ewige Kunst das einzig Wahre darstellte und wieso er seinen Körper perfektionieren wollte. Darum genoss Sasori die Momente, in denen Deidara tief in der Höhle am kleinen See war. Die vertraute Einsamkeit legte ihren barmherzigen Mantel um ihn herum und schenkte ihm die Zeit, seine Konstruktionen genau zu überdenken und zu prüfen. Unmerklich zuckte Sasori, als er die nahenden Schritte hörte. Warum musste der Bengel so schnell wiederkommen? Er war doch nicht mal eine halbe Stunde weg gewesen, oder? Sasori war sich nicht sicher. Eine Uhr beherbergte er nicht. Sie nützte ihm nichts in der Einöde des roten Meeres aus Sand. Ladenschluss und Ruhetag existierten hier nicht, ebenso wenig andere Zeiten, die ein Mensch in einer Dorfgesellschaft einhalten musste. Mit jedem Schritt, den Deidara näher kam, verflüchtigte sich seine Konzentration und machte Ärger Platz. Wie konnte der Bengel die Frechheit besitzen, ihn einfach zu unterbrechen? Seine Schritte verstummten einen Augenblick. Undeutlich raschelte Stoff. Deidara befand sich am Tisch. Er musste nicht hinsehen, um zu wissen, dass er das nasse Handtuch über die Stuhllehne hängte. Wieder raschelte Stoff als das dazugehörige Kleidungsstück achtlos über die Sitzfläche geworfen wurde. Sasoris Nackenhaare sträubten sich. Deidara trat zu ihm und hockte sich neben ihn. Aus den Augenwinkeln erkannte er dessen Tattoo auf seiner nackten Brust. Musste er hier halbnackt herumlaufen? Wenigstens trug er die dunkle Hose, die er ihm geliehen hatte. Die zerschlissene offenbarte mehr als sie verbarg. Da sie ungefähr dieselbe Größe hatten, konnte er ihm Kleidung von sich leihen. Der Bengel sollte in seiner Höhle nicht nackt herumlaufen. „Na? Bastelst du schon wieder an deinem Puppenkörper, hm?“ Sasori hörte die Belustigung aus seiner tiefen Stimme heraus. Das einzig Gute an dem Jungen war, dass er wie ein offenes Buch seine Gefühle vor ihm ausbreitete. Er musste sie nur noch lesen und deuten. Ärgerlich funkelte Sasori ihn an. Wie schwer es ihm fiel, diesen Augen mit der Kraft eines Drachen stand zu halten. Die fehlende schwarze Umrandung tat dieser Magie keinen Abbruch. Magie, so ein Unfug. Doch eine andere Beschreibung wollte seinem Gehirn nicht einfallen. Diese Augen waren so unheimlich ausdrucksstark, als wolle der Besitzer selbiger ihn allein mit einem Blick niederringen. Deidaras Grinsen beleidigte seine Kunst. „Du störst, Kunstbanause“, fuhr Sasori ihn an und zog es vor, sich den einzelnen Fingerteilen der Puppenhand zuzuwenden. Er griff nach einem anderen Fingerglied und raspelte feinste Holzspäne ab, damit aus der Oberfläche keine Splitter brachen. Er sollte Deidara wirklich zu einer Puppe machen. Er war hübsch. Sein klammes Haar fiel ihm offen über die Schultern und glänzte matt. Letzte Wassertropfen klammerten sich wie kleine Diamanten an die hellen Strähnen, um ihrem unweigerlichen Tod zu entrinnen. Ein einzelner Tropfen war über Deidaras Hals gewandert und hatte dort eine feuchte Spur hinterlassen. Sasori hatte ihn nur kurz angesehen und doch hatte sich dieser Anblick, dieses flüchtige Detail, wie glühende Asche in seine Gedanken gebrannt. Er brachte alle geistige Kraft auf, um nicht wieder zu Deidara zu sehen, der viel zu nah neben ihm hockte, leicht vornübergebeugt, sodass die Spitzen seiner Haare über dessen Oberschenkel strichen. Er konnte ihn riechen. Unweigerlich biss er sich auf die Zunge, um nicht noch tief einzuatmen und diesen aromatischen Duft zu inhalieren. Deidara war keine zarte Frühlingsblume, in deren lieblichen Duft man vergehen wollte. Deidara schnaufte verächtlich. „Ein wahrer Künstler braucht Gefühl, um seine Kreationen aufleben zu lassen. Wenn du deinen Körper in den einer Puppe umwandelst, bist du nur ein billiger Abklatsch eines Künstlers, hm.