Ein Blick hinter das Eis von abgemeldet (oder wie Joey nicht nur den Eisprinzen bezwang, sondern auch die letzte Schlacht überlebte...) ================================================================================ Kapitel 1: Fragen ----------------- "Joey?" Yugi´s Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. Es dauert einen Moment bis ich reagiere. Automatisch wende ich meinen Kopf und blicke zu ihm runter. Seine großen Augen sehen mich verwirrt an. "Was war das denn gerade?" will nun auch Tea wissen. Auch sie wirkt irritiert und erst jetzt wird mir die absurde Situation bewusst, werde ich mir klar darüber was gerade passiert ist - was ich gemacht habe. Ich kann es nicht fassen. Das muss ein Traum sein, ich bin in irgendeinem Paralleluniversum gelandet. Hilfe! Rettet mich! "Sag mal, hast du heut morgen was falsches gefrühstückt oder warum entschuldigst du dich bei Kaiba?" Tristan schüttelt fassungslos den Kopf und mir wird klar, dass es doch kein Traum war. Und ich habe auch nichts komisches gegessen, mit meinem Magen ist alles in Ordnung. Nur vielleicht nicht mit meinem Kopf. Ich, Joseph Jay Wheeler, habe mich gerade bei Seto Kaiba entschuldigt. Dabei gibt es gar keinen Grund dafür. Selbst wenn es einen gäbe, so etwas tue ich normalerweise nicht. Nicht bei Kaiba. Aber allem Anschein nach... Alle meine Freunde starren mich an und ich bin unfähig irgendwas zu sagen. Was soll ich auch sagen? Ich verstehe mich gerade selbst nicht. Ich habe es tatsächlich getan und nein, ich wurde nicht ferngesteuert und man hat auch nicht mein Hirn manipuliert. "Ich..." Was zur Hölle war das gerade??? Die Situation an sich war doch nicht neu. Das Übliche eben. Ein Kaiba-Joey-Aufeinandertreffen, das immer nach den gleichen Regeln abläuft. Naja, fast immer. Heute jedenfalls nicht. Denn ich habe mich nicht an die Regeln gehalten. Wieso zum Geier? "Oh Mann." höre ich Tristan stöhnen. Das Ganze hat ihn scheinbar mindestens so arg getroffen wie mich. Unwillkürlich muss ich grinsen. Sieh an, was so eine kleine Veränderung im Ablauf der Dinge bewirken kann. Selbst Kaiba war irritiert, sofern man solch eine Regung an seiner undurchdringbaren Miene ablesen kann. Wheeler, ist es zuviel verlangt, mir nicht im Weg rumzustehen, wenn du mich schon mit deiner jämmerlichen Präsenz belästigen musst?! Noch einmal höre ich die kühle Stimme Kaibas in meinem Kopf. "Sorry, Kaiba." hatte ich darauf erwidert und war zur Seite gegangen, um diesem arroganten Schnösel den Weg frei zu machen. Dabei ist der Flur doch groß genug. Unfassbar. Das ist tatsächlich passiert. Kein Wunder, dass alle irritiert sind - eingeschlossen meiner Wenigkeit... und sogar Kaiba. Das ist schließlich keineswegs die logische Joey-Reaktion auf einen Kaiba-Spruch. Scheiße, mein Kopf ist plötzlich leer. Ich fühle noch immer die verwirrten Blicke, sehe sogar noch seinen leicht irritierten Gesichtsausdruck als Reaktion auf meine Erwiderung vor mir. Zum ersten Mal bin ich erleichtert als die Schulglocke ertönt und diese absurde Situation beendet. Dennoch kann ich nicht umhin während des Unterrichts über diese Sache nachzudenken. Ein großes Fragezeichen ist alles was momentan in meinem Kopf ist. Ein sehr großes und fettes Fragezeichen gleich hinter der Frage, warum ich mich entschuldigt habe. Bei Kaiba. Irgendetwas in mir fühlt sich beschmutzt, ich habe den Wunsch zu duschen. Herrje, was hat mich da geritten? Vielleicht doch Manipulation? Nein. Das war es nicht. Meine Gedanken überschlagen sich und im Grunde weiß ich längst die Antwort, naja, nicht wirklich die richtige Antwort. Aber ich habe eine Vermutung und die ist... gelinde ausgedrückt - krank - und eigentlich will ich gar nicht darüber nachdenken. Fuck, zu spät. Schon ist der Stein ins Rollen gebracht. Und die Sache ist klar. Es hat mit dieser Sache im Park zu tun. Die Sache, die ich eigentlich verdrängen wollte, weil sie mir so dermaßen verrückt erschien, dass sie mein Universum irgendwie erschüttert hat. Ok, das ist vielleicht übertrieben, aber etwas hat sich dadurch in meiner Welt verändert und... mal ehrlich, meine Reaktion gerade unterstreicht das nur. Es ist aber auch erschütternd, nein, sogar traumatisierend (ja, ich weiß, was das Wort bedeutet!), wenn man so mir nichts dir nichts herausfindet, dass der kältest, fiesest und unberechenbarste Mensch, den man kennt, der persönliche Erzfeind, irgendwie doch menschlich ist. Fuck, ich hatte doch vorgehabt diese Episode zu vergessen, vollkommen aus meinem Gedächnis zu streichen. Es ist einfach... zu viel. Mann, ich kann ja inzwischen mit vielem umgehen, was mit Kaiba zu tun hat, aber in ihm etwas anderes zu sehen als den kaltschnäuzigen, arroganten Besserwisser mit der eiskalten Aura, das ist eben mehr als ich verkraften kann. Das ist doch verständlich, oder? Ich meine, der Kaiba, den ich kenne, ist ja schon ein schwer zu definierendes Wesen, doch nichts im Vergleich zu dem Kaiba, den ich im Park erlebt habe. Der Kaiba war ganz anders gewesen. Erschreckend, ich weiß. Mich hat es auch getroffen wie ein Schlag. Ich hatte an dem Tag gar nicht damit gerechnet auf ihn zu treffen. Und schon gar nicht dort. Im Park, meine ich. Doch dann ... Denk nicht wieder daran. Das ist gruselig. Das ist Horror pur, Joey! Aber irgendwie auch faszinierend. Und das ist eben der Punkt! Aus irgendeinem bescheuerten Grund kann ich die Szene doch nicht ganz streichen. Es ist irgendwie wie ein Mückenstich, den ich eigentlich in Ruhe lassen soll, aber es geht nicht anders, ich muss daran kratzen und kann einfach nicht aufhören. Keine Ahnung warum das so eine Wirkung auf mich hat. Aber es hat eine Wirkung. Eine Unfassbare sogar wie sich heute rausgestellt hat. Verdammt. Ich muss den Tatsachen ins Auge sehen. Seit dieser Sache kann ich nicht anders als Kaiba mit anderen Augen zu betrachten. So verrückt das auch klingt. Seitdem ist irgendwie alles anders. Oh Mann. Diese Erkenntnis - ja, sie sickert erst jetzt wirklich zu mir durch, ich habe eben eine lange Leitung - ist erschütternd. Verdrängen hilft da nichts. "Also willst du uns jetzt mal sagen, was das vorhin sollte?" höre ich Tristan fragen. Oh. Die Stunde ist scheinbar vorbei und ich habe nichts davon bemerkt. Weil meine Gedanken die ganze Zeit bei Kaiba waren. Schlagartig wird mir schwindlig. ICH denke an Kaiba. So weit ist es also schon gekommen. Mir ist klar, dass meine Freunde auf eine Antwort warten. Tja, was soll ich jetzt sagen. Leute, ich habe die menschliche Seite von Mr. Eisklotz kennengelernt und das haut mich dermaßen um, dass ich jetzt vollkommen verrückt auf ihn reagiere? Die weisen mich dann doch ein. Wer würde schon glauben, dass ausgerechnet Kaiba eine menschliche Seite hat? Ok, Mokuba, aber als Blutsverwandter zählt der eben nicht. "Joey." Ich zucke nur mit den Schultern. Die fragenden Blicke verschwinden dadurch nicht, aber sie belassen es dabei. Zum Glück. Denn die Erkenntnisse, die ich gerade unabhängig vom Unterricht gewonnen hatte, sind schon eine harte Nuss für mich. Ich glaube, ich begreife immer noch nicht ganz was da passiert, doch ich weiß, irgendetwas passiert gerade mit Mir! Denk nicht darüber nach! Denk nicht darüber nach. Verdammt. Vergiss es einfach!! So sehr ich mich auch ermahne, ich weiß jetzt schon, dass ich diese Gedanken nicht mehr loswerde. Himmel, wenn ich ehrlich bin, dann beschäftigen sie mich schon die ganze Zeit. Eben seit der Sache im Park. Ich will es nur nicht wahr haben. Weil es verrückt ist. Und so was einfach nicht sein sollte. Ich meine, Kaiba soll einfach Kaiba bleiben. Ich will nicht an ihn denken, wie an... Ja, an was? Mist, die nächste Frage! Ich drehe noch durch. Warum musste er auch so... so... Kaiba-untypisch sein? Mein Leben ist schon chaotisch genug. Ich kann es echt nicht brauchen, dass die einzig bestehende Konstante außer meinen Freunden, sich derart verändert. Herr, ich will nicht mehr daran denken. Ich will, dass wieder alles so ist wie vorher! "Tja, Pech. Es wird nicht mehr wie vorher..." sagt eine kleine Stimme in meinem Kopf und instinktiv weiß ich, dass sie Recht hat. Denn im Park habe ich etwas in Kaiba´s Augen gesehen, dass ich nicht mehr vergessen kann, auch wenn ich mir seit 48 Stunden die größte Mühe gebe. Kapitel 2: Rekapitulation ------------------------- "Warum zum Teufel starrst du mich so an, Wheeler?" Seine Stimme ist eisig und schneidend zugleich und unwillkürlich zucke ich zusammen. Für einen Moment habe ich das Gefühl zu erstarren, während ich gleichzeitig fühle, wie heiße Röte über mein Gesicht huscht. Ich kann nicht anders als den Blick etwas zu senken. Seine Augen ruhen weiter auf mir. Ich spüre es. Gott, ich bin mir gar nicht bewusst gewesen, dass ich ihn angestarrt habe. Mann, scheinbar habe ich heute gar nichts mehr unter Kontrolle. Er scheint auf eine Erwiderung zu warten und ich suche fieberhaft nach Worten, irgendeinem Spruch, den ich ihm an den Kopf werfen kann. Mensch, Joey, reiß dich zusammen. Es dauert eine Weile bis ich in der Lage bin die Klappe aufzumachen. Dabei vermeide ich es ihn anzusehen. "Dich anstarren? Was bildest du dir sonst noch ein?" Ich versuche zu lachen, aber es gelingt mir nicht wirklich, was nicht nur mich irritiert. Einen Augenblick lang habe ich das Gefühl, dass etwas fragendes in seinem Blick liegt. "Wie kann man nur so erbärmlich sein?" Er schüttelt leicht den Kopf, lässte es damit aber auf sich beruhen und ich bin erleichtert als er sich abwendet. Viel länger hätte ich seinem Blick auch nicht stand gehalten. Mann, Mann, diese Augen machen mich fertig. Ich meine, sein Blick hatte es schon immer in sich. Das weiß jeder, den er man mit diesem erbarmungslosen Ich-bin-der-ultracoole-Herr-und-Meister-Blick angesehen hat, aber irgendwie berührt es mich jetzt noch mehr, wenn er mich ansieht. Es ist seltsam und ich kann es weder beschreiben noch erklären, doch irgendwie geht mir sein Blick plötzlich unter die Haut. Anders lässt es sich nicht ausdrücken und das ist schon unfassbar genug, oder? Wie kann ein Mensch auch nur solche Augen haben? So klar und blau wie ein Gletschersee. Und neuerdings auch noch so tief. Verflucht, ich werde noch verrückt. Das ist doch nicht normal. Irgendetwas stimmt mit mir nicht. Es ist doch nicht zu fassen wie ich inzwischen auf diesen unterkühlten Supermacho reagiere und das alles nur, weil ... Ja, Joey, weil was? Ich drehe mich wieder im Kreis. Weil ich verdammt noch mal in seine Augen gesehen habe als die Festung aus Eis die Zugbrücke gerade unten hatte und weil das einfach unglaublich war und naja, weil ich seither dauernd daran denken muss. Bähm! Noch eine Erkenntnis, eine furchteinflössende und widernatürliche noch dazu. Gott, mir wird gerade so schlecht. Ich glaube, ich muss mich übergeben. Das kann doch einfach alles nicht wahr sein. Ich muss endlich aufhören daran zu denken oder nein ... ich muss die Sache mal logisch betrachten. Wobei Logik nicht unbedingt meine Stärke ist. Rekapitulieren wir also. Herrje, mich hat es übel erwischt, ich benutze schon Fremdwörter. Ich klinge wie Kaiba. Der Typ muss irgendwas mit mir gemacht haben. Ja, genau. Das ist es. Er hat im Park etwas mit mir gemacht und deshalb bin ich jetzt vollkommen neben der Spur. So. Das ist es. "Natürlich hat er etwas mit dir gemacht." vernehme ich wieder diese Stimme in meinem Kopf. "Er war nett zu dir." Ein würgender Laut kommt von selbst aus meinem Mund. Kaiba und nett? Das sind zwei Dinge, die sich alleine schon den Naturgesetzen nach nicht vertragen. Etwas, dass einfach nicht zusammen gehört. Besonders nicht, wenn es um mich geht. Aber ich muss den Fakten ins Gesicht sehen. Es war so. Er war nett gewesen. Kaiba war nett gewesen. Zu mir. Mehr noch. Er hatte mir den Arsch gerettet. Ok, das ist vielleicht etwas übertrieben, sagen wir lieber, er hat mir aus einer dämlichen Situation geholfen. Wobei auch das nicht unbedingt realistisch klingt. Denn ... Kaiba und mir helfen, das ist genauso absurd. Doch es trifft nun einmal den Kern der Sache. Man kann es drehen und wenden wie man will. "Möchtest du mir nicht sagen, was mit dir los ist, Joey?" höre ich Yugi fragen. Ich muss ihn nicht ansehen um zu wissen, dass er mir ein fast liebevolles, aufmunterndes Lächeln schenkt. So ist Yugi eben. Unwillkürlich entspanne ich mich zum ersten Mal an diesem Tag wieder. Er wartet auf eine Antwort und ich seufze. Vielleicht sollte ich tatsächlich mit ihm darüber reden? Ich meine, warum nicht. Yugi ist mein bester Freund und auch wenn das alles gerade ziemlich verrückt ist, der kleine Kerl würde mich zwar nicht verstehen, aber bestimmt auch nicht für total durchgedreht halten, oder? Dennoch zögere ich. Hier ist eben auch nicht der richtige Ort. "Später, Yugi. Ok?" erwidere ich schließlich und er nickt scheinbar etwas erleichtert. So. Ich habe damit nicht nur eingeräumt, dass etwas los ist, ich habe mich auch indirekt verpflichtet darüber zu reden. Puh. Das ist hart und es wird wohl nicht leichter werden. *** Ich plappere einfach darauf los, untermale mein Gerede mit wildem Gestikulieren und Yugi sitzt mir ruhig und geduldig gegenüber und hört zu. Viel habe ich eigentlich nicht zu erzählen, aber irgendwie fällt es mir schwer darüber zu reden, selbst ihm gegenüber. Als ich es schließlich hinter mich gebracht habe, sehen wir uns schweigend an. Sekunden vergehen in denen keiner von uns etwas sagt. Mir kommt es vor wie eine halbe Ewigkeit und ich fühle mich jetzt sogar noch seltsamer. Naja, nicht, dass ich jetzt irgendwas schlimmes gesagt hätte. Im Grunde habe ich nur erzählt was im Park passiert ist, also von meinem unfreiwilligen Aufeinandertreffen mit Mr. Kaiba Corp. Die komischen Gedanken, die ich seither habe, habe ich für mich behalten. Bester Freund hin oder her, so was kann man einfach nicht aussprechen. Besonders nicht, wenn es um Seto Kaiba geht. "Er hat dir also geholfen als diese Typen dich verprügeln wollten?" fragt der Kleine ruhig nach. Ich nicke. Ja, das hatte er. Einfach so. Das war die Sachlage. Ich war unterwegs gewesen und es hatte mal wieder Stress gegeben. Nicht, das das groß etwas neues war. Standartsituation, wenn man so wollte. Was allerdings nicht zum Standart gehört hatte, war zum einen, dass gleich vier Typen auf mich losgingen und zum anderen, dass ausgerechnet Kaiba einen auf Retter in der Not machte. Ok, ich gebe es zu. Ich hatte mich übernommen und ich wäre auf keinen Fall glimpflich aus der Sache gekommen. Eigentlich hatte ich mich in Gedanken schon im Krankenhaus oder auf einem der schönen Friedhöfe gesehen. Als Kaiba dazu gekommen war, hatte die Situation für mich jedenfalls alles andere als rosig ausgesehen. Nehmt eure Hände von ihm. Kaiba war wie aus dem Nichts erschienen. Seine Stimme hatte eingeschlagen wie eine Bombe und nicht nur die vier Schläger hatten vom Donner gerührt inne gehalten. Lasst mein Hündchen los und verpisst euch. Die Worte kommen mir wieder in den Sinn. Seine Worte. Kalt und beherrscht ausgesprochen. Mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete. Sein Hündchen. Das hatte er tatsächlich so gesagt. Erst jetzt wird mir die Bedeutung wirklich klar, wobei ich nicht so recht weiß was es genau bedeutet, aber jedenfalls weiß ich eben, dass es irgendwas bedeutet. Dann war alles ganz schnell gegangen. Die Typen hatten von mir abgelassen und beschlossen Kaiba stattdessen eine Lektion zu verpassen. Wobei ich gut verstehen kann, dass man diesem arroganten Pinkel gern eine Lektion erteilen möchte. Insgeheim ja auch ein Wunsch von mir. Das mit der Lektion war dann aber doch anders ausgefallen. "Und Kaiba hat die Typen verjagt?" hakt Yugi nach und unterbricht damit meine Gedankengänge. Wieder nicke ich. Dann schüttel ich den Kopf. "Nun ... eigentlich hat er sie verprügelt." berichte ich wahrheitsgemäß. Yugi starrt mich an. Ich verstehe nur zu gut was er gerade denkt. Einmal abgesehen davon, dass die ganze Story recht unglaubwürdig klingt, es ist noch verrückter sich einen prügelnden Seto Kaiba vorzustellen. Aber um eben bei der Wahrheit zu bleiben... er hat´s drauf. Wirklich. Und ich muss es schließlich wissen. Also noch eine Sache, die der überragende, unbeschreibliche Seto Kaiba drauf hat. Wer hätte das gedacht? Natürlich kann ich Yugi nicht die schillernden Details schildern. Dann wird er mich für total ballaballa halten. Ich meine, Kaiba´s Auftritt hatte schon was. Bei näherer Betrachtung, haben alle Auftritte von Kaiba etwas. Der Typ weiß einfach wie man so was macht. Auftritt, Abgang. Keine Ahnung. Er schafft es dabei sogar auf kalte und unnahbare Weise gut auszusehen. Ok, das kann auch an seinem Mantel liegen. "Und was hat er gesagt?" Hm. Was hatte Kaiba danach gesagt? Eigentlich nichts. Also nichts wichtiges oder so. Er hatte mir die Hand gereicht und mir aufgeholfen und sein Gesicht war dabei wie immer eine undurchdringliche Maske gewesen. Erbärmlich. Man muss auch immer auf dich aufpassen, Wheeler. Das spöttisch-amüsierte Lächeln, das um seine Mundwinkel gezuckt hatte, ist mir wohl vertraut. Doch in dem Moment war da noch etwas gewesen. Etwas in seinem Blick. Ich hatte nichts erwidert und ihn nur angesehen. Wahrscheinlich, weil mich das Ganze so sehr überrascht hatte. Und naja, da war etwas in seinem Blick, was da sonst nicht war. Du solltest dich nicht mit größeren Hunden anlegen, Wheeler. "Das Übliche." antworte ich Yugi schließlich. Sein verständnisloser Blick spiegelt genau das wieder was mir durch den Kopf gegangen war. "Tja, und dann hat er mich stehen lassen." So endet also meine tolle Story. Eigentlich keine bahnbrechende Geschichte. Ginge es eben nicht um Kaiba und mich. "Hm." Mehr gibt mein Gegenüber nicht von sich. Ich kann es gut nachvollziehen. "Und deshalb hast heute morgen also so reagiert." Ich glaube es ist mehr eine Feststellung. Ja. Nein. Keine Ahung. Ich nicke einfach, auch wenn es das nicht ganz trifft. Ich bin nicht durcheinander, weil Kaiba mir geholfen hat. Das liese sich vielleicht sogar noch irgendwie erklären. Yugi sagt ja auch immer, dass er nicht das Riesenarsch ist, als das er sich gern darstellt. Die Art wie er es getan hatte. Seine Worte. Sein Blick. Das passt einfach nicht zusammen. Und eben keineswegs zu Kaiba. Mein Hündchen Es ist nichts neues, dass Kaiba mich zum Hund degradiert. Das macht er mit Vorliebe. Von Streuner über Flohschleuder bis Drecksköter kenne ich sein Repertoire. Aber Hündchen war neu. Zugegeben, es ist nicht gerade ein Kosename, den ich mir wünsche, aber im Vergleich zu seinen anderen Ausdrücken ist das in der Tat schon recht nett. Ein Hündchen ist ja schließlich irgendwie süß. Ähm ja. Und dann auch noch Sein Hündchen. Also ich bin nicht unbedingt der Grammatik-Spezialist, aber das ist ein Fürwort und wie ich Kaiba kenne weiß er auch genau welches und naja, Kaiba setzt seine Worte nie unbedacht ein. Ist doch so? Der Typ ist schließlich ein wandelndes Lexikon und bildet sich sonst was auf seine geschwollene Ausdrucksweise ein. Also sagt er auch nichts einfach so ohne Grund. Und er tut auch nichts ohne Grund. Ergo... Mann, ich denke zuviel über die Sache nach. Wahrscheinlich war es einfach eine seiner komischen Launen oder sogar ein ausgeklügelter Schachzug um mich zu verwirren oder so. Psychotaktik. So was hat Kaiba schließlich auch im Angebot. Dennoch... der Kaiba den ich da erlebt habe, war irgendwie anders. Ich verstehe es einfach nicht. Vielleicht ist das auch besser so, denn wenn ich soweit bin, dass ich Kaiba verstehe, dann... tja, dann habe ich es gepackt. "Du solltest dich bei ihm bedanken." meint Yugi nach einer Weile. Ich hätte es wissen sollen. Das ist Yugi Denkweise. Automatisch schenke ich ihm ein Lächeln. Man muss den kleinen Kerl einfach lieb haben, oder? Aber sich bei Kaiba zu bedanken!? Klar, einerseits hat er Recht, aber... Himmel, es ist Kaiba! Der Kaiba, der mir das Leben so gern zur Hölle macht, der nicht einmal normal mit mir reden kann und mir alle möglichen inländische oder ausländische Schimpfworte an den Kopf wirft. "Und der Kaiba, der dir - ich zitiere - den Arsch gerettet hat." Aha. Da ist sie wieder, die böse, kleine Stimme. Und wieder hat sie Recht. Ich hasse sie. Ja, ich weiß jetzt schon was folgen muss. Vielleicht auch besser so. Wenn ich das gemacht habe, wenn ich über meinen Schatten gesprungen bin und mich bei dem Ekel bedankt habe, dann höre ich vielleicht auch auf darüber nachzudenken. Einen Versuch ist es wert und... wenn ich ehrlich bin, ich schulde es ihm auch. Obwohl... eigentlich nicht, aber hey, ich bin im Gegensatz zu ihm zu sozialen Handlungen fähig, oder etwa nicht? "Du hast Recht." Ha. In meiner Stimme schwingt Entschlossenheit mit, auch wenn mir nach wie vor nicht wohl bei dem Gedanken ist. Doch noch unwohler ist mir bei den Gedanken an Kaiba, die momentan mein Hirn überfluten. Ich werde mich also bei Kaiba bedanken. Und ich werde ihn einfach fragen, warum er mir überhaupt geholfen hat. Dann ist die Sache geklärt. So einfach ist das. Ich grinse Yugi an. "Ja, Joey, so einfach ist das..." Die böse kleine Stimme lacht und ich schaudere. Kapitel 3: Verwirrung --------------------- "Kaiba?" Meine Stimme klingt seltsam fremd und meine Zunge ist plötzlich irgendwie belegt. Er blickt nicht von seinem Laptop auf, hält nicht einmal mit Tippen inne. Unfassbar wie schnell er tippen kann. Seine schlanken Finger hechten geradezu über die Tastatur. Weiß er eigentlich nicht, dass Pause ist? Wie dumm von mir, für Kaiba ist Pause sicher ein Fremdwort. Deshalb sitzt er auch hier im Klassenraum und tracktiert seinen Laptop. "Wheeler..." beginnt er mit dieser erschreckend bissigen Stimme und zieht meinen Namen dabei genervt in die Länge. Er ist jetzt schon genervt. Unfassbar. "...ich warne dich. Ich bin heute nicht in der Konstitution mich mit unsinnigen Kommentaren deinerseits auseinander zusetzen." Er sieht mich nicht einmal an während er das sagt. Ich nehme seine Aussage zur Kenntnis und trete doch näher. Mein Schritt ist seltsam zögerlich und das scheint sogar er irgendwie zu bemerken, denn plötzlich hält er inne und sieht mich an. Mit diesen unfassbar blauen Augen. Kann ein normaler Mensch eigentlich solche Augen haben? Ist Kaiba ein normaler Mensch? Über diese Definitionen muss ich mir bei Gelegenheit Gedanken machen. "Also..." Er wartet und lässt mich dabei nicht aus den Augen. Ich versuche mich zu entspannen, die richtigen Worte zu finden, auch wenn ich jetzt schon weiß, dass es sie nicht gibt, weil das Ganze einfach verrückt ist. "Ich warte." Geduld ist nicht seine Stärke. Unwillkürlich huscht ein leichtes Lächeln über mein Gesicht. "Nun ja... ich wollte ... also ich dachte, wegen der Sache im Park...meinte ich..." Ich stottere herum. Warum muss er mich auch so ansehen? Ich komme mir fast vor als müsse ich vor die Inquisition treten. Diese Typen haben bestimmt auch so finster geguckt. Wie soll man denn da einen klaren Gedanken fassen? "Wenn du was zu sagen hast, sag es." unterbricht er mich unwirsch. "Köter." fügt er nach zwei Sekunden hinzu. Seltsamerweise hilft mir gerade das mich etwas zu fangen. Das ist vertrautes Gelände, damit kann ich umgehen. "Also wegen der Sache im Park. Du weißt schon. Ich wollte mich einfach nur bedanken. Ich meine, du hast mir ..." "... den Arsch gerettet. Ich weiß." Er grinst. Dieses typisch überhebliche Kaiba-Grinsen. Ich verspüre den Wunsch ihm eine reinzuhauen. Stattdessen erwidere ich nur: "Ja." Eine Antwort, die ihn scheinbar erstaunt. Weil sie so schlicht, fast kleinlaut ist? Ich schaffe es tatsächlich diesem eiskalten Blick standzuhalten. Wow. Die tödlichen Eistrahlen vernichten mich nicht. Hallelujah! Das Grinsen verschwindet aus seinem Gesicht und seine Miene wird wieder ausdruckslos. Für einen Moment habe ich sogar das Gefühl, dass er sich entspannt, sofern Kaiba zu so was überhaupt fähig ist. Das Schweigen zwischen uns dehnt sich aus. Ein seltsamer Zustand. Auch das ist neu. Einander anzuschweigen ist uns bislang noch nie gelungen. Irgendwie seltsam. Und irgendwie habe ich das Gefühl, dass er in dem Moment nicht einmal weiß was er sagen sollte. Für Beleidigungen ist kein Raum im Grunde. Also schweigt er und ich ebenso. Zweite neue Situation innerhalb von zwei Tagen. Langsam aber sicher wird es strange. Ich bin es schließlich, der das Schweigen bricht. "Danke." Ich sage es ganz ruhig, ohne bitteren Beigeschmack. Ehrlich. Und genau damit scheine ich ihn zu irritieren. Er starrt mich jedenfalls ziemlich irritiert an. Wahrscheinlich hat er mit was anderem gerechnet. Smalltalk auf der Ebene lief bislang nie wirklich gut zwischen uns. Ich kann nicht anders. Ich muss lächeln. Die Situation ist einfach verrückt. Uns. Alles. Joey Wheeler bedankt sich bei Seto Kaiba und der Rest ist Schweigen. Naja, und wir sehen uns dabei in die Augen. Sehr intensiv sogar, was mich wiederum irritiert, denn es ist nicht dieser alles vernichtende In-den-Staub-Blick, den ich von Kaiba gewohnt bin. Da ist etwas unergründliches in diesen Saphiren, das mir gänzlich neu ist... und mich irgendwie berührt, auch wenn ich nicht so recht sagen kann auf welche Weise. Bilde ich es mir nur ein oder hat sich mein Herzschlag gerade beschleunigt? "Zur Kenntnis genommen." sagt er schlicht und wendet sich wieder seinem Bildschirm zu. Für ihn ist die Sache damit scheinbar beendet. Eigentlich könnte sie auch für mich beendet sein. Meine Schuldigkeit ist getan, es ging wieder erwarten sogar recht zivilisiert von statten und eigentlich könnte ich jetzt die Bühne verlassen. Eigentlich. Wenn da nicht diese Frage wäre. Und ich weiß, ich muss sie ihm stellen. "Kaiba?" beginne ich also von Neuem. Er schließt kurz die Augen und seufzt. "Was denn noch?" fragt er genervt und klappt den Laptop zu. Ich zögere, weil ich mir nicht sicher bin wie ich die Frage formulieren soll. Immerhin muss man bei Kaiba aufpassen. Ein falsches Wort und der Typ explodiert. Und das ist gerade das letzte was ich möchte. "Warum hast du mir geholfen?" will ich wissen und er stöhnt wütend auf. "Reicht es nicht, dass ich deinen Köter-Arsch gerettet habe? Muss ich mich vor dir nun auch noch rechtfertigen?" Seine Schläfen zucken verdächtig. Instinktiv weiche ich einen Schritt zurück. "Na, weißt du... also... eigentlich reicht das schon, aber naja, ich wüsste halt nur gern... weil siehst du... normalerweise bist du eben nicht die Freundlichkeit in Person." Seine Mundwinkel verziehen sich zu einem spöttischen Grinsen. "Tatsächlich?" Ich bin mir nicht sicher ob die Frage ernst gemeint ist, deshalb sage ich einfach nichts. Mann, ich bin nicht hier um ihn wütend zu machen, ich bin hier um... Ja, weshalb? Mensch, ich habe mich entschuldigt, eigentlich könnte es mir echt am Arsch vorbei gehen warum dieser Typ mal einen guten Tag hatte. Vielleicht hat sogar er das hin und wieder und das Schicksal... "Ich wüsste nicht, warum ich meine Handlungsweise vor dir oder sonst jemandem begründen sollte." Er erhebt sich von seinem Stuhl und ich fasse es einfach nicht. Warum kann der Typ nicht wie ein normaler Mensch reagieren? Muss er denn immer den Unnahbaren raushängen lassen? "Wenn es dich beruhigt, dann überlasse ich es das nächste Mal dem Hundefänger, dich vom Boden aufzulesen." Er sieht mich nicht an während er spricht, sondern packt lässig seinen Laptop in die Tasche und - - mir reicht es plötzlich. Ich spüre wie ich kurz vorm explodieren bin. "Verdammt noch mal, ist die Frage denn so unlogisch? Ausgerechnet du hilfst mir, dabei hast du sonst doch nichts besseres zu tun als mir verbal in den Arsch zu treten und ich finde ich habe ein Recht..." Meine Gedanken überschlagen sich während ich rede. Ich weiß eigentlich gar nicht was ich da von mir gebe und auch nicht warum. Es bricht einfach so aus mir raus und er steht lässig da und lässt es über sich ergehen. Mehr noch. Er lächelt. Dieser gottverdammte egoistische Bastard lächelt. Und dieses seltsame Lächeln lässt mich unwillkürlich innehalten. Keine Ahnung warum. Vielleicht weil es wieder von der bis dahin gültigen Norm zwischen uns abweicht. Ich sehe keinen Spott darin. Er wirkt auch nicht belustigt. Wieder starren wir uns an. Ich bin wütend und irritiert und keine Ahnung was noch und er ist wieder einmal so selbstgefällig gelassen, dass ich ihm den Hals umdrehen will wäre da nicht... "Also gut." Er seufzt resignierend und macht einen Schritt auf mich zu. Mein Puls rast. Ich fühle es genau. Herrje, warum schafft es dieser Typ nur mich so aus der Fassung zu bringen? Immer und immer wieder. Immer noch lächelt er dieses undefinierbare Lächeln, dass seinem Gesicht komischerweise die Härte nimmt. Fast habe ich das Gefühl, dass sein Blick weicher wird. Oh Mann, das ist jetzt aber echt zuviel für mich. "Du hast Recht." höre ich ihn schließlich sagen und traue meinen Ohren nicht. Recht? Ich? Kaiba gibt MIR Recht? Das ist der eindeutige Beweis, dass etwas nicht stimmt. Ich träume immer noch, nein, ich bin in der verdammten Twillight Zone oder aber das ist nicht mehr Seto Kaiba, der da vor mir steht. Irgendwie begreife ich, dass er meine Fassungslosigkeit bemerkt und sie scheint ihn zu amüsieren. "Streich dir den Tag rot im Kalender an, mein Hündchen! Du hast tatsächlich mal etwas logisches von dir gegeben." meint er und ich habe das Gefühl, dass ich gleich ohnmächtig werde. "Du hast ein Recht darauf..." Habe ich? Tatsächlich? Gott, das ist zuviel für mich. Mein Verstand wird gleich explodieren. Er lächelt noch immer und sieht mir dabei genau in die Augen, fixiert mich mit diesen katzenhaften blauen Augen, die sonst eisige Funken versprühen, nun aber irgendwie weicher sind oder bilde ich mir das ein? Ich halluziniere scheinbar schon. Mein Herzschlag setzt für einen Moment aus und ich wage es kaum zu atmen. In dem Moment gibt es einfach nur diese Augen und ich habe das Gefühl... Dann senkt er den Blick und geht an mir vorbei Richtung Tür. Ich schaffe es gerade noch ihm nachzusehen. Zu geschockt bin ich von der ganzen Situation, die mir so unwirklich erscheint, dass es einfach nicht real sein kann. "Ich wollte nicht, dass du verletzt wirst." höre ich ihn sagen. "Reicht dir das als Grund?" Ich bin nicht mehr in der Lage etwas zu erwidern und er lässt mich auch einfach stehen. Ich bin unfähig mich zu rühren, starre ihm nur nach und wiederhole seine Worte in meinem Kopf. Es ist als hätte jemand auf Repeat gedrückt. Ich wollte nicht, dass du verletzt wirst. Reicht dir das als Grund? Alles dreht sich. Noch nach Minuten. Ich fasse es nicht. Der Repeat läuft immer noch. Kann sich auch nur irgendwer vorstellen wie ich mich gerade fühle? Ich werde verrückt. Ich weiß es. Und Herrgott, ich kann diesen Repeat nicht abstellen. Und überhaupt... jetzt ist alles noch schlimmer. Das wird mir gerade schlagartig bewusst. Jetzt war er schon zum zweiten Mal so... So... anders. So... unfassbar anders. Unf fuck, diese Augen. Warum habe ich inzwischen das Gefühl, dass ich mich darin verlieren werde, wenn sie mich noch länger ansehen? Scheiße und der Arsch lässt mich einfach stehen. "Nein, verdammt... das reicht mir nicht als Grund!" sage ich wütend. Aber es ist zu spät. Kaiba ist längst weg und hat mich mit noch mehr Fragen zurückgelassen. Wäre ja auch ein Wunder wenn der Kerl in der Lage wäre sich normal zu artikulieren. Was bezweckt er damit? Und warum geht es mir so unter die Haut? Mein Hündchen Er hatte es wieder gesagt. Ich wollte nicht, dass du verletzt wirst. Er wollte es nicht...? Wieso? War es ihm denn normalerweise nicht egal was mit mir passiert? Hm. Ich kann es drehen und wenden wie ich es will. Fakt ist, Seto Kaiba hat mir nicht nur geholfen, er hat sich meinetwegen auch mit Subjekten angelegt, mit denen er sich normalerweise nie abgeben würde. Weil er nicht wollte, dass ich verletzt werde. So einfach war das. Die Frage war im Grunde beantwortet. Pech nur, dass es jetzt eine neue Frage gab, die mir auf der Seele brannte. Warum wollte Kaiba nicht, dass ich verletzt werde? Und warum zum Geier bezeichnet er mich neuerdings als sein Hündchen? "Hast du dich bei ihm bedankt?" Yugi tritt in den Klassensaal zu mir. Ich nicke. "Gut." Yugi strahlt mich an. Ich erwidere nichts. "Dann ist das ja geregelt und du bist ihm nichts mehr schuldig." Wenn das mal so einfach wäre... Aber das kann ich Yugi nun beim besten Willen nicht erzählen. Er würde es mir sicher ohnehin nicht glauben. Himmel, ich glaube es selbst nicht. Und was noch viel schlimmer ist... ich kann nicht glauben, welche Wirkung Kaiba´s Lächeln auf mich hat. Dieses neue Lächeln. Und dieser neue Blick. DAS geht mir unter die Haut. Und wie. Und plötzlich muss ich an diese Berührung denken. An den Moment in dem er mir seine Hand hin gehalten hatte und ich sie ergriff. Ich hatte nicht gezögert und ich war erstaunt gewesen wie warm er sich anfühlte. Seine Hand war warm gewesen, warm und stark und genau an dieses Gefühl muss ich jetzt denken. Oh, Mann, ich werde verrückt. Jetzt ist es offiziell. Kapitel 4: Erkenntnis --------------------- Wenn ich gestern schon gedacht habe, dass ich verrückt bin... nun, heute weiß ich es! Echt jetzt. Ich muss verrückt sein. Es gibt keine andere logische Erklärung und auch keine unlogische, also überhaupt keine. Und nach letzter Nacht kann es auch keine mehr geben. So viel steht mal fest. Denn... Ich habe geträumt. Von Kaiba. Und es war KEIN Alptraum. Puh. Es lässt sich eben nicht leugnen. Und verdrängen kann ich es schon gar nicht. Seit dieser Typ mir im Park geholfen hat, kann ich einfach nicht anders. Ich muss an ihn denken. Immerzu und egal was ich versuche... es wird schlimmer. Sehr viel schlimmer - wie der Traum beweist. Nein, Joey, keine Einzelheiten. Mir war heute morgen schon schlecht genug. Verständlich, wenn man von Kaiba träumt, oder? Ich weiß echt nicht was das soll, geschweige denn was mit mir los ist und schon gar nicht warum dieser Kerl zur Zeit diese... Wirkung auf mich hat. Heute morgen habe ich ihn doch schon fast gesucht auf dem Schulhof. Ernsthaft. Ich habe als erstes Ausschau nach Kaiba gehalten. Doch der Arsch war nicht da. Und kam auch nicht. Und mir ist es unmöglich mich auf den Unterricht zu konzentrieren. Ok, das ist jetzt nichts neues, aber normalerweise denke ich dann an Duelle, an Mädchen, Pizza... irgendeinen Mist. Aber definitiv nicht an Kaiba. Aber seit seinem Abgang gestern... Nein, genauer gesagt, seit unserem merkwürdigen Dialog ist ausgerechnet dieser scheintote Lackaffe in meinem Kopf. Unablässig. Immer zu. Ich kann sogar hin und wieder noch mal diesen Blick auf mir spüren. Diesen neuen Kaiba-Blick. Selbst in der Vorstellung treibt es mir die Röte ins Gesicht. Was zur Hölle passiert da mit mir? Ich wünschte ich könnte zum Arzt gehen, irgendeine Spritze bekommen und gut ist. Aber was soll ich dem sagen? ´tschuldigung, ich habe seit gestern akkuten Kaiba? Oh Mann. Selbst für meine Verhältnisse ist das verrückt. Und bei all dem hat dieser Arsch auch noch den Nerv mich allein zu lassen. Ich meine, er ist doch schließlich Schuld. Er hat mich infiziert, wenn man so will. Keinen Plan wie er das gemacht hat und warum, aber er ist Schuld. So. Jetzt gehts mir schon etwas besser. Nein, eigentlich nicht, aber auf ihn wütend zu sein ist leichter als... Gott, ich will nicht an ihn denken. Und auch nicht an seine Augen. Schon gar nicht an die und an seinen Mund auch nicht. Dieses Lächeln. Was bildet er sich ein. Weil er nicht wollte, dass ich verletzt werde... Hallo? Dreht sich denn alles um ihn. "Ja, im Moment schon." Fuck, diese böse kleine Stimme ist genau so sarkastisch wie er. Und fuck² genau wie er hat sie Recht. "Warum ausgerechnet ich?" Ups. Das war laut. Jetzt starren mich alle an. Ich grinse entschuldigend. "Schön, dass sie endlich wach geworden sind, Mr. Wheeler." Mein Klassenlehrer schenkt mir einen missbilligenden Blick. Wieder eröte ich. Wenigstens ist ER diesmal daran nicht Schuld. ER. Ich ertappe mich, wie ich zu seinem leeren Platz hinstarre. Was ER wohl gerade macht? Wahrscheinlich sitzt er in seinem megastylischen Büro und wälzt irgendwelche megawichtigen Akten, während ich hier sitzen muss in Gedanken bei... Ich sollte ihm eine reinhauen. Ja, das wäre das Beste. Keine Fragen mehr, schon gar kein Entschuldigungen und auch keine Dankesreden mehr. Einfach eine mitten in die Fresse und... "Joey!" Tea starrt mich an. Ich habe gerade mein Mathebuch verprügelt. Ich sinke immer tiefer. "Was ist denn nur los mit dir? Du bist ja ganz durch den Wind." Ja, das trifft es, Tea. Ich bin definitiv durch den Wind. "Keine Ahnung... hab schlecht geschlafen." Ich zucke mit den Schultern. Sie sieht mich weiterhin missbilligend an. Danke auch. Das hat gerade noch gefehlt. Ich muss etwas unternehmen. *** Ich werde etwas unternehmen. Ich bin schon so gut wie dabei. Ich habe zwar nach wie vor keinen wirklichen Plan, aber einen Grundgedanken, wenn man so will. Und den werde ich nun umsetzen. Ich glaube, die anderen merken auch, dass ich verrückt werde. Zum Glück konnte ich mich nach dem Unterricht wortlos abseilen. Yugi hat mir zwar noch was hinterher gerufen, aber ich bin einfach weiter. Nein, das hier ist eine Sache, die ich alleine regeln muss und ich werde sie jetzt auch regeln. Also zumindest meine Grundidee umsetzen. Was mich zu Kaibas Villa führt. Verdammt ist das Ding groß. Wofür braucht der Kerl soviele Zimmer, wenn er doch meist in seiner Firma ist? Hm. Das werde ich ihn irgendwann mal fragen. Jetzt gibt es wichtigeres zu klären. Ich hoffe er ist da. Schon während ich klingele weiß ich, dass die Grundidee doch nicht so genial war. Ich meine, was soll ich denn sagen? Hallo Kaiba, warum wolltest du nicht, dass ich verletzt werde? Bitte sag mir das, damit ich wieder ruhig schlafen kann und... Oh Mann, wie behämmert. Der hält mich dann doch für den totalen Freak. Wobei... das tut er sowieso. Der Punkt ist also egal. Wie auch immer. Ich habe geklingelt jetzt wird es durchgezogen und theoretisch kann ich ihm immer noch eine reinhauen. "Sie wünschen?" Ich glaube es ist Rolands Stimme, die aus der Sprechanlage kommt. Habe ich ernsthaft gedacht, dass sich Kaiba selbst darum kümmern würde? Lächerlich. "Hier ist Joey Wheeler. Ich möchte zu Mr. Kaiba." Klingt doch fast professionell, oder? "Haben Sie einen Termin?" Ähm... "Nein. Ich..." Es war eine spontane Idee. Mist. Vielleicht auch besser so. "Warten Sie bitte einen Moment." "Oh. Ok." Ich warte, während Roland wohl das Urteil des Meisters abholt ob der Köter vorgelassen wird oder draußen bleiben muss. Gott, ich werde sarkastisch. Der Spruch hätte fast von Mr. Sarkasmus himself sein können. "Mr. Kaiba lässt bitten. Warten sie am Tor, sie werden sofort abgeholt." Höflich bedanke ich mich bei der Sprechanlage und warte. Es dauert tatsächlich nicht lange bis ein Pinguin kommt. Er wirkt sehr gewichtig. "Mr. Wheeler, bitte folgen sie mir." Er wartet keine Antwort ab und ich folge. Minuten später betrete ich das Heiligtum des Fürsten der Finsternis oder war es Eiseskälte? Ich muss unwillkürlich schaudern. Nein, nicht dass es kalt wäre, im Gegenteil. Es ist sogar recht gemütlich für so einen großen Schuppen und es gibt eine Menge zu sehen. Wow. Der Eisprinz wohnt nicht schlecht. Ich schaffe gar nicht alles in mich aufzunehmen und gleichzeitig dem Pinguin zu folgen. "Bitte, Mr. Wheeler. Mr. Kaiba erwarte sie." Man öffnet mir die Tür und ich zögere. So. Jetzt gibt es also kein zurück mehr. Ich muss es jetzt durchziehen. Warum verlässt mich nur jetzt der Mut? Ich trete ein und bin erst einmal irritiert wie groß der Salon ist. So groß, dass ich auf Anhieb keinen Menschen sehe. "Kaiba?" frage ich irritiert. Die Tür hat man schon hinter mir geschlossen. "Joey!" antwortet eine freudige Stimme und der andere Kaiba läuft auf mich zu. Der kleine Mr. Kaiba. Vielleicht hätte ich mich präziser ausdrücken sollen. Das sagt Kaiba mir auch immer. Oh Mann. "Hallo Mokuba." Ich grinse ihn liebevoll an. Im Gegensatz zu seinem Bruder ist er ein wahrer Sonnenschein. Hat schon ne gewisse Ironie, oder? "Schön dich zu sehen. Aber... naja, eigentlich wollte ich zu..." "Dacht ich mir." unterbricht der Kleine mich. "Aber Seto ist noch nicht da. Doch er wird sicher innerhalb der nächsten halben Stunde kommen, deshalb dacht ich mir du unterhältst dich solange mit mir. Magst du was trinken?" Wow. Keine Fremdwörter, keine gemeinen Ausdrücke und dazu noch ein strahlendes Lächeln. "Klar, gerne. Dann warte ich hier mit dir." erwidere ich und entspanne mich automatisch. Noch habe ich Galgenfrist. Und im Notfall... "Tee?" Ich nicke nur und trete unsicher näher ins Zimmer. "Setz dich ruhig und machs dir bequem." Mokuba hat schon das Austelefon in der Hand. Aha. So läuft das hier. Was für ein Service. Ich nehme auf der großen runden Couch Platz und sehe mich weiter um. Im Hintergrund gibt Mokuba seine Bestellung auf und ich muss grinsen. "So... erledigt." Jetzt kommt er zu mir und nimmt mir gegenüber Platz. Er ist wie immer gut gelaunt, naja, kein Wunder bei der Hütte. "Und alles klar bei dir?" Ich nicke. "Ja, eigentlich schon." Was soll ich auch sagen? Nein, dein Bruder hat mich verflucht. "Schön." Er grinst. Eines dieser süssen Kindergrinsen, die geradezu ansteckend bin. Seltsamerweise frage ich mich insgeheim wie Seto wohl als Kind war. Hat er auch gegrinst? Waren seine Haare zerzaust? Oder hatte er schon damals diesen unbeugsamen harten Blick darauf? Fragen über Fragen und Scheiße, warum beschäftige ich mich damit? "Was willst du denn von Seto?" fragt er schließlich. Ähm ja. Gute Frage. "Also ich..." Zum Glück werden wir unterbrochen. Der Tee kommt. Ein Hausmädchen serviert ihn wie ich es aus Filmen kenne. Stilvoll und steif. Während sie ausschenkt überlege ich mir was ich sagen soll. Auf einmal erscheint mir die ganze Idee verrückt genau wie der Rest der Sache. Ich sollte gehen. "Also?" fragt Mokuba und seine großen Augen haben einen solch herrlich unschuldigen Blick. Er reicht mir eine Tasse und ich stelle sie vor mir ab. "Ach, ich wollte nur mit ihm über einen kleinen Zwischenfall im Park reden..." Klingt doch nach ner vernünftigen und recht plausibelen Antwort, oder? Einen Moment sieht Mokuba mich fragend an. "Ach, du meinst die Schlägerei?!" meint er dann und nun ist es an mir ihn fragend anzusehen. "Du weißt davon?" Er nickt heftig. "Klar... ich musste Seto doch auch verarzten. Aber Pst! Er wollte eigentlich gar nicht zugeben, dass er sich verletzt hat." Mokuba strahlt und in seinem Blick liegt eine solche Heldenverehrung, dass es mir die Sprache verschlägt. Und schlagartig wird mit bewusst, dass Seto sich ja wirklich und wahrhaftig mit vier Kerlen geprügelt hat. Kerlen, denen ich mit meiner kämpferischen Erfahrung unterlegen war. "Was hatte er denn?" will ich wissen. "Ich sag´s auch nicht weiter!" Ich zwinkere ihm verschwörerisch zu. Er grinst unwillkürlich. "Nur ne kleine Prellung an der Hand." entgegnet er leise. Ich nicke. "Und du? Hast du dich auch verletzt?" Ich schüttele den Kopf. "Nicht wirklich... Ich hatte Glück." Er nickt zustimmend. "Stimmt, wenn Seto nicht gewesen wäre..." Erkenntnis Nr. 2 innerhalb von wenigen Minuten. Mokuba wusste tatsächlich von der Sache, ich meine, nicht nur oberflächlich. Kaiba hatte ihm erzählt, dass er mir geholfen hatte. Fast hätte ich mich an meinem Tee verschluckt. "Ja, wenn Kaiba nicht gewesen wäre, wäre es wahrscheinlich übel ausgegangen." Ich übertreibe, aber hey, der Kleine verehrt seinen Bruder. "Ich hätte nicht gedacht, dass er dir davon erzählt, ich meine, dass er irgendjemanden davon erzählt, dass er mir..." Ich spreche es nicht aus. An Mokubas Gesicht kann ich ablesen, dass er es auch so versteht. Er grinst vielsagend. "Also wirklich erzählt hat es mir Seto auch nicht. Er erzählt doch nie viel. Man muss ihm die Sachen aus der Nase ziehen." Er zwinkert mir zu. Ich nicke nur und denke nach. Versuche es zumindest. "Hat es dich nicht gewundert, dass er ausgerechnet mir geholfen hat?" platzt es dann aus mir heraus. Mokuba lacht. "Seto wollte eben nicht, dass du verletzt wirst." erwidert er ruhig. Schon wieder. Seto, ich meine, Kaiba wollte nicht, dass ich verletzt werde. Als wäre damit alles gesagt. "Hm." "..." "Ach...nichts." Er sieht mich plötzlich mit einem merkwürdigen Ausdruck in den Augen an. Ich kann ihn nicht deuten, aber ich habe das Gefühl, dass er überlegt. "Bist du deshalb hier?" will er schließlich wissen. Keine Ahnung was er mit deshalb eigentlich meint, aber ich nicke mal einfach. Er tut es auch. Nicken. Nachdenklich. Bedächtig. Und wieder scheint er zu überlegen. "Du weißt, dass Seto nicht so gut darin ist Gefühle zu zeigen." Nein, es ist keine Frage, eine Feststellung. Ich nicke wobei ich nicht so gut für reichlich untertrieben halte. Kaiba mag in allem gut sein, was er anfängt aber wenn es um Gefühle geht, dann ist er ein stümperhafter Amateur. Und das ist noch freundlich ausgedrückt. Doch das kann ich Mokuba natürlich nicht sagen, auch wenn er es vielleicht sogar weiß. "Seto lässt nicht gerne jemanden an sich heran..." redet der Kleine weiter. "Selbst mir gegenüber fällt es ihm schwer. Ich weiß, das ist keine böse Absicht von ihm, er ist eben so. Verschlossen meine ich. Das liegt an unserer Vergangenheit." Er sieht mich nicht an während er redet. Ich bin nicht einmal sicher ob er mit mir spricht oder zu sich selbst. "Was ich damit sagen will, es ist nicht so, dass jeder ihm egal ist, außer mir. Auch wenn es manchmal so aussieht." Seine schwarzen Augen fixieren mich jetzt. Ich bin nicht sicher ob ich ihn richtig verstehe, ob er mir damit tatsächlich etwas zu sagen versucht. Mir speziell. Ein merkwürdiges Gefühl beschleicht mich plötzlich. Ich muss unwillkürlich an Kaibas Augen an diesem Nachmittag denken. Die Art wie er mich angesehen hatte. Er... Er war besorgt gewesen. Ernsthaft besorgt. Um mich. Langsam dämmert mir etwas, aber kann das tatsächlich sein? Ich wage es nicht den Gedanken weiter auszuführen. "... und du bist ja auch sein Hündchen." Die letzten Worte reißen mich jäh zurück in die Realität. Was hatte er gesagt? Ich hatte nur den Schluss verstanden, aber das hatte genügt um mich aus der Fassung zu bringen. Ich starre Mokuba fassungslos an, ich bin außer Stande etwas zu entgegenen. Ja, nicht einmal nachzufragen. Ich fasse es einfach nicht. Das kann einfach nicht sein. Ich muss mich irren. Mein Gehör muss defekt sein. Wieder dieser Ausdruck. Sein Hündchen. Ich muss es wissen. Ich muss wissen was das bedeutet und wenn Kaiba es mir schon nicht sagen will oder kann oder was auch immer, Mokuba wird es. "Wie meinst du das?" frage ich deshalb. Aber eine Antwort bekomme ich nicht mehr. Die Tür wird geöffnet und wir werden wieder unterbrochen. Nur das es diesmal kein Dienstmädchen ist, das gleich wieder geht. ER ist es. Kaiba. Ich spüre wie sich alles in mir zusammenzieht. Und ich sehe ihm an, dass es ihm genauso geht. Wir sehen einander an und... "Seto!" Mokuba ist zu ihm gelaufen und umarmt ihn. Es ist seltsam mitanzusehen wie alle Anspannung und Härte von ihm abfällt, wenn er auf den Kleinen trifft. Ich kann geradezu beobachten, wie sich eine Verwandlung an ihm vollzieht. Mit einem Mal liegt keine Kälte mehr in seinen Zügen, ja, die markanten Züge werden direkt weich und der zynische Mund verliert seine Härte und auch den feinen Spott. Bislang konnte ich das Schauspiel nur ein, zwei Mal aus der Ferne beobachten, jetzt aber sehe ich es nah und deutlich und... verdammt, Kaiba ist tatsächlich ein Mensch. Ich habe mich nicht geirrt. Der Blick seiner Augen, die jetzt auf Mokuba ruhen, sind sanft, ja, gütig und... Ich spüre wie ich erstarre. Das ist fast genau der Blick mit dem er mich ansgesehen hat. Nur, dass in dem Moment noch Sorge mit im Spiel war. Fasziniert beobachte ich das Schauspiel, ich weiß, es wird nur wenige Sekunden andauern, dann wird er die Maske wieder hochziehen und sich mir zuwenden. "Soweit wie er es noch vermag." vernehme ich wieder diese kleine Stimme. Nein, diesesmal ist sie nicht sarkastisch. Kapitel 5: Konfrontation ------------------------ Es ist seltsam, aber ich bemerke zum ersten Mal wie schön sein Gesicht ist. Sicher, dass er gut aussieht war mir auch schon vorher klar. Und nicht erst seit die Mädchen in der Schule kein anderes Thema haben als den ach-so-tollen-Seto Kaiba. Ich habe schließlich Augen im Kopf. Und für einen Mann ist er schon eindrucksvoll, was nicht nur an dem Mantel und der Aura des Unnahbaren liegt, wobei das Beides natürlich was hat. Nein, jetzt gerade, in eben diesem Moment nehme ich erstmals wahr wie gleichmäßig seine Züge sind. Und seine Wimpern. Haben Männer überhaupt soooo lange Wimpern? Ich bin nicht sicher ob das politisch korrekt ist. Von den Augen ganz zu schweigen. Klar, dass sein Blick einen aus der Fassung bringen kann, war schon immer eine unbestreitbare Tatsache. Dass er einen nervös machte, besonders wenn man ihm im Duell gegenüber steht und diese unnachgiebige Sturheit, ja diesen unbeugsamen Stolz in ihnen sieht... Aber jetzt blicken seine Augen weich und sanft auf seinen Bruder und es verschlägt mir den Atem. Ich wage es nicht mich zu rühren um den Moment nicht zu stören. Ich will nicht, dass er die Maske wieder hochzieht. Ich will ihn weiter so beobachten... einfach so. Und dabei das Gefühl genießen, dass sich in mir ausbreitet. Moment, Moment. Gefühl??? Komm in die Realität zurück, Joey. Das hier ist Kaiba. Der Kaiba. Oder doch nicht? "Wie komme ich zu der Ehre deines Besuches, Wheeler?" fragt er schließlich mit diesem nur zu vertrauten spöttischen Ton und der Zauber ist gebrochen. Ich sehe, dass er die Maske wieder aufgesetzt hat, aber sie sitzt nicht mehr so gut. Ich weiß es und ich glaube, er weiß es auch. Ich spüre es daran, dass sein Spott nur zu deutlich gespielt ist. Es ist eine Rolle, nichts weiter. Das wird mir mit einem Mal klar. Er spielt jetzt wieder den unnahbaren Mr. Cool. Und er weiß, dass ich weiß, dass er es nur spielt. Zumindest jetzt. Zumindest mir gegenüber in diesem Moment. Ich weiß nicht recht was ich sagen soll. Als ich hergekommen bin, hatte ich vorgehabt ihm eine reinzuhauen oder zumindest ihn anzubrüllen. Aber mit einem Mal erscheint mir das alles so weit weg. Und unwichtig. Verrückt, was? "Um ehrlich zu sein... ich weiß es nicht." gebe ich daher zu. Er ist verwirrt. Und amüsiert stelle ich nun fest, dass ich ihn aus der Fassung gebracht habe. Müsste er nicht eigentlich irgendeine abfällige Bemerkung an dieser Stelle machen? Steht das nicht in seinem Drehbuch? Ich versuche seinem Blick stand zu halten und wow... zum ersten Mal seit ich Seto Kaiba kenne, liegt Unsicherheit in seinem Blick. Ja, ich bin mir ganz sicher. Unter anderen Umständen hätte ich gelacht und den Triumph ausgekostet. Ich meine, das ist schon mal was, oder? Joey Wheeler macht Seto Kaiba unsicher! Das passiert nicht jeden Tag. Doch in diesem Augenblick liegt es mir fern diesen Kampf weiterzuführen. Ich habe gerade gar keine Lust darauf mir ein verbales Duell mit ihm zu liefern und wie es aussieht... er auch nicht. Welch Überraschung. Er seufzt und wendet mir den Rücken zu. "Hattest du einen harten Tag, Seto?" Mokuba blickt besorgt zu seinem Bruder auf. Kaiba macht eine wegwerfende Geste mit der Hand. "Nicht anders als sonst auch." erwidert er, aber seine Stimme klingt müde und irgendwie... Ich weiß es nicht. "Möchtest du Tee? Joey und ich haben schon welchen getrunken." Kaiba wirft mir einen undefinierbaren Blick zu und nickt Mokuba dann zu. "Gerne." Der Kleine strahlt und macht sich direkt wieder ans Werk. Und Kaiba... Scheinbar zögerlich tritt er zur Couch und nimmt mir gegenüber Platz. Wir beobachten einander wie Wildtiere, die darauf warten wer den ersten Angriff führt. "Worüber habt ihr geredet?" fragt er schließlich und ich ahne was er denkt. Er fragt sich ob sein kleiner Bruder zu viel Preis gegeben hat von dem, was er selbst so verzweifelt zu verstecken versucht. Dass er ein Mensch ist. Mit menschlichen Gefühlen. Kein Roboter. Kein Eisprinz. Ich halte es für besser Mokuba antworten zu lassen und wie erwartet übernimmt der Kleine den Part. Kaiba lässt mich dabei nicht aus den Augen. Er schätzt mich ab und seine Zügen wirken wieder hart und kalt, nur an seinen Augen ist noch etwas von dem Kaiba zu erkennen, der... "Joey hat mir von der Schlägerei erzählt." Ok, das trifft es nicht ganz, aber gut. Kaiba nickt ruhig. "Die Schlägerei bei der du mir den Arsch gerettet hast." Ich kann nicht anders, ich muss das sagen. Ich lächele ihn an. Er reagiert nicht, zuckt nicht einmal mit der Wimper. Dabei habe ich ihm eine geniale Vorlage geliefert. "Und?" "Was und?" "Und worauf willst du hinaus? Ich dachte, das Thema hätten wir hinreichend erörtert." Aha. Da ist er wieder. Naja, fast. Noch nicht ganz der alte Kaiba, aber er gewinnt allmählich seine Fassung wieder. Ich zucke mit den Schultern. "Naja... nicht so ganz, oder?" Er zieht eine seiner makellosen Brauen hoch und ich frage mich wie er das macht, also nur eine hochzuziehen. Ich kann das nicht. Ob er es geübt hat? "Wheeler." Er presst meinen Namen hervor und merke die Wut, die mitschwingt. "Was bitte gibt es noch zu klären? Ich hatte einen harten Tag, das kannst du dir sicher nicht vorstellen. Ich habe eine Firma zu leiten, mein Geduldsfaden ist daher augenblicklich nicht besonders lang und ich würde es begrüßen, wenn du endlich auf den Punkt kommen würdest." Ich bin nicht sicher wie ich ihn gerade einschätzen soll. Eigentlich bin ich mir heute über gar nichts mehr sicher was ihn betrifft. Und genau das ist mein Problem. "Ich glaube Joey..." Kaiba unterbricht Mokuba mit einer einzigen Handbewegung und der Kleine verstummt augenblicklich. "Lass uns bitte alleine, Mokuba." Es ist wieder die Stimme, die keinen Widerspruch duldet. Nicht einmal von seinem Bruder. "Wie du willst, Seto." Mokuba erhebt sich und geht zur Tür, bevor er den Raum verlässt schenkt er mir noch ein aufmunterndes Lächeln. Ich werde es wohl brauchen können. "Wheeler." Er beugt sich vor und seine volle Anspannung ist wieder da. Ich kann sie fast greifen. "Kaiba, ich..." Ich breche ab. Ich weiß doch gar nicht was ich sagen soll. Das hier ist vollkommenes Neuland und ich bin verwirrt. Wir sitzen uns schweigend gegenüber. Ich weiß, dass er nach den richtigen Worten sucht und ich tue es ebenso. Und ich glaube, wir beide wissen nicht so recht was wir sagen sollen. Fakt ist, die Sachlage hat sich innerhalb kürzester Zeit verändert. Wir sind nicht mehr nur Seto Kaiba und Joey Wheeler wie wir es bisher waren. Die alten Regeln gelten nicht mehr. Wir spüren es beide, aber keiner will es sich wohl eingestehen. Es ist ja auch nicht so leicht. Ich meine, gestern, naja, eigentlich vorvorgestern waren wir noch Erzfeinde und das war leicht für uns, mit der Rollenverteilung kamen wir klar, irgendwie zumindest. Aber die Dinge haben sich geändert und auch wenn ich nicht weiß was das überhaupt bedeutet, ich weiß, dass ich Kaiba mit anderen Augen sehe als zuvor. Und dass sich daran auch nichts mehr ändern wird. "Warum hast du mir geholfen?" frage ich schließlich noch einmal. Er schließt die Augen. Es kostet ihn Mühe sich zusammen zureißen. Ich sehe es ihm an. Seine Hände sind zu Fäusten geballt und ich spüre wie er mit sich ringt. Irgendwie tut es mir weh ihn so zu sehen. Es ist als würde er einen inneren Kampf führen und ich kann mir vorstellen wie hart das sein muss. "Das habe ich dir doch bereits gesagt. Wir treten auf der Stelle." Seine Selbstbeherrschung nötigt mir Respekt ab. Ja, ernsthaft. Ich weiß, dass er mich in diesem Moment am Liebsten anschreien, ja vielleicht sogar schlagen würde, aber er tut es nicht. Er ist bemüht darum die Contenance zu bewahren. So ist Seto Kaiba eben. Und irgendwie tut er mir plötzlich leid. Was muss in seinem Leben alles passiert sein, dass er so bemüht ist, sich selbst unter Kontrolle zu behalten, dass er sich keine einzige Emotion gönnt. "Ich bin nicht hier um zu streiten." höre ich mich sagen. "Ach ja?" Der Sarkasmus verfehlt dieses Mal seine Wirkung. "Kaiba." Es ist seltsam... ich agiere wie ferngesteuert. Ein, zwei Schritte und ich bin bei ihm. Lege ihm meine Hand auf die Schulter und bin erstaunt wie zart diese ist, wie mager. Ich dachte immer er hätte so breite, harte Schultern. Aber das macht wohl mehr der Mantel. Er reißt den Kopf hoch und starrt mich an. Unsicher, fassungslos und auch wütend, aber ich halte seinem Blick stand. Ich spüre wie er unter meiner Berührung zu zittern beginnt. Und ich zittere ebenfalls. Aber nicht aus Angst. Ich bin einfach überwältigt. Das Gefühl ihn zu berühren, ihm so nah zu sein - ihm, dem eigentlich keiner wirklich nah ist. "Was zur Hölle willst du, Wheeler?" fragt er und es ist Verzweiflung, die mitschwingt. Ja, echte Verzweiflug. Immernoch liegt meine Hand auf seiner Schulter und ich weiß eigentlich gar nicht so recht was ich hier tue, aber es erscheint mir richtig, so verrückt das Ganze auch sein mag. Das Blau seiner Augen strahlt mir entgegen und es nicht die Spur von Kälte darin. Oh nein, nicht einmal ein Funke. Sie sind warm und weich und irgendwie flehend und der Anblick rührt mich so dermaßen, dass mir die Sinne schwinden. Ernsthaft. Noch nie habe ich solch schöne Augen gesehen und solch unbändige Traurigkeit darin. Vage nehme ich wahr wie ich mich zu ihm beuge und meine Hand zu seinem Nacken gleitet. Ich sehe wie seine Pupillen sich weiten als ich seinen Kopf nach vorne drücke, aber er lässt es geschehen, leistet keinerlei Widerstand und auch wenn ich keinerlei Ahnung habe was ich da gerade tue und warum, ich kann nicht inne halten. Dann liegen meine Lippen auf den seinen und... Es ist so leicht. Mit einem Mal sind alle Fragen vergessen, alle Zweifel beseitigt und die Ängste weggefegt. Die Zeit scheint still zu stehen und ich fühle nur. Seine Lippen auf den meinen. Sie sind warm und sie zittern und sie sind erstaunlich sanft. Für den Bruchteil einer Sekunde spüre ich seine Überraschung, ja, auch den Versuch sich mir zu entziehen, aber er tut es nicht. Er erwidert meinen Kuss und mein Herz beginnt zu hüpfen. So unglaublich ist das Gefühl. So etwas habe ich noch nie erlebt. Es ist unbeschreiblich und einfach nur... wow. Eine Ewigkeit scheint zu vergehen bis wir uns von einander lösen, um Luft zuholen und zu realisieren was gerade geschehen ist. Mein Hirn ist wie aufgeweicht. Ich fühle mich trunken und mein Blick hält seinen fest. "Wow." bricht es schließlich aus mir hervor. Er sagt nichts, sieht mich nur an. "Wow." Dann dämmert mir die Wahrheit. Die Realität hat mich zurück. Wie vom Donner gerührt starren wir uns an. Wir haben uns geküsst. Kaiba und Wheeler haben sich geküsst. Ich weiß nicht was mich mehr schockiert. Diese Erkenntnis oder die Tatsache, dass es sich unglaublich angefühlt hat. "Oh Mann." "Du sagst es." "Ich..." Ich höre wie Kaiba tief durchatmet. "Das war definitiv nicht geplant." sage ich und komme nicht umhin zu lachen. Ich bin nicht sicher ob es ein glückliches oder hysterisches Lachen ist. Wahrscheinlich was von beidem. "Ich kann nicht umhin dir zu zu stimmen." Er versucht sich wieder zusammeln, aber das kann er vergessen. Es wird ihm nicht gelingen. Mir auch nicht. Nicht nach... dieser Aktion. Ich habe tatsächlich Kaiba geküsst. Oh Mann. Und wenn das nicht schon verrückt genug ist... es war toll. Mehr noch, es war... gigantisch. "Dir ist schon klar, dass das..." Er bricht ab und schüttelt den Kopf. "Verrückt ist?" Er nickt. "Jepp, das steht außer Frage würd ich sagen. Wahrscheinlich das Verrückteste was ich je getan habe." "Und warum hast du es getan?" Seine Stimme ist nur ein Flüstern. Puh. Gute Frage. Warum habe ich Kaiba geküsst? Weil es mir eine gute Idee schien? Und auch eigentlich eine gute Idee war, wenn man die Sachlage rein auf den Gefühlswert beschränkt. Und weil ich irgendwie gar nicht anders konnte. Auch wenn das verrückt klingt. Ich bin eben verrückt. Ist es nicht erstaunlich wie gut ich mich fühle nachdem ich Kaiba geküsst habe? Oh Mann, was für ein Tag. Er sieht mich fragend an. "Ich schätze aus dem gleichen Grund warum du mir geholfen hast." erwidere ich schließlich. Und nun befinden wir uns beide in einer Pattsituation. Kapitel 6: Offenbarung ---------------------- Da sitzen wir beide also. Und nichts ist mehr wie es wahr. Junge, Junge... hätte man mir das vor einer Woche erzählt, ich hätte laut gelacht. Warum? Weil allein schon der Gedanke, dass es je zu diesem Moment kommen würde, absolut, vollkommen und ganz und gar verrückt gewesen wäre. Nun, die Situation ist immer noch verrückt, aber sie ist eben Realiät. Und so unglaublich das auch sein mag, ich bin irgendwie dabei mich daran zu gewöhnen. Was ich allerdings dem Umstand verdanke, dass momentan so viele Glückshormone in mir rumschwirren, dass alles Denken auf Eis liegt. "Genau das wollte ich immer vermeiden..." Er schüttelt leicht den Kopf und murmelt nur vor sich hin. Die Worte haben nicht mir gegollten, aber ich habe jedes davon verstanden. "Wie meinst du das?" Natürlich muss ich nachhaken. Wieder schüttelt er den Kopf. Er ist aufgestanden und geht jetzt im Zimmer auf und ab. Seltsamerweise macht mich das ausnahmsweise nicht nervös. Ich mache mir lediglich etwas Sorgen, denn er scheint das Ganze weniger gut wegzustecken als ich. "Das verstehst du nicht..." sagt er schließlich und ich bin einen Moment irritiert, dass er keinen Kosenamen hinzufügt. Nicht einmal Wheeler. Ich beobachte ihn wie er auf und abgeht und fieberhaft zu überlegen scheint und es ist schon seltsam, aber plötzlich fallen mir Dinge an ihm auf, die ich vorher nicht wahrgenommen habe. Zum Beispiel wie unglaublich weich sein Haar ist und dass er schöne Hände hat. Und einen schönen Mund. Zumindest wenn er nicht gerade sarkastische Kommentare von sich gibt und spöttisch grinst. Obwohl... unter bestimmten Umständen hatte sogar das was. Oh Mann, Joey, du denkst wie ein verliebtes Huhn. Unwillkürlich werde ich rot. Ist es das? Bin ich... verliebt? Mir wird schwindlig. Ich glaub ich muss mich hinlegen. Verliebt in Kaiba. Das ist... grauenhaft. "Was hast du?" fragt er mich und hält in seiner Bewegung inne. Ich habe das Gefühl nach hinten zu kippen, als würde man mir den Boden unter den Füßen wegreißen. Verliebt in Kaiba. Der Gedanke ist einfach... Ich versuche den Kopf zu schütteln und das Nächste was ich spüre ist seine Hand, die mich am Arm packt und nach vorne reißt. Ich war tatsächlich dabei umzukippen. Verdammt. Wie kindisch. "Schon gut..." winke ich ab als ich seinen besorgten Blick sehe. Er ist tatsächlich besorgt. Wow. Daran muss ich mich erst noch gewöhnen. "Ach Joey." höre ich ihn sagen. Seine Stimme ist mit einem mal seltsam warm und sanft und irgendwie traurig. Und zum ersten Mal hat er meinen Namen gesagt. "Du weißt wie ich heiße." stelle ich überrascht fest. Noch überraschter sieht er mich an. "Natürlich weiß ich das. Was denkst du denn?" schnaubt er verächtlich. "Ich..." Ich hatte tatsächlich gedacht, dass er meinen Namen nicht kennt. Ich war so daran gewöhnt von ihm mit allen möglichen Ausdrücken bedacht zu werden, dass ich überzeugt war, dass er meinen richtigen Namen gar nicht kennt. Und nun wirkt er ernstlich bestürtzt. Fast als hätte ich ihm eine Ohrfeige verpasst. "´tschuldigung, ich dachte nur..." "Nur weil ich deinen Namen bis dato noch nicht benutzt habe, heißt das nicht, dass ich ihn nicht kenne." entgegnet er und fügt ein leises "Joey." hinzu. Ich bin gerührt. Ja, echt. Ich glaube, das kann keiner nachvollziehen. Er kennt tatsächlich meinen Namen und... die Art wie er ihn ausspricht. Ich fange schon wieder an zu zittern. "Sag ihn bitte noch einmal." Die Worte kommen scheinbar ohne mein Zutun aus meinem Mund. Fuck, ich bin gerade echt auf einem undefinierbaren Level. Er lächelt. Ja, tatsächlich. Er lächelt zum allerersten Mal wirklich richtig. "Joey." sagt er dann klar und deutlich und es klingt... es ist unbeschreiblich. Er sagt meinen Namen auf eine solch süße und zugleich verzweifelte Weise, dass ich fast glaube es bereitet ihm körperlichen Schmerz ihn auszusprechen. Und vielleicht ist dem auch so. Kaiba ist kein Freund von Emotionen. Sein eigener Bruder hat es bestätigt sofern das noch Bestätigung bedurfte. Was muss es ihn an Kraft kosten diese Emotionen dennoch rauszulassen. Wie sollte mich das nicht rühren? "Deshalb hast du mich nie so genannt." überlege ich laut. Er zuckt unwillkürlich zusammen. Ja, mit einem Mal verstehe ich es. Zumindest glaube ich es. Meinen Namen auszusprechen, hätte bedeutet ein Gefühl zu zu lassen. Etwas, dass Kaiba von Natur aus scheinbar widerstrebte. Aus diesem Grund hatte er all diese verächtlichen Kosenamen für mich, für die andern. Yugi hatte Recht gehabt. Er war tatsächlich nicht das Riesenarsch, dass uns alle verachtete wie er es immer vorgab. Er wollte nur den Eindruck erwecken, um seine Ruhe zu haben. Weil er Angst vor diesen Gefühlen hatte. Und je stärker ein Gefühl, desto größer die Angst. Yugi hat er ab und an beim Namen genannt. Ich glaube sogar Tristan und Tea. Mich nie. Bei mir war es immer nur Köter, Streuner, Hündchen. "Das ist der Grund, oder?" frage ich ihn. Er antwortet nicht. Streitet es weder ab noch bestätigt es. Er steht einfach hilflos vor mir und ich kapiere, dass heute seine Welt aus den Fugen geraten ist. Meinetwegen. Weil ich nicht locker gelassen habe. Ich habe sein Geheimnis aufgedeckt und mehr noch, ich habe geschafft was keinem sonst gelungen ist. Vielleicht nicht einmal Mokuba vollkommen. Ich habe seine Mauern niedergerissen. Ich gebe mir Mühe sanft zu sein als ich zaghaft sein Gesicht in beide Hände nehme. Er lässt es geschehen. Er hat jetzt nicht mehr die Kraft zu kämpfen. Vielleicht will er auch nicht mehr. "Sag es mir, Seto. Ich bitte dich." Ja, ich bitte. Ich flehe. Ich muss es einfach wissen. Wenn ich Recht habe, dann ist all der Schmerz vergessen, den er mir je zugefügt hat. Dann verzeihe ich ihm jeden Schlag und jeden Tritt und überhaupt alles. Aber ich muss es wissen. Hier und jetzt. Er zögert. Weil er weiß, dass alles was er jetzt sagt nicht mehr zurück genommen werden kann. Er kann morgen nicht so tun als wäre das nicht geschehen. Aber Himmel, dazu sind wir gerade ohnehin zu weit. "Joey, ich..." "Seto, bitte... sei ein einziges Mal ehrlich zu mir. Hier und jetzt." "Ich kann nicht." presst er hervor. "Doch, du kannst!" widerspreche ich sanft. Er zittert wieder unter meiner Berührung oder bin ich derjenige, der zittert. Ich weiß es nicht. Es spielt auch keine Rolle. Noch nie habe ich mich jemandem so nahe gefühlt wie ihm in diesem Moment. Es ist fast so als könnte ich seinen Schmerz fühlen, als wäre er ein Teil von mir. Ich spüre wie mir Tränen in die Augen treten. "Ich..." Er bricht wieder ab und ich lasse es geschehen. Dränge nicht weiter. Ich sehe ihm an, dass er nicht kann. Er kann es jetzt nicht sagen und auch wenn ich es mir wünsche, es bringt nichts weiter in ihn zu dringen. Also halte ich ihn einfach nur fest und genieße das Gefühl seines Körpers an meinem. Er lässt sich widerstandslos in meine Arme ziehen und ich spüre seinen Herzschlag ganz nah bei meinem. Was für ein Gefühl! Was für ein Moment! Auf´s Neue bin ich wie betäubt von den Eindrücken, die ich gerade gewinne und den Gefühlen, die mich zu überwältigen drohen. Dann beginnt er meine Umarmung zu erwidern. Sie nicht nur zu zu lassen. Seine Arme schlingen sich um mich und er klammert sich an mich wie ein Ertrinkender und irgendwie sind wir das in dem Moment beide. Ertrinkende, die sich verzweifelt festhalten. Und es ist ein unbeschreiblich schönes Gefühl ihn im Arm zu halten. Als er sich nach einer Ewigkeit von mir löst, verspüre ich wirklich so etwas wie Verlust. Aber ich halte ihn nicht fest, ich weiß, dass es falsch wäre das zu tun. Ich merke, dass er sich zu sammeln versucht, deshalb halte ich auch die Klappe. Auch wenn ich ihm in dem Moment gerne unzählige Dinge sagen würde. Zum Beispiel wie verdammt gut er sich anfühlt oder dass ich ihn gern noch einmal küssen würde. "Du hast Recht." sagt er plötzlich und wendet sich von mir. Ich halte den Atem an. Er klingt ruhig, fast sachlich. Du hast Recht. Ein seltsames Kribbeln durchströmt meinen Körper und nein, es ist nicht das Gefühl des Triumphes, weil er das sagt. "Deshalb habe ich deinen Namen nie gesagt." Ich weiß, dass es ihn unendliche Kraft kostet das auszusprechen, einzugestehen und ich verspüre den Wunsch ihm zu sagen, dass ich es verstehe, dass es jetzt keine Rolle mehr spielt, aber ich vermag es nicht etwas zu sagen. Ja, ich kann mich nicht einmal rühren. "Ich kann so etwas nicht." fährt er fort und ich bin nicht sicher was er meint. Er seufzt. "Gefühle sind etwas für Schwächlinge, Joey. Wenn man es im Leben zu etwas bringen will, dann muss man aus Stein sein. Wäre ich wie Yugi und würde mein Herz auf der Zunge tragen, ich hätte keinen einzigen Moment überlebt. Ich wäre nie Chef eines Großkonzerns geworden. Yugi mag der bessere Mensch sein, aber er wird es nie zu etwas bringen." Er lacht und für einen Moment nehme ich den alten Kaiba wieder wahr. Ich höre den Spott, den er in das Lachen legt. Die Verachtung. "Im Waisenhaus habe ich mir geschworen, dass ich es nach ganz oben bringen werde. Koste es was es wolle." Ich sehe, wie er die Hände zu Fäusten ballt und ich weiß, dass er in dem Moment an die Zeit im Waisenhaus denkt und nach allem was ich bislang über drei Ecken gehört habe, war das nicht gerade eine gute Zeit. "Ich habe es mir geschworen und Mokuba. Verstehst du? Nicht allein für mich. Für ihn. Für uns beide." Ich verstehe ihn nur zu gut. Ich hätte wahrscheinlich ähnlich gehandelt, wenn ich in seiner Situation gewesen wäre. Ich hätte das Gleiche für meine Schwester getan. "Mein Adoptivvater hat mich einiges gelehrt, aber die wichtigste Lektion war, dass man an der Spitze einsam ist und es auch sein muss. Freundlichkeit und Nächstenliebe erhalten kein Geschäft. Sie erhalten Freundschaften, sonst nichts. Aber um die Kaiba Corp. zu leiten bedarf es einer harten Hand. Disziplin." Ich bin nicht sicher worauf dieses Gespräch zusteuert, aber ich lasse ihn reden. Ich glaube, er muss reden. Einmal alles rauslassen. All das, was sich in ihm aufgestaut hat. Und das ist eine Menge. Also unterbreche ich ihn nicht. Höre ihm einfach nur zu und erkenne dabei zum ersten Mal, dass ich ihn die ganze Zeit über falsch eingeschätzt habe. Gut, er ist nach wie vor ein reicher Pinkel, aber all das ist ihm nicht in die Hände gefallen. Die Kaiba Corp. leitet sich nicht von selbst. Und der Anspruch, den Kaiba an seine Mitarbeiter hat ist vermutlich geringer als sein Anspruch an sich selbst. "Gefühle bedeuten Schwäche und Schwäche bedeutet Angriffsfläche und Angriffsfläche bedeutet Verwundbarkeit." Das war es also. Ich verstehe nur zu gut. Unwillkürlich muss ich an Mokubas Entführung denken. Kaibas Schwachpunkt Nummer Eins. Mokuba. Der einzige Schwachpunkt. Weil er diesen nicht verbergen konnte. Seinen Bruder zu verstossen wäre selbst für ihn zu viel gewesen. Aber er konnte es bei anderen tun. Bei mir. Langsam fügt sich alles zusammen und alles ergibt einen Sinn. Seine spöttischen Bemerkungen über meine Freunde, unsere Freundschaft, über Yugi... und über mich. In dem Moment in dem er zugelassen hätte, dass wir ihm nahe kamen, wären wir zu einem Sinnbild seiner Schwäche geworden. Er hätte sich angreifbar gemacht. Und das hatte er nicht gewollt. "Seto." hauche ich und ich spüre mit einem Mal all seine Traurigkeit, seine Einsamkeit. Nur schwer kann ich dem Impuls widerstehen zu ihm zu gehen und ihn in die Arme zu nehmen. "Ich habe diesen Weg selbst gewählt. Er ist der Preis, den ich bezahlen muss. Alles hat seinen Preis, Joey." Ich seufze. Ich kann nicht widersprechen. Im Grunde hat er Recht. Zumindest was seine Perspektive anbelangt. Ich zögere ehe ich die nächsten Worte ausspreche. Ich weiß, dass es vermutlich keine gute Idee ist, aber ich kann nicht anders und wenn wir schon dabei sind hier einen Seelenstrip hinzulegen, nun, dann können wir es auch vollkommen machen, oder? "Warum hast du mir geholfen?" Die Frage ist albern und natürlich ist sie nicht die eigentliche Frage, das wissen wir beide, aber ich brauche einfach eine Antwort. Ich muss es von ihm hören. Das letzte Puzzelteil, wenn man so will. Herrgott, ich werde melodramatisch. Als er sich umwendet um mich anzusehen, ist sein Anblick zum niederknien. Das Lächeln, das er mir schenkt, unbezahlbar. Er sieht mit einem Mal aus wie einer dieser tragischen griechischen Helden, die zu schön sind um sie anzusehen und zugleich zu grausam um ihnen Stand zu halten und mir stockt der Atem, denn ich weiß, dass ich dieses Bild nie wieder aus dem Kopf bekommen werde. Vergangenes hin oder her. Dieser Moment ist für die Ewigkeit. Gleichgültig wie lange er dauern mag. "Weil du mein Hündchen bist." So einfach ist das. Ich bin sein Hündchen. Das ist mein Kosename von ihm. Der Kosename, den er sogar seinem Bruder verraten hat. Also bedeutet das etwas. Nein, es bedeutet eine Menge. Ich schniefe. So gerührt bin ich. Und er lacht. Es ist ein herzliches, liebevolles Lachen und es ist schön es zu hören. "Also bin ich eine deiner Schwächen." rekapituliere ich. "So könnte man es ausdrücken." erwidert er. "Ok." "..." "Ok." Er sieht mich fragend an. Habe ich schon erwähnt wie schön seine Augen sind? Unfassbar. Echt jetzt. "Ich meine, es ist ok." "Findest du?" "Ich fühle mich privilegiert und geehrt." Keine Ahnung wo ich die Worte her habe. Ich finde sie gerade sehr, sehr passend. Er lacht und ich stelle fest, dass ich es liebe ihn lachen zu sehen. Weil er dann menschlich wirkt. Er hat ein schönes Lachen und es steckt an. Also stimme ich ein. "Und willst du mir nun verraten, warum du mich geküsst hast?" Ach ja, die Frage stand ja noch im Raum. Irgendwie. Ich spüre wie ich rot werde. Was soll ich sagen? Na, weil ich in der letzten Zeit irgendwie ständig an dich gedacht habe inklusive der Tatsache, dass ich einen mehr oder weniger heißen Traum von dir hatte und naja, weil du auf eine so unverschämt sexy Art verletztlich sein kannst? Dann haut er mir eine rein. Quatsch, über den Punkt sind wir wohl hinaus. Meine Wangen brennen, was ihn scheinbar amüsiert. "Seit dem Moment im Park ist alles anders." So fange ich es an. Er wirkt erstaunt. "Tatsächlich?" "Ja, irgendwie schon." "Warum?" "Na, weil es schon seltsam ist, wenn der Erzfeind himself einem das Leben rettet und dann auch noch so nen Blick darauf hat und naja, seither kann ich an nichts mehr anderes denken als an diesen Blick eben und das ist krank, ich weiß, aber irgendwie macht mich das glücklich und deshalb denke ich, habe