Against the Spiral von MitsuruSenpaii (Gegen den Lauf der Spirale) ================================================================================ Prolog: Entscheidung -------------------- "Simon...? Hey, Simon... Was ist los mit dir? Träumst du etwa?" Simon wollte ihr antworten, wollte ihr sagen, dass es ihm gut ging unf dass sie sich keine Sorgen um mich machen brauchte, doch als er die Hand nach ihr ausstreckte, um sie in die Arme zu schließen - er wusste nicht, wieso, aber er hatte sie schon so unsagbar lange nicht mehr in den Armen gehalten -, löste sie sich vor seinen entsetzten Augen, mit einem steten Lächeln im Gesicht, in Kirschblüten auf, die Worte "Gomen nasai... Simon" flüsternd. "Nia!" Schweißgebadet fuhr Simon aus seiner Schlafstätte hoch. Es dauerte einige Sekunden, bis er den Schlaf vollständig aus seinen Knochen verbannen konnte, und nochmal einige mehr, um sich auch wirklich dessen bewusst zu werden, dass das eben ein Traum war, und das er jetzt in der normalen Welt war. Er ließ den fahrigen Blick durchs Zimmer wandern, dabei jedem Gegenstand, jeder Kleinigkeit einige Sekunden schenkend, in der Hoffnung, an den alltäglichen Kleinigkeiten um ihn herum ausmachen zu können, wo er war. Dann, langsam, erkannte er das Schlafgemach zweifelsohne als Teil seines "Zuhauses" an. Von einem plötzlichem Impuls geleitet senkte er den Blick an die Stelle neber sich im Bett - und fand sie leer vor. Nia... Langsam setzte sich Simon auf, schwenkte die Füße aus dem Bett, verweilte einige Sekunden in dieser Haltung, die Füße über dem Boden baumelnd wie ein kleiner Bub. Dann stieg er in die Pantoffeln, stand auf, verließ das Schlafzimmer und begann, im Hause auf und ab zu gehen. Dabei begutachtete er jeden einzelnen Gegenstand, jedes Inventarstück, als würde er es zum Ersten Mal sehen. Möbel, Teppiche, Lampen, Regale, Gegenstände der alltäglichen Benutzung, gar Fotos aus den gemeinsam Tagen... all dies weilte hier, seit einer gefühlten halben Ewigkeit unbenutzt, unter einer zentimeterdicken Staubsicht begraben... - und überall lauerten Erinnerungen, eine schöner, aber somit auch im selbem Maße qualvoller, als die andere. Nia... Egal, wo Simon nicht hinsah - alles erinnerte ihn an die junge Frau mit den platinblonden Haar, dessen Spitzen hellbläulich endeten; den türkisenen Augen mit der Iiris in Form einer pinken Blume; und der glockenhellen Stimme, die immer fröhlich, heiter und aufmunternd klang. Wieso war er hier? Was wollte er hier? Was erhoffte er sich hier zu finden, außer gedankenschweren Erinnerungen, die nichts anderes im Schilde führten, als ihn mit unter ihrer Last zu begraben und an jeder Faser und in jeder Ecke lauerten? Die Erinnerungen wogen so schwer, dass sie drohten, ihm den Atem zu rauben... Nia... Gebeutelt von den ganzen atemberaubenden Abenteuern, die er in seinen jungen Jahren erlebt hat, und erschöpft von der Sehnsucht, die der jähe und so abrupte Schicksalsschlag mit sich führte, ließ sich Simon schwer in einem Sessel im ehemaligen Wohnzimmer nieder; und wie er da so saß, zentimeterdicke, tiefschwarze Ringe unter den Augen, welche zudem auch noch blutunterlaufen waren; Schultern so schlaff, als hätte dort Jahrzehntelang das Gewicht des gesamten Planeten geruht (was es auch in gewisser Weise getan hatte, nur eben nicht so lang); und eine so tiefe und wahrlich greifbare Verzweiflung ausstrahlend - wie Simon so da saß, konnte man meinen, er wäre schon ein halbes Menschenalter, ein halbes Jahrhundert, alt, und nicht gerade zwei Jahrzehnte. Und selbst ihm, als zweifelsohne uneingeschränkter Herrscher seines Körpers, fiel es schwer zu glauben, dass gerade einmal ein Jahr seit jenem schicksalsschweren Verlust vergangen war; kam es ihm doch so vor, als wäre er schon seit Jahren auf Reisen, und nicht erst seit genau einem einzigen Jahr. Ja, ein Jahr war das nun her... Damals hatte er beschlossen, den Planeten zu umreisen, um wirklich alle Ecken und Gegenden zu erkunden und kennen zu lernen. Nun hatte er so ziemlich alles gesehen und