“ Jetzt ging der Bengel zu weit. Sasori ließ das Fingerglied fallen. Seine Hand schnellte an Deidaras Kehle. Gefährlich gruben sich zuerst nur seine Fingerspitzen in die empfindliche Haut. Hohles Klacken durchbrach die jähe Spannung, als das kleine Holzstück auf dem Steinboden aufprallte. „Du solltest wissen, wo dein Platz ist, Jungchen. Wage nie wieder, meine Kunst in Frage zu stellen.“ Seine Worte waren leise, doch so schneidend, dass sie Stein mühelos teilen könnten. Aber ihm schlug nur blanker Trotz entgegen. Deidara hatte keine Angst vor ihm. Seine Augen sprachen für ihn. Er respektierte ihn zwar, aber er fürchtete ihn nicht und das, obwohl er ihn erwürgen könnte. Deidara würde sich nicht kampflos umbringen lassen. Der Ausdruck seiner Augen machte ihm das nur zu deutlich. Sasoris Blick glitt über seinen Hals hinab zum freien Oberkörper. Die verschorften Stellen berichteten gründlich von Deidaras Dummheit, sich ohne besonderen Schutz in die Wüste zu wagen. Aufreizend zeichneten sich die Muskeln unter der hellen Haut ab an den unverletzten Partien. Mit dem Blick zeichnete er die Ränder der Muskeln nach hinauf zu den leicht hervorstechenden Schlüsselbeinen und zu den wohlgeformten Lippen, die sich nun zu einem Grinsen verzogen. Deidara hob seinen Arm und schloss seinen Finger um Sasoris Handgelenk. „Und nun? Willst du mich umbringen, nachdem du mich gerettet hast, hm?“ Deidaras Muskeln spannten sich und er zog die Hand von seinem Hals. Einen Augenblick streiften die Fingerspitzen des Rothaarigen über seine Brust, ehe Deidaras Finger seine Hand freigaben und er sie in den Schoß legte. Seine Fingerspitzen kribbelten aufgeregt. Ärgerlich erhob er sich und schritt zu seinem Bärenfell. Es war bereits später Abend. Er sollte ins Bett gehen und schlafen und diesen frechen Bengel an den langen Haaren aus seiner Höhle schleifen. Wie nicht anders erwartet folgte Deidara ihm zum Bett. Ruppig wandte der Rothaarige sich um. Seine gesamte Körperhaltung versprach eine Warnung, nicht näher zu kommen. „Wie oft noch? Du schläfst nicht in meinem Bett!“ Doch Deidara grinste nur wie üblich und trat langsam näher. Er setzte sich wie jeden Abend gekonnt über seine Mahnung hinweg. „Die letzten Nächte durfte ich auch, hm“, säuselte der Blonde gut gelaunt und trat an ihm vorbei, ließ sich einfach aufs Bett sinken und sah grinsend zu Sasori auf. Dieser freche Bengel. Wütend wandte er sich ihm zu, doch Deidara klopfte nur auf die freie Seite des Bärenfells. Die Geste war eindeutig, doch wollte er sein Bett nicht mit ihm teilen. Wenigstens diese Nacht wollte er seine Ruhe haben. „Meine Geduld ist langsam am Ende. Raus aus meinem Bett!