ich..." Wieder dieses warme Lachen. Nein, er lacht mich nicht aus. Er lacht einfach, vielleicht weil er glücklich ist. Ist er glücklich? Wieder wird mir bewusst wie verrückt diese Situation eigentlich ist. Ich meine, mal realistisch betrachtet. Kaiba und ich. Und so eine Konversation. Er scheint das Gleiche zu denken, denn sein Blick wird wieder ernst. "Und was heißt das nun?" Tja, das ist wieder die große Frage. Und was morgen ist, wenn diese Offenbarung beendet wurde. Wenn der Alltag wieder beginnt. "Ich glaube, ich will weiterhin eine deiner Schwächen sein." Ich grinse ihn schief an. Eine bessere Antwort fällt mir gerade nicht ein. "Joey." "Hm?" "Du bist DIE Schwäche überhaupt." Ich lache. Weil ich ihm das sogar glaube. "Also?" frage ich. Er seufzt. "Also werden wir einen Weg finden müssen damit umzugehen." "Klingt logisch." "Ist es auch." "Das heißt, ich darf dich noch einmal küssen?" "Ich würde sagen, ich bitte darum." "Gut." Ich zögere nicht länger. Ich gehe auf ihn zu und handele einfach. Weil ich es will. Weil ich noch einmal seine Lippen auf meinen spüren will. Hier, jetzt, wann auch immer. Denn es ist ein verdammt gutes Gefühl, wie mir beim erneuten Versuch bestätigt wird. Ich bin überrascht wie gut er küssen kann. Bislang hatte ich Kaiba und Küssen nicht unbedingt für Dinge gehalten, die man verbinden konnte. Aber hey, man kann. Oh und wie. "Ich glaube..." hebe ich zwischen zwei Küssen atemlos an. "Ich bin dabei mich in Kaiba, den Menschen, zu verlieben." Er streichelt sanft über meine Wange und seine Augen dringen tief in die Meinen vor. "Mein Hündchen." Mehr muss er nicht sagen. Das ist genug. Es reicht... für den Moment. Und mir wird klar, dass ich mich mit so einem Moment begnügen kann. Einem Einzigen. Der so vollkommen ist, dass er für ein Leben reicht. Und hey, wer hätte Gedacht, dass Kaiba mir so einen Moment schenken könnte? Ich strahle ihn förmlich an als er sich von mir löst. Ich bin berauscht, trunken von seinen Lippen. Ich hoffe es geht ihm genauso. Ich wage es zu behaupten. "Dir ist klar, dass das nicht leicht wird?" höre ich ihn fragen. Ich schätze das ist so. Nun denn. Es ist eben verrückt. Was soll´s? Ich bin glücklich. Er ist es auch, wenn ich seinen Blick richtig deute. "Du bist Kaiba." Das sagt doch alles, oder? Wir werden den nächsten Akt schon überleben. Irgendwie. Kapitel 7: Evangelium --------------------- Guten Morgen, liebe Welt, an diesem wunderbaren Freitag! Joey Wheeler ist unterwegs zur Schule und hey, ich bin zur Abwechslung pünktlich! Und gut gelaunt. Obwohl... das ist eigentlich untertrieben. Ich bin sehr gut gelaunt. Nein, ich bin gigantisch drauf. Mann, Mann, das Leben ist schön. "Hey, Joey!" Yugi winkt mir freudig zu und ich winke stürmisch zurück während ich auf ihn zulaufe. "Einen wunderschönen guten Morgen!" Ich strahle meine Freunde an. "Du bist ja gut drauf..." stellt Yugi erfreut fest und lacht. Ich grinse. "Jepp." "Und du bist pünktlich!" bemerkt Tea. "Was ist los?" Ja. Was ist los? Rekapitulieren wir! (Das ist übrigens eines Seiner Lieblingsworte genau wie eruieren, wie ich seit gestern Abend weiß.) Also, ich bin glücklich. Seit gestern Abend um genau zu sein. Und ich glaube mal, dass es daran liegt, dass ich irgendwie verliebt bin. Ich würde meinen Zustand so definieren - zumindest, wenn Tea´s Aussagen auf dem Gebiet stimmen. Ich meine, das mit den Schmetterlingen und so. Keine Ahnung ob ich Schmetterlinge im Bauch hab - bildlich, wörtlich oder virtuell, ich hab ein komisches Gefühl im Magen und mir ist nicht schlecht oder so. Jedenfalls ist dieses Verliebtsein ein erschreckend tolles Gefühl. Und es verändert alles, würd ich mal behaupten. Kurz und gut, mich hat es erwischt. Was jetzt nicht unbedingt so ne große Sache ist. Tristan verliebt sich jeden Tag drei oder vier mal. Oder sollte man in dem Fall eher verknallt sagen? Wie auch immer. Das Unfassbare an dem Ganzen ist, dass ich mich ausgerechnet in die unwahrscheinlichste, ja unvorstellbarste Person verliebt habe, die man sich nur vorstellen kann. Unwahrscheinlich ist sogar noch untertrieben, denn das Objekt meiner Begierde, wie Tea es wohl ausdrücken würde, ist kein geringerer als Seto Kaiba. DER Seto Kaiba, mein ultimativer und ewiger Erzfeind. "Joey?" Yugi sieht mich fragend an. Mann, ich hab schon wieder nicht zugehört. Verlegen kratze ich mich am Kopf und werde rot. "Mann, du benimmst dich in der letzten Zeit vielleicht komisch." Tea sieht mich skeptisch von der Seite an. "Ach was." winke ich ab. Aber sie hat natürlich Recht. Nur, dass ich ihr nicht sagen kann was gerade los ist. Ich kann es keinem meiner Freunde sagen. Auch eine Erkenntnis, die ich gestern Abend gewonnen habe. Wie bitte willst du deinen Freunden das hier erklären? Ich bin gespannt. Oh Mann. Er hatte Recht. Wie immer. Argh. In meinem Enthusiasmus gestern, trunken vor Freude und dem Gefühl, dass mich zu überwältigen gedroht hatte, war ich tatsächlich der Ansicht gewesen... Ernsthaft. Wie sollte ich ihnen auch sagen was gerade los ist? Eigentlich weiß ich es selber ja nicht so genau. Ich weiß nur, dass seit gestern endgültig alles anders ist. Seit ich Kaiba geküsst habe. Ich höre wie ich laut aufstöhne und wieder sehen sie mich alle fragend an. Ich schaffe es ein schiefes Grinsen zu stande zu bringen und für einen Moment frage ich mich wie sie wohl reagieren würden, wenn ich sagen würde: Hey Leute, also die Sache ist die, ich hab mich verliebt, in Kaiba. Wie´s dazu gekommen ist? Na, ich war gestern bei ihm und wollte ihm eine reinhauen, weil er mir doch vor ein paar Tagen den Arsch gerettet hat und das geht ja wohl nicht so einfach, aber dann hatte er so was wie nen Zusammenbruch, die Nerven glaub ich, und da hab ich gedacht, dass ich ihn lieber küsse anstatt zu verprügeln und was soll ich sagen? Das war ne gute Idee. Er küsst nämlich verdammt gut! Seitdem hab ich dieses Gefühl und er auch und ich glaube, wir sind jetzt irgendwie... keine Ahnung was. Ein Paar? Aber Pst! Das ist natürlich streng geheim. Ihr wisst ja wie Kaiba ist. Firmenpolitik und so. Verstanden? Wenn ich mir ihre Gesichter nach so einer Ansage vorstelle, könnte ich mich wegschütteln vor lachen. Aber hey, genau genommen ist es ja die Wahrheit. In der Zusammenfassung klingt es allerdings doch etwas komisch. Mal abgesehen davon, dass es um Kaiba und mich geht und das alles eben verrückt ist. So oder so, es wäre echt mal ne krasse Ansage. Doch es ist ja auch das Krassest was überhaupt je passieren konnte, oder? Joey Wheeler verliebt sich in Seto Kaiba. Was für eine Schlagzeile! "Oh Mann..." höre ich mich sagen und muss automatisch lachen. Ja, jetzt denken sie sicher ich wäre endgültig übergeschnappt. Bin ich wohl auch. Immerhin habe ich Seto geküsst. Seto. Allein wenn ich den Namen denke überläuft mich ein Schauder. Kaiba ging mir immer leichter von den Lippen. Kaiba plus irgendein Schimpfwort sowieso. Verrückte Welt. Aber ernsthaft. Wir haben darüber geredet. Ich meine, Seto und ich. Gestern. Und da das Ganze eben so unfassbar ist, werden wir erstmal die Füße still halten und gucken was das überhaupt zu bedeuten hat. Also, genau genommen soll ich die Füße still halten. Er tut es ja sowieso. Tja und dann sehen wir weiter. Eigentlich alles in allem eine recht vernünftige Lösung in dieser doch eher unvernünftigen und konkret krassen Lage. "Mit mir ist alles in Ordnung. Ernsthaft, Leute." versichere ich ihnen schließlich und schenke der Runde mein bestes Joey-Grinsen um sie zu beruhigen. Yugi sieht mich nachdenklich an. Dann nickt er. "Ok, Joey. Ich glaube dir." Ich bin erleichter und doch... vielleicht etwas skeptisch, aber hey, der Kleine lügt nie. Jetzt wo ich Umgang mit Kaiba pflege muss ich aufpassen, dass ich nicht auch so paranoid werde. Ich klopfe ihm freundschaftlich auf die Schulter und entspanne mich. Er sich auch, denn er strahlt mich auf die typische Yugi-Art an. Hach, den kleinen Punk muss man einfach lieben, oder? "Ich hab übrigens neue Karten..." wechselt er dann plötzlich das Thema, aber ich höre nur halb hin, denn ein Geräusch lenkt mich ab. Ich muss nicht hinsehen, um zu wissen was es bedeutet. Es sind Schritte. Kaiba´s Schritte. Ich spüre seine Präsenz ohne hinzusehen. Schon komisch, oder? Ich drehe leicht den Kopf und dann sehe ich ihn. Ich kann nicht anders. Ich zucke unwillkürlich leicht zusammen. Wieder einmal ist er ein Schock für meine Sinne. War immer so. Jetzt nur auf andere, befremdliche Art. Und seit gestern kann ich das auch zugeben. Fuck, er ist heiß... also echt jetzt. Anders kann man es nicht ausdrücken. Und jetzt verstehe ich auch all die Hühner, die so verrückt nach ihm sind. Der Kerl ist einfach... sein Auftreten verschlägt einem den Atem und mir seit gestern sowieso. Er hat seine Maske wieder angelegt. Seine Miene ist undurchdringlich. Die Mauern stehen wieder, wie ich mit leisem Bedauern feststelle. Auch wenn ich sie durchschaue. Jetzt zumindest. Trotzdem versetzt es mir einen winzigen Stich, ihn wieder so zu sehen. Selbst wenn ich weiß, dass es nur eine Maske ist und er sie tragen muss. Ich mag sein Gesicht lieber, wenn er entspannt ist, wenn er lacht. Aber ich verstehe, warum er sich nach außen so geben muss, wozu er diese Maske braucht. Und ich weiß, dass darunter, naja... dass darunter mein Kaiba ist. Mein Kaiba. Ich spüre wie ich rot werde. Was für ein Gedanke... Oh Mann. "Aus dem Weg, Kindergarten." Seine Stimme klingt hart und kalt und er würdigt uns keines Blickes. Nein, ich bin nicht enttäuscht. Nicht einmal irritiert. So haben wir es gestern besprochen. Und wir waren uns beide einig darüber. Echt jetzt. Es gibt keinen anderen Weg. Nicht, wenn wir dieses verrückte Ding versuchen wollen. Es ist einfach... es geht eben nicht anders. Wenn du tatsächlich ein Teil meiner Welt sein willst, dann geht es nicht anders. Absolutes Stillschweigen. Er hat Recht. Es geht nicht anders. Und fuck, ich will ein Teil seiner Welt sein, was auch immer das heißt. Ich will ein Teil von ihm sein, denn er ist ein Teil von mir - seit nunmehr 75 Stunden. Vielleicht sogar schon viel, viel länger. Wenn ich ehrlich bin. "Wheeler." knurrt er und es fällt mir schwer ein Lachen zu unterdrücken. "Irgendwann bringe ich dir Manieren bei, Kaiba." rufe ich ihm nach und lache innerlich. Irgendwie macht das Ganze schon etwas Spaß. "Dieser arrogante Lackaffe... " höre ich Tristan sagen. "Ich wünschte irgendwer würde ihm eins in die Fresse geben." Ich sage nichts dazu. Ich sehe ihm einfach nur nach und denke an gestern. An diesen verletzlichen, traurigen Kaiba, der sich fast bedingungslos meiner Berührung hingegeben hat. War das wirklich erst gestern gewesen? Es erscheint mir so lange her. Seltsam, oder? "... also hast du jetzt Lust nachher in den Laden zu kommen und sie dir anzusehen?" Ich schnappe gerade noch die letzten Worte von Yugi auf. Dann nicke ich. "Klar." Er strahlt. Mist, ich muss aufhören ständig meinen Gedanken nachzuhängen, sonst bekomme ich ja gar nichts mehr mit. "Schön. Ich habe auch noch eine, die dir gefallen könnte!" fährt Yugi fort und ich versuche mich auf ihn zu konzentrieren. Wieder nicke ich. "Na, da das ja geklärt ist, können wir jetzt in die Klasse gehen." beendet Tea schließlich das Gespräch und ich folge den Beiden gemächlich mit Tristan im Schlepptau. Kaiba sitzt schon an seinem Platz. Perfekt vorbereitet. Wie immer. Ich spüre wie ich ihn wieder zu mustern beginne, wobei ich mich bemühe es mir nicht anmerken zu lassen und ich denke wieder an gestern. An die Dinge, die er mir gesagt hat. An die Dinge, die wir uns gesagt haben. Der erste zivile Dialog mit Kaiba, den ich je im Leben geführt habe. Kein verbaler Schlagabtausch, nur die nackte und zugegeben erschütternde Wahrheit. Nein, ich werde ihn nie mehr mit den gleichen Augen wie früher betrachten können. Nicht nach gestern, nicht mit diesem Gefühl. Und ich komme nicht umhin mich zu fragen wohin das eigentlich führen wird. Wie wird es weitergehen, jetzt wo sich alles geändert hat? "Ich möchte Zeit mit dir verbringen." hatte ich ihm gestern gesagt und war selbst trotz allem über meine Worte genauso erstaunt gewesen wie er. Wahrscheinlich, weil auch das eine Sache war, die man einfach nur als verrückt bezeichnen konnte. Bislang hatten wir höchstens Zeit miteinander verbracht, wenn er mich mal wieder in einem Duell niedergemacht hatte. Wie würden die Duelle mit Kaiba zukünftig wohl aussehen? Würde es überhaupt welche geben? Ist das überhaupt wichtig? Ich bin eine von Kaiba´s Schwächen. Du bist DIE Schwäche überhaupt. Ich schätze mal, dass diese Worte mit das größte Kompliment sind, das Kaiba vergeben kann. Ich wage sogar zu behaupten, dass ein simples "Ich liebe dich" dagegen vollkommen abstinkt. Und ich glaube, dass er das genauso sieht. Alles andere ist dann nur noch... Kinderkram, oder? Ich muss schon wieder grinsen. Und an den Kuss denken, naja, genau genommen die Küsse. Was dazu führt, dass sich dieses warme Gefühl wieder in mir ausbreitet und ich mich dabei ertappe, dass ich mir mehr solcher Momente wünsche. Mehr Zeit mit meinem Kaiba. Wie wir das wohl bewerkstelligen werden? Hm... "Joey, kommst du?" höre ich Yugi rufen. Mann, wir haben tatsächlich schon Pause. Die Zeit fliegt, wenn ich meinen Gedanken nachhänge und ich habe nicht einmal mitbekommen was für ein Fach wir gerade hatten. Ist das immer so, wenn man verliebt ist? Geht das jedem so? Dass Verliebte überhaupt noch arbeiten können... Was mich darauf bringt, wie geht es ihm wohl? Seiner Miene ist natürlich wieder nichts zu entlocken. Wahrscheinlich schafft er es auch sich voll und ganz auf den Unterricht zu konzentrieren. Selbst wenn er verliebt ist. Wow. Jetzt erst wird mir bewusst, dass sein Leben alles andere als leicht ist. Und damit meine ich jetzt nicht den Schulstress oder die Arbeit. Ich schätze nämlich, dass beides für ihn fast ein Kinderspiel ist. Aber sich so unter Kontrolle haben zu müssen, Tag für Tag und dann noch in diesem Zustand und naja, scheinbar musste er sich ja schon bedeutend länger mit diesem Gefühl rumschlagen als ich. Ich beschließe ihn zu fragen. Ja, ernsthaft. Ich möchte es wissen. Eigentlich will ich alles wissen. Jede Kleinigkeit. Ich will alles erfahren. Alles was ihn ausmacht. Seine Gedanken, seine Wünsche, seine Träume... abgesehen von dem Yugi im Duell vernichtend und demütigend zu schlagen. "Ich komme." Ich springe auf und ich fühle mich so leicht, so unbeschwert, dass ich fast glaube ich könnte gleich abheben. Und irgendwas hebt fast in mir ab als ich Minuten später den Zettel in meinem Schulspind finde. Ein Zettel von ihm. Joey - Heute, 17:00 Uhr? Ich grinse noch schlimmer als ein Honigkuchenpferd. Kurz und präzise. Typisch Kaiba. Aber er hat eine wunderschöne Handschrift, die Buchstaben sind exakt und fein und... er hat meinen Namen geschrieben. Als ich an ihm vorbei gehe um den anderen zu folgen, nicke ich ihm kaum merklich zu. Ich weiß, dass er es versteht, denn für einen Moment weicht wieder das Eis aus seinen Augen. So regeln wir das also jetzt. Was soll ich sagen, es gefällt mir und ich kann es kaum erwarten, dass es 17:00 Uhr wird. Und mir ist es gerade scheißegal, wie verrückt das alles ist. Ich bin verliebt! Yeah! Kapitel 8: Fingerspitzengefühl ------------------------------ Dieses Mal verspüre ich keine Angst als ich die Festung des Eisprinzens betrete. Ich bin etwas unsicher, aber das ist auch schon alles. Natürlich bin ich mir im Klaren darüber, dass das hier ein weiterer Punkt auf meiner "Verrückte Sachen"-Liste wird. Eben war ich noch bei Yugi und habe mit ihm über Duel Monster philosophiert und jetzt besuche ich Kaiba. Ja, ein richtiger Besuch. Ich bin ja eingeladen worden, wenn man so will. Fast sogar offiziell. Was echt ein komisches Gefühl ist. Mein Fahrrad lehnt draußen an seiner Mauer, nicht sichtbar für fremde Blicke und nun folge ich Roland, der mich zu ihm führt. Ich frage mich was Roland über diese Situation denkt, auch wenn es natürlich unwichtig ist. Wahrscheinlich das Gleiche wie ich. Dass es verrückt ist, aber naja. Er wird sich seinen Teil denken und schweigen. Schätze ich mal. Kaiba wird schon dafür sorgen, auch wenn ich glaube, dass Drohungen in dem Fall nicht von Nöten sind. So wie ich Roland bislang erlebt habe, habe ich das Gefühl, dass er Kaiba nicht nur dient, weil es sein Job ist. Ab und an hatte ich den Eindruck, dass er Kaiba geradezu verehrt. Ich mag mich täuschen, vielleicht ist verehren auch das falsche Wort... Was auch immer es ist, ich bin fast sicher, dass Roland was an Kaiba liegt. Und ich könnte mir inzwischen auch vorstellen, dass es umgekehrt der Fall ist. Aber auch das spielt keine wirkliche Rolle im Moment. Als die Tür hinter mir geschlossen wird und wir uns wieder gegenüber stehen, herrscht erst einmal Schweigen. Mein Herz hüpft wie verrückt in meiner Brust und ich weiß genau, dass ich ihn ziemlich dämlich anstrahle, während er geradezu kühl und beherrscht wirkt. Er trägt nicht länger die Schuluniform. Er hat einen von diesen lavendelfarbenen Anzügen an. Maßgeschneidert und dadurch perfekt sitzend. Die Farbe steht ihm, auch wenn ich normalerweise eher weiß mit ihm assoziiere und das nicht nur, weil es eine kalte Farbe ist. Er wirkt gerade auch nicht kalt, nur beherrscht und ich schätze, dass wir beide gerade nicht so recht wissen was wir miteinander anfangen sollen. Das hier ist schließlich alles Neuland, für mich genauso wie für ihn und ich kann mir sogar vorstellen, dass es für ihn weitaus schwieriger ist. Da stehen wir also. Kaiba und Wheeler wobei Seto und Joey es inzwischen besser trifft. Und sehen uns einfach an. Schweigend. Abwartend. Weil keiner weiß was er sagen soll. In einem Film würde ich mich wahrscheinlich jetzt leidenschaftlich in seine Arme werfen und ihn anseufzen oder irgendwas säuseln wie "Oh Liebster, ich habe mich so nach dir gesehnt!" Ich kann nicht anders, ich versuche mir das einfach mal vorzustellen und... die Vorstellung ist irgendwie albern. Nicht nur, weil wir wir sind, weil solche Szenen im Allgemeinen doch irgendwie merkwürdig sind. Nichts gegen Kitsch, aber solcher Kitsch ist einfach einen Tick zuviel. Und irgendwie habe ich das Gefühl, dass Kaiba noch weniger eine Ader dafür hat. Unwillkürlich muss ich lachen. Er sieht mich fragend an. Und ich lasse ihn an meinen Gedanken teil haben. Einfach so. "Wenn das ein Film wäre, müsste ich schon in deinen Armen liegen." grinse ich. Seine Reaktion überrascht mich. Er erwidert mein Lachen. Das ist ungewohnt. Nach wie vor. "Und ich müsste dann wahrscheinlich irgendwas imposantes sagen, nehme ich an." spinnt er den Gedanken weiter und ich merke, dass er sich langsam wieder entspannt, seine Haltung lockerer wird. "Jepp, genau. Irgendwas wie... Jeder Moment ohne dich treibt mich zur Verzweiflung oder so." Wieder lacht er. Es ist ein erfrischende, befreites Lachen. Genau das Lachen, dass ich liebe. "Und dann?" Er macht ein paar Schritte auf mich zu. Langsam, ohne jede Hast, mit geradezu katzenhaftiger Geschmeidigkeit. Es erstaunt mich immer wieder, dass er sich so bewegen kann, auch wenn er so groß ist. Ob er das trainiert hat? Ich zucke mit den Schultern. "Ich schätzte, ich müsste auch irgendwas säuseln und dann gibt es ne Großaufnahme von dem leidenschaftlichen Kuss." Auch ich trete näher zu ihm. Nur noch wenige Schritte sind zwischen uns. Es ist seltsam, welche Wirkung seine Nähe inzwischen auf mich hat. Schauder laufen mir über den Rücken, wohlige Schauder, meine ich. Ich fühle mich wohl in seiner Nähe, auch wenn das alles irgendwie noch total fremd und ungewohnt ist. Ob ich mich je daran gewöhnen werde? "Ich bin froh, dass du hier bist." höre ich ihn sagen und ich merke, dass er irgendwie ungeschickt die Hand ausstreckt, dann aber in der Bewegung inne hält, weil er scheinbar gar nicht weiß, was er da tuen wollte oder er weiß es und... Instinktiv strecke ich ihm meine Hand entgegen. Unsere Fingerspitzen berühren sich kurz, mehr nicht, aber es genügt. In mir kribbelt es schon wieder. Ihm geht es scheinbar genauso. "Dito." sage ich gespielt lässig so als wäre das hier das Alltäglichste auf der Welt. Natürlich wissen wir beide, dass dem nicht so ist. Dafür muss man kein Genie sein. Wieder herrscht Schweigen und ich bin unsicher. Ich weiß nicht so recht was ich sagen soll, ob ich was sagen soll und überhaupt. Für ihn muss das die Hölle sein durchzuckt es mich. Immerhin macht er so was ja eigentlich nie. Sozialen Umgang pflegen, um es allgemein auszudrücken. Auch darüber habe ich mir eigentlich nie Gedanken gemacht. Eigentlich ist er doch nur von seinem Personal umgeben und Mokuba natürlich. Dazwischen allein liegen Welten. Kein Wunder, dass er es auch in der Schule nicht schafft mit irgendjemandem normal umzugehen. Seine Welt ist schließlich eine ganz andere als unsere. Mit einem Mal habe ich tausende Fragen im Kopf. Wollte ich nicht alles über ihn wissen? Ach ja... aber ich kann ja wohl schlecht mit der Tür ins Haus fallen, oder? Diese ganze Sache hier bedarf schließlich Fingerspitzengefühl. Auf beiden Seiten. Apropo, Fingerspitzen... Es ist kitschig, aber seine Berührung... danach habe ich mich echt gesehnt. Ich werde das natürlich nicht sagen und auch nie zugeben. Dann weiß ich plötzlich was ich machen muss. Mir ist auch klar, dass ich es machen muss, weil ich wahrscheinlich derjenige bin, der doch ein bischen mehr den Plan hat was solche Dinge anbelangt oder zumindest mal Grundkenntnisse. Von Kaiba kann ich da nichts erwarten, für ihn war das Gespräch gestern Abend ja schon eine Zerreißprobe. "Also für unser nächstes Date lassen wir uns was aufregenderes einfallen, oder?" Humor ist glaube ich hier die beste Lösung. Und siehe da, der Kanidat hat 100 Punkte. Kaiba lacht wieder und ich schätze, dass ist ein gutes Zeichen für unser Was-auch-immer-Dings hier. "Tee?" fragt er schließlich und ich verziehe das Gesicht. "Coke wäre mir lieber, wenn ich ehrlich bin." Er zuckt mit den Schultern und greift zum Haustelefon. Jetzt ist er wieder in seiner gewohnten Rolle. Sein Tonfall am Telefon ist scharf und hart, aber nicht direkt unfreundlich. Er sagt sogar Danke. Süß. Während er das erledigt, nehme ich auf der Couch Platz. Der gleichen Couch auf der ich Kaiba zum ersten Mal geküsst habe. Nach wie vor ein Gedanke, der ein "Oh Mann!" in mir nach sich zieht. Stehen ist momentan auch nicht ratsam. Meine Knie werden schon wieder weich. Hab ich schon angemerkt, dass ich nervös bin? Scheiße, ich fühle mich wie ein junges Mädchen bei seinem ersten Date. Moment, ich bin ein junger Mann bei seinem ersten Date, wenn man so will. Tea zählt nicht. Und Mai? Ich schätze, das waren eher Flirtversuche. "Wie fühlst du dich?" platzt es plötzlich aus mir heraus. Er hat mir gegenüber Platz genommen. Die Frage überrascht nicht nur ihn. Ich weiß auch nicht, was ich mir dabei denke. "Momentan... etwas verunsichert, wie ich gestehen muss." Er versucht ein freundliches Grinsen. Naja, ganz gut für den Anfang, auch wenn dieser spöttische Zug, der sonst immer dabei ist, auch jetzt nicht fehlt. Ich schätze mal, das gehört einfach zu ihm. So ist er eben. Ich nicke. "Nicht nur du." gebe ich zu. Warum auch nicht? "Das hier ist verdammt neu für mich." sagt er nach einer Weile und klingt nachdenklich dabei. Ich schätze mal, dass er dabei ist die Situation kaiba-mäßig zu analysieren, nur dass es eigentlich nicht wirklich was zu analysieren gibt. "DAS hier ist auch für mich neu." Ich komme nicht umhin das auch anzumerken. Er nickt zustimmend. "Natürlich." Herrje, was für eine Konversation. Gestern Abend waren wir irgendwie besser oder irre ich mich? "Entspann dich." sage ich schließlich. "Ich erwarte nichts von dir." Ich glaub Tea hat mir mal gesagt, dass man Männern das sagen muss, auch wenn es vielleicht nicht so ist. Frauen erwarten immer so viel, das setzt den Mann unter Druck und dann... WOW. STOP. Moment. Ich bin keine Frau. Hier ist überhaupt keine Frau. Oh Gott, ich bin heillos überfordert. Ich glaube ich wechsele gerade die Farbe. So wie er mich ansieht bin ich dessen sogar sicher. Ich glaube sogar, er denkt gerade das gleiche. Ist das Röte in seinem Gesicht? Himmel, Herrgott, wer auch immer. Kaiba ist verlegen! "Du auch." flüstert meine kleine Stimme mir zu. Ach, du? Auch mal wieder am Start. Genau im richtigen Moment. Perfektes Timing. "Das hier gestaltet sich doch schwieriger als ich dachte." Ich lächele entschuldigend. "War das nicht zu erwarten?" Kurze, prägnante Gegenfrage. Typisch Kaiba. "Du hast ja Recht..." krummel ich automatisch. "Ich weiß." Verdammt. Selbst in dieser Situation kann er die Arroganz nicht ganz ablegen. Was soll´s. Ich trag´s mit Fassung. So ist mein Mann eben. Scheiße, fuck, schon wieder. Erst mein Kaiba, jetzt mein Mann. Was bitte kommt als nächstes? Schätzelein? Hoffentlich kriege ich gleich meine Coke, ich muss diesen faden Beigeschmack runterspülen. "Ist es nicht logisch, dass er dein Mann ist, wenn ihr ein Paar seid? Immerhin ist er eindeutig männlich wie du weißt!" flötet die böse, kleine Stimme honigsüß. Paar? Sind wir das? Ein Paar? Kaiba und ich? Stop mal, dass ist erst unser erstes Date, wir müssen erst mal sehen ob wir... Verdammt, was denke ich mir eigentlich dabei? Das ist doch verrückt. Aber bei näherer Betrachtung... So liegen doch die Fakten, oder? Und ich bin verliebt. Also? Ich sehe ihn unsicher an. Hatte ich nicht vorgehabt das Kind hier schon zu schaukeln? Ich fühle mich gerade genauso hilflos wie er aussieht. "Joey? Alles in Ordnung?" fragt er plötzlich. Ich nicke. Dann schüttele ich den Kopf. "Mir wird glaube ich gerade irgendwie klar, worauf das hier tatsächlich hinaus läuft. Ich meine, das ist ein Date. Wir haben ein Date. Ein richtiges Date. Und ich bin verliebt und du bist du und ich habe dich geküsst und denke daran es wieder zu tun und das ist ja auch normal, also normalerweise, bei einem Date meine ich, wenn man sich sehr mag, tja dann ist man eben zusammen, richtig zusammen. Ein Paar. Also wenn´s funktioniert natürlich und... Oh Gott, mein Verstand setzt gerade aus." Er sieht mich nur an. Ich schaffe es nicht seinen Blick zu deuten. Dieses Mal nicht. Weil mein Verstand ausgesetzt hat, was ich ihm auch mitgeteilt habe. Und hey, er benutzt es tatsächlich nicht als Vorlage. Er sieht mich einfach nur an. Aber da... in seinem Kopf beginnt es zu arbeiten. Sieh an. Mr. Ich-weiß-alles realisiert die Gegebenheiten. Gut. Soll er sich darum kümmern und eine Lösung finden. Er kann sowas ohnehin besser als ich. Soviel kann man von nem Mann auch erwarten, oder? Ich hyperventiliere gleich. "Nun," vernehme ich seine Stimme, sachlich und nüchtern und auch ein bischen amüsiert, wahrscheinlich weil er gerade mitansieht, wie ich wild in der Gegend rumfuchtele, weil mein letztes Stückchen Hirn den Bach runter geht angesichts dieser Sache hier. "Ich glaube so verlaufen solche Dinge in der Regel. Meine Erfahrung auf dem Gebiet ist zwar - bedauerlicherweise - begrenzt, aber verlässlichen Quellen ist zu entnehmen, dass sich so die Anfangsphase einer aufkeimenden Beziehung verhält, vorausgesetzt natürlich, dass das erste Date ein Erfolg ist und man sich darauf einigt die Bekanntschaft zu vertiefen. Wobei die Sache mit der Bekanntschaft in unserem Fall natürlich unter anderen Blickwinkeln zu berücksichtigen wäre. Was allerdings auch von Vorteil sein kann. Jedenfalls ist es in vielen Fällen eine logische Konsequenz, dass sich aus einer Bekanntschaft eine Beziehung entwickelt, welche sich sogar zu einer Partnerschaft ausdehnen lässt. Der Zeitfaktor für die einzelnen Phasen ist variabel und hängt wohl mehr vom subjektiven Empfinden ab. Wie dem auch sei, die Bezeichnung Paar benutzt man wohl, wenn sich die Beziehung vertieft..." Ich starre ihn entgeistert an. Ich weiß nicht was mich mehr verstört - sein sachlicher Tonfall und die analytische Ausdrucksweise oder der Inhalt an sich. Bekanntschaft, Beziehung, Partnerschaft? Höre ich richtig? Und woher hat der Kerl seine Informationen, ich meine - fuck, wer sind die verlässlichen Quellen und wann hat er sich darüber überhaupt informiert? Oh Gott, ich fasse es nicht. "Ich habe mich nach unserem Gespräch gestern Abend ein wenig mit der Materie vertraut gemacht." erklärt er als hätte er gerade meine Gedanken gelesen. "Ich bereite mich grundsätzlich auf neue Situationen vor und auch wenn diese hier... anders geartet ist, so hielt ich es doch für angebracht..." "KAIBA!" Ich weiß nicht ob ich lachen oder lauf aufschreien soll. Unglaublich. Der Mann ist unglaublich. Er zuckt gelassen mit den Schultern und scheint etwas erstaunt über meine doch recht laute Unterbrechnung seines... Vortrages. "Wenn wir schon den Versuch wagen wollen, diese... Sache ... weiterzuentwickeln, dann möchte ich vorbereitet sein. Es ist einer meiner Grundsätze, dass ich mich meinen Projekten mit der nötigen Intensität widme und wie du weißt, bin ich auch stets entschlossen diese erfolgreich abzuschließen." Weiß er eigentlich was er da redet??? Der neue Kaiba macht mir, glaube ich noch mehr Angst als der alte. Ich kann nicht anders. Ich lache laut los. Es bricht geradezu aus mir hervor. Oh Mann, das wird ja echt immer besser. Das so was überhaupt möglich ist? Unfassbar! Ich halte nichts mehr aus. Ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Er ist einfach... unglaublich. "..." Ich schaffe es mich zusammen zureißen und ihn halbwegs ernst anzusehen. Er ist irritiert. Ich kann die Fragezeichen in seinem Kopf sehen. "Seto." sage ich leise. Gott, er ist echt so süß, wenn er hilflos ist. Und das ist er gerade. Noch hilfloser als ich es bin. Es hat schon eine gewisse Ironie, dass ausgerechnet Kaiba, der scheinbar mit allem so gut klar kommt, dass eine Firmenübernahme oder sonst wie geartete Transaktionen in der Finanzwelt, all die Dinge von denen ich keinen Plan habe, für ihn ein Kinderspiel sind während er vollenst kapitulieren muss, wenn er mit menschlichen Interaktionen konfrontiert wird. "Das Ganze hier, die Sache da zwischen dir und mir, ist für mich genauso Neuland wie für dich. Und glaub mir, seit gestern habe ich - genau wie du - ´ne Menge zu verdauen, echt jetzt! Und das ist keineswegs so leicht, wie du sicher weißt. Aber ich glaube nicht, dass es für solche Dinge Strategien gibt und es ist auch kein Projekt was wir hier haben. Es ist auch kein Versuch, zumindest kein Versuch wie du es definierst. Ich habe keine Ahnung was es ist oder was daraus wird. Ich schätze wir müssen einfach ins kalte Wasser springen und sehen was passiert. Einen anderen Weg gibt es nicht." Er hört mir geduldig zu und ich merke wie er meine Worte analysiert und verarbeitet. "Dass ich mich in dich verliebt habe, ist für mich schon beängstigend genug, mach es mir bitte nicht noch schwerer in dem du mir solche Vorträge hältst. Sei einfach... locker, ok? Lass uns sehen was passiert... ich meine, viel zu verlieren haben wir doch ohnehin nicht, oder? Wenn wir scheitern sind wir im schlimmsten Fall wieder dort wo wir angefangen haben." Wow. Was für ein Vortrag! Scheiße nur, dass ich keine Zeugen habe, außer Kaiba natürlich. Ich glaube, das war gerade eine meiner Sternstunden. Eine Glanzleistung und dazu noch sinnvoll und logisch. "Hm." Er scheint zu überlegen. Ich kann sehen, dass sein Hirn auf Hochtouren läuft. "Ok." sagt er schließlich. "Wir machen es auf deine Weise." "Gut." erwidere ich vergnügt. Das ist doch schon mal was. Abgesehen davon, dass ich keine sehr große Ahnung davon habe was denn meine Weise ist. Egal. Freie Improvisation liegt Joey Wheeler doch am Besten, oder? "Und was jetzt?" Ich zucke mit den Schultern. Mann, Mann, der hilflose Kaiba ist echt... Ich seufze. "Ich schätze, wir sollten da weiter machen wo wir gestern Abend aufgehört haben." Kapitel 9: Überlegungen ----------------------- "Sag mal, Tristan..." beginne ich etwas unsicher, denn ich weiß im Grunde jetzt schon, dass es eine blöde Idee ist, aber ich habe hin und her überlegt und es ist mir einfach keine andere Möglichkeit eingefallen - also... "Was machst du so bei deinen Dates?" Die Reaktion auf meine Frage fällt anders aus als erwartet... Erschreckender, wie ich hinzufügen muss. Hatte ich anfangs noch Angst, er würde mich auslachen oder irgendsowas in der Art, scheint er stattdessen in den Kompetenz-Modus zu verfallen. Oh Gott, ich weiß nicht ob ich das jetzt auch noch ertrage. Zur Zeit muss ich schon mit zu viel zurecht kommen. Er grinst mich breit an und legt mir dann seinen Arm um die Schulter. "Ah. Du hast ein Date und willst Eindruck schinden?!" Er fragt nicht. Er stellt es fest. "Na, gut, dass du den Fachmann fragst. Wer ist denn die Kleine?" Er zwinkert mir zu. Was wohl passieren würde, wenn ich sage, dass die Kleine der große Seto Kaiba ist? Aber das kann ich natürlich nicht. "Ach, das spielt doch keine Rolle. Ich will nur wissen..." Nein. So leicht geht das nicht. Blöde Idee, saublöde Idee. Ich könnte mir gerade selbst in den Fuß schießen. Wie komme ich nur immer auf so blöde Ideen? Ausgerechnet Tristan zu fragen und überhaupt! Dass ich so was frage... Wie tief bin ich gesunken? Und alles nur wegen Kaiba. Dem darf ich nämlich, wenn es um unsere Dates geht - inzwischen sind wir immerhin schon bei Nr. 3 angelangt, nicht die Zügel in der Hand lassen. Denn wenn ich das tue, dann machen wir demnächst nen romantischen Rundgang durch die Kaiba Corp. und das ist definitiv TOO MUCH für mich. Nein, etwas simples muss her, etwas dass uns beiden Spaß macht und... Ach, ich habe keine Ahnung - ach ja, deshalb auch diese blöde Idee. Und Tristan redet schon weiter. "Na, hör mal, das ist schon wichtig. Es kommt schließlich darauf an worauf die Kleine so steht. Sonst bringt es gar nichts dir Gedanken zu machen! Du musst mir schon sagen, was für ein Typ sie ist, andernfalls kann ich dir keinen Ratschlag geben. Frauen sind so verschieden, lass dir das mal gesagt sein. Die eine geht gern Eis essen, die andere will lieber ins Kino..." Er redet unentwegt weiter und ich fühle mich saudämlich. Ja, ich bin saudämlich. Hab ich schon angemerkt, dass das hier ne blöde Idee ist? Aber irgendwo hat er natürlich Recht. Klar, sind Frauen verschieden. Mann, ich bin doch kein Vollpfosten. Aber in meinem Fall ist das ja auch nicht so leicht. Sonst bräuchte ich auch keine Hilfe. Fuck. "... also, Joey, worauf fährt sie so ab, was sind ihre Hobbies?" fragt er mich und ich überlege. Nicht, dass ich nicht über Informationen dieser Art verfügen würde. Oh, nein. Joey Wheeler hat seine Hausaufgaben gemacht. Nur bringt mich das nicht unbedingt weiter. Scheiße, wie soll ich das Tristan verklickern ohne, dass er denkt ich date eine Psychopathin? Also, denk nach. Was genau sind seine Hobbies? Duel Monster. Natürlich. Genauer gesagt, Duelle bei denen er seinen Gegner gnadenlos platt machen kann. Ich schätze, dass ist seine Lieblingsfreizeitaktivität, wobei ich nicht so ganz sicher bin ob er es tatsächlich als solche einstufen würde. Hm, was noch? "Kaffee." sage ich schließlich. Hach, welch ein Blitzlicht. Ja, wie ich herausgefunden habe bevorzugt mein Kaiba Kaffee. Türkischen um genau zu sein. Und er trinkt ihn schwarz. "Hm, hm... Kaffee. Ok. Na, das ist ja schon mal ein Anfang." Tristan scheint fieberhaft zu überlegen. "Gut, was noch? Lieblingsfarbe? Lieblingsessen? Lieblingstier?" Scheiße, mir raucht jetzt schon der Kopf. Als wenn das wirklich hilfreich wäre. Ich kann mich noch genau daran erinneren wie ich mit Kaiba genau darüber geredet habe. Das war bei unserem 1. Date. Ich dachte mir, dass es vielleicht sinnvoll wäre, wenn wir solche Dinge von einander wissen. Was allerdings zu einer kurzen Diskussion darüber führte ob und warum solche Dinge für unsere Beziehung - ja, so nennen wir diese Sache inzwischen, klingt doch auch besser als diese Sache, oder? - relevant wäre. Zudem wurde ich mit einer genauen Darlegung der Bedeutungsform und Wortherkunft dieses Adjektives beglückt. Ich hab dabei sogar was gelernt. Und nicht nur eine Sache! Ich weiß jetzt genau wie ich das Wort Relevanz verwenden kann und ich weiß, dass es keine gute Idee ist, Kaiba zu fragen was bestimmte Fremdwörter bedeuten, mit denen er so zielsicher um sich schmeißt wie kein Zweiter auf diesem Planeten. Dann hält er nämlich einen schier endlosen Monolog. Aber hey, wir haben eine Beziehung und deshalb habe ich ihm gleich auf liebevolle Art zu verstehen gegeben, dass sein Wissen mich ungemein beeindruckt und ich vor Ehrfurcht erstarre, es aber ab und an gut ist, wenn er sich normal ausdrückt. Und siehe da... er hat sogar eingelenkt. Also das muss man ihm wirklich lassen, er gibt sich Mühe. Wie bei allem. Ich muss nur geduldig mit ihm sein. Gott, wie das klingt. Unfassbar! Wie auch immer, wir haben wider Erwarten einen recht guten Modus gefunden. Zumindest war Date 1 und 2 erfolgreich, was auch der Grund gewesen ist, dieser Sache eine andere Bezeichnung zu geben. Immerhin hat Kaiba schon beim ersten Date einen Vortrag über die verschiedenen Bezeichnungen gehalten. Also ist es jetzt eine Beziehung, denn wir wollen die Bekanntschaft vertiefen. Großer Gott, ich werde echt noch verrückt. Zurück zum Wesentlichen... Ich plane Date Nr. 3 und leider stosse ich dabei an meine Grenzen. Und ich schätze Tristans Gerede hilft mir auch nicht weiter. Ich glaube nämlich kaum, dass mir Kaiba´s Lieblingsfarbe weiterhilft. "Mag sie Duel Monsters?" fragt er als ich nichts sage. Ich nicke unwillkürlich. Mögen ist untertrieben, Junge! Tristan strahlt mich an. Er strahlt so als hätte er gerade den Stein der Weisen entdeckt. Ich ahne was kommen wird. "Na, dann könnt ihr das doch spielen oder besser noch... fahr mit ihr nach Kaiba-Land. Immerhin bist du der Vierte in der Rangfolge. Das müsste sie gebührend beeindrucken." Wieder zwinkert er und ich schaffe es gerade noch kläglich zu grinsen. Bedauerlicherweise beeindrucken meine Fähigkeiten auf dem Gebiet doch nicht so sehr wie Tristan sich das gerade vorstellt. Tja, Pech eben, dass mein Schatz in der Rangfolge nicht nur besser ist als ich, sondern sich für die Nr. 1 hält. Ich kann nicht umhin laut zu stöhnen. Vielleicht sollten wir es tatsächlich mit einer romantischen Partie Duel Monster versuchen? Momentan erscheint mir das die einzig sinnvolle Lösung. "Hey, wir könnten ja auch ein Viererdate machen und dann spielt ihr zusammen im Team, das ist vielleicht sogar besser bei einer aufkeimenden Romanze?" Zwinker, zwinker. "Frag doch mal Yugi und Tea." Brillianter Vorschlag! Womit habe ich dieses Glück nur verdient?? Ich sehe es direkt vor mir: Kaiba und ich gegen Yugi und Tea, na wenn es dann kein Happy End gibt, weiß ich es auch nicht. Shit, sein Sarkasmus scheint echt auf mich abzufärben. "Ich überlegs mir..." "Was überlegst du dir?!" fragt plötzlich Tea neben mir. "Ach nichts." Ich will nicht mit ihr darüber reden. Es war schon ein Fehler mit Tristan zu reden. Helfen kann mir sowieso keiner. Aber es ist schon zu später. Dieser dämliche Tristan. "Ach, Joey überlegt was er bei seinem Date machen könnte." Er grinst und ich möchte ihm weh tun. Sehr weh tun. Wenn er jetzt noch einmal zwinkert, muss ich ihm eine reinhauen. Geht gar nicht anders. Das Gesicht schreit geradezu danach in diesem Moment. Tea grinst jetzt auch und ich möchte sterben. "Was denn für ein Date?" fragt sie. "Das war nur eine hypothetische Frage. Vergesst es." Ich winke ab und will weg. Sofort. "Ach komm, uns kannst du es doch sagen." mischt sich jetzt auch Yugi ein. Scheiße, das habe ich gar nicht kommen sehen. Hätte ich bloß die Klappe gehalten. "Es gibt aber nichts zu sagen." knurre ich genervt. Tea lacht. "Stell dich nicht so an, wer ist die Glückliche?" "Deshalb bist du in der letzten Zeit also so gut gelaunt." Bitte nicht auch das noch. Bitte, bitte, lieber Gott!! Ich spüre wie ich rot werde. Ach Scheiße. Der Tag ist gelaufen. "Du bist also verliebt." meint Tea in diesem verschwörerischen Mir-kannst-du-es-doch-sagen-Tonfall. Meine Wangen brennen. "Unsinn." Ich wende mich schleunigst ab. Aber ich weiß jetzt schon, dass die drei nicht locker lassen werden. Warum muss ich mich auch immer wieder in solche Situationen katapultieren? Alles was ich wollte war, war ein schönes Date für Kaiba und mich zu planen. Mehr nicht. Ist das zu viel verlangt??? "Ich glaub es ist ihm ernst." höre ich Tea sagen und Yugi und sie nicken sich wissend zu. Zum ersten Mal kann ich Kaiba´s Aversion gegenüber Freundschaft verstehen. Er muss sich sicher nicht mit solchen Fragen und Spitzen herumschlagen. Natürlich nicht. "Es war nur eine hypothetische Frage, Leute, regt euch ab." Ich spiele es runter, aber es ist schon zu spät. Ach, was soll´s. Sollen sie ruhig denken, dass ich verliebt bin. Bin ich ja auch. Solange sie mich nicht weiter mit Fragen bestürmen passt es schon. Ob ich Kaiba davon erzählen soll? Und was mache ich jetzt eigentlich mit ihm? Soll ich tatsächlich Duel Monsters spielen? Unsinn. Das würde der ganzen verrückten Sache noch die Krone aufsetzen. Obwohl...? Kaiba redet gerne und er erklärt noch viel lieber. Vielleicht sollte ich das echt mal versuchen? Ok, ich müsste arg über meinen Schatten springen, denn ich kann mir jetzt schon vorstellen wie er an die Sache herangehen wird und die Tatsache, dass er Gefühle für mich hat, macht das nicht unbedingt besser. Ich meine, das ändert nichts an seiner Art, wenn es um dieses Spiel geht. Andererseits.... ich glaube, dabei könnte er sich wirklich entspannen. Eis essen scheint mir da weniger angebracht. Hm. Verdammt. Warum muss sich dies Sache auch so schwierig präsentieren? Kann nicht irgendwas an unsere Beziehung unkomplizert sein? Unsere Beziehung. Oh Mann. Ich habe tatsächlich eine Beziehung - mit Seto Kaiba. Die Apokalypse hat sicher schon begonnen. Das hier ist der Anfang vom Ende der Menschheit. Ich darf gar nicht darüber nachdenken. Ich sollte es auch gar nicht. Das Gleiche habe ich auch Kaiba gesagt. Einfach treiben lassen und genießen. Wobei es genau die zwei Dinge sind, die er nicht kann. Genießen, ok. Das geht noch irgendwie. Aber treiben lassen? Dazu muss ich ihn ständig neu ermahnen. Er ist aber auch so ein Kontrollfreak. Gott, ich klinge wie ein altes Eheweib. "Hey Joey, wir wollten dich nicht aufziehen." sagt Tea und legt mir die Hand auf den Arm. Ich nicke automatisch. "Ich weiß." Sie lächelt. "Du musst es uns auch noch nicht sagen, wenn du willst." Danke, wie gnädig. Wo bitte ist der Sarkasmus-Off-Schalter, Leute? "Wenn es dir wirklich ernst mit dem Mädchen ist..." Fängt sie schon wieder an? Ich stöhne genervt. "Bastelt oder backt doch was zusammen." Sie redet einfach weiter. "So was macht mir viel Spaß und zu zweit ist es lustiger, man hat was zu tun und..." Ich resigniere. "Danke für die Idee." Bitte lass sie jetzt aufhören, ja? Ich werde auch nie wieder solch blöde Fragen stellen, ich schwöre es. "Schon ok." Sie lächelt mich an als wäre sie die Vorsitzende des Dr.Sommer-Teams. Ich kann echt nicht mehr. Obwohl der Gedanke mit Kaiba etwas zu basteln oder gar zu backen echt zu komisch ist. Was er wohl zu diesem Vorschlag sagen würde? Ich kann es mir sehr gut vorstellen. Unwillkürlich muss ich grinsen. Wer weiß, vielleicht ist es einen Versuch sogar wert? Ich sehe ihn direkt vor mir, wie er sich die Schläfen massiert und bis hundert zählt. Ich lache laut auf. Und wieder einmal denke ich bei mir, dass er süß ist. Besonders in diesen Momenten wo er so erschreckend hillos ist. Ich konnte natürlich nicht anders als ihm das zu sagen. Joey, Hundebabies sind süß Und dann sein resignierender Ton als ich nicht nachgegeben habe. Dieses noch süßere kehlige Seufzen, wenn er weiß, dass es keinen anderen Ausweg gibt als zu kapitulieren, was er natürlich nicht gern tut. Aber bei mir ist das ja was anderes. Es fällt ihm nach wie vor schwer und jedesmal seufzt er meinen Namen auf diese einzigartige Weise, dass ich direkt dahin schmelzen könnte und mein Herz kurz davor ist mal wieder auszusetzen. Ja, er ist tatsächlich süß. Und nicht, weil Liebe blind macht. Aber am allerallersüßesten sind die Augenblicke, wenn er hilflos vor sich hinstammelt und nicht weiß was er sagen soll und auch diese letzte Mauer noch fällt. Mann, mir wird schon wieder ganz anders. Also gut, wenn ich mir dieses Gelaber nun schon gegeben habe, vielleicht lässt sich ja doch etwas davon umsetzen. Und wenn nicht... ich schätze, wir werden herrlich zusammen lachen können, wenn ich ihm das hier erzähle. Und das reicht doch schon für ein 3. Date, oder? Kapitel 10: Resonanz -------------------- "Sag mir, dass das nicht dein Ernst ist!" Seine Stimme ist scharf und er presst die Worte geradezu hervor. "Doch, eigentlich schon." erwidere ich und versuche mir ein Grinsen zu verkneifen. Natürlich war mir klar, dass er so reagieren würde. Ich war ehrlich gesagt auf schlimmeres vorbereitet. Ich bemühe mich ernst zu bleiben während er anfängt den Kopf zu schütteln und irgendetwas vor sich hin zu murmeln. Das tut er immer, wenn er überfordert ist oder besser gesagt, er tut es immer, wenn ich ihn überfordere. Eine Angewohnheit, die ich inzwischen süß finde. Auch wenn er dabei hin und wieder gereizt klingt. "Tea meinte, dass es Spaß machen würde." Ich weiß, dass es keine gute Idee ist das zu sagen, aber hin und wieder kann ich einfach nicht anders. Ich muss ihn necken und ich weiß, dass er es auch als Necken auffasst. Liebevolles, gutmütiges Necken. Schließlich sind wir alte Streithähne und so ganz sollte man auch alte Gewohnheiten nicht lassen. "Was bitte hat Tea damit zu tun?" zischt er und die Ader an seinem Hals beginnt zu pulsieren. Ich seufze. "Na, ich habe sie gefragt, was man bei einem Date so machen kann und..." "DU hast WAS?" Ich zucke entschuldigend mit den Schultern. "Das darf nicht wahr sein, das ist alles nicht wahr..." murmelt er wieder. "Hey, ich gebe mir nur Mühe!" Schmollend verziehe ich das Gesicht. "Immerhin sind unsere Dating-Möglichkeiten doch arg begrenzt oder wäre dir ein Ausflug nach Kaiba-Land lieber gewesen, das hat Tristan nämlich vorgeschlagen. Essen, Spaziergang, ein romantisches Duell..." Ich befürchte, ich habe es übertrieben. Ich sehe wie er die Farbe wechselt und für einen Moment habe ich Angst, dass er mir umkippt. Ich springe zu ihm und packe seinen Arm. Er lässt es geschehen, stöhnt aber auf und schüttelt wieder den Kopf. "Sei mir nicht böse..." beginne ich und suche seine Augen. "Seto." Der Hundeblick verfehlt seine Wirkung nicht. Er entspannt sich wieder. Die Ader zuckt nicht länger. "Ich wünschte, du würdest diese Dinge nicht mit deinem Kind... mit deinen Freunden erörtern." erwidert er und ist wieder ganz darum bemüht Contenance zu bewahren. Locker sein ist einfach nicht sein Ding, wie ich befürchte. Entweder steht er unter Hochspannung und kurz vor dem Explodieren oder er ist so sehr darum bemüht die Kontrolle zu behalten, dass er allein deshalb explodieren könnte. Das kann nicht gesund sein. Ach Seto. "Ich habe nichts erörtert, ich habe mich einfach allgemein kundig gemacht. Ich habe ja auch keine große Dating-Erfahrung und wie gesagt, unsere Möglichkeiten sind aufgrund unserer Lage etwas begrenzt." Er seufzt resignierend. "Ich bin mir durchaus darüber im Klaren, dass unsere Möglichkeiten begrenzt sind, was ich natürlich bedauere, aber ich bin keineswegs der Ansicht, dass Tea und Tristan in der Hinsicht kompetente..." Er kommt nicht mehr dazu seinen Satz zu beenden, denn ich verschließe ihm den Mund mit einem Kuss. Übrigens eine sehr effektive Sache um gewisse Vorträge zu verkürzen. Wie nicht anders erwartet gibt er nach. Er erwidert meinen Kuss mit sanftem Druck. Also das haben wir inzwischen schon recht gut drauf, muss ich sagen. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass wir wunderbar harmonieren. Und - wir werden besser. Anfangs wusste ich noch nicht so ganz wie ich das genau anstellen soll. Wohin mit den Händen und der Zunge und überhaupt. Aber Übung macht tatsächlich den Meister. Einzige Anmerkung vielleicht, ich muss meinstens den ersten Schritt machen. Momentan befindet sich Kaiba noch zu sehr im Unsicherheitsmodus und bedarf in der Hinsicht Nachhilfe. Doch ich schätze mal, dass sich das auch noch einspielen wird. Wir sind ja noch am Anfang. "Versuchen wir es?" frage ich ihn als ich mich wieder von ihm gelöst habe. Er seufzt und nickt. "Wir versuchen es." "Aber versprich mir, dass du nicht länger Ratschläge bei dem... deinen Freunden einholen wirst!" Er meint es ernst also nicke ich brav. Der skeptische Blick verschwindet allerdings nicht ganz. "Und du wirst dir auch sonst keine wie auch immer gearteten Beziehungsratschläge geben lassen!" "Ich verspreche es, Seto." Ich lächele ihn liebevoll an. Und ganz brav. "Gut." Er atment erleichtert auf. "Allein der Gedanke, dass diese Bande..." Er spricht nicht weiter laut sondern murmelt den Rest des Satzes nur noch leise für sich selbst. Ich muss schon wieder grinsen. Ein menschlicher Kaiba bedeutet nicht, dass er auch ein zahmer ist. Und nach wie vor gibt es gewisse Punkte bei denen wir einfach keinen Konsenz finden können. Meine Freunde zum Beispiel. Aber immerhin ist er inzwischen bemüht die abfälligen Kommentare nicht in meiner Gegenwart von sich zu geben und ich weiß wie schwer ihm das fällt. Abfällige Kommentare macht er nämlich verdammt gerne. Zudem ist er ein Zyniker. Und was für einer. Ich glaube kaum, dass sich daran je etwas ändern wird. Doch wie heißt es so schön, in einer Beziehung muss man Kompromisse eingehen. Und da wir ohnehin schon genug Schwierigkeiten haben, sind wir uns wenigstens in der Hinsicht einig. Geben und nehmen. Fast schon zen-mäßig. "Wieviel Zeit haben wir denn?" will ich wissen. Er wirft einen Blick auf die Uhr. "Exakt 2 Stunden und 40 Minuten. Dann wird Roland mit Mokuba aus der Stadt zurück sein." erwidert er. Ich nicke. Ok, genug Zeit um einen Kuchen zu backen. Ich bin bereit für unser 3. Date. Es ist nach wie vor erstaunlich wie angenehm es ist Zeit mit ihm zu verbringen, mit Kaiba meine ich. Wenn man erstmal die Mauern durchbrochen hat, dann ist er gar nicht so... halt so, wie man immer denkt und wie gesagt, er gibt sich Mühe. Ich weiß, dass er das für mich tut und ich weiß es auch zu schätzen. Mir ist klar wieviel Kraft es ihn kostet. Für mich mag das Ganze ja schon schwer sein, aber für ihn ist es sicher ein Spießrutenlauf. Allein die Tatsache einmal die Kontrolle abzugeben und sich auf mich einzulassen, ist schon ne harte Nuss für ihn wie ich immer mehr begreife. Wie konnte ich ihn nur so falsch einschätzen? Nun, ich habe ja auch immer nur die Oberfläche gesehen. Jetzt blicke ich dahinter. Und was ich da entdecke, ist einfach erstaunlich. Wer hätte zum Beispiel vermutet, dass Kaiba hervorragend Klavier spielen kann? Auch auf dem Gebiet ist er herrausragend, sofern ich das beurteilen kann. Und es ist etwas, dass ihn ganz und gar zu entspannen scheint. Er macht es nur zu selten. Ich musste ihn fast nötigen bis er bereit war mir eine Kostprobe zu geben. Und das war einfach... wow. Gut, klassische Musik ist jetzt nicht so mein Ding, aber ihn zu zu sehen wie er am Flügel sitzt, seine Finger über die Tasten gleiten wie sonst wohl nur über seine Tastatur und er Töne aus dem Teil holt, die ich nur aus dem Fernsehen kenne und die so sanft und harmonisch sind, dass man so was nie mit Kaiba in Einklang bringen würde... tja, das ist echt erstaunlich. Ich könnte Stunden lang neben ihm sitzen und ihm zuhören. Und wie gelöst er dann wirkt. Als wäre er frei... sein Kopf leer. Scheinbar gibt es dann nichts worum er sich Sorgen machen muss. Er spielt einfach und dann ist er der Kaiba, den ich liebe. Ich schätze, ich lerne ihn wirklich immer besser kennen und... nun, dann muss man ihn auch irgendwie lieben. "Sieht doch recht gut aus!" meine ich und betrachte den glatten Teig in der Schüssel zufrieden. Er nickt. "Zumindest sieht bislang alles genauso aus wie es im Rezept beschrieben ist." Kaiba hat das Rezept natürlich eingehend studiert. Ich grinse breit. "Dann wird er auch schmecken!" Ich merke wie er die Schüssel fasziniert betrachtet und frage mich was er wohl gerade denkt. "Unser erstes gemeinsames Projekt!" sage ich vergnügt und er wirft mir einen merkwürdigen Blick zu. Kein unangenehmer, nur irgendwie... Ob ich ihn fragen soll was gerade in ihm vorgeht? Ich muss es gar nicht. Er lässt es von selbst raus. "Mein erster Kuchen." stellt er fest. "Ehrlich?" frage ich etwas ungläubig. Er nickt. Gut, ich backe auch nicht jede Woche, aber versucht habe ich es schon mal. Für meine Schwester habe ich einmal Muffins gemacht. Mit einer Backmischung allerdings und die Dinger sahen nachher etwas lädierter aus als auf der Abbildung, aber... "Magst du Kuchen überhaupt?" frage ich plötzlich. Er zuckt mit den Schultern und ich glaube fast, er weiß es gar nicht. Erschreckend wie weltfern er doch manchmal ist. "Dann wirst du nachher ein extra großes Stück essen müssen!" befinde ich ernst und er lächelt mich scheu an. Gott, diese Augen... Davon bekommt man echt weiche Knie und er ist sich dessen gar nicht mal bewusst befürchte ich. Ich fange damit an den Teig in die Backform zu geben, während er jede meine Bewegungen beobachtet. Natürlich nicht mit diesem missbilligenden Kaiba-Blick, den ich nur zu gut kenne, es liegt vielmehr eine gewisse Faszination in seinen Augen, als würde er einem unglaublichen Experiment beiwohnen, dass bahnbrechende Neuerungen mit sich führen kann. "Ich..." beginnt er und bricht gleich wieder an. Ich kratze die letzten Reste aus der Schüssel. "Hm?" Er zögert und sucht wieder nach den richtigen Worten. Ich warte geduldig. Auch das kenne ich inzwischen. "Ich muss zugeben, dass diese Idee doch nicht so absurd war, wie sie mir anfangs erschien." Ich lache. "Ein einfaches - das hat Spaß gemacht, hätte auch gereicht." necke ich ihn und er lässt es über sich ergehen. "Vermutlich hast du Recht." gesteht er ein. Ich sage ja, er ist lernfähig und bemüht. Wahrscheinlich will er auch bei der Sache eine Eins mit Sternchen. "Also?" Ich sehe ihn mit einem amüsierten Blick an. Er hat die Lippen aufeinander gepresst und seine Atmung geht wieder etwas heftiger von statten. "Es hat Spaß gemacht." sagt er schließlich und ich bin glücklich. Sehr glücklich sogar. Als ich die Backform in den Ofen stelle, spüre ich wie er hinter mich tritt. Ich bin mir seiner Nähe auf angenehme Weise bewusst und inzwischen ist mir auch sein Geruch so vertraut, dass ich ihn vermisse, wenn er nicht bei mir ist. Ein wohliger Schauder läuft mir über den Rücken. "Danke, Joey." haucht er und ich spüre seinen Atem in meinem Nacken. Ich weiß wieviel ihn so eine kleine Geste nachwie vor kostet. Gefühle hin oder her, er befindet sich in einer vollkommen neuen Situation, einer, die er nicht kontrollieren kann und ich kann mir mittlerweile sehr gut vorstellen wie er sich dabei fühlt. Ich drehe mich zu ihm um und lächele. "Wofür?" frage ich genauso leise. Er senkt den Blick und seine unglaublich langen Wimpern verdecken für einen Moment diese strahlenden Saphire. Wieder überlegt er. "Dafür, dass du es versuchst." Die Antwort überrascht ich etwas, denn sie gibt mehr Preis als ich erwartet hätte. "Muss ich doch, schließlich liebe ich dich." Meine Hand wandert automatisch zu seiner Wange. Sie fühlt sich an wie Seide, kühle Seide, aber nicht kalt. Er schließt die Augen und schmiegt sein Gesicht an meine Hand und jetzt bin ich fasziniert von dem Bild, dass sich mir bietet. "Küss mich schon, Seto." sage ich und er gehorcht. Er beugt sich zu mir und seine weichen Lippen treffen auf meine und wie immer bin ich überwältigt von dieser Sanftheit, die dahinter steckt. Er küsst zaghaft und sanft und ich glaube erst wenn er merkt, dass ich seinen Kuss erwidere, kann er sich entspannen und sich tatsächlich darauf einlassen. Ich glaube nach jedem Kuss strahle ich ihn an wie ein bescheuertes Rindvieh. Aber das ist mir egal. Ich bin einfach glücklich und inzwischen irritiert es mich auch nicht mehr ganz so sehr, dass mir Seto Kaiba gegenübersteht, wenn ich nach einem Kuss die Augen öffne. Ist das Liebe, wenn man sich so fühlt, wie ich mich gerade fühle? Ich glaube fast verliebt sein reicht als Bezeichnung dafür nicht mehr aus. Es ist einfach... ich weiß auch nicht. Ich bin glücklich wie ich es seit Ewigkeiten nicht wahr und das allein seinetwegen. Ich vergesse in diesen Momenten einfach alles um mich herum. Nichts anderes zählt mehr. Weder die Schule, mein Stress mit meinem Vater - all das ist dann so fern und es gibt nur ihn und ich möchte einfach nur, dass er mich festhält. Und das tut er jetzt auch. Er zieht mich an sich, drückt mich sanft aber doch bestimmt an seine Brust und ich höre seinen Herzschlag. Kann sich jemand vorstellen, dass eine Umarmung von Mr. Eisklotz sich als das wärmste und tröstlichste herausstellen würde, dass ich je empfunden habe. Ich fühle mich sicher und geborgen und ich will mich gar nicht mehr von ihm lösen. "Ich bin glücklich, Seto." sage ich spontan, weil ich ihn irgendwie an dem teilhaben lassen möchte, was mich gerade bewegt. Es dauert eine Weile bis er etwas erwidert. Seine Hand streift zart über mein Haar dabei. "Du machst mich glücklich." erwidert er. Wow. Ich löse mich von ihm und strahle ihn überwältigt an. Obgleich wir uns inzwischen schon näher sind, ist es selten, dass er solche Dinge sagt. Auch hat er mir bislang nicht wirklich gesagt, was er genau für mich fühlt. Also kein "Ich liebe dich" oder so was. Ich weiß, dass ihm das nicht liegt. Es reicht mir das es so ist, das spüre ich ja. Dennoch bin ich stets auf´s Neue berauscht, wenn er es schafft seine Gefühle in Worte zu fassen. "Wirklich?" Er nickt. "Wirklich." Jetzt fühle ich mich total high und versinke vollenst in seinen großen blauen Augen. Bedauerlicherweise werden wir in diesem - unserem - Moment durch das Klingeln seines Handys unterbrochen. Er verzieht das Gesicht, lässt mich los und angelt das Telefon von der Küchentheke. Mist. Warum gerade jetzt? Am Telefon ist er wieder ganz der Alte. Erstaunlich... Es ist als würde es zwei Kaibas geben. Meinen Kaiba und den anderen. Er ist ungehalten und als er das Gespräch beendet, weiß ich, dass unser Date für heute zu ende ist. "Geschäfte?" Er nickt. Ich tue es auch. "Nun..." Ich werfe einen Blick zu dem Backofen. "Der Kuchen braucht noch 40 Minuten." bemerke ich. Ich versuche nicht enttäuscht zu klingen, ich will auch gar nicht schmollen. Ich weiß ja wie die Dinge liegen. Er hat schließlich eine Firma zu leiten und das hier ist nur Zeit, die er sich für mich frei gemacht hat. "Mokuba wird bald hier sein." sagt er und scheint zu überlegen. Ich sage nichts, ich weiß auch nicht was ich sagen soll. Er scheint mit sich zu ringen. Ich sehe, dass er hin und her gerissen ist und überlegt. Dann greift er wieder zum Handy. Ich beobachte ihn während er eine Nummer drückt und das Telefon an sein Ohr hält. "Roland? Wann genau sind sie mit Mokuba zurück?" fragt er und wartet die Antwort ab. Ich bekomme natürlich nicht mit was der andere sagt. Ich trete einen Schritt beiseite und weiß nicht so recht was ich tuen soll. Dann entschließe ich mich dazu, die Sachen, die noch über die Theke ausgebreitet sind zusammen zu räumen. Man kann ja schließlich nicht so ein Chaos zurück lassen und er wird dafür sicher keine Zeit haben. "Gut." höre ich ihn hinter mir sagen und seufze. Ok, ich bin ein wenig enttäuscht. Ist doch verständlich, oder? So viel Zeit haben wir ja auch nicht gerade, die wir miteinander verbringen können. "Hören sie zu, Roland." fährt er fort und seine Stimme dringt aus der Ferne in meine Gedanken ein. "Ich habe noch einen wichtigen Termin und werde jetzt direkt in die Firma fahren. Es befindet sich allerdings noch ein Kuchen im Backofen, der noch nicht fertig ist. Joey Wheeler wird ihn hier beaufsichtigen und sie fahren ihn danach nach Hause, es sei denn ich melde mich in der Zwischenzeit wieder. Verstanden?" Hallo??? Habe ich gerade richtig gehört? Kaiba hat das Gespräch beendet und dreht sich zu mir um. "Ich werde jetzt in die Firma fahren..." Ich bin nicht sicher ob er mit mir redet oder mit sich selbst. Er blickt auf die Uhr. "Sofern diese inkompetenten Aktionäre die Sache nicht unnötig herauszögern, wäre es möglich, dass ich in zwei Stunden wieder zurück bin." Sein Blick trifft mich. Ich habe den Atem angehalten. Und? Was heißt das? Ich wage es nicht zu fragen. Wieder überlegt er, dann scheint er einen Entschluss gefasst zu haben. "Kannst du hier bleiben und sicher stellen, dass unser... Kuchen..." Er bricht ab, weil er wohl selbst gerade bemerkt wie absurd diese Aussage werden würde. Ich hege den Verdacht, dass er eigentlich "unser Projekt" sagen wollte und es kostet mich alle Mühe nicht zu grinsen. Er sieht mich mit einer Mischung aus Hilflosigkeit und Entschlossenheit an und ich komme ihm zur Hilfe. "Wenn du möchtest, dann bleibe ich hier und warte bis er fertig ist." schlag ich vor. Er nickt. "Roland wird dich danach nach Hause fahren. Es sei denn..." Wieder hält er inne. "Ich werde warten, wenn du möchtest." Ich schenke ihm ein liebevolles Joey lächeln. Er nickt. "Immerhin wollten wir doch zusammen Kuchen essen, oder?" Er lächelt unwillkürlich. "Ja, wollten wir." "Dann machen wir das auch." Er ist unschlüssig, das spüre ich. Er weiß, dass er los muss, aber die Situation irritiert ihn. "Ich melde mich falls es länger werden sollte, dann kann Roland..." "... mich nach Hause fahren?!Keine Sorge, das bekomm ich auch alleine hin, ich habe doch mein Fahrrad dabei." Er nickt, aber ich glaube er versteht den Sinn meiner Worte in dem Moment nicht wirklich. "Dann wäre das ja geklärt." sagt er und wieder ist er unschlüssig. Ich glaube, die zwei Kaibas ringen gerade mit sich um die Überhand. Los gehen und mich stehen lassen, die Sache ist schließlich geklärt oder sich von mir verabschieden - das scheint wohl die Qual der Wahl zu sein. Er entscheidet sich für letzteres. Seine Hand schiebt mein Kinn sanft nach oben und er seine Lippen streifen kurz die meinen. "Bis später - Joey." Dann macht er sich bereit zu gehen. Bevor er durch die Tür ist, fällt mir noch was ein. "Kaiba!" rufe ich und er hält in seiner Bewegung inne, kommt zwischen Tür und Angel zum stehen und sieht mich fragend an. "Was ist mit Mokuba?" will ich wissen. "Mokuba mag Kuchen sehr gerne." sagt er und ist verschwunden. Ich bleibe verdutzt zurück. Wieder einmal hat er mich überrascht. Ja, mehr noch. Mich total überrumpelt. Ich starre aus dem Küchenfenster und versuche mich zu sammeln. Ist das gerade echt passiert? Kaiba hat gesagt, dass ich bleiben soll? Er will, dass ich auf ihn warte? Mehr noch... hat er gerade tatsächlich... Ich wage es nicht den Gedanken weiterzuspinnen. Scheinbar hat unsere Beziehung einen neuen Level erreicht. Wow. Kapitel 11: Kaffeekränzchen --------------------------- Der Kuchen ist wider Erwarten mehr als ansehnlich geworden. Ich habe sogar noch etwas Puderzucker gefunden um ihn zu verzieren. Immerhin ist er ja was besonderes. Dann habe ich das Geschirr gespült und gewartet. Einen Moment lang habe ich mit dem Gedanken gespielt mich im Haus ein wenig umzusehen, nicht zu schnüffeln - nur mal zu sehen welche Geheimnisse dieser riesige Schuppen so bietet, aber ich habe es dann dabei belassen. Zum einen, weil es mir trotz seiner Erlaubnis hier bleiben zu dürfen wie ein Vertrauensbruch erschienen ist und zum anderen, weil ich nicht so sicher bin ob hier nicht irgendwelche Geheimtüren, Fallen oder sonst irgendwelches Hightec-Zeugs auf mich wartet. Und ich bin ja schließlich ganz allein. Kaiba hat dem Personal heute nämlich frei gegeben. Damit wir bei unserem Date ungestört sind. Und natürlich auch, dass es keine lästigen Zeugen gibt. Das hat er so natürlich nicht gesagt, aber ich schätze, dass es mit eine Rolle spielt. Aber jetzt wird Mokuba bald da sein. Ich bin nach wie vor unschlüssig, was ich tuen oder sagen soll, wenn er kommt. Gut, Roland ist unterrichtet und wird wohl auch keine Fragen stellen, aber Mokuba ist ein anderer Fall. Ich frage mich allen Ernstes wie Kaiba diesen Punkt nicht berücksichtigen konnte. Er denkt doch sonst an alles. Oder hat er ihn berücksichtigt? Ach, ich weiß es nicht. Vermutlich mache ich mir viel zu viele Gedanken. Mokuba ist ein kleiner Junge und er mag mich... Doch selbst ihm ist ja nicht entgangen, dass mein Verhältnis zu seinem großen Bruder bislang nicht unbedingt freundschaftlich war. Bislang... Ich kratze mich am Kopf und denke an das Gespräch, das ich vor wenigen Tagen mit dem Jungen geführt habe. Vielleicht ist Mokuba bei weitem nicht so naiv wie ich denke? Zudem kennt er Seto wohl besser als jeder andere Mensch. Ach, was soll´s? Ich darf mich nicht verrückt machen. Kaiba macht es ja allem Anschein nach auch nicht, oder? Dennoch habe ich mir eine recht gute und meiner Meinung auch recht plausibele Geschichte zurecht gelegt als ich die Limousine kommen höre und - ich bin nervös. Wieder einmal erscheint mir das Alles so was von absurd. Ich meine, ich stehe hier in Seto Kaiba´s Küche nachdem ich mit ihm gebacken habe. Wer würde mir diese Geschichte schon glauben? Gut, dass Roland unterrichtet ist, sonst hätte man mich vielleicht noch für einen Einbrecher gehalten. Ob er Mokuba davon erzählt hat? Bestimmt. Meine Gedanken sind mal wieder wirr und als der Kleine in die Küche stürmt, wird mir klar, dass sie zudem noch unsinnig sind. "Joey!" Er strahlt mich an und läuft auf mich zu. "Ich hab gehört es gibt Kuchen." Ich nicke und erwidere das herzliche Strahlen des Kindes. "Jepp." erwidere ich und deute stolz auf das Werk unserer Arbeit. "Der sieht klasse aus." befindet Mokuba nach einer eingehenden Studie und ich bin stolz. "Ist er auch." stimme ich zu. Ich spüre wie seine Begeisterung auf mich übergeht. Er grinst mich an. "Und den hast du tatsächlich mit Seto gebacken???" fragt er. Es klingt nicht ungläubig, nur ein bischen erstaunt, aber vor allem wirkt er irgendwie erfreut. Ich nicke und wappne mich für den Moment wo ich meine kleine Rede halten muss, die ich mir zurecht gelegt habe. Aber zu meinem Erstaunen fragt er gar nicht. Stattdessen meint er freudig: "Was meinst du, wann können wir ihn anschneiden? Oder müssen wir warten bis Seto kommt?" Ich zucke mit den Schultern. "Der Kuchen ist noch warm, er sollte vielleicht etwas abkühlen und..." Ich zögere. "Ich weiß gar nicht wann und ob Seto kommt. "Das weiß ich auch nie so genau." meint er mitfühlend und seine funkelnden Augen wandern wieder zu dem Kuchen. "Also ich ess ihn auch gerne warm." Er grinst. "Na, dann geht es wohl in Ordnung, wenn wir ihn anschneiden!" Ich grinse zurück. Fünf Minuten später sitzen wir wieder in dem hoheitlichen Wohnzimmer, das mir inzwischen schon so vertraut ist, dass ich keine Angst mehr habe mich darin zu bewegen. Ich habe den Kuchen mit der gebührenden Feierlichkeit angeschnitten und Mokuba nötigt auch Roland sich ein Stück zu nehmen und ein Urteil abzugeben. Der Sekretär bedankt sich in seinem steifen, höflichen Ton, der mich immer zum grinsen bringt. "Ein hervorragender Schokoladenkuchen, würde ich sagen." befindet er und Mokuba nickt mit vollem Mund. "Ja, echt gut, Joey. Den habt ihr klasse hinbekommen." Auch ich bin mit dem Ergebnis zufrieden. Wieder eine im Grunde verrückte und irgendwie auch komische Situation. Da sitze ich mit Kaiba junior und Roland und esse Kuchen. Das ich das tatsächlich mal erleben würde... Ich muss schon wieder grinsen. "Seto wird sich auch freuen." versichert mir Mokuba und angelt sich ein zweites Stück. Ich tue es ihm nach. "Hoff ich doch. Ist ja auch seine Arbeit gewesen." Wider Erwarten ist die Situation echt entspannt und ich komme mir auch gar nicht fehl am Platz vor. Im Gegenteil, Mokuba gibt mir sogar das Gefühl, das alles genauso ist wie es sein soll. "Ich hätte nicht gedacht, dass jemand Seto zu so was überreden kann." Mokuba zwinkert und ich spüre wie ich rot werde. Soll ich jetzt was sagen? Und wenn ja, was? "Dann ist die Sache zwischen euch also geklärt?" Dieses Mal ist es eine Frage. Ich zucke mit den Schultern. "Ich schätze ja." erwidere ich vage ohne so recht zu wissen was die Sache eigentlich ist. Mokuba strahlt wieder. "Das ist gut." Finde ich auch. Nach einer Weile meint er plötzlich: "Seto mag dich, Joey." Ich bin etwas verdutzt und zu perplex um etwas zu erwidern, muss ich auch gar nicht, denn er redet schon weiter. "Ich hab dir ja gesagt, dass Seto nicht so gut darin ist seine Gefühle zu zeigen, er denkt eben immer er müsse stark sein. Das liegt an der Firma. Da darf er es sich nicht erlauben Schwäche zu zeigen. Er sagt immer, das würde ihn sonst angreifbar machen und dann nehmen ihn die anderen Aktionäre nicht mehr ernst." Mokuba redet so belanglos daher als würde er mit mir über das Wetter reden. "Er ist zwar der Hauptaktionär, aber bei großen Entscheidungen muss er das mit dem Aufsichtsrat besprechen und die sind alle viel älter und du weißt ja wie das mit Erwachsenen ist." Weiß ich das??? "Seto ist zwar schon fast 18, aber das ist aber doch noch sehr jung und deshalb muss er sich auch immer wieder behaupten, wie er sagt." Ich nicke und glaube zu verstehen, was er mir sagen will. Wieder ein Puzzelteilchen. Natürlich, Kaiba ist zwar der Chef der Firma, aber er leitet sie ja nicht allein. So eine Firma hat ja auch einen Vorstand und die anderen Geschäftspartner sind sicher weitaus älter als er. Wahrscheinlich so alt, dass sie seine Großväter sein könnten. "Beim ersten Meeting mit dem Aufsichtsrat hat Mr. Tanaka Seto "Mein Junge" genannt." vertraut Mokuba grinsend an. "Das hat ihm gar nicht gefallen." Er zwinkert mir verschwörerisch zu. Er weiß, dass ich mir sehr gut vorstellen kann was er mit "gar nicht gefallen" sagen will. Aber ich kann es auch verstehen. Einen Jungen nimmt man als Chef einer Firma nicht ernst. Deshalb muss Kaiba sich eben behaupten indem er die Zügel fest in der Hand hält und keine Schwächen Preis gibt. Das Bild vervollständigt sich langsam. Wahrscheinlich ist Kaiba deshalb so hart und diszipliniert. Wäre er es nicht, würden ihn seine Geschäftspartner wohl keineswegs respektieren. Automatisch fällt mir sein Vortrag zum Thema Schwächen wieder ein. Verdammt, ich habe ihn bislang tatsächlich falsch eingeschätzt. Ich habe immer nur den Reichtum gesehen und seine Möglichkeiten, nicht aber, dass es für ihn auch Schattenseiten hat und wenn ich es genau betrachte, es sind verdammt viele Schattenseiten. Ein Fulltimejob. Und dann noch die Schule. Und einen kleinen Bruder, den er ja irgendwie erzieht. So habe ich sein Leben wirklich noch nie betrachtet. Klar, das dabei einiges auf der Strecke bleiben muss. Z. B. Freizeit und Freunde. "Und deshalb ist Duel Monsters für Kaiba auch nicht nur ein Spiel." überlege ich laut. Mokuba verdrückt sein letztes Stück Kuchen und nickt eifrig. "Duel Monster ist sozusagen das Herz der Kaiba Corp." Hm. Deshalb ist es ihm auch so wichtig die Nr. 1 zu sein. Das stützt seine Position gegenüber den anderen Firmenpartnern. Nur, dass er nicht mehr die Nr. 1 ist. Mann, Mann, er hat es echt nicht leicht, mein lieber Kaiba. "Joey?" Mokuba reißt mich aus meinen Gedanken. "Ja?" Er sieht mich durchdringend an. "Magst du Seto auch?" fragt er mich ernsthaft. Ich frage mich was der Kleine gerade denkt. "Ja. Ich mag ihn." Mehr noch, ich liebe ihn. Von Tag zu Tag mehr. Mokuba lächelt mich zufrieden an. "Dann werdet ihr in Zukunft also nicht mehr streiten?" Ich zucke mit den Schultern. "Ich denke nicht." erwidere ich etwas unsicher. "Gut, dann kannst du uns ja öfter besuchen und dann spielen wir zusammen." Damit lässt er alles weitere auf sich beruhen. Ich bin erleichtert, aber auch irritiert. Wieder frage ich mich ob ich vielleicht mehr den Durchblick über Kaiba und mich hat als wir denken. Oder als wir selbst. "Entschuldigung, Master Kaiba." Ich habe gar nicht bemerkt wie Roland wieder den Raum betreten hat. "Ja, Roland?" "Ihr Bruder hat gerade angerufen. Er wird in einer halben Stunde nach Hause kommen." teilt ihm der Sekretär mit. Mokuba nickt. "Dann hat er es doch früher geschafft als erwartet. Toll. Danke, Roland." Der Sekretär nickt und wir sind wieder alleine. "Du bleibst doch noch, Joey?" Ich nicke automatisch. "Fein." Wieder liegt dieses freudige Strahlen in seinen Augen. "Soll ich dir das Haus zeigen?" Er hat mich schon am Arm gepackt bevor ich etwas erwidern kann. Mokuba zieht mich mit sich und ich weiß gar nicht wie mir geschieht. Aber hey, der Kleine hat scheinbar Spaß daran und ich... ich irgendwie auch. Nun denn, besichtigen wir den Eisplalast. Joey Wheeler bekommt eine persönliche Führung. "Fangen wir oben an." meint mein kleiner Führer und ich folge ihm. Einige Minuten später dreht sich alles um mich. Das Haus ist noch größer als ich dachte und Mokuba schleppt mich von einem Zimmer zum Nächsten. Warum brauchen die Zwei so viel Platz? Vor allem, da Kaiba so gut wie nie zuhause ist. "Alles ok, Joey?" "Klar, ich bin nur... überwältigt." Ich grinse schief. Mokuba lacht. "Willst du Seto´s Zimmer sehen?" Er zwinkert. Seto´s Zimmer. Das Heiligtum des Eisprinzen. Sein Arbeitszimmer. Oder Schlafzimmer? Ich bin ernsthaft versucht. Aber nein. Ich glaube, er sollte mir das lieber selber zeigen. Ich schüttele den Kopf. "Das ist doch zu... privat." meine ich verlegen. Mensch, ich werde echt rot. Warum? "Schlafzimmer!" Fuck, diese böse, kleine Stimme hat nicht nur ein verdammt gutes Timing, sie ist auch... Ähm, ja. Mokuba zuckt mit den Schultern. "Wie du meinst." Er geht weiter, doch während er sich umwendet, huscht so ein seltsames Lächeln über sein Gesicht. Oder bilde ich mir das ein? Nein, ich schwöre, da war ein Lächeln. Fünf Gästezimmer und zwei Bader, die größer sind als unsere komplette Wohnung, später, weiß ich definitiv, dass ich mich in einem Palast befinde. "So lässt es sich leben, was?" Mokuba lacht. "Das meiste nutzen wir überhaupt nicht." erwidert er. "Eigentlich wäre mir ein kleineres Haus auch lieber." fügt er hinzu. Glaube ich gerne, in dem Schuppen hier verläuft man sich auch schnell. Und wenn er dann so alleine hier ist, während Seto in der Firma arbeitet... Die Zwei führen schon ein komisches Leben. "Hey, wenn du jetzt vielleicht öfter hier bist, dann kannst du ja mal bei uns übernachten. Dann machen wir Popcorn und gucken Filme. Wir haben einen riesigen Fernseher! Komm, ich zeig ihn dir." Er zieht mich wieder mit sich. Wow. Der Kleine scheint echt froh zu sein, dass Besuch im Haus ist. Wahrscheinlich bekommt er nicht oft Besuch. Eigentlich habe ich ihn noch nie mit jemand anderem als Kaiba gesehen. Ob er sonst noch Freunde