war zurück gekommen. Doch während er das Gefühl hatte, eine halbe Ewigkeit fort gewesen zu sein, hatte sich hier in der Zwischenzeit so gut wie nichts verändert. Nun saß er also wieder hier, der vom Leben und Schicksal gebeutelte Simon, dessen Abenteuer - sein Schicksal - so unscheinbar eines Tages beim Tunnelgraben im Untergrund-Dorf Giha angefangen hatte, und versuchte sich allen Ernstes einzureden, er wisse nicht, wieso es ihn nach dieser gefühlten halben Ewigkeit wieder in das Haus, welches er vor gar nicht allzu langer Zeit für sich und seine Geliebte erbaut hatte, verschlagen hatte. Nia... Er hatte seine Rückkehr geheim gehalten, denn er wollte nicht, dass die anderen ihn besuchten, ihn über seine "Abenteuer" ausfragten oder dergleichen. Nein, er wollte einfach nur seine Ruhe... Aber am meisten wollte er nicht, dass sie mit ihm über sie sprachen. Andere - beispielsweise Ryte, Kiyoh, Kinon und Kiyal, oder auch Yoko, die gleich zweimal die Liebe ihres Lebens verloren hatte - hatten auch mit schweren Verlusten zu kämpfen, daher erschien es ihm in allen Maßen schlecht und falsch, seine Trauer so offenkundig an den Tag zu legen. Denn er war ja in gewisser Weise an dieser Tragödie schuld, und er war trotz allem der Leader der Dai-Gurren-Dan. Und als solcher...- Als er sich seiner Gedanken bewusst wurde, hätte Simon beinahe laut aufgelacht. Er, der Leader? Abgesehen davon, dass er diesem "Titel" nach ihm eh nie wirklich gerecht geworden war, hatte er dieses Amt am Tage seiner Hochzeit mitsamt des Elementarbohrers an Gimmy abgegeben. - Nein, der Leader war er gewiss schon lange nicht mehr, und keiner konnte es ihm verübeln, wenn er sich seiner tiefen und allumfassenden Trauer hingab. Das war also nicht der Grund für die Geheimhaltung seiner Wiederankunft. Doch was war es dann? Wollte er sich einfach der Verantwortung eines jeden Reisenden, den Zurückgebliebenen von seiner Wanderschaft und den "Abenteuern" zu erzählen, drücken? Nein, das war es auch nicht... Wenn er ehrlich war, wusste er es bereits. Er wusste es schon die ganze Zeit. Er war nicht hier, um sich hier für immer zur Ruhe zu setzen. Und der Grund, wieso er niemanden über seine Ankunft in Kenntnis gesetzt hatte, war auch nicht allein bestehend nur deshalb, weil er kein Mitleid wollte. Klar, das war ein Mitgrund, aber nicht der alleinige. In seinem Kopf hallten Gimmys letzte Worte wieder, die er kurz nach Nias Verschwinden gesprochen hatte: "Mit dem Elementarbohrer könntest du doch zurück in die Vergangenheit reisen, und Nia... - nein, nicht nur Nia; alle - zurück holen!" Müde erhob sich Simon wieder aus seinem Sessel und trat ans Fenster, aus welchem er das trotz der späten Morgenstunde schon emsig in Bewegung herrschende Kamina-City überblicken konnte. Kamina... Wie oft hatte er schon über dieses Unterfangen nachgedacht? Und wie oft hatte er es als Schnappsidee abgetan? Aber all das hatte nichts gebracht - die Saat war schon seit jenem Satz gesät, und egal, was er nicht dagegen tat: Seine Gedanken kreisten nahezu immer und unaufhaltsam darum. Er fragte sich, ob Yoko ihn vielleicht begleiten würde, verwarf den Gedanken aber dann wieder. Er konnte keinen bestimmten Grund dafür nennen, aber er hatte irgendwie das Gefühl, dass Yoko ihn sogar eher versuchen würde, von seinem Plan abzubringen, statt ihn zu unterstützen. Nein... sie konnte er nicht fragen. Und auch sonst kam von der Dai-Gurren-Dan niemand in Frage... Nia...! Er wandte sich abrupt vom Fenster ab und ging ins Schlafzimmer, um sich dort anzuziehen. Sein Entschluss war gefällt. Doch wenn er ehrlich war, war es das nicht erst seit eben, sondern schon die ganze Zeit, denn die ganze Zeit stand eigentlich fest, dass er es tun würde. Selbst, wenn er sich damit sogar unter seinen ehemaligen Freunden Feinde machen würde... - er würde es tun. Für sie würde er alles in Kauf nehmen. Nia! Ja... und wenn es ihn sein Leben kosten sollte: Er würde alles dafür tun, um sie wieder bei sich zu haben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)