“ Die letzten Worten entwichen ihm wie ein einschüchterndes Zischen einer Schlange, die sich bedroht fühlte. „Nein, hm“, war die einfache Antwort und noch bevor Sasori dem Blonden antworten, ihn wirklich an den Haaren wegschleifen konnte, griff er bestimmt nach seinem Handgelenk und zerrte an ihm. Ein erstaunlich starker Ruck ging durch Sasoris Körper. Haltlos kippte er nach vorn und begrub Deidara halb unter sich. Von der hitzigen Wärme und seinem eigenen Geruch bezwungen verharrte er benommen. Deutlich spürte er das Muskelspiel, als sich Deidara kurz verkrampfte. Er musste Schmerzen haben, weil er über seine Wunden geschrammt war. Aber ihm kam kein Ton über die Lippen, wie die letzten Abende. Nur hatte Deidara ihn bisher nie heruntergezogen und er hatte nie halb auf ihm gelegen. Sasori konnte Deidaras unregelmäßigen Herzschlag an seinem Ohr hören. Das Blut schoss ihm in die Ohren. Welch Glück, dass seine Haare die Farbe des Lebenssaftes trugen und so die leichte Rötung kaschierten. Umständlich stemmte er sich hoch und starrte den Bengel aus zu Schlitzen verengten Augen an. Doch statt einer schmerzverzerrten Miene grinste der schon wieder. Irgendwann würde er so lange auf ihn einprügeln, bis er nicht mehr grinsen konnte. Plötzlich schnellte Deidaras Hand in seinen Nacken. Sasori wollte aufspringen, aber Deidaras Finger gruben sich stärker in die empfindliche Haut. Er beugte sich vor und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. Der Moment währte nur eine Sekunde. Deidaras trockene Lippen schmiegten sich gegen seine und ein wohliges Kribbeln durchfuhr seinen Körper. Sie waren rau von dem ungewohnt trockenen Klima hier in der Wüste. Fassungslos stieß Sasori ihn zurück, als er die Macht über seinen eigenen Körper wiedererlangte. Angeekelt wischte er sich über die Lippen. Diese verhassten Gefühle! Sie wallten auf und das nur, weil der freche Junge ihn geküsst hatte. Er war schuld! Bevor Deidara hergekommen war, hatte er sie fast erfolgreich vollkommen verdrängen können und nun rebellierten sie gegen seine Kontrolle und entlockten seinem Leib ein unwilliges Zittern. Schnaufend stampfte er um das Bärenfell und legte sich auf der anderen Seite hin. Den Rücken wandte er dem Blonden zu. Er traute seiner Stimme nicht mehr. Sein Hals schien ungewöhnlich trocken und er würde Deidara nicht noch die Genugtuung zuteilwerden lassen, seiner brüchigen Stimme lauschen zu dürfen. Das unverschämte Grinsen konnte er förmlich vor seinem inneren Auge sehen. „Gute Nacht, hm“, flötete Deidara hörbar zufrieden und machte es sich neben ihm gemütlich. Er war ihm zu nah. Sasoris Herz pochte noch immer hastig in seiner Brust und wollte sich einfach nicht beruhigen. Doch er lag steif da bis er sich sicher sein konnte, dass der Bengel eingeschlafen war. Nur langsam entspannte sein Körper sich wieder und seine Finger lösten sich aus dem Bärenfell, wo sie sich unbewusst vergraben hatten. Abwesend strichen sie nun über das dicke und weiche Fell. Diese eintönige Bewegung und das warme Kitzeln an seinen Fingern besänftigten seine aufgewühlte Seele allmählich. Was sollte er nur mit diesem aufsässigen Jungen machen? Er tauchte aus dem Nichts auf und brachte seine gesamte Ordnung und seine Pläne durcheinander wie ein Drache, der aus seinem Schlaf erwacht Siedlungen und Wälder in Brand setzte und nur schwelende Ruinen und Leichen hinter sich zurückließ. Sasori war ja nicht mal mehr in der Lage, sich durchzusetzen. Früher hatte man ihm mehr Respekt gezollt. Ganz Suna fürchtete ihn und dieser Rotzlöffel küsste ihn einfach. Deidara spielte doch nur. Sein