hat? So liebenswürdig wie der Kleine ist, müsste es doch mit dem Teufel zugehen, wenn nicht. Man muss ihn ja schließlich mögen, das ist genau wie bei Yugi. Moment. Hier übernachten? Ich? Daran hatte ich bislang noch gar nicht gedacht. Aber warum nicht? Ich habe auch schon oft bei Yugi übernachtet oder bei Tristan. Und hier ist mal definitiv genug Platz. Im andren Flügel sind auch noch Gästezimmer hat Mokuba gesagt. Filme gucken und Popcorn essen klingt auch gut. Was Kaiba wohl dazu sagen wird? Und dann muss ich wieder an Kaiba´s Zimmer denken. Sein Schlafzimmer. Wo sein Bett ist. Ich schlucke. Mann, reiß dich zusammen. Natürlich ist da sein Bett, er schläft ja nicht auf dem Boden oder in einem Sarg, auch wenn ich letzteres früher doch insgeheim mal gedacht habe. Oh Mann, schon wieder drehen meine Gedanken am Rad. Ich muss echt aufhören über alles nachzudenken. Besonders über... Vor allem über DAS! "SETO!" höre ich Mokuba plötzlich rufen und folge automatisch seinem Blick. Kaiba´s große, hagere Gestalt kommt langsam die Treppe hoch und Mokuba läuft auf ihn zu. "Da seid ihr ja." stellt er fest und beugt sich zu seinem Bruder um ihn zu umarmen. "Ich bin gerade dabei Joey das Haus zu zeigen." erklärt der Kleine und Kaiba nickt. "Gut." Sein Blick streift meinen und ein kleines Schmunzeln huscht über sein Gesicht. "Keine Sorge, es ist noch Kuchen für dich da, Seto. Und der ist echt lecker, nicht wahr, Joey?" "Keine Frage!" Ich grinse breit und auch Kaiba lächelt. "Und ich hab Joey gerade gesagt, dass er doch mal bei uns übernachten soll, jetzt wo ihr nicht mehr ständig zankt. Was meinst du, Seto?" Kaiba´s Blick hält meinen fest und ich werde schon wieder rot, nein, verdammt, meine Wangen glühen, ach was ich brenne gleich. "Warum nicht, Mokuba." erwidert Seto ruhig und schenkt mir einen unglaublichen Blick aus noch unglaublicheren Augen. Kapitel 12: Kleinigkeiten ------------------------- "Na, Joey." Tristan grinst mich vielsagend an. "Wie läuft´s mit deiner Kleinen?" Ich schlucke schwer. Meine "Kleine" geht gerade mit eiskaltem Blick an uns vorbei und hat ganz sicher diese Worte gehört. Und im Gegensatz zu mir, zeigt er keine Regung bei dieser Aussage. Aber wir sind ja auch in der Schule und seine Maske sitzt wieder perfekt. "Was habt ihr denn jetzt gemacht?" bohrt Tristan weiter ehe ich überhaupt etwas erwidern kann. Oh Mann, wieder so eine verzwickte Situation. Ich will gerade entgegnen, dass es überhaupt keine "Kleine" gibt als auch schon Tea und Yugi dazu kommen und mich neugierig ansehen. "Spann uns nicht auf die Folter! Und sag nicht, dass du keine Freundin hast. In der letzten Zeit machst du dich so rar, man sieht dich kaum noch." Es klingt fast wie ein Tadel, aber Tea lächelt mich amüsiert an. Ich seufze resignierend. Und sage schließlich die Wahrheit. Soweit es mir möglich ist. Genervt erkläre ich, dass alles gut läuft und gebe sogar zu, dass ich Tea´s Ratschlag befolgt und wir einen Kuchen gebacken haben. Sie strahlt mich an und scheint darüber fast noch glücklicher als ich. Zum Glück kommentiert sie die Sache nicht näher. Yugi sieht mich neugierig an. "Also hast du jetzt eine feste Freundin?" will er wissen. Die Vorstellung scheint ihn irgendwie zu beeindrucken. Wieder kann ich es nicht verhindern, dass ich seufze. "Könnte man so sagen..." murmel ich kleinlaut und die Drei grinsen mich wie debile Kühe an. "Oh, das freut mich sooooo für dich, Joey!" meint Tea und drückt mich kurz so fest, dass ich Angst habe, ich kippe um, wenn sie mich los lässt. "Wann stellst du sie uns vor?" "Geht sie auf unsere Schule?" "Wie heißt sie denn überhaupt?" Die Drei plappern wild durcheinander und ich verfluche mich für meine Dummheit überhaupt was gesagt zu haben. Ich hätte doch wissen müssen, dass sie mich nicht einfach in Ruhe lassen würden. Und natürlich kann ich keine ihrer Fragen beantworten. Ich kratze mir am Kopf und überlege was ich am Besten erwidere. Ich weiß natürlich, dass es keine Antwort gibt, die sie befriedigen wird, aber ich muss irgendetwas sagen, dass sie erstmal runterbringt und mir Zeit verschafft. Stimmt ja schon, dass ich mich in der letzten Zeit rar gemacht habe und sie nach der Schule des öfteren versetzt habe um bei Kaiba sein zu können. Das kann ihnen ja nicht entgehen und die Ausrede, dass ich arbeiten muss, zieht auch nicht jedesmal wie ich festgestellt habe. Zudem scheine ich mein Glück so nach außen zu tragen, dass man einfach merkt, dass was im Busch ist. "Also sie ist nicht von hier..." fange ich an und sie sehen mich erstaunt und neugierig an. Na, soweit so gut für den Anfang. Ich grinse schief. "Ich muss ja auch erstmal sehen was daraus wird und so, wir kennen uns ja noch nicht so lange und ihr wisst ja wie das ist..." Wissen die das wirklich? Tristan nickt jedenfalls heftig und zwinkert schon wieder. "Schon klar, du willst sie erstmal für dich alleine, was Alter?" Zwinker, zwinker. Könnte man vielleicht so ausdrücken. "Aber du wirst sie uns doch bestimmt vorstellen, wenn es ernster wird, oder?" fragt Tea. Ich nicke automatisch. "Klar, ihr seid doch meine besten Freunde." Standartspruch in so einer Situation. Die Drei sind selig und lassen erstmal von mir ab. Ich atme erleichtert auf. Zum Glück kommt in der Zwischenzeit ein anderer Schüler angerannt und wendet sich aufgeregt an Yugi. "Hallo zusammen..." meint der Kleine atemlos, weil er so gerannt ist. "Habt ihr schon gehört... es findet ein neues Battle Tunier statt." Er schwenkt ein Plakat und hält es Yugi dann vor die Nase. "Lass mal sehen!" meint Tristan und reißt es ihm förmlich aus der Hand. Ich werde jetzt auch neugierig. Tatsächlich. Das Plakat kündigt ein neues Tunier an. Und dreimal dürft ihr raten wer der Ausrichter ist! Nein, nicht Kaiba. Dann wäre es für mich ja wohl auch keine Überraschung. Kein geringerer als Pegasus. Yugi betrachet das Plakat eingehend und macht nur: "Hm." "Wow... sieht euch die Preisliste an!" staunt Tristan. Und auch Tea ist gebannt von der Neuigkeit. Ich irgendwie auch, aber ich bin auch erleichtert, denn das neue Thema rettet mir sozusagen gerade den Arsch. "Das Tunier beginnt in einer Woche." meint Tea und wendet sich an Yugi. "Wirst du mitmachen?" Der Kleine überlegt. "Warum nicht, könnte lustig werden und seit Kaiba´s Tunier habe ich kam noch wirklich gespielt." Sie nickt. "Also ich wäre dabei!" mischt sich Tristan ein. "Was ist mit dir, Joey?" Er jagt mir seinen Ellenbogen in die Seite. Aber ich bin in Gedanken ganz wo anders. Mein Blick schweift über den Schulhof. Etwas abseits auf einer Bank unter einem Baum sitzt Kaiba. Er wirkt vollkommen ruhig, sogar entspannt und bearbeitet mal wieder seinen Laptop. Ob er von dem Tunier schon weiß? Bislang hat er nichts darüber verlauten lassen. Ich glaube ich brauche mich nicht zu fragen ob er teilnehmen wird. Besonders, wenn Yugi ebenfalls dabei ist. "Joey!" Tea´s Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. "Meldest du dich auch an?" will sie wissen. "Oder bist du zu verliebt um Duel Monsters zu spielen?" Tristan zwinkert schon wieder. Gott, ich hasse das. Er ist so albern. Unwillkürlich sehe ich ihn wieder als kleinen Roboteraffen vor mir. Irgendwie war das schon passend, oder? "Klar bin ich in der Lage zu spielen!" entgegne ich laut und verschränke die Arme vor der Brust. "Joey Wheeler ist immer bereit für eine Partie!" Yugi lacht. "Gut, dann können wir uns ja nach der Schule alle zusammen anmelden!" meint er. Die andern beiden nicken. Ich bin in Gedanken schon wieder bei Kaiba. Die letzten Tage waren wirklich unbeschreiblich, direkt unbezahlbar. Ich war so oft jetzt in der Eisresidenz, dass sogar Roland keinerlei überraschten Eindruck mehr macht, wenn ich mit meinem Fahrrad vor der Tür erscheine. Und Mokuba ist sichtlich erfreut über die neue Entwicklung. Was auch immer der Kleine tatsächlich über mein Verhältnis zu Kaiba denkt, es scheint ihn sehr zu freuen. Und Seto irgendwie auch, ich meine, dass es Mokuba so freut. Das entspannt ihn glaube ich zusätzlich. Kann ich auch verstehen. Aber das Beste daran... wir können so doch wesentlich mehr Zeit miteinander verbringen. Gut, bestimmte Aspekte unseres Verhältnisses halten wir natürlich vor dem Kleinen zurück, aber wir müssen kein Versteckspiel abziehen wie bei meinen Freunden. Und da Mokuba zum Glück auf eine andere Schule geht, bekommt er auch nicht mit, dass wir uns außerhalb der Villa nach wie vor angiften. Allerdings läuft das nicht mehr ganz so geschmiert wie früher. Wahrscheinlich weil ich innerlich zu oft grinsen muss, wenn er mich mal wieder mit seinen bissigen Bemerkungen traktiert. Ich kann nicht anders. Ich sehe dann den Seto vor mir, der mich mit diesem wunderbar hilflosen Blick anssieht und dann fällt es mir schwer ihn ernst zu nehmen. Wie es ihm dabei geht? Ich bin nicht sicher. Na, jedenfalls meinen Freunden fällt davon nichts auf. Ob ich ihn fragen soll bevor ich mich bei dem Tunier anmelde? Hm. Ich bin nicht sicher. Seltsamerweise haben wir bisher nie über Duel Monsters gesprochen. Kein einziges Wort, als gäbe es die Sache gar nicht. Na, für unsere Beziehung spielt sie wohl auch keine Rolle, aber das Tunier... "Hast du schon von dem neuen Tunier gehört, Kaiba?" höre ich Yugi fragen und merke erst jetzt, dass Kaiba sich von der Bank erhoben hat und gerade an uns vorbei geht. Er bleibt gemächlich stehen und wirft Yugi einen spöttischen Blick zu. Dann seufzt er auf diese unnachahmliche Weise, die sowohl Verachtung als auch schlichtes genervt sein ausdrückt. "Ich habe bereits eine persönliche Einladung von Pegasus erhalten, Yugi. Du etwa nicht?" Mann, Mann, wieviel Spott er in seine Stimme legen kann. Unglaublich. Aber Yugi kümmert das wie immer nichts. Er lächelt Kaiba sogar noch weiter an. "Also, eine Einladung habe ich noch nicht bekommen..." meint der Kleine und Kaiba´s Mund, der Mund, den ich so liebe, verzieht sich zu einem zynischen Grinsen. Doch bevor er etwas erwidern kann, meldet Yugi sich nochmal zu Wort. "Wir wollen uns später anmelden." meint er fröhlich und das Wir schließt natürlich mich mitein. Kaiba´s Blick wandert über unsere kleine Gruppe. Er bedenkt jeden mit einem gleichgültigen Blick, auch mich, zumindest, wenn man ihn nicht besser kennt. Ich versteh es inzwischen recht gut in seinen Zügen zu lesen. Als seine Augen meinen Begegnen liegt vielmehr eine stumme Frage darin als Gleichgültigkeit. Dann zieht er eine seiner makellosen Brauen hoch, eine Geste, die einfach perfekt zu seinem unterkühlten Gehabe passt und erwidert lässig: "Nun, dann werden wir ja ein für alle mal klären können, wer der beste Duellant ist." Es steht außer Frage, dass er seine Aussage einzig an Yugi richtet. Mit Tristan, Tea und mir hat er in der Hinsicht nichts zu klären. Yugi nickt ohne dabei seine Gelassenheit zu verlieren. "Yugi wird´s dir schon zeigen, Kaiba!" ereifert sich Tristan. Kaiba schüttelt nur den Kopf. Er hält es scheinbar nicht für nötig etwas zu erwidern. Tristan ist ihm zu gleichgültig. "Der Beste soll gewinnen!" meint Yugi fröhlich und für einen Moment habe ich das Gefühl er will Kaiba gleich die Hand reichen. Mein Kaiba lächelt nur zynisch. "Glaube mir, Yugi. Das werde ich auch." Mit diesen Worten lässt er uns einfach stehen und geht weiter. "Mann, Mann... das Ego von diesem Kerl ist echt groß." Tristan schüttelt den Kopf. "Der feine Pinkel wird schon sehen was er davon hat. Nicht wahr, Yugi?" Der Kleine erwidert nichts. Was auch immer er denkt, ich glaube kaum, dass er sich wirklich Gedanken um diesen Wettstreit zwischen Kaiba und ihm macht. Im Gegensatz zu Kaiba ist er in der Hinsicht nicht so verbissen. Für Yugi ist es ein Spiel, naja, außer die Menschheit ist gerade mal wieder der Einsatz. Aber diese Rivalität, die Kaiba daraus zieht, ist Yugi vollkommen egal. Der Kleine würde Kaiba den Sieg sogar gönnen. Möge der Beste eben gewinnen. "Sag doch auch mal was, Joey!" fordert Tea mich auf. Aber ich weiß nicht was ich sagen soll. "Das ist ja auch deine Chance zu ner Revanche für die Frechheiten dieses Eisklotzes beim letzten Tunier!" Ich nicke nur. Klar. Revanche. Ich habe natürlich keineswegs vergessen wie er sich beim letzen Tunier verhalten hat, als er es fast noch nicht einmal für nötig empfand mit mir um den Dritten Platz zu kämpfen. Das war schon demütigend gewesen. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass ich ihm letzten Endes natürlich mal wieder unterlegen war. Kaiba zu schlagen, war bislang immer einer meiner größten Wünsche. Vielleicht sogar wie sein Wunsch, Yugi zu schlagen. Und was bedeutet das jetzt, ich meine, jetzt wo wir sind was wir sind? Ein Paar? Irgendwie hege ich den Verdacht, dass es für ihn keine Rolle spielt. Sein Ziel ist es Yugi zu schlagen. Ich spiele in diesen Überlegungen zumindest was Duelle anbelangt keine Rolle. Weil er mich ohnehin jedesmal schlägt. Ich seufze. Spielt es für mich noch eine Rolle? Ich glaube, ich werde mit ihm darüber reden müssen. Ich meine, wenn ich mich anmelde und wir gegeneinander antreten müssen... Mal abgesehen davon, wer dann gewinnnt... wie verhalten wir uns dann? Mokuba wird schließlich dabei sein. Puh. Wie es aussieht ist diese Beziehungskiste echt ganz schön kompliziert. Ich werde wohl mal mit ihm darüber reden müssen. Ob er sich darum Gedanken gemacht hat? *** "Yugi hat auch eine Einladung bekommen. Sie kam heute mit der Post." erzähle ich ihm und er blickt von seinem Laptop auf. Ich bin bei ihm zuhause und warte darauf, dass er mit seiner Expertise über irgendeine sehr wichtige Kalkulation fertig wird. "Tatsächlich?" erwidert er ohne aufzusehen. Ich nicke. Er ist voll konzentriert und ich will ihn eigentlich auch nicht stören, aber wir sind gerade allein und naja, irgendwann muss ich ja mit ihm darüber reden. Am Besten bevor Mokuba kommt. "Ich habe mich heute angemeldet." erzähle ich weiter. Er blickt nicht auf. Seine Miene ist mal wieder undurchdringlich. Ich kaue automatisch auf meiner Unterlippe herum. Warum bin ich eigentlich nervös? "Gut, warum auch nicht..." entgegnet er und ich sehe ihn erstaunt an. Ja, warum auch nicht? Vielleicht ist das Thema doch simpler als ich dachte. "Dann hast du kein Problem damit?" frage ich dennoch nach. Jetzt sieht er mich an und schenkt mir eines dieser warmen Lächeln, die außer mir nur Mokuba vorbehalten sind. Herzzereißend süß. Ich schmelze schon wieder. Verdammt, er ist aber auch... "Warum sollte ich etwas dagegen haben?" Ich zucke mit den Schultern. "Ich dachte ja nur..." "..." Er sieht mich fragend an. "Naja, weil wir auf dem Gebiet bislang unsere größten Differenzen hatten und weil ja Mokuba dabei sein wird und es könnte ja sein, dass wir aufeinander treffen und dann, keine Ahnung. Ich dachte halt, es würde vielleicht ein Problem sein." Ich weiß gar nicht was ich sagen soll, deshalb beende ich meine kleine Rede recht abrupt. Einen Moment herrscht Stille. Er sieht mich nur an und sein Blick ist selbst für mich nicht zu deuten. Dann aber lacht er und lehnt sich in seinen Sessel zurück. "Ach, Joey." Er seufzt und sieht mich an als hätte ich etwas sehr süßes gesagt. Hab ich das vielleicht? Wieder zucke ich unsicher mit den Schultern. "Ich nehme an dem Tunier teil, weil ich gewinnen will." meint er schließlich. "Ich möchte meinen Titel zurück." Ich nicke. Schon klar. Das ist ja nichts neues. Ich erwidere nichts, warte ab ob er noch was hinzufügt. Er zögert. Sein Blick fällt wieder auf den Laptop und dann haut er wieder in die Tasten und ich denke schon das Thema ist beendet, aber er klappt den Laptop zu und erhebt sich. Dann kommt er auf mich zu. Er ist vollkommen ruhig, ja sogar gelassen als er sich neben mich setzt und meine Hand nimmt. Seine Augen blicken direkt in meine. Er sieht mich ernst an. "Wenn wir bei diesem Tunier gegeneinander antreten müssen, was bis jetzt ja ein rein theoretischer Gedanke ist, dann werden wir eben gegeneinander spielen und uns duellieren." "Hm." "Und dann wird sich zeigen wer gewinnt." fährt er fort. "Hast du mir nicht immer gesagt, dass es ein Glücksspiel ist?" "Ja, aber..." Er legt mir sanft seinen Zeigefinger auf die Lippen. "Wir werden uns genauso duellieren wie immer. Mit dem gleichen Kampfgeist, ok?" Ich blinzele. Ich bin nicht sicher was er genau meint. "Heißt das...?" Er lacht. "Joey, ich will Gegner, keine Opfer." Hm. Das muss ich sacken lassen. Heißt das, dass ich doch bisher ein ernstzunehmender Gegner war? Obwohl er mich immer als drittklassigen Duellanten bezeichnet hat? Er scheint meine Verwunderrung zu bemerken. Sein Lächeln ist zum dahin schmelzen. Ich könnte glatt über ihn herfallen. Unwillkürlich werde ich rot. Das schafft er immer wieder. "Hey, du warst 3. im Königreich der Duellanten." erinnert er mich und ich habe das Gefühl, dass er damit sogar so etwas wie Anerkennung ausdrücken will. Wow. Ich bin sprachlos. Also das ist echt... das ist... das ist fast wie ein "Ich liebe dich." Das ist... unfassbar. Und ich dachte schon, dass ich den höchsten Gipfel erreicht hätte. Aber das hier. Oh Mann. Ich schätze, ich strahle ihn gerade sehr debil an. Kaiba´s Anerkennung. Wow. So fühlt es sich also an. Er lacht. Wahrscheinlich weil er das Ganze für weniger bedeutsam hält. "Aber ich bin nur 3. geworden, weil du nicht richtig antreten konntest. Wegen Pegasus und so." werfe ich ein. Kaiba zuckt mit den Schultern. "Mag sein. Aber das spielt doch keine Rolle mehr." Tatsächlich? Hat er das wirklich so einfach abgehakt? Erstaunlich. "Das hier ist ein neues Tunier und ich werde alles daran setzen es zu gewinnen und ich erwarte von dir, dass du das ebenfalls tust. Oder hast du jetzt etwa ein Problem damit gegen mich anzutreten?" Ich überlege. Hm, eigentlich nicht. Ich dachte eben nur... Ach, ich weiß auch nicht. Er redet schon weiter. "Gegen Yugi kämpfst du doch auch mit allen Mitteln, oder?" Klar. Aber Yugi ist nicht mein... Freund. Also nicht auf die Art. Und Yugi ist nicht so verbissen. Mann, ich mache mir schon wieder zu viele Gedanken. Er scheint es doch ganz locker zu nehmen. Gut, er geht wahrscheinlich sowieso davon aus, dass er mich schlagen wird. Wie immer. Ich nicke schließlich. "Also?" "Und was ist mit Mokuba? Ich meine... wenn wir uns wie immer bekriegen?" Letzter Einwurf meinerseits und ich glaube sogar ein plausibeler. "Nun," setzt er an und seine Hand streift dabei über meine Wange. Zart wie eine Feder, wie ein sanfter Hauch und ich spüre wieder dieses sehnsüchtige Prickeln. "Ich schätze, ich werde mich bemühen etwas sozialer zu sein, wenn der Fall eintritt." Zärtlich streicht er mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ich lächele. "Aber erwarte nicht zu viel von mir, ok? Du weißt, dass..." Ich nicke. Natürlich weiß ich das. "Ich werde nachsichtig sein." Ich grinse ihn wieder schief an. "Gut." meint er. "Dann hätten wir das ja geklärt. Und wenn du möchtest, dann zeige ich dir gleich auch wie ich mich auf das Tunier vorbereiten will. Aber jetzt muss ich erst einmal diese Expertise fertigstellen." Ich nicke und er lächelt. Als er sich wieder zu seinem Schreibtisch begeben will, halte ich ihn zurück. "Seto." "Ja?" "Ich bin beeindruckt." erwidere ich ernst. Er stutzt. Scheinbar weiß er nicht wieso. Da ist wieder dieses unsichere Fragezeichen in seinen Augen. Ich muss unwillkürlich lächeln. "Warum?" fragt er und ich zucke mit den Schultern. "Weil du manchmal unglaublich süß bist." Er presst die Lippen aufeinander. Ich weiß, dass ihm das nicht gefällt, aber es ist nunmal die Wahrheit. Das gerade war süß und es war eine große Geste, auch wenn er sich dessen mal wieder gar nicht bewusst ist. Aber so ist er eben... süß. "Ich wünschte, du würdest dieses Wort nicht im Zusammenhang mit meiner Person gebrauchen. Inzwischen hast du bei der Verwendung schon inflationäre Tendenzen." Ich lache laut auf. Mir ist die leichte Röte in seinem schönen Gesicht nicht entgangen. "Und ich wünschte," erkläre ich feierlich, "du würdest mich jetzt küssen." Was er auch tut. Trotz Expertise und der inflationären Verwendung dieses verachtenswerten Adjektives. Kapitel 13: Komplikationen -------------------------- "Er ist so verbissen..." stelle ich fest. Mokuba nickt. Wir sehen Kaiba zu wie er sich mit seinem Computer duelliert. Er ist voll konzentriert und ich fühle seine Entschlossenheit ebenso wie seinen Kampfgeist, aber zum ersten Mal spüre ich auch seine Leidenschaft. Im Grunde ist er nicht anders wie bei sonstigen Duellen, vielleicht sehe ich ihn auch einfach nur anders als sonst. Bislang dachte ich immer, dass es ihm lediglich um den Sieg geht. Nicht mehr und nicht weniger. Naja, den Sieg und die Demütigung seiner Gegner. Doch jetzt habe ich das Gefühl, dass er doch nicht nur der unterkühlte Stratege ist wie ich bisher dachte. Und wenn ich rekapituliere... Hat er nicht auch schon immer auf seine Karten vertraut? Er mag zwar sagen, dass er nicht an das Herz der Karten glaubt, so wie Yugi es immer ausdrückt, aber eigentlich tut er es doch. Er vertraut seinen Karten und seinen Instinkten. Ich weiß nur zu gut, dass es nur wenige Dinge gibt, die ihm wirklich wichtig sind. Ich gehöre dazu, was mich nach wie vor mit einem großen Glücksgefühl erfüllt. Und Duel Monsters ist ein anderer Part. Eine seiner Leidenschaften und ich brauche nicht Mokuba´s Bestätigung um zu wissen, dass diese nicht nur seinem Siegeswunsch entspringt. Insgeheim ertappe ich mich dabei, dass ich mir wünsche, dass er Yugi dieses Mal tatsächlich schlagen kann. Ich weiß, was es ihm bedeuten würde. Und Yugi wäre es vermutlich sogar egal. So wie ich um seine Anerkennung gebuhlt habe, buhlt er um die von Yugi und genau wie ich es mir gewünscht habe ihn einmal zu schlagen... Ein Teil von mir wünscht es sich immer noch. Ich weiß selbst nicht wieso. Klar, es ist eigentlich nur ein Spiel und es sollte mir egal sein ob ich ihn je besiege, aber naja, ich habe auch meinen Stolz, auch wenn ich beileibe nicht so Stolz bin wie Kaiba. Trotzdem... Deshalb werde ich auch mein Bestes geben, genauso wie ich es ihm versprochen habe. Alles andere wäre für ihn wohl auch eine Beleidigung und da er mir ja mehr oder weniger zu verstehen gegeben hat, dass er meine Fähigkeiten doch nicht so erbärmlich findet... Es ist schon seltsam wieviel mir das bedeutet. Gerade und ausschließlich von ihm. Yugi hat mir immer gesagt, dass ich gut bin, aber bei Kaiba ist es was anderes. Beim alten wie beim neuen Kaiba. Und mit einem Mal wird mir klar, dass es mir schon immer darum gegangen ist. Seine Anerkennung. Warum? Hm, ich dachte bislang, weil er der Einzige war, der mir keinerlei Respekt zollte und mich stattdessen nur runtermachte, aber das war es nicht... Von Anfang an war da etwas zwischen ihm und mir, dass mich nie losgelassen hat. Genau wie er war ich außer Stande es zu ignorieren. Kein anderer konnte mich je so aus der Fassung bringen wie er und seine Provokationen waren stets die Einzigen, die ich nicht mit einem gelassenen Grinsen übergehen konnte. Und ich weiß, dass es bei ihm ebenso war. Eine Art Machtkampf, der sich nicht beschreiben lässt. Selbst jetzt kann ich mich dem nicht entziehen. Natürlich schlägt er den Computer hochhaus. Er hat mir erklärt, dass er sämtliche Spielzüge aus den bisherigen Tunieren gespeichert und analysiert hat. Jedes Spiel, jeden Spieler, jeden Zug. Verbissen ist für so was noch untertrieben. Es grenzt schon an Besessenheit. Aber das ist eben ein Grundzug seines Charakters. Er ist über die Maßen diszipliniert. Genau das Gegenteil von mir. Mir würde der Kopf rauchen, wenn ich mich über eine Stunde damit beschäftigen müsste. Meine Züge hat er natürlich auch gespeichert. Und sogar zugegeben, dass er hin und wieder eine virtuelle Partie gegen mich gespielt hat. Ich habe ihn nicht gefragt, wie diese Partien ausgegangen sind. Ich kann es mir denken. Trotzdem hat es mich irgendwie gefreut. "Möchtest du es versuchen?" fragt er mich und sieht mich erwartungsvoll an. Ich zögere. Vielleicht weil ich Angst habe mich zu blamieren. "Ich habe einige Analysen bezüglich deines Decks angestellt und mit ein paar Umstellungen könntest du es so verbessern, dass du wesentlich produktiver wärst." erklärt er mir und ich muss lächeln. Er ist ganz in seinem Element und ich finde es schön ihn dabei beobachten zu dürfen. Eigentlich will ich mein Deck nicht groß umstellen, aber hey, er ist der Experte, warum also nicht. "Keine Angst, dass ich dich dann vernichtend schlagen könnte?" Ich grinse ihn breit an. Er erwidert meinen Blick mit einem leichten Lächeln. "Nun, es würde durchaus deine Chancen verbessern." meint er gelassen. So liegen die Dinge jetzt also. Ich finde es schön. "Na, dann lass ich mich doch gern vom Profi beraten." Und tatsächlich. Wir schaffen es auch bei dieser Sache Ärger zu vermeiden. Mehr noch, wir harmonieren sogar. Es ist fast wie mit Yugi, nein, eigentlich sogar noch besser, denn seine Nähe erfüllt mich mit unglaublicher Glücksseligkeit, dass ich sie keinen Moment missen möchte. Er erklärt mir ruhig seine Gedankengänge, natürlich holt er dabei wieder weit aus, aber das ist mir egal. Er beantwortet sogar meine Fragen mit einer Geduld, die ihm wohl keiner je zutrauen würde. Ich komme nicht umhin mich zufragen, warum er nicht immer so sein kann. Ich meine, zumindest wenn es nicht um seine Firmengeschäfte geht. Den Kaiba, der mir gerade gegenübersteht, würden auch meine Freunde ins Herz schließen. Meine Freunde. Das ist vielleicht der einzige Punkt, der einen leichten Schatten über unser Beziehungsdings wirft. Dass er mich seine Abneigung ihnen gegenüber nicht mehr spüren wird, ist ja schon ein Anfang, aber naja, dieses Versteckspiel setzt mir doch etwas zu. Ich habe es anfangs verdrängt, doch inzwischen ist mir recht unbehaglich dabei zumute. Einmal davon abgesehen, dass ich meine Freunde ja irgendwie belüge, ich würde mein Glück so gerne mit ihnen teilen. So wie mit Mokuba. Ein paar Mal habe ich schon mit dem Gedanken gespielt mit ihm darüber zu reden, aber dann ließ ich es doch sein, weil ich Angst davor hatte, wir könnten uns streiten. Und bislang läuft es einfach zu gut... Und überhaupt... ich frage mich wie das alles weitergehen wird. Ich meine, es ist doch jetzt nun einmal so, dass wir ein Paar sind. Ja, es klingt immer noch verrückt und ja, ich muss auch immer noch "Oh Mann" denken, wenn ich darüber sinniere, aber so sind eben die Fakten. Verrückt hin oder her, Seto Kaiba ist mein Freund, mein Schatz, der Mann den ich liebe. Und es läuft verdammt gut zwischen uns. Doch wie wird das in Zukunft aussehen und wie wird es eben weitergehen? Was mich daran erinnert, dass ich übermorgen zum ersten Mal hier übernachten werde. Ich werde eine Nacht im Hause Kaiba verbringen. Mokuba hat schon diverse Filme rausgesucht und freut sich wahnsinnig auf eine Kissenschlacht, die ich ihm versprochen habe. Aber naja, der Kleine wird ja irgendwann ins Bett müssen. Seto bringt ihn immer ins Bett wie er mir gesagt hat, was eine unglaublich süße Vorstellung ist. Doch zurück zu mir... Also was ich meine ist, was ist, wenn der Kleine im Bett ist? Verflixt. Worauf ich eigentlich hinaus will... bislang sind wir recht züchtig unterwegs, also Kaiba und ich. Wir küssen uns, ja, aber mehr war noch nicht. Ich habe bislang auch nicht wirklich über mehr nachgedacht, ok, doch habe ich. Also ich habe versucht es mir vorzustellen und keine Ahnung, ich weiß gar nicht so recht wie ich mir das vorstellen soll. Nicht, dass ich mir es nicht vorstellen will, im Gegenteil. Ich muss schon zugeben, dass ich hin und wieder darüber nachgedacht habe, wenn er mich gerade so leidenschaftlich geküsst hat. Ist ja wohl auch irgendwie verständlich, oder? Ich bin schließlich auch nur ein Mann und Kaiba ist... Kaiba ist verflucht heiß. Und er kann auch verdammt leidenschaftlich sein, wenn er erstmal in Fahrt ist. Aber Hallo! Doch irgendwie habe ich mich nie getraut irgendwas anderes zu versuchen, wobei ich gar nicht so weiß was ich da versuchen sollte. Nicht, dass ich keine Ahnung habe, ich bin mit der Materie vertraut, wie Kaiba es ausdrücken würde. Zumindest theoretisch. Doch die praktische Umsetzung?! Irgendwie ist das doch ganz schön kompliziert. Und ich kann ja auch keinen fragen. Mal abgesehen davon, dass Kaiba mir ja sowieso strengstens untersagt hat, mir bei irgendwem irgendwelche Ratschläge zu holen, ich wüsste echt nicht wen ich fragen sollte. Yugi hat sicher keine Ahnung und Tristan hat auch nicht so viel wie er gern tut und selbst wenn, Kaiba ist schließlich kein Mädchen. Nein, das ist mir nicht erst jetzt bewusst geworden. Ich bin doch nicht bescheuert. Aber bislang hat mich das irgendwie gar nicht weiter interessiert, also es war eigentlich egal. Ist es auch immer noch, nur halt bei der technischen Umsetzung und so... Wobei ich auch nicht weiß ob es bei nem Mädchen leichter wäre. Da wüsste ich auch nicht wie ich rangehen sollte. Himmel, ich weiß, ich sollte gar nicht so darüber nachdenken, sonst werd ich noch verrückt, aber irgendwie fühle ich mich bereit für den nächsten Level, was auch immer das genau ist. Verflixt und zugenäht. Wenn er wenigstens einen Plan hätte, aber ich habe immerzu die Angst, dass Kaiba mir aus den Latschen kippt, wenn ich ihn darauf ansprechen will. Kaiba ist bei solchen Dingen irgendwie... ich weiß auch nicht. Er ist eben unnahbar. Andererseits, wenn ich schon hier übernachte und das weiß er ja, weil er mich eingeladen hat - Gott, heute bin ich echt mal wieder dämlich. Erbärmlich. Tzzz. Also, dann wird er sich doch auch irgendwie Gedanken darüber gemacht haben oder? Muss er doch. Er sagt doch immer er bereitet sich auf alles vor. Oh oh. Hat er sich etwa vorbereitet? Und wenn ja, wie? Gott, warum muss ich jetzt wieder an die verlässlichen Quellen denken. Hilfe, mir wird schon wieder schwindlig. "Joey, ist dir nicht gut?" höre ich ihn fragen und starre ihn mal wieder entgeistert an. "Ähm, doch. Alles in Ordnung." entgegne ich schnell, aber er sieht mich weiterhin besorgt an. "Du wirst rot, Joey." bemerkt er sachlich. Ähm, ja. Er wartet. Ich sollte wohl etwas sagen. Unruhig muss ich schlucken. Was soll ich denn sagen? Verflixt, wie schaffe ich es nur mich in solche Situationen zu bringen? Wir sind doch gerade dabei mein Deck zu analysieren und ich denke über so was nach. Fuck, es ist nicht gut, dass er mich gerade jetzt so ansieht. Ich brenne gleich. Holt den Feuerlöscher! Ich gehe in Flammen auf. Ohne das ich es wirklich will, wandert mein Blick über seinen Körper. Wie er wohl unter dieser Cyberspace-Uniform aussieht? Ob seine Haut darunter genauso blass ist? Joey, denk an etwas anderes. Rotäugiger Was-auch-immer. "Würdest du die Güte besitzen mir zu sagen, was gerade in dich fährt?" Wieder muss ich schlucken. Ich will schon abwinken, aber da sagt er bestimmt: "Und sag jetzt bitte nicht, dass nichts wäre. Du hast innerhalb der letzten fünf Sekunden viermal die Farbe gewechselt und ich glaube kaum, dass meine konstruktiven Verbesserungsvorschläge zu deinem Deck einen solchen Einfluss auf deinen Teint haben." Herrje, machmal macht es mich echt an, wenn er so... halt so redet. Ich grinse und kratze mir am Kopf. "Also, ich dachte gerade..." "Ja?" "Ich denke, ich bin..." Wieder halte ich inne und ich weiß, dass ich dabei bin seine Geduld zu strapazieren. "..." "... bereit für den nächsten Level." Meine Wangen glühen, ich habe die Befürchtung, dass Rauch aus meinem Kopf steigt. Das muss er doch sehen? "Gut, wie du meinst." erwidert er und ich bin fassungslos wie ruhig er das sagt. "Ich hätte zwar nicht gedacht, dass dem so schnell der Fall sein würde, aber wenn du dich bereit dazu fühlst, dann versuch es einfach. Gib mir einen Moment und ich treffe die nötigen Vorbereitungen und wir können anfangen." Ich blinzele ihn entgeistert an. "Jetzt???" will ich wissen. Er stutzt. "Ich dachte, darauf wolltest du hinaus?" "Naja..." Ich sterbe gleich, echt jetzt. Ich überlebe diesen Moment nicht. Warum habe ich das Gefühl gleich im Erdboden zu verschwinden, während er so tut als wäre es das normalste auf der Welt. Er hat sich tatsächlich vorbereitet. Oh Gott, oh Gott... Welche Vorbereitungen? "Joey?" "Ich... also, ich habe nicht direkt an jetzt gedacht. Ich dachte, wir reden mal darüber und naja, dann..." Er starrt mich verständnislos an. "Entschuldige, aber ich kann dir gerade nicht ganz folgen. Ich wäre jetzt eigentlich davon ausgegangen, dass es nichts mehr groß zu besprechen gibt." Huch. Echt jetzt? Welche Vorstellungen hat der Kerl? "Aber... wir können doch nicht so einfach anfangen, ich meine, ich weiß doch gar nicht wie." Ich befürchte ich gekomme gleich einen Herzanfall und sein Gehirn wird explodieren. Aus seinem Kopf kommen schon Fragezeichen. Ich kann sie sehen, ja, ich kann sie sehen. Das Licht am Ende des Tunnels... Oh Mann. "Joseph Wheeler, ich bitte dich, artikulier dich so, dass ich dir folgen kann. Ich bin gerade nicht in der Lage zu verstehen was du mir zu sagen versuchst, aber ich habe den Eindruck, dass du gleich ohnmächtig wirst und das irritiert mich." Ich gebe mir alle Mühe mich zu sammeln. "Also..." Ich gebe mir größte Mühe vernünftig zu klingen. "Ich dachte, wir reden erst einmal in Ruhe darüber. Ich meine, das haben wir doch bis jetzt gar nicht getan. Ich wollte auch nicht so mit der Sache rausplatzen, aber irgendwie denke ich schon die ganze Zeit darüber nach und ich wollte eben nur sagen, dass ich bereit bin, was aber nicht heißt, dass das hier und jetzt sein muss. Ich dachte an übermorgen und irgendwie auch an ein romantischeres Ambiente und so. Das was halt so dazu gehört." Ich sehe wie er meinen Worten zu folgen versucht. Er ist im Kaiba-Analyse-Modus und ich bin wenigstens einigermaßen ruhig. Zumindest habe ich nicht mehr das Gefühl, dass ich gleich abhebe oder mich auflöse. "Hm." sagt er schließlich. "..." Dieses "Hm" irritiert mich. Und es verunsichert mich. Also ein "Hm" habe ich echt nicht erwartet, gut auch nicht, dass wir direkt zur Sache gehen, beides ist höchst verstörend. Ich traue mich gar nicht ihn anzusehen. Ich will im Erdboden versinken. Sofort. "Joey..." sagt er nach einer Weile und ich wage es endlich wieder ihn anzusehen. "Ja?" Verlegen blicke ich zu ihm auf. "Was genau meinst du mit "nächstem Level"?" Kapitel 14: Romantik -------------------- Wie geht man nun also am Besten an diese Sache ran? Ich denke, ich bin auch bereit für den nächsten Level. Mir wird direkt warm um´s Herz, wenn ich an sein süßes, verlegenes Lächeln denke. Dabei war das wirklich eine verrückte Situation. Rückblickend kann ich natürlich darüber lachen. Aber in dem Moment... Oh Mann, wir haben echt einen Hang dazu aneinander vorbei zu reden. Mit einander über dieses Thema zu reden, ist allerdings auch nicht gerade so leicht. Ich werde rot und Kaiba still. Wenn uns jemand dabei zusehen würde... Ich darf gar nicht daran denken. Nicht, dass wir das Thema groß erörtert hätten. Dazu sind wir beide nicht wirklich in der Lage. Wir haben eigentlich nur festgestellt, dass wir bereit für den nächsten Level sind und planlos dazu. Aber das ist doch schon mal was, oder? Und - ich habe ihm untersagt, sich in die Materie einzuarbeiten. Der Gedanke hat mir nämlich echt Angst gemacht. Ich darf mir gar nicht vorstellen... Nein, deshalb habe ich es gleich unterbunden, nicht dass er auf solche Ideen kommt und sie sind ihm ja nicht nur zu zu trauen, sondern die Wahrscheinlichkeit liegt bei Kaiba sehr, sehr hoch. Also quid pro quo. Ich werde diesbezüglich keinerlei Fragen an meinen "Kindergarten" stellen und er wird im Gegenzug keine Expertise zu dem Thema ausarbeiten. Nach diesem Deal waren wir beide gleichermaßen beruhigt und erleichtert. Morgen also. Nicht, dass wir uns das jetzt groß vorgenommen haben. Wir werden einfach einen schönen Abend verbringen, mit Mokuba alte Horrorfilme sehen und naja, dann sehen wir weiter. Könntest du mir erörtern, was genau du mit Romantik und was dazugehört, gemeint hast?" Ich liebe seine unbeholfene Art in solchen Dingen genauso sehr wie ich inzwischen seine Ausdrucksweise liebe. Um ehrlich zu sein... manchmal erregt es mich sogar ungemein, wenn er mit Wörtern wie "eruieren" oder "erörtern" um sich wirft. Das hat wirklich was. Zumindest bei ihm. Er hat dann diese erhabene Ausstrahlung, so... naja, mächtig männlich würde ich mal sagen und irgendwie - scharf eben. Leider war ich nicht in der Lage ihm zu näher zu erörtern was ich damit gemeint habe. Ich weiß es nämlich selber nicht. Bislang habe ich mir ja auch noch nie so große Gedanken darüber gemacht. Aber man hört ja einiges, naja, ich schnappe hin und wieder etwas bei Tea und Tristan auf, die sich in der Hinsicht allerdings nicht so einig sind. Aber das ist wohl so ein Männer-Frauen-Ding. Keine Ahnung. Ich weiß auch noch immer nicht was ich denn eigentlich erwarten würde. Das macht das Ganze natürlich nicht einfacher. Was mich allerdings sehr beruhigt ist, dass Kaiba allem Anschein nach genauso planlos ist wie ich. Na, das kann ja was werden, sofern wir tatsächlich irgendeinen Vorstoß wagen sollten, was ja noch nicht gesagt ist. Zwei Planlose improvisieren einfach mal drauf los. Kann dabei was rauskommen? "Was soll denn dabei rauskommen?" Argh. Die böse, kleine Stimme meldet sich wieder öfter. Ich glaube, das Thema findet sie sehr lustig. Ich nicht. Die Kommentare auch nicht. Sie machen mich verlegen, dabei habe ich eigentlich gar keinen Grund verlegen zu sein. Schließlich ist das doch alles ganz normal. Trotzdem fühl ich mich komisch dabei. Kaiba geht es sicher noch schlimmer obwohl ich sagen muss, dass er sich bei unserem Gespräch echt gut gehalten hat. Ich schätze mal, er wird langsam wieder sicherer oder besser gesagt, er wird auf diesem neuen Gebiet - unserem Gebiet - sicherer. Was ich echt nur begrüßen kann, denn allein bin ich heilos überfordert. Trotzdem erwarte ich lieber nichts von ihm. Und schon gar keine romantischen Anwandlungen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Kaiba zu Romantik fähig ist. Ich weiß ja auch nicht mal ob ich ne romantische Ader habe. Ich höre immer, dass das Ambiente romantisch sein soll, aber so ganz verstehe ich das nicht. Was ist denn eigentlich Romantik? Das habe ich Kaiba auch gefragt und - was er so romantisch findet. Die Frage hätte ich mir eigentlich sparen können. Er hat nämlich keinen blaßen Schimmer. Ich allerdings auch nicht. Ob es romantisch wäre mit ihm bei Mondschein Hand in Hand über einen Hügel zu laufen? Ich glaube ich käme mir eher dämlich vor, ganz zu schweigen davon, dass es von Seto echt zuviel verlangt wäre. Er tut sich ja nach wie vor schwer mit allem was mit Emotionen zusammenhängt. Er versucht es zwar, aber naja... Wobei ich mich echt nicht beschweren kann. Gestern zum Beispiel hat er mich als einer der positivsten Aspekte in seinem Leben bezeichnet. Ich schätze, das heißt soviel wie, dass er froh ist, dass ich ein Teil seiner Welt bin. Na, vielleicht schafft er es irgendwann mir auch diese drei kleinen Worte zu sagen. Ich sage sie ihm nämlich verdammt gerne. Und ich tue es oft. Er wird dann noch verlegener und sein Blick ist im Grunde Antwort genug. Aber es ist doch auch normal, dass ich mir wünsche, dass mein Mann sie mir auch mal sagt, oder? Es wird wohl noch einige Zeit dauern, doch ich kann warten. Wie gesagt... er gibt sich ja Mühe. Und wie ich gerade feststelle - sehr große. Es ist ja mittlerweile schon fast eine Gewohnheit, dass wir uns über Zetteln in den Schulspinden verständigen. Und das klappt auch recht gut. Meine Freunde bekommen zumindest nichts davon mit. Als ich jetzt in den Spind sehe, liegt allerdings mehr als der erhoffte Zettel da. Vorsichtig hole ich das kleine Päckchen hervor. Es ist in einfaches braunes Papier gewickelt und mit einer kleinen Schleife versehen. Ich stutze. Wie kommt das in meinen Spind? Es ist zu dick um durch die Löcher geschoben zu werden. Aber das irritiert mich nur einen Moment. Kaiba findet immer Mittel und Wege. Wahrscheinlich hat er längst den Schlüssel zu meinem Schrank. Ob mich das beunruhigen sollte? Quatsch. Die Zeiten sind vorbei. Neugierig beäuge ich das Päckchen in meiner Hand. Eigentlich will ich es direkt aufreißen, aber nein, ich bremse mich und lese zuerst den Zettel. Joey, keine Sorge, ich werde mich nicht noch mehr mit der Materie beschäftigen! Ich freue mich auf morgen. S. Ich stutze. Naja, süß, dass er sich freut und nochmal betont, dass er keine komischen Untersuchungen in die Wege leiten wird. Trotzdem, seltsam. Aber was erwarte ich? Das ist Kaiba. Kaiba ist seltsam. "Und ich freue mich auf dich..." flüstere ich sehnsüchtig. Dann kann ich nicht mehr an mir halten und reiße das Päcken auf. Es dauert bis ich es ausgewickelt habe, es ist wirklich gut verpackt. Als ich das braune Papier endlich runter habe, halte ich zwei Dinge in Händen und muss mir ein lautes Auflachen verkneifen. Das also hat er mit den Worten gemeint. Schokolade und eine CD meiner Lieblingsband. Er hat es sich tatsächlich gemerkt. Wow. Dabei gefiel ihm die Musik ganz und gar nicht. Er betitelte es sogar als impertinenten Krach. Da soll mal einer sagen, dass Seto Kaiba keine romantische Ader hat. Ich grinse wie ein Honigkuchenpferd. *** Ich bin höllisch nervös als ich mich auf den Weg zu Kaiba mache. Heute ist DER Tag. Heute werde ich dort übernachten. Ich weiß, dass ich mich grundlos verrückt mache, denn wir haben ja nicht ausdrücklich gesagt, dass wir irgendwas bestimmtes oder unbestimmtes tun werden, aber es ist schon anders als abends einfach wieder zu gehen. Ich hab zweimal meinen Rucksack ein und wieder ausgepackt. Und zum ersten Mal in meinem Leben habe ich mir Gedanken über einen Pyjama gemacht. Kaiba hat sicher einen. Ich habe eigentlich keinen, nur irgendwas, dass man mit gutem Willen als solchen bezeichnen könnte. Was mich natürlich vor ein Problem gestellt hat. Ich meine, wie auch immer das laufen wird, ich muss ja irgendwas anziehen, wenn ich schlafen gehe. Normalerweise schlafe ich einfach in T-Shirt und Boxershorts. Aber irgendwie erscheint mir das unangebracht. Klingt vielleicht dämlich, aber ich will doch einen guten Eindruck machen und mit Boxershorts und Shirt finde ich mich in dieser Villa irgendwie deplaziert. Leider sind aber meine Alternativen begrenzt. Also hab ich mein, meiner Meinung nach, stylischtes T-Shirt und die stylischsten Boxershorts rausgesucht, die ich habe. Und ich habe mich sogar mit meinen Haaren beschäftigt. Eine ganze halbe Stunde. Man sieht zwar keine große Veränderung, aber ich habe es zumindest versucht. Leider kann ich machen was ich will. Meine Haare stehen immer ab als käme ich gerade aus dem Bett. Aber Tea meint, der Look würde gerade in werden. Ich bezweifel das zwar, aber was soll´s. Bislang hat sich Kaiba nicht beschwert oder so. Ich weiß auch, dass ich mich gerade grundlos fix und fertig mache und mich lächerlich verhalte, aber ich kann nicht anders. Zum Glück hat mich keiner bei meinen Aktivitäten gesehen. Der Anblick ist sicherlich lächerlich gewesen. Wie dem auch sei. Ich bin so bereit wie ich es nur sein kann und ich freue mich wahnsinnig. Wobei ich wie gesagt ja gar nicht weiß auf was. Schon ulkig. Ich dachte bisher, nur Frauen würden sich so stressen und hielt das immer für maßlos übertrieben. Ich weiß noch, dass ich über Tea gelacht habe, wenn sie mich mal fragte wie sie denn aussehen würde bevor wir zu Yugi gingen. Serinity sagt immer mein Look wäre cool. Aber sie ist ja auch meine Schwester. Ob Kaiba sich so einen Kopf macht? Ob er gerade vor seinem Schrank steht und den dritten Maßanzug probiert? Ich kann mir das nur schwerlich vorstellen. Aber Kaiba ist ja auch immer stylisch unterwegs. Ich frage mich ob er einen Berater für so was hat? Aber ich kann mir schwerlich vorstellen, dass Kaiba sich von irgendjemandem beraten lässt. Höchstens von Mokuba, aber der ist nicht unbedingt der Experte in Stylingfragen, oder? Andererseits... Kaiba kann einfach machen was er will. Er sieht immer wie ein junger Gott aus. Unvorstellbar. Ob sein Schlafanzug auch Nieten und Schnallen hat und wie eine Cyberpunk-Rüstung aussieht? Ich muss ihn wirklich mal fragen ob er auf Cyberpunk steht. Es scheint zumindest so. Rockstar meets Sternenkrieger. Hm. Ich denke schon wieder zuviel. War ja klar. Ich glaube, ich bin nicht chaotisch, sondern neurotisch. Hab ich schon erwähnt, dass sich mein Wortschatz erweitert hat? War abzusehen, oder? Mokuba läuft mir entgegen als ich mit dem Fahrrad die Einfahrt hoch komme. Er strahlt. Wie immer. "Joey," ruft er, "endlich." Ich winke ihm zu und steige schon mal vom Rad. "Hallo Mokuba!" Den Rest des Weges gehen wir nebeneinander her. "Ich habe schon Popcorn gemacht." erzählt er mir und ich gebe mich gebührend beeindruckt. "Und was für Filme hast du?" will ich wissen. Er zwinkert. Über das Thema hatten wir uns bei früherer Gelegenheit ausgetauscht. Kaiba sieht sich keine Filme an, deshalb hatte er bei der Auswahl auch kein Mitspracherecht. "Zwei Horrorfilme, die eigentlich erst ab 16 sind." Ich verstehe und zwinkere ihm verschwörerisch zu. Auch in der Hinsicht sind wir vorbereitet. Aber wir sind uns auch einig darin gewesen, dass wir es nicht zulassen, dass Kaiba nur dabei sitzt und arbeitet. Nein, wir sind fest entschlossen dafür zu sorgen, dass der werte Herr auch mal einen Film guckt und zwar vom Anfang bis zum blutigen Ende. Kaiba sitzt an seinem Schreibtisch als Mokuba und ich in den Salon kommen. "Hallo Kaiba." Ich kann es nicht ändern, ich bin heute nervös und verlegen. Ich werde schon wieder rot. Das passiert mir in der letzten Zeit dauern. Gibt es da keine Medikamente gegen? Er dagegen ist die Ruhe selbst. Zumindest wirkt er so. "Joey." Der Blick sagt alles, was wir momentan wegen Mokuba unterlassen. Und mehr. Ich schlucke und siehe da... meine Wangen brennen. Verdammt. "Mach den Laptop aus, Seto. Ich hab schon alles vorbereitet." meint Mokuba und Kaiba streichelt ihm liebevoll über den Kopf. "Zu Befehl, kleiner Bruder." erwidert er und seine Stimme ist so süß, dass ich dahin schmelzen könnte. Der Kleine strahlt ihn mit solcher Heldenverehrung an, dass er man meinen könnte, Kaiba hebt gleich ab und fliegt durch den Raum wie Superman. Auf dem Weg in den Medienraum, ja, sowas hat Kaiba, streift sein Blick über mich. Ich erwidere ihn verlegen und ein Schauder übermannt mich. Ich schaffe es nur schwer mich auf den Film zu konzentrieren. Immer wieder werfe ich Kaiba Seitenblicke zu und erröte wie eine alberne Gans. Hin und wieder blickt auch er zu mir rüber und ein seltsames Lächeln umspielt seine Mundwinkel. Ich kann seinen Blick nicht recht deuten, aber irgendwas neues ist darin, etwas, dass mich verunsichert und zugleich magisch anzieht. Mann, Mann, mein Herz pocht wie wild. Mokuba und er müssten es fast schon hören können. Der Kleine bemerkt von all dem nichts. Er ist in seinem Element. Wie gebannt starrt er auf den Fernseher und stopft Popcorn in sich hinein. "Gleich wird die dumme Gans umgebracht..." sagt er atemlos. "Warum läuft sie auch in den Keller? Also wenn ein Killer hinter mir her wäre..." Kaiba lacht. "Die Logik dieses Filmes ist wirklich... erschreckend." stimmt er zu. Kann er sich tatsächlich auf den Film konzentrieren?? Ich schaffe es kaum ruhig zu sitzen. Immer wieder gleitet mein Blick zu ihm und ich betrachte seine feingliedrigen Hände, die weichen Lippen. Ich weiß welches Gefühl seine Lippen in mir auslösen können und ich weiß, dass ich Gänsehaut bekomme, wenn er meinen Nacken streichelt. Was, wenn diese Hände weiter wandern...? Theoretisch müsste das dieses Gefühl noch steigern, oder? Überlebe ich so was überhaupt? Also, wenn das Gefühl noch intensiver wird... "Joey, du guckst ja gar nicht." schmollt Mokuba und ich lächele entschuldigend. Der Kleine hat Recht, ich sollte mich besser auf den Film konzentrieren. Aber verflixt, es geht einfach nicht. Mir ist heiß, warum ist es hier drin auch so warm? Und warum wirkt Kaiba so verdammt gelassen? Das irritiert mich ungemein. Ob er sich vielleicht doch mit der Materie beschäftigt hat, nur um sicher zugehen, dass alles glatt läuft? Zu zu trauen wäre es ihm ja. Unsinn, man kann sich in so was nicht einlesen. Das bringt nicht einmal Kaiba. Oder doch? Mist, jetzt schwitzen schon meine Hände. Ist das normal? Die sollten nicht länger behaupten Liebe macht blind, Liebe führt eher zu schwerern Herz-Kreislaufproblemen. Oh Mann. Der Film wird auch bald zu ende sein und Mokuba muss für gewöhnlich um 20:00 Uhr ins Bett. Beruhig dich, Joey. Dann ist es noch zu früh... Zu früh für was??? Wieder huscht mein Blick zu Kaiba. Er ist echt gelassen. Total entspannt. Voll zen. Das ist doch nicht normal, also nicht für Kaiba in so einer Situation. Was ist, wenn er wirklich weiß, was er machen soll, aber ich nicht weiß was ich machen soll? Ich will mich nicht blamieren, nicht vor Kaiba. Fuck, hör auf zu denken. Atme gleichmäßig. Denk an... den rotäugigen Metalldrachen. Ja, rotäugiger Metalldrache. Das ist gut. Das lenkt ab. Ich blinzele und schrecke unwillkürlich vor. "Oh Gott..." presse ich hervor. Mokuba grinst. "Also Joey... der Film ist ab 16. und macht nicht einmal mir Angst." Ich grinse verlegen zurück. Bin unfähig etwas zu sagen. Ich habe mir gerade vorgestellt wie sich der weiße Drache mit eiskaltem Blick auf mich, nein, auf das Rotauge stürzt. Grundgütiger. Was ist nur mit mir los??? "Keine Sorge, Joey, wir passen auf dich auf." Kaiba lächelt mich vielsagend an. Weiß er was ich gerade denke oder meint er tatsächlich den Film? Zittere ich? Plötzlich spüre ich eine Hand im Nacken. Ich zucke ein wenig zusammen. Kaiba hat seinen Arm hinter Mokuba ausgestreckt, der immer noch auf den Bildschirm starrt, und seine Fingerspitzen streifen über meine Haut. Hauchzart wie Spinnweben. Meine Nackenhaare stellen sich auf. Mein Herz rast bis ins unermessliche. Als ich zu ihm hinüber blicke, finde ich seine Augen sofort. Er lächelt und diese unglaublichen Saphiere funkeln mich liebevoll an. Unwillkürlich entspanne ich mich. Hoffentlich hat der Killer bald alle Teenies abgeschlachtet. Ich kann es kaum erwarten. Kapitel 15: Elysium ------------------- Ich fühle mich gerade wie eine Braut kurz bevor der Bräutigam sie über die Schwelle trägt und JA!, ich bin mir im klaren wie hirnrissig dieser Gedanke ist. Komm schon, Joey, reiß dich zusammen! Stell dich nicht an wie ein Mädchen. Ich resigniere. Ich bin ein Mädchen. Ich bin wirklich eins. Ich glaube fast, Tea würde sich nicht so anstellen. Oh, wie erbärmlich! Mist, verfluchter. Jetzt wo er das nicht mehr zu mir sagt, sage ich es mir selbst. Hier läuft doch etwas verdammt schief, oder? "Joey!" Kaiba´s Stimme holt mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. "Ja?" erwidere ich in einem so unsicheren Ton, dass ich es selbst nicht fassen kann. Unter leicht gesenkten Lidern blicke ich ihn an. Der Film ist aus, Mokuba ist im Bett. Wir haben Pizza gegessen und Kaiba hat mir seine Kartenaufstellung für das Tunier gezeigt. Letzteres hat er wahrscheinlich nur gemacht, um mich Nervenbündel zu beruhigen. Nun, ein wenig hat es geholfen, auch wenn ich momentan beim Anblick des weißen Drachen mit eiskaltem Blick ein sehr, sehr komisches Gefühl bekomme. Hoffentlich hängt kein riesiges Gemälde von diesem Monster in seinem Schlafzimmer. Das wäre ihm durchaus zu zu trauen. Sein Schlafzimmer. Ich schlucke und es geht wieder los. Nein, ES geht jetzt los. Meine Hände schwitzen schon wieder. Ich höre wie er seufzt. "Joseph Jay Wheeler." sagt er ernst. Ich muckse mich nicht. Nach wie vor kann ich es kein bischen verstehen, dass er so ruhig ist. Hat er doch gelogen und das Ganze hier ist für ihn gar nicht solches Neuland oder hat er sogar in der kurzen Zeit noch diverse Versuche angestellt? Vielleicht hat er für sowas sogar ein virtuelles Programm? OH MEIN GOTT! Er kommt ein paar Schritte näher, nah genug damit ich mir seiner wohligen Nähe bewusst bin und dennoch so viel Abstand haltend, dass ich nicht zurückweiche. Er hat eindeutig einen Plan. Ich spüre es. "Joey," beginnt er wieder und seine Stimme ist dabei samtweich und absolut ruhig. "Ich weiß nicht was gerade in deinem hübschen kleinen Kopf vorgeht, aber ich habe wieder das Gefühl, dass du gleich einen hysterischen Anfall bekommst. Die Symptome erscheinen mir eindeutig, meine medizinischen Kenntnisse sind zwar nicht allzu ausgeprägt, aber inzwischen habe ich doch etwas Erfahrung im Umgang mit dir und diesen... Anfällen, dass ich mir sicher bin, es ist gleich wieder soweit." Ich schlucke und möchte was erwidern, aber er macht eine eindeutige Geste, die mich zum Schweigen bringen soll. Es funktioniert. Ich warte. Nervös. Nervöser. Joey. Er seufzt wieder leise und ich glaube wahrzunehmen, dass er sich die weiteren Worte zurechtlegt. "Ich habe bedauerlicherweise nicht die geringste Ahnung, was die Ursache für diese Anfälle ist oder was du augenblicklich von mir erwartest. Ich neige zu der Vermutung, dass deine psychologische Konstruktion gerade mehr als nur überlastet ist. Zudem erweckst du den Eindruck bei mir, dass du unter panischen Schüben leidest, die sich scheinbar derart gestalten, dass du Angst hast ich könnte dich gleich in einem geheimen Folterkeller mit den neusten Erfindungen der Kaiba Corp. foltern." Er macht eine kurze Pause. "Und das... irritiert mich sehr!" Er macht noch einen Schritt auf mich zu. Seine Fingerspitzen streichen mir sanft eine verwuselte Strähne aus dem Gesicht. "Sieh mich an!" befieht er und ich gehorche stumm. In seinen Augen lese ich ernsthafte Sorge. "Ich habe keinerlei Interesse daran, dich zu foltern, Experimente an dir auszuführen oder sonst welche Dinge zu tun, die du dir gerade in deinem Kopf ausmalst. Ich weiß ehrlich gesagt selbst nicht was ich in diesem Augenblick tun soll, das kannst du mir glauben." Ich schlucke. Ich glaube ihm, natürlich. Meine Nerven sind nur tatsächlich heillos überspannt. "Du bist hier, weil deine Gegenwart mich selbst auf unerklärliche Weise perfektioniert. Ich ... fühle mich kompletiert, wenn du bei mir bist und dafür reicht es gänzlich aus, wenn ich deine Präsenz im Raum spüre." erklärt er mir sanft. Ich schlucke noch einmal, ein letztes Mal. Das nehme ich mir fest vor. Ich bin nicht sicher ob ich ihn richtig verstehe. Augenblicklich bin ich nicht so gut darin die kaiba´sche Sprache in ein normales Wheeler Vokabular zu übersetzen. Aber so wie er mich ansieht, schätze ich sagt er etwas nettes. Zudem kommt auch kein erbärmlich oder inkompetent in dem Satz vor. Er lächelt und seine Finger streifen über meine Stirn. "Du machst mich vollständig, Joey Wheeler." sagt er mit lachenden Augen. Vollständig? Vollständig fertig? Vollständig was? "..." Er lacht. "Und du unterstellst mir, ich hätte eine langsame Auffassungsgabe bei dieser Emotionssache." "Mit dir fühle ich mich vollständig, Joey." übersetzt er mir geduldig. Seine Hand ergreift die meine. "Ich glaube, du bist einer der Gründe, warum ich existiere." Ok. Jetzt habe ich es verstanden. Wirklich. Vollkommen. WOW! WOW! Bitte kneif mich jemand, ich will wissen ob das gerade wirklich passiert ist. Hat er das tatsächlich gesagt?? Das ist... wow. Mehr als ich je erwartet hätte. Echt jetzt. Dagegen ist ein "Ich liebe dich" nichts. Solche Worte aus Seto Kaiba´s schönem Mund! Jetzt kann ich selig sterben und die himmlischen Gefilde halten keine schöneren Überraschungen mehr für mich bereit. Mein Zeitgefühl ist dahin. Mein Realitätssinn... hatte ich je einen? Mein Verstand... welcher Verstand? Mein Herz... hochgradig bedenkliche Herz-Rhythmusstörungen - eventuell Wiederbelegungsmaßnahmen einleiten! Oh Mann, Kaiba. "Oh Seto." Ich glaube, ich schluchze. Ja, ich weine. Zumindest fühle ich Tränen auf meinen Wangen. Sein schönes Gesicht beginnt auch zu verschwimmen. Ich blinzle, denn ich will ihn weiter sehen. Zärtlich beugt er sich zu mir und seine Lippen berühren meine Wange. Einmal, zweimal. Ich schließe die Augen und genieße das unbeschreibliche Gefühl. Als er sich von mir löst, sind eine Tränen verschwunden. "Wenn du möchtest, dass ich mich weiterhin darum bemühe "gefühlsmäßig aufzutauen", wie du es nennst, wäre es hilfreich, wenn du nicht jedes Mal in Tränen ausbrichst, wenn es mir gelingt." Typisch Kaiba. Er ist und bleibt ein Pragmatiker. "Ich liebe dich auch." entgegne ich nur. "Dann wirst du nicht ohnmächtig werden?" fragt er nach. Ich schüttele den Kopf. "Nein, ich denke nicht." Ich kann schon wieder lachen. "Äußerst beruhigend." Er richtet sich wieder auf und nickt zufrieden. "Somit wäre das ja geklärt." "Jepp." Ich grinse. Ich bin echt ein Mädchen. Es lässt sich nicht mehr leugnen. Nicht einmal ein Hund würde so albern reagieren. "Ich weiß nicht wie du es siehst, aber ich hätte nichts dagegen heute Nacht mit dir einzuschlafen. Ich könnte mir vorstellen, dass es ein explizit erhebendes ... Gefühl sein muss, mit dir einzuschlafen und aufzuwachen." Junge, Junge... wenn er mal anfängt, dann hat er es aber echt drauf. Dagegen ist der olle Casanova oder wie dieser Italiener hieß ja fast schon ein Waisenknabe. Erkenntnis für heute: Kaiba ist zu überragenden Liebeserklärungen fähig! Das ist ja direkt gefährlich. Ein Glück eigentlich, dass er so ein Misantroph ist. Die Frauenwelt wäre für jeden anderen Mann verloren. "Also?" meint er und reicht mir seine Hand. "Weißt du was?" frage ich ihn. Er zieht wieder gekonnt eine seiner Brauen hoch. "Du bist erstaunlich... nein, in solchen Momenten bist du anbetungswürdig." Leichte Röte huscht über seine Wangen. "Und ja... ich kann mir das auch sehr gut vorstellen." "Ausgezeichnet." Er grinst. Ich ergreife seine Hand. "Na, dann führ dein Hündchen mal in das Heiligtum." "Mit dem größten Vergnügen." Kaiba, der Gentleman. Ich fasse es nicht. Aber hey, heute fasse ich sowieso nichts mehr. Was auch immer passiert oder auch nicht, ich bin so randvoll mit Glück, dass es eigentlich zwei Joey Wheelers geben müsste, um dem Gefühl standzuhalten. Das ist eindeutig der Moment, den ich gerne für immer und ewig festhalten möchte. Genauso will ich mich immer fühlen - bis ich alt und grau bin und selbst dann noch. Und by the way, von Seto Kaiba eine Liebeserklärung zu bekommen ist besser als ihn in einem Duell niederzumachen. Es ist fast so... als wäre ich der weiße Drache mit eiskaltem Blick. ________________________________________________________ Edit: Ich hab ja gewarnt, Kitsch pur. Ging leider nicht anders. Mir gefällt die Vorstellung einfach zu gut. Ein romantisch verklärter Kaiba. Anbetungswürdig, definitiv. Kapitel 16: Absolution ---------------------- "Joey?" "Hm?" Ich bin noch nicht ganz wach. Ich weiß, es wird draußen langsam hell, aber ich will meine Augen nicht öffnen und auf keinen Fall will ich aufstehen oder mich auch nur einen Zentimeter bewegen. Mein Kopf ruht zu schön an Kaiba´s Schulter und er hat seinen Arm um mich geschlungen. Ich höre seinen gleichmäßigen Herzschlag. Das gleiche Geräusch mit dem ich gestern Abend eingeschlafen bin. War das wirklich alles erst gestern? Ich kuschele mich noch ein wenig näher an ihn. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl seinen Körper so nah zu spüren. Er fühlt sich so warm an und ich mag den Geruch seiner Haut. Nie zuvor habe ich so etwas schönes gespürt oder mich auch nur annähernd so gefühlt. Und ich weiß irgendwie, dass dieses Gefühl nicht zu übertreffen ist. Er rührt sich nicht. Ich weiß, dass er wach ist. Wahrscheinlich ist er schon eine ganze Zeit wach, ich habe es irgendwann kurz schlaftrunken wahrgenommen. Er hält mich einfach im Arm und das genügt vollkommen. Ich fühle mich... vollkommen. Genau wie er. "Es IST ein explizit erhebendes Gefühl." höre ich ihn sagen. Es ist eine von Kaiba´s nüchternen Feststellungen und genauso klingt es auch, aber ich weiß was er meint. Unwillkürlich muss ich lächeln. "Definitiv explizit erhebend." murmele ich an seiner Schulter und er lacht. Ich spüre sein Lachen. Sein Körper lacht. "Ich muss in einer halben Stunde in der Firma sein." meint er nach einer Weile wehmütig. "Und soll ich dir etwas verraten, Joey Wheeler? - Es ist das erste Mal, dass ich lieber hier bleiben würde als zu gehen." Ich hauche ihm einen Kuss auf die kühle Brust. Wir zögern das Aufstehen solange wie möglich hinaus. Er sagt, dass ich ruhig liegen bleiben könne, ich hätte ja schulfrei, aber ich will ihn nicht gehen lassen. Ich will seine Nähe noch bis zum letzten Moment genießen. Mokuba schläft noch und ich realisiere erst in der Küche wie spät es ist oder besser gesagt - wie früh. Ich koche Kaffee, während er unter die Dusche springt. Noch vor ein paar Tagen wäre solch eine Sitation so furchteinflössend für mich gewesen, dass ich mich selbst eingewiesen hätte und jetzt warte ich hier sehnsüchtig auf Kaiba und hänge mit Gedanken dem gestrigen Abend nach. Ich glaube, ich weiß jetzt, was ich romantisch finde. "Du lächelst immer noch..." stellt er fest und haucht mir einen Kuss auf die Stirn ehe er mir die Tasse Kaffee aus den Händen nimmt. "Ich habe ja auch allen Grund." grinse ich. Er grinst zurück. "Keine Panikattaken mehr?" Oh, ich bin nicht der Einzige, der zu necken versteht. Ich sag doch, ein menschlicher Kaiba ist kein zahmer Kaiba. Ich tue als würde ich schmollen und er lacht. Dann schwöre ich. Keine Panikattaken mehr. "Gut." befindet er und leert seine Tasse. "Dann darfst du öfter mit mir aufwachen, mein Hündchen." Er zwinkert. Jawohl, Kaiba zwinkert. "Ich liebe es mit dir einzuschlafen, Kaiba." sage ich ehe er das Haus verlässt. "Explizit erhebend!" *** Noch Stunden später schwebe ich auf Wolken. Mein Zeitgefühl ist immer noch dahin und ich nehme auch meine Umwelt ganz anders wahr. Selbst Mokuba, mit dem ich gefrühstückt habe, ehe ich mich erst einmal auf den Heimweg gemacht habe, entging das nicht. Er sagte nichts dazu, aber er grinste mich ein paar Mal an und kicherte. Wahrscheinlich weil ich mit einem ziemlich verklärten Blick durch die Gegend laufe, der fast schon an Debilität grenzt. Es ist als wäre nichts anders mehr wichtig... Nichts kümmert mich mehr, nichts macht mir mehr Sorgen. Selbst mein Vater, der wie immer alles andere als blendend gelaunt ist, kann daran nichts ändern. Ich fühle mich zu erhaben als das mir jemand etwas anhaben könnte. Ich frage mich wie es Kaiba gelingen mag sich auf irgendwas zu konzentrieren. Und ich höre wieder seine Worte in meinem Kopf. Der Repeat-Knopf ist wieder gedrückt. Du machst mich vollständig, Joey Wheeler. Kann man einem Menschen etwas schöneres sagen? Ich bezweifle es. Ich kann nicht aufhören zu lächeln. Ich hoffe nur, dass er sich gerade genauso fühlt wie ich mich fühle. Doch dessen bin ich mir fast sicher. "Joey!" Ich bleibe stehen und wende mich schlagartig um. Tea funkelt mich wütend an. "Was ist nur los mit dir? Wir rufen schon seit fünf Minuten nach dir!" Wir? Ach ja, da sind auch Yugi und auch Tristan. "Joey! Ich rede mit dir." Gott, warum ist sie denn so böse an so einem schönen Tag? "Ups." entrutscht es mir und die Drei starren mich an. "Herrje, du bist ja vielleicht komisch drauf..." stellt Tristan fest. Komisch? "Also dieses Adjektiv würde ich nicht benutzen, um meinen Zustand zu beschreiben." erwidere ich entrüstet. Allen dreien geht der Mund auf - synchron. Wow. Das ist vielleicht ein Anblick. Wie in einer billigen Zeichentrickserie. Überhaupt, warum müssen sie sich so aufregen? "Joey, geht es dir nicht gut?" fragt mich Yugi vorsichtig. Tristan´s Hirn arbeitet noch. "Wie würdest du denn deinen Zustand beschreiben?" will Tea wissen und es klingt so vorwurfsvoll als hätte ich irgendwas verbrochen. Spinnen die? Ich stehe hier nicht auf der Anklagebank. Ich will gerade mit "explizit erhaben" antworten als mir der Groschen fällt und ich mir auf die Zunge beiße. Ok, jetzt verstehe ich ein wenig. Trotzdem... man muss ja nicht gleich so reagieren. "Wo warst du eigentlich gestern?" Tristan sieht mich skeptisch an. Irgendwas in mir sagt mir, dass es keine gute Idee ist mit "zu hause" zu kontern. Hat mein alter Herr vorhin auch nicht gesagt, dass einer von meinen nervigen Freunden angerufen hätte? Verdammt, ich bin nicht sicher. Also zucke ich einfach mal mit den Schultern. Dann grinst Tristan plötzlich wieder so und ich weiß was gleich kommt. Ja, ich weiß es genau. Ich rolle schon vorsorglich mit den Augen. Er wird es tun. Zwinkern. Ich weiß es. Und DA! Er tut es. "Du warst bei deiner Freundin, oder?" Ich antworte nicht. Das werden die Drei ohnehin selbst machen. Anklagebank oder erst Verhörraum? Mann, im Moment habe ich eigentlich gar keine Lust auf so ein Gespräch. Ich hatte eigentlich einen Plan. Naja, halbwegs. Eine Grundidee. Irgendwie scheinen sie doch zu begreifen, dass ich unwillig bin. Tristan zwinkert zwar noch einmal, aber das ignoriere ich geflissentlich. Zumindest Yugi scheint so vernünftig zu sein, das Thema auf sich beruhen zu lassen. Er lächelt mich wie immer an und meint ruhig: "Wir wollten gerade unsere Decks für das Tunier vorbereiten." Ach ja, das Tunier. Morgen? Übermorgen? Ich bin mir gerade nicht sicher. "Du wolltest doch eigentlich vorbeikommen, damit ich dir helfe dein Deck zu verbessern." fährt er fort. Stimmt, wollte ich. Gestern irgendwann. Ich kratze mich am Kopf. Ich hatte es ganz vergessen. Das lag daran, dass ich mit den Haaren beschäftigt war und mit der Kleiderauswahl. Fast hätte ich wieder Ups gesagt, aber darauf scheinen die Drei momentan auch nicht so gut zu reagieren. Wie auch immer... mein Deck ist eigentlich fertig. "Also, ´tschuldige Yugi, ich hab gestern ganz die Zeit vergessen und dann musste ich los und naja... " Yugi nickt schon verständnisvoll. Danke, Kleiner. Aber Tristan schaltet sich wieder ein. "... zu deiner Freundin, dafür haben wir doch Verständnis." Nein, Joey, sieh ihn bitte nicht an. Widerstehe, widerstehe, sonst musst du ihm eine verpassen und ich bin gerade zu gut drauf um das zu tun. "Komm doch jetzt mit." schlägt der Kleine vor. Hm. Zwickmühle. Eigentlich hatte ich einen anderen Plan. Ich wollte nämlich was besorgen. Ein Geschenk. Aber ich hab die Drei jetzt oft genug hängen lassen. Verfluchtes Dilemma. Es hilft alles nichts... "Ich hatte eigentlich schon was vor..." fange ich vorsichtig an. Neugierige Blicke. Ich entscheide mich spontan dafür diesen Punkt nicht näher zu eruieren. Ich merke wie Tea etwas sagen will, aber Yugi verpasst ihr einen leichten Stups und sie hält inne. "Und was ist mit deinem Deck, das Tunier ist schon übermorgen." Wieder kratze ich mich am Kopf. "Naja, mein Deck steht eigentlich schon." erkläre ich unsicher. Das macht mich jetzt wohl in höchstem Maße verdächtig. "Ich hab die Tage ein wenig daran gebastelt und bin jetzt eigentlich ganz zufrieden..." "Ach so." Ich bin nicht sicher ob Yugi enttäuscht oder nur überrascht ist. Vielleicht beides. Nun denn, ich kann es nicht ändern. Es hat sich eben so ergeben. Ist ja nicht so, dass ich fremdgehen wollte oder so. Es ist einfach passiert und naja... Himmel, wie dämlich bin ich eigentlich? Ich muss mich nicht rechtfertigen. Ist eben so, dass Kaiba mir geholfen hat. Ok, das kann ich natürlich nicht sagen, dann ist sicher Polen offen oder schlimmeres. Gibt es eigentlich etwas schlimmeres als die Apokalypse? "Also, ich muss jetzt eigentlich weiter..." Ich weiß, ich weiß, es ist unfair und ich tue ihnen Unrecht, aber Himmel, ich bin verliebt. Ich kann jetzt nicht mit ihnen... Ich verspreche, dass ich es wieder gut mache. Wirklich. Ehrenwort. "Wir sehen uns aber beim Tunier?" fragt Yugi. Ich lache. "Klar doch." Als er mich anstrahlt bin ich erleichtert und mein schlechtes Gewissen schwindet schon wieder. Trotzdem bin ich froh als sie mich wieder los streunen lassen. Und ich werde mein Versprechen auch halten. Irgendwie. Aber darüber denke ich morgen nach. Heute kann ich ohnehin nicht mehr viel denken, befürchte ich. Mein Kopf ist in den Wolken und mein Hirn... hm. Gute Frage. Wo mein Herz ist weiß ich zum Glück. Also, zurück zur Mission. Ich will Kaiba ein Geschenk besorgen. Nur, was schenkt man jemandem, der eigentlich alles hat? Das wird ein Kamikazekommando befürchte ich. Aber Joey Wheeler ist bereit. Mir wird schon was einfallen. Etwas, dass angemessen ist und zu den wunderbaren Worten passt, die er mir gestern gesagt hat. Etwas explizit erhabenes. Ich scheine zu schweben als ich los gehe. Ich spüre den Boden gar nicht unter den Füssen. Unfassbar. So fühlt man sich also, wenn man im Himmel ist? Kapitel 17: Herausforderungen ----------------------------- Zugegeben, so explizit erhaben ist das Geschenkt dann doch nicht ausgefallen. Nicht, dass ich mir keine Mühe gegeben hätte. Im Gegenteil. Ich war hochmotiviert. Aber... mein Kopf war leer. Mein Geldbeutel leider auch so ziemlich. Gut, ein Geschenk muss nicht teuer sein, aber ich wollte eigentlich ja was besonderes - was angemessenes. Schließlich habe ich doch etwas gefunden und es ihm noch am gleichen Abend feierlich überreicht. Sein Blick war etwas irritiert als er die kleine Schachtel öffnete und es heraus nahm. Einen Moment huschte sogar die alte Missbilligung über sein Gesicht. Aber dann lächelte er und sah mich an. Und ich, ich stand treudoof vor ihm und grinste verlegen. "Ich dachte, du hast keinen und... naja, so bin ich immer bei dir." "Das ist... rührend, Joey." hatte er mit verlegenem Lächeln erwidert und ich hätte platzen können vor Glück. "Aber du bist auch so immer bei mir." Wenn die Dämme mal gebrochen sind, stelle ich fest, läuft es von ganz allein. Nun, wie auch immer. Nun baumelt ein kleiner Hund an Seto Kaiba´s mächtigem Schlüsselanhänger und ich fühle mich verdammt gut. "Wie war´s in der Firma?" frage ich obwohl ich sicher nur die Hälfte verstehen werde, sofern er überhaupt etwas Preis gibt. Sind wir nicht fast schon wie ein altes Ehepaar? Oh Mann, das ist echt... gibt es Worte dafür? Ich bezweifle es. Er zuckt mit den Schultern. "Das Übliche." Nun, ich bin auch nicht scharf auf Börsenberichte oder Entwicklungsperioden. "Wo ist eigentlich Mokuba?" frage ich also. "Geburtstagsfeier." Ich nicke. "Ach so." Komisch, jetzt stehen wir wieder da und schweigen. Aber es ist kein unangenehmes Schweigen, Gott bewahre. Es ist... es ist wieder so ein Moment wo ich das Gefühl habe, dass unsere Herzen im gleichen Takt schlagen. Ich stehe voll darauf. Auch wenn´s zugegeben doch sehr kitschig ist. Ich glaube, ich stehe auf Kitsch und Romantik und naja, den Rest eben. Er geht zu seinem Schreibtisch und beginnt ein Paar Papiere zu ordnen."Bleibst du?" fragt er beiläufig. Ich strahle. Natürlich hatte ich gehofft, dass er fragen würde, aber so ist es noch besser. "Gerne." erwidere ich. Zumal ich Mokuba versprochen habe, dass ich ihn heute zusammen mit Kaiba ins Bett bringen werde. Komisch, der Kleine ging scheinbar davon aus, dass ich... Egal. "Wie hast du den Tag bislang verbracht?" will er wissen. Smalltalk. Cool. Wie ein ganz normales Paar. Nur, dass ich nicht groß was zu erzählen habe. Mir liegt schon auf der Zunge zu sagen, dass ich rumgestreunt bin, als ich an Yugi und die anderen denken muss. Ein Schatten scheint sich dabei über mein Gesicht zu legen, denn er sieht mich plötzlich fragend an. "Ist etwas passiert?" fragt er besorgt. Wahrscheinlich denkt er an meinen Vater. Es ist ja gemeinhin bekannt, dass wir nicht so gut miteinander auskommen. Bislang haben wir das Thema gemieden. D. h. er hat nie genauer nachgefragt. Vielleicht werde ich ihm irgendwann mal alles erzählen, ich will keine Geheimnisse vor ihm haben. Ich brauche nichts zu verbergen. Nicht vor ihm. Wir sind... Fast hätte ich eins gesagt. Und das ist ja echt mal... romantisch verklärter Kitsch. Mann, Joey. Bewahr dir ein bischen Realitätssinn, bitte. "Nun?" Sein Blick ist bohrend, Gott, diese Augen... Darf ich darin ertrinken? Vielleicht ist es an der Zeit das Thema anzusprechen. Irgendwann werde ich es sowieso tuen müssen, also warum nicht jetzt? Dann haben wir es hinter uns und können... Ich zögere. Wie fange ich es am Besten an. "Ich habe heute Yugi und die anderen getroffen." Ja, als Einleitung nicht schlecht und er scheint sogar augenblicklich zu verstehen, was ich meine. Ich sehe es ihm an. Er zeigt zwar keine Regung und auch kein spöttisches Lächeln zuckt um den schönen Mund, aber in seinen Augen sehe ich Verständnis und... Ich bin nicht sicher. Er sagt nichts, überlässt mir das Reden. Gut, dann rede ich. "Also, ich glaube, sie machen sich Sorgen... weil ich kaum noch Zeit für sie habe. Sie denken zwar, dass ich..." "... dass du bei deiner kleinen Freundin bist?" Er grinst. Ich kratze mich verlegen am Kopf. Ach ja, er hat ja Tristan´s blöde Bemerkung mitbekommen. "So könnte man es ausdrücken..." Ich grinse wieder schief und er seufzt. Gemächlich nimmt er an seinem Schreibtisch Platz. Ich schätze, das gibt ihm Sicherheit und die scheint er zu brauchen bei diesem Gespräch. "Und ich nehme an, dass sie deine Freundin zu gerne kennenlernen wollen? Wie ich Gardner einschätze, brennt sie vor Neugier darauf. Von diesem Tristan ganz zu schweigen." Er sagt es recht gelassen, aber mir ist klar, dass in diesen Worten unser Problem mitschwingt. Ich nicke und setze mich auf seinen Schreibtisch. Etwas, dass ich mir in den letzten Tagen angewöhnt habe. Anfangs hat ihn das irritiert, ich hab´s genau gemerkt, aber er hat nie was gesagt. Wieder schweigen wir beide und ich frage mich, was er gerade denkt. Ich schätze, er weiß genau, was dieses Problem für mich bedeutet. "Hm." Er lehnt sich zurück und verschränkt die Arme vor der Brust. "Und was denkst du, sollten wir in der Hinsicht unternehmen?" Oh, damit hatte ich nicht gerechnet. Mist, ich dachte eigentlich, dass er... Toll, jetzt weiß ich nicht was ich sagen soll. Ich meine, im Grunde gibt es nur einen einzigen Weg dieses Problem zu beheben. Nein, zwei und beide erscheinen mir... Ich weiß auch nicht. Ich sehe ihn hilflos an. Verdammt, Kaiba, du bist doch der Mann, der alles weiß. Er seufzt wieder. "Joey." sagt er und es klingt resignierend. "Was möchtest du, dass ich sage?" Ich zucke automatisch mit den Schultern. Ich weiß es doch auch nicht, verdammt. Warum muss das auch so schwierig sein. Ich bin so dermaßen glücklich und ich will, dass es so bleibt. Ich will, dass zwischen uns alles so bleibt wie es ist, aber ich kann meine Freunde doch nicht ewig belügen. Auch wenn es nur Notlügen sind. Und naja, irgendwie würde ich sie auch gern teilhaben lassen an meinem Glück, auch wenn ich irgendwie glaube, dass sie das nicht so ganz verstehen würden. Und das ist eben der Punkt. Ich kenne seine Position und ihre. Also, ich weiß was er über sie denkt und wie sie ihn sehen. Ich hab ihn ja auch so