Grinsen ließ keine andere Erklärung zu. Sasoris Zungenspitze glitt langsam über seine Lippen. Bildete er sich das nur ein oder huschte ein fremder Geschmack über seine Zunge und regte seine Nerven an? Sie prickelten schon wieder anregend. Ärgerlich biss er sich auf die Unterlippe, um dem ein Ende zu bereiten. Schluss mit dem Puppentheater! Gefühle waren überflüssig. Und er würde dafür sorgen, dass er nicht mehr fühlen musste! ___________________________________________________________________________________ mir war merkwürdigerweise danach, hier mal wieder was zu schrieben^^ ich bedanke mich ganz herzlich für die lieben kommis*verbeug* und hoffe, ich konnte euren erwartungen gerecht werden^^ Kapitel 3: Akasuna de Seiryû III -------------------------------- Endlich war dieser blonde Bengel weg! Erleichtert atmete Sasori auf. Er verharrte im Eingang seiner Höhle, die Arme vor der Brust verschränkt, lehnte seine linke Schulter an der warmen Steinwand. Die Luft flimmerte über den rötlichen Sandbergen, die sich majestätisch vor ihm erhoben. Seit gestern hatten sie sich keinen Millimeter bewegt. Der verebbte Wind trieb die Sandkörner nicht mehr vor sich her und verlieh den Bergen und Tälern keine immer neuen Formen. Deidara müsste das doch gefallen, es entsprach schließlich seiner Ansicht von Kunst. Verächtlich schnaubte Sasori. Die Fußspuren des Blonden endeten nach wenigen Metern. Die Flügel des riesigen Lehmvogels hatten den Sand dort aufgewühlt. Nun wurde er am Himmel schnell unscharf, bis er schließlich mit selbigem verschmolz. Sasori sah diese Technik, die Deidara Kunst schimpfte, zum ersten Mal in dieser Form. Bisher hatte er nur kleine Spinnen und Heuschrecken geformt …und explodieren lassen. Wie konnte er sich nur die Frechheit herausnehmen, diese Lehmviecher in seiner Höhle in die Luft zu jagen? Und Sasori war zu schwach gewesen, ihn in eine Kampfpuppe zu verwandeln. Der Gedanke an das stumpfe Blau der sonst leuchtenden Augen hatte ihn daran gehindert, Deidara wirklich einen Hobel auf den Kopf zu schlagen. Dabei hätte er allen Grund dazu gehabt. Dieses Nervenbündel würdigte seine Kunst nicht und hatte sich regelmäßig darüber lustig gemacht. Und Verbote schienen für Deidara sowieso fremd zu sein. Zwar wusste er noch immer nicht die ganze Geschichte des Blonden, aber er hatte erfahren, dass er ein verbotenes Jutsu seines Dorfes gestohlen hatte. Den Rest der Geschehnisse konnte Sasori sich anhand der Fieberträume zusammenreimen. Sasoris Lippen zuckten zu einer Regung, die einem Lächeln wohl gleichkommen sollte. Deidara war ihm nicht unähnlich, für seine Ansicht von Kunst ging er über Leichen. Das hieß aber nicht, dass er ihn dadurch leiden konnte! „Ein Künstler braucht neue Herausforderungen, sonst verkümmert seine Kreativität, hm.“ Mit diesen Worten hatte Deidara sich von ihm verabschiedet. Sein unverschämtes Grinsen brannte ihm jetzt noch in den Augen. Respektloser Bengel! Und Sasori war so nachgiebig gewesen und hatte ihm Wüstenkleidung gegeben, damit er sein Heim nicht nackt verlassen musste. Mit einem zornigen Schnaufen stieß er sich von der geschliffenen Felswand ab und trat zurück in seine Höhle. Sie erschien ihm nun sehr groß… zu groß für ihn allein. Und merkwürdig leer. Deidara war doch nur wenige Wochen bei ihm geblieben, bis seine Wunden komplett verheilt waren. Er hatte ihn nicht mal rausschmeißen müssen. Er war von alleine gegangen. Sasori fragte sich, wo er nun hingehen wollte. Deidara war noch nicht volljährig. Aber er zweifelte auch nicht daran, dass er sich durchschlagen würde. Sein Blick fiel auf den runden Tisch mitten im Raum. Auf dem dunklen Holz strahlte die kleine Lehmfigur fast. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Jetzt hatte er doch nicht etwa eines seiner Viecher hier vergessen? Nein, unter dem Tierchen lag ein Zettel. Sasori ließ sich auf den nächstbesten Stuhl fallen und begutachtete die Figur misstrauisch. Mit viel Fantasie konnte man einen Skorpion erkennen. Explodierte der, wenn er ihn berührte? Noch eine dieser ungezählten Beleidigungen und dabei war Deidara gar nicht mehr hier. Mit spitzen Fingern zog er den Zettel behutsam unter dem Lehmskorpion hervor, die demütigende Kreation wachsam im Auge behaltend. Erst, als er sich vergewissert hatte, dass sie ihm nicht den Tisch zertrümmern würde, wandte er seine Aufmerksamkeit dem Zettel zu. Keine Sorge, der explodiert nicht, wenn du ihn gut behandelst. Sauklaue. Wer hatte dem Blonden das Schreiben beigebracht? Aber über den Inhalt der Nachricht ärgerte er sich weit mehr. Deidara zwang ihn, seine Kunst zu würdigen… oder? Es verwirrte ihn. Der Bengel hatte doch oft genug vom Moment der Schönheit geschwafelt und nun ließ er ihm ein Abschiedsgeschenk hier, welches er gut behandeln sollte, damit es nicht explodierte? Das wäre gegen die Kunstansicht des Blonden. Oder zeigte er ihm damit, dass er Sasoris Meinung von Kunst respektierte? Dieser Gedanke gefiel ihm und stimmte ihn milder. Vorsichtig nahm er den kleinen Skorpion auf die Hand. Die Beinchen fühlten sich weich an auf seiner Haut und doch fest genug, ihre Form zu wahren. Sasori erhob sich und stellte seine explosive Fracht auf einem der Regale ab. Dort würde sie keinen Grund haben, zu explodieren. Und sie war weit genug von seinem Bett entfernt. Er hätte das Lehmtier auch einfach rausschmeißen können, dann wäre er es losgewesen, allerdings hinderte ihn seine verhasste sentimentale Ader. Er sollte sofort an seinem Puppenkörper weiterarbeiten. Jetzt störte ihn kein blonder Bengel mehr. Außerdem war er fast fertig. Freudige Erwartung breitete sich wie die Wärme heißen Tees in Sasori aus. Bald war es soweit. Bald konnte er sich in eine Puppe umgestalten und endlich nach so langen Jahren der quälenden Einsamkeit alle Gefühle abschütteln. Dann war er nicht mehr schwach. Wenige Stunden später hallten Geräusche von tatkräftigem Schaben, Schleifen und Hobeln von den steinernen Wänden. Sasori saß wie so oft auf seinem Kissen, vor sich die einzelnen Teile seines neuen Körpers ausgebreitet und verfeinerte das rechte Bein bis zur Perfektion. Jede Linie, jede Kurve musste akkurat sein, damit sein zukünftiger Körper auch einwandfrei funktionierte. Aber irgendwas fehlte. Unzufrieden hielt er inne und ließ seinen Blick schweifen. Diese Leere beunruhigte ihn. Es war zu still. Angestrengt lauschte er. Was erwartete er? Deidara war nicht mehr da. Er konnte dessen Atem nicht mehr hören, das leise Schmatzen seiner Münder, wenn er wieder auf seinem Lehm herum kaute, um damit diese schreckliche ‚Kunst‘ auszuleben. Auch seine tiefe Stimme würde nie mehr durch die Höhle schallen und ihm die Nerven rauben. Sasori wandte sich wieder