gesehen. Gut, Yugi ist nicht voreingenommen und er hat ja immer gesagt, dass Kaiba im Grunde ein guter Kerl wäre, aber das heißt ja nicht automatisch, dass sie sich mögen können und Kaiba ist eben Kaiba. Kann ich das überhaupt von ihm verlangen? Er gibt sich ja schon so große Mühe und springt für mich über seinen Schatten. Aber das ist ja nur eine Seite des Problems. Das weiß ich so gut wie er. Sobald unser Geheimnis nicht mehr unser Geheimnis ist, sind Schwierigkeiten vorprogrammiert. Ob ich will oder nicht, das ist so. Immerhin ist er der Chef einer Firma und wie schon Mokuba sagte, er muss seine Position verteidigen. Wie würde es aussehen, wenn plötzlich bekannt würde, dass er... naja, dass wir... Mir wäre das alles ja egal. Ich könnte damit umgehen, ja auch mit dem Spott, dass ausgerechnet ich mich in Kaiba verknallt habe. Mir wäre auch egal was irgendwer denkt. Die Meisten halten mich ohnehin für einen Versager, einen Verlierer und nicht ganz normal. Aber wie ist es bei ihm? Welche Konsequenzen hat das für ihn? Seine Stellung, seine Arbeit - alles. Ich seufze. Pattsituation. Verdammt. Dabei bin ich so glücklich und will doch dieses Glück nur genießen. Vielleicht kann ich das nur, wenn es unser Geheimnis bleibt. Und wäre das ein zu hoher Preis für dieses Gefühl? "Joey" höre ich ihn wieder sagen und blicke unsicher zu ihm rüber. "Ich weiß es nicht." gebe ich zu. Er nickt. Er weiß es auch nicht. "Ich meine, ich weiß ja auch nicht einmal, was sie dazu sagen würden. Ok, sie würden mich wahrscheinlich erstmal für unzurechnungsfähig halten, was ich in meinem momentanigen Zustand auch irgendwie bin, aber sie sind meine Freunde und als Freunde versteht man so was doch, oder?" Frage ich ihn das tatsächlich? Er sagt nichts dazu. Er kann ja auch nicht. Er hat keine Freunde, er hält nichts von Freundschaft. Das hat er Yugi oft genug klar gemacht. Für ihn ist dergleichen nur Heuchelei. "Wenn euer... " Er bricht ab und hebt wieder neu an. "Wenn eure Freundschaft tatsächlich so unzerstörbar ist, wie ihr bislang immer getan habt, dann dürfte es für sie kein Problem sein." Ich starre ihn an. Meint er das wirklich? Heißt das ich soll...? "Joey, du kennst meine Ansichten. Ich muss sie dir nicht noch einmal wiederholen." fährt er ruhig fort. "Ich denke, ich kann verstehen, dass sie dir wichtig sind und dass du sie nicht belügen möchtest, ich möchte auch nicht, dass du meinetwegen lügst, aber dir muss klar sein, dass es Konsequenzen mit sich bringt. Konsequenzen, die nicht absehbar sind." Hm. Er hat natürlich Recht. Er hat immer Recht. Er ist Kaiba. Ich kann nicht umhin zu grinsen. "Ich kann dir nicht sagen, wie sie reagieren werden." sagt er und legt seine Hand auf meinen Arm. "Du weißt, was ich für dich fühle... Aber deine Freunde sind ein ganz anderer Aspekt für mich." Ich nicke. Natürlich. Das weiß ich ja. Nur, weil er Gefühle für mich hat, heißt das eben nicht, dass sie auch eine Rolle für ihn spielen. Er scheint mit sich zu ringen. Ich sehe es ihm genau an. Er ist in der Zwickmühle. Einerseits möchte er dieses Thema beenden und keinen Gedanken mehr an den Kindergarten verschwenden, andererseits weiß er, dass mich dieser Punkt beschäftigt. "Solange du nicht erwartest, dass ich mich mit dem... mit ihnen treffe um irgendwelche Kindereien zu machen, kann ich damit leben." sagt er schließlich. Was? Verstehe ich ihn richtig? Ich soll es ihnen sagen? Ich starre ihn schon wieder an. Er lächelt und seine Hand umschließt meine. Ich spüre seinen sanften Druck und wie ein Teil seiner Wärme mich umfängt. "Du musst es wissen." erwidert er. "Wenn du es für richtig hältst..." Er spricht nicht weiter und wir sehen uns nur an. Hm. Ich habe also somit sein ok, wenn ich es ihnen sagen will. Wow, damit hatte ich echt nicht gerechnet, ich war vielmehr davon ausgegangen, dass es Streit geben würde. Unser erster Streit. Ich muss unwillkürlich grinsen. Auch das gehört dazu. Hab ich mir sagen lassen. Will ich es ihnen denn sagen? Halte ich es für richtig? Ich weiß es einfach nicht. Wenn ich nur wüsste ob sie es für sich behalten könnten... Dann wäre es einfacher. Aber alleine Tristan ist so ein Plappermaul und auch bei Yugi kann ich mir schwer vorstellen, dass er... Verdammt, was soll ich machen? Dann sehe ich ihn fragend an. "Welche Konsequenzen hätte es für dich, wenn... nun ja, wenn es öffentlich bekannt werden würde, dass wir... du weißt schon... dass wir beide eben...?" Ich werde schon wieder rot. Warum kann ich das nicht abstellen. Seine Miene ist vollkommen ausdruckslos. Die Frage kann nicht neu für ihn sein. Er muss sich damit auseinander gesetzt haben. Natürlich. Er wäre nicht Kaiba, wenn er diesen Punkt nicht bedacht hätte. Es wäre alles wesentlich einfacher, wenn es die Kaiba Corp. nicht gäbe. Dann wären wir einfach nur Seto und Joey und unser einziges Problem wäre, dass wir ne moderne Romeo und Julia Version wären, naja, so was in der Art. Aber er ist eben ein Mann der Öffentlichkeit und die Medien sind an seinem Privatleben interessiert. Und ich glaube kaum, dass uns einer die reine Freundschaftsnummer auf Dauer abkaufen würde. Also? "Meine Geschäftspartner sind alle sehr traditionsbewusst." sagt er nach einer Weile. Klar, ich verstehe. Spießer. Für die wäre das ein gefundenes Fressen ihn niederzumachen. Nicht nur, dass er ein jugendlicher Firmenchef ist, der dazu noch ständig mit irgendwelchen Irren in Zusammenhang gebracht wird, dann wäre er auch... Ich will es gar nicht denken. Nein, die Konsequenzen wären zu groß. Mehr als er verkraften würde. Das kann ich nicht verlangen. Und ich kann auch nicht meine Freunde in dieses Geheimnis einweihen. "Legen wir das Thema vorerst auf Eis, ok?" schlage ich vor. Er nickt dankbar. Und ich wünschte, ich hätte gar nicht damit angefangen. Irgendwie trübt es die Stimmung doch und das wollte ich nicht. Ich wollte, dass es so weitergeht wie es gestern aufgehört hat, wie es heute morgen war... überhaupt. Es geht um ihn und mich, alles andere ist mir egal. Ich werde schon einen Weg finden, um alles unter einen Hut zu bringen. Er schafft es schließlich auch. "Joey?" "Ja?" Er sieht mich eindringlich an. Sein Blick ist... hm, schwer zu sagen was gerade in ihm vorgeht. Er ist ernst, aber auch entschlossen. Doch da ist noch was anderes. Es scheint als wäre ihm etwas in den Sinn gekommen. Eine Lösung? Ich wage es nicht darauf zu hoffen. "Gib mir Zeit bis nach dem Tunier, ok?" fragt er mich. Ich sehe ihn erstaunt an. Er lächelt und erhebt sich aus seinem Stuhl. "Ich finde eine Lösung. Eine, mit der wir beide leben können. Ich verspreche es." Feierlich und entschlossen steht er vor mir. Ich bin unsicher, was ich davon halten sollte. Bei Kaiba weiß man schließlich nie. Ich traue ihm alles vor. Und ja, ich glaube auch immer noch, dass irgendwo in dieser Villa ein Folterkeller ist. Aber ich weiß, dass ich ihn nie zu sehen bekommen werde. Er beugt sich langsam zu mir und sieht mir tief in die Augen. "Vertraust du mir?" will er wissen. Was für eine Frage. Natürlich. Blind und vollkommen. "Ja." erwidere ich fest. Seine Lippen legen sich sanft auf die Meinen. Automatisch schließe ich die Augen wie ich es immer tue. Und wie immer berauscht mich der Kuss so sehr, dass alles in mir zu kribbeln anfängt. Es ist so leicht... Ein Kuss von ihm und all meine Sorgen und Ängste sind dahin. Alles um mich herum versinkt wieder in einem Meer aus Farben und es gibt nur ihn und mich und seine Hände, die langsam über meinen Rücken wandern und mich näher an ihn ziehen. Und ich bin wieder im Himmel. Er wird eine Lösung finden. Ich vertraue ihm. Und wenn nicht, nun, dann werde ich auch damit leben können. Solange er bei mir ist, ist alles andere egal. Als er sich langsam von mir löst bleiben unsere Blicke doch eins. Ich bin bewegt und denke wieder an gestern, an diese wunderbaren Worte, die ich nie für möglich gehalten hätte. Die Nacht, die sie haben Wahrheit werden lassen, und ich verspüre dem Wunsch ihm zu sagen, dass er sich keine Sorgen zu machen braucht, dass ich bereit bin alles zu tun, damit es bleibt wie es ist. "Seto, ich..." Ich komme nicht weiter. Sein Zeigefinger legt sich auf meine Lippen und versiegelt meinen Mund. "Ich weiß, Joey." Er lächelt mich so süß an, dass mein Herz zu zerspringen droht. "Lass es einfach meine Sorge sein, in Ordnung?" Ich nicke. Er nickt. Damit ist alles gesagt. Oder? "Du hast einen Plan, oder?" Ich muss die Frage stellen. "Ich bin Kaiba." erwidert er nur und grinst. Diabolisch. Ich komme nicht dazu darüber nachzudenken. Seine Lippen liegen wieder auf meinen und ich spüre wie seine sanften, kühlen Hände damit anfangen über meinen Körper zu wandern. Kapitel 18: Abstraktion ----------------------- Ich schnappe nach Luft und er lacht. Seine Frisur ist vollkommen durcheinander, die dunklen Strähnen fallen ihm planlos ins Gesicht. Ich rolle mich auf die Seite und strecke eine Hand aus. Sein Haar ist weich, unglaublich weich und es duftet immer nach Lavendel. Zärtlich streiche ich ihm ein paar Strähnen zur Seite, um sein Gesicht besser sehen zu können. Seine Augen glühen und ich sehe eine Spur des Lächelns in ihnen, das gerade seine harten Züge weich werden lässt. Der Anblick ist mir inzwischen eigentlich fast vertraut. Dennoch fasziniert er mich immer wieder. "Kaiba?" Komisch, in solchen Momenten nenne ich ihn lieber so. Ich weiß auch nicht so ganz warum. Eigentlich ist es ein sehr intimer Augenblick, Seto wäre wohl angemessener, aber Kaiba erscheint mir angebrachter. Ich kann es mir selbst nicht erklären. Es ist genauso undefinierbar wie die Tatsache, dass seine präzise Ausdrucksweise und seine rhetorischen Fähigkeiten mich in einem Maße erregen, dass es mir den Boden unter den Füßen wegzieht. Er neigt mir sein schönes Gesicht zu und meine Hand wandert wieder zu seinem Oberkörper. Sein Körper ist genauso blass wie sein Gesicht. Blass und kühl und unglaublich zart. Manchmal habe ich Angst ihn zu berühren, weil ich befürchte, er könnte unter dem Druck meiner Hand zerbrechen. Der große und mächtige Seto Kaiba. Ich lächele. "Ja?" fragt er. Ich seufze wohlig. "Ich könnte gar nicht mehr aufhören damit." erwidere ich ernsthaft. Er lacht. Eine Braue schnellt wieder in die Höhe. Früher ein Zeichen seiner Missbilligung. Jetzt... "So?" fragt er amüsiert. Ich nicke und seine Hand legt sich auf die Meine. Ich fühle seinen Herzschlag. Ein unbeschreiblich beruhigendes Gefühl. Ich liebe es damit einzuschlafen. Mit seinem Körper an meinem, seinem Herz unter meiner Hand und seinem Duft... "Kaiba..." fange ich wieder an. Ich weiß auch nicht was gerade mit mir los ist. Wahrscheinlich bin ich noch trunken von dem gerade erlebten. "Hm?" Er hat die Augen wieder geschlossen und ist vollkommen entspannt. Keine einzige Mauer steht zwischen uns, kein Netz, kein doppelter Boden. Er ist ganz er selbst. Genau wie ich. Komisch, wieviele Gedanken mir gerade durch den Kopf schwirren. Wirre, konfuse, ja, verrückte Gedanken. Ich bin echt ein Mädchen. Mädchen wollen doch hinterher immer... "Magst du eigentlich Cyberpunk?" will ich wissen. "Wie kommst du jetzt auf diese Frage?" Ich zucke kaum merklich mit den Schultern. "Es interessiert mich einfach." "Ich glaube, ja." antwortet er nach kurzem überlegen. Dachte ich´s mir doch. Wieder eine Information für meine Kaiba-Datenbank. Ich grinse. Noch habe ich nicht so viele Datensätze, aber ich bin eifrig am sammeln. Da er die halbe Zeit selbst nicht so recht weiß, was er mag und was nicht, allein weil er unzählige Sachen gar nicht kennt, weil sie für ihn irrelevant sind, ist es etwas schwierig, meine Liste zu erweitern. Aber ich bin fest entschlossen. "Woran denkst du gerade?" frage ich weiter und könnte mich selbst ohrfeigen. Mann, Joey, das ist wohl eine dämliche Frage. Totales Klischee. Reiß dich am Riemen, echt jetzt. Glücklich sein, heißt nicht zwingend total hirnverbrannt sein zu müssen. Er seufzt. "An nichts. Ich fühle nur." Wow. Das ist... ungewöhnlich. Ich dachte bislang stets, dass selbst in solchen Momenten noch ein Rest Rationalität in ihm wäre. Dass er insgeheim in einem der hintersten Winkeln seines überragenden Gehirns noch irgendwelche Tabellen erstellt oder Konstruktionen weiterentwickelt. "Wie ist es... nur zu fühlen?" Man kann mich doch verstehen, dass ich diese Frage stellen muss, oder? Er öffnet die Augen und sieht mich an. Dieses Blau... es ist einfach unbeschreiblich. Ich habe festgestellt, dass es unglaublich viele Facetten hat. Wenn er wütend ist, dann wird es eisig, ein helles eisiges Blau, wie man es manchmal sehen kann, wenn es geschneit hat und die Sonne auf dem Schnee glitzert. Und wenn er entspannt ist, ist es ein warmes Blau... wie im Innern einer Kerze. Doch am unbeschreiblichsten ist es in Momenten wie jetzt. Dann hat es eine Farbe für die es eigentlich keinen Vergleich gibt. Ich habe diese Farbe nur ein einziges Mal gesehen bislang. Das war an einem frühen Morgen als ich draußen durch die Stadt lief, weil ich keine Lust hatte nach Hause zu gehen. Es dämmert langsam und da war dieser Moment... der Moment ganz kurz bevor die Sonne aufgeht und die Nacht verschwindet. Da habe ich einen Streifen am Himmel gesehen, der diese Farbe hatte. Genau diese. Nur für Sekunden, dann war es weg gewesen, aber es hatte mir den Atem verschlagen. Ein unfassbares Blau. Er scheint ernsthaft zu überlegen. Ich glaube, dass wird er sich nie abgewöhnen. Nie und nimmer, wird er es ablegen zu eruieren und zu analysieren und ich muss unwillkürlich lächeln. "Sag doch einfach." dränge ich ihn und er knufft mich liebevoll in die Seite. "Ich würde sagen, es ist gut." sagt er dann und mehr wollte ich auch gar nicht wissen. Mir ist klar, dass das noch immer neu für ihn ist. Nur zu fühlen. Ich rücke wieder näher zu ihm und kuschele mich in seinen Arm. "Ich will nicht aufstehen." erkläre ich und weiß natürlich, dass ich es irgendwann muss. Steht ja außer Frage. Er streichelt mir zärtlich über den Kopf und wir schweigen. Liegen einfach nur da und genießen die Nähe des anderen. Schon verrückt das alles. Gestern standen wir noch in seiner privaten Hausarena und duellierten uns und nun... Das es einmal so sein würde... Es erstaunt mich noch immer. Wenn ich das alles früher gewusst hätte, ich meine, dass beides geht, denn es geht. Tatsächlich. Gestern hatten wir das wohl friedlichste Duell überhaupt. Obwohl er natürlich verbissen war. Doch es war anders als früher. Er war entschlossen und hoch konzentriert, aber es gab keine bissigen Bemerkungen, keine abfälligen Kommentare. Es kam mir fast vor als würden wir nicht gegeneinander, sondern miteinander kämpfen. Ich muss ja wohl nicht sagen, dass er gewonnen hat. Wenn auch nicht so haushoch wie sonst, wie ich zu meiner eigenen Ehrenrettung hinzufügen darf. Die Analysen bezüglich meines Decks waren ein Erfolg, mehr noch. Ich habe ernsthaft eine Chance mit meinem Deck gegen Yugi, aber auch gegen ihn. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Kaiba mir mal strategische Tipps geben würde? Und ich mal darauf höre! Er hat mir sogar eine Karte gegeben, die ich in mein Deck einbauen soll. Er meinte, dass sie zu seinem Powerdeck nicht passen würde, aber das es eine mächtige Karte wäre, die einige von meinen unterstützen könnte, wenn ich sie richtig einsetze. Er hat es mir natürlich näher erläutert. Unwillkürlich muss ich an das Tunier denken. Heute ist es soweit. In wenigen Stunden geht es los. Umso erstaunlicher ist es, dass er momentan so entspannt ist. Schließlich weiß ich, dass er es gar nicht erwarten kann, gegen Yugi anzutreten. Das ist sein Hauptziel bei diesem Tunier. Alles andere ist ohne Bedeutung. Ich bin gespannt wie die Sache ausgehen wird. Eigentlich müsste klar sein, dass die Beiden wieder im Finale auf einander treffen. Gut, Peagsus ist auch ein ernstzunehmender Konkurrent, aber ohne sein Milleniumauge und Mokuba als Druckmittel, wird er gegen meinen Kaiba blass aussehen. Und ich? Nun, ich werde bestenfalls die Nr. 3 werden, aber Bronze ist schon mal was, oder? Ihm wird Silber allerdings nicht genügen. Ich wünsche mir wirklich ernsthaft, dass er Yugi besiegt. Ich wünsche es mir für ihn. Ich glaube, dass diese Sache ein klein wenig zu seinem Seelenfrieden beiträgt. Es ist dieser ewige Kampf gegen sich selbst. Der Kampf gegen seinen Stiefvater, der ihn dazu treibt. Er muss es sich beweisen. Sich allein. Es ist sozusagen seine letzte Mission. Yugi besiegen und der Beste sein. Hm. "Woran denkst du?" fragt er mich plötzlich. "An das Tunier." Er sieht mich erstaunt an. Damit hatte er wohl nicht gerechnet. Verkehrte Welt. Und ich denke auch daran, was er gestern gesagt hat. Dass ich ihm Zeit geben soll - bis nach dem Tunier. Sofort muss ich an dieses diabolische Lächeln denken. Was es damit wohl auf sich hat? Scheinbar hat er ja eine Lösung für das Dilemma gefunden, aber... naja, dieses Lächeln war schon etwas... Ich wage gar nicht mir auszumalen was für Lösungen überhaupt in Frage kämen. Auf einmal bin ich hellwach und auch etwas beunruhigt. Kaiba´s Lösungen sind normalerweise wie sein Deck. Vernichten und zerstören. "Du wirst doch keine Killer anheuern?" frage ich und weiß im gleichen Augenblick wie verrückt diese Frage ist. Er starrt mich geistert an. "Manchmal frage ich mich ernsthaft was du über mich denkst!" meint er entrüstet und verzieht schmollend den Mund. Ich lächele entschuldigend. "Naja... also... ich dachte nur... wäre ja auch ne Lösung, oder? Ich meine, du sagst ja immer, dass sie dir auf die Nerven gehen und so und deine Möglichkeiten auf dem Gebiet..." Denke ich das ernsthaft?? Oh Mann, mein Dachstübchen ist echt... Er richtet sich auf und ich habe mit einem Mal Angst, dass er wütend ist. Ich habe ihn sicher verärgert, natürlich. Wer würde nicht verärgert sein, wenn man ihm das unterstellen würde. Mann, Joey, warum bist du auch so bescheuert. "Ich stelle fest..." presst er hervor und sein Tonfall ist bitter, "du hast nicht nur eine haarsträubende Fantasie, deine Vorstellungen von meinen - Möglichkeiten grenzen an Paranoia." Ich schlucke schwer. Er ist wütend. Fuck, warum habe ich nicht die Klappe gehalten. Ich denke doch nicht ernsthaft, dass er jemanden umlegen lassen will. Das ist doch gar nicht sein Stil und überhaupt, das wäre doch... Herrje, wie komme ich nur immer wieder auf so einen Unsinn? Sekunden vergehen in denen Schweigen herrscht. Mir ist unbehaglich zumute. Dann seufzt er und wendet sich mir wieder zu. "Joey... ich mag vielleicht eine etwas unterkühlte Art an den Tag legen und nicht unbedingt zum Fanclub deiner Freunde zählen, aber ich bin Leiter einer Spielefirma, nicht Kopf der Yakuza." Er sieht mich ernst an. "Zugegeben, ich kenne einige Leute, die... sagen wir, die sich außerhalb des legalen bewegen, aber ich kann dir ausdrücklich versichern, dass ich nicht mit dem Gedanken spiele irgendjemanden ins Jenseits zu befördern." Ich bin erleichtert. Nicht allein wegen seiner Worte, sondern weil er mich anlächelt. Amüsiert. Ich bin so ein Idiot. "Im Übrigen..." Er beugt sich langsam über mich. "Halte ich es doch für etwas übertrieben in dieser Angelegenheit zu solch drastischen Mitteln zu greifen!" "Das leuchtet ein." entgegne ich ehe seine Lippen mein versiegeln. Ich habe echt eine blühende Fantasie. Zudem hat er auch gesagt, dass er eine Lösung finden würde mit denen wir beide leben können. Also, beruhig dich, Joey, niemand wird erledigt. Als er sich von mir löst, hält sein Blick meinen fest. "Erstaunlich, was du mir alles unterstellst, mein Hündchen." Ich werde rot. Ähm, ja. Wo er Recht hat, hat er Recht. "Können wir dieses Thema nun beenden?" fragt er. Ich nicke. "Jepp, können wir." Er seufzt erleichtert und wuschelt mir über den Kopf. "Du bist wirklich ein besonderer Fall." lacht er. Ich weiß. Er aber auch. Er wirft einen Blick auf die Uhr und ich weiß, dass es Zeit ist, aufzustehen. Dennoch rühre ich mich nicht. Ich sehe ihm dabei zu wie er sich aufrichtet und sich sein Hemd überstreift, dass er gestern Abend achtlos zu Boden geworfen hat. "Du wirst mit Mokuba zum Tunier gehen." Es ist eigentlich keine Frage, sondern eine Feststellung. Er nickt. "Und du wirst dich mit deinen Freunden treffen, nehme ich an." So sah der Plan aus. Ich wollte zu Yugi und mit den anderen dann zur Arena. Ob es zu einem Duell zwischen uns beiden kommen wird? "Wie wäre es mit Frühstück?" fragt er. Ich nicke nur. Mann, Mann, was für eine verrückte Konversation. Sogar für unsere Verhältnisse. Ob das bei allen Paaren so ist, dass sie sich über solch unsinnige Dinge unterhalten? Naja, wahrscheinlich unterstellt nicht jeder am frühen Morgen seinem Liebsten, dass er vielleicht einen Auftragsmord planen könnte. Wie bin ich nur auf die Idee gekommen. Ich schüttele unwillkürlich den Kopf. Gott, bin ich seltsam. "Joey?" "Ja?" "Mach dir keine Sorgen." Seine Stimme duldet keinen Widerspruch. Ich verspreche es. Hoch und heilig. Und ich bin fest entschlossen dazu. Herrje, ich habe doch schon weitaus schlimmeres überstanden als so was... überhaupt, ich muss gar nichts überstehen. Wir werden dieses kleine Problem bewältigen, wie alle anderen auch und ich vertraue jetzt einfach mal darauf, dass sich die Dinge so fügen, wie sie sich fügen sollen. Das tun sie doch irgendwie immer für gewöhnlich, oder? "Ich gehe davon aus, dass wir einen vergnügten Tag haben werden. Zumindest nicht, wenn nicht wieder irgendwelche Psychopathen auftauchen, doch in der Hinsicht bin ich zuversichtlich." meint er mit der Hand auf der Türklinke. "Und so oder so... ich werde heute Abend glücklich einschlafen können." Er ist einfach erstaunlich. Nein, unbeschreiblich. Eine Marke für sich. Kaiba eben. Und natürlich hat er Recht. "Will das Hündchen seinem Herrchen folgen?" Er grinst. Er hat sogar Humor. Ich stelle fest... mein Traummann ist perfekt. Kapitel 19: Tribut ------------------ "Heute ist der Tag an dem Seto Kaiba ein nächstes Mal unterliegen wird, was Yugi?" Tristan grinst geradezu schadenfroh. Der Kleine erwidert nichts. Er wendet sich stattdessen mir zu. "Schön, dass du da bist, Joey." Ich grinse. "Dito, kleiner Kumpel." erwidere ich und wir lachen beide. Es ist also soweit. Gleich beginnt das Tunier. Ich muss als erstes gegen irgendeinen Knirps aus Schweden ran. Na, ich bin recht zuversichtlich. Mit dem Kleinen dürfte ich problemlos fertig werden. Immerhin habe ich ein Hammerdeck und das Glück wird auf meiner Seite sein. Ich spüre es. "Da kommt auch schon Mr. Eisklotz." Tea verzieht angewidert das Gesicht. Ich folge ihrem Blick und tatsächlich. Kaiba und Mokuba betreten die Arena. Ich kann nicht verhindern, dass mein Herz wieder ein, zwei Takte schneller schlägt. Wie immer, wenn er in meine Nähe kommt. Ich hoffe nur, dass ich nicht auch noch rot werde. "Bin mal gespannt, wie er drauf ist, wenn Yugi es ihm mal wieder gezeigt hat." Tristan stößt mich unsanft in die Seite. Ich erwidere nichts. Für einen Moment spiele ich nur mit dem Gedanken, missbilligend eine Braue hoch zu ziehen. Leider kann ich das nicht. Zumindest nicht so wie Kaiba. Mokuba hat uns entdeckt und winkt aufgeregt. Er rennt auf mich zu. "Hey, Leute. Hallo Joey..." begrüßt er uns. "Hallo Mokuba!" Er lächelt mir zu. Und plötzlich kommt mir der Gedanke, dass der Kleine ja unfreiwillig unser Geheimnis aufdecken könnte. Ob Kaiba daran gedacht hat? Er hatte nur gesagt, dass er sich bemühen würde sozialer zu sein? Was ist, wenn Mokuba irgendwas vertrauliches sagt? Fuck, ich werde schon wieder nervös. "Mein Bruder tritt als erstes gegen Duke an." erzählt er uns. Duke? Hm, wusste gar nicht, dass er auch hier ist. Mokuba´s Gesicht spiegelt absolute Siegesgewisseheit wieder. Bevor noch irgendwer etwas erwidern kann, tritt Kaiba zu uns. Seine Miene ist ausdruckslos und kalt. Im Grunde ist er wie eh und je. Ganz der Alte. Beherrscht bis in die Haarspitzen. Er nickt kurz vage in die Runde und es herrscht betretenes Schweigen. Scheinbar ist er entschlossen sich an sein Versprechen zu halten, denn er schweigt anstatt irgendeinen Kommentar zu unserem Verein abzugeben. Innerlich muss ich lächeln. Ich bin jetzt schon stolz auf ihn. "Hallo Kaiba." begrüßt ihn Yugi. Im Gegensatz zu Tristan und Tea ist er stehts um einen gelassenen Umgang mit Seto bemüht. "Yugi." Mehr sagt Kaiba nicht. Mehr gibt es auch eigentlich nicht zu sagen. "Gegen wen trittst du als erstes an?" erkundigt sich Yugi freundlich und ich sehe das altbekannte spöttische Grinsen im Gesicht meines Liebsten erscheinen. Nur für einen kurzen Moment, Sekunden später ist es verschwunden. "Irrelevant." entgegnet er knapp und wendet sich dem allgemeinen Geschehen zu. "Heute wird Seto es dir nicht leicht machen, Yugi." meint Mokuba und grinst. Yugi lächelt liebenswürdig zurück. "Er macht es mir nie leicht." Das meint er ehrlich. Yugi weiß, dass Kaiba ein hervorragender Duellant ist. "Trotzdem wird Yugi dich besiegen, Kaiba..." Tristan kann sich diesen unnötigen Kommentar nicht verkneifen. "Nicht wahr, Joey?" Ach ja, mein Stichwort. Eigentlich müsste ich jetzt ja miteinstimmen. Aber in meinem Drehbuch hat sich ja was verändert. Ich zucke also nur mit den Schultern. Kaiba straft Tristan mit einem gleichgültigen Blick, der diesen scheinbar erstmal verstummen lässt. Zum Glück. "Sieh an, sieh an... die Favoritenrunde ist schon mal versammelt." Eine altbekannte Stimme durchbricht die aufkeimende Stille. "Pegasus." Kaiba lächelt sichtlich amüsiert. Ob er wohl gerade an das letzte Duell gegen ihn denkt? Zwischen den Beiden ist jedenfalls noch eine Rechnung offen. "Ich bin entzückt, dass ihr alle gekommen seid." Er bedenkt uns alle mit seinem merkwürdigen Lächeln. "Man darf gespannt sein, wer dieses Mal den Titel davonträgt, nicht wahr?" Er blickt von Yugi zu Kaiba und wieder zurück. Arroganter Arsch. Ich konnte den Typen noch nie aussehen. Alleine schon diese irren Augen. "Nun, du wirst es mit an absoluter Wahrscheinlichkeit grenzender Sicherheit nicht sein." erwidert Kaiba ungerührt. Hab ich schon erwähnt, dass es mich schon anmacht, wenn er so ist - zumindest, wenn mich sein Spott nicht trifft. Das hat echt was. Und wie er dabei aussieht. Mann, ich muss an was anderes denken, sonst laufe ich echt rot an. "Und du glaubst, dass du eine Chance hast?" Pegasus grinst amüsiert und legt mit einem Nicken zu Yugi eindeutig den Finger in die Wunde. Böser Fehler. Kaiba zu reizen ist nie eine gute Idee. "Ich bin hier um zu gewinnen." Kaiba´s Stimme ist frostig. Wäre mir nicht so warm um´s Herz, ich würde sicher eine Jacke brauchen. "Und genau das gedenke ich auch zu tun." Jetzt weiß ich was die Reporter im Fernsehen immer damit meinen, wenn sie sagen, die Spannung knistert oder so... Hier sind eindeutig alle gespannt wie Flitzebögen. "Wir werden ja sehen ob deine Selbstsicherheit dieses Mal ins Schwarze trifft, Kaiba." meint der blasierte Lackaffe und wendet sich um zum gehen. Mein Liebster zuckt gleichgültig mit den Schultern. "Wie ich dir bereits einmal gesagt habe, Pegasus - Einer von uns beiden gebraucht sein Köpfchen. Und du bist es nicht!" Er liebt es das letzte Wort zu haben. Immer. "Nun, Yugi... ich hoffe, dass du bereit bist. Ich bin es." Kaiba blickt entschlossen auf Yugi. Der Kleine nickt. "Möge der Beste gewinnen." sagt er noch einmal. Kaiba verdreht die Augen, sagt jedoch nichts. Ich bin beeindruckt. Er hat sich weit besser unter Kontrolle als ich zu hoffen gewagt hatte. "Komm, Mokuba. Wir gehen..." Der Kleine sieht mich noch einmal an und ich nicke ihm zu. Irgendwie habe ich die Hoffnung, dass er versteht, was ich damit sagen will. So oft hat der Kleine mir gegenüber schon den Eindruck erweckt, dass er gar nicht so naiv ist. Und siehe da, er enttäuscht mich nicht. Er zwinkert mir zu und ich glaube tatsächlich, nein, ich bin gerade überzeugt, dass der Kleine den totalen Durchblick hat. Beruhigt zwinkere ich zurück. Und dann geht alles recht schnell. Die Duelle gehen los und es herrscht allgemeiner Trubel. Was mit den anderen ist, bekomme ich ab dem Zeitpunkt nicht mehr wirklich mit. Ich muss mich schließlich auf meine Kämpfe konzentrieren und die laufen wie sich herraus stellt, noch besser als erwartet. Keine Ahnung woran es genau liegt, heute scheint mir wirklich alles zu gelingen. Umso ein größerer Schock ist es dann als ich auf dem Plan nach meinem nächsten Gegner sehe. "Joey, du bist im Halbfinale!" Yugi freut sich sichtlich für mich. Ich nicke geistesabwesend. "Glückwunsch." sagt auch Tea, die im Viertelfinale passen musste. Ich erwidere nichts. Denn meine schlimmste Befürchtung ist eingetreten. Das, was bis dahin noch Theorie war. Ich muss tatsächlich gegen Kaiba antreten. Welche Ironie! "Gegen wen musst du ran, lass man sehen..." Tea schiebt mich beiseite. Ich schließe für einen Moment die Augen. Musst das tatsächlich sein? Ok, ich weiß, dass es im Grunde kein Problem ist, zumindest hat er mir das versichert und für mich ist es so gesehen auch kein Problem, aber naja, gut fühlt es sich trotzdem nicht an. Zumal das hier kein Probelauf ist. "Sieht aus, als würdest du deine Revanche bekommen." meint Yugi. Er steht natürlich ebenfalls im Halbfinale und wird gegen Pegasus antreten. Ich seufze und Tea klopft mir aufmunternd auf die Schulter. "Ach, komm, so schlimm wird es sicher nicht... Letztes Mal hast du ihm auch sehr zugesetzt, wer weiß, was dieses Mal passiert." Natürlich hat sie Recht und sie meint es gut, deshalb schaffe ich es auch sie anzulächeln. Im Grunde ist es mir ja egal. Ich brauche meine Revanche nicht länger und auch nicht die Anerkennung... die habe ich schließlich schon längst. Es fühlt sich eben komisch an. "Du darfst dich nur nicht von ihm ärgern lassen." meint Tea weiter. "Lass dich einfach nicht aus der Fassung bringen und bleib ruhig." Oh Bitte, sprich nicht weiter und Yugi, kein Wort zum Herz der Karten. Das ist das Herz, das mir gerade vollkommen egal ist. Ich lächele gequält. Nicht aus der Fassung bringen lassen ist gut... Kaiba´s Anblick bringt mich aber aus der Fassung. Im positiven Sinne allerdings. "Na, wird schon laufen." sage ich etwas unsicher und meine Freunde sehen mich mitleidig an. Wenn die wüssten. Lieb von ihnen sich solche Gedanken zu machen. Ich kann eben wirklich auf sie zählen. Aber die Sachlage ist jetzt ja eine andere. Ob Kaiba es schon weiß? Automatisch halte ich nach seiner eindrucksvollen Gestalt Ausschau und ich finde ihn einige Meter entfernt in der Menge. Sein Fanclub setzt ihm wieder zu. Unzählige Mädchen umringen ihn und er wirkt genervt. Dennoch versuche ich seinen Blick zu finden. Bitte, sieh mich nur einmal an... Aber er hört meine Gedanken ja leider nicht. Wir haben darüber geredet. Es ist ok. Ich werde mein Bestes geben und er auch. Ich brauche mich überhaupt nicht verrückt zu machen. Trotzdem würde mich ein Lächeln von ihm jetzt beruhigen. Sicher ist sicher. Und das bekomme ich dann auch. Ein beruhigendes Lächeln und noch mehr. Als meine Pattform hochgefahren wird und ich ihm gegenüber stehe, lächelt er mich an. Er macht sich nicht einmal die Mühe es zu verbergen. Er lächelt und im Grunde müsste es für jeden der Augen im Kopf hat ersichtlich sein, dass es keines seiner eiskalten Lächeln ist. "Vermassel es nicht, Wheeler." Sein Blick sagt mehr als 1000 Worte und die Wärme in mir dehnt sich wieder aus. "Keine Sorge, Kaiba." versichere ich ihm und grinse. "Dann bin ich ja beruhigt." Keine Ahnung was meine Freunde von dem Dialog halten, sofern sie überhaupt zuhören. Es ist mir in dem Moment auch egal. Mir ist es sogar egal wie dieses Duell ausgehen wird... nein, nicht wirklich. Eigentlich will ich, dass er gewinnt. Dann kann er im Finale gegen Yugi antreten und... Ich weiß doch wie sehr er sich das wünscht. Wie nach einigen Zügen feststellen muss, hatte Tristan doch nicht so ganz Unrecht. Gefühle beeinflussen das Spiel doch. Ich bin aber auch albern, ich kann ihn nicht einmal ansehen ohne dieses wohlige Gefühl zu verspüren und meine Gedanken zurück zu letzter Nacht wandern. Ob es ihm auch so geht? Denkt er daran oder ist er wieder ganz der Stratege? Gott, er sieht echt verdammt heiß aus. Ich fange tatsächlich an auf diesen Mantel zu stehen. Herrje, ich muss mich zusammen reißen. Meine Wangen glühen glaube ich schon. "Alles in Ordnung mit dir, Hündchen?" höre ich ihn fragen. Er bemüht sich spöttisch zu klingen, aber welch Überraschung, es gelingt nicht ganz. Oder durchschaue ich ihn inzwischen nur zugut. Ich lege den Kopf schief und bedenke ihn mit einem liebevollen Grinsen. "Klar, mir geht´s explizit gut." Jetzt kostet es ihn Kraft ein Lächeln zu unterdrücken und stattdessen, "Na, dann... nicht, dass du mir ohnmächtig wirst." zu sagen. Dieser Fiesling. Scheinbar haben wir einen zivilisierten Weg gefunden uns zu necken. Na, das hat doch was. Es macht sogar Spaß. Fast hätte ich Lust noch einsdrauf zu setzen. Aber ich verkneife es mir. Was sollen denn die Leute denken? Hoffentlich merkt keiner, dass ich ihn wie einen treudoofen Hund angucke. Na, das wird ja ein Duell werden... das könnte ja fast in die Geschichte eingehen. Ich lache. Und mein Gedanke bestätigt sich. Ich bin mir nicht sicher ob ich dem Geschehen wirklich richtig folge oder mein Verstand wieder einmal zu benebelt ist. Etwas ist anders... Nicht, dass Kaiba nicht wirklich kämpfen würde. Wir schenken uns in der Hinsicht nichts. Dennoch... etwas ist anders. Wir liefern uns ein heißes Kopf an Kopf rennen und ich muss zugeben, ich verdanke es fast in erster Linie seinen Tipps. Ja, wirklich. Ich benutze zwar noch die gleichen Karten, aber wenn ich sie jetzt anwende, bewirken sie wesentlich mehr. Schon verrückt. Ich erinnere mich an unsere Worte... Keine Angst, dass ich dich dann vernichtend schlagen könnte? Nun, es würde durchaus deine Chancen verbessern. Hm. Für einen Moment bringt es mich aus der Fassung. Könnte es tatsächlich sein? Dass ich Kaiba schlage? Das kann doch nicht sein... Also, nicht, dass ich es mir nicht gewünscht hätte, aber nicht heute, nicht hier, nicht jetzt. Deshalb bin ich doch gar nicht hier. Es beruhigt mich als er endlich seinen weißen Drachen mit eiskaltem Blick auf dem Spielfeld hat. Absurder Gedanke oder? Dass es mich beruhigt, dass es ihm gelungen ist sein bestes Monster aufzurufen. Eigentlich ist die Sache jetzt gelaufen. Ich habe nur noch 500 Lebenspunkte und eine Offensive, die mehr schlecht als recht ist. Nur noch mein Babydrache und mein Faustkämpfer können mich schützen. Zwei Züge und ich bin Schachmatt. Vorausgesetzt es passiert kein Wunder mehr. Kaiba greift ruhig und kontrolliert an. Der Angriff hat die gewünschte Wirkung. Ich höre meine Freunde rufen und zucke mit den Schultern. Ich habe keinen anderen Ausgang erwartet. Wohl sonst auch keiner. Es spielt auch keine Rolle. Dieses Mal kümmert es mich nicht, dass ich ihm unterliege. Die nächste Karte, die ich ziehe, reißt mich dann völlig aus der Bahn. Er ist nicht nur genau die Karte, die ich brauche, es ist die Karte, die er mir gegeben hat. Ich starre sie entgeistert an. Mit dieser Karte kann ich das Blatt wenden. Nicht nur das... Ich könnte ihn bei diesem Zug besiegen. Ungläubig sehe ich zu ihm rüber. Gestern erst hat er sie mir gegeben und mir genau erklärt wie ich sie einsetze. Zufall? Er sieht vollkommen gelassen aus. Ich merke ihm nicht das Geringste an, weder Triumph noch Sorge. Gut, er kann auch nicht wissen, dass ich diese Karte gezogen habe. Wieder überkommt mich dieses komische Gefühl. Und aus irgendeinem Grund frage ich mich, ob er das vielleicht bezweckt hat. Ich meine, genau das. Diese Wendung, die Wendung überhaupt. Denk nach, Joey, genau genommen hätte er mich mit dem letzten Zug schon besiegen können. Warum hat er nicht? Aber er hat doch gesagt, dass er ernsthaft kämpfen will! Verdammt, was mache ich jetzt? Wenn ich sie spiele, werde ich Kaiba besiegen. Spiele ich sie nicht, kann er im Finale gegen Yugi antreten. Verflixt. Wenn ich nicht ernsthaft spiele, dann breche ich mein Wort... Ich hab ihm schließlich versprochen.... Was soll ich tun?? Mein Blick gleitet über Kaiba´s Gesicht. Ich muss mich entscheiden. Sofort. Sieg oder Niederlage. "Im Grunde kennst du die Antwort doch, Joeylein." Perfekter Moment - Auftritt meine böse, kleine Stimme. Aber sie hat natürlich Recht. Es gibt nur eine Antwort. Die Richtige. Und ich glaube, während ich diese Entscheidung treffe, erkenne ich auch was dahinter steckt. Wir beide haben unsere Mauern unten. Ich spüre wie ich mich wieder entspanne. Ich schätze, das ist das größte Opfer, dass Kaiba bringen kann. Es sagt alles. Dabei hat er bereits genug gesagt. Ich weiß es auch so. Und ich habe nicht den geringsten Zweifel. Mein Herz hüpft als ich den letzten Zug mache. ___________________________________________________________ Edit: Man möge mir bitte meine mangelnden Duel Monster Kenntnisse nachsehen. Sie basieren lediglich auf der Serie. Aber ich hatte Lust ein wenig von dem Spiel einzubringen. Nicht nur aus dramaturgischen Gründen. Bislang kam dieser Aspekt mir in den FFs zu kurz. Ich gönne Joey einen Sieg über Kaiba ebenso wie Kaiba einen Sieg über Yugi. Dilemma... Ich hoffe es lässt sich trotz mangelnder Kenntnis einigermaßen gut lesen. Viel Spaß! Kapitel 20: Reform ------------------ Die Stimme des Tunierleiters dringt nur von weitem an mein Ohr. Vage nehme ich noch wahr wie das Duell als beendet erklärt wird. Ich bin unsicher ob ich zu ihm sehen soll. Die Plattform fährt bereits nach unten als ich doch einen Blick riskiere. Er steht wie steinern da. Der Mantel bewegt sich kaum merklich in der leichten Windböe, die geht. Seine Miene ist vollkommen undurchdringlich. Die Maske sitzt wieder perfekt. Er hat alles dahinter verborgen. Keine einzige Regung lässt auf irgendetwas schließen, was in ihm vorgehen mag. Ich schlucke. Habe ich das Richtige getan? Eben war ich mir noch sicher. Jetzt - weiß ich es nicht mehr. Mir ist seltsam zumute. Ich verweile noch einen Moment an dem Pult als die Plattform schon unten ist. Habe ich richtig gehandelt? Die Frage manifestiert sich wie Beton in meinem Schädel. Ich kann mich nicht einmal rühren. Meine Hände liegen auf dem Pult und ich glaube, ich zittere. Ich glaube, ich fasse erst jetzt langsam was gerade passiert ist. Noch habe ich es nicht ganz realisiert. Ich wünschte, ich könnte zu ihm, mit ihm reden, aber ich weiß, dass dieser Wunsch aussichtslos ist. Jetzt und hier kann ich ihn nicht erreichen. Er ist mir genauso fern wie all den anderen und selbst wenn ich zu ihm gehe... Ich schüttele den Kopf. Bitte, sag mir wer, dass ich richtig gehandelt habe. Dass er wollte, dass ich das tue. "Joey?" Yugi ist hinter mich getreten und hat mir sanft seine Hand auf die Schulter gelegt. Ich habe Angst, dass ich gleich anfange zu weinen. Verrückt, was? Ich verstehe mich gerade selbst nicht. "Alles ok... ich bin nur..." Ich breche ab und er dringt Gott sei Dank nicht weiter in mich. Ich glaube, er weiß auch nicht was er sagen soll. Das ist ok, ich verstehe es. Ich bin ja selbst gerade neben der Spur. "Gib mir einen Moment, ja?" bitte ich ihn und sehe aus den Augenwinkeln, dass er nickt und sich abwendet um sich zurück zu ziehen. "Warte..." halte ich ihn zurück. Er sieht mich fragend an. "Hast du Pegasus geschlagen?" Er schüttelt den Kopf. "Das Duell beginnt erst in zehn Minuten." erwidert er. Ach so. Verstehe. Ich nicke leicht. "Viel Glück, Yugi." sage ich und meine es so. "Danke, Joey." Er schenkt mir ein Lächeln und lässt mich allein. Und ich, ich bleibe einfach stehen. Ich will jetzt nicht zu den anderen. Ich weiß, wie sie reagieren werden. Ich sehe es direkt vor mir. Ich weiß nur gerade nicht, wie ich reagieren soll. Hab ich richtig gehandelt? Etwas in mir hofft, dass sich alles schon bereit macht für das nächste Duell. Tristan und Tea werden Yugi sicher anfeuern. Eine Gelegenheit für mich ihnen aus dem Weg zu gehen. Ich kann sie jetzt nicht sehen. Nicht nach dem was gerade geschehen ist. Ich spüre wie mir Tränen in die Augen treten. Ich versuche sie wegzublinzeln, aber es gelingt nicht ganz. Ich bin wirklich zu albern. Ich sollte glücklich sein und mich freuen. Feiern, tanzen, schreien... Ich kann es nicht. Ich kann nur weinen. Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, dass ich hier dämlich herumstehe. Ich bin echt erbärmlich. Kaiba hatte damit schon ganz Recht, wenn auch auf andere Art als er es immer gemeint hat. Verdammt, Joey, reiß dich zusammen. Freu dich endlich. Ich kann es nicht. Das ist gerade zu viel. Es überwältigt mich. Ich spüre, wie ich in die Knie gehe und hemmungslos zu schluchzen anfange. Zum Glück kann mich hier keiner sehen. Plötzlich legt sich eine Hand auf meine Schulter. Ich muss mich nicht umdrehen um zu wissen wem sie gehört. Ich erkenne das Gefühl direkt. Das Gewicht, der Druck, den Geruch... Ich taumele auf die Beine und werfe mich ohne Zögern in seine Arme. Er schlingt seine Arme um mich und hält mich fest. Ich spüre wieder seinen Herzschlag und schluchze nur noch mehr. Und er... er hält mich einfach fest. Mein Gott, nichts hat sich je tröstlicher angefühlt als seine Nähe. Ich weine hemmungslos an seiner Brust und er lässt es über sich ergehen. Sein Hemd wird nass, denke ich kurz, aber ich kann nicht aufhören. "Joey..." Beruhigend streichelt seine Hand über meinen Kopf. "Ich..." Ich kann nichts sagen. Es geht einfach nicht. Ich weine nur. "Ist schon gut." sagt er und eine unbeschreibliche Wärme liegt in seiner Stimme. "Bitte beruhig dich..." "Ich kann aber nicht." erwidere ich trotzig und er lacht. Dann schiebt er sich ein Stück von sich um mich anzusehen. "Du bist albern, Joey." sagt er. Ick nicke. "Ich weiß." Sanft umfasst seine Hand mein Kinn und er schiebt mein Gesicht nach oben um mir in die Augen zu sehen. "Das ist absurd." kommentiert er. Das weiß ich auch. Dennoch... Ich bin... ich weiß es doch auch nicht. Er seufzt. Seine Augen haben wieder diese Farbe... diese unwahrscheinliche, überirdische Farbe. "Du bist ein Lügner." sagt er schließlich und lächelt. "Du auch." Ich blinzele ein Paar Tränen weg und reibe mir mit dem Ärmel über die Augen. "Dann sind wir beide Lügner." stellt er fest. "Warum?!" will ich wissen. "Warum was?" erwidert er. Ich zucke mit den Schultern. Ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Also zeige ich es ihm. Ich wende mich um und nehme meine letzten Handkarten auf. Wortlos reiche ich sie ihm. Er wirft einen kurzen Blick darauf und nickt. "Das dachte ich mir." sagt er nur. "Ich habe es in deinen Augen gesehen." Ich sehe ihn fragend an, aber er lächelt nur. "Warum hast du sie nicht gespielt?" will er wissen. Blöde Frage. Selbst für seine Verhältnisse. "Warum hast du sie mir gegeben?" entgegne ich. "Du wolltest, dass ich gewinne... Das war gegen unser Abkommen!" Er lacht. "Ich habe dir die Karte gegeben, weil sie zu deinem Deck passt. Wie hätte ich wissen können, dass sie zum Einsatz kommen könnte - gegen mich?" Ok, der Logikpunkt geht an ihn. Wie immer. Auf dem Gebiet ist er eindeutig der Meister. Trotzdem... "Du bist der Meisterstratege..." erwidere ich und weiß gerade nicht mehr ob ich lachen oder weinen soll. Kaiba seufzt. "Joey... ich habe dich nicht gewinnen lassen. Du hast mich gewinnen lassen." Wo wer Recht hat, hat er Recht. Verdammt. Logik kann man sich nicht entziehen. "..." "Müsste ich nicht viel eher warum fragen?" will er sanft wissen. Weiterer Punkt für ihn. "Also?" Er sieht mich erwartungsvoll an. Fragt er das tatsächlich? Ja, das tut er. Typisch Kaiba. Er muss es analysieren. Auch dafür liebe ich ihn. "Ich habe deine Geste mit einer weiteren beantwortet." erkläre ich wahrheitsgetreu, doch er scheint nicht zu verstehen. Dieser unglaublich süße Idiot. "Du hast gewusst, wie sehr ich mir das gewünscht habe, nicht wahr?" frage ich ihn ernsthaft. Und Kaiba nickt. "Natürlich. Genauso sehr wie ich es mir wünsche Yugi zu schlagen." "Siehst du." entgegne ich. Er nickt. Ich muss es ihm nicht erklären. "Wir sind ganz schön albern, oder?" will er wissen. Ich lache. "Jepp, soviel steht mal fest." Ich weiß, hier ist weder die Zeit noch der Ort um ihn zu küssen, aber ich muss es tun. Jetzt und hier. Ich sterbe, wenn ich es jetzt nicht tue. Nicht nachdem was er gerade getan hat. Und in dem Moment in dem seine Lippen die Meinen berühren, weiß ich, dass ich richtig gehandelt habe. Ja, es war richtig. Dessen bin ich mir mehr als sicher. "Danke, Joey." sagt er als wir uns nach Luft schnappend von einander lösen. "Ich danke dir. Ich weiß wieviel es dich gekostet hat..." Wer könnte das übersehen? Ein Seto Kaiba, der freiwillig verlieren würde... Noch dazu ein Tunier?! Etwas, dass einfach unmöglich ist und doch... er hat es riskiert. Er hat es dem Schicksal überlassen, wenn man so will. Vielleicht hat das Herz der Karten gesprochen, vielleicht auch nicht. Ich glaube, dass spielt zwischen ihm und mir längst keine Rolle mehr. Er hat mir heute etwas geschenkt. Etwas, dass für kaiba´sche Verhältnisse gleich zusetzen ist mit dem heiligen Gral. Wie hätte ich ihm da den Sieg nicht schenken können? Und ich habe tatsächlich auf ein "Ich liebe dich" gewartet. Worte, das begreife ich gerade, sind Schall und Rauch. Er hat es heute bewiesen. Genau wie ich. Das sagt doch mehr als tausend Worte, oder? "Seto?" frage ich und sehe ihn ernst an. "Warum haben wir uns je gestritten?" Ich weiß es längst nicht mehr. Wie habe ich je glauben können, dass ich diesen Mann hasse? Wie kann jemand behaupten, dass er kalt und gefühlstot wäre? Wer immer das denkt, der hat keine Ahnung. Nicht die Geringste. "Weil wir das gut können?" Ich lache. Ja, das können wir tatsächlich gut. Ein Teil von mir vermisst sogar ab und an das Gezanke. "Ich wünsche mir, dass du Yugi schlägst." sage ich ehrlich. "Ich werde mein Bestes geben." erwidert er. "Das hoff ich auch." Ich grinse ihn vielsagend an. "Seto?" "Hm?" "Ich hätte dich schlagen können." "Ich weiß." Er lächelt. "Aber nicht nur dieses Mal." Ich seufze theatralisch. "Oh, Seto,..." Er lacht. Das Finale wird gleich beginnen. Ich bin sicher, dass Yugi Pegasus geschlagen hat. Ich schätze, es steht sogar außer Frage. "Lass uns gehen." sagt er. Ich nicke. "Geh voraus... ich folge dir - Herrchen." Kapitel 21: Revolution ---------------------- Ich weiß, ich weiß... ich wiederhole mich. Man mag es mir nachsehen. Ich bin auf einem Level, den wohl nur diejenigen nachvollziehen können, die dieses Gefühl kennen. Er ist... anbetungswürdig. Ich denke es, ich fühle es, ich weiß es. Und genau darum wünsche ich mir, dass mein bester Freund dieses Duell verliert. Ich wünsche ihm den Sieg. Mehr als ich je jemandem etwas gewünscht habe. Und ich fiebere mit wie nie zuvor. Nicht einmal bei dem Duell von Yugi gegen Marik stand ich unter solcher Hochspannung. Ich weiß, hier geht es um weitaus weniger als damals... aber ich kann nicht anders. Ich fiebere... vollkommen und alles in mir. Ich sehe ihn auf der Plattform stehen und mein Herz beschleunigt sich wieder einmal um ein paar Takte. Inzwischen bin ich daran gewöhnt. Das ist... Liebe. Woher ich das weiß? Keine Ahnung, Selbstversuch? Ja, ich weiß ich bin dumm, ich bin sogar erbärmlich, aber ich liebe ihn. Ich kann gar nicht anders und weil ich ihn so liebe, wünsche ich mir, dass er das bekommt was er sich ersehnt. Aus eben diesem Grund habe ich seine Karte nicht eingesetzt. Das... und weil es mir weitaus weniger bedeutet hätte als ihm. So liegen die Dinge nunmal. Aber ich weiß, dass er bereit war dieses Opfer für mich zu bringen. Das alleine genügt mir. Mehr brauche ich nicht, mehr will ich nicht. Einer dieser französischen Schriftstellter hat mal gesagt, dass Liebe heißt, denen Glück zu schenken, die man liebt und nicht sich selbst. Nun, er hatte Recht. Ab und an muss ich Serenity wohl doch dankbar sein. Ohne sie würde ich solche Sachen nicht wissen. Oder doch? Hm. Vielleicht würde ich sie fühlen. Ja, das wäre durchaus möglich. Ich möchte ihm dieses Glück schenken. Auch wenn es vielleicht keiner versteht, nicht einmal ich selbst... ich wünsche mir so sehr, dass er siegt. Es stimmt schon, was so gesagt wird... Die treibende Kraft auf der Welt ist die Liebe. Alles verneigt sich vor ihr in Ehrfurcht. Ich tue es jedenfalls. Ich verneige mich vor ihr. Scheiße bin ich heute tiefgründig, liegt wohl am Umgang mit Kaiba. Er färbt auf mich ab. Nicht nur rhetorisch. Wo wir gerade so entwaffnend ehrlich sind... ich gestehe... ich habe in Bezug auf meine Freunde in Gedanken auch ab und zu mal das Wort Kindergarten benutzt. Schande über meine Haupt und so, aber hey, es war doch recht treffend. Mein Atem stockt, ich hoffe ich stehe dieses Duell überhaupt durch. "Seto ist der beste Duellist, den ich kenne... " sagt plötzlich Mokuba neben mir. Ich blicke zu ihm runter und... Ich glaube, ich teile heute seine Heldenverehrung, ja, warum auch nicht. Ich lächele ihn an und ohne ein Wort ergreift er meine Hand. Ich erwidere den sanften Druck. Am Ende dieses Tages werde ich ihn in meinen Armen halten. Ich werde ihn umschlingen und festhalten. Meine Hände werden über seinen Nacken zu seiner Brust wandern und ich werde langsam und zaghaft die kleinen Knöpfe öffnen. Ich werde ihm in die Augen sehen, die Augen, die diese besondere Farbe haben, die keiner zu greifen vermag. Ich werde ihn ansehen und wissen, dass ich ihn mehr liebe als alles andere auf der Welt. Er wird zittern, wenn ich ihm das Hemd über die Schultern streife, ich werde die Röte in seinem Gesicht sehen. Und ich werde nicht zögern, ich werde auch keine Angst mehr haben. Keine Sorgen, keine Zweifel. Im Grunde wusste ich es immer... vom ersten Moment an. Er ist wie er ist. Und mit einem Mal, wird mir klar, was schon immer da war. Er und ich. Dieses Duo, dass nichts anderes konnte als sich zu streiten. Diese unbeschreibliche Hassliebe, die uns immer wieder aufeinander prallen ließ, die sich magisch anzog. Ja, verdammt, ich bin ein Mädchen, ich bin auch romantisch. Ich steh auf den Scheiß. Ich sehe darauf, dass er mir diese Sachen sagt, die es schaffen, dass mein Herz aufhört zu schlagen. Es ist egal wer wir sind. Wir sind die Gleichen. Er und ich. Teile eines Ganzen. Egal was irgendwer sagt. So ist es. Ich fühle es, er fühlt es. Es ist mir egal was irgendwer darüber denkt. Wenn ich ihn je wirklich gehasst habe... umso mehr liebe ich ihn. Jetzt, hier, Mokubas Hand in meiner. "Seto..." flüstere ich. Mein Seto. Mein Kaiba. Das Duell ist spannend wie jedes zwischen den beiden Kontrahenten. Ich bezweifle, dass es je zwei Rivalen gab, die ihr Publikum mehr fesselten. Jeder fiebert mit. Ich spüre es. Tea ist ein Nervenbündel. Ich kann es ihr nachsehen. Ich weiß, was sie für Yugi empfindet.... oder für den Pharao. Ich verstehe ihr Bangen nur zu gut. Die Luft ist wie elektrisiert. Jeder hier spürt es. Das Duell der Duelle. Ein Kampf zwischen Yugi und mir oder zwischen Kaiba und Pegasus wäre weitaus weniger interessant gewesen. Es geht um nichts und doch... Ja, ich weiß, es geht um den Sieg, es geht darum wer die aktuelle Nr. 1 ist, aber es ist weitaus weniger als das um was es ansonsten ging. Mag sein, dasss Kaiba sich nicht dafür interessiert, dieses Tunier zumindest ist natürlich. Keine Schatten, kein Weltuntergang. Yugi´s schwarzer Magier setzt ihm ganz schön zu. Ich sehe wie er überlegt was als nächstes zu tun ist. Er hat unzählige Male virtuell gegen Yugi gespielt. Dennoch... Yugi ist verdammt gut. Mit oder ohne die Hilfe des Pharaos. Er ist ein Weltklasseduellant, genau wie Seto. Ich glaube, mein Liebster hat seinen Deckmaster gut gewählt. Das Seepferdchen tut mehr als nur seine normalen Dienste. Ich hoffe wirklicht, dass Kaiba´s Strategie aufgeht. Ich weiß, dass er eine hat. Denn wenn ich etwas im Umgang mit ihm gelernt habe, dann das, dass er nie etwas unüberlegt tut. Er macht nicht einmal eine Liebeserklärung unüberlegt. Kaiba überlässt für gewöhnlich nichts dem Zufall. Aber er glaubt nicht an das Schicksal. Fast hätte ich laut gelacht. Ich musste unwillkürlich an seine Aussage gegenüber Yugi denken. Wenn ich jedesmal einen Cent bekommen hätte, wenn du das Wort Schicksal gesagt hast, wäre ich der reichste Mann der Welt. Ich muss unwillkürlich lachen. Tea, Tristan und auch Mokuba sehen mich verständnislos an. Ich kann es ihnen nicht verdenken. Ich bin gerade jenseits von allem. Das Duell interessiert mich nur noch am Rande. Ich hoffe, dass es so ausgeht, wie ich es mir ersehne. Yugi ruft das schwarze Magiermädchen auf. "Ja, Yugi, weiter so! Er hat nur noch 1100 Lebenspunkte." Tea jubelt wieder einer dieser infaltilen amerikanischen Cheerleader. Ich kotze gleicht. "Du schaffst es, Seto, ich glaube an dich..." höre ich Mokuba lautstark dagen halten. Was für eine Atmosphäre. Kaiba´s Fanclub schreit sich scheinbar die Seele aus dem Leib. Ja, er hat tatsächlich einen. Ich weiß, dass das immer wieder behauptet wird. Die Medien berichten sogar davon und was soll ich sagen, es ist tatsächlich so. Er hat seinen eigenen Fanclub. Unzählige Hühner... ähm, Mädchen schreien halb hysterisch durch die Gegende. Zwei oder drei sind sogar schon ohnmächtig geworden. Ja, so liegen die Dinge nunmal. Seto hat einen Fanclub. Mädchen, die ihn für Gottes Geschenk an die Jungfräulichkeit halten... ich mag mir gar nicht näher vorstellen was DIE sich vorstellen. Sie huldigen ihm jedenfalls und das sehr, sehr inbrünstig. Yugi dagegen hat keinen. Nicht, dass man ihn nicht anfeuern würde. Er gilt auch als Favorit. Aber die Mädchen kriegen nicht gerade... Ähm, ja. Also, was ich sagen will, er hat keinen Fanclub bestehend aus hysterischen Frauen. Kaiba´s Lebenspunkte sind gerade wieder gesunken. Er selbst zeigt keinerlei Regung, hat er das je getan? Ich befürchte, dass er selbst dann nicht mit der Wimper zucken würde, wenn Yugi ihn selbst persönlich in den Boden treten würde. Typisch Kaiba eben. Ich glaube, er würde sich eher selbst die Augen mit einem Tacker verschließen als aufzugeben. Jetzt liegt er mehr als 500 Lebenspunkte hinter Yugi. Ich zittere. Mein Herz rast. "Ha!" macht es neben mir. "Hab ich nicht gesagt, dass Yugi diesen arroganten Möchtegern fertig machen wird?" Tristan lacht. Meine Hand löst sich aus der von Mokuba und ich schlage zu. Einfach so. Ich kann nicht anders. Ich sehe wie mein Freund zu Boden geht. Das war aber auch ein grandioser Haken meinerseits. Tea starrt mich entgeistert an. Ich zucke nur mit den Schultern. Was soll ich auch sagen? Mokuba starrt mich auch an. "Seto..." flüstere ich. Ich wage es nicht seinen Namen zu rufen. Insgeheim habe ich die dumme Hoffnung, dass er mich dennoch hört. Kaiba spielt Grabräuber und ruft ein Monster auf. Soweit bin ich also. Ich habe gerade Tristan k.o. geschlagen und... ich fiebere wieder. Ich verspreche dem Herrn odet wer auch immer da draußen sein mag, sonst was. Seinetwegen. "Seto..." ruft Mokuba neben mir euphorisch. Seine schönen Augen strahlen seinem Bruder entgegen. Es ist mir egal, dass Tristan gerade wieder zu sich komm. Mir ist auch Tea´s Blick egal. Ich kann nicht anders. Ich muss ihn anfeuern. Sollen sie denken was sie wollen. In dem Moment kümmert es mich nicht. Alles was mich ausmacht, alles was ich bin, ist bei ihm. Und genau wie der kleine Junge neben mir wünsche ich mir seinen Sieg. Und hey, dann bin ich inoffiziell die Nr. Zwei. Das ist doch was, oder? Herr, wer auch immer... lass ihn gewinnen. Tu es für mich, wenn du es nicht für ihn tun willst. Kaiba ruft seinen weißen Drachen mit eiskaltem Blick auf. Die Menge hält den Atem an. Ich auch. Am Ende scheint die Zeit für mich still zu stehen. Mal wieder. Tränen treten erneut in meine Augen und nichts wünsche ich mir sehnlicher als ihn zu berühren. "Joey, hast du sie noch alle?" Tristan funkelt mich wütend an. Mich berührt das nicht im Mindesten, wie sollte es auch. Ich bin... alles was mich ausmacht ist bei ihm. Der schwarze Magier gegen den weißen Drachen mit eiskaltem Blick. Ich merke wie ich anfange zu zittern. Yugi öffnet eine seiner Fallenkarten. Kapitel 22: Bekenntnisse ------------------------ "Das Hündchen hat also sein Herrchen verteidigt?" Kaiba lacht. Nicht nur kurz, er lacht lange und ich habe fast das Gefühl, dass er nicht mehr aufhören wird. Ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Ich weiß nicht einmal was in dem Moment eigentlich in mich gefahren ist. Ich meine, Tristan eine reinzuhauen... in dem Augenblick hielt ich es für eine hervorragende Idee. Und jetzt? Jetzt bin ich wieder einmal durcheinander. Dauerverwirrung könnte man fast schon sagen. Ich glaube, ich brauche eine Therapie. Zumindest, wenn jetzt noch aggressive Ausbrüche dazu kommen. Mann, Mann und ich dachte, dass mit dem ohnmächtig werden wäre der Gipfel. Seto hat sich wieder beruhigt und sieht mich jetzt ernst an. "Dir ist klar, dass du mit ihnen reden musst." Jepp, ist mir klar, glassklar. Nach dem Tunier habe ich mich erstmal aus dem Staub gemacht, bin einfach im Gewühle verschwunden. Ich habe auch nicht gewusst was ich hätte tun sollen. Ich konnte weder zu Kaiba gehen noch bei meinen Freunden bleiben. Also bin ich planlos auf und davon. Ich seufze. "Ja, ich werde das wohl klären müssen." erwidere ich und frage mich automatisch wie. Kaiba lacht. "Sag es ihnen einfach. Das willst du doch, oder?" Will ich das? Hm, eigentlich schon. Ich will, dass sie mich verstehen. Und ich will mein Glück mit ihnen teilen, wie auch immer das aussehen mag nach gestern. Gestern... war das alles tatsächlich erst gestern? Mir raucht schon wieder der Kopf. So viel ist an einem Tag passiert. Mehr als ich je für möglich gehalten hätte. Ich hätte Kaiba schlagen können. Ich habe ihn stattdessen gewinnen lassen. Punkt Nr. 1, der alleine schon sehr, sehr strange ist. Punkt 2 - ich habe einen meiner besten Freunde niedergeschlagen. Einfach so. Naja, ich hatte schon nen Grund, aber nen verflucht verrückten... zumindest aus Tristan´s Blickwinkel. Nun ja, eigentlich aus jedem Blickwinkel. Und Nr. 3, sagen wir es so, ich liege gerade neben der offiziellen Nr. 1 der Duel Monster Rangliste. Mein Wunsch ist demnach in Erfüllung gegangen. Also nicht der Wunsch neben der Nr. 1 zu liegen... Oh Mann. Man könnte meinen die Welt steht Kopf. Eigentlich tut sie das auch. Es ist wie in der Twilight Zone. Würde es sich nicht so gut anfühlen, es würde mir Angst machen. "Soll ich wirklich?" frage ich ihn unsicher. Er zuckt mit den Schultern. Egal kann es ihm keineswegs sein. "Was ist mit den Konsequenzen?" will ich wissen. Er lächelt. "Ich weiß nach wie vor nicht, welche Konsequenzen es für dich hat, aber ich gehe stark davon aus, dass es weitaus kritischer für dich werden könnte, wenn du sie weiter in Unwissenheit belässt. Zumindest -" Er blickt mir tief in die Augen. "Wenn du weiterhin einen von ihnen niederschlägst." Verlegen senke ich den Kopf, aber er schieb ihn sanft wieder nach ob um mir weiter in die Augen zu sehen. "Habe ich dir eigentlich schon gesagt, dass ich die Vorstellung sehr, sehr amüsant finde? Schade, dass ich dem nicht beiwohnen konnte." Er grinst wieder und ich kann nicht anders, Tristan möge mir vergeben, ich grinse auch. Natürlich hat er Recht. Ich muss mit ihnen reden. Nach gestern führt kein Weg daran vorbei. Egal was sie letztlich dazu sagen werden, ich muss ihnen die Wahrheit erzählen. Dann verstehen sie immerhin... "Und wie sieht es mit deinen Konsequenzen aus?" Kaiba´s Blick bekommt wieder etwas diabolisches. "Lass es mich so ausdrücken, ich denke, ich brauche nicht mit irgendwelchen Folgen zu rechnen. Ich habe sozusagen eine Versicherung." Ich sehe ihn erstaunt an. "Wow, hätte nicht gedacht, dass es auch für solche Fälle Versicherungen gibt. Schon krass, was man heute alles..." Kaiba lacht schon wieder. Das irritiert mich. Scheinbar bringe ich ihn in letzter Zeit verdammt oft zum lachen. Dabei wüsste ich gerade nicht, was es zu lachen gäbe. Die Lage ist ja irgendwie ernst, nicht todernst, aber immerhin... und überhaupt, müssen wir solche Dinge eigentlich immer am frühen Morgen im Bett besprechen? Ja, ich bin schon wieder in Kaiba´s Bett. Eine neue Gewohnheit, die ich wohl so schnell nicht mehr ablegen werden. "Du bist unglaublich." Seine Augen strahlen mich an. Bin ich das? Ja, bin ich wohl. "Ich weiß." Verlegen kratze ich mir am Kopf. "Ich habe dich ja auch gewinnen lassen..." Sorry, ich kann nicht anders. Ich muss ihn daran erinnern, das zumindest ist mein Triumpf, auch wenn ich ihn irgendwie ihm verdanke. "Erbärmlich, ich weiß." Er grinst. Ich werde ihn noch ein paar Mal daran erinnern. Es wird sich nicht vermeiden lassen, das wissen wir beide. Aber er trägt es mit Fassung. Ich bin echt stolz auf ihn. Augenblicklich werde ich wieder ernst. "Und das mit deiner Versicherung wird ausreichen?" frage ich ihn. Nicht, dass ich ihm nicht glauben würde. Kaiba kennt sich in solchen Dingen ja besser aus als ich. Er hat ja auch Anwälte und so. Ich will nur sicher gehen. Er nickt gelassen. "Ich habe ausreichend Informationen gesammelt, die mir helfen werden, jeden Skandal zu vermeiden." erklärt er ruhig. Hm? Informationen? Ich dachte er hätte eine Versicherung. Ich sehe ihn verständnislos an. "Soll ich dir das tatsächlich erklären?" Ich nicke und er seufzt. Genüßlich lehnt er sich in das Kissen zurück. "Ich habe dich deshalb gebeten bis nach dem Tunier zu warten, weil ich Zeit brauchte, um an bestimmte Informationen zu kommen. Informationen über die Leute, die eventuell versuchen könnten mir zu schaden, sobald unsere..." Er blickt mich liebevoll an. "Beziehung bekannt geworden ist." Sorry, aber ich kann ihm immer noch nicht ganz folgen. Aber er redet auch schon weiter. "Jeder hat seine Leichen im Keller. Man muss sie nur ausgraben und siehe da... ich habe genügend Leichen gefunden, um mir sicher sein zu können, dass sich mir keiner in den Weg stellen kann." Er scheint mir sichtlich zufrieden zu sein. Ich habe immer noch keinen Plan was er überhaupt meint. Leichen? Was für Leichen? Ich glaube, ich habe noch weniger Ahnung von Firmenpolitik als ich dachte. "Erpressung, Joey, ist oftmals ein sehr effektives Mittel." erklärt er in aller Ruhe. Hm, ist das so? Ich verstehe eigentlich nur Bahnhof, aber was auch immer hinter seinen Worten stecken mag, es klingt nach einem recht fiesen Plan. Also typisch Kaiba. "Du kannst meinetwegen ganz beruhigt sein." meint er ernst. "Es wird keine Probleme geben. Allerdings sollten wir uns in der Öffentlichkeit zurückhalten was diverse Gunstbezeugungen anbelangt und natürlich Mokuba gegenüber..." Ich puste los. Gunstbezeugungen? Was für ein tolles Wort. Aber ich verstehe natürlich worauf er hinaus will. Ich denke nämlich mit. "Aber jetzt sind... Gunstbezeugungen ok, oder?" frage ich ihn. "Sie sind gestattet." entgegnet er majestätisch und ich bezeuge ihm... meine Gunst. *** Alles dreht sich in mir als ich mich auf den Weg zu Yugi mache. Mir ist ganz flau. Ich weiß, dass ich das jetzt durchziehen muss und auch, dass ich es alleine tun muss. Kaiba mitzunehmen, wäre noch verstörender gewesen. Mein Magen rebelliert schon jetzt und mein Kopf... Meine Gedanken überschlagen sich permanent. Ich habe mir ein paar einleitende Worte zurecht gelegt, aber immer wieder werfe ich sie über den Haufen. Ich habe keinerlei Plan wie ich diese Sache über den Tisch bekomme. Und ehrlich gesagt, ich habe auch etwas Angst vor ihrer Reaktion. Die werden mich für verrückt erklären. Vielleicht sollte ich irgendwie sicherstellen, dass sie mich nicht einweisen können... Könnten die das überhaupt? Nein, ich glaube dafür braucht man einen Arzt. Oh Mann, wenn ich es doch bloß schon hinter mir hätte. Das wird echt das Schwierigste, dass ich je gemacht habe. Warum kann dieser Kelch auch nicht an mir vorüberziehen? "Hallo Joey!" Yugi´s Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. Mist, ich bin ja schon da. Er guckt mich eigentlich ganz normal an. Als wäre gar nichts passiert. "Ähm, Hallo Yugi!" erwidere ich verlegen. "Komm rein. Die anderen sind auch da." Toll, na, dann geht es ja in einem Wisch hin. Zweimal könnt ich das auch sicher nicht und dreimal... Serinity muss ich es ja wohl auch noch sagen, fällt mir gerade ein. Oh Gott, ich glaube mir wird schlecht. "Joey, geht´s dir nicht gut?" Yugi sieht mich besorgt an. Ich versuche zu grinsen, es misslingt kläglich. "Also wegen gestern..." fange ich an. "Komm doch erstmal rein." Ach ja, wäre vielleicht keine so schlechte Idee. Tristan und Tea sitzen am Tisch und haben einen Haufen Karten vor sich ausgebreitet. Verlegen sage ich Hallo. Tea begrüßt mich eigentlich ganz normal, Tristan ist natürlich noch etwas sauer. "Warum bist du gestern denn so schnell abgehauen?" fragt Yugi mich. Ich schlucke. "Also... ich wollte einfach..." Ich breche ab. Scheiße, das wird verflucht schwer. "Das war gestern echt ein tolles Tunier, oder?" meint Yugi neben mir und bringt mich damit noch mehr aus der Fassung. "Magst du meinen Preis sehen?" Hm... wie ich es mir dachte, die Niederlage macht ihm nicht das Geringste zu schaffen. Aber in der Hinsicht hatte ich auch nichts anderes erwartet. Der Punkt der Geschichte ist ja auch der Leichteste. "Was hast du denn bekommen, du bist ja immerhin Dritter geworden?" Ups, der Preis... hätte ich tatsächlich einen bekommen? Darum habe ich mich gestern gar nicht gekümmert. Ist ja auch egal. Und Moment, inoffiziell bin ich 2. Das möchte ich ausdrücklich betonen, wenn auch nur für mich. Das heißt, ich habe mich eindeutig verbessert, das nächste Mal... Moment. Stop. Das ist jetzt vollkommen egal. "Ich wollte euch..." Ich komme nicht weiter. Tristan unterbricht mich. "Vielleicht ne Erklärung abgeben für dein Verhalten?" funkelt er mich wütend an. "Mann, du hast mir echt eins verpasst. Was habe ich dir denn getan?" Naja... "Gar nichts." erwidere ich ehrlich. "Und warum hast du mir dann eine reingehauen? Das ist doch nicht normal..." Tristan hat die Arme vor der Brust verschränkt und schüttelt ratlos den Kopf. "Es tut mir leid." sage ich und komme mir unendlich dumm vor. "Sollte es auch!" erwidert er. "Mich ohne Grund zu schlagen... Bist du denn verrückt geworden?" Jepp, so kann man es ausdrücken. Ich bin verrückt, total neben der Spur. "Gestern waren alle irgendwie komisch..." bemerkt Tea. "Sogar Kaiba. Ich habe ja mit vielem gerechnet nachdem klar war, dass er gewonnen hatte, aber dass er einfach geht... Ohne ein Wort! Passt gar nicht zu ihm." Tristan nickt. "Ach, wer weiß was dieser Lackaffe im Schilde führt. Da kommt sicher noch was nach... Die Gelegenheit lässt er sich doch nicht entgehen, aber ich sage euch..." Er ballt die Hände zu Fäusten. "Leute, ich denke, ich muss euch was sagen..." Meine Stimme klingt energisch. Ich muss das jetzt raus lassen sonst explodiere ich. Wenn ich es jetzt nicht mache, dann schaffe ich es nie. Gott, ist hier irgendwo ein Eimer, ich glaube ich muss mich übergeben. Die Drei sehen mich fragend an. "Was ist denn los?" fragt Tea. "Du bist schon wieder so komisch!" fügt Tristan dazu. "Deshalb will ich ja mit euch reden!" Oh Gott, Joey, reiß dich zusammen, kipp jetzt nicht um, zieh es einfach durch und... Sie scheinen zu verstehen, dass es mir ernst ist und halten die Klappe. Gott sei Dank. Das Ganze ist so schon schwer genug. Ich muss mich sammeln, ich muss das ruhig über die Bühne bringen. Nur, verdammt, ich bin alles andere als ruhig. Kann mir nicht jemand helfen? "Also die Sache ist die..." Ich schlucke und habe plötzlich einen riesigen Kloß im Hals. "Ich war ja die letzte Zeit nicht so oft da... also ich war weg... und naja, ich war nicht bei meiner Freundin. Ich habe gar keine Freundin. Ich war... naja, ich war bei Kaiba." Das schlägt ein wie eine Bombe. Die Drei starren mich entgeistert an. Sie könnten nicht schockierter sein, wenn ich ihnen gerade erzählt hätte, ich wäre auf der Venus gewesen. Mein Kopf raucht, ich sehe schon Sternchen. Und da ist wieder dieses Licht... "Du warst bei Kaiba???" fragt Yugi irritiert. "Wieso?" Fuck, warum ist das noch nicht vorbei. Muss ich wirklich weiterreden? "Joey, sag endlich was los ist. Was ist mit Kaiba? Sag es uns, wir helfen dir." Helfen? Wobei helfen? "Ich brauche keine Hilfe." erwidere ich hilflos. "Er hat mich nicht gezwungen oder so... ich bin freiwillig zu ihm." Die Drei starren mich immer noch an. "Joey, was bedeutet das?" Yugi klingt sogar noch recht ruhig. Ich kratze mich am Kopf. "Also... um es kurz zu machen... Kaiba ist mein sozusagen... genau genommen... er ist... mein Freund." So, jetzt ist es raus. Jetzt können die Blitze einschlagen. Bitte, lass es mich nur überleben. Ich will nur lebendig hier raus kommen, das ist alles. "Wie meinst du das? Hat er dich ner Gehirnwäsche unterzogen oder was? Warum ist der denn jetzt dein Freund?" Tristan schüttelt wieder den Kopf. "Also, was auch immer er mit dir gemacht hat, wir..." Ich befürchte, sie verstehen es nicht. War ja klar. Ich hab mich auch nicht präzise genug ausgedrückt. Oh Mann, muss ich es wirklich deutlich sagen? Reicht das nicht schon aus? Ich schätze, ich habe keine andere Wahl als die Geschichte zu erzählen. So wie sie eben ist. Wie es passiert ist. Moment, deshalb bin ich ja eigentlich auch hier, oder? Verflucht, ich kann das doch nicht. Ich will es auch gar nicht mehr. Aber es ist wohl zu spät... so wie die Drei mich ansehen. Ich stöhne auf und ergebe mich in mein Schicksal, wie auch immer es denn nun aussehen mag. "Er hat nichts mit mir gemacht, also nicht so wie ihr denkt... wir haben schon was gemacht, aber das ist eben so passiert, ich weiß ja auch nicht... also die Sache ist die... Neulich bin ich zu ihm, weil ich eben mit ihm reden wollte, weil er mir geholfen hatte und ich nicht verstanden habe warum... ich hab´s dir doch erzählt, Yugi..." Ich sehe den Kleinen flehend an. Er nickt. Aber natürlich versteht er dennoch nicht worauf ich hinaus will. "Er hat mir also geholfen und dann hat Yugi gemeint ich soll mich bedanken und ich hab mich dann bedankt und er war komisch, also echt komisch, sogar für Kaiba´s Verhältnisse und ich war verwirrt und ich wusste nicht wieso und dann dacht ich mir, geh ich hin und frage ihn einfach und dann bin ich hin und hab ihn gefragt und... eigentlich wollte ich ihm eine reinhauen, aber dann... dann war alles anders..." Ich schlucke. Das Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich kann nicht weiterreden, es geht einfach nicht. "Joey, beruhig dich bitte." Yugi legt mir besorgt die Hand auf den Arm. "Ich verstehe nicht genau was du uns sagen willst, aber es ist glaube ich besser, du setzt dich einen Moment, sonst kippst du uns hier noch um." Danke, Yugi. Auf die Idee wäre ich nie gekommen. Ich fühle schon die ganze Zeit, dass ich gleich umkippe. Was ja nichts Neues ist. Irgendwie schaffe ich es den Kopf zu schütteln. "Ich stehe lieber, ich kann sonst nicht denken." Guter Witz, ich kann so oder so nicht denken. "Ok, Joey." meint Yugi sanft. "Aber bitte, beruhig dich... Erzähl uns einfach ganz ruhig, was passiert ist." Ganz ruhig, der ist gut. Ruhig ist gerade gar nichts an mir. Ich stehe kurz vor nem Herzinfarkt. Müssten sie eigentlich sehen. "Ich wollt ihm also eigentlich eine reinhauen, aber dann haben wir geredet und dann... also dann habe ich ihn geküsst und irgendwie war das besser so... also auch besser als ihm eine zuverpassen, ich meine, es war gut... sehr gut und naja... dann haben wir da eben weitergemacht." So, geschafft. Es ist raus. Ich habe es tatsächlich gesagt. Oh Gott, oh Gott. Mein Herz. Die Drei starren mich an. Die Zeit scheint still zu stehen, nichts rührt sich. Sie blinzeln nicht einmal, sie sind vollkommen erstarrt. "Du hast KAIBA geKÜSST?!" Tristan sieht mich an als würden mir gerade drei grüne Arme aus dem Kopf wachsen. "WARUM?" Ich zucke mit den Schultern. Weil es mir eben eine gute Idee schien. War es ja auch. Nach wie vor. "Joey... wenn das ein Scherz sein soll, dann ist es kein guter." Tea schüttelt missbilligend den Kopf. Verdammt, ich scherze nicht. So nen Scherz würde ich nie machen, hätte ich nie gemacht. Ich meine, wer würde freiwillig behaupten, dass er... "Wir sind jetzt... so was wie... nein, eigentlich sind wir... ein Paar." stammel ich hilflos weiter. "Wer?" fragt Yugi und ich glotze ihn an. Ja, ich glotze. Hat er nicht zugehört? Rede ich spanisch? Muss ich denn noch deutlicher werden? Großer Gott, das hier ist mein persönliches Martyrium. "Kaiba und ich." erwidere ich tonlos. "Wie meinst du das?" Yugi, verdammt. Wie soll ich das schon meinen? Mann, Mann, ich bin hier echt im Kindergarten. Er hat Recht. Das ist ein Kindergarten. Die raffen es echt nicht. Ich seufze. "Ein Paar wie... Paar halt." Sieht er nicht die Verzweiflung in meinen Augen. "Versuchst du uns gerade allen ernstes zu verklickern, dass du... dass Kaiba und du...? Tristan lässt den Mund offen stehen und starrt mich nur an. Ich befürchte, dass jeden Moment grüner Schleim aus seinem Mund kommt. Ich will hier weg. Sofort. "Ich bin eben verliebt..." Hilflos zucke ich mit den Schultern. Ist das so schwer zu verstehen? "Was hat das damit zu tun?" fragt Tea. Ihr Kopf raucht. Mist, ich hätte gedacht, dass zumindest sie mir folgen könnte. Immerhin müsste sie doch wissen wie das ist... also theoretisch. "Na, alles. Also, so ist das doch. Wenn man verliebt ist, dann wird man ein Paar, naja, wenn beide verliebt sind... was in unserem Fall ja so ist und deshalb haben wir das dann auch vertieft..." Ich schlucke. Jetzt wäre es echt an der Zeit für nen harten Drink. Oder ne Pistole. "Joey... soll das heißen, dass du... dass du dich verliebt hast in... Kaiba?" Danke, Tea, endlich mal jemand der mitdenkt. Ich strahle sie an und nicke. Fast hätte ich applaudiert. Kapitel 23: Anarchie -------------------- "Yugi, fühl mal seine Stirn. Ich glaube er hat Fieber. Oder hast du dir den Kopf gestoßen, Joey?" Ich bin mir nicht sicher ob Tea da einen Witz macht, würde eigentlich nicht zu ihr passen. Yugi scheint genauso unschlüssig, denn er blickt zögerlich zu mir auf. "Leute, ich bin nicht krank. Ich hab weder Fieber, noch was am Kopf." Naja, beim Letztern bin ich mir jetzt nicht soooo sicher, aber mit der Sache gerade hat es überhaupt nichts zu tun. "Ich bin verliebt, das ist alles." Tea lacht. "Schon klar, das wissen wir doch inzwischen." Hm? Na, warum starren sie mich dann an wie die drei Weisen aus dem Morgenland eine Jupiterrakete?! Wollen die mich verarschen? Oder stehe ich irgendwie auf dem Schlauch. "Gut, dann ist ja alles klar..." meine ich und bin heillos irritiert. Es ist doch alles klar, oder? Ich kratze mir unschlüssig am Kopf und grinse. "Nichts ist klar, Joey. Könntest du uns bitte mal dein Verhalten erklären und was hat das alles mit Kaiba zutun?" Verdammt, die haben es immer noch nicht gerafft. Langsam werde ich sauer. "Spreche ich spanisch??" fahre ich sie an und stampfe wütend auf. "Das hab ich doch gesagt." Hab ich doch, oder? "Joey, echt jetzt... das ist nicht mehr lustig." Tea blitzt mich sauer an. "Sag uns einfach was los ist. Du verhältst dich wie ein Verrückter." Klar, ich werde hier auch noch verrückt. Himmel, Herrgott, was auch immer... was geht hier vor? "Ich hab doch gerade gesagt was los ist..." Ich fasse das alles nicht. Ich bin im falschen Film, wo bitte ist die versteckte Kamera? Yugi seufzt. "Wir verstehen dich nicht, Joey." versucht er mir hilflos zu erklären. Jetzt reichts. Ich kann nicht mehr. "Was gibt es da denn nicht zu verstehen. Ich bin verliebt - in Kaiba. Und Kaiba liebt mich und deshalb sind wir seit über einer Woche ein Paar und gedenken das auch zu bleiben." So, das war doch jetzt klar und deutlich, oder? Wieder starren sie mich entgeistert an. Ja, ich glaube, jetzt ist der Groschen gefallen. Endlich, wird ja auch Zeit. Ich kann ein zufriedenes Lächeln nicht unterdrücken, dabei sollte ich wohl verlegen sein. Hm. "Was hat das mit Kaiba zu tun?" Tristan´s Hirn kommt wohl nicht mehr mit. "Leute... ihr macht mich fertig." stöhne ich. "Versuchst du uns hier echt ernsthaft zu erzählen, dass Kaiba... der Kaiba..." Tea spricht nicht weiter. Ratlos blickt sie zu Yugi. Ich nicke heftig. Ja, verdammt, genau das. Ernsthaft. Aber so was von ernsthaft, auch wenn ich mich scheinbar aufführe wie ein Clown auf LSD. "Der Kaiba? Meint er DEN Kaiba?" stammelt Tristan im Hintergrund. "Wie konnte das passieren?" fragt Tea mich in einem fast schon hysterischen Tonfall. Ich zucke wieder mit den Schultern. "Keinen Plan, ist halt so." entgegne ich ehrlich und glaube damit überlasste ich vollenst ihr System. Sie explodiert. "Ist halt so? Joey hast du Drogen genommen?" Ich kann sie nur hilflos ansehen. Begreifen ist von ihrer Seite wohl nicht zu erwarten. Deshalb wende ich mich Yugi zu. Er war bislang der Ruhigste von allen, vielleicht versteht er mich. "Yugi, ich meine das genauso wie ich es sage. Ehrlich - ganz, ganz ehrlich und ich hab weder Drogen genommen noch bin ich sonst wie neben der Spur. Das ist kein Witz. Ich meine das ernst." Holla, ich kann auf einmal wieder flüssig reden. Die Verzweiflung versetzt Berge, Amen. "Hm." macht Yugi nur und senkt ratlos den Blick. "Das kann doch gar nicht sein." sagt Tea schließlich nach einer Weile. Doch, Schätzchen, das kann sehr gut sein. Ich seufze. "Es ist wie es ist... ich hätte das auch nie erwartet, hat sich halt so ergeben und naja, deshalb war ich auch so komisch. Ich wusste halt nicht wie ich euch das sagen soll und wir, ich meine Kaiba und ich, waren auch nicht sicher ob wir es jemand sagen sollen. Bislang weiß es nur Mokuba, denk ich zumindest." Ich grinse die Drei gerade saudämlich an. "Wie kann sich so was ergeben??" fährt Tristan mich an. Gute Frage, der Punkt geht an ihn. Ich überlege. Wie bringe ich es am Besten auf den Punkt. "Ich sagte doch schon, ich war bei ihm und dann... dann ist es eben passiert. Ist ja nicht so, dass ich das geplant hätte." Was soll ich denn sonst noch sagen? Merken die nicht, dass ich total überfordert bin? Ok, sind sie wahrscheinlich auch. Mann, das ist ja alles noch schwerer als ich dachte. "So was passiert doch nicht einfach..." Tristan schüttelt den Kopf. "Ist es aber." widerspreche ich. "Tja und so sieht´s eben jetzt aus. Und ich hoffe, dass ihr damit klar kommt, denn es wird sich daran nichts ändern..." "Was hat dieser... dieser... Kerl mit dir gemacht?" Tristan sieht mich an als würde er Spuren irgendeiner obskuren OP suchen. Ich stöhne genervt. "Gar nichts. Also nichts, was ich nicht auch wollte." "Das ist nicht lustig." sagt Tea. "Soll es ja auch gar nicht sein." entgegne ich. "Also wirklich, Joey..." Ich verspüre den Wunsch ihr eine Ohrfeige zu verpassen, aber nein, ich darf nicht wieder jemanden schlagen. Das geht gar nicht. "Er ist nicht so wie ihr denkt..." Ich versuche es mal auf dem Weg. "Aha." Tristan pfeift. "Schon klar." "Und das ist wirklich dein Ernst?" fragt mich Yugi und sieht mich eindringlich an. "Absolut. Unwiderruflich." Er sieht mich weiter an. "Kaiba und du?" Ich nicke. "Kaiba und ich." Ich weiß wie das klingt, aber es so ist es eben. Unglaublich, aber wahr. "Dir ist doch klar, wie verrückt das klingt." Natürlich, dessen bin ich mir bewusst, es ist vielleicht sogar verrückt, aber das ändert eben nichts. "Bitte erklär uns das noch einmal und bitte, Joey... langsam." fordert Yugi mich auf. Ich bin nicht sicher ob er mir endlich glaubt oder nur sehen will ob ich den Scherz noch weitertreibe. Ich nicke zustimmend. Gerne doch, ist immerhin eine sehr gute Geschichte, die ich erzählen kann. Verrückt, aber gut. Mit einem Happy End, naja, wie man es nimmt bislang. Also gut, Joey, dann fang mal an. Ich räuspere mich. "Kaiba hat mir mit ein paar Schlägern geholfen, das hat mich irritiert. Dann hab ich mich bedankt und er meinte, dass er es gemacht hat, weil er nicht wollte, dass ich verletzt werde, weil ich doch sein Hündchen bin. Da war ich noch mehr verwirrt... Nein, halt, eigentlich war ich zu dem Zeitpunkt sauer. Also bin ich zu ihm hin und wollte ihn zur Rede stellen und ihm eben ein ordentliches Ding verpassen." Ich untermale meine Rede mit den dazugehörigen Gesten. Ich hoffe, dass sie es so besser verstehen. Sie sagen nichts, sehen mich alle Drei nur an. "Gut, und dann haben wir aber geredet... ganz normal und er war halt anders als sonst und plötzlich saß er da und sah so hilflos und süß aus und da konnt ich halt nicht anders, da hab ich ihn geküsst und das war gut. Ich meine echt gut. Also, WOW. Und ihm hat´s auch gefallen also haben wir weitergemacht und dann haben wir wieder geredet und dann dachten wir, dass es gut wäre mal zu sehen was das bedeutet und wohin das führt, also hatten wir ein Date, naja, genau genommen mehrere, deshalb hab ich dich auch über das Thema ausgefragt, weil ich was planen wollte für uns, denn das darf ich ihn nicht machen lassen, er ist noch nicht so gut in diesen Dingen. Er muss menschliche Interaktionen noch üben, doch das tut er. Er gibt sich echt Mühe. Naja... deshalb war das mit dem Kuchen auch eine gute Idee, so als Übung, aber dann musste er weg und ich sollte auf den Kuchen aufpassen, also bin ich geblieben und dann kam Mokuba und..." Ich halte inne, denn ich habe das Gefühl, dass die Drei sich gar nicht auf meinem Level bewegen. Dabei habe ich echt langsam gesprochen. Langsam, deutlich und alles von Anfang an. Tea lacht plötzlich. Es klingt schrill und es nervt mich jetzt schon. "Das... das ist..." Sie scheint kein Wort dafür zu finden. Gut, das kann ich ausnahmsweise auch verstehen. Ich wüsste so schnell auch kein Wort. Ich denke, es ist jetzt alles klar, der Rest ist sozusagen Geschichte. "Er ist echt ganz anders als man denkt, also wenn mal mal hinter das Eis geblickt hat. Er ist sogar unglaublich... wirklich. Süß. Und er kann sogar romantisch sein, wenn er will." Ich seufze. "Kaiba..." Tea schüttelt schon wieder den Kopf. Ich glaube, sie kann es sich nicht vorstellen. "Dieser Eisblock..." Tristan vermag es nicht mal mich anzusehen. Sogar Yugi sieht mich nicht an. Ich denke, ich muss sie das erst einmal verdauen lassen. Das wird sonst nichts. "Also... das ist es was ich euch sagen wollte und naja, ich hoffe eben, dass das kein Problem wird zwischen uns." Ich sehe sie unsicher an. Irgendwie habe ich die stille Hoffnung, dass Yugi gleich seinen üblichen Text aufsagt und wir uns an den Händen halten und... Aber ich ahne schon, dass der Moment noch nicht da ist, sofern er überhaupt kommen mag. Ich hoffe es. Sehr. Und wenn nicht... nun, dann werde ich eben damit leben müssen. Kapitel 24: Analyse ------------------- "Gib ihnen einfach etwas Zeit, um sich an den Gedanken zu gewöhnen." Kaiba hat natürlich Recht. Es sind ja noch nicht einmal 24 Stunden vergangen, seit ich meine Freunde mit der Wahrheit konfrontiert habe. Trotzdem ist mir seltsam zumute. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte, welche Reaktion. Ob ich überhaupt einer erwartet hatte... aber naja, es ist komisch so im Ungewissen zu sein. "Und wenn sie sich nicht an den Gedanken gewöhnen können?" will ich wissen. Mir ist klar, dass er die Antwort ebensowenig kennt wie ich, aber ich kann nicht anders. Ich denke die ganze Zeit darüber nach und frage mich was wohl passieren wird, wie es weitergeht. Die Sachlage hat sich jetzt wieder verändert. Oh Mann, so viele Veränderungen in kürzester Zeit. Und was heißt das jetzt für Kaiba und mich? Müssen wir uns nicht mehr verstecken? Werden wir jetzt zum Beispiel zusammen zur Schule gehen, wenn ich vorher bei ihm übernachtet habe? Welche Auswirkungen hat das Ganze? Ich sehe ihn hilflos an. Eigentlich muss er arbeiten. Ich wollte nur nicht alleine sein, deshalb durfte ich mit in seine Büro, das ganz anders ist als ich es mir vorgestellt habe. In meiner Phantasie war es immer ein riesiger, abgespacter Raum mit jede Menge Computern und keine Ahnung... irgendwas in Richtung Raumschiff Enterprise oder so. Aber es ist eigentlich ganz normal. Ich warte keine Antwort ab, sondern frage weiter. "Was für Auswirkungen hat es jetzt überhaupt - auf alles?" Er blickt von seinem Laptop an und wirkt verständnislos. "Ist das nicht offensichtlich?" "Ähm... nein?" Ich grinse verlegen und er rollt mit den Augen. Es stört mich nicht, ich weiß, dass er es nicht böse meint. Das ist eben seine Art mit meinen Fragen umzugehen, die zugegebenermaßen oftmals doch etwas... dämlich sind. Wahrscheinlich ist auch diese Frage dämlich und ich sehe das Offensichtliche nicht. Aber naja, so bin ich eben. Verpeilt. Er lehnt sich in seinem Sessel zurück und sieht mich weiterhin an. "Offensichtlich," hebt er an und ich kenne diesen Ton. Meine Mundwinkel beginnen schon zu zucken. "Werden wir in Zukunft nicht mehr so tun müssen als würden wir uns nicht ausstehen können. Wir können ganz normal miteinander umgehen. Einmal davon abgesehen, dass ich nach wie vor der Ansicht bin, dass gewisse Gunstbezeugungen - lach nicht, Joey! - dem privaten Bereich vorbehalten bleiben, was eigentlich offensichtlich ist, da solch ein Verhalten in der Öffentlichkeit ohnehin deplaciert ist, und das dürfte im Grunde kein großes Problem sein. Was mein Verhalten Dritten gegenüber betrifft, so wird sich in der Hinsicht nichts ändern. Dass ich aufgrund meiner Zuneigung dir gegenüber in unserem Umgang - wie du es ausdrückst - aufgetauter bin, heißt schließlich nicht automatisch, dass sich dies auch auf andere Personen erstreckt." Ich seufze. "Was nun den Umgang mit deinen Freunden anbelangt, so werde ich mich bemühen, in Zukunft etwas mehr Zurückhaltung zu üben, doch das tue ich lediglich für dich und ich werde keinesfalls garantieren, dass ich..." Ich lache. "Du bist süß." Der Satz bringt ihn nach wie vor aus der Fassung. Er will es einfach nicht glauben. "Also eigentlich bleibst du im Grunde allen gegenüber der alte Miesepeter, nur nicht bei Mokuba und mir." fasse ich zusammen und er stöhnt auf. "Ich bin kein Miesepeter." widerspricht er. "Doch, eigentlich schon." grinse ich. Ist doch nunmal so. Es lässt sich nicht leugnen. "Nur weil ich..." beginnt er, aber ich winke ab. "Schon gut, schon gut. Streichen wir den Miesepeter. Aber ich hab die Sache doch richtig zusammengefasst, oder? Und wir werden natürlich nicht in der Öffentlichkeit die Dinge tun, die... was mit Gunst zu tun haben." Ich lache schon wieder. Für einen Moment habe ich meine Sorgen vergessen. Dann werde ich wieder ernst. Ganz bekomme ich meine Freunde doch nicht aus dem Kopf. "Du solltest dich nicht verrückt machen. Warte ab, lass ihnen Zeit. Morgen siehst du sie in der Schule und dann wirst du vermutlich schon mehr wissen." meint Kaiba und widmet sich wieder seinen Akten. Ich überlege. Morgen, ja... da werde ich sie sehen. Das Wochenende ist vorbei. Ich schlucke. An die Schule hatte ich gar nicht mehr gedacht. "Kaiba?" frage ich. "Hm?" Er blickt nicht auf, ich höre wie er zügig tippt, unglaublich wie schnell er ist. Und das er sich dabei scheinbar auch noch unterhalten kann. "Und wie werden wir morgen in der Schule sein?" will ich wissen. "Ich verstehe diesen Satz nicht, Joey." erwidert er ohne von seiner Arbeit abzulassen. Ähm ja, der Satz ist auch komisch, da hat er wohl Recht. Wie soll ich das ausdrücken, was ich sagen will? Manchmal hätte ich gerne so eine Art telephatische Verbingung zu ihm, dann würde er wissen was ich denke und... ... und ich würde ihn wohl in den Wahnsinn treiben. Also doch keine gute Idee. "Ich meine, wie gehen wir da mit einander um und so... also wenn ich heute bei dir bleibe, gehen wir dann zusammen und was dann und wie eben?" Ich beginne damit auf meiner Unterlippe zu kauen. "Erstens, ich ging davon aus, dass du den Abend bzw. die Nacht mit mir verbringen wirst. Zweitens, Roland fährt mich morgen - wie sonst auch - zur Schule. Pünktlich. Und ob du es glaubst oder nicht, ich hatte nicht daran gedacht, dich mit dem Fahrrad loszuschicken. Folglich wirst du wohl zum ersten Mal in deinem Leben pünktlich sein. Es sei denn natürlich, du ziehst es vor, doch alleine zur Schule zu fahren, was allerdings unpragmatisch wäre. Von unnötig ganz zu schweigen. Und dann werden wir dem Unterricht beiwohnen. Zumindest habe ich das vor, sofern mir nichts dazwischen kommt. Ich habe zwar keinerlei Lust auf diesen unkompetenten Unterricht, der im Grunde nur meine kostbare Zeit verschwendet, aber bedauerlicherweise ist mir nicht möglich, mich dem zu entziehen. Ebensowenig wie dir. Folglich haben wir morgen Unterricht und werden das tun, was zwei Schüler in der Schule machen. Ich sehe da keinerlei größere Probleme, außer vielleicht den Aspekt, dass du vermutlich deine Hausaufgaben nicht haben wirst." Hm. So einfach ist das. Sieht wohl ganz so aus. Also gehen wir zusammen... An den Gedanken muss ich mich glaub ich auch noch gewöhnen. "Im Übrigen... sollte irgendjemand den Umstand, dass wir gemeinsam auftauchen, kommentieren wollen, was ich allerdings nicht glaube, dann werde ich sicherlich in der Lage sein die passende Antwort zu geben. Es wird sich nicht vermeiden lassen, dass diverse Personen, denen unser früherer Umgangston vertraut ist, verwundert sein werden, aber das kümmert mich nicht im Mindesten. Auch sehe ich keinerlei Veranlassung mich diesbezüglich zu rechtfertigen." fährt er fort. "Klingt plausibel." sage ich nur und er nickt. "Ich gehe nicht davon aus, dass dem Ganzen solch eine Beachtung geschenkt wird, dass ich mich gezwungen sehe, eine Presseerklärung abzugeben. Zumal ich mir für gewöhnlich Fragen privater Natur verbitte - insbesondere von Mitschülern." Leuchtet ein. Was hatte ich denn gedacht? Hm... irgendwie war mir das alles dramatischer erschienen. In meinen Gedanken habe ich uns schon eine Pressekonferenz abhalten gesehen. Wahrscheinlich hat er Recht. Die Leute werden sich wundern, aber was soll´s? Wir müssen uns ja nicht rechtfertigen warum wir befreundet sind und wie tief diese Freundschaft geht. Ich binde ja auch sonst nicht jedem meinen Privatkram auf die Nase. "Dein Fanclub wird sicher enttäuscht sein..." grinse ich. Er zuckt gleichgültig mit den Schultern. "Das ist nun wirklich nicht mein Problem." Könnte aber meins werden... wenn die ganzen Hühner mich mit ihrem verehrten Supermann sehen. Die werden sicher eifersüchtig werden und man weiß ja wie unberechenbar Frauen sind... Nicht, dass ich da große Erfahrung habe, aber ich kenne Tea und die ist manchmal schon ganz schön komisch drauf. "Dann wäre ja alles geklärt..." bemerke ich. Bis auf die Sache mit meinen Freunden. "Weißt du, dass Ganze wäre viel, viel einfacher, wenn sie dich so sehen könnten, wie ich dich sehe... also wenn sie wüssten, dass du kein superfieser Fiesling bist... Eigentlich." überlege ich laut. "Joey... wie du selbst festgestellt hast, bin ich eigentlich ein... Miesepeter, auch wenn ich mich nicht so bezeichnen würde. Ich selbst sehe mich mehr als Misantrophen, was man jedoch in Hinblick auf gewisse Subjekte sehr gut verstehen müsste. Ich habe auch nicht das Bedürfniss einen auf "Flower Power" oder "Zirkel der ewigen Freundschaft" zu machen. Das liegt mir nicht und ich käme mir dabei auch hochgradig albern vor." erwidert er gelassen. "Kaiba?" "Hm?" "Du bist ein süßer Miesepeter." "..." "Echt." "Keine Kosenamen, Joey, du kennst unseren Deal!" Ich schmolle. Sage aber nichts mehr. Es gibt gewisse Dinge bei denen er einfach keinerlei Widerspruch duldet. Kosenamen stehen ganz oben auf der Liste. Allerdings muss ich auch gestehen, dass ich ihn am Liebsten Kaiba nenne. Kosenamen finde ich für ihn auch nicht angebracht. Bei allem Hang zur Romantik. Das geht echt nicht. Herrchen ist das Höchste der Gefühle. "Denkst du, sie werden es verstehen?" will ich noch einmal wissen. Er seufz. "Ich bin mir dessen sicher. Es ist ja schließlich kein solches Drama, oder?" Ich werde also zum ersten Mal zusammen mit Kaiba in der Öffentlichkeit auftauchen ohne, dass man uns - mich - lautstark von weitem hören kann. Das wird wieder eine neue Erfahrung werden und ich bin gespannt, was soll ich sagen? Er scheint das vollkommen gelassen zu sehen. Ich glaube, nein, ich weiß, er macht sich weitaus weniger Sorgen als ich. Die beiden wichtigsten Punkte - Mokuba und die Firma - sind geklärt, der Rest interessiert ihn nicht und wie er auch richtig bemerkt hat... wir müssen unser Verhältnis nicht jedem auf die Nase binden. Also warum mache ich mir eigentlich einen Kopf? Wenn Yugi, Tea und Tristan meine Freunde sind, dann werden sie schon irgendwie mit der neuen Situation klar kommen. Es gibt doch tatsächlich schlimmeres. Trotzdem verschwindet meine Nervosität nicht. Albern, oder? Kapitel 25: Drama ----------------- Es ist das erste Mal, dass ich mit Kaiba´s Limousine fahre. Das erste Mal, dass ich überhaupt in so einem Wagen sitze und es ist ein seltsames Gefühl. Ok, es hat sicherlich Stil, aber irgendwie ist es seltsam damit zur Schule gebracht zu werden. Damit zu einer Feier oder so zu fahren ist sicher passender. Schon komisch, es erscheint mir unwirklich. Seine Welt ist teilweise echt befremdlich. Von außen betrachtet mag sie einem ja beneidenswert erscheinen, bei näherer Betrachtung... Gut, es ist praktisch, wenn man nicht den Bus nehmen oder mit dem Rad fahren muss, aber irgendwie geht auch was verloren. Das gehört doch irgendwo dazu... das Zuspätkommen und das Gedränge. Ich weiß auch nicht so recht. Es hat was, definitiv, aber es erscheint mir auch irgendwie... seltsam. Es irritiert als Roland uns auf dem Schulparkplatz die Tür öffnet. Kaiba dankt ihm, ja, das tut er wirklich. Er ist sehr höflich im Umgang mit Angestellten, zumindest mit dem häuslichen Personal. Perfekte Manieren eben. Wir sind natürlich die Sensation. Und mir wird klar, dass wir beide daneben lagen. Er hat die Lage unterschätzt - vielleicht ist ihm der Rummel auch egal - und ich habe ihn wohl etwas zu schwarz gesehen. Auf jeden Fall werden wir direkt angeglotzt. Ja, geglotzt. Es ist normal, dass alle Blicke sich auf die Limo legen, wenn Kaiba vorfährt. Die Mädchen können es nicht erwarten einen Blick auf ihren Sexgott zu erhaschen und die Jungs sind wohl gleichermaßen fasziniert wie neidisch. Ich fühle mich unbehaglich während er ganz gelassen ist. Die Blicke folgen uns als wir vom Parkplatz zum Schulgebäude gehen. Ich spüre sie auf mir und ich höre sie flüstern... Hier und da stecken Schüler die Köpfe zusammen und machen erstaunte Gesichter. Kaiba zeigt sich davon natürlich unbeeindruckt. Es interessiert ihn tatsächlich nicht. Schweigend gehen wir neben einander her. Dann sehe ich meine Freunde. Auch sie sehen zu mir rüber. Ich schlucke und habe wieder einen Kloß im Hals. "Kaiba?" Ich bleibe stehen und er tut es mir gleich. "Ich glaube, ich gehe mal zu ihnen..." sage ich unsicher. Er zuckt mit den Schultern. "Wir sehen uns später." Er nickt und schenkt mir noch ein kurzes Lächeln, ich schätze, es soll mich aufmuntern. Meine Schritte sind unsicher als ich zu ihnen gehe. Sie weichen meinem Blick nicht aus, wenden sich nicht ab. Das müsste ein gutes Zeichen sein. "Hallo Leute." sage ich und grinse schief. Einen Moment ist es Still. Ein unangenehmes Schweigen, das mich nur noch mehr verunsichert. Ich trete etwas nervös auf der Stelle und bereue fast, dass ich Kaiba´s wohlige Nähe verlassen habe. Vielleicht war es doch keine so gute Idee? "Es war also tatsächlich dein Ernst." bemerkt Yugi. Ich erwidere nichts. Ich denke, ich habe mich in der Hinsicht klar ausgedrückt. Tristan weicht meinem Blick aus als ich ihn ansehe und Tea... Tea scheint noch immer unter Schock zu stehen. "Wird das jetzt immer so sein... dass du und..." Sie spricht seinen Namen nicht aus. Ich zucke mit den Schultern. Vermutlich ja, hin und wieder. Ich weiß es nicht. Meinem Vater ist es egal wo ich die Nacht verbringe und es ist wohl offensichtlich wo ich lieber bin. Betretenes Schweigen. Mit einem Mal erscheinen sie mir wie fremde. Es ist als wäre eine Mauer zwischen uns. Etwas, dass ich nicht greifen kann, das aber momentan unüberwindlich ist. Das macht mich traurig. Ich hatte mir gewünscht... Erwarte ich zuviel? Ist es tatsächlich so schrecklich, dass ich ihn liebe? Ich glaube, ich bin gerade so verunsichert wie sie. "Ich weiß, dass ist für euch... unglaublich... ist es für mich auch immer noch, aber naja... es ist so und... das ändert nichts zwischen uns. Ich meine, ich will nicht, dass es was ändert. Es ist nur so, dass..." Ich stammele wieder, dabei weiß ich gar nicht was ich sagen soll. Ich sehe die Drei hilflos an. Wo ist nun unsere Freundschaft? Was ist nun mit all den Worten, dass wir zusammenhalten und für einander da sind? Ist das wirklich zuviel für sie? "Also, Joey, das ändert schon so einiges..." meint Tea ernst. "Wenn du wirklich jetzt mit... " Wieder wird sein Name nicht ausgesprochen. Ich verstehe nicht warum. "... wie konnte das überhaupt passieren? Ich dachte ihr hasst euch?" Ich kann ihr die Frage leider nicht beantworten. Ich würde es gern, aber ich habe keine Antwort darauf. "Du hättest uns auch ruhig mal sagen können, dass du..." Tristan spricht nicht weiter. Ich weiß was er sagen will und schlucke. "Ich hätte es doch gesagt, wenn ich es gewusst hätte..." erwidere ich ehrlich. Ist doch so. War mir bis dato auch nicht klar, dass ich... Ich hatte mir in der Hinsicht eigenlich noch gar keine Gedanken gemacht. Ich war viel zu beschäftigt mit Duel Monsters. Wie hätte ich ahnen können...?! Alle vier senken wir verlegen den Blick. Ich hasse diese Situation. Ich hasse ihr Schweigen. Tristan soll zwinkern und Yugi soll mich anstrahlen. So muss das sein. "Ich bin immer noch dergleiche." werfe ich ein. Aber dem scheint nicht mehr so zu sein. Tristan schüttelt den Kopf. "Du... du bist... Du stehst auf Männer." Ich bin nicht sicher wie ich die Aussage deuten soll. Ist da Abscheu in seinen Worten? Ekel? Unglaube? Ich weiß es nicht. Ich will jetzt auch nicht darüber nachdenken. Ich will gar nicht darüber nachdenken. Es spielt doch keine Rolle. Für mich zumindest nicht. Dennoch korrigiere ich ihn fast automatisch. "Ich stehe auf Kaiba." Der Name scheint momentan das verbotene Wort zu sein. Alle drei zucken zusammen und es beginnt mich zu ärgern. Wo ist ihr Problem? Ich erwarte nicht, dass sie Zeit mit ihm verbringen. Ich will es nicht einmal und er ebenso wenig. Wir werde ganz sicher nicht zusammen los ziehen und irgendwas machen. Also was soll das? Es ist unfair. Ich warte und hoffe, dass einer von ihnen etwas sagt. Etwas, dass mir nicht das Gefühl gibt, dass ich Abschaum bin. Etwas, dass mir zeigt, dass wir nach wie vor Freunde sind und nicht alles nur leere Worte waren, denn wenn sie jetzt nicht zu mir halten, dann waren es hohle Phrasen und Kaiba hatte Recht. Ich spüre wie mir die Tränen in die Augen treten. Nein, ich werde nicht heulen. Ich werde ihnen die Genugtum nicht gönnen. Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ich habe sie nicht verraten, nichts getan was unserer Freundschaft geschadet hätte. Ich habe mich doch nur verliebt. Keiner von ihnen sagt etwas, nicht einmal Yugi. Ich bin enttäuscht und das bricht aus mir hervor. "Ich weiß echt nicht warum ihr so ein Drama daraus macht. Was ist schon dabei? Gut, wir sind sicher nicht das Dreamteam schlechthin, aber hey, ich hab es mir nicht ausgesucht, es ist einfach so passiert und ich liebe ihn eben. Ich kann nichts dagegen tun ich will´s auch gar nicht. Ob ihr´s mir glaubt oder nicht, er macht mich glücklich und ich hatte mir gewünscht, dass ihr euch für mich freut. Ich versteh auch echt nicht wo euer Problem ist. Ich bin immer noch ich und ich änder mich nicht, ich werd nicht zu Kaiba 2 mutieren oder so. Yugi - du hast immer gesagt, dass er nicht so ein Arsch ist, wie er scheint. Du hattest Recht. Also warum tut ihr euch so schwer damit? Für mich müsste es schwer sein... ich hab mich schließlich verliebt." Ich atme tief durch. Ansprache Wheeler. Sie rühren sich nicht. "All das Geschwaffel über Freundschaft... echt, wenn ihr jetzt nicht in der Lage seid, zu mir zu halten, dann... dann war das alles für die Katz. Dann hatte Kaiba Recht und wir waren nur ein dämlicher Kindergarten. Tristan, ich war immer für dich da, hatte sogar nichts dagegen, dass du dich an meine Schwester ranwirfst, naja, also nicht so viel... und Tea, du tust immer so als wärst du erwachsen, hast du nicht gesagt, dass der Streit mit Kaiba unsinnig ist?" Ich kann es nicht aufhalten. Es bricht jetzt alles aus mir hervor. Vielleicht bin ich unfair, vielleicht bin ich gemein. Ich weiß es nicht. "Yugi..." Ich blicke auf den Kleinen herab. "Egal was je war, ich war da und hab dich unterstützt und mit dir gekämpft. Spielt das jetzt alles keine Rolle mehr? Das hier ist doch albern... das wisst ihr auch genau." Ich warte keine Antwort ab. Ich wende mich um und gehe. Lasse sie einfach stehen. Nein, mir ist nicht egal was sie denken, es ist mir auch nicht egal wie es weitergeht. Ich bin nicht wie Kaiba. Ich brauche sie. Meine Freunde. Aber ich werde auch nicht weichen. Ich habe nichts getan wofür ich mich schämen müsste, naja, vielleicht einiges, dass mir die Röte auf die Wangen treibt, doch das ist eine andere Sache. Ich bin aufgewühlt und wütend, aber auch traurig und enttäuscht. Kaiba wartet auf mich vor dem Klassenraum. Er steht da und seine Miene ist unergründlich. Er stellt keine Frage, sieht mich einfach nur an. Ich schätze, er kann an meinem Gesicht ablesen, wie das Aufeinandertreffen verlaufen ist. Ich senke den Blick. Ich will nicht, dass er die Tränen in meinen Augen sieht. "Joey." Eine Stimme ist vollkommen ruhig und ich entspanne mich automatisch als ich sie höre. Ich schüttele leicht den Kopf. Ich kann jetzt nichts sagen. Er versteht es auch so. Sanft legt er eine Hand auf meine Schulter. "Es tut mir leid." Ich schniefe und wische mir die Tränen weg. Seine Stimme klingt mit einem Mal traurig. Traurig und... Ich zucke mit den Schultern und murmele etwas wie "nicht deine Schuld". Aber irgendwie habe ich den Eindruck, dass er es anders sieht. Kapitel 26: Ansatz ------------------ "Also ich finde das total bescheuert." erklärt Mokuba aus tiefster Überzeugung und schüttelt seinen kleinen Kopf. "Wo ist denn das Problem?!" Tja, das weiß ich ehrlich gesagt auch nicht. Zwei Tage sind seit meiner tollen Ansprache an Yugi und Co. vergangen, zwei Tage in denen sich nichts geändert hat. Wir gehen uns aus dem Weg. Ignorieren uns, wenn man so will. Ein seltsames Gefühl und es gefällt mir nicht. Ich hatte insgeheim die Hoffnung, dass sie nachdenken würden und vielleicht in der Lage wären mit der Sache umzugehen, wenn sie sie schon nicht begreifen, aber scheinbar ist das nicht passiert. Ich brauche nicht zu betonen wie ich mich fühle. Und jetzt sitze ich hier in Kaiba´s Küche und halte Kriegsrat mit Mokuba. Im Gegensatz zu Kaiba, kann ich mit ihm ein wenig offener über die Sache reden. Nicht, dass Seto nicht zuhören würde, aber naja, er sieht die Dinge eben anders, was ich ja auch verstehe, aber das ändert für mich nichts. "Kindergarten." war das Einzige, was er zu der Reaktion meiner Freunde gesagt hat. Hätte ich nachgehakt, hätte er seine Aussage sicher noch vertieft und da wir beide nur zu gut wussten worauf das hinaus gelaufen wäre, habe ich nicht gefragt und er nichts weiter gesagt. "..." "Ich verstehe das auch nicht. Gut, zwischen Seto und Yugi gab es immer Spannungen, aber hauptsächlich wegen dem Spiel. Ich hätte eigentlich gedacht, dass wir so ganz gut klar kämen... wir haben doch schon ne Menge durchgemacht zusammen... also ihr und wir." Mokuba hat echt den Durchblick. Im Gegensatz zu meinen Freunden. Ja, davon war ich auch ausgegangen. Sicher, die Spannungen waren immer da gewesen, Differenzen sowieso, aber letztlich haben wir doch alle wenn es darauf ankam zusammen gearbeitet. Und überhaupt... war nicht ich derjenige, der die größten Probleme mit Kaiba hatte? Das Ganze ist doch verrückt. Ich verstehe es auch nicht. Wahrscheinlich gibt es da nichts zu verstehen. "Wenn sie Seto näher kennen würden..." hebt Mokuba an. Auf die Idee bin ich auch schon gekommen. Vielleicht war das ja des Pudels Kern?! Wenn sie merken würden, wie Kaiba wirklich ist... Nur, dass Kaiba keinerlei Interesse daran hat das irgendwem zu zeigen. Verflucht. Er ist in der Hinsicht verdammt stur. Er hat zwar versprochen sich sozial zu verhalten, aber... Ich zucke etwas ratlos mit den Schultern. Ich schätze, ich muss Mokuba nicht sagen wie sein Bruder ist. Er weiß es wohl mit am Besten. "Ich dachte eigentlich wir wären alle schon längst Freunde... irgendwie." Hm, ja, irgendwie. Ich denke unwillkürlich an die vergangenen Ereignisse. Letztendlich waren wir doch ein Team gewesen, gut, kein besonders harmonisches, aber es hatte funktioniert. Oder liegt es an mir? Ist es für sie vielleicht nicht fassbar, dass ich... naja, dass ich eben... Ok, das ist natürlich eine neue Erkenntnis, aber das macht mich nicht zu einem anderen Menschen, glaub ich mal. Ich bin immer noch dergleiche Joey, wie ich es gesagt habe. Und zur Hölle, ich wusste ja auch nicht, dass sich so was ergeben würde. Hätte ich es mir aussuchen können, ich hätte mir bestimmt nicht gewünscht... obwohl, naja, jetzt doch. Also jetzt wo ich eben weiß wie er ist, wenn er so ist wie bei mir. "Irgendwelche Ideen?" frage ich hilflos. Wirklich Hoffnung habe ich nicht. Mokuba überlegt dennoch. "Vielleicht, wenn sie wüssten, wieviel Seto an dir liegt, also, dass sie merken würden, dass Seto dich wirklich mag und so." Und so. Ich bin nach wie vor nicht sicher ob er von dem "und so" eigentlich weiß. Wir sprechen nicht darüber. Müssen wir wohl auch nicht. Wenn er es weiß, dann geht er gelassen damit um. Aber wahrscheinlich geht es Mokuba auch einfach um das Glück seines Bruders und ihm ist egal wie und durch was oder wen er glücklich wird. Kinder sind einfach ehrlicher. Ich seufze. Irgendwie hatte ich gedacht, dass vor allem Yugi das auch so sehen würde. Dass Tristan mit dem Ganzen überfordert ist, ok, kann ich gut nachvollziehen. Würde mir an seiner Stelle wohl auch so gehen. Aber von Yugi und auch von Tea hatte ich was anderes erwartet. "Und wenn du nochmal mit ihnen redest?" schlägt er schließlich vor. Daran hatte ich auch schon gedacht. Ich bezweifle nur, dass es etwas bringt. Ich habe schließlich schon alles gesagt. Eigentlich kann ich echt nur warten. "Oder Seto soll mal..." Mit ihnen reden? Keine gute Idee. Mal abgesehen davon, dass ich gar nicht wüsste ob er es tun würde. Wenn er es tun würde... nein, so gut ist er noch nicht bei solchen Dingen. Das würde wahrscheinlich alles noch schlimmer machen. Verflixt, was für eine verzwickte Lage. "Wir kriegen das schon hin, Joey." Der Kleine lächelt mich zuversichtlich an. "Ich bin sicher, dass die drei das auch wollen." Vielleicht hat er Recht, ich hoffe es. *** "Hey Joey." Ich zucke zusammen als ich eine vertraute Stimme hinter mir höre. Ich drehe mich um und Duke steht vor mir. "Hallo." Ich lächele und er lächelt zurück. "Na, alles klar, Kumpel?" fragt er. Ich zucke mit den Schultern. Naja, klar wäre übertrieben, aber das werde ich ihm nicht sagen. "Und bei dir?" Er nickt selbstgefällig. "Kennst mich doch." Jepp, tu ich. "Wo sind denn die anderen?" will er wissen. Er ist es gewohnt, dass wir im Trio auflaufen. Wieder zucke ich mit den Schultern. Ich weiß auch nicht was ich sagen soll. "Glückwunsch übrigens zum Dritten Platz." meint er. "Klasse Leistung, Alter." Ich grinse verlegen. Eigentlich bin ich sogar 2. Mann. "Kaiba ist sicher aus dem Häuschen, was?" fragt er weiter. Ich bin einen Moment irritiert. Weiß er davon? Also von Kaiba und mir? Naja, wahrscheinlich... zumindest irgendwas. Ich schätze, dass es sich wie ein Lauffeuer verbreitet hat, dass Kaiba und Wheeler jetzt... Freunde sind. Ich frage mich unwillkürlich was er darüber denkt. "Du kennst doch Kaiba. Er hat endlich was er wollte." Wir lachen beide. "Und ihr seid jetzt..." Er spricht das Wort nicht aus. Soviel zum Smalltalk. Ich nicke nur. Sind wir. Definitiv. Er betrachtet mich mit einem abschätzigen Blick und ich weiß, dass sich ihm die gleiche Frage stellt wie jedem. "Und? Wie kommt´s?" Tja, wie kommt´s? Gute Frage. Leider ist die Antwort nicht so leicht. "Ist eben so... kann´s dir nicht erklären." entgegne ich und er nickt. Wahrscheinlich hat er auch nichts anderes erwartet. Er nimmt es so hin, auch wenn mir der skeptische Blick nicht entgeht. "Schon komisch..." bemerkt er. "Jepp." Ich kratze mich verlegen am Kopf. Komisch ist vielleicht nicht das Wort, dass ich benutzt hätte, aber nun ja... es trifft es wohl doch irgendwie. "Also ist jetzt alles easy zwischen euch?" "Ja." Wieder nickt er. "Na, wer hätte das gedacht... echt, also ich hätte darauf sicher nicht gewettet. Ich dachte bislang immer, dass der Typ nur mit seiner Firma und seinem Bruder ne Beziehung hat." Er lacht. Ich kann die Aussage natürlich verstehen. Habe ich auch immer gedacht. Mokuba und die Kaiba Corp. erschienen die einzigen Dinge zu sein, die ihm je etwas bedeutet haben. Nun, jetzt gehöre ich dazu. "Und wie läuft das so?" will er wissen. Ich sehe ihn fragend an. "Ist sicher komisch für alle..." bemerkt er und trifft den Nagel auf den Kopf. "Ja, schon. Mokuba ist momentan der Einzige, der wirklich gut damit klar kommt." entgegne ich ehrlich. Vielleicht zu ehrlich. "Der ist ja auch ein Kind. Kinder gehen mit solchen Dingen leichter um." Mit sochen Dingen? Irgendwie hat das einen komischen Beigeschmack. Herrje, die machen ja alle als wäre das Ganze... irgendwie... keine Ahnung, als wäre ich jetzt ein Diener Satans oder so. Ich weiß auch nicht. Meine nächste Worte überraschen mich selbst. "Yugi und die anderen kommen jedenfalls nicht so damit klar." Ich weiß nicht warum ich ihm das sage, was ich mir dabei denke und was ich von ihm erwarte. Er nickt bedächtig. "Ist ja sicher auch ein Hammer für sie gewesen. Ich meine, hat mich auch überrascht als ich gehört habe, dass... Ich dachte immer, dass ihr zwei euch irgendwann an die Kehle springt und jetzt das." Ich nicke. Naja, an die Kehle springen wir uns ganz sicher nicht mehr. "Wahrscheinlich müssen sie das erstmal sacken lassen und dann... Kaiba ist ja schon ein spezieller Fall. Wär vielleicht nicht schlecht, wenn ihr euch mal zusammen setzen würdet. Weiß ja auch nicht." Hm, ich überlege. "Also, wenn du plötzlich mit dem Typen klar kommst, dann kann er ja gar nicht so ein Arsch sein, ok, er tut für gewöhnlich alles um als Mega-Arsch dazustehen, aber vielleicht muss man einfach mal nen Blick hinter die Fassade werfen, wie du." Wow. Soviel Einfühlungsvermögen hätte ich dem Kerl gar nicht zugetraut. Echt. Das überrascht mich total. Er zuckt mit den Schultern. "Du bist schließlich ein netter Kerl und wenn du mit diesem Eisklotz ne Basis gefunden hast, tja, dann können deine Freunde das auch. Yugi ist doch eigentlich immer dafür an das Gute in jedem zu glauben... und da Kaiba jetzt auch wieder die Nr. 1 ist, dürfte das ja schon einige Differenzen ausräumen, oder?" Hallo! Der Typ ist echt nicht schlecht. Ich nicke. "Man muss Kaiba wohl einfach richtig kennenlernen..." Da hat er Recht. Sag ich doch die ganze Zeit. Ich muss einfach einen Weg finden, ihnen zu zeigen wie Kaiba wirklich ist. Dann verstehen sie es sicher. Allerdings ist da guter Rat teuer. So weit war ich schließlich schon. Aber Duke hat Recht, es ist wohl der einzige Weg. Alle zusammen an einem Tisch. Oh Mann. Kann ich das überhaupt hinbekommen? Wenn die sich alle nur nicht so anstellen würden. Verdammt noch mal, wenn ich es kann, dann müssten sie es doch erst Recht, oder? Aber um das zu bewerkstelligen, muss ich Kaiba dazu bringen über seinen Schatten zu springen. Und nicht nur das. Ich muss ihm irgendwie begreiflich machen, wie wichtig Freundschaft ist und das auch er ein Teil davon sein kann. Doch Kaiba ist eben eine harte Nuss. Also wie bringe ich das fertig? Es muss einen Weg geben. Hm. Joey, denk nach. Jetzt könnte man fast einen dieser Psychopathen gebrauchen, die ständig die Weltherrschaft an sich reißen wollen. Dann hätten wir wieder einen gemeinsamen Gegner und... Kapitel 27: Konversation ------------------------ Ich kann mir den Kopf zerbrechen soviel wie ich will. Im Grunde gibt es nur eine Möglichkeit. Duke hat Recht. Ich muss alle an einen Tisch bekommen und dann... Nur wie bringe ich Kaiba dazu sich mit meinen Freunden, sofern sie das noch sind, zusammen zu setzen? Es wird mir wohl nichts anderes übrig bleiben als ihn darum zu bitten. Er weiß, wie wichtig mir meine Freunde sind... also müsste er die Bitte verstehen. Fuck, trotzdem ist mir nicht wohl dabei. Und ich werde auch das Gefühl nicht los, dass die Sache in einem Desaster enden könnte. Vielleicht macht es alles nur noch schlimmer? Doch eine Versuch ist es wert. Ok, kurzfristig habe ich noch an andere Lösungen gedacht. Zum Beispiel meine eigene Entführung vorzutäuschen. Yugi und die anderen würden sich sicher Sorgen machen, so gut kenne ich sie und Kaiba sowieso... und dann, dann hätten sie vielleicht gemeinsam nach mir gesucht. Hm... der Gedanke war mir gar nicht so übel erschienen. Ok, es wäre ein sehr drastische Maßnahme, aber wenn es zum Erfolg führen würde? Dann musste ich aber an Kaiba´s Verhalten bei Mokubas Entführungen denken. Da war er außer sich gewesen und dennoch nicht bereit mit jemandem zu kooperieren. In dem Fall könnte es ja vielleicht sogar sein, dass er Yugi die Schuld geben würde und dann... Ein Desaster. Also doch keine gute Idee. Mist, anfangs war ich echt begeistert. Aber es führt wohl einfach kein Weg vorbei. Ich muss mit ihm reden und hoffen, dass er bereit ist das Opfer für mich zu bringen. Bislang ist er ja schon einige Male über seinen Schatten gesprungen... ok, das hier ist natürlich viel verlangt, ich weiß ja auch gar nicht ob es was bringt, es könnte die Sache ja sogar noch schlimmer machen... Verflixt und zugenäht. Vielleicht ist es auch besser, wenn ich die Dinge so lasse wie sie sind? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich so nicht zufrieden mit der Gesamtsituation bin und ich glaube, die anderen sind es auch nicht. Ich meine, wir sind doch Freunde... Oder glaube nur noch ich daran? Und komischerweise habe ich auch das Gefühl, dass es Kaiba nicht kalt lässt. Also nicht so kalt wie er tut. Ich glaube, er gibt sich die Schuld dafür, was eigentlich dämlich ist, denn es geht hier ja nicht um Schuld und so. Es geht eigentlich... ja, um was denn? Ach, ich weiß es auch nicht. Die Dinge könnten doch so einfach sein, oder? Ich stöhne unwillkürlich auf und Kaiba wirft mir einen fragenden Blick zu. Ich überlege was ich sagen soll. Wie ich anfange, aber er kommt mir zuvor. "Du denkst über Yugi und den restlichen... - deine Freunde nach." Es ist keine Frage. Ich nicke und er seufzt. "Noch immer kein Wort?" will er wissen und ich spüre, dass es ihn nicht kalt lässt, ja, dass es ihn sogar auch beschäftigt. Ich schüttele den Kopf. "Was gedenkst du diesbezüglich zu unternehmen?" Ok... das macht es leichter. Er verschließt sich dem Thema schon mal nicht. Vielleicht wird das Ganze doch kein Desaster. Hoffnung keimt in mir auf. "Duke meinte, dass es vielleicht sinnvoll wäre, wenn wir uns alle zusammensetzen würden." erwidere ich und er zieht wieder gekonnt eine seiner Brauen hoch. "So," entgegnet er und zieht das Wort in die Länge. "Devlin scheint doch mehr Sachverstand zu besitzen als ich dachte." Huch? Ich starre ihn erstaunt an. Seine Mundwinkel verziehen sich. Es ist ein leicht säuerliches Lächeln, das lässt sich nicht leugnen, aber es liegt genug Wärme darin, dass es mich nicht beunruhigt. Er seufzt wieder und sieht mich ernst an. "Ich denke, das würdest du auch gerne tun." Ich kann an seinem Gesicht nicht ablesen was er darüber denkt. Sein Blick ist ruhig und er wirkt gelassen, aber bei Kaiba weiß man eben nie. "Ich weiß es nicht. Vielleicht macht das alles nur noch schlimmer." gebe ich zu und er überlegt. "Dir ist natürlich bewusst, dass ich nicht die Spur von Interesse daran habe, mich mit diesem... mit ihnen... auseinander zusetzen." Ich nicke. Natürlich weiß ich das. Sein Standpunkt hat sich nicht geändert. "Wenn du der Ansicht bist, dass es eine gute Idee ist und irgendetwas an dieser leidigen Situation zu ändern vermag..." Er bricht ab und hält inne. "Nun, dann bin ich bereit es zu versuchen, aber - Joey!" Er wirft mir einen energischen Blick zu und ich halte kurz den Atem an. "Das wird eine einmalige Sache. Haben wir uns verstanden?" Ich brauche einen Moment um zu realisieren, was er gesagt hat. Er ist tatsächlich bereit? Wow... Junge, Junge, er erstaunt mich doch nach wie vor. Und ich hatte Angst ihn zu bitten. Mann, wir sind schon ein albernes Gespann. "Verstanden?" fragt er noch einmal. "Natürlich." "Gut." Er lehnt sich resignierend zurück. "Dann lass uns diese Sache schnellst möglich hinter uns bringen." meint er und presst die Lippen fest aufeinander. Ich weiß, was ihn dieses Einlenken kostet. "Danke, Seto." meine ich ernst und rutsche zu ihm rüber. "Ich hoffe nur, dass ich diese Entscheidung nicht bereuen werde." Das hoffe ich auch. Jetzt muss ich nur noch überlegen wie ich dieses Aufeinandertreffen plane. Aber jetzt, in diesem Moment verspüre ich einzig den Wunsch ihn zu küssen. Und das tue ich dann auch. *** Ich bin nicht sicher ob Tea und Tristan gerade bei Yugi sind, da sie meistens nach der Schule im Laden seines Großvaters rumhängen, gehe ich einfach auch heute davon aus. Dieses Zusammentreffen in der Schule abzuhalten, erscheint mir keine Idee. Kaiba ebenso. Es reicht schon, dass wir nach wie vor das Gesprächsthema sind. Ich frage mich was für Wellen es schlagen würde, wenn die alle die ganze Wahrheit kennen würden. Oh Mann. Zum Glück ist dem nicht so. Dann wären Drohbriefe wohl garantiert. Manche Mädchen erdolchen mich ja jetzt schon mit Blicken. Schon komisch, wie sich die Dinge ändern. Leute, die bislang nie mit mir geredet haben suchen auf einmal meine Nähe und meine besten Freunde... Ironie, oder? Und da stehen wir also jetzt. Genau genommen sitzen wir noch. Kaiba´s Limo steht vor dem Laden und wir zögern auszusteigen. Also, ich zögere. Er macht einen vollkommen gleichgültigen Eindruck und wartet wohl nur auf mein Zeichen. Ich bin bis in die Haarspitzen angespannt. Mein Magen dreht sich auch schon wieder im Schleudergang. Ich dachte, diese Phase hätte ich hinter mir. Nun, es wird wohl noch dauern. "Wir können nicht den ganzen Tag hier sitzen bleiben." bemerkt Kaiba und ich nicke. Ich weiß. Wir sollten uns einfach hinter uns bringen und... Yugi starrt uns an wie zwei Marsmännchen als er die Tür öffnet. Ich versuche zu lächeln, aber ich glaube, ich bekomme nur ein klägliches Irgendewas hin. Kaiba steht ruhig neben mir und seine Miene ist undurchdringlich wie eh und je. "Hallo Yugi." Ich flüstere fast. Zumindest kommt es mir so vor, denn eigentlich habe ich das Gefühl, dass meine Stimme laut und schrill ist, so hallt sie zumindest in meinem Kopf wieder. "Joey." sagt der Kleine und sein Blick wandert von mir zu Kaiba. "Muto." Kaiba nickt ihm knapp zu und der Kleine tut es ihm gleich. "Ich schätze, wir haben... also, ich dachte, dass es vielleicht gut wäre, wenn wir... ich meine, es kann ja so nicht weitergehen, oder? Es ist komisch in der Schule nicht mit euch zu reden und... ich vermisse euch auch. Also, hab ich mir gedacht..." Ich stammele wild vor mich hin. Mit einem Mal fühle ich mich wieder klein und hilflos. Kaiba stöhnt neben mir auf. "Wir sollten reden." sagt er schlicht und wider Erwarten nickt Yugi. "Kommt rein." meint er und öffnet uns die Tür. Kaiba folgt mir und meine Berechnungen waren richtig. Tristan und Tea sind da. Ihre Gesichter wechseln die Farbe als sie uns sehen. Uns. Kaiba und mich. Das Uns. Kaiba sieht sich kurz um. Er schenkt Tristan und Tea nicht wirklich Beachtung und ich weiß, dass es in erster Linie an mir ist, dieses Gespräch zu führen. Doch wie soll ich anfangen? Ich hab schon wieder keinen Plan, naja, doch - ich hatte einen, aber der ist schon wieder weg und irgendwie ging das bislang ohnehin immer nach hinten los. Freie Improvisation, wieder einmal. Yugi ist es, der mir zur Hilfe kommt. "Leute, Joey, möchte mit uns reden." sagt er und Tea nickt. Sie wirkt entspannter als letztes Mal und auch nicht mehr hysterisch. Eher skeptisch und abwartend. Ok, das kann ich verstehen, ist ok. Ich wäre auch skeptisch, wenn... Tristan macht mir mehr Sorgen, denn er blickt mich nicht an. Sein Blick ist stur auf die Wand geheftet und seine Haltung deute ich als Abwehrmaßnahme. Ich schlucke und versuche meine Gedanken zu sammeln. Ich hoffe, dass meine Stimme nicht wieder so fremd klingt und ich es dann nicht ertrage mich reden zu hören. "Ja, also... ich hab nachgedacht..." beginne ich. "Ihr sicher auch..." Fragend blicke ich in die Runde. Yugi nickt. Sonst reagiert niemand. "Diese Situation ist doch echt blöd, oder? Ich meine, dass es so jetzt zwischen uns ist nur wegen..." Ich spreche seinen Namen nicht aus. Das muss ich auch nicht. Zudem steht der Stein des Anstosses ja neben mir. "Es tut mir auch leid, was ich euch in der Schule an den Kopf geworfen habe, das war vielleicht unfair, aber ich war wütend und naja... ich will doch einfach nur, dass alles wieder normal ist... also so normal wie früher, ihr wisst schon." Ich breche wieder ab und sehe sie erwartungsvoll an. Ich glaube Unsicherheit in ihren Blicken zu erkennen. Naja, in dem von Yugi und Tea. Tristan sieht mich immer noch nicht an. Aber keiner sagt etwas und ich weiß eigentlich auch nicht mehr was ich noch hinzufügen soll. Ich stehe einfach nur hilflos da. Dann höre ich Kaiba neben mir verächtlich zischen und denke nur noch NEIN. "Damit wir uns richtig verstehen," sagt er kühl, "ich bin lediglich hier, weil Joey mich darum gebeten hat. Ich habe keinerlei Interesse daran euerem Club beizutreten." Ich will im Erdboden versinken. War ja klar, dass es ein Desaster wird. Verflucht. Blöde Idee. Sausaublöde Idee. Ich schließe unwillkürlich die Augen und hoffe, dass es schnell vorbei ist. "Mir ist egal was ihr über mich denkt, das kümmert mich nicht im Mindesten. Aber die Dinge haben sich nun einmal dahin gehend verändert, dass... " Ich bemerke ein Zögern in seiner Stimme. Vermutlich sucht er nach den richtigen Worten. "... dass mein Verhältnis zu Joey jetzt ein anderes ist. Im Grunde sollte das eure Freundschaftskiste nicht tangieren und ich verstehe auch ehrlich gesagt nicht, warum es das tut, denn wie gesagt... ich habe kein Interesse daran einzig deswegen mit euch einen auf Harmonie zu machen. Ich sehe auch keine Veranlassung dazu. Fakt ist, dass Joey und ich jetzt zusammen gehören. Fakt ist aber auch, dass Joey euer Freund ist und wenn auch nur ein einziger eurer Sprüche über eure tiefe Freundschaft wahr ist, dann dürfte es kein Problem geben. Ich sehe kein Problem. Also..." Ich habe das Gefühl, dass ich jeden Moment wieder zusammen klappe. So hatte ich mir das eigentlich nicht gedacht. Also, im Grunde hat er ja Recht, nein, es stimmt natürlich alles was er sagt, aber er sagt es eben in dem typischen Kaiba-Ton und ich weiß nicht ob das die gewünschte Wirkung erzielt. "Was sagst du, Yugi?" Kaiba wendet sich direkt an ihn. "Können wir uns arrangieren?" Minuten vergehen bis irgendwas passiert. Mir kommt es vor wie eine Ewigkeit. Yugi und Kaiba stehen sich gegenüber wie sonst nur bei einem Duell und für einen aberwitzigen Moment flehe ich, dass das Ganze hier nicht in einem solchen endet. Dann wirft Yugi Tea einen Blick zu und sie erhebt sich und tritt neben ihn. "Dir ist es also tatsächlich ernst mit Joey?" fragt sie Kaiba und die Frage scheint ihn zu erstaunen. Er nickt. "Wäre ich sonst hier?" erwidert er sarkastisch. Tea hält seinem Blick stand. Ich bin nicht sicher ob ich verstehe was passiert. Ich kann die Drei nur stumm beobachten. "Dir ist klar, dass wir dich im Auge behalten werden, oder?" mischt sich nun Yugi ein und ich verstehe die Welt nicht mehr. Irgendwie läuft das anders ab als vorgestellt. Ganz anders. "Natürlich." entgegnet Kaiba gelassen. Dann lächelt er und erstaunt mich auf´s Neue. "Waffenstillstand?" höre ich ihn fragen. Kapitel 28: Wechselwirkung -------------------------- "Und ihr seid jetzt wirklich... ein Paar?" fragt Tea noch immer ungläubig und blickt verlegen von mir zu Kaiba. Ihre Wangen beginnen zu glühen und ich muss mich zurückhalten, um nicht zu lachen. "Jepp." erwidere ich so ernst es geht, aber ich schätze, ein Grinsen schwingt in meiner Stimme mit. "Ein richtiges..." Ich nicke und bemerke wie Kaiba die Augen verdreht. Das hier muss die Hölle für ihn sein. Aber mein Liebster schlägt sich tapfer. Yugi gibt ein schwer deutbares Geräusch von sich. Dann schluckt er. Wieder herrscht betretenes Schweigen und ich fühle mich seltsam. Einerseits bin ich erleichtert, dass sie das Friedensangebot oder den Waffenstillstand angenommen haben, andererseits merke ich nach wie vor wie seltsam sie mich mustern, von Kaiba ganz zu schweigen. Und der fühlt sich sichtlich unwohl. Ich spüre es und muss meinen Wunsch unterdrücken seine Hand zu nehmen. Ich glaube, dann würde er auch an die Decke gehen. Tristan taumelt uns etwas unsicher entgegen. Zum ersten Mal sieht er mich an und auch er ist leicht rot im Gesicht. "Und wie ist das jetzt... ich meine, wie macht ihr das?" will er unsicher wissen und ich höre wie Kaiba neben mir scharf einatmet. Ich zucke mit den Schultern. "Ich würde sagen, so wie andere Paare auch." Ich bin nicht so recht sicher was Tristan überhaupt meint, mein erster Gedanke... aber nein, das wäre... Fast hätte ich gekichert. "So ein Paar mit Händchen halten und so..." rekapituliert Tristan und ich glaube, die Informationen haben sein Großhirn noch nicht wirklich erreicht. "Wir halten nicht Händchen." zischt Kaiba neben mir scharf. Ich werfe ihm einen beruhigenden Blick zu. Zumindest hoffe ich das. "Wir halten nicht Händchen." wiederholt er. Stimmt, tun wir nicht. Ich nicke zur Bestätigung, was ihn etwas zu beruhigen scheint. "Und das wird jetzt immer so sein... " Mann, Tristan. Ja, verdammt. Wahrscheinlich schon. "Ich schätze." Ich werfe Kaiba einen unsicheren Blick zu, der stöhnt entnervt auf. "Also, die Sache, dass wir ein Paar sind, die hängen wir jetzt nicht an die große Glocke. Ihr wisst das und Mokuba wahrscheinlich auch und Serinity werd ich´s wohl sagen müssen, aber ansonsten geht das keinen etwas an... versteht ihr?" Yugi nickt. Tea auch. Tristan glotzt mich nur an. "Muss ja auch nicht jeder wissen... ich meine, das ist ja so schon..." Ich grinse. Ich schätze sie wissen nur zu gut was ich sagen will. "So etwas muss auch nicht jeder wissen." stimmt Yugi zu. "Und es wäre auch echt mal... naja, also irgendwie wäre es ja auch peinlich für euch, oder?" Ich applaudiere innerlich Kaiba´s Selbstbeherrschung. Allerdings muss ich mich auch zurückhalten, jetzt wo ich Übung darin habe Tristan eine zu verpassen. "Also, ich hätte nie gedacht, dass... und dann ausgerechnet ihr beide." Tea lächelt unsicher. Kaiba´s Schlagader pulsiert. Ich glaube, es wird Zeit ihn hier raus zu schaffen. "Wie ist es dazu gekommen, ich meine, du hast es ja irgendwie erzählt, aber ich verstehe das immer noch nicht so ganz." Yugi lächelt mich unsicher an. "Glaub mir, Yugi, du bist nicht der Einzige, der das nicht so ganz versteht." Ich kratze mir automatisch am Kopf und werde auch irgendwie verlegen. Schlimmer kann es echt nicht sein, seinen Liebsten den Eltern vorzustellen. Zum Glück bleibt mir das ja erspart. Gott, mein alter Herr würde Augen machen! Wäre schon fast wieder komisch. "Sorry, Joey, aber ich bin irgendwie immer noch... also ich weiß noch nicht so ganz wie ich damit umgehen soll." meint Tea recht vernünftig. "Ist schon ok." erwidere ich lässig. Ich hab ja auch kein Wunder erwartet. "Solange ihr es akzeptiert und mich nicht mehr anguckt als wäre ich ein Marsmensch oder so..." Ich lache. "Bis wir uns wirklich daran gewöhnt haben wird es sicher noch eine Weile dauern." erwidert Yugi verlegen. "Also, Kaiba und du..." Er bricht ab. "Das ist schon ein Hammer. Also eigentlich zwei... oder sogar drei." mischt Tristan sich wieder ein. "Erstmal, dass ihr jetzt... und dass du ein... und er ein... So was muss man erstmal verdauen." Ich hege die Befürchtung, dass Kaiba ihm jeden Moment den Hals umdrehen wird. "Das heißt, wir sind jetzt doch irgendwie ein Team, oder?" Yugi blickt Kaiba vorsichtig an. Ich sehe wie sich seine Züge wieder verhärten und komme ihm mit einer Antwort lieber zuvor. "Das heißt einfach nur, dass ich jetzt einen Freund habe... wahrscheinlich auch, dass ich nicht mehr ganz so oft mit euch abhängen werde, ihr wisst schon, aber ansonsten..." "Ansonsten habt ihr von mir nichts zu erwarten." fällt Seto mir ins Wort. Ich seufze. War ja klar, er kann doch nicht ganz an sich halten. "Ich denke, das ist ok." meint Yugi schließlich und ich strahle ihn an. Na, endlich. Mehr will ich doch gar nicht. Ich hab ja nicht erwartet, dass wir in Zukunft einen auf große glückliche Familie machen, auch wenn die Vorstellung was hätte. Und ein wenig Spaß könnte Kaiba auch vertragen, aber nein, der Punkt ist nicht verhandelbar. "Dann wäre ja alles geklärt." meldet sich mein Liebster kühl zu Wort. Tea nickt. "Ja, könnte man dann wohl so sagen." erwidert sie. "Gut, dann brauche ich meine Zeit ja nicht länger hier zu verschwenden. Joey, wir gehen." Kaiba sieht mich eindringlich an. Ich zögere. Mein Blick wandert von ihm zu meinen Freunden. "Er meint es nicht so... er ist nur..." Ich grinse. "Ich sagte doch, menschliche Interaktionen sind nach wie vor nicht sein Ding." "Joey!" fährt Kaiba mich an und ich zucke schuldbewusst mit den Schultern. "Ich komm ja schon, Seto." Noch einmal wende ich mich meinen Freunden zu. "Also, schön, dass wir das geklärt haben." Dann folge ich Kaiba aus dem Laden. "Oh Mann." höre ich Tristan noch stöhnen. "Tu mir so etwas nie wieder an." sagt Kaiba und lässt sich in den Sitz seiner Limousine fallen. Ich grinse. "Du hast dich aber tapfer geschlagen, mein Liebster." entgegne ich, was mir einen vernichtenden Blick einbringt. Verstoß gegen eines der obersten Gebote - keine Kosenamen und Verniedlichungen. Ich lasse mich neben ihm nieder und lege meinen Kopf an seine Schulter während meine Hand die seine sucht. "Ernsthaft... du hast dich gut benommen." Er seufzt. "Oh, danke." Theadralisch verdreht er die Augen. Ich grinse nur. "Ist doch gut gelaufen." meine ich. Er nickt. "Alles andere wäre ja auch..." Er kommt nicht mehr dazu den Satz zu beenden. Ich verschließe ihm die Lippen mit einem Kuss. "Trotzdem - ich bleibe bei meiner Entscheidung. Das war das höchste der Gefühle, Joey." sagt er ernst als ich ihn wieder Luft schnappen lasse. "Ich dachte schon, dass Gardner gleich ohnmächtig wird und dein Freund Tristan..." Sein Blick sagt mehr als alle Worte. "Ich weiß. Kindergarten." Ich schenke ihm ein vergnügtes Grinsen. "Erbärmlich." "Du liebst mich doch, Kaiba." frage ich unschuldig. "Immer." erwidert er gewohnt knappt und ich bin glücklich. Ich weiß zwar nicht genau wie es sich mit diesem Waffenstillstand verhalten wird, aber ich bin zuversichtlich. Gut, Tristan wird wohl noch eine Weile brauchen, vielleicht auch Yugi, aber Tea schien schon etwas entspannter. Das war zumindest ein Anfang und nun musste ich eben sehen ob ich beides haben konnte. Vielleicht würde ich sogar irgendwann die Möglichkeit finden beides zu vereinen. Wenn ich erst den Miesepeter in Kaiba besser im Griff habe... Hm... vielleicht würde es doch mal zu einem Viererdate mit Viererduell kommen. Der Gedanken gefällt mir zumindest recht gut. Und wie ich festgestellt habe, sich spiele viel lieber mit Kaiba zusammen als gegen ihn. Das ist auch wesentlich leichter. "Bist du jetzt glücklich?" will er wissen. Seine schönen blauen Augen sehen mich liebevoll an. "Ich bin bei dir." erwidere ich. Das müsste eigentlich alles sagen. Kapitel 29: Ironie ------------------ "Wenn dieses... ER noch einmal so eine Frage stellt - NEIN! Wenn er noch einmal irgendwas dergleichen sagt, dann bringe ich ihn um. Ich schwöre es dir. Hier und jetzt! Und nichts, absolut gar nichts wird mich davon abhalten!!" Seine Stimme war so scharf, dass ich unwillkürlich etwas zurückwich. Seine Augen schleuderten Blitze und einen Moment hatte ich Angst, dass er jeden Moment in Flammen aufgehen würde, was ja eigentlich nicht so zu ihm passt, so kühl wie er sonst ist. Aber Tristan schafft es tatsächlich ihn zum kochen zu bringen. Erstaunlich, was? Ich glaub heißer wird Kaiba sonst nur bei mir. "Seto..." versuche ich ihn zu beschlichtigen. "Komm mir nicht mit Seto." fährt er mich wütend an und ich muss ein Lachen unterdrücken. Seine Tobsuchtsanfälle sind wirklich legendär, aber es geht nicht anders. Die Situation ist einfach zu komisch, wenn ich ehrlich bin. Er schüttelt den Kopf und fängt an auf und ab durch das Zimmer zu schreiten. Ich werfe autmatisch meinen Freunden einen entschuldigenden Blick zu. Tea sieht etwas ängstlich aus und Yugi starrt Kaiba nur mit offenem Mund an. Und Tristan... wo ist er überhaupt? Ich glaube er hat sich verstecke. Wohl auch besser so. Immerrhin hat er es gerade geschafft diesen Anfall hervor zurufen, 1A Leistung auch. Wirklich... dabei war unser erstes richtiges Zusammentreffe bislang eigentlich ein Erfolg. Ich bin etwas unschlüssig was ich tun soll und werfe Mokuba einen hilflosen Blick zu. Der Kleine grinst. Danke, wenigstens bin ich nicht der Einzige, der dieser Situation was komisches abgewinnen kann. "Seto, nun komm schon..." höre ich Kaiba Junior sagen, aber mein Liebster ist zu sehr in Fahrt. "Ich fasse es nicht, dass ich mich hierzu habe überreden lassen. Wider besseren Wissens habe ich mich auf dieses bescheuerte Treffen hier eingelassen und jetzt..." Den Rest verstehe ich nicht, weil ich ein Kichern verzweifelt unterdrücken muss. Yugi und Tea mögen geschockt sein über diesen Ausbruch und ganz sicher ist gerade gar nichts an Kaiba lustig, aber er ist einfach zu süß, wenn er sich aufregt. Zumindest meiner Meinung nach. "Seto..." versuche ich es auch noch einmal und stelle mich ihm einfach in den Weg. Er bleibt stehen und blickt mich wütend an. Sein eiskalter Blick funktioniert nur bei mir nicht mehr so gut wie früher. Ich sage nichts, sehe ihn einfach nur an und er seufzt schließlich genervt und resignierend. Ich sehe wie sein schönes Gesicht sich wieder entspannt und lächele. Ich würde ihn ja jetzt zu gerne küssen, aber das geht nun wirklich nicht. Keine Gunstbezeugungen! Ich halte mich wenigstens daran, auch wenn ich ansonsten doch recht eifrig bemüht bin seine Autoriät zu untergraben - was dieses Treffen hier ja auch beweist. Wobei Mokuba mir in der Hinsicht ein würdiger kleiner Helfershelfer ist. "Ich bringe ihn um... ich schwöre es." flüstert Kaiba mir jetzt zu und ich nicke. "Ich weiß." Und ich glaube ihm. Ja, ich denke, noch so ein Ding von Tristan und weder Mokuba noch ich werden ihn aufhalten können. Ich kann jetzt nicht mehr an mir halten und grinse. Fuck, ich würde ihn jetzt echt gern küssen. Es juckt mich gerade sehr. Aber das ist einfach too much. Nicht nur für Kaiba, auch für meine Freunde. Ich glaube, Mokuba käme noch am Besten damit klar. "Es tut mir leid..." höre ich Tristan im Hintergrund stammeln. Verlegen sieht er mich an. Ich schüttele den Kopf. "Schon gut, schon gut, kommen wir alle mal wieder runter." Die Aussage bringt mir einen vernichtenden Blick von Kaiba ein, aber ich werd´s überleben. "Ich werde jetzt arbeiten." Erklärt mein zorniger Eisprinz und schnappt sich seine Unterlagen. "Aber du isst doch mit uns?" will Mokuba wissen. Kaiba gibt ein undefinierbares Geräuch von sich und knallt die Tür hinter sich zu. Tea schluckt. Yugi guckt betreten auf den Boden. "Also, ich wollte echt nicht, dass er... ich dachte... naja, keine Ahnung..." stammelt Tristan wieder. Ich seufze. "Hüte das nächste Mal einfach ein wenig deine Zunge. Es ist schon so schwer genug das alles unter einen Hut zubekommen. Ich meine, es war echt ne Mörderarbeit ihn zu überreden, dass wir uns hier alle überhaupt treffen. Mokuba und ich haben ihn so lange genervt bis er bereit war. Aber das ist eben noch Neuland für ihn, ok? Und deine unqualifizierten Fragen helfen nicht gerade." Tristan nickt verlegen. "Ich werd mich zurück halten." verspricht er. "Ich glaub sonst bringt er mich wirklich um..." Mokuba nickt. "Jepp, dann geht´s ab in den Folterkeller." Ich kann mir das nicht verkneifen. Tea starrt mich entgeistert an. "Hier gibt einen Folterkeller?" Oh Mann, die Drei glauben das echt. Ich muss aufhören mir solche Späße zu erlauben. Die finden das nicht so komisch. Ich bin nicht in der Lage zu antworten und Tea blickt unsicher zu Mokuba. "Klar, mein Bruder..." will er gerade meinen Witz weiter spinnen, aber ich unterbreche ihn lieber. "Unsinn, das ist ein normales Haus... naja, halbwegs... Kaiba ist nicht der Fürst der Finsternis, auch wenn er es vielleicht gerne wäre." Tea sieht immer noch skeptisch aus. Ich muss schon sagen... die verschiedenen Parteien machen es mir echt nicht leicht. Gut, ich habe kein Wunder erwartet, aber ich dachte zumindest, dass meine Freunde ein wenig lockerer werden würden. Ok, nicht so locker wie Tristan mit seinen Fragen. Himmel, das war jetzt aber auch ein Ei, dass er da gelegt hat. "Mein Bruder braucht nur etwas Zeit, ihr werdet sehen, wenn ihr ihn besser kennen lernt, dann habt ihr auch keine Angst mehr." Mokuba ist vielleicht ein Herchen. "Hey, Moment mal, Kleiner. Hier hat keiner Angst vor dem Eisklotz..." protestiert Tristan energisch. Mokuba sieht ihn skeptisch an. "Man weiß eben nie was er als nächstes tut oder ob man ihm trauen kann..." erklärt Yugi ruhig. Ich seufze. Schon klar. "Solange es hier nicht zu nem Duell kommt oder man ihm blöde Fragen stellt, kann man ihm trauen. Echt jetzt, Kaiba braucht wirklich nur Zeit. Ich verspreche euch, dass ihr alle wieder lebend nach hause kommt." Das scheint sie zu beruhigen. Zumindest entspannen sie sich etwas. "Ist schon ein komisches Gefühl hier zu sein..." meint Tea nach eine Weile. Ich weiß was sie meint, denn es ist mir die erste Zeit auch nicht anders gegangen. "Ich muss schon sagen, es ist hier doch anders als ich es mir vorgestellt habe." gesteht auch Yugi kleinlaut. Ich grinse. "Was habt ihr euch den vorgestellt?" will Mokuba wissen. "Naja..." druckst Yugi verlegen rum. Ich kann´s mir denken. Ich hatte auch diverse Vorstellungen von der kaiba´schen Villa bevor ich hier war. Und ziemlich krasse Vorstellungen, aber ich hab auch ne blühende Phantasie, wie Kaiba es ausdrückt. "Eigentlich solllte er ja jetzt nicht arbeiten..." fällt mir da ein. Pizza essen und Filme gucken ist angesagt. Ja, ja, schwer vorstellbar, aber wie gesagt, Mokuba und ich können recht überzeugend sein. "Ich hol ihn sobald der Pizzajunge da war." meint Mokuba und grinst. Ich bin sicher, dass das kein leichtes Unterfangen wird. "Ich hätte auch nie gedacht, dass Kaiba... naja, dass er so was machen würde." Tristan verzieht ungläublig das Gesicht. Ich bin nicht sicher was er meint. "Euch einladen oder Pizza essen?" frage ich daher. "Beides." gesteht Tristan verlegen. "Ob du es glaubst oder nicht... er tut auch normale Dinge." Ich lache. Keine Ahnung, was Tristan sich da ansonsten vorgestellt hat. Gut, ich bin auch kein Unschuldslamm... immerhin denke ich ja immer noch, dass hier irgendwo der Folterkeller ist. "Und du bist glücklich... mit IHM?" Heute ist wohl große Fragerunde. Ich lächele und sie wird rot, wahrscheinlich weil ihr jetzt erst wieder Mokuba einfällt. Der Kleine reagiert nicht. Er sitzt da wie vorher auch. "Aber hallo!" erwidere ich daher eher vage und einen Moment habe ich das Gefühl, dass bei Tea so was wie Sehnsucht in den Augen liegt. Hm... vielleicht sollte ich bei Gelegenheit mal mit ihr reden... Ich meine wegen Yugi und so. Jetzt, wo ich ja quasi Erfahrung auf dem Gebiet habe. ICH darf ja Ratschläge erteilen. Das wäre echt was. Also, schaden würde es definitiv nicht. Kaiba darf es nur nie erfahren. "Er wirkt nur immer so... so gleichgültig gegenüber jedem außer dir, Mokuba und naja, jetzt auch dir, Joey. Und dann ist er so verbissen... Es kommt einem vor als wisse er gar nicht was Spaß ist." Tea seufzt. Es klingt als habe sie eingehender darüber nachgedacht. Ich nicke zustimmend. "Für meinen Bruder ist eben Erfolg und die Arbeit das Wichtigste. Er macht alles was er anfängt eben 100% und er erlaubt sie nie Fehler... " erklärt Mokuba ruhig und man spürt seine Bewunderung für den großen Bruder. "Naja, er macht seine Sache ja auch mehr als gut, wirklich. Schule und Arbeit und dann noch diese ganzen Erfindungen und er ist ja auch ein hervorragender Duellant." meinte Yugi ernsthaft. "Der Beste." korrigiere ich zufrieden, denn ich bin die Nr. 2. Inoffiziell. Yugi nickt. "Ja, der Beste." "Das müsste doch das Kriegsbeil zwischen Yugi und Kaiba eigentlich begraben, oder? Ich meine, deshalb war doch immer Ärger - in erster Linie?" Tea hat Recht. Der Punkt müsste eigentlich von Tisch sein. Mokuba nickt. "Ja, ich denke schon... Aber Seto lässt eben nicht gern jemanden an sich heran... War schon immer so." Er zuckt mit den Schultern. "Er muss immer alles unter Kontrolle haben und naja, er vertraut auch eigentlich keinem wirklich." "Aber dir vertraut er doch und Joey jetzt wohl auch." meinte Tristan. "Klar, aber das ist was anderes... ich bin sein Bruder und Joey... " Mokuba überlegte kurz. "Joey ist eben sein Hündchen." Gut gerettet, Kleiner. Irgendwann komm ich schon noch dahinter ob du mehr weißt.... Ich nicke heftig. "Also so hatte ich ja nie was gegen ihn, aber seine Art eben, ich meine... er ist da schon sehr verletzend und gemein..." Tea seufzt. "Sag´s doch ruhig, er ist ein Miesepeter... ich weiß das auch." Sie sieht mich fragend an. "Aber ernsthaft, hinter der Fasade... es ist wie Yugi immer gesagt hat... nur hat er keinen Bock darauf jemanden dahinter blicken zu lassen." Leider, sonst wäre die Welt bunt und granatenstark. "Ich würde es begrüßen, wenn ihr in meinem Hause nicht in der Dritten Person von mir sprechen würdet!" Seine Stimme ist eisig und jeder im Raum zuckt unwillkürlich zusammen. "Seto." stoße ich verlegen hervor. Mist, ich habe gar nicht gemerkt, dass er wieder gekommen ist. Warum kann der Junge sich auch so lautlos bewegen. Fuck. Das war jetzt echt kontraproduktiv wie er sagen würde. "Der Pizzabote war da..." fährt er kühl fort. "Und einige von euch schulden mir Geld!" Kapitel 30: Apokalypse ---------------------- "Ich soll was??? Verdammt noch mal!" Wow, das ist einer der wenigen Momente in denen Kaiba seine wohlgefeilte Wortwahl vergisst. Ich grinse ihn verlegen an und hoffe, dass er sich beruhigt ehe sein Kopf explodiert. "Also..." hebe ich an, doch er funkelt mich so böse an, dass ich augenblicklich verstumme. Selbst Mokuba rührt sich nicht. Der Eisprinz ist gerade auf Hochtour. Das merken wir beide. Vielleicht hätte ich mein Anliegen doch später vortragen sollen. "Ich sehe überhaupt keinen Grund, ja keine Notwendigkeit dazu, dergleichen zu tun. Was kümmert mich dieses dämliche Puzzel? Soll sich der Kleine alleine darum kümmern." Er schüttelt wieder den Kopf und geht weiter wütend auf und ab. Mokuba räuspert sich. "Aber Seto..." Kaiba wirft seinem Bruder einen vernichtenden Blick zu und der Kleine blickt ratlos zu mir rüber. "Ernsthaft, Kaiba..." versuche ich es noch einmal. "Diese Sache ist jetzt nicht so unwichtig, wie sie dir scheint... ich meine, es geht nicht nur um dieses Puzzel, da steckt mehr dahinter... und das ist schon ganz schön wichtig." Kaiba stöhnt genervt. "Bitte, fang mir jetzt nicht mit diesen Amenmärchen an. Ich ertrage dieses Gerede nicht. Auch nicht von dir. Mir ist es egal was Yugi dir erzählt, mir ist es sogar egal ob du es glaubst, aber ich glaube nicht an solche Dinge. Ich bin zu alt um noch an magische Puzzel oder Hexenmeister zu glauben und weiß Gott, ich habe besseres zu tun..." Ich seufze. Ich wusste, dass er damit kommen würde. In der Hinsicht hat er seine Position immer deutlich gemacht. Egal was je passiert ist, ja, was er je miterlebt hat, für ihn waren das alles Tricks und er hat sich nie eines besseren belehren lassen. Im Grunde ist mir auch egal ob er daran glaubt oder nicht. "Diese Herausforderung kann Yugi nicht alleine auf sich nehmen. Das schafft er nicht... und deshalb..." beginne ich von Neuem. "Und deshalb soll ich ihm helfen und gemeinsam mit ihm gegen diesen verrückten Bakura und Pegasus antreten und all das um ein Puzzel zu retten? Joey, weißt du eigentlich wie verrückt das klingt? Selbst für deine Verhältnisse!" Toll, ganz toll... vielleicht habe ich die Sache falsch angefangen. Verflucht. Warum ist er aber auch in der Sache so verdammt stur?! "Kaiba, bitte... hör mir einfach einen Moment zu, ja?" Ich versuche es mit dem Hundeblick. Er hält wenigstens in seiner Bewegung inne und sieht mich an. "Verschon mich bitte mit diesen mysthischen Geschichten. Ich habe wirklich keine Ader dafür, ok?" Ich nicke widerwillig und versuche mir meine Worte behutsam zurecht zu legen. "Pegasus und Bakura haben Yugi gemeinsam herausgefordert. Ein Duell, dessen Einsatz die Millieniumsgegenstände sein sollen. Somit auch Yugi´s Puzzel. Und da Yugi naja, eigentlich der... also Yugi die Gegenstände braucht... wird er antreten... und er macht das auch, aber alleine gegen die Beiden, das ist doch heftig, selbst für Yugi... und da dachte ich mir... ich meine, ihr habt doch schön öfter gemeinsam gekämpft und das war immer ein Erfolg und mal ernsthaft, wer könnte ihm da besser helfen als du?" Ich werfe ihm einen flehenden Blick zu. Er rollt nur mit den Augen. "Millieniumgsgegenstände, Puzzel... Wenn ein armer, verrwirrter Snob wie Pegasus an diese Dinge glaubt, dann ist es seine Sache. Yugi ist doch sonst nie um eine Herausforderung verlegen, folglich wird er das auch sehr gut alleine bewältigen können. Er hat beide auch schon früher geschlagen und überhaupt, warum sollte ich ihm helfen? Wenn ich in der Vergangenheit das eine oder andere Mal gezwungen war, mich auf ein gemeinsames Duell mit ihm einzulassen, dann nur um meine eigenen Interessen zu wahren. Und solch ein Fall ist augenblicklich nicht gegeben!" verkündet mein Eisprinz energisch. All das weiß ich nur zu gut. Kaiba hat kein Interesse an den Artefakten, daran geglaubt hat er ohnehin nie. Vom Pharao ganz zu schweigen. Ich weiß, dass ich das Thema auch nicht vertiefen darf, dennoch... wie die Dinge liegen ist es eben notwendig, dass er über seinen Schatten spring. "Yugi hat dir oft genug geholfen, Kaiba." Das muss ja mal gesagt werden. "Er hat dich damals vor Pegasus Burg verschont als du Mokuba retten wolltes und letztlich hat er euch beide gerettet... " Was ja nicht das einzige Mal war, oder? "Ich weiß, dass er sich nie trauen würde dich darum zu bitten, also tu ich es und ich wünsche mir wirklich, dass du das tust. Nicht nur für Yugi und mich... denk doch mal nach, wenn Mokuba was passieren würde und du bräuchtest Yugi´s Hilfe, dann würde er doch auch..." Ich sehe wie sein Gesicht die Farbe wechselt und seine schönen Augen zu zwei Schlitzen werden und halte automatisch inne. Einen Moment bekomme ich echt Schiss, weil ich denke er tickt aus. Also wirklich, so richtig. Ich weiche unwillkürlich ein Stück zurück. Doch bevor er etwas sagen kann, tritt Mokuba neben ihn und packt ihn am Arm. "Bitte, Seto." sagt der Kleine. "Das ist echt ernst wie es aussieht. Glaub mir, das ist kein Spaß. Du glaubst es vielleicht nicht und du willst es auch nicht glauben, aber Yugi braucht deine Hilfe, großer Bruder." Eine Weile starrt Kaiba ihn nur an. "Du glaubst diesen Unsinn also auch schon, Mokuba?" Der Kleine nickt heftig. "Seto... du kannst doch nicht leugnen was beim letzten Mal alles passiert ist. Dieser komische Marik hat nicht nur einfach an den Spielen teilgenommen um dein Tunier zu gewinnen. Du weißt doch selbst was passiert ist. Mir fällt es sicher auch schwer daran zu glauben, dass irgendeine uralte Magie dahinter steckt, aber anscheinend ist da so." Kaiba scheint ernsthaft nachzudenken. Ich sehe es ihm an. "Ich gebe zu, dass es während dem Tunier zu einigen ungewöhnlichen Vorfällen gekommen ist..." räumt er nach kurzem Zögern ein. "Was nicht heißt, dass ich an diese ägyptische Gute-Nacht-Geschichte glaube." Er sieht Mokuba eindringlich an und ich glaube, an diesem Sachverhalt wird sich so schnell auch nichts ändern. Schließlich seufzt er resignierend. "Also, Pegasus hat den Kleinen gemeinsam mit diesem Bakura herausgefordert?" rekapituliert er. Ich nicke. Mokuba ebenso. "Und der Einsatz sind diese Artefakte?" Wieder beidseitiges Nicken. "Wann soll dieses Battle stattfinden?" Ich atme erleichtert auf. "In drei Tagen." entgegne ich und er nickt. "Wenn es ein Viererduell sein soll... dann muss Pegasus doch klar sein, dass Yugi einen Partner braucht." stellt mein Liebster fest und wirft mir einen prüfenden Blick zu. Ähm, ja. Genau. Es muss vier Leute geben um ein Viererduell zu bestreiten. Ich grinse und kratze mir am Kopf. Wieder stöhnt er auf. "Du?" fragt er und mir entgeht nicht der gewisse Unglaube in seinem Ton. Ich nicke. "Also, ja... eigentlich ja. Ich sollte und ich würde ja auch... und Yugi will ja auch... aber naja, du weißt ja... obwohl eigentlich bin ich ja..." Er winkt schon ab. "Heißt das, dass du der Ansicht bist, dass es besser für Yugi wäre mich als Partner zu