seinem Holzbein zu, aber lange weilte seine Aufmerksamkeit nicht bei selbigem. Erneut driftete sein Blick ab und huschte unstet durch den großen Raum. An seinem dunklen Bärenfell blieb er schließlich haften. Dort schimmerte ein blondes Haar. Genervt seufzte der Rothaarige. Seit Deidara hier war, lagen dessen Haare überall rum. Man konnte fast meinen, er habe in den letzten Wochen einen streunenden Kater beherbergt, der verlor auch überall seine Haare. Ganz falsch war dieser Vergleich nicht. Deidara hatte keine Familie mehr, kein Heim. Er war ein Streuner. Ob ihm das allerdings etwas ausmachte, wagte er zu bezweifeln. Zudem war der Bengel auch ähnlich eigenwillig wie ein Kater. Er hatte es jede Nacht erfolgreich geschafft, sich einen Platz in seinem Bett zu ergattern. Sogar geküsst hatte er ihn hin und wieder. Unverfrorenheit! Instinktiv glitt seine Zunge über seine Lippen. Sie schienen ungewöhnlich trocken. Sasori erinnerte sich, wie warm sich Deidaras Lippen angefühlt hatten. Und sie waren rissig gewesen. Lebendig und fordernd. Doch was er gefordert hatte, konnte Sasori auch jetzt nicht sagen. Er wusste zwar, dass es wesentlich mehr gab als diese unschuldigen Küsse, aber Deidara war nie weiter gegangen. Das war eh nur eine weitere Eigenwilligkeit des Blonden gewesen. Doch Sasori gingen diese Momente einfach nicht aus dem Kopf. Deidaras blitzende Augen, welche die Stärke eines Drachen ausstrahlten; sein prickelnder Atem, der Sasoris Lippen streifte; die raue Tonlage, wenn er seine Stimme senkte… all das weilte störrisch in seinen Gedanken und machte ihm seine Machtlosigkeit bewusst. Ärgerlich schüttelte Sasori den Kopf, in der irrsinnigen Hoffnung, die Erinnerungen verscheuchen zu können. Es half nicht. Ein Bild von Deidaras nacktem Oberkörper schob sich vor sein inneres Auge. Die blonden Strähnen, die sich nass an seinen Hals und seine Brust klebten und wie zähflüssiger Honig glänzten. Ein schwermütiges Seufzen huschte über seine Lippen. Zu gern hätte er das feuchte Haar angefasst. Ob es wohl so klebrig wie Honig gewesen wäre? Und so süß? Ein verbittertes Lachen entrang sich seiner Kehle. Er sollte seinen Puppenkörper schnellst möglichst fertigstellen, sonst würden ihn seine eigenen Gedanken noch verrückt machen. Er war einfach zu schwach, sich von Erinnerungen derart mitreißen zu lassen. Sie würden ohnehin nie Wirklichkeit werden. Er sollte diese wohligen Gefühle nicht zulassen, die nun, wo Deidara weg war, schmerzhaft in den Adern glühten. Sie verblendeten. Sobald sein neuer Körper fertig war, würde er sie abstreifen wie eine alte Haut. Dann würde er perfekt sein und solche Gedanken an Deidara konnten ihn nicht mehr in Sehnsucht erblühen lassen. _____________________________________________________________________________________ @Xgakii_-_freakX: das kann sein, dass ich diesen wortlaut mit den sterbenden tropfen schon mal verwendet hatte^^ freut mich, dass es dir gefällt^^ und danke für deinen kommi^^ so, ende. das war das letzte kapitel, was ich hierzu geschrieben habe. mir fiel es erstaunlich leicht, aus sasoris perspektive zu schreiben, auch wenn ich in zukunft wieder zu dei und ita zurückkehren werde.^^ an dieser stelle bedanke ich mich bei allen meinen lesern*verbeug* und für sämtliche kommentare. arigatou gozaimasu! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)