haben als seinen besten Freund?" Er schenkt mir ein liebevolles, aber auch spöttisches Grinsen. Ich nicke nur. "Ja, das heißt es." entgegne ich ehrlich. "Du bist ja auch... naja, du bist der Beste, oder?" "Klar ist Seto der Beste!!!" mischt Mokuba sich ein. "Das weiß ich auch." Kaiba grinst selbstgefällig. Dann seufzt er. "Ok..." "Du tust es?" will ich mich versichern. Er nickt. "Ja, ich tue es. Aber damit das klar ist, ich bestreite nur dieses eine Match mit ihm und es läuft nach meinen Regeln. Kein Gerede über Pharaonen und Priester und wenn Yugi mir ein einziges Mal damit kommen sollte, dass ich die Reinkarnation von Gott-weiß-wem bin, dann werde ich sofort verschwinden. Ohne Diskussion." Ich nicke. "Natürlich. Ich sag es Yugi." versichere ich ihm und hoffe, dass Kleine das verstehen wird und sich ein wenig zurückhält. Da fällt mir ein, ich muss Yugi ja auch erstmal die frohe Botschaft überbringen. Ich hätte ihm ja selbst gerne geholfen und ich bin ja auch, inoffiziell, die Nr. 2, aber naja... die Sache ist mir doch etwas zu heiß. Und Kaiba ist eben einfach der Bessere. Daran lässt sich nicht drehen und wenden. "Und wenn ich sage, dass es nach meinen Regeln läuft, dann meine ich damit, dass Yugi und ich vorher trainieren müssen. Ich werde eine Strategie ausarbeiten und dann werden wir unsere Decks abstimmen und..." Er kommt nicht mehr zum weiterreden. Ich werfe mich um seinen Hals und drücke ihn an mich. "Danke, Seto." rufe ich glücklich. Ich wusste doch, dass ich ihn überzeugen kann. Ich höre ihn irgendwas grummeln, aber ich spüre auch wie er sanft seinen Arm um mich legt. "Ich liebe dich." hauche ich ihm ins Ohr so damit Mokuba es nicht hört. "Köter." zischt er nur, aber ich weiß wie es gemeint ist. Jetzt muss ich nur noch Yugi von seinem Glück erzählen... Kapitel 31: Harmagedon ---------------------- "Ich habe per Computer unsere beiden Decks analysiert und nach Möglichkeiten sie miteinander abzustimmen gesucht. Auf dem Bildschirm siehst du gleich die Auswertung. Ich denke, wenn wir unsere Zauber- und unsere Fallenkarten dementsprechend umstellen, dann..." Ich höre nicht mehr zu. Ich kenne das Programm schon und da mein Liebster seit seiner Entscheidung gestern Abend die ganze Zeit daran herumwerkelt bin ich auch mit den Einzelheiten vertraut. Yugi dagegen starrt auf den Bildschirm als wären das alles Hierogylphen. Wobei... Moment, die versteht er ja. Also er sieht es an als wäre es irgendwas absonderliches und ich hoffe nur, dass er jetzt keine zu dämlichen Fragen stellt, denn dann rastet Kaiba vielleicht aus. Ist ja so schon schwer genug die Beiden zur Zusammenarbeit zu bewegen, naja... eine Seite zumindest. Erleichtert stelle ich fest, dass Yugi wohl gerade mit dem Pharao gewechselt hat oder wie die Zwei das nennen. Das beruhigt mich etwas, denn ich weiß, dass Kaiba diesen Yugi weitaus ernster nimmt, was der Sache nur dienlich sein kann. Hoffentlich hält Yami sich allerdings zurück was eine Nachhilfestunde in ägyptischer Geschichte betrifft. Da versteht Kaiba nämlich keinen Spaß. Alter Ego hin oder her, das interessiert ihn nicht die Bohne. "Das sind also die heiligen Hallen wo er seine Berechnungen durchführt." bemerkt Tristan beeindruckt. Ich nicke. "Ja, Kaiba macht das alles per Computer... ich dachte erst auch, dass das etwas... naja, übertrieben ist, aber als er mir bei meinem Deck geholfen hat, da..." Tristan starrt mich an. "Er hat dir bei deinem Deck geholfen? Echt?" Ich nicke. "Ja, vor dem Tunier..." Wieder werde ich unterbrochen. "Hätt ich nicht gedacht, das ist aber ganz schön nett, ich meine, ihr seid ja doch noch Rivalen bei Duell Monsters, oder? Also, auch wenn ihr jetzt so seid." Tristan drückt mein Verhältnis mit Kaiba neuerdings immer "so" aus. Seit Seto´s Morddrohnung ist er verdammt vorsichtig was diverse Äußerungen anbelangt. Was wohl auch gesünder ist. Bevor ich was sagen kann, ergreift nun auch Tea das Wort. "Also ich finde es sehr nett, dass er Yugi hilft. Ich weiß zwar, dass er es nur für dich tut, dass ist glaube ich das erste Mal, dass er etwas tut, das nicht für sich selbst ist. Echt lieb von ihm." Ich nicke. Sehe ich genauso. "Lieb und süß sind Worte, die er nicht so gern hört." erkläre ich trotzdem in verschwörerischem Ton. Tea nickt und grinst sogar. Komischerweise scheinen Yami und er tatsächlich kompatibel zu sein. Wahrscheinlich weil sie sich beide Mühe geben. Jedenfalls geht der Wortwechsel ruhig und gepflegt von statten. "Ich dachte eigentlich, dass nach der Sache mit Marik erstmal ne Weile Ruhe wäre, aber scheinbar ist dieses Weltrettendings ein Fulltimejob." Tristan nickt. "Ja, kaum ist der eine Bösewicht weg, kommt der Nächste. Zum Glück hat Yugi immer seine Duel Disk dabei." Er lacht und ich stimme ein. "Ihr seid albern." befindet Tea, muss aber auch ein wenig grinsen. "Und du meinst, wenn wir diese Spielzüge kombinieren und dann..." höre ich Yami rekaptitulieren und lächele zufrieden. Scheinbar funktioniert mein Plan astrein. War schließlich einzig und allein meine Idee, dass die Beiden sich zusammen tun. Hab ich mir nicht vor ein paar Tagen noch gewünscht, dass irgendein Fiesling auftaucht? Also scheinbar schweißen diese Typen unseren Haufen wirklich gut zusammen und mit Kaiba in unserem Team... "Echt toll, dass du ihn überredet hast, Joey." meint Tea und ich lächele verlegen. Toll, es wär fast eine Löwenbändigung, aber gut... es ist gelungen. "Also entweder liebt er dich echt sehr oder du weißt wie du ihn um den Finger wickelst." Tristan zwinkert achtet dabei aber verstohlen darauf, dass Kaiba es nicht sieht. "Ich schätze, es war von beidem etwas." erwidere ich vergnügt und zwinkere auch einmal zurück. Als könnte ich Kaiba um den Finger wickeln. Tzzz. Ich denke nicht, dass mir das je wirklich gelingen würde. Will ich auch gar nicht. Ein wirklich zahmer Kaiba wäre sicher langweilig. Da ist mir mein Miesepeter doch lieber. Vor allem, wenn er mir so entgegenkommt. "Seth hätte das genauso gemacht." vernehme ich Yami´s Stimme und denke nur SHIT. Kaiba reagiert aber nicht. Entweder hat er gar nicht gehört oder er ignoriert die Aussage einfach. Auch meine Freunde sind etwas zusammen gezuckt. Sie sind auch mit den Auflagen vertraut. "Also, ist schon komisch, dass Kaiba sich nicht an sein früheres Leben erinnert so wie, oder? Er hatte doch auch mal Visionen, nicht wahr?" Ich deute Tristan an die Klappe zu halten. Seit ich ihn niedergeschlagen habe, funktioniert das recht gut. Stimmt, es ist schon komisch, dass Kaiba den Punkt totat verleugnet oder es tatsächlich nicht weiß. So gesehen ist er ja, laut Yami und Ishizu die Wiedergeburt des Hohepriesters. Aber Kaiba ist eben ein Kopfmensch. Er glaubt nur an Fakten und Zahlen und was auch immer dazu gehört. Dennoch... es muss komisch für Yami sein Kaiba gegenüber zu stehen, mit ihm zu reden und das Gesicht eines Menschen zu sehen, der vor 5000 Jahren wahrscheinlich sein bester Freund war. Wobei ich mir über das Verhältnis zwischen Seth und Yami nicht so ganz sicher bin. Rivalen, Cousins, Freunde... keine Ahnung. Einmal hatte ich sogar das Gefühl, dass da noch mehr dahinter steckte. Falls ich Ishizu je wiedersehe, werde ich sie mal ein wenig aushorchen. "Wird das eigentlich wieder so ein Schattenspiel oder darf diesesmal jeder seine Seele behalten?" fragt Tristan. Ich zucke mit den Schultern. Bei Bakura weiß man nie und Pegasus ist auch nicht ohne. Als Duellant macht er mir jetzt zwar weniger Angst, aber die Kombi ist schon verdächtig. Zudem haben die Beiden zwei der Artefakt, was man natürlich nicht unterschätzen darf. Zum Glück ist wenigstens Marik wieder friedlich daheim und richtet keinen Schaden mehr an. Der war aber auch bislang der gruseligste Schurke. Allein dieses irre Lachen... Mir schauderts jetzt noch wenn ich daran denke. "Na, hoffentlich ist dieses Mal dies ganze Sache schnell vom Tisch. Ich meine, Kaiba und Yugi zusammen, da kann ja nichts schief gehen, oder?" Hm, da hatte Tristan eigentlich recht. Die beiden besten Duellanten überhaupt würden sich sicher nicht so leicht schlagen lassen. Eigentlich hatte ich auch ein verdammt gutes Gefühl bei der Sache. Nicht nur, weil es meine genialistische, ähm, geniale Idee gewesen war und noch ne positive Nebenwirkunge haben konnte. Das Nächste, was passiert, trifft mich wie ein Schlag. Ich höre wie Tea erschrocken aufschreit und folge automatisch ihrem Blick. Was ich sehe oder vielmehr was ich höre, verschlägt mir den Atem. Kaiba kniet vor Yami nieder und senkt sein Haupt. Die Stimme mit der er redet, ist ganz sicher nicht die wohl vertraute Stimme, die ich kenne. Er klingt warm und feierlich und er redet in einer Sprache, die ich nicht verstehe. Fassungslos starre ich die Beiden an und im nächsten Moment wird mir klar, dass das hier nicht mehr mein Seto ist. Der junge Mann, der vor Yami kniet, ist kein geringerer als Seth, sein Hohepriester. Kapitel 32: Actio ----------------- Ich brauche nicht Yami´s Bestätigung abzuwarten. Dieser Typ, der vor ihm kniet, das ist nicht Seto Kaiba. Kaiba und knien wäre ja schon... aber der Kerl redet diese komische Sprache und seine Augen... eindeutig nicht Kaiba. "Was ist passiert?" ruft Tea entsetzt. Yami wirft uns einen unsicheren Blick zu. Er scheint selbst überrascht. Unschlüssig blickt er zwischen uns und der komischen Kaiba-Kopie hin und her. Es ist Kaiba´s Körper... zumindest wie ich ihn kenne, aber der Rest ist. "Das ist Seth..." Der Pharao klingt unsicher. Dann sagt er irgendetwas zu dem Typen, was ich nicht verstehe und der junge Mann, der nicht mein Kaiba ist, richtet sich auf. "Wie kann das sein?" will ich wissen. "Was ist mit meinem Bruder?" ruft nun auch Mokuba und starrt die fremde und doch so vertraute Gestalt mit Tränen in den Augen an. "Was hast du mit ihm gemacht?" will er wissen. Yami zuckt entschuldigend mit den Schultern. "Ich weiß es nicht... ich habe wirklich keine Ahnung. Eben war es noch Kaiba und jetzt..." Er schüttelt ungläubig den Kopf. "Was ist mit Seto?" frage ich und Angst beschleicht mich. Dieser Seth in Kaiba´s Körper starrt zu mir rüber und einen Moment habe ich das Gefühl, er wolle auf mich los gehen. Harsche Worte von seiten des Pharaos lassen ihn jedoch in seiner Bewegung innehalten. Ruhig und bestimmt spricht Yami mit dem jungen Mann und seine Miene ändert sich augenblicklich. Nicht länger starrt er zu mir und meinen Freunden rüber als würde er uns gleich zerfleischen. Seine schönen Züge, Kaiba´s Züge, entspannen sich wieder. "Ich habe keinerlei Ahnung was gerade passiert ist, wieso Seth erwacht ist... um ehrlich zu sein, ich wusste gar nicht, dass es möglich wäre." erklärt Yami und ich merke ihm an, dass er sich zu sammeln versucht. "Dass Kaiba Seth´s Wiedergeburt ist, wissen wir ja schon von Ishizu, aber bislang hielt ich es für unmöglich, dass er als Seth, als reiner Seth wieder erwachen könnte. Zumal Kaiba sich bis dato auch stets dagegen gewehrt hat." "Mir ist egal wer der Typ da ist... was macht er im Körper von meinem Bruder???" Mokuba schreit, aber ich sehe seine Tränen. Er hat Angst, ich ebenso. Unwillkürlich lege ich ihm die Hand auf die Schulter. "Joey..." er blickt mich flehend an. "Wir müssen doch was tun!" Ich nicke und mein Blick wandert wieder zum Pharao. "Wie können wir das rückgängig machen?" fragt nun auch Tea, die den ernst der Lage begreift. Yami zögert und ich weiß, dass er die Antwort nicht kennt. Wie sollte er auch, er ist genauso überrascht wie wir. Während dessen blickt Kaiba-Seth fragend zwischen uns hin und her. Er wirkt tatsächlich anders als Seto, auch wenn das hier immernoch Seto´s Körper ist. Die Augen, der Blick ist anders. Die Züge sind bei weitem nicht so hart und kalt. "Oh Mann... was machen wir denn jetzt?" stöhnt Tristan. "Übermorgen ist das Duell gegen die zwei Psychos und dann schreiben wir auch noch eine Physikklausur." Ich starre ihn an. "Ich glaube, das ist unser geringstes Problem!" fahre ich ihn wütend an. Yami nickt. Und in der Tat, das Duell dürfte gar kein Problem darstellen, Seth ist ja mit der Materie vertraut und nach einem Crashkurs für die Anwendung in der Neuzeit... Fuck, was denke ich da? Das Duell ist gerade vollkommen unwichtig. Kaiba kann doch nicht einfach... also mal abgesehen davon... ich meine, er hat doch eine Firma zu leiten und überhaupt, ich brauche ihn. Das geht so nicht. Das muss rückgängig gemacht werden, allein schon wegen Mokuba und mir und Kaiba selbst. Gott, zum Glück bekommt er das hier nicht mit. Schon wieder geht es los mit diesen Verwicklungen und er hat doch ausdrücklich gesagt... Ich lache hysterisch auf als mir bewusst wird wie verrückt meine Gedanken sind. Yami überlegt immer noch und Mokuba sieht ihn flehend an. Dann legt er dem Kleinen die Hand auf die Schulter. "Ich hole deinen Bruder zurück, du hast mein Wort." sagt er ruhig und sieht dann rüber zu uns anderen. "Ich glaube, es gibt nur einen Menschen, der uns erklären kann, was passiert ist und wie wir es rückgängig machen können." meint er und ich nicke. Ja, daran habe ich auch gerade gedacht. "Wir müssen nach Ägypten und mit Ishizu reden." spricht er es schließlich aus. Mokuba scheint sich zu entspannen. Keine Ahnung warum, vielleicht weil er jetzt etwas tun kann oder zumindest sieht, dass etwas passiert. "Ich sage Roland Bescheid, der soll den Drachen fertig machen, dann können wir gleich starten." meint der Kleine entschlossen und macht sich ans Werk. Tea blickt Yami unsicher an. "Und du glaubst, dass sie es weiß, Pharao?" Yami hält ihrem Blick stand. "Ich hoffe es." gibt er zu. Sie seufzt. "Was ist denn... nun... also wo ist denn jetzt Kaiba´s Geist, wenn..." Sie spricht nicht weiter, wir verstehen auch so. Ja, das würde mich auch interessieren. "Ich glaube, dass er sich im Moment in einer Art Trance befindet." erwidert der Pharao, was auch immer das heißen mag. Ich hoffe nur, dass Ishizu wirklich weiß was zu tun ist. Vielleicht habe ich mir noch vor ein paar Wochen gewünscht, dass Kaiba verschwinden würde, aber jetzt... Seth mag vielleicht der Nettere sein, aber ich will meinen Kaiba zurück. Fuck, warum passieren auch immer wieder diese Sachen? "Es ist aber auch immer was..." stöhnt Tristan. Mokuba kommt wieder zu uns. "Wir starten in fünf Minuten." Kapitel 33: Reactio ------------------- Ich bin unruhig und ich kann es kaum erwarten endlich ans Ziel zu kommen. Wir alle sind angespannt, sogar Kaiba-Seth. Ich schätze, der Pharao hat ihm so gut wie möglich erklärt was Sache ist. Zumindest haben die Zwei sich lange unterhalten. Ich habe natürlich kein Wort verstanden. Der Knabe macht auch nen recht verwirrten Eindruck. Kein Wunder. Gestern war er noch... keine Ahnung was und heute sitzt er im Flieger der Kaiba Corp. . Muss komisch sein. "Also ist es tatsächlich wahr, dass Seto die Wiedergeburt von..." Mokuba sieht seinen vermeintlichen Bruder ungläubig an. Yami nickt. "Ja, zumindest ist ein Teil von Seth in Kaiba wiedergeboren worden, aber seine Erinnerungen waren wohl die ganze Zeit versiegelt. Während des letzten Tuniers kamen Bruchstücke zum Vorschein, aber ich denke, Kaiba´s eigener Geist ist einfach zu stark als das Seth schon früher hätte erwachen können. Zudem hat Kaiba sich stets dagegen gewehrt sein Erbe anzunehmen." "Hm." Mokuba scheint nachzudenken. "Stimmt, Seto wollte nie was von dem Ganzen hören. Auch nicht als er plötzlich diese alte Sprache lesen konnte und er hat immer gesagt, dass das alles nur Tricks sind." Ich seufze. Toller Trick. Was er wohl jetzt dazu sagen würde? Hätte ich ihn nicht gedrängt Yugi zu helfen... Verflucht, wie hätte ich das auch ahnen können? "Wann sind wir endlich da?" fragt Tristan ungeduldig. Mokuba´s Blick wandert zu dem Monitor vor sich. "In etwa fünfzehn Minuten haben wir die vorgesehenen Koordinaten erreicht." erwidert er. Ich spüre wie meine Ungeduld wächst. Hoffentlich weiß die Ägypterin was zu tun ist. Wer sonst sollte es auch wissen? Ich darf gar nicht daran denken was passiert, wenn... Wär hätte gedacht, dass mir Kaiba mal so fehlen würde? Echt, ein toller Zeitpunkt für diesen Seth um zu erwachen. Verflucht, ich fühle mich so hilflos. Wenn ich doch nur nicht... "Mach dir keine Sorgen, Joey." Yami sieht mich eindringlich an. "Wir werden Kaiba wieder zurück bringen. Ich finde einen Weg. Vertrau mir." Ich nicke automatisch. Ich zweifle ja auch nicht an ihm. Vertrauen tue ich ihm sowieso. Trotzdem... Mokuba geht es sicher genauso. Nach der Landung werden wir bereits erwartet. Irgendwie überrascht mich das nicht wirklich. Ishizu und Marik stehen so gelassen da als würde tagtäglich ein Flieger vor ihnen landen und das mitten in der Wüste. Na, wenigstens erübrigt es sich so lange zu suchen. "Sei gegrüßt, mein Pharao." Die Geschwister verneigen sich. "Meine Millieniumskette hat mir gezeigt, dass ihr kommen werdet." Praktisch, so ein Teil. Nun, dann wird sich wohl auch wissen, was zu tun ist. Wenn sie das Problem ja schon kennt... Sie blickt von Yami zu Kaiba-Seth. "Der Hohepriester ist also endlich erwacht." Endlich? Sie klingt sogar erfreut. Nun ja, mit Kaiba kam sie ja auch nicht wirklich klar. Besonders nach der Abreibung, die er ihr verpasst hat. Trotzdem... meine Freude hält sich da schwer in Grenzen. Nichts dagegen, dass dieser Seth wieder unter den Lebenden weilt, scheint ja laut Yami auch ein netter Kerl zu sein, aber ich will gefälligst meinen Miesepeter zurück. Jetzt, wo ich mich so an ihn gewöhnt habe. "Ja, und deshalb sind wir hier." Augenblicklich bin ich nicht in Stimmung für Smalltalk. "Wir sind hier, weil wir das rückgängig machen wollen." platzt es aus mir raus. Ishizu bedenkt mich mit einem ihrer unergründlichen Blicke. Sie sagt aber nichts und wendet sich wieder Yami zu. "Wir sind hier um zu erfahren, wie das passieren konnte." erklärt er ruhig. "Und weil wir Kaiba zurück holen wollen." Sie nickt. Das hat sie ja auch sicher schon gewusst. Also... können wir jetzt bitte irgendeinen Zauber durchziehen oder was man in so nem Fall sonst so macht und dann wieder nach Hause fahren? Ich müsste ja eigentlich noch für die Klausur lernen und überhaupt, heute Abend wollten wir eigentlich... "Ich bin nicht sicher ob ich euch sagen kann, warum Seth´s Geist in Kaiba nun erwacht ist..." höre ich die junge Frau sagen. Toll, so habe ich mir das jetzt nicht gedacht. "Bislang hat Kaiba sich stets gewehrt Seth´s Geist durch zu lassen." Yami nickt und mich nervt diese Gelassenheit, die die beiden angesichts der Lage an den Tag legen. "Es muss sich eine Veränderung an ihm vollzogen haben." fährt Ishizu fort. Hm. Veränderung... im wahrsten Sinne des Wortes. "Können sie meinem Bruder denn helfen?" fragt Mokuba hoffnungsvoll. "Zuerst müssen wir ergründen, warum sich dieser Wandel vollzogen hat." erwidert sie ruhig und meine Gedanken überschlagen sich. Was zum Geier könnte dazu geführt haben? Gestern hat Kaiba noch eine Ansprache zu dem Thema gehalten und jetzt... Also, was ist passiert. "Erzählt mir genau, was geschehen ist, Pharao." fordert Ishizu Yami auf und er berichtet in knappen Sätzen wie es sich zugetragen hat. Angefangen mit der Herausforderung von Pegasus, dem Training mit Kaiba und an diesem Punkt unterbricht die Ägypterin den Pharao. "Kaiba wollte also an eurer Seite kämpfen, mein Pharao?" Müsste sie das nicht wissen. Yami nickt und wirft mir einen kurzen Blick zu. Ich schätze, das ist jetzt mein Stichwort. "Also," fange ich an. "Ich hab ihn darum gebeten... er wollte erst nicht, aber dann war er doch einverstanden und naja, ich schätze er hat es für mich machen wollen und natürlich für Mokuba und..." Ihr komischer Blick bringt mich zum verstummen. "Du hast etwas in ihm ausgelöst, dass bislang nicht gegeben war." Naja, hab ich das? Hab ich wohl. Ich nicke einfach mal. Stimmt ja auch irgendwie... also wahrscheinlich hab ich schon was ausgelöst. Mir ist es wohl gelungen, den Menschen Kaiba zu erreichen. "Und deshalb ist Seth erwacht." Huch, die Tante hat gerade meine Gedanken gelesen. Ich spüre wie ich rot werde. "Kaiba´s Herz war nicht länger verschlossen. Deshalb hat die Zusammenarbeit mit dem Pharao Seth in ihm erwachen lassen." Aha. So einfach ist das. Also, weil Kaiba sich in mich verliebt hat, ist dieser Seth jetzt am Start. Na, toll. So habe ich mir das nicht unbedingt vorgestellt. Ich habe mir zwar gewünscht, dass Kaiba etwas zugänglicher wird was meine Freunde anbelangt, aber ich hab ganz sicher nicht an eine Generalüberholung oder nen Seelentausch gedacht. Ich wollt doch eigentlich nur, dass er ein bischen weniger... "Und was tun wir jetzt?" Danke Mokuba, wenigstens einer, der zurück zum Wesentlichen kommt. "Seth und Kaiba sind Teile eines Ganzen. Aber sie stehen sich gegenüber wie Antagonisten. Während Seth dem Pharao bedingungslos folgt, ist Kaiba sein eigener Herr und Meister. Und da Kaiba einen sehr starken Geist hat und stets darauf bedacht war sich zu verschließen, war eine Vereinigung mit Seth nicht möglich. Yugi und der Pharao teilen sich einen Körper. Zwei Seelen. Doch Yugi ist auch keine direkte Wiedergeburt des Pharaos. Er trägt nur den Geist in sich. Die Beiden sind eins ohne zu verschmelzen. Doch bei Kaiba und Seth..." Sie hält kurz inne und sieht den Pharao an. "Ihre Seelen hätten eigentlich verschmelzen sollen, um eins zu sein." Hm. Ich verstehe eigentlich nur Bahnhof. Das ist mir alles ein bischen zu hoch. Eindeutig zu viele Seelen sind hier im Spiel. "Entweder müssen die Seelen eins werden und Kaiba Seth als Teil seiner Selbst akzeptieren oder sie werden stets um die Vorherrschaft ringen." Damit beendet Ishizu ihren Vortrag, der uns meiner bescheidenen Meinung nach überhaupt nicht weiterbringt. Hilflos blicke ich rüber zu Yami. Soll das jetzt also so bleiben? Switchen Kaiba und Seth jetzt auch munter hin und her oder was? "Nein, die Beiden können bewusst nicht wechseln so wie der Pharao und Yugi. Denn sie sind im Grunde nur ein Geist." Sie hat es wieder getan, meine Gedanken gelesen. So was gehört sich doch eigentlich nicht. "Also müssen wir die Seelen vereinen." Yami seufzt. "Ja, mein Pharao." "Und wie stellen wir das an?" will Mokuba wissen und ich frage mich ob er das alles überhaupt versteht. Der Kleine blickt zwischen Yami und Ishizu hin und her. "Jemand muss in seinen Geist eintreten und versuchen die Seelen in Einklang zu bringen." sagt Ishizu als wäre diese Lösung das Normalste auf der Welt. Aber hey, wir waren schon in der virtuellen Welt, im Schattenreich, warum nicht auch noch ne Seelenrundfahrt. Oh Mann, Kaiba wird das gar nicht gefallen. Ich weiß jetzt schon, dass er sauer wird und wie und ich bin Schuld. Hoffentlich kann ich das wieder gut machen. "Wie sollen wir denn in Seto´s Geist reinkommen?" Mokuba ist schon beim praktischen Teil, ganz der Bruder. Kaiba würde jetzt auch nicht lange rumfackeln, einmal abgesehen davon, dass er das Ganze hier nie und nimmer glauben würde. "Der Pharao kann mit Hilfe seines Puzzels in den Geist eintreten." meldet sich nun endlich mal Marik zu Wort und ich grinse ihn an. Endlich jemand, der hier mal pragmatische Antworten gibt. Jetzt wo der Typ nicht mehr auf dem Schattentrip ist, scheint er echt mal zu was zu gebrauchen zu sein. "Du meinst, ich kann in Kaiba´s Geist eintreten?" fragt Yami. Der Junge nickt. "Ja, mein Pharao." bestätigt er. "Ihr könnt seinen Geist besuchen und versuchen die Seelen zu vereinen." stimmt Ishizu ein. "Allerdings müsst ihr euch im Klaren darüber sein, dass dies nicht einfach wird. Nicht, wenn Kaiba sich weiterhin dagegen wehrt und..." Sie hält kurz inne. "Wenn es euch gelingen sollte, dann sind Seth und Kaiba eins, dass heißt, dass..." Sie spricht nicht weiter, blickt Yami nur eindringlich an. Ich denke, ich verstehe was sie sagen will. So eine Verschmelzung wird einiges verändern. Kaiba wird nicht mehr nur Kaiba sein... also nicht der Kaiba wie wir ihn kennen. Was auch immer das heißen mag. "Na, so schlimm kann das doch nicht sein, oder?" meint Tristan. Ich weiß es nicht. Unschlüssig sehe ich Mokuba an. "Heißt das, dass sich mein Bruder verändern wird... ist er dann nicht mehr wirklich mein Bruder...?" Die Stimme des Kleinen zittert. Tränen stehen wieder in seinen Augen. "Das heißt, dass dein Bruder noch andere Züge in sich tragen wird. Wie er damit umgeht, das kann ich euch nicht sagen." Ich seufze. Haben wir denn eine Wahl? Im Grunde nicht. Entweder wir behalten diesen Seth, was für mich keine Option ist oder wir sehen was dabei herauskommt, wenn Yami versucht die Seelen zu vereinen. Schlimmer als jetzt kann es nicht werden, oder? Ich sehe Yami fragend an. "Ich werde es versuchen." meint dieser entschlossen und Ishizu nickt. "Ist es mir möglich jemanden auf diese Reise mitzunehmen?" will der Pharao wissen. Ishizu lächelt und ich schlucke. Oh Mann, ich hoffe echt, dass Kaiba mir das nachsehen wird. Aber vor allem hoffe ich, dass ich meinen Eisprinzen bald wieder habe. Ich habe ihn doch gerade erst gefunden. Ich kann ihn doch jetzt nicht wieder verlieren. "Joey." die ruhige Stimme Yami´s reißt mich aus meinen Gedanken. "Bist du bereit?" Ich nicke, auch wenn ich nicht wirklich bereit bin eine Reise in Kaiba´s Geist anzutreten, aber ich werde alles in meiner Macht stehende tun, damit ich meinen Seto zurück bekomme. Koste es was es wolle. Auch wenn ich mich mit einer Horde wildgewordener Was-auch-immer anlegen müsste. "Meinst du nicht, dass es besser wäre, wenn Mokuba mit dir gehen würde?" wirft Tea ein und ich muss gestehen, das ist ein guter Punkt. Mokuba und Seto stehen sich näher als niemand sonst. Wenn Kaiba auf jemanden hört, dann wahrscheinlich doch eher auf seinen Bruder. Aber Yami schüttelt den Kopf. "Mokuba ist ein Teil von Seto an dem er bedingungslos festhält. Joey dagegen repräsentiert beide Seiten in gewisser Weise." widerspricht Yami ernst und ich glaube zu verstehen was er meint. Also hab ich wohl keine Wahl. Kapitel 34: Zwielicht --------------------- "Und wie läuft das jetzt ab, also, wie machen wir das?" will ich unruhig wissen. "Der Pharao wird sich und dich in Trance versetzen und dann in Kaiba´s Geist eintreten." erklärt Ishizu gelassen. Wahrscheinlich macht die so was öfter. Mir ist ganz flau im Magen. Also, mein Geist wird in Kaiba´s Geist gehen. Oh Mann... "Ich kann euch nicht sagen wie es in seinem Geist aussieht oder was euch erwartet, aber ihr müsst darauf achten, dass ihr selbst keinen Schaden nehmt und ich in der Zwischenwelt verliert. Es kann gut sein, dass sich Kaiba´s Geist gegen Eindringlinge zur Wehr setzen wird." Ähm... ja. Also, das kann ich mir sogar sehr gut vorstellen. Kaiba ist ja normalerweise schon nicht gerade begeistert davon, wenn man hinter seine Masken zu sehen versucht, er wird ganz und gar nicht scharf darauf sein, wenn ich und schlimmer noch Yami in seinem Geist rumspazieren. Ärger ist da eigentlich schon vorprogrammiert. Oh, ich weiß jetzt schon, dass er sauer sein wird. Verdammt. Hoffentlich kann ich ihn besänftigen. Ob der Hundblick dafür reicht? "Konzentrier dich, Joey." Ach ja, konzentrieren. Ich rutsche ein wenig unruhig hin und her, der Pharao sitzt mir gegenüber. "Schließ deine Augen und entspann dich." sagt er. Ich versuch´s. Aber momentan bin ich alles andere als entspannt. Ich könnte gar nicht weiter entfernt sein von Entspannung. Nicht, dass ich nicht bereit wäre, also, ich bin sozusagen hochmotiviert und fest entschlossen. Immerhin bin ich ja der große Retter, einer von zweien. Aber wohl ist mir bei der Sache nicht so ganz.. Und überhaupt... Verfluchter Mist, warum schliddern wir eigentlich immer in solche Situationen? Gerade wenn man kein Psycho am Start ist... "Joey, beruhige dich bitte. Schließ deine Augen und konzentrier dich auf mich." Ich tue was er sagt, naja, ich versuche es. Keine Ahnung was dann passiert. Yami murmelt irgendetwas und dann fühle ich mich plötzlich komisch. Ich glaube mir wird schwindelig und warm. Die Welt beginnt sich zu drehen oder bin ich das? Ob ich jetzt die Augen aufmachen darf? Ich verspüre den Wunsch, aber ich traue mich nicht. Dann ist plötzlich alles weg. Nach einer Ewigkeit, zumindest glaube ich, dass Zeit vergangen ist, höre ich Yami´s Stimme. "Du kannst die Augen öffnen, aber... Joey, denk daran, dass du jetzt als Geist wanderst, nicht dass du mir einen Anfall bekommst." höre ich ihn sagen und schmolle. Also ob ich ständig Anfälle hätte. Entrüstet öffne ich die Augen und blinzele. Also, ich weiß ja nicht was ich erwartet hatte, aber ganz sicher nicht das hier. Irritiert sehe ich mich um. Es ist... als wäre ich in einem riesigen Computer. So stelle ich mir zumindest das Innere eines solchen vor. Schaltflächen, Lichter, noch mehr Schalter, Stecker... keine Ahnung was das sein soll. Dann blicke ich zu Yami, der schemelhaft neben mir schwebt und Huch! ich schwebe auch. Voll krass. Ich bin richtig durchsichtig. Wow, das ist ja mal verrückt. "Wir sind jetzt in Kaiba´s Geist." Klar, dacht ich mir schon. Wo auch sonst? Wieder sehe ich mich um. Das also ist der Geist meines Liebsten. Abgefahren, das muss ich schon sagen. Krass, aber ok... Alles scheinbar wohl strukturiert. Typisch Kaiba. "Hm." mache ich unschlüssig. "Was nun?" Yami sieht sich ebenfalls um. "Ich schätze, wir werden nach den Seelen suchen müssen." meint er recht lässig. "Ziemlich kühl hier, was?" bemerke ich überflüssiger Weise. Er nickt. Er scheint sich zu konzentrieren und seine Augen tasten die Umgebung ab oder ist es eher sein Puzzel? Ich bin nicht sicher. "Ich schlage vor, wir gehen da lang." Er zeigt in eine bestimmte Richtung, die sich für mich jetzt nicht groß von den anderen unterscheidet, und setzt sich in Bewegung. Ich folge ihm. D. h. ich schwebe ihm nach. Komisches Gefühl. Wie als würde ich in der Luft strampeln oder so. es dauert einen Moment bis ich mich daran gewöhne und nicht wie ein Fisch auf dem Trockenen rumpadele. "Hast du schon eine Idee wie wir das anstellen sollen, also die Seelen zu vereinen?" Ich habe nämlich keine. Er zögert. "Ich weiß es nicht, Joey." gibt er dann zu, was mich nicht gerade beruhigt. "Wir müssen wahrscheinlich erst einmal sehen wie die Seelen auf uns reagieren." Das leuchtet ein. Ich kann mir vorstellen wie Kaiba reagiert. "Hoffentlich ist er nicht so sauer..." überlege ich laut. Yami sieht mich fragend an. "Na, Kaiba... ich meine wegen dem allen hier." Er sieht mich verwirrt an. Dann lacht er los. "Ich schätze mal, Kaiba hat andere Sorgen als auf dich sauer zu sein." "..." "Ernsthaft..." "Aber du kennst doch..." "Unsinn. Das ist jetzt auch nicht unser Problem, Joey." unterbricht er mich recht barsch und ich verziehe das Gesicht. "Wie du meinst." Ich folge ihm weiter wortlos durch dieses komische Gewirr, das tatsächlich immer mehr von einem PC-Inneren hat. Nur hier und da, sehe ich merkwürdige Ornamente und komische Treppen ähnliche Bauten. Alles in allem recht konfus. Wie wohl mein Geist aussieht? "Ich glaube, wir näheren uns dem Mittelpunkt." stellt Yami fest. Ich sehe ihn fragend an und er deutet auf diese merkwürdigen Bauten. "Meiner Ansicht nach beginnt sich hier Seth´s Geist mit Kaiba´s zu treffen. Diese grau-blaue Landschaft müsste zu Kaiba gehören, aber diese braunen Ornamente deuten auf Seth hin. "Was denkst du was passiert, wenn wir das hier schaffen?" will ich wissen. "Ich meine, wie wird Kaiba dann sein? So wie Seth?" "Ich bin nicht sicher... ich schätze, dass er gewisse Züge von Seth haben wird, schwer zu sagen, Joey." "Wird er sich dann an uns erinnern oder an das was war, seine Vergangenheit?" "Natürlich, wir ändern ja nichts was seine Vergangenheit betrifft." erwidert Yami ruhig und blickt mich ernst an. "Mach dir keine Sorgen, zwischen Kaiba und dir wird sich nichts ändern, das kann ich mir nicht vorstellen." Ich nicke nur und will hoffen, dass er Recht behält. Wir wandern weiter in dieser obskuren Landschaft um her und langsam wird die Umgebung wärmer, wahrscheinlich weil wir uns jetzt dem Punkt nähern, der Seth´s Geist enthält. Und dann seh ich plötzlich etwas, dass mich total aus der Fassung bringt. Als ob ich nicht schon durcheinander genug wäre. Auch Yami stutzt. Ein paar Meter vor uns ragt ein merkwüriges Gebilde in die Höhe, was jetzt nicht unbedingt seltsam wäre, denn hier sind eigentlich nur merkwürdige Gebilde - Kaiba hat echt eine abstruse Geisteswelt und zusammen mit diesem Seth... egal - also da ist dieses Gebilde und auf seiner Spitze ist ein komischer Ring, der sich in seltsamen Kreisen dreht. Ich bin nicht so sicher aus was dieser Ring ist, irgendwie verändert er nicht nur seine Flugbahn ständig, sondern auch seine Farbe. Doch damit nicht genug. Dieses absonderliche Ding kreist um meinen Seto, der reglos in der Mitte schwebt. Wenn das nicht mal abgefuckt ist. Ich bin zu entgeistert um zu schreiben. Ich stehe einfach nur da und starre zu Kaiba hinauf. Er sieht so... ich weiß auch nicht wie aus. Er wirkt friedlich, als würde er schlafen, aber irgendwie gefällt mir das gar nicht. Und mir gefällt auch nicht dieser Ring, der sich unablässig um ihn herum dreht. "Yami, was ist das? Was ist mit ihm?" will ich wissen und trete unwillkürlich näher. "Seto!" rufe ich zu ihm hoch. Keine Reaktion. Yami packt mich am Arm und hält mich fest. "Das ist seine Seele, Joey. Kaiba´s Seele." Ich starre ihn fassungslos an. Das ist also Kaiba´s Seele. Wow. Ich betrachte ihn noch einmal. Er sieht... er wirkt so kalt und doch... Schwer zu beschreiben. Was ich sehe, sieht einerseits genauso aus wie Kaiba sonst, also wirklich genauso, aber da ist etwas an ihm... Ich bin nicht sicher. Und es gefällt mir auch nicht, dass er auf mein Rufen nicht reagiert. Er scheint... eingefroren oder schläft er? "Was ist mit ihm?" frage ich noch einmal und meine Stimme bebt. Yami überlegt. "Ich glaube, dass Seth als er die Kontrolle übernommen hat, Kaiba´s Seele festgesetzt hat." Ähm... ok. Das erklärt nichts und ich mache mir immer noch Sorgen, aber ich schätze es bringt nichts weiter nach zu haken. "Wir müssen ihn daraus holen." meine ich entschlossen und überlege mir wie ich dieses Gebilde hoch kommen soll. "So einfach ist das nicht." höre ich Yami sagen. Super, war doch klar, oder? Warum einfach, wenn es... Ich sehe ihn fragend an. "Ich glaube nur Seth kann ihn da raus lassen." erklärt Yami, was die Lage natürlich ungemein verbessert. "Kannst du nicht? Ich meine..." Er schüttelt den Kopf. "Seth muss das tun." Keinen Schimmer woher er das weiß, aber gut. "Dann suchen wir diesen Seth und bringen ihn dazu, dass er..." Ich stutze als ich Yami´s ernste Miene sehe. "Was ist?" will ich wissen. Er antwortet nicht. Eine Weile herrscht Schweigen und ich werde unruhig. Unwillkürlich blicke ich wieder zu Kaiba empor. Fuck, das ist echt nicht gut. Ich will ihn nicht so sehen, so... lahm gelegt und ausgeschaltet. Das gefällt mir ganz und gar nicht. Dieser verfluchte Seth. Wenn ich den in die Finger bekomme... "Lass uns Seth finden." meint Yami schließlich und ich bin froh, dass wir endlich etwas unternehmen. Rumstehen ist nicht so mein Ding. "Er wird ihn doch da raus lassen, oder?" frage ich einen Moment später. "Ich hoffe es." kommt es von ihm zurück und das ist keineswegs die Antwort, die mich beruhigt. Nein, die Antwort gefällt mir ganz und gar nicht. "Ich werd ihn schon überzeugen, dass er ihn los lässt und wenn dieser Typ nicht pariert, dann gibt´s eins..." Ich halte inne als Yami mich scharf anblickt. "So einfach ist das nicht." sagt er wieder und auch das gefällt mir nicht wirklich. ________________________________________________________ Edit: Sorry, eigentlich wollte ich die Geschicht ja schon jetzt abgeschlossen haben, aber naja, geht wohl doch noch nicht so schnell. Ich hoffe, ihr habt noch etwas Geduld mit mir. Kapitel 35: Morgendämmerung --------------------------- Yami muss es nicht aussprechen damit ich es verstehe. Er geht vermutlich davon aus, dass Seth keine große Lust hat wieder im Nichts zu versinken, was ich irgendwo auch verstehen kann. Da wird er nach 5000 Jahren wiedergeboren und trifft auf Kaiba, also Kaiba´s Geist oder Seele oder wie auch immer, die keinen Bock darauf hat sich zu arrangieren. Typisch Kaiba eben. Tja, und jetzt wo es ihm endlich gelungen ist Kaiba zurück zu drängen, da wird er doch sicher nicht einfach so wieder den Rückzug antreten. Verflixt, solche Dinge sind aber immer gleich so kompliziert. Dass Kaiba keine große Lust auf so eine Vereinigung hat, nun, das weiß ich ja längst, mal abgesehen davon, dass er nicht daran glaubt... Wobei - jetzt muss er eigentlich daran glauben, oder? Also, wirklich ignorieren kann er das alles jetzt nicht mehr. Das heißt aber nicht, dass er scharf darauf ist jetzt mit Seth eine harmonische Ein-Seelen-Kombo hat. Was ich allerdingst auch verstehen kann. Kaiba verträgt sich ja meist noch nicht mal mit seinem Umfeld... Ich hätte jetzt auch nicht unbedingt Bock darauf, dass sich jemand da bei mir einnistet. Mein armer Kaiba. "Sag mal, Yami, dieser Seth, der ist doch eigentlich dein Diener oder so." frage ich plötzlich. Yami nickt. "Er ist mein Hohepriester." "Und dein Freund? Er war dein Freund." frage ich weiter. Er nickt. "Dann muss er dir doch gehorchen, oder? Ich meine, wenn du verlangst, dass er Seto frei lässt." Yami sieht mich einen Moment an und seine Augen ruhen unergründlich auf mir. "Nun, wenn ich es befehlen würde, ja. Er müsste gehorchen. Aber ich kann die Beiden nicht zu einer Vereinigung zwingen." erwidert er. "Ich bin nach wie vor Seth´s Pharao und er ist mein Diener, doch ich kann ihn nicht zwingen sich mit Kaiba zu vereinen, genauso wenig wie ich Kaiba dazu zwingen kann." Hm. Das leuchtet irgendwo ein. Wäre ja auch ein ziemlich heftiger Befehl ehrlich gesagt. Aber schon mal gut zu wissen, dass er Seth zwingen kann Kaiba frei zu lassen. Ich bin echt mal gespannt wie diese Type drauf sein wird und ich weiß jetzt schon, ich werde ihn nicht leiden können. Egal wie nett er sein mag. Ich will meinen Miesepeter zurück. "Wir sind wohl am Ziel." bemerkt Yami und reißt mich aus meinen Gedanken. Wir stehen inmitten eines seltsamen Labyrinthes, dass fast noch konfuser ist als dieses Cyberzeugs, dass wir hinter uns gelassen haben. Alles um uns herum ist aus Sand... bemerke ich plötzlich, wie eine riesige geometrische Wüste. "Wow. Das ist echt krass." bricht es aus mir hervor. Yami nickt und tritt ein paar Schritte vor. Dann höre ich ihn rufen und seine Stimme, sein Tonfall - das ist der Hammer. Er klingt jetzt echt wie ein mächtiger Pharao und genau wie bei Kaiba dultet DIESE Stimme keinen Widerspruch. "Seth, zeig dich deinem Pharao!" befiehlt Yami und ich beobachte ihn fasziniert. Es ist als wäre er plötzlich zehn Meter größer und er strahlt etwas aus... Wow. Ich zucke unwillkürlich zusammen. Also, wenn er mir jetzt befehlen würde mich in den Staub zu werfen, ich würde es sofort tun. Ich glaube auch, dass es echt besser ist ihm zu gehorchen, wenn er so ist. Jetzt kann ich mir gut vorstellen wie er tausende von Leuten rumkommandiert hat. Ich verspüre selbst den Wunsch stramm zu stehen. Und wie gut die Nummer auch bei Seth merkt, sehe ich im nächste Moment. Wie aus dem Nichts erscheint vor uns dieser junge Mann, der aussieht wie Seto Kaiba und doch wieder nicht. Fasziniert mustere ich die Erscheinung. Er ist genauso groß wie Kaiba, genauso schlank und durchtrainiert, aber seine Haut ist dunkler, sonnengebräunt und seine Augen haben nicht die gleiche tiefe blaue Farbe. Auch sind seine Züge, zwar immer noch markant, aber eindeutig weicher oder zumindest wirkt es so auf mich. Aber am Besten ist der Aufzug des Kerls. Kaiba würde im Boden versinken, wenn ihn jemand in so einem Outfit sehen würde. Fast muss ich bei dem Gedanken lachen. Das mag ja im alten Ägypten stylisch gewesen sein, aber heutzutage... also da ziehe ich Kaiba´s Cyberpunknietenzeugs eindeutig vor. Allein der Hut. Unfassbar. Zum Glück muss Seto sich oder sein anderes ich nicht so sehen. Ich kann nicht anders, ich muss grinsen. Yami wirft mir einen warnenden Blick zu, aber Seth scheint mich ohnehin nicht sonderlich zu beachten. Er kniet vor Yami nieder und senkt sein Haupt so tief, dass es fast den Boden berührt. "Sei gegrüßt, mein Pharao." sagt er und auch die Stimme passt nicht ganz, nein, eindeutig nicht Seto. Eine nette Kopie, aber nein. Oder ist Kaiba die Kopie und das das Original? Nicht darüber nachdenken, mir wird schon wieder schwindlig. "Erhebe dich, Seth." befiehlt Yami immer noch in diesem beklemmend hoheitlichen Tonfall. Ich schlucke und Seth erhebt sich auf Kommando. "Ich kann euch gar nicht sagen, welch Freude es mir ist, euch endlich wiederzusehen, mein geliebter Pharao." höre ich den Priester sagen. Mann, Mann, und ich dachte echt Kaiba drückt sich strange aus. Gegen den da ist er echt gar nichts. Allein schon dieser feierliche Tonfall... Respekt. "Seth, mein alter Freund." Yami´s ton wird langsam weicher. "Ich freue mich auch sehr, dich nach all der Zeit wiederzusehen." Er schenkt dem Priester ein freundliches Lächeln, dass dieser scheu erwidert. "Ich danke euch, mein Pharao." erwidert Seth ernst und leichte Röte zeichnet sich auf seinen Wangen ab. Und mir fällt ein, dass die Beiden sich ja tatsächlich ewig nicht gesehen haben. Muss komisch für beide sein, sich nach all der Zeit gegenüber zu stehen. Der weitere Dialog wird in einer anderen Sprache geführt, der ich nicht folgen kann. Ich kann nur Yami´s ernstes Gesicht sehen und den ebenfalls ernsten Blick des Priesters. Dann hebt Yami plötzlich wieder seine Stimme und der Hohepriester zuckt zwar ein wenig zurück, hält dem Blick des Pharaos aber stand. Mein Unbehagen ist schlagartig wieder da. Klingt auf jedenfall nach ner kleinen Diskussion und wahrscheinlich bin ich besser dran, wenn ich gar nicht weiß was los ist. "Ich will ja nicht drängen, aber..." versuche ich mich kurz einzumischen, aber keiner der Beiden reagiert auf mich. Toll, jetzt steh ich hier in Kaiba´s Geisteswelt herum und keiner hört mir zu. Hoffentlich hat Yami nicht unser Ziel aus den Augen verloren. Momentan bin ich echt nicht die Geduld in Person. Nach einigem hin und her nickt der Priester endlich und Yami seufzt. Ich traue mich gar nicht zu fragen. "Seth ist bereit Kaiba´s Seele frei zu lassen. Er möchte sich zwar nicht wirklich mit ihr vereinen, aber er wird es tun, weil es mein Befehl ist und es ohnehin anders nicht geht. Es sei denn... Kaiba´s Seele hat wieder die Oberhand und Seth verschwindet im Nichts." erklärt mir Yami ruhig und ich atme erleichtert auf. Na, endlich geht hier mal was leicht von statten. Wird auch mal Zeit. Gut, dass dieser Seth sich Yami´s Befehl beugt. Das macht die Sache einfacher und... WOW. Ich begreife augenblicklich. Seth hat keinen Bock sich hier zu vereinen, wird es aber tun, weil sein Pharao es wünscht. Aber was ist mit Kaiba? Dem wird Yami sicher keine Befehle erteilen können. Verflucht, also wird es doch nicht so easy. Yami scheint mir anzusehen, dass ich verstanden habe. "Wenn Kaiba´s Seele sich nicht vereinen möchte, dann wird Seth seinen Platz in diesem Ring einnehmen und wieder... unterdrückt." sagt er ernst. Ich senke den Blick. Ich kann mir vorstellen, dass das für Seth auch kein geiler Gedanke ist und wohl auch nicht für Yami, immerhin ist dieser Seth doch sein Kumpel. "Wir werden Kaiba wohl nicht so einfach rumkriegen." meine ich leise. Er nickt. "Seth geht davon aus, dass Kaiba sich sträuben wird, weil er bislang jeden Versuch geblockt hat und sich daran auch nichts geändert hat." Ja, davon würde ich spontan auch ausgehen, so wie ich meinen Liebsten kenne. "Wie konnte er jetzt überhaupt die Oberhand gewinnen?" will ich wissen. Da bin ich jetzt doch mal neugierig. Yami zuckt mit den Schultern. "Seth meinte nur, dass Kaiba einen Moment seine Deckung unten hatte und er diesen genutzt hat. Er hat meine Stimme gehört und wollte sich mir offenbaren." Ich nicke. "Verstehe." Also war das wirklich meine Schuld. Ich bin schließlich eine von Kaiba´s Schwächen und ich hab ihn dazu gebracht, dass er... "Sag, wie ist es, wenn man in diesem Ring ist?" frage ich leise und Yami wendet sich an Seth. Er stellt ihm die Frage in seiner Sprache und der Hohepriester antwortet. "Er sagt, dass er alles was geschieht beobachten kann, aber nicht in der Lage ist einzugreifen. Gleichgültig wie sehr er es auch versucht. Nur in bestimmten Momenten kann er Impulse geben, aber wie Kaiba dann darauf reagiert, dass hängt eben von ihm selbst ab." übersetzt mir Yami und ich muss unwillkürlich an das Duell mit Ishizu denken als Kaiba auf den Millieniumsstab reagierte und den weißen Drachen aufrief. Wir waren davon ausgegangen, dass er auf den Stab reagiert hätte, aber wahrscheinlich hatte der Stab auf Seth´s Anwesenheit reagiert, immerhin war es ja seiner, und verstärkt durch den Stab war der Impuls groß genug gewesen um zu Kaiba durchzudringen. Folglich... Seth hatte Kaiba geholfen. Also wollte er ihm auch nichts böses. Warum auch? Yami will Yugi ja auch nichts böses. "Seth hat versucht Kaiba begreiflich zu machen, dass ihm von seinerseits kein Schaden droht, aber Kaiba lehnt alles in de Hinsicht ab. Er glaubt nicht, er ist eben ein Logiker und als solcher ist sein Geist mit der uralten Mystik nicht kompatibel." Ich sag´s doch immer. Kaiba ist ne harte Nuss. "Also müssen wir Kaiba davon überzeugen, dass er das alles glauben soll und ihn dann auch noch dazu bringen, dass er sich mit Seth freiwillig vereinigt." fasse ich zusammen. Yami nickt. Tolle Aussichten. Ich kann mir gut vorstellen wie das ablaufen wird. Ich schätze in der Angelegenheit ist auch mein Einfluss begrenzt. Nicht einmal Mokuba konnte Kaiba davon überzeugen. Nein, den leichten Teil haben wir eindeutig schon hinter uns. Ist ja nicht so, dass ich diesem Seth wünschen würde wieder im Nichts zu versinken. Aber in erster Linie will ich dann doch Seto zurück. Egal wie schlecht gelaunt er dann auch ist. "Na, dann..." meine ich nach kurzem Zögern, "versuchen wir mal den Drachen zu besänftigen." Ich schaffe es tatsächlich zu lachen. Kapitel 36: Abenddämmerung -------------------------- Es dauert nicht lange bis wir wieder bei Kaiba sind. Das ist wohl das Tollste am Rumschweben. Schade, dass ich das nicht immer kann. Verdammt praktische Sache. Ich würde nie mehr zu spät kommen. Naja, egal. Jedenfalls sind wir wo wir hin wollten und Yami nickt seinem Hohepriester zu. Dieser bezieht Position und macht sich daran... ja, daran seine Sache halt zu machen, sprich Kaiba zu befreien. Doch bevor er irgendwas machen kann, platzt es aus mir heraus. "Warte." rufe ich und dieser Seth hält inne und sieht mich fragend an. Dann wandert sein Blick zu Yami, der ihm irgendein Zeichen gibt. "Was ist denn, Joey?" fragt mich mein Freund. Ich weiß es selbst nicht. Nicht, dass ich Kaiba nicht mehr befreien will, ich bin nur... Keine Ahnung. "Dir ist doch klar, dass das jetzt nicht gerade glimpflich ablaufen wird?" frage ich ihn. Er nickt. "Und mal ehrlich, was ist, wenn es wider Erwarten doch läuft, ich meine, was ist wenn Kaiba sich bereit erklärt und die Zwei sich vereinigen, wie sieht das dann genau aus? Was passiert mit Kaiba, wie wird er sein?" Ich muss es einfach fragen. Egal wie nett dieser Seth sein mag oder wie mächtig oder was auch immer... wie wird das ablaufen in Bezug auf die Realität und auf uns, auf uns alle. Mit einem Teil von Seth´s Seele im Geist wird Kaiba doch anders auf Yami und Yugi reagieren. Nicht, dass ich was dagegen hätte, dass die sich dann plötzlich verstehen, aber Seth war doch Yami´s Diener und... Kaiba ist eben Kaiba. Irgendwie erscheint mir das sehr schwer zu vereinen. Ratlos sehe ich Yami an. "Ich kann es dir nicht sagen, Joey, denn ich weiß es wirklich nicht. Ich könnte Vermutungen anstellen, aber die würden dir auch nichts bringen, oder? Ich kenne Seth sehr gut und ich vertraue ihm blind, ich weiß, er wird keinen Schaden auf Kaiba ausüben. Wäre ich mir dessen nicht so sicher, dann würde ich nie so etwas in Erwägung ziehen." Ich seufze. Natürlich weiß ich, dasss Yami Kaiba nie schaden würde. In der Hinsicht vertraue ich ihm blind. Aber die Auswirkungen... Was ist wenn Kaiba dann nicht mehr Kaiba ist? Wie gesagt, die Zwei können ja nicht munter switchen wie Yugi das mit Yami macht. Und auch wenn Kaiba ein schwieriger Fall ist, ein Miesepeter, der sogar mir obwohl ich ihn über alles liebe, oftmals das Leben schwer macht durch seine verbohrte Art, ich will einfach nicht, dass er ein anderer wird. Ich frage mich wie ich das Yami sagen soll. Ich will einfach keinen Fehler machen. Doch Yami scheint mich zu verstehen. "Kaiba wird sich nicht grundlegend ändern. Keine Sorge, ich glaube kaum, dass das möglich wäre. Er ist ein sehr... seine Seele ist sehr eigenwillig. Aber wie gesagt, ich kann es dir nicht sagen, Joey. Ich glaube jedoch von ganzem Herzen, dass es für Kaiba nur positive Auswirkungen haben kann. Und ich vertraue auf mein Herz, so wie ich es immer tue." sagt der Pharao ernst und ich nicke schließlich. Yami gibt Seth erneut ein Zeichen und der fängt an irgendwas vor sich hin zu murmeln. Mein Blick wandert zu meinem leblosen Liebsten und ich hoffe inständig, dass wir hier keinen Mist bauen, in keiner Hinsicht. Fasziniert beobachte ich wie dieser schillernde, schwingende Kreis um Kaiba sich langsam aufzulösen beginnt bis er schließlich vollkommen verschwunden ist. Kaiba schwebt immer noch merkwürdig in der Luft und fast habe ich den Eindruck, dass er gar nicht reagieren wird, ja, ich will ihn schon rufen als er die Augen öffnet und zu uns hinab blickt. Seine Miene ist ausdruckslos und kalt und ehe ich noch erleichtert aufatmen kann, dass er nicht länger eingefroren in diesem, diesem Ding ist, schwebt er auch schon zu uns und stürzt sich mit einem gellenden Schrei auf Seth. Ich weiß gar nicht wie mir geschieht. Yami hat allem Anschein nach auch nicht damit gerechnet, dafür aber Seth. Er blockt Kaiba´s Angriff ab, aber der geht schon auf´s neue in die Offensive. Mann, Mann, damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet. "Kaiba!" ruft Yami neben mir mit seiner Pharaonen-Chef-Stimme. "Seto..." schreie ich im gleichen Augenblick, aber Kaiba reagiert nicht. Er ringt mit Seth und scheint mich gar nicht zu hören. Ohne nachzudenken schwebe ich zu ihm rüber und packe ihn an den Schultern. Es gelingt mir kaum ihn von Seth zu reißen, erst als dieser ihn zusätzlich zurückstößt schwebe ich mit Kaiba nach hinten. "Seto." Ich halte ihn fest, ich versuche es zumindest, denn bemüht sich aus meinem Griff zu entkommen. Ich brauche all meine Kraft, um ihn fest zuhalten. "Kaiba." Erst jetzt reagiert er und sieht mich an. Seine Miene entspannt sich augenblicklich und es ist als würde er sich verwandeln. Wie damals in seinem Salon als Mokuba kam oder wie in dem Moment kurz bevor ich ihn zum ersten Mal geküsst habe. Seine Augen bekommen wieder dieses Strahlen und er blickt in meine Augen und lächelt. "Joey." Mir fällt ein Stein vom Herzen. Er erkennt mich. Unwillkürlich ziehe ich ihn in meine Arme und halte ihn fest. Ich hatte gar nicht damit gerechnet, dass es funktionieren würde, so durchsichtig wie ich hier bin, also mein Körper. Aber aus irgendeinem Grund geht es. Geisteswelt eben, da bedarf es wohl keiner Logik, ist ja auch egal. Ich halte ihn fest und Tränen treten in meine Augen, so erleichtert bin ich. "Verdammt, Seto." schluchze ich an seiner Schulter. "Joey..." sagt er noch einmal und keinerlei Wut ist ihm mehr anzumerken. "Ich dachte schon... ich meine, ich hatte Angst, dass ich dich verloren habe..." Er streichelt mir liebvoll über den Kopf. "Keine Sorge." meint er. "Ich muss nur dieses Subjekt erledigen und alles ist wieder beim Alten." Subjekt? Er meint Seth. Ich löse mich langsam von ihm und sehe ihn ernst an. "Du weißt, dass ich gerade in deiner Geisteswelt bin?" will ich wissen. Er nickt. Keine Fragen, keine Vorwürfe. Ich bin sprachlos. "Ähm..." Ich weiß gar nicht was ich sagen soll. "Dann weißt du auch was passiert ist?" frage ich weiter. Wieder ein Nicken. "Ich bin mir dessen bewusst." Aha. Und? Wie jetzt? Ich verstehe nur Bahnhof. Ich dachte, er glaubt nicht... "Dieses Subjekt wollte die Kontrolle über meinen Geist übernehmen." Ich nicke. "Ja, deshalb bin ich hier." Was ist das für ein absurder Dialog? Merkt er das nicht? "Kaiba, wir sind hier, weil..." Weiter kommt der Pharao nicht. Kaiba funkelt ihn wütend an. "Du!" zischt er. "Ich hätte es wissen müssen. Du und deine Tricks." Er will sich mir entziehen und sich auf Yami stürzen, aber ich schaffe es gerade noch ihn festzuhalten. "Kaiba, wir wollen dir helfen..." fange ich an, wobei ich gar nicht weiß was gerade los ist. "Er weiß nicht wirklich was gerade hier passiert." meint der Pharao. "Ich schätze, er nimmt Seth nur als Eindringling wahr und mich wohl auch, nur dich nicht... Ob er tatsächlich weiß, was genau passiert ist..." "Du hast versucht mich zu manipulieren, genau wie du es die ganze Zeit tust." schreit Seto und ich bin heilos überfordert damit ihn festzuhalten. "Ich weiß nicht wie du das machst, aber es wird dir nicht gelingen, ich werde..." Er bricht ab. Ich bin nicht sicher was Yami getan hat, ich sehe das Puzzel leuchten und es scheint irgendeine Wirkung auf Kaiba zu haben, zumindest ist er jetzt ruhig. "Keine Sorge, ich habe ihn nur ruhig gestellt, aber seine Seele ist weiterhin bei Bewusstsein, wenn man das so ausdrücken kann." erklärt mir Yami als ich ihn besorgt ansehe. "Und was jetzt? Es ist ja wohl eindeutig, dass er keinen Bock hat sich zu vereinen!" meine ich. Yami seufzt. "Der einzige Weg ist wohl ihm die Fakten begreiflich zu machen." erwidert er. "Damit er versteht, dass ich nicht sein Feind bin und vor allem, damit er endlich zu glauben beginnt." Hm. Guter Ansatz, aber wie bitte soll der durchgeführt werden? "Ich glaube, ich weiß was ich tuen muss." Ich dagegen bin mir da nicht so sicher. Yami tritt langsam näher an Kaiba heran. "Was hast du vor?" frage ich besorgt. "Ich werde ihm einen Einblick in die Realitäten schenken." antwortet er knapp und bevor ich nachfragen kann, berührt er den lahm gelegten Kaiba mit seinem Puzzel. Sofort ist dieses Leuchten wieder da und es umhüllt sowohl Yami als auch Kaiba und ein wenig auch mich und ich habe das Gefühl, dass über tausend Volt durch meinen Körper jagen. Bilder ziehen an mir vorbei, schnell, unkontrolliert, ich kann gar nicht wirklich folgen. Ich versuche die Augen zu schließen, aber das ändert nichts. So schnell, so viel... ich stöhne auf und versuche mich diesem Leuchten zu entziehen. Es gelingt mir aus dem Kegel zu verschwinden und entsetz beobachte ich wie dieses Leuchten weiterhin Yami und Kaiba umhüllt. Ich schreie irgendwas ohne mich selbst zu hören. Ich bin nicht sicher wie lange dieses Szenario dauert, mir kommt es endlos lange vor und es macht mir Angst. Ich sehe Kaiba´s Körper zucken und ich glaube sogar die stummen Schreie zu hören und es bricht mir fast das Herz. Ich weiß nicht was Yami mit ihm tut, aber es scheint mir nichts gutes zu sein und ich möchte, dass er aufhört. Gerade als ich mich entschließe dazwischen zu gehen, packt mich Seth an den Schultern und hält mich fest. Ich versuche ihn abzuschütteln, aber sein Griff ist eisern. Er sagt irgendwas, dass ich nicht verstehe und das macht mir eigentlich nur noch mehr Angst. Ich schreie wieder und trete blindlings aus und dann... dann ist es vorbei. Das Leuchten verschwindet und Seto hängt wie eine leblose Puppe in der Luft. "Seto." rufe ich und Tränen laufen mir über die Wangen. "Was hast du mit ihm gemacht?" fahre ich Yami an, der seelenruhig auf einer Stelle schwebt. Dann will ich zu Kaiba stürzen, aber wieder werde ich zurück gehalten. "Fass ihn nicht an. Warte einen Moment." Yami´s Stimme ist so schneidend, dass ich augenblicklich gehorche. "Was hast du getan?" hauche ich tonlos. "Das habe ich doch gesagt. Ich habe ihm die Realitäten gezeigt." Die Realitäten? Welche? Ich dachte, es gibt nur... Ich verstehe ihn nicht. "Joey, sei unbesorgt. Ich habe ihm lediglich mein Wissen offenbart und ich hoffe, dass er es zu verarbeiten vermag, denn dann wird er verstehen und auch glauben. Ich hoffe es zumindest." Ich schlucke. "Das sah heftig aus." sage ich leise und mein Blick ruht immer noch auf Seto. "Das war heftig... er wird einige Momente brauchen. So viel Wissen aufzunehmen ist nicht leicht für eine Menschenseele." Yami lächelt mir beruhigend zu. "Glaub mir, ich weiß was ich tue. Kaiba ist sehr stark." Ich seufze resignierend und warte. Als mein Liebster endlich seine Augen öffnet, fällt mir ein Stein vom Herzen. "Seto..." sage ich mit Tränen erstickter Stimme. Er blinzelt nur. Es dauert Minuten bis sein Blick klarer wird. Dann blickt er erst zu mir und schließlich zu Yami und ich kann ihm ansehen, dass sich etwas verändert hat. Skepsis liegt in seinen Augen, aber auch etwas anderes... ich kann es nicht deuten. "Glaubst du nun, wo du gesehen hast?" höre ich Yami fragen und Kaiba nickt langsam. "Und weißt du, was ich mir wünsche?" Wieder nickt er wobei sein Blick zu Seth wandert. "Ich kann dich nicht zwingen, Seto Kaiba. Aber ich bitte dich." Yami sieht ihn ernst an, doch ich erkenne auch eine stumme Bitte in seinen Augen. Sein Blick ist fest und entschlossen. "Du allein hast die Wahl, Kaiba. Möchtest du deine Seele mit der von Seth, meinem Hohepriester, vereinen oder möchtest du ihn wieder in deinem Geist versiegeln?" Ich halte den Atem an und warte auf Kaiba´s Antwort. Kapitel 37: Modus ----------------- Kaiba sagt noch immer nichts. Er blickt zwischen Yami und Seth hin und her und ich glaube, dass er am nachdenken ist. Natürlich. Vielleicht muss er das Gesehene auch erst verarbeiten. Er rührt sich jedenfalls nicht und steht nur da. Ich spüre wie meine Ungeduld wächst. Ungeduld und Unruhe. Dann kann ich nicht länger an mir halten und trete zu ihm. Instinktiv schlinge ich meinen Arm um ihn. Er lässt es nicht nur geschehen, er scheint sogar dankbar für diese Geste. "Nun, Kaiba?" fragt Yami mit fester Stimme und Seto sieht mich eindringlich an. Ich habe das Gefühl, dass ich etwas sagen muss, dass er irgendetwas von mir erwartet und ich bin nicht sicher was ich ihm raten soll. Sofern ich raten kann. Ich versuche zu lächeln. "Yami meint es nicht böse." sage ich schließlich und komme mir nach diesem Ausspruch unwillkürlich dämlich vor. Aber was soll ich auch sagen? Ich habe das Gefühl, dass Kaiba kaum merklich nickt. Er wendet sich von mir und sieht Yami nun ernst an. Fast ist es wieder sein alter, vertrauter Blick. Der Kaiba-Blick und ich bin erleichtert. "Wie würde so eine Vereinigung aussehen?" will er wissen. Die große Frage. Yami zuckt mit den Schultern. "Ich weiß es nicht genau, Kaiba." gibt er zu, genauso ehrlich wie er mir gegenüber war. "Ihr wärt eins, Seth´s Erinnerungen würden zu deinen werden. Doch es wäre keinesfalls wie bei Yugi und mir. Ihr könntet eure Persönlichkeiten nicht tauschen, ihr wärt einfach eins." Kaiba nickt und sieht wieder zu mir. Da ist sie. Die Frage. Dieses Mal sehe ich sie deutlich. Ich nicke unwillkürlich. "Yami würde nichts von dir verlangen, wenn es dir schaden würde." sage ich leise. Ich denke, das weiß er auch so. "Und wenn ich dann nicht mehr ich bin? Wenn ich..." Er spricht nicht weiter. Ich bemerke seine Unsicherheit und ich wünsche mir, dass ich irgendwas tun könnte, aber es ist seine Entscheidung. Vage nehme ich wahr, dass Seth sich an Yami wendet und ihm etwas zu flüstert. Yami nickt. "Seth sagt, dass ihr beide euch recht ähnlich seid und er der Ansicht ist, dass sich nur Teile seiner Züge auf dich übertragen könnten, was dich jedoch nicht grundauf verändern würde." "Was ist mit meinen Erinnerungen? Mit Mokuba?" will Kaiba wissen. "Daran wird sich nichts ändern. Du behältst deine Vergangenheit, du bekommt die von Seth allerdings dazu. An deinen Gefühlen wird sich nichts ändern." erklärt Yami ruhig. "Zumindest nicht, was Mokuba und Joey anbelangt." fügt er nach kurzem Zögern hinzu. Kaiba sieht ihn eindringlich an. "Aber meine Gefühle dir gegenüber..." wirft er ein. Yami nickt sofort. "Ja, ich schätze daran würde sich etwas ändern." Kaiba nickt und wieder scheint er zu überlegen. Ich frage mich, wie ich mich entscheiden würde. Würde es mir leicht fallen, Seth aufzunehmen? Allerdings ist mein Ego nicht mit dem von Kaiba zu vergleichen. Eine Weile herrscht Schweigen und wir lassen ihn nachdenken. Yami weiß wohl genauso gut wie ich, dass es nichts bringt ihn zu drängen. Schließlich höre ich ihn seufzen. Seine Augen suchen meine und er sieht mich ernst an. "Was meinst du, Hündchen?" fragt er, was mich doch etwas überrascht. Ich grinse. "Schlimmer als du jetzt schon bist, kannst du kaum werden." entgegne ich und er lacht angespannt. Wieder höre ich wie Seth etwas zu Yami sagt. Dieser nickt nachdenklich. "Seth´s Kräfte würden ebenso auf dich übergehen." meint der Pharao und ich bin nicht sicher ob in seiner Stimme Sorge mitschwingt. Kaiba hebt gekonnt eine seiner schönen Brauen. "Kräfte?" fragt er und ich muss schon wieder grinsen. Ich kann das Interesse in seiner Stimme nicht ignorieren. Typisch Kaiba. Yami nickt. "Genau wie ich verfügt Seth über erhebliche uralte Kräfte." erklärt der Pharao und Kaiba´s Blick streift sein ägyptisches Ebenbild. "Und die würdest du mir zugestehen?" fragt er Yami mit undefinierbarem Lächeln. Yami zuckt mit den Schultern. "Warum nicht?!" entgegnet er gelassen. Kaiba überlegt erneut. "Wenn ich das tue..." beginnt er nach kurzer Zeit, "dann bedeutet das aber nicht, dass ich seinen Platz in der Hierarchie einnehmen werde." Seine Stimme klingt ruhig und er scheint sich wieder ganz unter Kontrolle zu haben. "Ich werde nicht dein... Diener oder dergleichen." erklärt er entschieden. Yami lacht. "Das habe ich auch nicht erwartet. Du bist nicht Seth und wir sind nicht mehr in der alten Zeit." Kaiba nickt. "Nun," meint er und sein Blick huscht zu mir. "Wolltest du nicht, dass ich mich integriere?" Da ist es wieder, dieses wohl bekannte spöttische Lächeln. Ich grinse ihn schief an, sage aber nichts. "Gut." höre ich ihn sagen und ich spüre wie mir ein Stein vom Herzen fällt. Warum auch immer. Yami scheint es ebenso zu gehen. "Und du bist dir sicher?" fragt der Pharao dennoch nach. "Ist es dein freier Wille?" Kaiba lacht spöttisch. "Ja, es ist mein freier Wille." entgegnet er. "Und ich wäre froh, wenn wir diese Nummer schnell hinter uns hätten." Yami grinst, dann wendet er sich an Seth und teilt ihm scheinbar Kaiba´s Entscheidung mit. "Du bist dir wirklich sicher?" will ich leise wissen. Kaiba nickt. "Nachdem was ich gesehen habe, ja." erwidert er ernst. "Was hast du gesehen?" Ich muss es fragen, auch wenn ich eine Ahnung habe. Er zögert. "Die Wahrheit. Die Dinge, die alles zusammen halten." antwortet er vage und ich realisiere, dass er jetzt schon ein anderer ist. Dieser Einblick alleine hat ihn schon verändert und irgendwie habe ich eine dunkle Ahnung, dass dies erst der Anfang ist. Der Anfang von etwas, dass wir vier noch nicht wirklich begreifen. "Also...?" Kaiba wendet sich Yami zu. Dieser nickt und gibt Seth ein Zeichen. Der Priester tritt auf Kaiba zu. Seto sieht mich ernst an. "Ich liebe dich." sage ich kaum hörbar und er nickt. Dann löst er sich von mir und macht seinerseits einen Schritt auf den Priester zu. Es ist Seth, der die Leitung übernimmt. Er nimmt Kaiba´s Hände und dieser lässt es ohne Wort geschehen. "Schließ deine Augen." sagt Yami und Kaiba tut es ohne zu zögern. Ich spüre wie sich alles in mir verknotet vor Aufregung und Erwartung. Ich weiß nicht von wo das Licht kommt, dass die beiden langsam zu umhüllen beginnt. Es ist ein ähnliches Licht, wie das was Yami´s Puzzel auszustrahlen vermag. Ich sehe wie Kaiba und Seth darin gefangen werden bis ich sie nur noch schemenhaft erkennen kann. Ich blinzele um die Umrisse weiterhin erkennen zu können, aber das Licht blendet mich so stark, dass ich unwillkürlich die Augen schließen muss. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich hoffe, dass er das Richtige tut, dass es richtig war ihm dazu zu raten. Ich spüre wie mich ein Anflug von Angst befällt und ich muss mich ermahnen wieder auf Yami zu vertrauen, gleichgültig wie groß meine Sorge um Kaiba augenblicklich auch ist. Es wird richtig sein. Es muss einfach richtig sein. Und das Ergebnis... Ich spüre wie ich ein Stoßgebet gen Himmel schicke. Yami ist sich selbst nicht sicher, was mit Kaiba passieren wird nach dieser Vereinigung. Ich hoffe inständig, dass... Das was? Er der Alte bleibt? Das wird er sicherlich nicht. Ich weiß es ebenso wie Yami und ich denke auch Kaiba ist sich dessen sicher. Ich wünschte, ich hätte sehen können was Yami ihm gezeigt hat. Die Dinge, die er gesehen hat, haben ihn diese Entscheidung treffen lassen und ich habe das Gefühl, dass dabei etwas war, dass noch eine große Rolle spielen wird. Andernfalls hätte Kaiba sich nie darauf eingelassen. Meine Gedanken überschlagen sich und ich will, dass es endet. Ich will wissen was als nächstes passiert. Mein Puls hat gerade jeden medizinisch gesunden Punkt überschritten. Ich glaube, ich zittere sogar etwas. Als ich es wage die Augen wieder vorsichtig zu öffnen, ist das Licht noch da, aber es ist schwächer. Es scheint langsam zu verglühen. Ich blinzele wieder und versuche verzweifelt Kaiba auszumachen. Nur noch eine Person befindet sich im Lichtkegel. Mein Herz scheint für einen Moment auszusetzen. Aber ist das nicht der Sinn der Sache gewesen? Dass einer übrig bleibt, einer der beides ist? Ich schlucke und meine Ungeduld ist nahe daran mich in den Wahnsinn zu treiben. Wieder verspüre ich den Wunsch zu ihm zu gehen, aber ich rühre mich nicht. Das Licht wird immer schwächer und schwächer und endlich kann ich Kaiba sehen ohne zu blinzeln. Er steht ganz ruhig da und seine Augen sind noch immer geschlossen. Er ist wie immer und doch... Als das Licht gänzlich verschwunden ist, erkenne ich, dass es nicht mehr der Kaiba ist, wie ich ihn kenne. Ich sehe es als er seine Augen öffnet. Das wunderbare Blau... es ist... anders. Es ist schwer zu beschreiben, irgendwas ist anders. Die Kälte, sie ist... nicht weg, aber sie ist eben anders und sein Blick hat etwas tieferes. Ich höre wie er tief durchatmet und ich tue es ihm gleich. "Seto?" frage ich schließlich und er sieht mich an. Das Lächeln, dass er mir schenkt ist mir wieder vertraut. Warm und sanft, wie jedes Lächeln mit dem er mich in den letzten Tagen bedacht hat. "Es ist alles in Ordnung, Joey." sagt er, dann wandert sein Blick zu Yami. Für einen Moment sehen die Beiden sich nur an. Es scheint eine Art stilles Einverständnis zwischen den Beiden zu herrschen, dass ich nicht ganz verstehe. Keiner sagt etwas und ich stehe unsicher und unbeholfen da. "Ihr solltet zurück." sagt Kaiba schließlich. Yami nickt. Unsere Arbeit hier ist ja auch getan. Dennoch bin ich unsicher. Es ist als wäre da noch etwas, etwas dass gesagt werden muss. Yami zögert. Sein Blick ruht noch immer auf Kaiba. "Das Duell wartet." höre ich Seto sagen. Ach ja, das Duell. Jetzt erst fällt es mir wieder ein. Wow, das er daran denkt? Jetzt? Hm. Aber das ist wohl typisch Kaiba. Yami nickt wieder und wieder habe ich das Gefühl, dass da noch etwas ist... etwas, dass nicht ausgesprochen wurde. Ich spüre es, auch wenn ich keine Ahnung habe was es ist. "Die Prophezeiung..." höre ich Yami flüstern. Kaiba nickt. Ich verstehe nur Bahnhof, aber meine Unruhe wächst. Was meinen die Beiden jetzt schon wieder? Was für ne Prophezeiung? "Was?" frage ich, aber die Beiden beachten mich nicht. Yami hält Kaiba´s Blick stand und jetzt weiß ich definitiv, dass da noch etwas ist. "Der erste Schritt ist jetzt getan." sagt Kaiba ruhig und der Pharao nickt zustimmend. "Was meinst du?" wende ich mich an Kaiba, aber er erwidert nichts und ich blicke zu Yami, aber der hält nur schon sein Puzzel in Händen. Meine Gedanken überschlagen sich. Ich will wissen was jetzt schon wieder los ist. Was hat das zu bedeuten? Und überhaupt? Aber ich komme nicht mehr dazu zu fragen. "Schließ die Augen, Joey." befiehlt mir Yami und ich tue es einfach. Dann ist wieder alles weg. All meine Gedanken. "Seto!" reißt mich Mokuba´s Stimme im wahrsten Sinne des Wortes zurück in die Wirklichkeit und ich öffne meine Augen. Da bin ich wieder. Da sind meine Freunde, die Ishtars... Kaiba. Ich sehe wie Mokuba seinem Bruder um den Hals fällt und dieser die Umarmung erwidert. "Es ist alles gut, kleiner Bruder." vernehme ich Kaiba´s ruhige Stimme und entspanne mich unwillkürlich. Ja, scheinbar ist alles gut. Ich versuche mich langsam aufzurappeln. Yami steht bereits wieder auf den Beinen. "Habt ihr die Seelen vereint?" höre ich Ishizu fragen. Yami nickt und sie lächelt. Aber er tut es nicht. Er blickt ernst zu Kaiba, der noch immer Mokuba in den Armen hält und schlagartig kommen mir meine letzten Gedanken zurück ins Gedächnis. Die Prophezeiung. Was hat er damit gemeint? Kaiba löst sich langsam von Mokuba und nun kann ich nicht mehr an mir halten. Ich taumele auf ihn zu und habe das Gefühl zu stürzen, doch dann umfasst er mich mit seinen starken Armen und eine Sekunde später liegt mein Kopf an seiner Schulter. "Verdammt, mit dir macht man was mit..." bringe ich hervor und habe das Gefühl, dass ich gleich anfange zu heulen, was albern ist. Immerhin ist die Sache ja erledigt und alles ist ok und er ist da. "Joey." sagt er leise und seine kühle Hand streift über meinen Kopf. "Und was ist jetzt mit ihm?" höre ich Tea unsicher fragen. Yami antwortet ihr nicht und auch Kaiba entgegnet nichts. Aber die Beiden sehen sich wieder an. Ich spüre es, ich muss nicht hinsehen. "Der erste Akt hat begonnen, Pharao." sagt Kaiba und ich löse mich augenblicklich von ihm. "Was meinst du damit?" will ich wissen. Er antwortet mir nicht. Und überhaupt, seit wann nennt er Yami Pharao? Ist das wirklich noch Seto Kaiba? "Keine Sorge, Joey. Ich bin immer noch ich." sagt er stattdessen zu mir und der Anflug eines Lächeln zeichnet sich auf seinem schönen Gesicht ab. Ich erwidere es automatisch. Dann erst fällt es mir auf. Er hat meine Gedanken gelesen. Ich sehe ihn fragend an. Oder hat er nur geraten? "Seth vermochte es Gedanken zu lesen." erklärt Kaiba und ich starre ihn an. "Das gehört zu seinen Fähigkeiten." Mann, wie gelassen er das sagt. Als wäre es das Normalste auf der Welt. Das meinte Yami also damit, dass Seth´s Kräfte auf ihn übergehen würden. Wow... ein gedankenlesender Kaiba. Bei Verhandlungen kann das sicher nützlich sein. Wer weiß was er noch kann? "Seto..." hebe ich vorsichtig an, doch Yami unterbricht mich. "Wir müssen zurück." meint er. Kaiba nickt als Einziger und ich erkenne, dass nicht nur ich gerade etwas verwirrt bin, auch die anderen sehen die Beiden verständnislos an. "Was für ne Prophezeiung?" will Tristan schließlich wissen. Danke, das frage ich mich schon die ganze Zeit. Ich blicke fragend zu Yami. Seltsamerweise wirkt sogar Ishizu überrascht. "Die letzte Schlacht hat begonnen." höre ich Yami ruhig sagen. Aha. Das sagt natürlich alles. Wir starren ihn alle an. Selbst Marik und seine Schwester. "Die vereinten Kräfte sind erwacht und mit ihnen..." Yami spricht nicht weiter. Ich sehe wie Kaiba nickt. "Ihr meint, dass nun auch ER erwachen wird, mein Pharao?" fragt Ishizu und ich kann die Unruhe in ihrer Stimme förmlich fühlen. Der Pharao nickt. "Pegasus und Bakura sind nur der Anfang." versucht er zu erklären, aber ich verstehe genauso wenig wie die andern was er zu sagen versucht. "Dann..." beginnt Ishizu vorsichtig und blickt den Pharao zaghaft an. Sie spricht nicht weiter, aber Yami scheint sie auch so zu verstehen. Er nickt. "Das Schicksal hat uns bis hier hin geleitet. Alles ist vorher bestimmt." Ich spüre wie mein Geduldsfaden zu reißen beginnt. "Bitte, Yami, drück dich einmal deutlich aus!" fahre ich ihn an, so wütend, dass Tea zusammen zuckt. Ich spüre Kaiba´s Hand auf meiner Schulter. "Das heißt, dass alles so vorher bestimmt war wie es nun eingetreten ist." sagt Yami ruhig und blickt mich sanft an. "Auch, dass Kaiba und du..." Er spricht es nicht aus, aber ich verstehe auch so. Naja, ich verstehe was er sagen will, aber was das bedeutet, keine Ahnung. Yami seufzt und alle Blicke werden auf ihn gerichtet. "Seth´s Erwachen hat nicht nur Kaiba die Augen geöffnet. Die Vereinigung weckt auch meine Erinnerungen. Ich habe so vieles vergessen, was in der Vergangenheit liegt. Nun wird der Schleier langsam gelüftet." Wieder blickt er zu Kaiba, der ruhig und gleichgültig da steht. "Du weißt es ebenso, nicht wahr? Du erinnerst dich jetzt an alles." Kaiba nickt. "Es gab einen Grund, warum ich versiegelt wurde... und es gab einen Grund, warum Seth wiedergeboren werden musste." sagt Yami ernst. Sein Blick hält immer noch den von Kaiba fest. "Wirst du den weiteren Weg mit mir gehen?" fragt er ihn und ich habe das Gefühl, dass mir gleich der Schädel explodiert. Toll, dass wenigstens die Beiden zu wissen scheinen was dieses Gelaber bedeutet. Ich tappe jedenfalls im Dunkeln. Kaiba verzieht das Gesicht zu einem kühlen Lächeln. "Habe ich denn jetzt noch eine Wahl?" erwidert er. Yami entgegnet nichts und mein Liebster seufzt. "Ich habe es ja immer gesagt, sich mit euch einzulassen bringt nur Ärger." meint er resignierend. _____________________________________________________________ Edit: Sorry, dass ihr so lange warten musstet, war leider anderweitig beschäftigt. Kapitel 38: Götterdämmerung --------------------------- "Wie fühlst du dich?" will ich wissen. Es ist das erste Mal, dass wir seit den Erlebnissen in Ägypten wieder alleine - ganz alleine sind. Auf dem Rückflug war er schweigsam wie noch nie zuvor gewesen und danach hatte er sich wortlos mit Yami in seine Arena verzogen, während Mokuba, die anderen und ich im Salon Tee tranken und uns über diese seltsamen Geschehnisse und die noch seltsameren Dialoge unterhielten. Natürlich ohne zu irgendeinem Ergebniss zu gelangen. Jetzt ist es Abend, die andern sind gegangen und wir sind in seinem Schlafzimmer. Er liegt ruhig da und ich sitze im Schneidersitz neben ihm und versuche sein Gesicht zu studieren. "Ich kann es nicht beschreiben." erwidert er nach einer Weile. "Ich fühle mich einerseits wie immer, doch da ist etwas... " Er schüttelt leicht den Kopf. "Es ist als wäre mit einem Mal alles schärfer, klarer. Als wäre ein Schleier gelüftet worden." Ich nicke, auch wenn ich ihm nicht so ganz folgen kann. "Und ist das gut oder schlecht?" frage ich unsicher. Er lächelt und sieht mich amüsiert an. "Ich glaube nicht, dass man diesen Umstand in solch einer Weise bewerten kann. Es ist nicht unangenehm, falls du darauf hinaus willst. Es ist einfach ungewohnt. Ich habe das Gefühl, dass ich gewisse Dinge anders wahrnehme und dann ist da diese Fülle an Erinnerungen, Gedanken..." Wieder schüttelt er den Kopf. Seth´s Erinnerungen. Ich frage mich wie diese aussehen. Ich bin unschlüssig ob ich ihn fragen soll. Ich glaube, sein Gehirn arbeitet auf Hochtouren, ich möchte ihn daher nicht mit Fragen bestürmen, auch wenn mir tausende davon auf der Zunge liegen. Er wirft mir einen Blick zu und öffnet den Mund als wolle er etwas sagen und ich sehe ihn erwartungsvoll an. Doch er sagt nichts und wendet den Blick wieder von mir. Hat er meine Gedanken gelesen? Liest er sie jetzt? Ich spüre, wie ich rot werde, auch wenn kein Grund dazu besteht. Ja, er ist anders seit dieser Vereinigung. Ich kann zwar kein klares Anzeichen dafür benennen, außer vielleicht die Art wie er nun mit Yami umgeht, aber ich habe das Gefühl, dass sich einiges verändert hat. Seine Züge sind nach wie vor kontrolliert, genau wie seine Sprechweise, dennoch ist es nicht mehr diese berechnende Art, die mir so vertraut war. Er ist nach wie vor kühl, aber darunter ist jetzt mehr... Er wirkt trotz allem entspannter. Oder liegt das nur an meiner Nähe? Ich schaffe es mich zu beherrschen und die Fragen runter zu schlucken. Stattdessen nehme ich seine Hand und wie immer durchströmt mich ein unendliches Glücksgefühl dabei. Da ist es wieder... dieses sanfte Prickelnd, dass ich so liebe. Er lächelt mich liebevoll an, dann aber wird sein Blick wieder ernst und das Blau seiner Augen bekommt wieder diese dunkle Tiefe. Unwillkürlich verspüre ich leichte Unruhe in mir aufsteigen. Er scheint es zu merken, denn er verstärkt den Druck auf meine Hand leicht. "Ich war ein Ignorant." sagt er nach einer Weile und ich bin nicht sicher ob er mit mir redet oder es nur zu sich selbst sagt. Ich glaube zu verstehen, was er damit meint. Er lacht plötzlich auf. "Die ganze Zeit habe ich mich dagegen gewehrt all diese Dinge zu glauben und nun..." Er richtet sich auf und seufzt. Ich denke, ich kann nachvollziehen wie es ihm geht. Von Null auf Hundert hat sich sein Weltbild verändert. Wieder einmal, wenn man unsere kleine Sache miteinbezieht. Nur, dass diese Geschichte um einiges schwerer zu verkraften sein dürfte. Nun ist er ein Teil davon. Mehr noch. Bevor ich etwas erwidern kann, redet er weiter. "Was nun auf uns zu kommt, wird alles bisherige übertreffen." meint er ernst. Ich schaudere unwillkürlich. Irgendetwas in seiner Stimme weckt mein Unbehagen. "Diese Prophezeiung..." hebe ich vorsichtig an. Er nickt. "Yami hat gesagt, es gäbe einen Grund, warum er versiegelt wurde... und warum Seth..." Ich spreche es nicht aus, er versteht es auch so. Wieder nickt er und ich brenne vor Neugier und gleichzeitig habe ich Angst. Irgendwie ahne ich, dass es tatsächlich so ist, dass das Kommende alles bisherige in den Schatten stellen wird. Dabei habe ich inzwischen schon einiges gesehen. Das Schattenreich inklusive. "Diesen Feind kann Yami nicht alleine besiegen." höre ich Seto sagen. "Für diesen Kampf benötigt er auch die Kraft Seth´s." Ich nicke nur. So etwas hatte ich mir schon gedacht. Seth hatte schließlich immer an der Seite des Pharaos gekämpft. "Und selbst jetzt bin ich nicht sicher ob wir tatsächlich eine Chance haben..." Ich starre ihn entgeistert ein. Er zweifelt? Jetzt schon? "Wie meinst du das?" will ich wissen und meine Unruhe schwingt in meiner Stimme mit. Er schluckt und weicht meinem Blick aus. Ich glaube, er überlegt, sucht wieder die richtigen Worte. Ich bezweifle, dass es sie gibt. Absurder Weise muss ich daran denken, dass wir schon wieder dabei sind solch wichtige Themen im Bett zu erörtern. Scheinbar ist das unser Ding. Verrückt. "Weil es dieses Mal um das Schicksal der Götter geht." erwidert er schließlich. Ich verstehe nicht wirklich. Wie könnte ich auch? Fragend blicke ich ihn an. Fragend un unsicher und er scheint ebenfalls unsicher. Langsam schüttelt er den Kopf. "Pegasus und Bakura sind lediglich Schachfiguren. Nichts weiter. Sie läuten den Anfang des Endes ein." fährt er fort und ich verstehe immer weniger. "Was meinst du mit dem Schicksal der Götter?" frage ich. "Welche Götter überhaupt?" Wieder schüttelt er leicht den Kopf und ich habe das Gefühl, dass er seine Gedanken ordnen muss. In seinem Kopf herrscht Chaos und das verstehe ich nur zu gut. "Die letzte Schlacht ist angebrochen. Der letzte Kampf, der alles entscheiden wird. Ragnarök nannten es die Nordländer. In der Bibel wird es in der Offenbarung des Johannes als Harmagedon angekündigt. Wobei die Bezeichnung Armageddon weiter verbreitet ist und es im Grunde auch lediglich den Austragungsort der letzten Schlacht bezeichnet. Die meisten Religionen haben ihre eigene Bezeichnung dafür. Letztlich bedeutet es immer das Gleiche. Eine Entscheidungsschlacht, die alles verändern wird. Das Schicksal der Götter, Menschen - das Schicksal von allem. Das jüngste Gericht." Ich höre ihn reden, versuche seinen Worten zu folgen, aber meine Gedanken überschlagen sich. Was er da redet, erscheint mir... Es klingt verrückt und doch wieder nicht. Ich bin mit der Bibel nicht vertraut, aber von der Offenbarung des Johannes habe ich gehört. Ziemlich krasser Stoff, wenn ich mich recht erinnere und so was von unverständlich. Aber was hat das mit uns zu tun? Soweit ich weiß ist das eine christliche Sache. Ich verstehe nicht inwiefern das Yami und uns betreffen sollte. Ratlos blicke ich ihn an. Er seufzt. "Jede Religion hat ihre Mythen, gleichgültig ob es sich dabei um eine Weltreligion handelt oder den Glauben eines kleinen Buschvolkes. Bei genauer Betrachtung erkennt man Muster, die immer wieder kehren. Zum Beispiel gibt es unzählige Parallelen zwischen Geschichten aus der Bibel und den Mythen der alten Griechen. Und mehr noch... Bestimmte Aspekte wiederholen sich wieder und wieder. Was auch ein Grund ist, warum man davon ausgeht, dass alles einen gemeinsamen Ursprung hatte. In gewisser Hinsicht sind die Religionen ja nicht nur mit einander verwandt, sie sind auch verbunden." Ich nicke. Ich habe mich mit dem Thema noch nie wirklich beschäftigt. Mit Religion hatte ich bislang nicht viel am Hut. Ich kenne nur die Geschichten aus dem Unterricht und wirklich interessiert haben die mich nicht. "Du meinst... das Ende der Welt steht vor der Tür?" frage ich ungläubig. Er nickt. "Ja." erwidert er schlicht. "Puh." stöhne ich. Ich weiß auch nicht was ich sonst von mir geben soll, mal abgsehen davon, dass ich immer noch nicht wirklich verstehe. "Und es ist an Yami es abzuwenden - mit deiner Hilfe." kombiniere ich. Soweit wäre also alles beim Alten in gewisser Weise. Ist ja nicht das erste Mal, dass Yami sich so einer wichtigen Sache stellen muss, immerhin war es auch sein Schicksal die Erde vor dem Schattenreich zu schützen. Und auch da war er auf Kaiba´s Hilfe angewiesen. Doch Kaiba schüttelt den Kopf. "Das lässt sich nicht abwenden, Joey." entgegnet er und ich stutze. Jetzt verstehe ich wirklich nichts mehr. Hat er nicht gesagt, dass Yami und er... von wegen letzter Schlacht und so. Ich glaube, ich sehe ihn gerade ziemlich belämmert an. "Das jüngste Gericht wird eintreten." sagt er ernst. "Es muss eintreten." Seine wunderschönen Augen blicken tief in meine. Ich schlucke unwillkürlich. Das Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich weiß selbst nicht warum. Ich spüre diese unbeschreibliche Unruhe. Ich glaube, ich zittere sogar. "Aber..." hebe ich an, breche jedoch sofort wieder ab, weil ich ohnehin nicht weiß was ich sagen soll. Was bedeutet das alles? Langsam macht er mir Angst. Wirklich Angst. "Diese letzte Schlacht muss stattfinden." höre ich ihn sagen. "Und es ist an Yami und mir sie zu bestreiten." Wieder starre ich ihn entgeistert an. "Yami und du..." wiederhole ich. Er nickt. "Ja, es ist sein Schicksal genauso wie es nun das meine ist. Jetzt wo Seth´s Seele mit meiner verbunden ist. Wir sind dazu ausersehen in dieser Schlacht zu kämpfen, die über alles und jeden entscheiden wird. Yami wurde dafür geboren und Seth ebenso. ..." Er hält kurz inne und zögert. "Genau wie ich." Kapitel 39: Bruchstücke ----------------------- Fuck! Ich bin zu spät. Verfluchter Mist! Ich könnte kotzen. Heute ist echt einer dieser Tage an denen ich am Liebsten im Bett bleiben würde. Aber nein, ich muss ja zur Schule. Und zu allem Überfluss auch noch so! Ich meine, mit einem blauen Auge. Ich kann mir jetzt schon denken wie mich alle ansehen werden. An Kaiba´s Blick darf ich gar nicht denken. Und jetzt muss ich auch noch zu spät kommen und so vor die Klasse treten. Das hat gerade noch gefehlt. Einen Moment denke ich ernsthaft darüber nach zu schwänzen. Doch was würde das bringen? Ärger, Ärger und Kaiba kann ich ohnehin nicht aus dem Weg gehen. Er wird natürlich fragen woher ich das Feilchen habe. Ich weiß, dass Kaiba kein Fan von Prügeleien ist, aber an genau so was wird er denken, wenn er mich gleich sieht. Verfluchter Mist! Unbeholfen klopfe ich nach kurzem Zögern an die Klassentür und warte nervös das "Herein." ab. Natürlich starren sie mich alle an. Und natürlich kann sich mein Geschichtslehrer einen Kommentar nicht verkneifen. Ich lasse es über mich ergehen und husche zu meinem Platz, wobei ich mich bemühe Kaiba´s Blick erst einmal auszuweichen. Blaue Flecken sind ja nichts neues bei mir. Allerdings hatte ich schon ewig kein Veilchen mehr und die Tatsache, dass es Ausnahmsweise mal nicht von einer Schlägerei stammt sondern von meinem alten Herrn macht es auch nicht besser. Im Gegenteil. Das macht es sogar demütigender. Es ist nicht so, dass mein Alter mich regelmäßig verdreschen würde. Normalerweise führen wir lediglich einen lautstarken Schlagabtausch, aber gestern Abend... Nun, ich hätte bei Seto bleiben sollen, doch irgendwann musste ich mich ja auch wieder blicken lassen. Wie auch immer. Ein Wort ergab das andere und dann hat er mir eine verpasst. Zugegeben, ich war wohl auch etwas... aufmüpfig. Sogar für meine Verhältnisse, aber immerhin bin ich ein Teenager und befinde mich momentan in einer Ausnahmesituation. Ich meine, die aktuelle Gesamtsituation ist doch schon was und die Tatsache, dass mein Liebster wohl am bevorstehenden Jüngsten Gericht teilnehmen wird, was auch immer das genau heißen mag, lässt mich eben nicht kalt. Natürlich hat Dad es gleich bedauert und mir nen Eisbeutel geholt. Leider ließen sich die Spuren nicht verhindern. Aber hey, warum mach ich mir überhaupt nen Kopf? Momentan gibt es echt wichtigeres. Dieses Jüngste Gericht und so. Worüber ich immer noch nicht viel mehr in Erfahrung gebracht habe. Kaiba drückt sich in der Hinsicht leider schrecklich vage aus. Und dann ist da noch morgen das Duell gegen Pegasus und Bakura, was ja der Anfang sein soll. Schon absurd, dass wir heute alle in der Schule sitzen und tun als wäre alles normal. Ich frage mich echt wie Kaiba und Yugi die Ruhe bewahren können. Die müssen echt Nerven haben. Erstaunlich. "Was ist passiert?" Ich zucke unwillkürlich zusammen als Kaiba sich direkt nach dem Klingeln der Schulglocke vor mir aufbaut. Ich schlucke. "Kleiner Unfall." erwidere ich und grinse schief. Seine perfekt geschwungene Braue schnellt hoch und sein Blick verrät mir, dass er eine klarer Antwort will. Ich seufze. "Nichts schlimmes..." wiegele ich ab und stehe auf, denn ich sehe sehr wohl die Sorge in seinen schönen Augen. "..." Er wartet und nun gesellen sich auch die andern zu uns. Tea mustert mich ebenso durchdringend wie Seto und ich komme mir ziemlich seltsam vor. "Echt... nicht der Rede wert." versuche ich es noch einmal. Herrje, kein Grund ein Drama daraus zu machen. Ist doch nur ein Veilchen. Leute, wir haben eigentlich wichtigeres auf der Uhr, oder? "Joey." sagt Kaiba ruhig und ich weiß, dass er keine Ruhe geben wird bis ich ihm eine klare Antwort geliefert habe. "Mein Dad und ich hatten nen Streit." erwidere ich leise und sehe wie Kaiba´s Augen sich weiten. "Das war dein Vater?" fragt er geschockt. Ich nicke widerwillig. "Ja, aber das ist echt..." Etwas in seinem Blick bringt mich zum verstummen. Es ist als würde in seinen Augen etwas auflodern. Unwillkürlich weiche ich einen Schritt zurück. "Dein Vater?" wiederholt er ungläubig und ich nicke. "Das war ein Ausrutscher, nichts weiter. Kein Grund zur Sorge. Er hat sich direkt entschuldigt..." erkläre ich wahrheitsgemäß. Stimmt ja auch. Mein Dad verprügelt mich nicht oder so. Wir kommen nur nicht sonderlich gut miteinander aus und manchmal, naja, dann eskaliert so was eben. Ich zucke mit den Schultern und hoffe, dass er das Thema dabei belässt. Kaiba rührt sich nicht und ich wende mich daher an Yugi um das Thema zu wechseln. "Wie ist das jetzt morgen mit Pegasus und Bar..." Ich komme nicht dazu den Satz zu beenden, denn ein Erdbeben erschüttert das Klassenzimmer. Mein Pult beginnt zu wanken und ich fühle wie der Boden unter mir zu beben beginnt. Fuck. Das ist sicher keine Übung. Ich sehe wie Tea ins Taumeln gerät und Tristan sie automatisch packt und fest hält, dabei schwankt er genauso. Und auch ich... Die ersten Bücher fallen aus dem Regal und ich überlege was zu tun ist. Wir hatten schon des öftern solche Übungen, aber irgenwie ist gerade alles gelernte weg. Ich bin zu perplex. Unter den Tisch. Ja, ich glaube, man soll dann unter den Tisch. Genau das höre ich Tristan jetzt auch rufen und sehe wie er Tea nach unten drückt. Während ich noch überlege ob es wirklich so eine gute Idee ist, mich unter dem Pult zu verkriechen, höre ich Yami´s Stimme. Sie klingt genauso wie gestern in Kaiba´s Geisteswelt. Als er mit Seth geredet hat. Als ich auf die Knie sinke, erkenne ich, dass Yugi und Yami geswitcht haben. Dann fällt mir mein Mathebuch auf den Kopf und ich stöhne auf. "KAIBA!" höre ich noch einmal Yami rufen und jetzt erst realisiere ich, dass er immer noch wie angewurzelt da steht. Er wirkt wie... eingefroren und seine Augen. Ein Schauder rinnt mir über den Rücken und ich begreife. Das ist kein Erdbeben. Das ist Kaiba. Keine Ahnung wie er das macht, aber er löst dieses Beben aus. Ich weiß, dass sowas eigentlich unmöglich ist, aber andererseits... ich sehe es oder fühle es vielmehr. Und Yami´s Verhalten gibt mir Recht. "Seto." rufe nun auch ich und robbe vorwärts zu ihm. Noch bevor ich ihn erreiche ist alles vorbei. Alles ist wieder ruhig. Nur die Bücher auf dem Boden und einige umgefallene Stühle erinnern daran, dass es wirklich passiert ist und keine Einbildung war. Vorsichtig hebe ich den Kopf und blicke zu Kaiba auf. Er scheint noch immer in dieser Starre gefangen und erst als ich ihm ans Bein stoße, reagiert er und seine Augen nehmen wieder ein lebendiges Aussehen an. Er blinzelt und blickt zu mir erstaunt zu mir runter. "Was...?" Er schüttelt leicht den Kopf und sein Blick wandert von mir zu Yami. Der Pharao seufzt und nickt. Scheinbar beantwortet er damit Kaiba´s unausgesprochene Frage. Sofort bin ich wieder auf den Beinen und auch Tea und Tristan lösen sich aus ihrer Deckung. "Was war das?" will Tristan wissen und auch er scheint zu begreifen, dass hier etwas echt ungewöhnliches vorgeht. "Oh Mann." sage ich und pfeife laut. "Das ist echt mal krass." "Scheinbar hast du einen Weg gefunden, Seth´s Kräfte zu nutzen." stellt Yami fest und wirft Kaiba einen merkwürdigen Blick zu. Das blaue Eis hält seinem Blick stand und ich frage mich was Yami genau meint. Ich glaube nämlich kaum, dass Kaiba das hier bewusst auslösen wollte. Zumindest sieht er nicht so aus. Ehrlich gesagt, er sieht sogar recht geschockt aus. Unsicher blickt er wieder zu mir. Ich lächele ihm beruhigend zu. "Damit kannst du zukünftig deine Geschäftspartner noch mehr einschüchtern." meine ich. "War er das?" fragt Tea ungläubig. Yami nickt. "Oh Mann." gibt nun auch Tristan etwas von sich. Kaiba sagt noch immer nichts. "Warum?" will Tea wissen und wendet sich an den Pharao. "Wut." erwidert dieser knapp und jetzt begreife auch ich den Zusammenhang. Meinetwegen. Ich schlucke. Etwas unsicher sehe nun auch ich Yami an. "Du bist sein Fixpunkt." erklärt mir der Pharao. Hä? Ich glotze wie eine Seekuh. Glaube ich zumindest. "Seine Gefühle für dich wecken Seth´s Kräfte." ergänzt er. Ähm... ja. Ok. Ist das gut? "Wir haben gestern bereits versucht, sie zu nutzen, aber keinen Weg gefunden sie zielgerichtet einzusetzen..." fährt der Pharao fort. "Scheinbar passiert es von alleine, wenn es um dich geht." Das sagt natürlich alles. Mein Blick wandert zurück zu Seto. Er schluckt. "..." Er weiß wohl genauso wenig wie ich was er sagen soll. "Und was machen wir jetzt?" fragt Tea. Doofe Frage, aber ich glaube zu verstehen was sie eigentlich meint. "Kaiba muss einen Weg finden, diese Kräfte zu kontrollieren. Und das am Besten schnell." entgegenet Yami ernst. "Er wird sie brauchen für das Jüngste Gericht." Tea und Tristan starren ihn entgeistert an. Ich schätze, so weit im Bilde sind die Beiden dann doch nicht. "Immerhin können wir nicht Joey in Gefahr bringen, nur damit Kaiba..." Yami bricht ab und ich finde den Gedanken auch echt nicht witzig. Also gar nicht. Trotzdem... krass, dass er so auf mich reagiert. Wow. Kaiba ist scheinbar genauso bewegt von der Erkenntnis wie ich. Wortlos sehen wir einander an. "Was genau meinst du mit Jüngstem Gericht?" höre ich Tristan fragen. Sein Tonfall ist ernst und ich glaube, er ahnt, dass die Sache es ebenso ist. Yami zögert. "Kaiba und ich sind dazu ausersehen auf der Seite des Lichts in die letzte Schlacht zu ziehen." sagt er schließlich und keiner sagt etwas. Tea und Tristan sehen ihn nur an und ich kann meinen Blick nicht von Kaiba lösen. "Eine Schlacht gegen wen?" fragt Tea nach einer Weile. Es dauert bis Yami antwortet. Und ja, ich will es auch wissen. Ich habe nämlich nicht die geringste Ahnung. Das Böse? Satan? Irgendwelche Dämonen? Pegasus und Bakura sind sicher nicht gemeint. Ich spüre wie mein Herz wieder zu rasen beginnt und ich halte unwillkürlich den Atem an. Die Antwort, die Yami uns schließlich gibt, überrascht mich. Dabei war ich innerlich auf einiges vorbereitet. Ist ja nicht so, dass ich keinen blassen Schimmer von solchen übelen Zeitgenossen hätte. Ein Paar hab ich ja persönlich erlebt und überlebt. "Ich weiß es nicht." sagt der Pharao ernst. "ER wird seine Krieger wählen, wenn die Zeit gekommen ist." ER. Ich schlucke. Schon wieder. Hat nicht Ishizu auch von dem "ER" gesprochen? Irgendwie gefällt mir das nicht. Ich erinnere mich noch genau an den entsetzten Blick der Ägypterin, dabei ist die normal echt nicht aus der Ruhe zu bringen. Wieder habe ich tausende Fragen. "Wir werden es sehr bald wissen." versichtert Yami. "Der Zeitpunkt ist nah. ER muss seine Krieger bis dahin benannt haben, genau wie das Licht uns benannt hat." "Dich und... Seth?" meint Tea. Yami schüttelt den Kopf. "Nein, mich und Kaiba." Etwas in seinem Blick verrät mir, dass hinter dieser Aussage mehr steckt als er momentan Preis geben will. Augenblicklich fallen mir die Worte ein, die er in Ägyten zu uns sagte. Das heißt, dass alles so vorher bestimmt war wie es nun eingetreten ist. Auch, dass Kaiba und du... Kapitel 40: Kritik ------------------ Bevor noch irgendjemand etwas sagen kann, passiert das Unfassbare. Ich habe das Gefühl, dass ein Donnerschlag ins Klassenzimmer niederkracht und für einem Moment bin ich sicher, dass ich taub werde so dröhnen mir die Ohren. Ich sehe wie Tea den Mund öffnet und bin sicher, dass sie aufgeschrieen hat, aber ich habe nichts davon gehört. Als das Getöse wieder verhallt, mischt sich in das Grollen genauso plötzlich ein zweites Geräuch und aus dem Nichts erscheint ein schwarzes Riesengebilde von schier unfassbarer Form. Doppelt so hoch wie ein Mensch und mit Umrissen, die meinen Verstand übersteigen. Ich reiße die Augen auf, ich glaube ich schreie auch auf und versuche zu erkennen was für ein Wesen sich da vor uns materialisiert. Kaiba wirbelt herum und folgt meinem Blick und ich nehme dunkel wahr wie seine Miene sich mit Entsetzen füllt. "Oh mein Gott!" höre ich Tristan keuchen und auch er starrt fassungslos auf dieses Gebilde. Keiner von uns ist in der Lage sich zu rühren, alles starren wir gebannt auf dieses... Ding, dass mit seltsam schwankender Bewegung vor uns steht. Was auch immer das sein mag, es ist... unfassbar. Grauenhaft. Ich glaube, dass ich den Verstand verliere. Es hat den Kopf eines Hundes, stelle ich fassungslos fest und ich werde unwillkürlich der Reißzähne gewahr, die unter blutroten Lefzen funkeln. Daumendick sind die Dinger und an den Seiten des grausigen Mauls zu wie bei einem Keiler gebogene Hauer. Ein Doggengesicht, nein, schlimmer. Viel schlimmer. Das kann nicht real sein. Das ist nicht wirklich echt. So etwas gibt es doch nicht, oder? Ich kann mich nicht rühren. Ich kann nicht einmal etwas sagen. Ich starre nur dieses Ding an und... Gott, so etwas gibt es nicht. Diese Augen... schräge Augen, so rot wie schwelende Glut. Ich will schreien, aber ich kann es nicht. Meine Kehle ist wie zugeschnürrt und was ich als nächstes wahr nehme ist, dass Kaiba sich vor mich stellt. Für einen wahnwitzigen Moment will ich ihn anschreien und ihn fragen was er sich dabei denkt. Glaubt er ernsthaft, dass er sich dem... dieser Missgestalt entgegenstellen kann??? Das hier ist keines seiner virtuellen Monster. Das hier ist... echt?! Oh mein Gott. Das hundsköpfige Etwas starrt aus engen Augenschlitzen um sich und ich realisiere, dass es tatsächlich nur drei, vier Meter von uns entfernt ist. Mitten in unserem Klassenraum. Ich vernehme ein heiseres Knurren und das Ding streckt eine Hand aus... nein, keine Hand, eine Klaue, ein Irgendwas. Ich schaudere. Mein Herz schlägt so schnell, dass ich befürchte es springt mir jeden Moment aus der Brust. Als die Klaue Tristan packt, löst sich endlich der Schrei aus meiner Kehle. Ich will etwas tun, irgendetwas, aber ich bin wie gelähmt. Aus dem Augenwinkel sehe ich wie Tea die Augen verdreht bis man nur noch das Weiße sieht und dann sinkt sie einfach zu Boden. Wahrscheinlich besser so... Ich will auch ohnmächtig werden oder hier weg oder... Das Ding hat Tristan am Nacken gepackt und zu sich gezogen. Er rührt sich nicht, ist wie erstarrt und wirkt wie eine alberne kleine Puppe in Händen dieser monströsen Gestalt. Dunkel nehme ich wahr, dass Yami irgendetwas sagt. Ich verstehe es nicht, aber scheinbar redet er mit dem Ding oder versucht es zumindest. Sein Blick ist eisern und ich schaudere angesichts der entschlossenen Ruhe, die er trotz dieses Geschehens ausstrahlt. Wieder knurrt das Etwas und Tristan stöhnt auf, sein Mund öffnet sich langsam und... "Euch sei verkündet, von heute an sieben Tage." Irritiert begreife ich, dass die Worte von Tristan kommen, aus seinem Mund, aber es ist nicht seine Stimme. Etwas raues, grollendes spricht aus ihm und ich glaube, dass es dieses Ding ist. Oh Gott, oh Gott... Ich spüre wie meine Beine nachgeben und alles vor mir und um mich zu verschwimmen droht. Ein grauenvolles Zischen kommt aus dem schrecklichen Maul. Es folgen weitere Worte, die von Tristan kommen, aus seinem Mund. "Es ist verkündet." sagt die unwirkliche Stimme und die roten Augen ruhen dabei auf Yami. Er nickt. "Es ist angenommen." erwidert er und wie zum Einverständnis heult dieses Hundedings auf. Dann löst sich die Klaue um Tristan´s Hals und schleudert ihn gleichgültig zu Boden. Ein letzter Blick aus den glühenden Augen streift mich und die Gestalt beginnt sich unter dem gleichen Getöse wieder aufzulösen wie sie erschienen ist. Ich beobachte den Vorgang gebannt und fassungslos. Mein Puls rast immer noch. Ich glaube nicht, was ich gerade gesehen habe. So was... das ist doch... Ich starre noch immer auf den Punkt wo bis vor ein paar Sekunden eine Gestalt präsent war, die es eigentlich nicht gibt, keinesfalls geben sollte. "Tristan." vernehme ich Yami´s besorgte Stimme und löse meinen Blick endlich von der Stelle, an der sowieso nichts mehr ist. Der Pharao beugt sich über Tristan und schüttelt ihn vorsichtig an der Schulter. Nun kann auch ich mich endlich rühren. Ich stürze einen Schritt vor und pralle direkt gegen Kaiba, dessen Hände sich fest auf meine Schultern legen. Seine Augen heften sich auf mich und ich möchte etwas sagen, öffne sogar den Mund, aber nur ein komischer Laut kommt hervor. Ein Schluchzer. Und ich spüre, wie sich meine Augen mit Tränen füllen. Dann zieht er mich in seine Arme und ich klammere mich an ihn. Er hält mich wortlos fest und ich spüre seine Anspannung. Jede Faser seines Körpers, jeder Muskel ist gespannt und ich kann nicht anders. Ich fange an zu weinen. Das darf doch alles nicht wahr sein. Was ist nur los? Was war das gerade und was bedeutet das alles? Mein Hirn routiert, aber eigentlich will ich gar keine Antwort auf diese Fragen. Ich spüre wie er mir beruhigend über den Kopf streichelt. "Beruhig dich." sagt er leise. "Es ist vorbei." Vorbei? Was??? Die Heimsuchung von einem Megamonster? Ich löse mich von ihm und sehe ihn fragen an. Dann erst kommt mir wieder Tristan in den Sinn. Ängstlich blicke ich zu ihm rüber und bin erleichtert als ich sehe, dass er sich bewegt. "Bleib liegen." ermahnt ihn Yami und er gehorcht. "Es ist alles ok." Lügner! Nichts ist ok. Absolut gar nichts. Das hier... das ist was anderes als die Dinge bisher. Das war ein reales Monster. Nein, hier ist ganz und gar nichts ok. "Wir bringen ihn am Besten zur Schulschwester." befindet Yami und beugt sich dann zu Tea. Erleichtert stelle ich fest, dass auch sie langsam wieder zu sich kommt. Es ist Kaiba, der die Initiative übernimmt. Er tritt zu den dreien und mit einer erstaunlichen Leichtigkeit und auf merkwürdig stylische Art - wie ich trotz dieses ganzen Chaos absurderweise bermerke, hebt er Tristan hoch und deutet uns an ihm zu folgen. Jetzt erst sehe ich die dunklen Male an Tristans Hals. Der Abdruck der Klaue. Ich schaudere wieder. Fuck, wie sollen wir das erklären? Fragend blicke ich zu Yami. "Was zur Hölle war das?" fahre ich ihn an. Endlich habe ich meine Stimme wieder. "Der Kynokephalos." erwidert er tonlos und lässt mich einfach stehen. Fassungslos blicke ich ihm nach. Dann wende ich mich Tea zu, die sich langsam aufrappelt. Ich reiche ihr meinen Arm und sie nimmt ihn dankbar an. "Was..." presse ich hervor obgleich ich weiß, dass sie genauso wenig versteht wie ich. "Gehen wir ihnen nach." meint sie nur und ich seufze. Widerwillig setze ich mich in Bewegung. Tea umklammert noch immer meinen Arm. Bin echt gespannt, wie sie das der Schwester erklären wollen. Aber verdammt, ich will erstmal eine Erklärung. Das wird mir allmählich echt zu viel. Yami wartet vor dem Krankenzimmer. Er sieht nachdenklich aus und ich habe mich langsam von dem Schock erholt. Naja, einigermaßen. Jetzt habe ich Fragen. Viele Fragen. Verdammt viele und überhaupt! "Er wird wieder." meint der Pharao. Dennoch sehe ich ihn skeptisch an. Zum ersten Mal weicht Yami meinem Blick aus. Und das beunruhigt mich wirklich. "Was war das?" wiederhole ich meine Frage und auch Tea sieht ihn erwartungsvoll an. "Ein Dämon der alten Zeit." erwidert er mit tonloser Stimme. Ich rolle mit den Augen und... agiere wie Kaiba. "Was verdammt noch mal wollte dieses Ding? Was geht hier überhaupt vor? Yami, wir haben ein Recht darauf zu erfahren was das alles soll." Ich glaube, ich klinge sogar wie Kaiba. Der Pharao nickt. "Ich werde es euch erklären." entgegnet er. "Aber nicht jetzt. Nicht hier. Warten wir bis Tristan und Kaiba fertig sind, dann suchen wir uns einen ruhigen Ort und ich sage euch, was auf uns zukommen wird." Ich nicke und spüre, dass Tea´s Hand, die noch immer auf meinem Arm ruht, zu zittern beginnt. Kapitel 41: Aletheia -------------------- Der ruhige Ort ist Kaiba´s Villa. Mokuba macht die Runde vollständig und Tristan geht es den Umständen entsprechend gut. Er hat einen Schock und wurde vom Unterricht beurlaubt. Der Rest... schwänzt gerade. Keine Ahnung was Kaiba der Schulschwester erzählt hat oder wie er die Male an Tristan´s Hals erkärt hat. Das interessiert mich gerade auch nicht wirklich. Ich habe zu viele offene Fragen in meinem Kopf und ich werde keine Ruhe geben bis Yami uns endlich sagt was hier los ist. Erwartungsvoll sehen wir ihn an. D. h. Tea, Tristan, Mokuba und ich, denn Kaiba scheint längst im Bilde zu sein. "Also?" Schade, dass ich es nicht hinbekomme eine Braue hoch zu ziehen. Ich glaube aber auch nicht wirklich, dass es bei mir die gleiche Wirkung wie bei Kaiba hätte. Egal. Yami seufzt. Er sieht ernst aus und irgendwie auch... irgendwie unsicher. "Die ganze Sache ist... kompliziert." sagt er langsam. Davon bin ich auch ausgegangen. Wäre auch das erste Mal, dass so was einfach wäre und nachdem was gerade in unserem Klassenzimmer passiert ist, kann man alles behaupten, nur nicht, dass es sich hierbei um ne simple Angelegenheit handelt. Irgendwie merke ich dem Pharao an, dass er nicht so recht weiß wie er uns das Ganze am Besten beibringen soll. Also frage ich einfach munter drauf los. So was soll ja helfen, ne philosophische Kiste. "Was hat dieses... Ding... dieser Kynklops gemeint?" frage ich. "Kynokephalos." verbessert mich Kaiba ruhig. "Ähm ja... danke." Ich kratze mir am Kopf, dann wende ich mich an ihn. "Du könntest ruhig auch mal was dazu beitragen!" fahre ich ihn an und werde augenblicklich rot als seine blauen Augen sich auf mich legen. Ich schlucke. "´tschuldigung..." murmele ich kleinlaut, aber er lächelt und nimmt meine Hand. Vor den andern. Ich grinse seelig und vergesse fast meine Wut und die vielen Fragen. "Dieses Ding..." höre ich Yami sagen und sein Blick streift den von Kaiba. "ist ein Dämon der alten Zeit und der Verkünder des Jüngsten Gerichts. Er hat mir - uns - mitgeteilt, dass nun die Zeit des Zwielichts begonnen hat und die letzte Schlacht heute in sieben Tagen stattfinden wird." "Und du musstest das bestätigen?" fragt Tea unsicher. Der Pharao nickt. "Alle Beteiligen müssen sich an die Regeln halten und das heißt auch, dass ich bestätigen muss, die Botschaft erhalten zu haben." erklärt er weiter. "Und was heißt das genau? Welche Regeln? Und was ist jetzt in sieben Tagen?" platzt es aus mir raus. Kaiba verstärkt den Druck auf meine Hand und ich versuche mich zusammen zu reißen. Wieder seufzt der Pharao. "Am Anfang aller Dinge gab es kein "gut" und auch kein "böse", denn beides war eins." meint er nach kurzem Zögern und blickt uns unsicher an. "Wie ihr sicher wisst, hat jede Religion ihren Schöpfungsmythos. Im alten Ägypten gab es sogar mehrere, doch keinen einheitlichen... Einige dieser Mythen sind rein menschliche Erfindungen, geboren aus dem Wunsch, die ewige Frage des "Woher" und "Wohin" zu beantworten. Die meisten Göttersagen wurden auf diese Weise geboren und von Generation zu Generation überliefert und natürlich auch verändert." Religionsstunde für Fortgeschrittene. Ich stöhne unbewusst auf. Kaiba ist mir auch schon mit dem Zeugs gekommen. Gestern erst. Oh Mann, das Ganze ist tatsächlich kompliziert. Yami scheint wieder zu überlegen. Es dauert eine Weile bis er fortfährt. "Hinter allem sein stehen die sogenannten Hohen. Früher nannte man sie Götter. In der alten Zeit wusste jeder um ihre Macht und viele Geschichten wurden über sie erzählt. Doch seit sie sich zurückgezogen haben, verblassen die Erinnerungen und die Menschen haben mit den Jahrhunderten die Geschichten auf neue Weise überliefert. Man könnte sagen... in jeder Sage, Legende, Mythologie steckt noch ein Fünkchen der alten Wahrheit." Er atmet tief durch, wir alle sehen ihn gebannt an. "Es heißt, das Universum wurde von einem von ihnen erschaffen. Von dem Höchsten der Hohen. Manche nannten ihn Melmoth, den Wanderer. Andere nannten ihn nur den Grauen. Er soll das Leben erschaffen haben und mit ihm alles was das Leben ausmacht. Er erschuf eine Vielzahl von Galaxien, unendlich in ihrer Anzahl. Unsere Galaxie überließ er der Obhut zwei seiner Söhne, wenn man so will. Ebenfalls Hohe und in der alten Zeit wurden sie als Götter verehrt. Zwillingsmächte waren sie, hervorgegangen aus dem Grauen selbst: Seth, der Dunkle und Ra, der Helle. Was in Melmoth noch vereint war, wurde in Seth und Ra geteilt. Gut und Böse." Ich stöhne laut auf. Fuck, ist das kompliziert. Ich gehe mal davon aus, dass er mit Seth nicht seinen Seth meint. Und Ra... den Namen hab ich schon mal irgendwo gehört. "Willst du damit sagen, dass diese Zwei... so was wie die ersten Götter waren?" fragt Tea. Es ist Kaiba der antwortet. "Ja, so könnte man es ausdrücken." bestätigt er und wow - er lächelt Tea sogar an. Jetzt ist echt nichts mehr wie es mal war. Oh Mann. Ein gutmütiges Lächeln von Kaiba. Aber Tea hängt zu sehr an Yami´s Worten um es zu bemerken. "So fing es also an, dass Gut und Böse sich bekriegten... und ihr Krieg brachte nicht nur das Verderben in die Welt, er kostete auch unzählige Leben." fährt Yami fort. "Doch es kam nie zu einem endgültigen Sieg. Weder war es Seth möglich Ra endgültig zu besiegen noch umgekehrt. Ein ewiges Ringen um die Vorherrschaft aus der kein Sieger hervorging. Schließlich erkannten auch die Beiden, dass es so unmöglich war den Streit zu beenden und sie beschlossen es den Menschen zu überlassen den Krieg für sie auszutragen. Krieger sollten erwählt werden, die den Kampf an ihrer statt austragen sollten." Der Pharao hält inne und mustert uns. Ich schlucke. "Krieger wie Seth und du?" will Mokuba wissen. Er nickt. "Ja, wir wurden auserwählt zu kämpfen. Ra selbst hat uns bestimmt." antwortet er und ich starre ihn an. Er hat so eine Schlacht schon einmal geschlagen? Es ist Kaiba, der die Geschichte wieder aufnimmt. "Seth und Yami wurden bestimmt gegen zwei Krieger der Finsternis anzutreten und sie stellten sich ihrer Aufgabe, damals. Doch als es so aussah, dass die Beiden den Sieg davon tragen würden, wurde der Hohe Dunkle wütend und ersann eine List, das Blatt zu wenden." Kaiba´s Blick wandert zu Yami und dieser nickt. "Ein Versuch den Pharao zu töten. Dabei war es den Hohen nicht gestattet in den Verlauf der Schlacht einzugreifen. Aber der Hohe Dunkle wollte sich nicht daran halten. Doch als er seine Kräfte einsetzte, um Yami zu töten, warf Seth, sein Hohepriester, sich dazwischen und rettete den Pharao indem er sein Leben für ihn gab." "Nachdem dies passiert war, griff nun auch Ra in das Geschehen ein und er rief den Grauen um Hilfe an, da er von seinem Bruder betrogen worden war um einen fairen Kampf. Melmoth fällte darauf das Urteil und er entschied, dass die Schlacht ohne Ergebnis zu beenden sei. Doch sowohl Ra als auch Seth wollten endlich eine Entscheidung und so verfügte der Graue, dass die Schlacht zu einem anderen Zeitpunkt ausgetragen werden sollte. Ra erbat es sich den Pharao als Krieger behalten zu dürfen. Daher wurde er versiegelt und Seth sollte wiedergeboren werden. Und bis dahin... bis zu dem Zeitpunkt sollte eine Art Waffenstillstand herrschen zwischen Gut und Böse. Ra und sein Bruder fügten sich, denn auch sie sind nur Untergebene des großen Hohen." Mein Schädel brummt. Oh Mann. Ich weiß gar nicht was ich denken soll. Das Ganze... diese Geschichte. Es klingt wie ein merkwürdiges Märchen, irgendeine dieser Geschichten, die meine Mutter mir als Kind erzählt hat. Naja, so was in der Art. Das Gute, das Böse... Krieger. Ich weiß nicht wie es den anderen geht, aber ich bin gerade heillos überfordert. Das ist definitiv too much für mich. Tea schluckt. "Und nun müsst ihr in sieben Tagen zu diesem Kampf antreten?" fragt sie zaghaft. Yami nickt. "Und ihr habt keine Ahnung gegen wen oder was?" bohrt Tristan weiter. Wieder nickt der Pharao. "Das wird uns noch verkündet werden. Genau wie der Austragungsort." "Verkündet?" echot Mokuba. "Kommt dann wieder dieses Ding von dem ihr erzählt habt?" Seine Augen leuchten. Komischerweise kommt mir der Gedanke, dass er dieses Monster gerne mal sehen würde. Ich kann darauf verzichten. Das eine Mal hat voll und ganz gereicht. Danke, ich verzichte. "Ja." antwortet Kaiba und Tristan stöhnt auf. "Dann bin ich hoffentlich nicht in der Nähe!!!" "Und was bedeutet "Zeit des Zwielichts"?" stelle nun auch ich eine Frage. "So bezeichnet man die letzte Woche vor dem Jüngsten Gericht. Die Zeit in der sich das Dunkle langsam erhebt und es die Welt auch heimsuchen wird." erklärt der Pharao und mir gefällt das gar nicht. Heimsuchen ist nie was gutes!! "Das Duell gegen Pegasus und Bakura wird unsere erste Prüfung. Zudem brauchen wir die Milleniumsgegenstände für den bevorstehenden Kampf." Tea nickt nachdenklich. Wahrscheinlich versteht sie sogar irgendwas von dem ganzen Zeugs. Ich weiß ehrlich gesagt immer noch nicht viel mehr. Aber das Wesentliche ist mir schon klar. Wir haben ne Menge Ärger am Hals. Echt jetzt! Und ich befürchte, dass Ärger gar nicht der richtige Ausdruck ist. Unsicher blicke ich zu Seto. Seine Züge sind wieder wie aus Stein gemeißelt. Wie kann er nur so ruhig sein? Wie können die alle so ruhig sein? Vor allem nachdem was heute schon passiert ist? Oh Mann... ich darf gar nicht daran denken. "Was passiert, wenn ihr die Milleniumsgegenstände nicht bekommen solltet?" will Tea wissen. Yami antwortet nicht. Und plötzlich fällt mir wieder ein was ich noch fragen wollte. Was mir schon die ganze Zeit auf der Zunge liegt. Wie konnt ich den Punkt überhaupt vergessen? "Wie hast du das gemeint, Yami, als du sagtest, dass Seto und du auserwählt seid? Und was bedeutet, dass das alles vorherbestimmt sei, auch das mit Seto und mir?" Letzteres interessiert mich am meisten. Ich meine, wie kann so was vorher bestimmt sein? Das geht doch gar nicht. Also, wie sollte man vorher bestimmen, dass Kaiba und ich... so was passiert? Der Pharao lächelt mich an. "Nun, weil Ra dieses Mal Kaiba zu meinem Mitstreiter erwählt hat." erwidert er schlicht und ich frage mich direkt wie, wo, wann. Aber gut. Ich nehme es mal so hin. Wahrscheinlich weil er Seth´s Geist in sich trägt. Folglich wäre es nur logisch. Aber der Rest... das ist ganz und gar nicht logisch. Also? Die Antwort, die Yami mir schließlich gibt, übertrifft dann doch alles bis dahin dagewesene und ja, die Sache ist verdammt kompliziert!!! "Weil Kaiba andernfalls zu einem Krieger des Dunkeln erwählt worden wäre." _____________________________________________ Edit: Erst einmal Danke für die lieben Kommis. :-) Ich hoffe die Story ist nicht zu konfus geraten bzw. ich drücke mich noch verständlich aus. Meine mythologische Freiheiten müsst ihr mir bitte nachsehen, auch die Tatsache, dass ich das Original in der Hinsicht doch ein wenig verändere. Und soviel sei verraten: Joey spielt bei alldem eine größere Rolle als es augenblicklich noch scheint. Viel Spaß weiterhin! Kapitel 42: Dunkelheit ---------------------- Obgleich ich noch unzählige Fragen habe, hat Yami beschlossen den Vortrag erstmal zu beenden. Er meint, wir müssten jetzt erstmal einige pragmatische Dinge in die Hand nehmen, denn die Zeit dränge ja. Der hat Nerven! Erst erzählt er uns all diese Sachen und dann... Ich habe jetzt noch mehr Fragen, besonders nach seiner letzten Offenbarung. Die hat uns alle irgendwie geschockt. Und ich habe auch so das Gefühl, dass da noch mehr dahinter steckt. Er hält noch was zurück, genau wie Kaiba, aber keiner der Beiden scheint augenblicklich gewillt, darauf einzugehen. Verflucht! Die Nerven der Zwei hätte ich echt gern. Ich nehme mir fest vor, mir Kaiba zu schnappen und ihn zur Rede zu stellen. Am Besten heute Abend, wenn wir allein sind. Wahrscheinlich hat Yami sogar Recht, ich meine, morgen ist das Duell gegen Bakura und Pegasus und es ist ja scheinbar sehr wichtig, dass wir den Beiden die Milleniumsgegenstände abknöpfen. Schließlich fehlen nur noch Bakuras Ring und Pegasus Auge, aber das hat ja auch Bakura. Ich bezweifle, dass der sie so leicht rausrücken wird. Also, Ryo wäre ja noch vielleicht bereit dazu, aber sein Yami... nee, der gibt die Teile sicher nicht freiwillig her. "Ich glaube, es wäre gut, wenn Ishizu und Marik hier wären. Und wir brauchen auch Shadi. Er hat immerhin die restlichen Milleniumsgegenstände." meint Yami und blickt zu Kaiba. Dieser zuckt mit den Schultern. "Du kannst mein Flugschiff nehmen, wenn du sie abholen möchtest!" erwidert mein Eisprinz gleichgültig. Yami scheint zu überlegen. "Wir beide haben noch eine Menge zu tun." sagt er schließlich und ich bin nicht sicher was er meint. Wen er meint ist klar. "Mokuba kann das auch erledigen. Ich bin nur nicht sicher ob deine ägyptischen Freunde auf ihn hören werden." gibt Kaiba zu bedenken. "Ich könnte ihn begleiten." schlägt Tea vor. "Ishizu kennt mich inzwischen gut, sie wird wissen, dass die Aufforderung von dir kommt." Sie lächelt Yami zu und er nickt dankbar. "Ja, das scheint mir eine gute Lösung." antwortet er und wendet sich an Tristan. "Meinst du, du kannst die Beiden auch begleiten oder bist du noch nicht..." Tristan springt auf. "Keine Sorge, ich bin wieder auf dem Damm." erwidert er. "Dann ist das beschlossen." Yami scheint zufrieden und Kaiba wendet sich an Mokuba. "Das bekommst du doch hin, kleiner Bruder?" Er schenkt ihm ein Lächeln. Der Kleine nickt eifrig. "Klar, Seto." antwortet er. "Ich sag Roland er soll das Flugschiff klar machen, dann können wir gleich los." Kaiba nickt. "Ausgezeichnet, Mokuba." Kaiba junior strahlt ihn an. Wieder diese Heldenverehrung. Die Zwei sind echt... süß. Kaiba´s eben. Ich komme nicht umhin zu lächeln. "Was ist mit Shadi?" will Tea wissen. "Ishizu wird wissen wo er zu finden ist." meint Yami. "Sag ihr einfach, dass die Zeit des Zwielichts gekommen ist. Sie wird es verstehen." Tea nickt. Der Punkt wäre also geklärt. Ein Glück, dass Kaiba bei dieser Sache auf unserer Seite steht. Was mich wieder an Yami´s Worte erinnert... "Weil Kaiba andernfalls zu einem Krieger des Dunkeln erwählt worden wäre." Wie hat er das nun gemeint? Soll das heißen, dass Kaiba von diesem Hohen Dunkeln, Seth, als Krieger ausgewählt worden wäre? Naja, so abwägig wäre die Wahl ja nicht. Ich meine, er ist ja einer der besten Duellanten und so. Zudem war er bis vor kurzem noch Yamis Erzrivale. Trotzdem... das klingt doch alles etwas strange. Und vor allem, was hat das denn mit mir zu tun? Ich meine, wie konnte man wissen, dass ich mich in Kaiba verknallen würde und er sich in mich und dass er deshalb nicht länger uns Feind ist. Verdammt, warum kann Yami mir diese Fragen nicht einfach beantworten? Ist doch echt nicht zuviel verlangt, oder? "Joey?" vernehme ich Kaiba´s Stimme und merke jetzt erst, dass er wieder neben mir steht. "Alles ok bei dir?" will er wissen. Ich seufze. Nein, nichts ist ok. Ich bin verwirrt und überhaupt... das alles ist schon ziemlich krass und übersteigt so langsam meinen Horizont. All das würd ich gern sagen und noch mehr, aber stattdessen grinse ich ihn an und meine: "Den Umständen entsprechend." Er lächelt und beugt sich leicht zu mir. "Ich werde gut auf dich aufpassen, mein Hündchen." flüstert er mir zu und ein Schauder durchzuckt meinen Körper. Ich weiß, das ist jetzt echt verrückt, aber diese Stimme, sein Atem auf meiner Haut und dieser Blick... Das schreit nach... Schlafzimmer und ich werde natürlich sofort rot, was ihm auch nicht entgeht. "Später." haucht er und da ist wieder dieses kleine Lächeln, das mich in den Wahnsinn treiben kann. Fuck, in solchen Momenten ist er aber auch so was von heiß. Ich meine, echt heiß. Also... zum niederknien. Komischerweise ist er sich dessen nicht mal bewusst. Ich glaub, das verstärkt die Wirkung nur. "Ok." ist alles was ich von mir geben kann und es ist Mokuba, der diese doch recht angeheizte Situation unterbricht. "Roland ist bereit, Seto." erklärt der Kleine und Kaiba nickt. "Dann könnt ihr los." sagt er zu Tea und Tristan. Die Beiden machen sich bereit. "Du passt auf dich auf, Mokuba." Man könnte meinen, dass es ein ganz normaler Seto-Kaiba-Befehl ist, aber nein... ich bin inzwischen mit den Feinheiten seiner Stimme vertraut. Der Kleine nickt. "Klar, Seto." Mokuba drückt seinen Bruder kurz und Kaiba erwidert die Umarmung, dann wendet sich der Kleine an Tea und Tristan. "Kommt mit." sagt er und die Zwei folgen ihm. Jetzt sind nur noch Yami, Kaiba und ich übrig und... meine Fragen. Soll ich vielleicht doch nachhaken? Einen Versuch wäre es wert. "Also, Yami... was du vorhin gesagt hast, von wegen Kaiba wäre dann ein Krieger des Dunkelns... ich versteh das nicht so ganz." Ich grinse schief und die Beiden sehen mich unschlüssig an. Schließlich seufzt Yami. "Das ist... kompliziert." meint er wieder und ich verdrehe die Augen in bester Kaiba-Manier. "Das hast du vom Rest auch gesagt." erwidere ich. "Stimmt." Yami nickt. "Nun, ich kann es dir auch nicht mit absoluter Sicherheit sagen. Bislang habe ich bei dieser Sache nur so eine Ahnung und ich hoffe ehrlich gesagt darauf, dass Ishizu oder Shadi in der Lage sein werden, einige Rätsel, die sich noch stellen zu lösen." erklärt er mir ernst. Kaiba sagt nichts. Er hat den Blick gesenkt und ich frage mich was gerade in ihm vor geht. Was überhaupt angesichts dieser ganzen Lage in seinem Kopf abläuft. Sein Leben steht zur Zeit echt mal Kopf. Erst die Sache mit Seth, jetzt diese Kriegergeschichte... von unserer Sache ganz zu schweigen. Ich schätze mal, es ist der Vereinigung mit Seth zu verdanken, dass der gute, alte Kaiba nicht ausflippt. Es kann aber auch sein, dass die Dinge, die Yami ihn offenbart hat, diese Veränderung in seiner Reaktion bewirken. Vielleicht versteht er aber auch nur den Ernst der Lage und weiß, dass er eben gebraucht wird. Mann, ich mach mir viel zu viele Gedanken. Ich werd ihn das bei Gelegenheit fragen, wenn wir allein sind. Heute Abend... Aber nachdem wir... Ähm, ja. Ich seufze und nicke nur. Dann muss ich das wohl so hinnehmen. Leider. Mir wäre es lieber gewesen, die Dinge hier und jetzt endgültig zu klären, aber wenn er es auch nicht sicher weiß... Tja, dann. Etwas an Kaiba´s Blick irritiert mich allerdings. Da leuchtet etwas, dass ich nicht deuten kann, aber ich sage nichts und für ein paar Sekunden schweigen wir alle drei. Unsicher und unschlüssig und die Situation ist mal wieder... absurd, aber eigentlich ist ja alles hier absurd, oder? So wie die Dinge sich ja entwickelt haben... Mann, Mann. "Also gut, was jetzt?" meine ich und kratze mich unschlüssig am Kopf. "Wir werden erstmal unsere Decks gemäß meiner Analyse einander anpassen." befindet Kaiba und Yami nickt zustimmend. "Im Grunde dürfte das kein so großes Problem morgen werden, aber bei Bakura muss man auf alles vorbereitet sein und die Tatsache, dass Pegasus gemeinsame Sache mit ihm macht, gefällt mir auch nicht unbedingt. Die Beiden werden sicher ein paar Tricks auf Lager haben." analysiert Kaiba nüchtern die Ausgangslage. Der Pharao nickt nur. "Ich könnte mir gut vorstellen, dass Bakura ein weiterer Krieger ist." sinniert er und ich sehe ihn überrascht an. "Wieso?" will ich wissen. Der Pharao zuckt mit den Schultern. "Ein Gefühl. Bakura bezeichnet sich doch so gerne als die Dunkelheit, wäre folglich logisch, wenn er auch für sie kämpft." antwortet er und das leuchtet ein. "Aber müsst ihr das dann nicht gesagt bekommen?" frage ich weiter. "Ja, eigentlich schon. Zumindest muss es uns vor Ablauf der Woche verkündet werden. Solange kann noch mit verdeckten Karten gespielt werden." Ich nicke. Bakura als Gegenspieler. Gut, das ist nichts Neues. Der Kerl hat ja schön öfter Ärger gemacht. "Und wir sollten einen Weg finden, Kaiba´s neue Kräfte zielgerichtet zu nutzen." höre ich Yami sagen. Ach ja, natürlich. Da war doch noch was. Ich blicke zu Kaiba. Er wirkt... mürrisch. Anders lässt es sich nicht ausdrücken. "Welche Kräfte sind das denn überhaupt?" will ich wissen. "Was hatte Seth denn so drauf?" Kaiba verdreht die Augen und ich merke, dass ihm dieses Thema gar nicht gefällt. Ich zwinkere ihm instinktiv zu. Yami lächelt. "Seth war ein Magier, er war in der Lage die Elemente zu kontrollieren. Sein eigenes Element war die Erde." Der Pharao blickt zu Kaiba. "Ich denke, dass es sich bei Dir anders verhält." Seto erwidert nichts, er fragt auch nicht nach. Er steht einfach nur da und ich habe das Gefühl, dass er am liebsten wo anders wäre. "Dein Element ist das Eis." erklärt Yami und ich nicke nachdenklich. Also das verstehe ich jetzt zum ersten Mal. "Aber er kann auch andere Elemente einsetzen?" frage ich und Seto stöhnt auf. "Er ist anwesend." zischt er in altgewohnter Manier. "Tschuldige." Ich lächele ihn an und er verzieht lediglich seinen schönen Mund. "Also?" Erwartungsvoll blicke ich zum Pharao. "Ja, davon gehe ich aus. Aber Eis ist wohl deine Hauptkraft." Er nickt Seto zu. Dieser stöhnt kaum hörbar auf. "Ich frage jetzt nicht nach, warum es gerade Eis ist..." meint er sarkastisch und ich muss ein Lachen unterdrücken. "Was ist dein Element?" frage ich Yami. "Feuer." entgegnet der Pharao. "Und wie kontrollierst du es? Ich meine, wie kontrolliert man das überhaupt?" "Normalerweise bedarf es langer Übung und Vorbereitung. Unter anderm durch Meditation zum Beispiel. Ich wurde bereits als Kind darin unterrichtet, meine Kräfte richtig zu nutzen." erzählt Yami. "Bei Seth war es ähnlich." "Und ich soll das Ganze jetzt in einem Crashkurs lernen? Das kann ja heiter werden." Kaiba schüttelt leicht den Kopf. Der Pharao sieht ihn ernst an. "Du hast keine Wahl." meint er und ich schlucke. Kaiba seufzt resignierend. "Das du es kannst, hast du schon bewiesen. Nun müssen wir deine Kräfte nur bündeln. Ich werde versuchen dir das Grundlegende beizubringen." fährt Yami fort. Kaiba erwidert nichts. "Ein Glück, dass du so eine schnelle Auffassungsgabe hast, Seto." bemerke ich und er grinst mich an. "Danke." Ich bin nicht sicher ob nicht etwas Ironie in der Erwiderung mitschwingt. Ich lasse es dabei bewenden. "Na, dann solltet ihr euch mal daran machen..." Yami nickt und sein Blick wandert wieder zu Kaiba. "Also schön, was soll ich tun?" "Ich schlage vor, wir gehen als erstes einmal in deinen Trainingsraum. Nicht, dass wir oder besser gesagt du diesen schönen Salon noch demolieren." Yami grinst und Kaiba verdreht schon wieder die Augen. Aber er setzt sich in Bewegung und wir folgen ihm. Ich bin echt gespannt was jetzt kommen wird. Die Nummer in der Schule war ja schon krass... also das Erdbeben. Fuck, warum kann ich nicht auch so ein Element kontrollieren. Das ist sicher ne geile Sache. "Für den Anfang sollten wir es mit einer Frostkugel versuchen." schlägt Yami vor. Er und Kaiba befinden sich in der Arena und ich gucke vom Kontrollraum aus zu. Kaiba stöhnt. Ich glaube, er kommt sich albern vor. Naja, würde mir vielleicht auch so gehen, wenn ich da stehen müsste. "Schließ die Augen und konzentrier dich auf das Eis. Stell dir eine Kugel aus Eis vor, die in deiner Hand liegt." höre ich Yami sagen. Kaiba zögert, für einen Moment macht er den Eindruck als wolle er etwas sagen, aber im letzten Moment scheint er es sich anders zu überlegen. Er schließt die Augen und scheint sich zu konzentrieren. Gebannt blicke ich zu den Beiden runter. Fehlt eigentlich nur noch Popcorn. Ich bin gespannt, was geschieht. Aber es passiert - NICHTS. Kaiba steht da, hält die Hand auf, aber von einer Frostkugel ist weit und breit nichts zu sehen. "Bleib ruhig. Konzentrier dich." Yami redet sanft auf ihn ein. Kaiba´s Schultern zucken. "Stell es dir vor deinem inneren Auge vor..." Kaiba´s Mundwinkel zucken nun auch. "Was denkst du was ich hier tue??" zischt er. Oh, oh... Er wird sauer. "Gib dir ein wenig mehr Mühe!" fordert der Pharao und ich glaube, dass das keine gute Idee ist, also so mit Seto zu reden. "Sobald ich diese Frostkugel in meiner Hand habe, werfe ich sie dir an den Kopf." erwidert Kaiba giftig und ich sehe Yami grinsen. "Dafür musst du sie erst einmal herstellen, Kaiba." erinnert ihn der Pharao und... nein, Kaiba explodiert nicht. Ich zucke zwar etwas zusammen, weil ich davon ausgehe, dass jetzt irgendwas kommt, aber wider Erwarten stürzt er sich nicht auf Yami. Stattdessen materialisiert sich tatsächlich langsam eine kleine Kugel aus Eis in seiner ausgestreckten Hand. Noch bevor Kaiba die Augen öffnet, weiß ich, was er tun wird. Seine blauen Augen sind jetzt zwei giftig funkelnde Saphiere und Yami schafft es gerade noch der Kugel auszuweichen. Ich springe auf und schreie "Strike!" "Und jetzt versuchen wir das Ganze einmal ohne Wut." meint Yami gelassen. Kaiba funkelt Yami nach wie vor an. Ob das tatsächlich ohne Wut gehen wird, ich hab so meine Zweifel, aber hey, er hat es hinbekommen. Hach, ich bin stolz auf meinen Krieger. "Konzentrier dich." sagt Yami wieder und aus irgendeinem Grund halte ich den Atem an. Ich konzentriere mich ebenfalls, wenn auch nicht auf eine Frostkugel. Ich stehe einfach da und beobachte das Geschehen konzentriert und auch fasziniert. Ich schaffe es mir sogar ein Lachen zu verkneifen als die zweite Eiskugel den Pharao trifft. "Langsam bekommst du den Bogen raus." meint Yami lächelnd. Kaiba erwidert nichts, aber ich glaube, er findet gerade Gefallen an der Aktion. "Versuch es einmal mit einer Eiswand." schlägt der Pharao vor. Ob es ihm gelingt bekomme ich nicht mehr mit, denn mit einem Mal wird um mich herum alles schwarz. Der ganze Kontrollraum scheint in Dunkelheit zu versinken. Ich wirbele herum und sehe wie im Dunkeln etwas auf mich zu kommt. Ich schlucke und meine Kehle ist wie zugeschnürt. Augen... das erste was ich sehe sind Augen. Rot wie Blut. Ich habe das Gefühl, dass mir das Blut in den Adern jeden Moment gefriert. Die Gestalt, die sich langsam in der Dunkelheit abzeichnet, ist beinahe sechs Fuß hoch. Sie tritt aus dem Schatten, nein... sie ist der Schatten... Oh Gott, was zur Hölle ist das? Ich weiche unwillkürlich zurück und weiß zugleich, dass ich mit dem Rücken an der Wand lande. Ein felsenfarbenes Etwas steht vor mir, von Kopf bis Fuß in einen schwarzen Umhang gehüllt, der nur granitene Hände und ein felsiges Gesicht erkennen lässt. Die Augen unter den Lidern glühen und sie blicken mich direkt an. Mein Blut fließt mir wie Blei durch die Adern. Wie gelähmt stehe ich da, unfähig mich zu rühren oder auch nur einen Ton von mir zu geben. Mit Grauen nehme ich wahr, dass dieses Etwas seine Hand nach mir ausstreckt und tastend vorwärts schwebt. Ein böses Lächeln verzerrt das unwirkliche Gesicht und ich stöhne lautlos auf. "Oh Gott." presse ich tonlos hervor. Mein Herz, mein Herz droht zu zerspringen. Ich will hier weg... ich muss... Bitte, hilf mir jemand. "Der Assiduus!" höre ich Yami entsetzt schreien, dann geben meine Beine nach und alles verschwimmt. Kapitel 43: Ungunst ------------------- "Joey! Verdammt, Joey!" Aus weiter Ferne höre ich Kaiba´s Stimme. Er klingt wütend. Nein, aufgebracht... oder... Ich stöhne auf. Mein Kopf tut weh und ich habe Angst die Augen zu öffnen. "Joey, mach die Augen auf!" befiehlt Kaiba und jetzt weiß ich was in seiner Stimme mitschwingt. Verzweiflung. Nackte Angst. Ich glaube, ich murmele irgendwas und versuche dann vorsichtig meine Lider zu öffnen. Ich blinzele unsicher, dann sind meine Augen offen. Kaiba beugt sich über mich und seine schönen Augen spiegeln das wider was ich eben noch in seiner Stimme hörte. Sein Blick wirkt sogar gehetzt, fast panisch und ich kann mich erinnern, dass ich diesen Blick nur einmal bei ihm gesehen habe. Damals... als Pegasus Mokuba´s Seele eingefangen hatte. Ich schlucke und versuche mich aufzurichten. "Schon gut... ich bin ok." Glaube ich zumindest. Kaiba packt mich am Arm und hilft mir beim aufstehen. Mein Kopf tut immer noch weh und ich habe das Gefühl, dass sich alles dreht, aber wenigstens ist diese Dunkelheit weg. Und dieses Ding! Augenblicklich reiße ich die Augen auf und starre ihn an. "Was..." hebe ich an, komme aber nicht weiter. "Es ist alles in Ordnung, er ist weg." höre ich Yami sagen. Das beruhigt mich nur bedingt. "Setz dich erst einmal hin und atme tief durch." befiehlt Kaiba und ich gehorche brav. Ich lasse mich von ihm zu dem Sessel führen und sinke wie ein Häufchen Elend nieder. Dann sehe ich die Beiden fragend an. Kaiba reicht mir wortlos ein Glas Wasser und ich nicke ihm dankbar zu. Seine Züge haben sich wieder etwas entspannt, aber er wirkt immer noch besorgt. Fuck, was ist passiert? "Du wurdest vom Assiduus angegriffen." sagt der Pharao und auch in seinem Gesicht sehe ich Sorge. Assiduus... das also war dieses Ding. Ok, ich lebe aber noch. Wahrscheinlich verdanke ich das Yami. "Das Ding kam aus dem Nichts... aus einem Schatten..." stammele ich hilflos nur um irgendwas zu sagen. Yami nickt. "Der Assiduus ist ein Schattendämon. DER Schattendämon und ich fürchte..." Yami hält kurz inne und blickt zu Kaiba. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass jetzt nichts gutes kommen wird. Ich sehe es den Beiden genau an. "Sagt schon!" fahre ich sie an, auch wenn ich überhaupt keine Lust habe das Folgende zu hören. "Du wurdest mit einem Fluch belegt, Joey." erklärt mir Kaiba schließlich. Ich schlucke. "Was?" frage ich ihn ungläubig. Kaiba senkt den Blick. "Irgendjemand hat den Assiduus auf dich angesetzt." höre ich Yami sagen. Was? Warum? Ich meine, warum auf mich? Ich hab doch gar nichts getan, warum sollte man mich verfluchen wollen? "Was heißt das? Wer war das? Warum denn ich?" Ich bin aufgesprungen und fuchtele wie wild mit den Armen. Kaiba gibt mir einen sanften Schubs und ich sinke zurück auf den Sessel. "Ich weiß es nicht, Joey." gibt Yami zu. "Ich befürchte jedoch, dass ER es war, auch wenn ich augenblicklich den Grund dafür noch nicht verstehe." Ich schüttele den Kopf. "Aber warum denn ich?" Ich spüre wie mir Tränen in die Augen treten, ich weiß selbst nicht warum. Das ist gerade... ich kann nicht mehr, das ist mehr als zu viel. Jetzt reichts. "Vielleicht hatte es dieser Dämon gar nicht auf ihn abgesehen." gibt Kaiba zu bedenken, doch Yami schüttelt den Kopf. "Nein, Joey war sein Ziel. Der Assiduus irrt sich nicht. Wenn er einen Auftrag bekommen hat, dann sucht er sein Ziel und nichts kann ihn davon abbringen. Es besteht kein Zweifel." widerspricht Yami ernst. "Und was bedeutet das jetzt? Was ist mit mir?" will ich wissen. Jetzt zittere ich auch noch. Verdammt. Wieder zögert Yami. "Der Fluch des Assiduus zieht dich langsam in die Schattenwelt bis du... zu einem Schatten wirst und somit zu seinem Diener." spricht er es schließlich aus und ich erstarre wieder. In die Schattenwelt? So wie damals als Marik mich... Hilflos blicke ich von einem zum andern. "Wenn wir den Fluch nicht brechen können, dann wirst du zu einem Geisterwesen, einem Schatten." erklärt Yami und ich schließe unwillkürlich die Augen. Oh Gott, das ist das Ende. So geht also Joey Wheeler unter. In der Blüte meiner Jahre. "Hör auf so einen Unsinn zu denken!" fährt Kaiba mich wütend an. Ich zucke leicht zusammen. "Du wirst nicht zu grunde gehen. Ich werde das nicht zu lassen!" Seine Augen schleudern Blitze und er richtet sie auf den Pharao. "Wie bricht man diesen Fluch?" will er wissen. Yami hält seinem Blick stand. "Er kann nur gebrochen werden indem man die Person tötet, die ihn ausgesprochen hat oder vom Assiduus selbst." antwortet der Pharao und Kaiba nickt. "Dann haben wir ja schon einmal zwei Alternativen." meint er. Für mich klingt das aber keineswegs rosig. Ich stöhne wieder und er sieht mich eindringlich an. "Ich werde diesen Fluch brechen, Joey." versichert er mir entschlossen. "Ich hab dir versprochen, dass ich auf dich aufpassen werde." Ich erinnere mich. Ich nicke unwillkürlich. Natürlich glaube ich ihm das. Wie könnte ich nicht, so wie er mich ansieht. Zudem kenn ich Kaiba gut genug. Was er sich vorgenommen hat... aber kann er das überhaupt? Nein, ich will nicht daran denken. Mein Blick wandert zu Yami. Irgendwie hoffe ich in seinem Gesicht ein wenig Zuversicht zu finden, aber seine Miene verrät nichts. Sekunden vergehen in denen sowohl ich als auch Kaiba ihn ansehen. Schließlich seufzt er. "Wir finden einen Weg." sagt er und er klingt nicht weniger entschlossen als Kaiba. Der nickt zufrieden, entspannt sich aber nicht wirklich. Genau wie ich. "Wie lange dauert es bis ich..." Ich kann es nicht aussprechen. Yami versteht auch so. "Ein, zwei Tage... ich bin nicht sicher. Das hängt davon ab wie sehr du dagegen ankämpfst." Na, wunderbar. Also knapp 48 Stunden. Welch wunderbare Perspektive! So viel Zeit bleibt uns also den Urheber aufzuspüren und platt zu machen oder dieses Ding... "Hat schon mal jemand..." Wieder beende ich meinen Satz nicht. Die Antwort des Pharaos überrascht mich. "Ja, Priester Akunadin." "Wie?" hauche ich tonlos und halte den Atem an. "Er tötete den Urheber." erwidert Yami. Klasse. Na, aber immerhin. Beruhigt mich zwar nicht wirklich, aber ok... Aber wie soll ich heraus finden wer mir das angehängt hat? Mal vom warum abgesehen? "Wir werden Ishizu fragen. Mit Hilfe ihrer Kette wird sie vielleicht ergründen können wer das getan hat und warum." meint Yami und ich nicke. Das ist wenigstens was brauchbares. Ich hoffe, dass die Ägypterin tatsächlich in der Lage sein wird uns die Antworten zu geben. Und dann... "Wie habt ihr das Ding jetzt eigentlich vertrieben?" Ja, ja, Neugier... könnte mir ja egal sein, aber ich kann ja auch fragen. Yami lächelt. "Das hast du deinem... Kaiba zu verdanken." erwidert er. "Wenn es um dich geht, sind seine Kräfte voll einsatzfähig." Ich muss Kaiba nicht ansehen um zu wissen, dass sich seine Wangen färben. Er murmelt irgendwas, dass ich nicht verstehe und ich schnappe mir seine Hand. "Mein Drache." Er verdreht die Augen, schenkt mir aber eines dieser besonderen Lächeln. Nun, wenn ich vielleicht auch nur noch 48 Stunden habe... heute Nacht bleibt noch mein. "Mokuba und die anderen müssten bald zurück sein." bemerkt Kaiba und ist wieder vollkommen beherrscht. Nur mein geschultes Auge erkennt die feinen Nuancen. Ich spüre seine Sorge und auch seine Ungeduld. "Gut, je schneller sie hier sind, desto schneller haben wir den Punkt hier geklärt." meine ich und versuche fröhlich zu klingen oder zumindest halbwegs normal. Was eine oscarreife Leistung ist angesichts dieses... Fluchs. Aber hey, Joey Wheeler gibt nicht auf. Never ever. Ich werde bis zum Schluss kämpfen und ich vertraue jetzt einfach mal darauf, dass alles gut wird. Das hab ich doch immer und es ist immer irgendwie alles gut gegangen, oder? Und Kaiba wird auch nicht zu lassen, dass ich so ein Schattendings werde. Wer auch immer mir das eingebrockt hat, sollte sich warm anziehen! Ich frage mich nur echt wer und vor allem warum??? Und warum werd ich das Gefühl nicht los, dass Yami mir nach wie vor nicht alles sagt. Er weiß definitiv mehr, aber er hält es bewusst zurück. Warum? Kaiba scheint es nicht zu wissen. Also warum sagt er es nicht einfach? Wirklich nur, weil es lediglich eine Vermutung ist? "Warum?" frage ich noch einmal laut und dieses Mal bekomme ich eine Antwort, wenn auch keine, die mich wirklich erleuchtet. "Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder, weil du Kaiba´s Achillesferse bist oder..." Yami sieht mich eindringlich an. "Weil meine Vermutung richtig ist. Wie dem auch sei. Ich glaube, das Shadi uns das sagen kann. Ich bin mir sogar sicher." Kapitel 44: Antworten --------------------- Ich hasse es, wenn Yami diese Andeutungen macht, also Antworten gibt, die absolut gar nichts beantworten, sondern nur neue Fragen aufwerfen. Und das in meinem Zustand! Ich meine, ich bin nicht nur gerade verflucht worden, jetzt wird mir auch noch erklärt, dass ich irgendwas von Kaiba´s irgendwas Schwachstelle wäre oder sonst was, was Yami nicht sagen will. Ich hoffe echt, dass Ishizu oder Shadi etwas mitteilsamer sind. Jedenfalls bin ich heilfroh als Mokuba mit den Ägyptern im Schlepptau auftaucht. "Seto!" Mokuba strahlt. "Gut gemacht, kleiner Bruder!" höre ich Kaiba sagen und sehe wie der Kleine sich freut. Immerhin einer hier, der an seinen Aufgaben wächst. Ishizu, Marik und Shadi treten zu dem Pharao. Alle drei verneigen sich und alle drei haben diesen ehrfürchtigen, ernsten Ausdruck im Gesicht. Eigentlich wie immer. Der Pharao lächelt sie an. "Gut, das ihr da seid. Wir brauchen eure Hilfe und euren Rat." meint Yami ruhig. Ich bin bei weitem nicht so geduldig, aber ich schätze mal, es ist keine gute Idee, wenn ich mich jetzt wieder einmische. "Mokuba Kaiba hat uns davon in Kenntnis gesetzt, dass die Zeit des Zwielichts begonnen hat." meint Ishizu mit ihrer singenden Stimme. Yami nickt. Ich hoffe er kommt bald mal zum Wesentlichen, also zu mir. "Alles ok mit dir, Joey?" fragt mich Tea plötzlich. "Du bist so hibbelig." "Nichts ist ok." knurre ich sie ungeduldig an und ihre Augen weiten sich fragend. Ich erwidere nichts, konzentriere mich ganz auf den Pharao und seine... Diener würd ich mal sagen. Auch Kaiba wartet sichtlich gespannt. "Noch wissen wir nicht wer unserer Gegner sein werden, noch wo die Schlacht stattfinden wird, doch..." Yami hält kurz inne und blickt zu mir. "Der Assiduus war hier." Alle Drei starren ihn entgeistert an und ich höre Tristan sagen: "Was für ein Assi war da?" Ich deute ihm an ruhig zu sein. Ziemlich unwirsch, wie ich zugeben muss und nach seiner jüngsten Erfahrung mit meinem Temperament weicht er unwillkürlich ein Stück von mir ab. "Der Unablässige..." höre ich Ishizu flüstern und habe das Gefühl, dass sie sich gleich bekreuzigt, aber das machen glaub ich nur die Christen. "Er hat Joey angegriffen." erzählt der Pharao und nun liegen alle Blicke auf mir. Ich kratze mich verlegen am Kopf. "Hat er ihn berührt?" will Shadi wissen. Yami blickt mich fragend an. Ich weiß es nicht. Ich kann mich nicht erinnern. Unschlüssig zucke ich mit den Schultern. "Ich bin nicht sicher. Ich glaube es, aber alles ging zu schnell und wir waren auch mehr darauf konzentriert ihn zurück in den Schatten zu treiben." erklärt Yami und Shadi nickt. "Ihr wisst, was es heißt, wenn er ihn berührt hat." Yami nickt, ich ebenfalls. Die Miene des älteren Ägypters ist sehr ernst, dabei guckt der eigentlich immer ernst aus der Wäsche. "Habt ihr eine Vermutung, wer den Unablässigen auf ihn hetzt hat?" will Ishizu wissen. Yami schüttelt den Kopf. "Ich habe gehofft, dass du mir dies sagen könntest." gibt der Pharao zu und jetzt wird´s endlich spannend. Wortlos reicht Yami ihr die Milleniumskette und sie nimmt sie mit ruhigen, schönen Fingern entgegen. Ich spüre wie mein Puls schon wieder zu Hochtouren aufläuft. "Was meinen die damit, dass du verflucht seist?" flüstert Tristan mir zu. Kaiba wirft ihm einen missbilligenden Blick zu und er presst die Lippen aufeinander. Ich sage nichts, ich kann jetzt nicht antworten. Erwartungsvoll blicke ich zu der Ägypterin und hoffe inständig, dass sie uns die Antwort auf diese Frage liefern kann. Doch bevor irgendwas passiert, tritt sie erstmal auf mich zu. Instinktiv will ich zurück weichen, aber Yami nickt mir zu und ich glaube, dass ich stehen bleiben soll. Ishizu hält die Kette zwischen sich und mich und ich schlucke aufgeregt. Meine Kehle ist schon wieder trocken. Mit ihrer komisch singenden Stimme murmelt die Frau irgendwas fremd klingendes und ich bereite mich darauf vor, dass irgendetwas passiert, aber nichts da... die Frau schließt lediglich die Augen und ich halte die Luft an. Keine Ahnung wieviel Zeit vergebt bis die Ägypterin sich wieder rührt. Mir kommt es jedenfalls vor wie eine halbe Ewigkeit und als sie die Augen wieder öffnet und ihren hoheitsvollen Blick auf mich richtet, fühle ich mich unbehaglich und irgendwie... klein. "Und?" flüstere ich zaghaft, aber Ishizu wendet sich von mir ab und gibt ihre Antwort dem Pharao: "Es war Ryou Bakura, der den Fluch ausgesprochen hat, mein Pharao." Ich ziehe scharf die Luft ein. Ryou? Warum? Was habe ich dem denn getan?? Hilflos blicke ich zu Yami. Komischerweise wirkt dieser nicht einmal überrascht. "Ich habe den Angriff des Assiduus gesehen und es ist ihm nicht gelungen Joey Wheeler zu berühren. Kaiba´s Angriff hat es verhindert." spricht die Frau weiter und Yami nickt. Was heißt das jetzt? Fragend blicke ich von Kaiba zu Yami. "Dann bin ich doch nicht verflucht??" will ich wissen. "Der Fluch wurde ausgeprochen, aber der Assiduus vermochte ihn noch nicht zu übertragen. Er muss dich berühren um ihn auf dich zu legen. Der Unablässige wird nicht ruhen bis es ihm gelungen ist." erklärt mir Shadi und ich bin dankbar, dass endlich mal jemand da ist, der die Dinge klar ausspricht. "Heißt das... der kommt wieder?" frage ich unsicher. Der Ältere nickt. "Der Unablässige wird dich solange verfolgen bis er seine Aufgabe erfüllt hat oder ihn der Urheber zurückruft." sagt Shadi. "Gleichgültig wo du dich aufhältst... er wird dich suchen. Nur die Sonne vermag es ihm Einhalt zu gebieten, denn wenn sie hoch steht, kann der Schattendämon nicht wandeln." Ich runzele die Stirn. Ähm... dieses Ding ist jetzt hinter mir her? Soll das jetzt besser sein? Mir gefällt das genauso wenig. "Zumindest verschafft uns das Zeit." höre ich Kaiba sagen. Ok, das ist ein Argument. Und wir wissen jetzt, wer... Ryou! "Du hast gesagt, man hält dieses Ding nur auf in dem man den Urheber..." Ich spreche das letzte Wort nicht aus. Yami weiß es auch so. Er senkt den Blick und es ist wiederum Shadi, der mir antwortet. "Ja, der Schattendämon ist nur aufzuhalten indem man den Urheber tötet oder den Assiduss selbst bezwingt, was jedoch nie jemandem gelungen ist. Denn er ist einer der großen Dämonen und selbst Ra..." Ich höre nicht weiter zu, ich starre Yami entsetzt an. "Heißt das, wir müssen Ryou... töten?" frage ich ungläubig. Der Pharao antwortet nicht. Er widerspricht mir aber auch nicht. Das kann doch nicht sein Ernst sein. Ich meine, wir reden hier von Ryou! Er ist unser Freund. Wir können ihn doch nicht... das geht doch nicht. Hilflos blicke ich zu Kaiba. Seine Züge sind mehr als verhärtet, sie sind aus Eis. Ohne mich anzusehen erwidert er: "Wenn du nicht zu einem Diener dieses Dämons werden willst, ja, dann müssen wir ihn töten." Er sagt das so kalt, so gleichgültig, als würde es tatsächlich keine Rolle für ihn spielen das Leben eines Menschen auszulöschen. Unwillkürlich wandert mein Blick zu Tea und Tristan. Wenigstens die Beiden machen ein entsetztes Gesicht. "Aber... aber..." stammele ich. Meine Gedanken rasen. "Beruhig dich, Joey." sagt der Pharao schließlich und wendet sich wieder Shadi und Ishizu vor. "Bist du dir sicher, dass es Ryou war und nicht sein Yami?" will er von der Ägyterin wissen. Die Frau nickt. "Ja, mein Pharao. Es besteht kein Zweifel daran, dass es Ryou war, der den Fluch ausgesprochen hat." Ich schlucke. "Aber es wäre doch möglich, dass er es unter dem Einfluss von Yami Bakura getan hat, oder?" hakt der Pharao nach. Ishizu nickt. "Ganz sicher sogar, aber... das ändert nichts. Ich vermute, dass Bakura genau dies bezweckt hat. Er weiß, dass ihr Ryou zu euren Freunden zählt." entgegnet sie ruhig singend. Yami nickt. Das heißt, Bakura hat uns in eine Pattsituation manövriert. Er weiß, dass wir den Fluch brechen wollen, müssen und ganz sicher alles daran setzen, aber er weiß auch, dass der Pharao keinen Freund töten würde. Nein, ich glaube kaum, dass sich meine Lage verbessert hat. "Kann man dieses Ding denn nicht aufhalten, dass nach Joey sucht?" will Tea wissen. Shadi schüttelt den Kopf. "Der Unablässige lässt sich nicht aufhalten, nur der Urheber könnte ihn zurückrufen." antwortet er ihr und wendet sich dann wieder an den Pharao. "Wenn der Assiduus zurück gerufen wird, ehe er Joey berühren konnte, dann ist dies die einzige Möglichkeit das Leben von beiden zu retten. Hat der Dämon ihn erst berührt, wird nur der Tod des Urhebers Joey retten können." Yami´s Augen weiten sich. "Dann besteht noch eine Chance beide Leben zu retten, solange wir verhindern können, dass der Assiduus Joey berührt." höre ich ihn sagen und ich entspanne mich wieder etwas. Der Gedanke, dass Ryou sterben müsste, damit ich... Ich wüsste nicht ob ich dann würde weiterleben können. Kaiba seufzt. "Wie auch immer, wir werden diesen Assiduus aufhalten." meint er entschlossen und ich weiß, dass das Wie für ihn keinerlei Rolle spielt. Als Mokuba von Pegasus entführt worden war, hatte er sein eigenes Leben riskiert um ihn zu retten, das Leben eines anderen zu opfern stellt sicher kein Problem für ihn da. Ich schaudere. "Aber warum setzt Bakura so einen Dämon auf Joey an?" meldet Tristan sich plötzlich zu Wort. Ja, Danke! Das würde mich jetzt auch mal interessieren. Also, bitte meine Damen und Herrn! Antworten! Ich blicke rüber zu der verschworen wirkenden Runde bestehend aus Yami, Marik, Ishizu und Shadi und sehe sie erwartungsvoll an. Alles in mir ist bis ins unermessliche gespannt. Der Pharao aber ignoriert uns andere scheinbar und scheint augenblicklich nur Augen für Shadi zu haben. "Ich habe diesbezüglich eine Ahnung." höre ich ihn sagen und irgendwie habe ich das Gefühl, dass sein Blick seinem Gegenüber irgendetwas mitzuteilen versucht. Shadi´s Minie bleibt unverändert. Dann folgen ein paar Worte, die ich nicht verstehe und ich bin viel zu gespannt um etwas zu sagen. Irgendwie spüre ich, dass diese Sache mehr beinhaltet als einen simplen Grund. Es hängt mit dem Ganzen zusammen. Mit Kaiba. Irgendwie. Ich weiß es plötzlich mit absoluter Sicherheit. Noch während die Beiden redet wandert Shadi´s Blick zu mir und dann wieder zum Pharao. Ich habe das Gefühl, dass ich gleich durchdrehe. Ich halte diese Spannung nicht mehr aus. Warum kann Kaiba nur so gelassen bleiben? Ist es ihm egal? Schließlich geht es doch auch um ihn, oder? Fuck! Ich will das jetzt endlich wissen... sonst schreie ich! Natürlich schreie ich nicht. Muss ich auch nicht, denn die Beiden beenden endlich ihre Verschwörernummer und wenden sich wieder uns anderen zu. "Joey, Shadi würde gerne die Milleniumswaage bei dir einsetzen." erklärt mir Yami. Überrascht sehe ich ihn an. Hä? Wieso? Was soll denn das jetzt? Was bedeutet das überhaupt? Ich muss es nicht fragen, der Pharao rückt endlich mal von selbst mit der Sprache raus. "Die Milleniumswaage kann Herzen prüfen. Sie wiegt das Herz gegen eine Feder ab und kann so erkennen ob jemand etwas Böses in sich trägt." höre ich Yami sagen. "Normalerweise wird sie nur bei Personen eingesetzt in denen man ein dunkles Herz vermutet, aber sie ist auch in der Lage ein gutes Herz zu deuten." "Ähm..." Ich starre ihn nur an. Also, schon klar. Verstehe ich irgendwie, aber warum will er mich so testen? Also ich bin doch längst einer der Guten. Bin ich doch, oder? Ratlos blicke ich zu Kaiba. Seine Mundwinkel zucken kaum merklich. "Joey, ich habe dir gesagt, dass ich eine Vermutung habe, warum du das Ziel dieses Angriffes bist und Shadi hegt den gleichen Verdacht. Aber endgültige Sicherheit können wir uns nur auf diesem Wege verschaffen. Vertraust du mir?" Yami lächelt mich fast liebevoll an. Ich schlucke. "Klar, vertraue ich dir, aber..." Ich halte inne als der komische Ägypter auf mich zu kommt. Also so ganz gefällt mir das jetzt nicht. Wieder wandert mein Blick zu Yami. "Danach werde ich dir die Antwort geben, ich verspreche es." versichert mir Yami. Naja, das ist ein Deal. "Du musst keine Angst haben." erklärt mir der Ägypter und ich protestiere augenblicklich. "Angst hab ich auch nicht!" Ist natürlich gelogen. Ich hab verdammten Schiss. Verständlich, oder? Irgendwie erinnere ich mich dunkel daran, was Yami mal über diesen Test erzählt hat. Dass so ein Schlangenechsendings kommt und die Bösen... Ich schlucke wieder. Ich bin aber kein Böser! Daran muss ich mich wieder erinnern. Also, was soll schon passieren? Yami würde mich doch nie irgendwie in Gefahr bringen. "Wir beide werden nun in die Geisterwelt eintreten und ich werde dein Herz prüfen." meint Shadi vollkommen emotionslos. Geisterwelt? Schon wieder? Klasse, ich mag eigentlich nicht. Aber ich nicke einfach mal. "Schließ deine Augen." befiehlt er mir. Ja, ja, ich weiß. Augen zu, entspannen und warten. Kenn ich schon. Ich seufze und tue was er gesagt hat. Nur mit der Entspannung klappt es natürlich nicht. War ja klar. Immerhin weiß ich, dass die anderen mich jetzt alle angucken und ich fühle mich sowieso schon unbehaglich. Ich seufze. Das wird jetzt nichts. Zudem komm ich mir noch blöder vor als vorher. "Joseph Jay Wheeler." höre ich Shadi´s Stimme und öffne instinktiv die Augen. Shadi steht direkt vor mir. Noch immer sind wir in Kaiba´s Salon, aber die anderen... sie sind weg. Hier sind nur noch wir beide. Fragend blicke ich ihn an. "Was ist passiert?" will ich wissen. Er lächelt. "Wir sind in der Geisterwelt." antwortet er mir. Haha. Wie auch immer. Ich glaube, es ist besser, wenn ich nicht weiter nachhake. Ich bin schon verwirrt genug. "Bist du bereit für die Prüfung?" fragt er. Ich nicke wortlos, auch wenn ich nicht wirklich bereit bin. Aber wenn wir warten bis sich das ändert, nun, das kann lange dauern. Shadi bringt eine goldene Waage zum Vorschein und ich stutze. Wow, das war also sein Ernst. Ne echte Waage. Sieht sauwertvoll aus, das Teil. Dann erscheint in seiner anderen Hand plötzlich eine Feder. "Die Feder der Wahrheit." erklärt er mir. Und nun? Er legt die Feder in eine der Waagschalen und ich sehe ihn erwartungsvoll an. Muss nicht in die andere Schale mein Herz? Ähm... wie soll das gehen? Unschlüssig sehe ich den Ägypter an. "Also..." hebe ich an, aber ein Blick seinerseits bringt mich zum Schweigen. "Dein Herz befindet sich schon in der Waagschale." Er lächelt über meinen verdatterten Blick. Na dann, wenn er es sagt. Er stellt die Waage auf den Boden und widmet sich wieder mir. Fasziniert beobachte ich das Ding. Also bislang sieht es gut aus, würd ich sagen... so vom Gleichgewicht her. Aber hey, ich bin schließlich auch ein guter, oder? "Ich werde dir nun drei Fragen stellen und du wirst sie mir wahrheitsgetreu beantworten. Wenn du lügen solltest..." Er spricht nicht weiter. Ich verstehe auch so. Lügen ist keine gute Idee. Schon klar, in der Geisterwelt wie im real Life. Kein Problem. Ich hab ja nichts zu verbergen. Hach, das wird der erste Test, den Joey Wheeler mit Bravour bestehen wird. Ich werd ganz sicher nichts vermasseln indem ich jetzt Unfug rede. Erwartungsvoll sehe ich Shadi an. "Ich bin bereit, frag..." Ich grinse. Der Ägypter nickt und blickt mich ernst an. "Nun gut." "Was ist heilig?" höre ich ihn fragen und starre ihn ungläubig an. "Woraus besteht der Geist?" fragt er schon weiter, ehe ich etwas erwidern kann. "Und wofür lohnt es sich zu sterben?" Mann, der Typ ist schnell. Ich muss das erstmal verarbeiten. "Ähm..." mache ich kleinlaut und kratze mich am Kopf. Verflixt, vielleicht doch nicht so leicht wie ich dachte. Woher soll ich wissen was heilig ist? Ne ganze Menge, glaub ich. Also... Tempel und so, die sind doch heilig, oder? Ich hätte vielleicht doch besser im Religionsunterricht aufpassen sollen. Was meint er damit? Heilig? Heilig in welchem Sinne? Neuzeit oder im alten Ägypten? Fuck, ich glaube allein die Frage bringt mich in die Bredoille. "Also..." Und was ist mit dem Rest? Woraus besteht der Geist? Oh Mann, das ist jetzt echt mal... Warum haut der auch solche Dinger raus? Echt! Mist, dass das kein muliple choice-Quiz ist. Dann hätt ich wenigstens ne 50:50 Chance. Verflucht, ich bin echt erbärmlich. Wie kann ich nur so ablosen bei so ner wichtigen Sache? Warum fällt mir auch nichts ein? Mist. "Ich... ähm... denke noch." sage ich unsicher. Shadi erwidert nichts. Sieht mich nur an. Geduldig und naja, irgendwie auch streng. Puh, woraus besteht der Geist? Aus der Seele? Gefühlen? Konzentrier dich, Joey. Du weißt das alles. Ja, ich bin mir sicher, dass ich das weiß. Die Antworten müssen in meinem Kopf sein. Ich muss sie nur finden. Wieviel Zeit habe ich eigentlich? Unsicher blicke ich wieder zu Shadi und schlucke. Ich darf das nicht vermasseln, dieses Mal nicht... echt jetzt, ich muss mich zusammen reißen. Kaiba tritt mir sonst in den Arsch! Kaiba. Unwillkürlich muss ich an seine Wut denken... nein, nicht seine Wut. Seine Verzweiflung. Meinetwegen. Und daran, dass er gesagt hat, dass er alles tun will um diesen Fluch von mir zu nehmen, selbst... Ich schlucke wieder. Er würde selbst Ryou töten, oder? Ja, ich bin sogar sicher, dass er das würde. Genau wie bei Mokuba würde er alles daran setzen mich zu retten. Egal was es kosten würde. Selbst wenn es sein Leben wäre. So wichtig bin ich ihm. So sehr... liebt er mich. Wow. Er würde jemanden für mich töten. Nun, ich schätze, ich würde das Gleiche für ihn tun, wenn es sein müsste. Also, wenn es keinen anderen Weg gäbe, dann würde ich es tun, glaube ich. Ich würde sogar mein Leben... Und plötzlich habe ich es. Die Antwort. Ich blinzele ungläubig und das Wort kommt über meine Lippen. Die Antwort. Die einzige Antwort. Auf alle Fragen. "Liebe." höre ich mich sagen und ich fühle mich plötzlich anders. So als könne ich Bäume ausreißen, als wäre ich Superman oder so. Shadi zeigt keine Regung. Er sagt auch nichts. Ich halte seinem Blick stand und warte. Aber nichts... der Ägypter sagt nichts. Schließlich nickt er und schnippt mit den Finger und ehe ich mich fragen kann was das nun bedeutet, durchzuckt ein Blitz mein Bewusstsein und alles ist... wie vorher. Ich bin immer noch in Kaiba´s Salon und alle sind jetzt wieder da. Einfach so. Ich brauche einen Moment um das zu realisieren. Die Waage ist weg, aber Shadi steht immer noch genauso vor mir. "Ich danke dir, Joey Wheeler." sagt er und mir kommt es fast so vor als würde Shadi sich leicht vor mir verbeugen, was natürlich vollkommen unsinnig ist. Ich bin sprachlos. Das war´s? Die Prüfung? Hab ich jetzt bestanden? Unschlüssig blicke ich von dem Ägypter zu Yami. Shadi wendet sich um und wieder richtet er das Wort an den Pharao. Natürlich sprechen sie wieder diese tote Sprache, die ich nicht verstehe und ich sehe Yami lächeln. "Ich wusste es." höre ich ihn sagen und sein Blick wandert zu mir. Was denn jetzt? Könnte mir jemand erklären, was das bedeutet? Ich fühle mich ziemlich dämlich. "Joey." meint Yami und macht einen Schritt auf mich zu. "Ich habe dir versprochen, dass ich dir nun die Antwort gebe, auf die ich dich nun schon so lange habe warten lassen. Jetzt bin ich mir sicher, dass meine Vermutung richtig war." Ich wage es nicht mich zu rühren. Ich glaube, keiner im Raum wagt das gerade. Ich blicke einfach nur in Yami´s Gesicht und kann es kaum erwarten. Alles in mir drängt danach endlich, endlich zu hören was jetzt Sache ist. "Du weißt, dass Seth eine sehr intensive Bindung zu dem weißen Drachen mit eiskaltem Blick hat." höre ich ihn sagen. Ich nicke. Ja, Seth genau wie Seto. "Das hat einen bestimmten Grund. Einen Teil seiner Macht verdankte Seth dem weißen Drachen, mehr noch... der weiße Drache schützte Seth in der alten Zeit." Ich erinnere mich. Das hat er uns schon einmal erzählt. Seth war der Hüter des weißen Drachen, der Einzige, der dessen Macht kontrollieren konnte. Ich glaube, ich halte gerade die Luft an. Wenn je Spannung in der Luft lag, dann jetzt. Ich frage mich worauf er hinaus will. "Es gibt einen Grund, warum die Bindung zwischen Seth und dem Drachen so groß war. Seth hat diese Macht von einem Mädchen namens Kisara erhalten. Ein Mädchen, das über große Kräfte verfügte von Geburt an. Sie war ein Ba, ein Schutzgeist, wenn man so will. Kisara war Seth´s Schutzgeist. Im Leben wie im Tod. Als Mensch geboren, war ihr Leben wie auch ihr Dasein nach dem Tod mit dem von Seth verbunden. Sie ließ ihr Leben um Seth zu retten und verwandelte sich so in einen Lichtgeist, der in Form des weißen Drachen auf Seth überging." Ich bin nicht sicher worauf das jetzt hinausläuft oder ob ich das was Yami mir da erzählt überhaupt verstehe. Das Mädchen wurde also zum weißen Drachen als es starb? "In der alten Zeit wurden solche Bas von den Göttern an bestimmte Menschen gegeben." fährt Yami fort. "Ra schickte Seth seinen Ba um ihn vor Unheil zu bewahren, aber auch um ihn den rechten Weg zu leiten." Ohne es zu wissen warum blicke ich zu Kaiba. Seine Züge sind angespannt und ich glaube, er denkt das Gleiche wie ich. Ich weiß schon was folgen wird noch ehe Yami es ausspricht. Keine Ahnung warum es mir plötzlich klar wird, vielleicht, weil ich gerade erleuchtet werde. Aber ich weiß es einfach und er... er weiß es auch. Sein Blick wendet sich von Yami ab und wandert zu mir. Unsere Augen treffen uns sofort und ich sehe wie es um seine Mundwinkel wieder zu zucken beginnt. "Und ich dachte, ich muss auf dich aufpassen." seufzt er. Ich sehe ihn nur an. Seine Augen haben wieder diese besondere Farbe. Ein Schauder rinnt durch meinen Körper. Nun, bislang wäre ich auch eher davon ausgegangen, dass es sich so verhält, aber allem Anschein nach... Ich spüre wie sich ein schiefes Grinsen auf meinem Gesicht abzeichnet. "Ich... bin... dein... Ba?!" spreche ich es schließlich ungläubig aus. Er lacht. "Scheinbar." erwidert er. "Wow." ist alles was ich von mir geben kann. Ich bin... ein Ba. Was auch immer das genau heißen mag. ______________________________________________ Edit: Sorry, ich bin zur Zeit etwas... pathetisch. Aber Joey gefällt mir in dieser Rolle irgendwie. Bei der Definition eines "Ba" habe ich mir einige Freiheiten erlaubt. Man möge es mir nachsehen. Kapitel 45: Konferenz --------------------- "Ich gehe daher stark davon aus, dass dies der Grund ist, warum Bakura den Assiduus auf Joey angesetzt hat, auch wenn ich mir im Unklaren darüber bin, wie er das wissen konnte." meint Yami. "Ich glaube, dass die Dunkle Seite auch dieses Mal nicht unbedingt mit fairen Mitteln zu kämpfen gedenkt. Bedauerlicherweise ist dies vor der Schlacht auch erlaubt." Shadi nickt. "Die Regeln besagen lediglich, dass es Ra und Seth verboten ist während der Schlacht einzugreifen. Was vorher geschieht, bewegt sich im Zwielicht." Yami nickt. "Immerhin kennen wir nun den Grund für diesen Fluch, aber es steigt nun auch die Notwendigkeit ihn zu brechen." Der Pharao sieht mich ernst an. Ich bin immer noch nicht sicher ob ich das alles richtig verstehe. Also ich bin so was wie Kaiba´s Schutzgeist. Ich hab zwar keine Ahnung warum, aber wenn´s denn so sein soll, dann wird´s schon einen Sinn haben. Hoff ich mal stark. Ich werfe Kaiba einen verstollenen Blick zu. Seine Reaktion auf die neue Offenbarung war echt mal... lässig. Hat mich schon etwas erstaunt. Aber wenn man die Gesamtsituation betrachtet, dann geht er ohnehin ziemlich cool damit um. Also, dass wir jetzt alle in einem Team spielen und so. Er hat sogar gemeint, dass die anderen hier übernachten können. Und damit waren nicht nur Ishizu, Marik und Shadi gemeint. Das Angebot galt auch für den Kindergarten. Die Anmerkung konnte er gerade noch runterschlucken. Platz ist hier ja auch genug. Vom pragmatischen Standpunkt hat er da sowieso Recht. Nur ob aus dem Abend zu zweit dann was wird... vielleicht eher aus der Nacht. Aber vielleicht sollte ich jetzt auch gar nicht an so was denken. Ähm, wär vielleicht besser, was? "Was würde passieren, wenn Joey was passiert?" will Tea wissen. "Ich meine, welche Auswirkungen hätte das jetzt auf Kaiba?" Danke, intelligente Frage. Interessiert mich übrigens auch, vielleicht könnte auch jemand näher ausführen was ich als Ba so zu tun habe. "Meine Vermutung ist, dass beide Seiten interessiert daran waren, Kaiba als Krieger für sich zu gewinnen, was im Grunde auch nicht verwunderlich ist. Immerhin ist er einer der besten Duellanten überhaupt." Yami schenkt Kaiba einen aufrichtigen Blick, den dieser gelassen und zum Glück ohne weiteren Kommentar quittiert. "Alleine die Tatsache, dass er Seth´s Seele in sich trägt, dürfte für Ra und Seth natürlich interessant gewesen sein, allerdings hieß das nicht automatisch, dass Kaiba auch auf der Seite des Lichts kämpfen würde. Zumal er sich bislang ja stark gegen seine Vergangenheit gewehrt hat." fährt Yami fort. Die folgenden Worte spricht er mit Bedacht, fast vorsichtig und ich hab so eine Ahnung warum. "Ich glaube, dass Ra Joey zu Kaiba´s Ba gemacht hat, damit dieser ihn auf den rechten Weg führt... zur Seite des Lichts. Dadurch, dass Kaiba die Gefühle für Joey zugelassen hat, war er auch in der Lage sich auf Seth einzulassen und hat somit seinen Weg gewählt." Kaiba´s Schlagader zuckt gewaltig. Dunkel nehme ich sogar wahr, dass er seine Hände zu Fäusten geballt hat. Ich weiß wie sehr er es verabscheut, wenn über ihn in der Dritten Person geredet wird, noch schrecklicher ist es allerdings, wenn jemand über seine Gefühlswelt spricht. Yami hat sich zwar noch recht galant ausgedrückt, aber naja... für Kaiba ist das schon hart an der Grenze. Wäre Mokuba nicht anwesend, ich glaube, er würde explodieren. "Wann wurde ich denn so ein Ba?" werfe ich plötzlich ein, aus Neugier und auch um die Spannung, die sich gerade aufbaut ein wenig zu entkräften. Yami lächelt. "Ich glaube, du bist ein gebürtiger Ba, Joey." Verwirrt gucke ich ihn an. "Echt jetzt? Wie das denn? Ich meine, da wusste doch keiner, dass..." Ich schüttele ungläubig den Kopf. "Das Schicksal ist vorherbestimmt und die Götter blicken weit voraus." vernehme ich Ishizus singende Stimme. Und das heißt im Klartext? "Die Wege sind vorher bestimmt, Joey." erklärt mir Yami freundlich. "Mein Weg, Kaiba´s Weg und nun wissen wir auch das dein Schicksal mit unserem verknüpft ist." Ich verstehe immer noch nicht ganz. Heißt das, dass bei meiner Geburt schon festgelegt wurde, dass ich irgendwann mal mit Kaiba... Das ist jetzt aber echt mal bizzar! Wieder blicke ich zu Kaiba, aber der ist mal wieder voll der erhabene Eisprinz. "Ich kann dir nicht sagen, warum du dazu auserwählt wurdest, die Antwort kann nur Ra allein dir geben, Joey. Aber allem Anschein nach hat es funktioniert, zumindest hast du bislang dein Schicksal erfüllt. Deinetwegen steht Kaiba auf unserer Seite." meint Yami und lächelt. Ich grinse nur. Krass, dabei hab ich eigentlich gar nichts wirklich gemacht. Ich bin mir zumindest nicht bewusst, dass ich irgendwas getan habe. Mir erscheint das alles immer noch unsagbar verrückt. Ok, ich mag es ja geschafft haben, dass Kaiba jetzt offiziell zu den Guten gehört, aber der Schuss hätte doch auch nach hinten los gehen können. Ich meine, wir haben uns doch immer nur gezofft. Ich glaub nicht, dass das Sinn der Sache war, oder? Also, ich kann mir das nicht vorstellen. Das war doch eher Schicksal. Es hätte doch sicher leichtere Wege gegeben Kaiba´s Herz zum schmelzen zu bringen als ihn mit seinem Erzfeind zu verkuppeln. Mir brummt schon wieder der Schädel. Es ist Marik, der mich nun anlächelt. "Glaub mir Joey, Ra´s Wege mögen verworren erscheinen, aber er weiß genau was er tut. Manchmal kann man die Finsternis nicht durch reines Licht vertreiben. Dann bedarf es anderer Wege." Ich sage nichts. Was sollte ich dazu auch sagen? Die scheinen alle mal wieder mehr zu wissen. Nun, soll mir auch egal sein. Es hat ja funktioniert. Trotzdem, ziemlich verrückte Angelegenheit, nicht unbedingt logisch. Nach meinem Verständnis von Logik. Tea´s Augen sind geweitet. "Dann sind Kaiba und Joey sozusagen für einander bestimmt? Das ist ja so romantisch... fast wie bei Romeo und Julia." Ich glaube, Kaiba und ich stöhnen gleichzeitig auf. "Ich verbitte mir solche unqualifizierten Äußerungen! Das alles ist schon schwer genug zu verkraften, versuchen wir wenigstens eine halbwegs objektive Betrachtungsweise zu bewahren!" zischt Kaiba neben mir und ich nicke. Zugegeben, der Gedanke mit der Bestimmung und Romantik hat was, aber das sagt man doch nicht einfach so. Also, nicht auf diese Weise und überhaupt... Romantik ist etwas, dass wir hinter geschlossenen Türen machen. Tea grinst nur und Tristan zwinkert mir zu. Oh Mann, ich habe dieser Tage echt mal viel zu verkraften. Armer Joey Wheeler. "Na, was ist denn nun meine Aufgabe als Ba? Kann ich mich auch verwandeln oder so? Ich wär ja schon zufrieden, wenn ich auch so ein bischen mit den Elementen spielen könnte." meine ich und ja, der Gedanke gefällt mir echt. Welches Element würd ich denn gern beherrschen? Hm... ich muss mal überlegen. Feuer hat was, aber bei meinem Talent... Wie wäre es mit Wasser? Oder Erde? Ab und an ein Erdbeben während dem Unterricht... Hehe. Wäre doch nur fair, wenn ich auch was davon hätte, oder? Kaiba schüttelt lachend den Kopf. "Du bist... unglaublich." sagt er und ich weiß, er hat es wieder getan. Meine Gedanken gelesen. Ich zucke mit den Schultern. "Na, man darf doch wohl noch ein bischen eigennützig sein, oder? Ich mein ja nur..." "Bedauere, Joey, aber verwandeln wirst du dich nicht können und das mit den Elementen wird auch nichts werden." beantwortet der Pharao schließlich meine Frage und ich bin enttäuscht. "Genau wie Kisara bist du aber in der Lage ein Totem zu beschwören, dass deine Schutzperson schütze kann, wenn sie in Gefahr ist." Dieses Mal hat Yami seine Worte mit mehr Bedacht gewählt. Ich grinse. "Du meinst, ich kann auch so was wie den weißen Drachen beschwören? Cool." Yami nickt. "Ja, das kannst du und spätestens wenn Kaiba in Gefahr ist, werden wir wissen was es ist." Meine Augen funkeln jetzt sicher vor Begeisterung. "Das ist abgefahren... ich bin echt gespannt... also, du denkst, ich kann das dann einfach? Cool... ich bin gespannt was es ist!" Ich hüpfe automatisch auf und ab. Endgeil! Echt jetzt! Nicht nur, dass ich jetzt echt mal wichtig für das ganze Geschehen bin, ich werde auch noch so ein Monster beschwören können. Was es wohl sein wird? Hm... "Denk nicht einmal daran, mich nur in Gefahr zu bringen um das heraus zu finden." höre ich meinen Liebsten amüsiert sagen. Ich schmolle spielerisch. "Nicht mal ein kleines bischen? Als Test?" Er lacht wieder und fuck, ja, ich wiederhole mich, aber dann ist er so was von... Rotäugiger Metalldrache, rotäugiger Metalldrache! Vielleicht kann ich den ja fabrizieren? "Aber du sagtest doch, dass während dem Duell ohnehin keiner eingreifen darf, welchen Sinn sollte es also haben Joey jetzt noch anzugreifen? Es sei denn, die haben es jetzt auf Kaiba abgesehen und wollen nicht, dass Joey ihn schützen kann." Tristan blickt nachdenklich in die Runde. Yami schüttelt leicht den Kopf. "Seth und Ra dürfen nicht eingreifen, Ba´s ist es gestattet. Sowohl den hellen wie auch den dunkelen." erklärt der Pharao. Ich pfeife laut auf. "Dann nehm ich ja an der Schlacht teil?" Yami nickt. "So gesehen schon." bestätigt er. Hm. Ok. Warum nicht? Kaiba und ich Seite an Seite im Kampf gegen das Böse. Ich sollte mich bremsen, sonst fange ich auch noch mit Shakespeare an. Kaiba seufzt. "Da wir diesen Punkt nun gekärt haben, wie sieht die weitere Vorgehensweise aus. Ich meine bezüglich Ryou. Morgen ist das Duell und wenn ich dich richtig verstanden habe, Yami, dann ist es notwendig, dass wir es gewinnen, um die restlichen Milleniumsgegenstände zu bekommen. Aber was gedenkst du in der Angelegenheit mit dem Assiduus zu unternehmen? Immerhin müssen wir jederzeit damit rechnen, dass er versuchen wird, an Joey heran zu kommen." Mokuba nickt. "Ja, Seto, hat Recht. Dieses Ding wird doch nicht aufgeben und es kann scheinbar einfach auftauchen. Wir müssen Joey also schützen solange bis der Fluch von ihm genommen wurde." Mann, die Kaiba Brüder sind sich doch recht ähnlich. Logische Pragmatiker und dazu noch süß. "Kann Joey sich denn als Ba nicht alleine vor dem Assidings schützen?" will Tristan wissen. Shadi schüttelt den Kopf. "Der Ba, Joey, vermag es nur seine Kräfte zu nutzen um seiner Schutzperson beizustehen oder ihr zu dienen." erwidert der Ägypter. DIENEN? Kaiba´s Blick verrät mir, dass er gerade das Gleiche denkt. Ähm, ja. Wie war das noch, Hündchen und Herr? Meine Wangen glühen wieder einmal. "Und dieser Assiduus kann einfach so auftauchen?" hakt Tea nun nach. Yami nickt. "Sobald die Sonne am untergehen ist, erwachen die Kräfte des Assiduus und bei Nacht ist es ihm gestattet überall zu wandeln. Am Tage löst er sich in Rauch auf, aber während der Dunkelheit kann er nach belieben erscheinen und er kann sein Opfer überall aufspüren. Gleichgültig wie weit es am Tage fliehen mag. Zeit und Raum spielen für den Assiduus keine Rolle. Er vermag es nur nicht Wasser zu überqueren." erklärt Yami weiter. Beruhigend, äußerst beruhigend... Also, wenn ich mich die ganze Nacht über in die Badewanne lege... Nein, ich bezweifele, dass das so leicht geht. "Wie schützen wir Joey dann bis Ryou..." Tea spricht nicht weiter. Wahrscheinlich weil sie nicht weiß wie sie den Satz beenden soll. "Immerhin ist es schon Nacht!" Kaiba lächelt. "Lass das meine Sorge sein." meint er gelassen und Tea errötet ziemlich heftig. Ich grinse nur. Das bedarf wohl keiner weiteren Worte. "Also, Yami, wie willst du Ryou dazu bringen den Fluch von Joey zu nehmen?" fragt Kaiba ernst. Ich schätze, auch Yami ist klar, dass Kaiba Ryou´s Überleben dabei gleichgültig ist. Der Pharao überlegt. "Vielleicht lässt sich Bakura darauf ein, dies als weiteren Einsatz unseres Duells zu betrachten." Kaiba lacht kalt auf. "Wie naiv bist du?" fragt er sarkastisch und ich muss ihm in dem Fall wirklich zustimmen. Ob Bakura tatsächlich bereit sein würde sich darauf einzulassen bezweifle ich. "Nun, versuch es, wenn du willst." Er zuckt gleichgültig mit den Schultern. "Das Duell werden wir jedenfalls gewinnen." Davon gehe ich auch aus. Müsste schon mit dem Teufel... nein, reden wir nichts bei. Yami nickt. "Wir versuchen es erst einmal auf meine Weise." Entschlossen funkelt er Kaiba an. Dieser hält dem Blick gelassen stand. "Bitte, aber wenn deine Methoden nicht funktionieren, dann versichere ich dir, dass ich die Dinge in die Hand nehmen werde!" Damit ist dieser Punkt abgehakt. "Was ist denn, wenn ihr die Milleniumsgegenstände habt?" will Mokuba auf einmal wissen. "Die Milleniumsgegenstände versiegeln nicht nur das Grab des Pharaos, sie sind auch der Schlüssel zu einem Artefakt, dass so mächtig ist, dass es richtig genutzt, den Kampf für eine Seite entscheiden kann." erwidert Shadi feierlich. Der Pharao nickt. "Verstehe, deshalb auch dieses Duell..." meint Tristan nachdenklich und ich frage mich welches Artefakt das wohl sein mag. Kaiba blickt auf die Uhr. "Ich gehe davon aus, dass für heute alles geklärt ist." Yami nickt. "Augenblicklich gibt es zumindest nichts, was wir noch tun könnten." stimmt er zu. "Dann schlage ich vor, dass wir diesen lockeren Disput nun beenden." Wieder nickt der Pharao und Kaiba blickt zu Mokuba. "Ich denke, wir haben noch genug essbares in der Küche, oder?" fragt er seinen kleinen Bruder und augenblicklich meldet sich mein Magen. Der Kleine nickt eifrig. "Mehr als genug." bestätigt er. "Gut." Kaiba blickt in die Runde. "Wer hat Hunger?" Galante Zurückhaltung an der Front, aber ich reiße den Arm in die Höhe. Kaiba lächelt. "Mokuba, nimm den... sie... mit in die Küche, ich komme gleich nach." Der Kleine nickt und deutet uns an ihm zu folgen. Ich zögere und blicke zu meinem Liebsten. "Geh nur, ich komme gleich nach." meint er und sein Blick wandert zu Yami, der ebenfalls stehen geblieben ist. Ohne ein weiteres Wort folge ich den andern, aber ich kann nicht umhin noch einen letzten Blick auf die Beiden zu werfen ehe ich die Tür schließe. Kapitel 46: Zwischenspiel ------------------------- "Mein Bauch tut weh." stöhne ich. "Du hast ja auch eine Menge hinein gestopft!" erwidert Kaiba während er sein Hemd aufknöpft. Ich stöhne wieder. Ich liege schon im Bett und im Moment habe ich das Gefühl, dass ich mich keinen Zentimeter mehr bewegen kann. "Was hast du denn noch mit Yami besprochen?" will ich wissen. Nachdem wir in der Küche waren und uns alle, einige mehr, andere weniger, gestärkt haben, hatte Kaiba Roland angewiesen den anderen ihre Zimmer für heute Nacht zu zeigen. Dann haben auch wir uns zurückgezogen. Genau genommen habe ich mich mehr schlecht als recht die Treppe hoch geschleppt und es gerade noch geschafft Jeans und T-Shirt auf den Boden zu werfen bevor ich mich ins Bett fallen ließ. "Zurückhaltung ist keine deiner Tugenden." Er lächelt und hängt sein Hemd ordentlich über einen der Stühle. "Nein." bestätige ich grinsend. "Ich bin neugierig." Er wirft mir einen amüsierten Blick zu und macht sich daran nun auch seine Hose abzustreifen. "Also?" Ich warte. Er seufzt. "Ich hatte nur noch ein paar Fragen, weiter nichts." erwidert er vage und ich versuche einen seiner durchdringenden Blicke aufzusetzen. Bedauerlicherweise funktionieren die bei mir nicht wirklich. "Du solltest keine Geheimnisse vor deinem Ba haben!" meine ich tadelnd und er schüttelt belustigt den Kopf. "Mein Ba sollte sich vielleicht auch nicht so überfressen, so bist du mir im Notfall wahrscheinlich keine Hilfe." kontert er gelassen und steigt endlich zu mir ins Bett. Ich schmolle, da mir kein guter Konter einfällt. Aber sein ernster Blick entgeht mir nicht und schlagartig werde auch ich ernst. "Du machst dir Sorgen wegen dem Duell?" vermute ich mal blindlings. Er schüttelt den Kopf. "Das Duell ist mein kleinstes Problem." entgegnet er. "Ich bin sicher, dass Yami und ich gewinnen werden. Gegen unsere Decks haben die zwei Irren keine Chance." Er verzieht spöttisch den schönen Mund. "Was ist es dann? Dieser Assiduus?" Er seufzt. "Alles Joey." entgegnet er. "Diese ganze Geschichte... Bislang ging ich stets davon aus, dass es sich nur um ein Spiel handelt. Ich meine, ich habe Tuniere bestritten, nicht mehr und nicht weniger. Aber jetzt..." Er hält inne. Nachdenklich blicke ich ihn an. "Nun ja, also selbst die Tuniere waren doch bislang immer ernst, Seto." widerspreche ich sanft. "Das kann dir doch nicht entgangen sein..." Hallo? Schattenreich, Cyberspace, eingefangene Seelen. Ist das denn nichts? Aber ich glaube, ich weiß was er meint. "Sicher, aber zu dem Zeitpunkt habe ich versucht das alles zu ignorieren. Ich habe es nicht an mich ran gelassen, doch jetzt ist es anders. Ich weiß was auf dem Spiel steht und dieses Mal geht es um mehr als um meine Firma, Mokuba oder ein paar Karten." sagt er und instinktiv strecke ich meine Hand nach ihm aus. Er dreht sich leicht zu mir und einen Moment lang liegen wir uns einfach schweigend gegenüber und halten uns an der Hand. "Ich kann akzeptieren, dass all diese Dinge kein Traum sind. Ich kann auch irgendwie verkraften, dass ich ein Teil des Ganzen bin, auch wenn es mir teilweise noch immer vorkommt wie ein verrücktes Märchen. Aber diese Angelegenheit ist groß! So groß, dass sie Menschenleben kosten kann und vielleicht auch wird." Seine blauen Augen werden wieder dunkler. Ich nicke stumm. Ja, ich denke, ich verstehe ihn. Die ganze Zeit über habe ich mich bemüht, nicht daran zu denken. Es einfach zu übersehen, aber es lässt sich nicht mehr ignorieren. Vielleicht war es früher anders, vielleicht erschien es mir auch nur so, ich weiß es nicht, aber so wie die Dinge liegen, ist es mehr als ernst. Es geht um zu viel. "Dein Leben, Joey." höre ich ihn schließlich sagen. Wieder liegt Verzweiflung in seinen Augen. "Was, wenn Yami Ryou nicht davon überzeugen kann den Fluch zurück zunehmen? Du oder er. Darauf läuft es doch hinaus oder denkst du ernsthaft, dass Yami Bakura zulassen wird, dass Ryou sich ihm widersetzt? Yami irrt sich, wenn er denkt er könne euch beide retten." Kaiba seufzt. "Verstehst du was ich meine?" Ich nicke und schaudere unwillkürlich. Den Gedanken hatte ich auch bereits, aber ich habe in so weit zurückgedrängt wie ich nur konnte. "Einer von euch beiden wird sterben." sagt Kaiba hart und irgendetwas in mir weiß, dass er Recht hat. "Selbst, wenn es Yami gelingen sollte, Ryou zu erreichen, was ich bezweifle, was denkt er wie dieses Schlacht geführt wird? Wenn Bakura tatsächlich unser Gegner ist, dann werden wir ihn..." Er schließt unwillkürlich die Augen. "Töten müssen." beende ich seinen Satz und höre wie er scharf einatmet. "Ich habe keine Angst davor, Joey." erwidert er und ich glaube ihm. Ich weiß, dass er sich nicht davor fürchtet, zumal ihm ohnehin diese Leben unwichtig sind. Dennoch... ich spüre seine Zerrissenheit. "Halt mich." sage ich plötzlich und er zieht mich tatsächlich in seine Arme. Zum ersten Mal an diesem Tag fühle ich mich... sicher, geborgen. Ich höre seinen gleichmäßigen Herzschlag und entspanne mich unwillkürlich. Wie schön es ist ihn zu spüren, seine Nähe, die Wärme, die von ihm ausgeht. "Ich werde Ryou töten, Joey, wenn es sein muss, dann werde ich ihn töten." höre ich ihn in mein Haar flüstern und schlinge meine Arme fester um ihn. Ich will nicht, dass irgendjemand meinetwegen stirbt. Ich will auch nicht, dass er... Lass ihn mich einfach nur festhalten! Lass die Zeit still stehen und diesen Moment bewahren wo es nur uns gibt und sonst nichts. Ich will nicht mehr daran denken. Nicht jetzt. Zaghaft hebe ich den Kopf und meine Lippen suchen seine. Er erwidert meinen Kuss wie ein Verdurstender, dem ich einen Schluck Wasser reiche. Ehe ich mich versehe übernimmt er die Kontrolle über den Kuss, macht ihn härter, fordernder und ich stöhne unwillkürlich auf. Seine Hände wandern über meinen Rücken und mit ihnen süße Schauer der Wärme. Ich dränge mich enger an ihn, klammere mich an seinen Körper und genieße das Gefühl, dass mich nun durchströmt. "Ich brauche dich." haucht er atemlos und meine Antwort ist ein weiterer Kuss. Ja, lass mich diesen Moment festhalten, lass ihn nicht enden. Ich will nicht an morgen denken. Mir ist egal was mit der Welt geschieht oder ob ich ein Schicksal habe, dass mir vorbestimmt wurde. All das kümmert mich jetzt nicht. Ich will ihn nur spüren, trunken sein von seinen Küssen. Ich will ihn. Jetzt. Und ich spüre, dass es ihm ebenso geht. Er schnappt nach Luft und seine Äugen glänzen bereits. Unwillkürlich muss ich lächeln. Ich liebe es ihn so zu sehen. Die ordentliche Frisur ist zerzaust, weil ich mich wieder einmal nicht zurückhalten konnte und wollte und sanfte Röte liegt auf seinen Wangen. Für einen Moment stockt mir der Atem. "Ich liebe dich." sage ich leise und er lächelt. Mit einer grazilen Bewegung streicht er mir eine störrische Strähne aus dem Gesicht. "Ach Joey..." Sein Lächeln ist herzzerreißend und ich beuge mich wieder zu ihm als sich seine Augen plötzlich weiten. Instinktiv halte ich in meiner Bewegung inne, doch bevor ich fragen kann was los ist, bemerke ich es selbst. Das Licht der kleinen Nachttischlampe beginnt zu flackern und ich habe das Gefühl, dass es langsam dunkler im Zimmer wird. Kaiba hat sich aufgerichtet und blickt sich nun mit erschrockenem Blick um. Ich tue es ihm gleich. Alles scheint wie immer und doch... nein, es ist dunkler geworden. Wir wissen wohl beide, was das zu bedeuten hat. Mein Herzschlag beschleunigt sich schon. Kaiba sieht sich immer noch unschlüssig um. Nichts ist zu erkennen, aber die Zeichen sind eindeutig. Zumindest sofern ich das gemäß meiner Erinnerung beurteilen kann. Kaiba ist es, der als erstes reagiert als ich plötzlich wieder diese Augen sehe. Mit einem Satz ist er auf den Beinen. "Lauf!" schreit er, aber ich brauche einen Moment um zu realisieren was er meint. Dann springe auch ich auf. Wobei ich gar nicht weiß wohin ich laufen soll. Der Assiduus schwebt vom Fenster langsam auf das Bett zu. "Lauf endlich!" zischt Kaiba mich an und ohne zu überlegen gehorche ich. Ich sprinnte zur Tür und reiße fast den Türknauf ab. Hinter mir höre ich Kaiba irgendetwas schreien. Ich laufe auf den Flur und weiß noch immer nicht was ich eigentlich tun soll, wohin ich rennen soll. Also tue ich das Einzige was mir in dem Moment in den Sinn kommt. Ich schreie. Ich schreie nach Yami und hechte den Flur entlang. Aus Kaiba´s Zimmer dröhnt ein Poltern und unwillkürlich bleibe ich stehen. Jetzt erst realisiere ich, dass er nicht hinter mir ist, sondern immer noch da drin. Mit diesem Ding! Ohne nachzudenken will ich Kehrt machen als Tea, Yami und Marik vor mir stehen. "Was ist los?" fragt der Ägypter und reibt sich verschlafen die Augen. "Der Assiduus!" schreie ich hysterisch und lasse die Drei einfach stehen. Kaiba ist allein mit diesem Ding! Ich muss zu ihm! Meine Gedanken überschlagen sich und fast habe ich die Tür erreicht als man mich an der Schulter packt. Es ist der Pharao und er hält mich unerbittlich fest. "Nein!" befiehlt er und ich versuche seine Hand abzuschütteln, was mir aber nicht gelingt. Sein Griff ist eisern. "Bring ihn hier weg!" sagt Yami zu Marik und der Junge nickt. Ich schreie wieder und ich glaube, ich trete auch. Was denken die sich? Ich muss Kaiba helfen! Ich kann ihn doch nicht... Aber schon hat der Ägypter mich gepackt und zieht mich mit sich. "Seto!" schreie ich und sehe wie Yami in das Zimmer tritt. Der Schatten zeichnet sich nun deutlich am Türrahmen ab. Das matte Licht des Flures scheint langsam zu ersticken. Wo ist Kaiba? Ich mache einen weiteren Versuch den Ägypter abzuschütteln, aber der Junge hat scheinbar Bärenkräfte. "Verflucht, lass mich..." Ich schlage, trete, zerre an seinem Arm und plötzlich durchzuckt mich ein alles betäubender Schmerz. Fassungslos sehe ich den Ägypter an, dann wird alles schwarz. "Er kommt zu sich." höre ich Tea´s Stimme und blinzele. Mein Schädel, oh Gott, mein Kopf ist am platzen. Alles dreht sich. Mal wieder. Das Blut rauscht mir in den Ohren. Unwillkürlich will ich mich aufrichten, aber man drückt mich unsanft runter. Erst jetzt wird mir klar, dass ich liege. Allem Anschein nach auf einem Sofa. Für ein Bett ist es nicht weich genug. Ich stöhne. "Hier ist der Eisbeutel, Tea." vernehme ich nun auch Mokubas Stimme. Eisbeutel? Kaiba? Kaiba! Ich reiße die Augen auf und Tea drückt mir eben genannten Eisbeutel auf den Kopf. "Halt still, sonst wird es eine Beule!" meint sie und ich knurre sie an, gehorche aber. Ich liege tatsächlich auf dem Sofa im Salon und alle stehen um mich herum. Was ist passiert? Wie komme ich hier her? Ich nehme Tea den Beutel aus der Hand und presse ihn mir selbst auf die schmerzende Stelle an meinem Hinterkopf, während ich mich langsam aufrichte. Ich muss wieder blinzeln und dann finden meine Augen endlich was ich suche. Kaiba. Erleichtert ateme ich auf. Er ist ok. Gott sei Dank. Schlagartig fällt alle Anspannung wieder von mir ab. "Was ist passiert?" will ich wissen. Ich erinnere mich wieder. Kaiba, Schlafzimmer, Assiduus... Marik... Marik! Mein Blick sucht den Ägypter in der Runde. "Du, Penner!" fahre ich ihn an und will wieder aufspringen, doch Tea hält mich fest. Der Junge hält meinem wütenden Blick gelassen stand. "Es tut mir leid, dass ich dich schlagen musste." erklärt er, wirkt aber keineswegs verschämt oder gar verlegen. "Musstest? Es hat dich keiner gezwungen!" brumme ich. Er zuckt leicht mit den Schultern. "Es erschien mir die beste Lösung." erwidert er gelassen. "Ha!" ist alles was ich entgegenen kann. "Jetzt weißt du mal wie das ist!" vernehme ich Tristans Stimme und funkele jetzt ihn giftig an. "Ist der Assiduus wenigstens weg?" will ich wissen und versuche mich zu beruhigen. "Vorerst ja." antwortet mir Yami. "Immerhin." ich bin immer noch sauer. Mich einfach so k.o. zu schlagen. Ich wollte doch nur... Unwillkürlich wandert mein Blick zu Kaiba. Er hat seinen weißen Morgenmantel angezogen und wirkt... erschreckend entspannt. Gut, seine Frisur sitzt nicht, aber ansonsten... Und ich sitze hier in Boxershorts. War ja klar, dass er selbst in so einem Augenblick... "Warum bist du nicht mit mir raus?" will ich wissen. Ich war echt der festen Überzeugung, dass er mit mir aus dem Zimmer gerannt wäre. Ich wäre doch nie einfach auf und davon, wenn ich gewusst hätte... "Weil ich versucht habe dir den Dämon vom Leib zu halten." erklärt er mir mit ruhigem, nüchternen Tonfall. Ich seufze. Der Mann ist... unfassbar. Ich könnte ihm glatt eine runterhauen. Jetzt erst sehe ich den blutigen Kratzer auf seiner rechten Wange. Kaiba lächelt. Na, immerhin ist er mir nicht böse, dass ich einfach... Immerhin bin ich doch sein Ba. "Ach, Joey." Kaiba seufzt. Kapitel 47: Vorspiel -------------------- Als ich aufwache, weiß ich erst einmal gar nicht wo ich bin. Ich brauche einen Moment, um zu realisieren, dass ich in Kaiba´s Bett liege. Automatisch taste ich nach der immer noch schmerzenden Stelle an meinem Hinterkopf. Tea hatte Recht, es ist eine leichte Beule geworden. Verdammter Marik. Das werd ich ihm noch heimzahlen. Dann erst merke ich, dass ich allein bin. Kaiba ist demnach schon auf den Beinen. Ob er überhaupt geschlafen hat? Das Letzte woran ich mich erinnere ist, dass ich mich an ihn gekuschelt gehabe. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es bereits nach acht ist. Eigentlich Zeit für die Schule... Nun, ich schätze, die wird heute ausfallen. Ich strecke mich gemächlich und rolle mich dann widerwillig aus den weichen Laken. Erst unter der Dusche werde ich langsam wach. Meine Kleider liegen nicht länger auf dem Boden. Fein säuberlich zusammen gelegt hängen sie über einem der Stühle. Unwillkürlich muss ich lächeln. Ich bezweifle, dass ich das Roland oder einem der Hausmädchen zu verdanken habe. Hab ich schon erwähnt, dass Kaiba ein Ordnungsjunkie ist? Als ich die Treppe hinunter gehe, vernehme ich bereits die Stimmen meiner Freunde. Scheinbar ist man bereits in der Küche zu Gange. Trifft sich gut, denn ob man´s glaubt oder nicht, mein Magen meldet sich gerade wieder. "Wow... die Marmelade ist echt mal lecker!" höre ich Tristan begeistert ausrufen. "Seto importiert die aus England. Sauteuer das Zeug!" erwidert Mokuba und ich glaube Kaiba stöhnen zu hören. Ach ja, alles ist halbwegs normal. Wie erfreulich. Besonders nach dem verrückten Tag gestern. "Morgen, Leute!" nuschele ich und gähne noch einmal als ich die Küche betrete. Ich rutsche auf einen der stylischen Hocker und Kaiba schiebt mir wortlos eine Tasse Kaffee hin. Ich schenke ihm ein verschlafenes Lächeln und er nickt nur. Mit Bedauern stelle ich fest, dass seine Frisur wieder sitzt. Man könnte fast meinen es wäre echt ein normaler Morgen, naja, einmal davon abgesehen, dass wir alle in Kaiba´s Villa sind, was zugegeben nicht so ganz normal ist, und drei doch recht merkwürdig gekleidete Ägypter unsere kleine Runde ergänzen. Zumindest das Gespräch heute morgen ist normal. Unwillkürlich muss ich grinsen. Wer hätte das gedacht, dass wir alle mal so friedlich zusammen sitzen würden? Die Normalität endet allerdings als Yami auf das bevorstehende Duell zu sprechen kommt. "Pegasus erwartet uns um 15:00 Uhr in seinem Schloss." meint er zu Kaiba gewandt. Dieser nickt nur und schüttet sich einen weiteren Kaffee in. Ich glaube, er hat tatsächlich kein Auge zu getan. Nicht, dass man es ihm ansehen würde. Es ist nur so ein Gefühl. "Mann, ich bin echt gespannt, was das wird. Die beiden Psychos werden sicher nicht mit fairen Mittel arbeiten." meint Tristan mit vollem Mund und Kaiba wirft ihm einen vernichtenden Blick zu. Ich kann ihm vom Gesicht ablesen, was er denkt. Irgendwas wie "unnötiger Kommentar, erbärmlicher Troglodyt". "Es wäre auch das erste Mal, dass die Beiden mit fairen Mitteln kämpfen." meldet sich Tea zu Wort. Jepp, wohl wahr. Weder Pegasus noch Bakura haben es bislang mit der Fairness so genau genommen. In der Hinsicht ist also alles zu erwarten. Ich hab ehrlich gesagt auch ein etwas mulmiges Gefühl, wenn ich an heute nachmittag denke. Nicht, dass ich kein Vertrauen in Yami und Kaiba hätte, im Gegenteil, aber wie gesagt... dieses Gespann - Pegasus und Bakura - ist wie Nitro und Glycerin. Andererseits könnte man das theoretisch von Kaiba und Yami auch behaupten. Da fällt mir plötzlich etwas ein. "Wie hast du gestern eigentlich den Assiduus verscheucht?" frage ich meinen Liebsten. Kaiba antwortet mir nicht. Dafür schildert mir Tea die Geschehnisse. "Das war... unglaublich." meint sie und klingt echt euphorisch. "Kaiba hat eine richtige Wand aus Eis zwischen sich und dem Assiduus erscheinen lassen. So etwas habe ich noch nie gesehen." Ihr Blick huscht zu Kaiba und... ihre Wangen glühen. Sofort senkt sie den Blick. Hm? Hab ich was verpasst? Fragend mustere ich Kaiba und - wow! Auch auf seinen Wangen zeichnet sich zarte Röte ab. Ähm, ja. Ich kann´s mir denken. Immerhin kann ich mich noch gut daran erinnern was Kaiba anhatte als dieser Dämon uns angegriffen hat. Muss ich mir jetzt Gedanken machen, dass mein gleichwertiger Aufzug Tea nicht die Schamesröte ins Gesicht getrieben hat? "Dann hast du deine Kräfte langsam unter Kontrolle?" frage ich und versuche mir ein Grinsen zu verkneifen. Wahrscheinlich ist Tea die einzige Frau, das einzige weibliche Wesen, dass Kaiba je in Boxershorts gesehen hat. Mein armer Liebling hat zur Zeit echt eine Menge zu verkraften. Er zuckt mit den Schultern. Unwillkürlich muss ich an sein Gespräch mit Yami denken von dem ich immer noch nichts weiß. Ob ich den Pharao danach fragen soll? Irgendwie interessiert es mich doch, was die Zwei zu bereden hatten. "Ich nehme an, der ganze... Verein wird uns heute nachmittag begleiten." vernehme ich Kaiba´s kühle Stimme. Sein Blick ist auf Yami gerichtet. Dieser nickt. "Wenn du nichts dagegen hast." entgegnet der Pharao und ich stelle fest, es ist inzwischen mehr als ein wackliger Burgfrieden zwischen den Beiden. Ich höre Respekt in Yami´s Stimme und auch Kaiba´s Haltung ist inzwischen eine andere. Wieder zuckt der Chef der Kaiba Corp. mit den Schultern. "Die Entscheidung überlasse ich dir." erwidert er gleichgültig. "Was ist mit den Milleniumsgegenständen?" fragt Shadi plötzlich. Yami scheint nachzudenken. "Ich glaube kaum, dass es eine gute Idee wäre, alle mitzunehmen. Für den Fall, dass Bakura irgendwelche Hintertürchen versucht." meint der Pharao nach kurzem Zögern. Kaiba nickt. "Ich stimme dir zu." sagt er ernst. "Ich schlage vor, wir legen einen Teil davon in meinen Tresor. So entgehen wir der Gefahr, dass bei einem möglichen Angriff alle erbeutet werden." Yami nickt. "Shadi weiß die seinen zu hüten, aber die Kette und auch den Stab sollten wir an einem sicheren Ort verstecken." Kaiba nickt. "Mokuba wird sich darum kümmern, nicht wahr, kleiner Bruder?" Der Kleine nickt eifrig. "Natürlich, Seto." Über Kaiba´s Gesicht huscht ein kleines Lächeln. Früher dachte ich immer, dass er den Kleinen oftmals hart anpackt und sogar rumkommandiert. Inzwischen weiß ich es besser. Es ist seine Art seinem Bruder zu zeigen, dass er ihm vertraut. Vieles das Kaiba tut, ergibt bei genauerer Betrachtung mehr Sinn als man auf den ersten Blick denken mag. Man muss sich nur die Mühe machen hinter das Eis zu blicken. "Mr. Kaiba, Sir?" Das Erscheinen von Kaiba´s persönlichem Assistenten bringt uns alle nicht nur zum verstummen, wir schrecken geradezu zusammen. Naja, Kaiba natürlich nicht, Mokuba genauso wenig. "Ja, Roland?" erwidert Kaiba und der Sekretär mustert leicht unsere kleine Runde. Wahrscheinlich waren noch nie so viele Menschen in Kaiba´s Küche, ach was, in Kaiba´s Villa. Wieder einmal frage ich mich was Roland von dem Ganzen hier wohl denkt. Aber der Typ ist ein As, er lässt sich nichts anmerken. "Ein junger Mann steht am Tor und möchte zu ihnen." Roland klingt etwas unsicher oder bilde ich mir das nur ein. Kaiba sieht ihn erstaunt an. "Wie heißt der Typ?" fragt er scharf. Das frage ich mich ehrlich gesagt auch, wir sind doch schließlich alle hier, oder? Ich blicke in die Runde. Ja, im Grunde schon. Der gesamte Kindergarten ist anwesend. "Duke Devlin, Sir." Duke? Was will der denn hier? Ich glaube von jedem Gesicht lässt sich deutlich die Überraschung ablesen. Kaiba fasst sich jedoch schnell wieder. "Lassen sie ihn rein, Roland." meint er. "Ich erwarte ihm im Salon." Der Assistent nickt und verschwindet ebenso lautlos wie er erschienen ist. Kaiba´s Blick wandert fragend zu Yami. Dieser zuckt unschlüssig mit den Schultern und ist sichtlich genauso unwissend wie der Rest von uns. Kaiba seufzt und macht Anstalten sich in den Salon zu begeben. "Nun, dann wollen wir mal sehen was, Devlin will." meint er und die Maske aus Eis sitzt wieder perfekt. Ich stopfe mir den Rest meines Brötchens in den Mund und folge ihm. Die anderen tun es mir gleich. Wie eine Prozession begleiten wir den Eisprinzen in seinen Salon. Was Duke wohl von Kaiba will? Warum er ausgerechnet hier auftaucht? Hm... komisch. Ich hätte ja mit vielem gerechnet, nicht aber mit Duke Devlin. Kaiba´s Mine ist natürlich wieder vollkommen verschlossen, aber ich glaube, er weiß genausowenig wie ich oder einer der andern warum Duke heute morgen hier aufschlägt. Eigentlich sollte ich mich langsam aber sich an die unvorhersehbaren Dinge gewöhnen. Jeden Tag was neues... das hält den Geist rege oder so. Egal. Ich brenne wieder einmal vor Ungeduld. "Mr. Devlin, Sir." meldet Roland den Gast schließlich an und hält ihm galant die Tür auf. "Dacht ich mir doch, dass ich euch hier finde." ist das erste was Duke sagt, dann sieht er sich um und pfeift anerkennend. "Keine schlechte Hütte, Kaiba." Er grinst Seto dabei an und bedenkt dann jeden aus unserer Runde mit einem eingehenden Blick. "Also, was ist denn hier los? Ne Konferenz oder so was?" Kaiba verdreht neben mir die Augen. "Du hast genau fünf Sekunden Zeit dein Erscheinen zu erklären, Devlin, ich rate dir die Zeit zu nutzen." Kaiba´s Stimme ist eisig. Sogar ich zucke leicht zusammen. Nur einem genauen Beobachter entgeht nicht, dass Duke leicht zuckt und seine Lässigkeit ins Wanken kommt. "Also..." hebt er an und Kaiba unterbricht ihn mit scharfem Blick. "Vier Sekunden." Ja ja, so kenn ich meinen Schatz. Er ist in Höchstform. Fast wieder ganz der Alte sollte man meinen. Irgendwie gefällt mir das gerade sogar. Vermutlich weil nicht mich trifft. Ja, ich weiß, Schadenfreude... Ich bin eben auch nur ein Mensch. "Ok, Kaiba." Duke wird schlagartig ernst. "Ich bin hier, weil mir Yugi´s Großvater gesagt hat, dass er nicht nach hause gekommen ist und momentan was sehr wichtiges zu erledigen hätte. Tja und da keiner von euch gestern mehr im Unterricht war, man mir aber erzählt hat, dass ihr alle gemeinsam in deiner Limo verschwunden seid, hab ich kombiniert und da bin ich." Kaiba´s Mundwinkel verziehen sich zu einem leichten Grinsen. "Brilliant, Sherlock. Das erklärt jedoch immer noch nicht warum du nach uns gesucht hast." meint er sarkastisch. Duke nickt und wirkt plötzlich etwas verlegen. "Ich hab von dem Duell mit Pegasus und Bakura gehört." beginnt Devlin von neuem. "Komm zum Punkt!" zischt Kaiba und instinktiv lege ich ihm meine Hand auf den Arm. Duke bemerkt die Geste nicht. Anstatt etwas zu sagen, kramt Duke einen Zettel aus seiner Jackentasche und reicht ihn wortlos Kaiba. Während Kaiba ihn auseinander faltet, redet weiter. "Den hab ich gestern bekommen. Keine Ahnung von wem. Und deshalb bin ich hier." Kaiba überfliegt das Geschriebene und starrt dann ungläubig zu Duke. Ich versuche derweil einen Blick auf das Schreiben zu erhaschen, aber Kaiba reicht ihn bereits an Yami weiter ehe ich den Text wirklich lesen kann. Der Pharao blickt ebenso verständnislos auf das Stück Papier und dann von Duke zu Seto. "Was steht denn da?" will Tristan wissen. Yami erwidert nichts. In seinem Kopf scheint es massiv zu arbeiten. Und auch Kaiba antwortet ihm nicht. "Da steht, dass meine Anwesenheit bei diesem Duell erwünscht ist." bricht Duke schließlich das Schweigen. "Sozusagen eine persönliche Einladung von keinem anderen als Maximilian Pegasus." Keiner rührt sich. Kapitel 48: Wirrwarr -------------------- "Was hat das zu bedeuten?" fragt Tea schließlich. Logische Frage und doch eigentlich ziemlich blöd, denn ich bezweifle, dass auch nur einer im Raum sich einen Reim darauf machen kann. Yami weiß es jedenfalls nicht und scheint auch keinerlei Ahnung zu haben und meine Wenigkeit hat noch nicht mal nen vagen Verdacht. Selbst Duke wirkt nicht wirklich so als habe er von uns eine Erklärung erwartet. "Will mir jetzt mal jemand sagen was hier eigentlich los ist?" fragt er in die Runde. Ähm, ja, klar. Muss ja alles etwas verwunderlich für ihn sein. Wir hier bei Kaiba und so. Ok, dass ich jetzt öfter bei Kaiba rumhänge weiß er ja, aber diese Massenveranstaltung ist natürlich etwas anderes. "Ich wüsste nicht, was dich das angeht!" meint Kaiba kühl. "Na, da ich scheinbar eurem Duell heute beiwohnen soll, könntet ihr mir schon sagen was eigentlich gespielt wird." entgegenet Devlin lässig und blickt fragend zu Yami. Der Pharao zögert. Erst als Kaiba genervt seufzt, setzt er zu einer Erklärung an. "Kaiba und ich treten heute Nachmittag gegen Pegasus und Bakura an, um die fehlenden Milleniumsgegenstände zu gewinnen." meint der Pharao. Duke nickt. "Ja, so was hab ich schon gehört. In der ganzen Stadt wird darüber gemunkelt, dass Kaiba und du jetzt in einem Team seid." Er grinst und zwinktert mir kurz zu. Keine Ahnung was das zu bedeuten hat. "Unglaublich, dass diese Sache solche Wellen schlägt. Haben die Leute nichts besseres zu tun als sich darüber Gedanken zu machen?" Kaiba verdreht schon wieder die Augen. Duke zuckt mit den Schultern. "Na Hallo, das ist doch die Sensation. Vor allem nach euren letzten Aktionen. Ich hätte jetzt auch nicht unbedingt gedacht, dass ihr mal freiwillig zusammen arbeiten würdet." erwidert er. Kaiba macht eine wegwerfende Handbewegung. "Die Angelegenheit erfordert es eben, dass wir dieses Duell zusammen bestreiten." sagt er leichthin. "Mir soll´s recht sein. Hab euch ja früher schon gesagt, dass dieser Kleinkrieg nichts bringt." Duke lacht. "Dann bin ich echt mal gespannt, was das heute wird." Kaiba stöhnt genervt. "Weißt du ob sonst noch wer eine Einladung von Pegasus bekommen hat?" will Yami plötzlich wissen. Duke schüttelt den Kopf. "Keiner, den ich kenne." antwortet er. Der Pharao nickt nachdenklich. "Das muss etwas bedeuten." sagt er zu Kaiba gewandt. "Sag mir etwas, dass ich noch nicht weiß." entgegnet Seto sarkastisch. Doch sein Blick ist ernst. "Wäre es möglich das Devlin die Nummer 2 sein soll?" Sein Gesichtsausdruck verrät, dass er selbst diese Idee für lächerlich hält. Yami zuckt mit den Schultern. "Möglich wäre es natürlich, auch wenn ich den Sinn dahinter nicht verstehen würde." "Nummer 2?" fragt Duke hellhörig geworden. "Was meint ihr damit?" Kaiba verzieht spöttisch den Mund. "Ich glaube kaum, dass du dir darüber Gedanken machen musst." meint er gleichgültig und an dieser Stelle mischt sich nun Tristan ein. "Na, wenn du Pech hast, Alter, wirst du zum Krieger in der letzten Schlacht ernannt." Ich schätze, der Kommentar soll besonders geistreich oder auch nur lustig sein. Die Wirkung verfehlt er jedenfalls total. Kaiba funkelt Tristan wütend an und auch Yami scheint von der Mitteilung nicht unbedingt begeistert. "Was soll das jetzt heißen?" fragt Duke und ist noch neugieriger geworden. Kaiba seufzt. "Da ihr ja ohnehin nichts für euch behalten könnt, klärt ihn auf. Ich habe noch etwas zu erledigen." Er wirft mir noch einen kurzen Blick zu und wendet sich dann an Mokuba. "Komm mit, Mokuba. Du kannst mir helfen." Der Kleine nickt und folgt ihm aus dem Salon. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Duke sich schlagartig entspannt. Er blickt uns erwartungsvoll an. "Dann schießt mal los." Ich seufze. Warum Duke? Das macht tatsächlich keinerlei Sinn und ich kann mir auch nicht vorstellen aus welchem Grund er gebraucht werden würde. Also weder von der einen Seite, noch von der anderen. Aber irgendeinen Grund muss es schließlich geben. Es ist Yami der in kurzen Zügen das Wesentliche erzählt. Duke hört aufmerksam zu und gelegentlich weiten sich seine Augen etwas. Zu meiner Überraschung lässt der Pharao meine Rolle bei dem Ganzen außer acht. Kein Wort darüber, dass ich ein Ba bin, auch nicht über den Assiduus. Wäre vielleicht auch zuviel des Guten. Vielleicht hat er auch Bedenken Duke über meine Beziehung zu Kaiba aufzuklären. Mir soll´s Recht sein. Der Typ muss ja nicht alles wissen. Zumindest nicht bis wir wissen, was er für eine Rolle bei dieser Sache spielt. Solange zählt er für mich jedenfalls noch zu den zwielichtigen Personen, auch wenn das gemein ist. Die Erfahrung hat gelehrt... Egal. "Mann, Mann, das ist ja mal echt was." Duke pfeift. "Also, das ist echt ne abgefahrene Story!" Ja, so könnte man es bezeichnen. Allerdings bin ich froh, dass Kaiba das gerade nicht hören muss. Wäre für seine Laune nicht unbedingt förderlich glaub ich. Ich frag mich übrigens was er zu erledigen hat. Ob er sein Outfit für heute auswählt? Mann, ich bin scheinbar doch noch nicht ganz wach. "Das heißt wir sollten heute beim Duell lieber alle die Augen offen halten." meint Duke und der Pharao nickt. "Ja, wir müssen auf alles gefasst sein." Dann wendet sich Yami plötzlich an Marik und Shadi. "Ich möchte euch bitten heute besonders auf Mokuba und Joey aufzupassen." Die Ägypter nicken. "Ja, mein Pharao." sagt Marik und ich schneide ihm spontan eine Grimase. Er grinst nur. Na, seine Art des "auf mich aufpassens" kenne ich jetzt. Geht mal gar nicht. Ich glaub auch nicht, dass seine Methoden bei Mokuba angebracht sind. Es sei denn er würde wollen, dass Kaiba ihn einfriert. War es das, was Yami und Kaiba gestern Abend noch besprochen haben? Der Gedanke kommt mir plötzlich. Die nächsten Stunden vergehen wie im Flug. Ich hätte nicht gedacht, dass die Zeit so schnell fliegen würde. Ehrlich gesagt hatte ich sogar damit gerechnet, dass die Stunden bis zu unserem Aufbruch sich wie Kaugummi ziehen würden. Zumal keiner von uns so wirklich wusste was er tun sollte. Aber ehe ich mich versehe ist es nach zwölf und Kaiba der Ansicht, dass wir aufbrechen sollten. Mokuba hat die Milleniumskette und den Stab im Tresor der Villa eingeschlossen und wir alles sind mehr oder weniger bereit. Wieder stellen wir eine komische, bunt zusammen gewürfelte Prozession da als wir uns zum Hanger begeben wo Kaiba´s Drache wartet. Roland erwartet uns bereits. "Es ist alles vorbereitet, Sir." Kaiba nickt und wir betreten das riesige Luftschiff. Jetzt geht es also wirklich los. Richtig los. Ich schlucke unwillkürlich. Oh Mann. Ich weiß gar nicht was ich denken soll. Augenblicklich bin ich so hibbelig und nervös, dass man meinen könnte ich hätte Hummeln im Arsch. Den anderen scheint es ähnlich zu gehen. Zumindest Tristan und Tea wirken so. Die Ägypter sind schwer einzuschätzen. Mokuba dagegen lässt sich keinerlei Aufregung anmerken. In der Hinsicht ist er echt ein Kaiba. Genau wie Seto beginnt er diese Mission ruhig und routiniert. Als wäre es ein Sonntagsausflug. Dabei ist das hier ganz was anders. Das wissen wir alle. "Wir werden zu früh sein." bemerke ich unsinnigerweise. Kaiba zuckt mit den Schultern. "Dann sind wir auch früher fertig." meint Mokuba. Auch wieder wahr. Unwillkürlich wende ich mich an den Pharao. "Was denkst du was uns erwartet?" frage ich ihn. Yami sieht mich ernst an. "Ich weiß es nicht, Joey. Wir müssen auf alles gefasst sein." Ich nicke nur und versuche mich innerlich auf alles einzustellen. Auf das was uns dann tatsächlich erwartet, konnte man sich aber nicht vorbereiten. Es sei denn, man habe versucht in den düsteren Winkeln einer schwarzen Seele zu graben. Pegasus Schloss ist noch das Gleiche, aber es wirkt... anders. Dunkler. Selbst die Sonne erscheint plötzlich in einem anderen Licht. Plötzlich kommt mir der Assiduus in den Sinn. "Solange es Tag ist, bist du in Sicherheit." erinnert mich Kaiba. Ich nicke. Ach ja, das Ding löst sich bei den ersten Sonnenstrahlen ja auf. Immerhin etwas beruhigendes. Der Rest ist eher... Naja, sagen wir´s so, Pegasus Schloss sieht alles andere als einladend aus. "Das ist die Präsenz Seth´s." teilt Yami uns mit. Ich schaudere. "Ist der hier?" will ich wissen. Der Pharao schüttelt den Kopf. "Er nicht, aber bestimmt einige seiner Diener." antwortet er und mein Unbehagen wächst. So viel zum Thema beruhigend. "Nun, dann lasst uns mal herausfinden, was hier los ist." Kaiba wirkt entschlossen und wenn er auch nur einen Funken Angst oder Sorge verspürt so weiß er ihn geschickt zu verbergen. Er ist es auch, der sich als erster in Bewegung setzt. Mokuba folgt ihm dicht und auch wir anderen schließen uns an. Mein mulmiges Gefühl wird immer größer. Mir gefällt das alles hier ganz und gar nicht. Ich würde am liebsten umkehren und Adios! Aber das ist ja keine Option. Leider. Bedauerlicherweise öffnet sich das Tor auch bei unserem Näherkommen schon von Geisterhand. Also die Möglichkeit ist damit auch vom Tisch. Und was noch offensichtlicher ist - wir werden erwartet. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals als wir den Innenhof betreten und auf das große, dunkle Eingangstor zuschreiten. Herr, steh uns bei. Ich habe echt ein scheißdoofes Gefühl und Kaiba... der klopft nicht einmal an. Er stößt einfach das Tor auf und ich halte die Luft an. Da sind wir also wieder. Eigentlich ist alles wie beim letzten Mal. Der komische Gang, die Leuchter, der rote Teppich. So gesehen noch ganz chillig, aber trotzdem ist da etwas, dass mich stört. Kaiba scheint echt motiviert, denn er schickt sich gleich an den Flur entlang zu gehen, aber Yami packt ihn am Arm und hält ihn zurück. "Warte!" meint der Pharao. Kaiba sieht ihn fragend an. "Lass uns zusammen bleiben." Was auch immer Kaiba in dem Moment denken mag, es ist ihm nicht anzusehen. Er hält aber in seiner Bewegung inne. "Sollen wir nach jemandem rufen?" schlägt Tea vor. "Ich glaube, das ist nicht nötig." erwidert Seto ruhig und deutet den Flur entlang. Tatsächlich, da bewegt sich etwas. Ein Schatten kommt langsam näher und es dauert bis ich erkennen kann wer da auf uns zu kommt. Und nach einer Weile muss ich mit pochendem Herzen erkennen, dass ich kein Wesen auf diesem Planeten kenne, dass dieser Erscheinung auch nur ähnlich kommen würde. Die Gestalt, die auf uns zuwankt... Ich schlucke. Eine Spottgeburt, der Einfall eines wahnsinnigen Gottes, der scheinbar seine Freude an ungelenkten Gliedern findet und seine Kreaturen als Zerrbilder alles Schönen und Natürlichen entwirft. Vom kahlen Schädel dieses... Dings platzt die Haut und enthüllt weißes Gebein. Unter leeren Augenhöhlen klafft die schwärzliche Höhlung einer verwesenden Nase. Fetzen von fauligem Fleisch hängen an bleichen Knochen und nicht nur von ihnen geht ein übeler, giftiger Geruch aus, sondern auch von den Lumpen, die diesen lebenden Leichnamen umhüllen. Ich kann nicht anders. Ich schließe die Augen. Neben mir höre ich Tea schreien. "Ein Zombie!" Mokuba´s Stimme klingt alles andere als schockiert, er hört sich eher fasziniert an und irgendwie finde ich die Kraft die Augen wieder zu öffnen und diese Kreatur erneut anzusehen, die sich noch immer auf uns zu bewegt. Ich glaube, ich kotze gleich. Nur wenige Meter hält die schlurfende Kreatur inne und streckt einen Arm oder besser gesagt, das was einmal ein Arm war und nun nichts weiter ist als ein Knochen mit Resten von fauligem Fleisch, aus. Mein Blut ist dem Gefrierpunkt gefährlich nahe. "Eine von Seth´s Dienerkreaturen." teilt Yami uns mit. Ich höre Tristan schwer atmen und nehme undeutlich wahr, dass Marik in Kampfstellung gegangen ist. Duke starrt nur fassungslos auf dieses abscheuliche Zerrbild und Tea scheint instinktiv hinter Yami Schutz zu suchen. "Das ist..." stammelt sie und genau wie mir fehlen ihr wohl die Worte um zum Ausdruck zu bringen wie widersinnig und grotesk dieses Ding ist. Sie schüttelt den Kopf und ich bemühe mich wieder gleichmäßiger zu atmen, werde aber das Gefühl nicht los, dass ich mich jeden Augenblick übergeben muss. "Gozaburo!" Kaiba´s gleichgültige Maske ist von ihm abgefallen. Fassungslos starrt er auf die grauenhafte Kreatur. Und als wäre dem allem noch nicht genug, ertönt plötzlich die spöttische Stimme von Pegasus: "Und Ezekiel sprach, verbindet euch ihr trockenen Knochen..." Es folgt ein altbekanntes Lachen, dass den ganzen Raum erfüllt. "Ich bin entzückt, Kaiba, dass du deinen Stiefvater nach all der Zeit noch erkennst." Kapitel 49: Höflichkeit ----------------------- Erstaunlich wie schnell sich Kaiba angesichts der Situation wieder fasst. Mein Mund steht jedenfalls immer noch offen. Keine Ahnung wo Pegasus Stimme herkommt. Wahrscheinlich von irgendeinem Lautsprecher. Ich weiß auch ehrlich gesagt nicht, wie Kaiba in dieser abscheulichen Kreatur seinen Stiefvater erkennen kann. Das Ding sieht einfach nur... widerlich aus. Nur schemelhaft erinnert es an ein menschliches Wesen. Dieser Gestank... Hat Mokuba Recht? Ist es echt ein Zombie? Hat Pegasus die Leiche ausbuddeln lassen und... Nein, Joey, gar nicht daran denken. "Ihr seid etwas zu früh, meine lieben kleinen Gäste." ertönt erneut Pegasus vergnügte Stimme. "Aber als guter Gastgeber bin ich natürlich auch auf einen solchen Fall vorbereitet." Was auch immer das heißen mag... "Eigentlich hatte ich ja nicht mit so vielen Gästen gerechnet, aber je mehr desto besser. Ich bin entzückt die bezaubernde Ishizu wiederzusehen und Marik... Deine Bekanntschaft wollte ich schon lange einmal machen." Ich sehe geradezu Pegasus diabolisches Grinsen vor mir. Der Typ ist einfach... aalglatt. Ein aalglatter, undurchsichtiger, reicher Pinkel. Und wieder frage ich mich, welche Rolle er bei dieser ganzen Sache einnimmt. Kaiba stöhnt genervt auf. Er hat sich tatsächlich wieder gänzlich unter Kontrolle. "Lassen wir den Smalltalk beiseite und kommen wir zum Wesentlichen!" sagt er laut und scharf woraufhin ein theatralisches "Oh" den Raum erfüllt. Ich sehe wie Kaiba´s Wangenknochen zu zucken beginnen. "Ich weiß natürlich, dass du nicht gerne Zeit vergeudest, Seto, aber ich bin schon etwas enttäuscht, dass du nicht wenigstens fragst wie es zu dieser beschaulichen Familienzusammenführung kommt." Pegasus lacht wieder. "Also gut, Pegasus, warum mein Stiefvater?" seufzt Kaiba genervt und ich glaube er steht jetzt kurz vor dem explodieren. Wieder handele ich instinktiv und trete zu ihm. Wieder findet meine Hand allein den Weg und umschließt seine und obwohl ich wieder einmal nicht weiß was ich hier tue, erwidert er nicht nur den sanften Druck, er hält meine Hand fest. Einen Moment herrscht Stille, es scheint fast als müsse Pegasus selbst die Antwort suchen. Dann kichert es uns über den Lautsprecher entgegen. "Erwartest du tatsächlich eine Antwort, mein lieber Kaiba?" Natürlich nicht. Keiner von uns hat eine Erklärung erwartet. Nicht jetzt. Das wäre zu leicht. Allmählich beginnt mich dieses Gerede zu nerven. Können wir nicht einfach loslegen? Ich blicke zu Yami und auch er wirkt angespannt. Und der Rest der Truppe... Tristan und Duke tuscheln kaum hörbar. Sonst regt sich keiner. "Du strapazierst meine Nerven, Maximilian!" Meine auch. Und wie. "Nun, meine ungeduldigen Freunde, dann belassen wir es an dieser Stelle dabei." Endlich, danke! "Folgt bitte dem verehrten Gozaburo Kaiba. Ich erwarte euch." Komischerweise lässt er dieses Mal das dämliche Lachen weg, na, mir soll´s recht sein. Ich kann darauf verzichten, die Situation ist schon spannend genug. Als hätte man einen unsichtbaren Schalter umgelegt, lässt die Kreatur vor uns ihren Knochenarm sinken und wendet auf der Stelle. Eine Bewegung bei der ich das Gefühl habe, dass die Knochen aneinanderschaben und ich muss den Mund verziehen. Dieses Geräusch... Meine Nackenhaare stellen sich auf. Wir beobachten alle wie die Gestalt von Gozaburo sich wieder wankend in Bewegung setzt und folgen ihren schlurfenden Schritten. Meine Hand hält immer noch die von Kaiba und ich denke nicht daran sie los zu lassen. "Was meinst du, was das bedeutet, Seto?" fragt Mokuba neben uns. "Ich weiß es nicht, kleiner Bruder." Sein Blick ist ernst und ich weiß, dass ihm diese jüngste Entwicklung am wenigsten gefällt. Ich weiß auch nicht was ich davon halten soll. Erst wird Duke eingeladen, dann das... Was kommt als nächstes? Unwillkürlich muss ich an Mai denken. Irgendwie gehört sie ja auch zum Team, naja, im entferntesten Sinne. Wer noch? "Ist der echt?" höre ich Tristan Yami zuflüstern. Der Pharao zuckt mit den Schultern. "Ich weiß es nicht." Ich glaube, das spielt auch nicht unbedingt eine Rolle. Ich habe ein verdammt ungutes Gefühl. Eigentlich hab ich das schon den ganzen Tag. Aber jetzt wo wir hier sind... hier drin und die Tür hinter uns ist zu... Keiner sagt etwas, alle sind wir irgendwie unter Dauerstrom gerade und folgen schweigend diesem Zombie, der einmal Kaiba´s Stiefvater war. Ich frage mich plötzlich ob wir wieder in die Halle gebracht werden in welcher Kaiba damals sein Duell mit Pegasus bestritten hat. Und ich muss an die Toons denken. Gott, diese albernen Toons. Als das Knochengerüst vor einer Tür zum stehen kommt, weiß ich, dass wir am Ziel sind. Wir haben die erste Etappe erreicht. Gerade als ich noch überlege ob es der Gestalt überhaupt möglich ist, den Türknauf zu betätigen, öffnet sich die Tür von alleine und heller Lichtschein blendet mich. Ich brauche einen Moment um mich daran zu gewöhnen. Kaiba betritt den Saal als Erster und ich an seiner Hand folge ihm dicht. Mein Herz schlägt hart in meiner Brust. Wenn es der gleiche Saal wie damals ist, nun, dann wurde er inzwischen renoviert. Allerdings hat sich nicht wirklich etwas verbessert. Komfortabel ist er noch immer nicht wirklich, soll er wohl auch nicht sein. Eigentlich ist es nur ein riesiger leerer Raum, der von unzähligen Kerzenleuchtern erhellt wird und an der Stirnseite führen drei, vier Treppenstufen auf ein Podest. Ich schlucke unwillkürlich als ich die Gestalten, die dort bereits stehen, erkenne. Pegasus und Bakura. Als unsere gesamte Truppe den Raum betreten hat, erhebt sich die grazile Gestalt unseres Gastgebers von seinem thronähnlichen Sessel und macht ein paar Schritte auf uns zu. Bakura dagegen rührt sich nicht, aber instinktiv wird mir klar, dass wir es hier mit Yami Bakura zu tun haben. Was wohl auch zu erwarten war. "Nun sage ich euch persönlich Willkommen - auch im Namen unseres gemeinsamen Freundes, Bakura, meine lieben jungen Freunde." Pegasus lächelt und ich habe fast das Gefühl, dass er sich sogar leicht verneigt. Dieser dämliche affektierte Lackaffee. Ich würd ihm zu gerne eine verpassen, alleine schon um dieses bescheuerte Grinsen aus seinem Gesicht zu vertreiben. Dieses Mal ist es Yami, der vorran schreitete. Wieder wirkt er ganz wie der Pharao, der er einmal war. Erhaben und ernst, umgeben von einer Aura aus geduldiger Strenge und unbeugsamer Härte. Ich halte die Luft an als Yami den Mund öffnet und zu reden beginnt. "Der Höflichkeiten sind genüge getan, Pegasus, kommen wir also zum Wesentlichen." sagt der Pharao ernst und irgendwie... naja, er klingt fast wie Kaiba. So unähnlich sind die beiden sich wirklich nicht. Zumindest in solchen Momenten. Undeutlich nehme ich wahr, wie Bakura zu grinsen beginnt. Instinktiv mache ich mich darauf gefasst, dass gleich einer seiner üblichen Ausbrüche folgt. Aber zu meiner Überraschung überlässt er weiterhin Pegasus das Wort. "Warum denn so eilig, meine lieben Freunde?" Etwas leicht tadelndes liegt in seinem Ton. "Weil wir diese Farce hinter uns bringen wollen!" zischt nun Kaiba. Pegasus bedenkt ihn mit einem amüsierten Blick und Barkura hebt nun endlich den Kopf. "Farce?" lacht er. "Dir scheint wohl nicht ganz klar zu sein was auf dem Spiel steht, Kaiba." Der Grauhaarige verzieht spöttisch das Gesicht und unwillkürlich muss ich an Ryou denken, den Fluch, die Konsequenzen... Kaiba´s Worte von letzter Nacht. Ich schlucke hart. Nein, daran will ich jetzt nicht denken. "Du musst aber!" sagt mir eine kleine innere Stimme. Klappe halten! Nicht jetzt. Lässig steht Bakura da und sieht zu uns rüber. Er findet sichtlich Vergnügen an seiner neuen Rolle. Obwohl, ist sie überhaupt so neu? "Habt ihr die Milleniumsgegenstände dabei?" will er wissen und sein Blick wandert von Kaiba zu Yami und schließlich zu Shadi. Kaiba grinst zynisch. "Mach dich nicht lächerlich." Bakura nickt nur. "Ich habe nichts anderes erwartet." Jetzt funkelt er Yami an. Dieser hält seinem Blick gelassen stand, auch als Bakuras Blick zu dem Milleniumspuzzel wandert und ein begieriges Grinsen sein Gesicht vollkommen entstellt. Den Ring trägt er natürlich. "Ich habe dein Wort, Pharao, dass du den Preis bezahlen wirst, wenn du unterliegst?" Yami nickt. "Wenn ich unterliege, dann werde ich das tun." versichert der Pharao. "Das Gleiche erwarte ich von dir." Bakura stimmt weder zu noch widerspricht er. Er grinst nur. Ich hätte auch nicht erwartet, dass er uns sein Wort gibt. "Sind nun alle Feinheiten geklärt?" Ich spüre wie Kaiba die Geduld verliert. Ich spüre auch, dass sein Körper warm ist. Keineswegs eiskalt. Und nach wie vor hält er meine Hand. "Geduld ist eine Tugend, meine Lieben." Pegasus macht eine galante Handbewegung und deutet auf das Knochengerüst, dass sich schlurfenden Schrittes zu ihm gesellt hat. "Habt ihr nicht noch ein paar Fragen?" Bakura grinst im Hintergrund. Kaiba erwidert nichts. "Würdest du sie denn beantworten?" mischt sich nun Mokuba ein und Seto wirft ihm einen warnenden Blick zu, aber der Kleine bemerkt es in dem Augenblick nicht. Seine Frage ist durchaus berechtigt, mehr noch... so logisch, dass die sie der typischen Kaiba-Denkweise entspricht. Pegasus lächelt und wirft nun Bakura einen Blick zu. "Möchtest du unsere lieben Freunde aufklären?" fragt er ihn. Bakura´s Grinsen wird breiter. Ohne Pegasus weiter zu beachten wendet er sich an den Pharao. "Der Kreis ist dabei sich zu schließen, Pharao, nicht wahr?" Er bedenkt Yami mit einem spöttischen Blick. Dieser rührt sich nicht und auch seine Miene ist jetzt genauso verschlossen wie die von Kaiba. "Die Verkündung des Kynokephalos hast du bereits bestätigt und ich gehe davon aus, dass dir denken kannst, wer dir auf dem Schlachtfeld gegenüber treten soll?" Yami´s Mine ist nach wie vor undurchdringlich. Sollte er tatsächlich die Antwort auf Bakura´s Frage kennen, dann lässt er sich das ebenso wenig anmerken wie seine eventuelle Unkenntnis. Bislang hat er lediglich vermutet, dass Bakura sein möglicher Gegner wäre. Einer von zwei. Mehr wissen wir nicht. Möglich, dass Yami bereits Vermutungen hat, aber wenn, dann hat er sie nicht mit uns geteilt. Zumindest nicht mit mir. Bakura´s Grinsen ist diabolisch. "Es wird mir eine Freude sein dir wieder gegenüber zu treten... und dieses Mal wird die Geschichte anders enden." Dieses Mal? Heißt das, dass Bakura... Erstaunt blicke ich zu Yami. Nichts, absolut nichts an seinem Ausdruck lässt auf Erstaunen schließen. Folglich ist er nicht erstaunt oder er weiß es nur gut zu verbergen. "Wir werden sehen." ist alles was der Pharao erwidert. Bakura nickt andächtig. "Wahrscheinlich brennst du schon darauf zu erfahren, wen Seth als zweiten Krieger ausgewählt hat?" Ja, ich brenne darauf und wie. Yami lächelt milde. "Ich gehe davon aus, dass der Kynokephalos uns dies früh genug mitteilen wird, aber tu dir keinen Zwang an... wenn du es jetzt schon kundtun möchtest..." Bakura´s Grinsen wird noch breiter. Ich hätte nicht gedacht, dass das möglich wäre, aber es geht tatsächlich. "Ich könnte es dir natürlich verraten, Pharao, aber wo bliebe da die Überraschung?" Yami zuckt gleichgültig mit den Schultern. "Tu es oder lass es, es spielt ohnehin keine Rolle." Naja, ich würde das jetzt so nicht sagen, aber wenn Yami meint... "Komm endlich zum Punkt, Bakura!" mischt sich nun endlich Kaiba ein. Bakura bedenkt ihn mit einem gönnerhaften Blick. "Nur die Ruhe, Frischling." erwidert er betont langsam. "Du solltest dich in deiner Position erst einmal in vornehmer Zurückhaltung üben." Kaiba verdreht die Augen. "Allem Anschein nach hast du das Bedürfnis dieses Vorspiel noch unnötig in die Länge zu ziehen." meint Seto ruhig. "Angst, Bakura?" Nun grinst auch Kaiba spöttisch. Der Grauhaarige geht auf diese Unterstellung jedoch nicht ein. Wieder wandert sein Blick zum Pharao. "Eigentlich war es geplant den guten, alten Akunadin für diese Schlacht zu reaktivieren.... wir hatten sogar schon einen passenden Körper für seine Seele gefunden." Ein Seitenblick Bakura´s auf die grauenhafte Knochengestalt bestätigt meine Vermutung. "Bedauerlicherweise war eine Fusion nicht möglich... Der Geist des alten Priesters ließ sich nicht transferieren." Die spöttischen Lippen des Grauhaarigen verziehen sich zu einer theatralisch Überzogenen Mine des Bedauerns. "Scheinbar hat Kisara seinen Geist in eine Sphäre verbannt, von der nicht einmal Seth sie zurück zuholen vermag... Schade, nicht wahr? Es wäre doch wahrlich amüsant gewesen, erneut zu sehen, wie Vater und Sohn gegen einander antreten, findest du nicht auch, Kaiba?" Ich bin verwirrt... Was genau meint der Typ? Wer war ist dieser Akunadin? Ich verstehe nur noch Bahnhof. Kaiba zieht missbilligend eine Braue hoch. "Sehr betrüblich, Bakura. In der Tat. Möchtest du eine Schweigeminute einlegen?" meint er sarkastisch. Bakura seufzt. "Du gönnst mir auch kein bischen Spaß, Kaiba." erwidert er schmollend. Mein Eisprinz erwidert nichts. Hat Bakura tatsächlich gedacht, dass es genügen würde seinen Stiefvater vorzuführen, um ihn aus der Ruhe zu bringen? Dann kennt er Kaiba schlecht. Kaiba fürchtet Gozaburo nicht, er hat ihn oft genug besiegt. Also mit der Taktik fährt Bakura nicht wirklich gut, aber wahrscheinlich sind das nur wieder seine unnötigen Spielchen. Aber was hat es mit diesem Akunadin auf sich? "Aber zum Glück haben wir noch einen würdigen Gegner für euch gefunden." Bakura´s Augen weiten sich gefährlich. "Ich bin jetzt schon gespannt, was du dazu sagen wirst, Pharao. Ich glaube, du wirst die Wahl des Hohen Seth sehr weise finden..." Jetzt bin ich es, der aufstöhnt. "Dann sag´s doch endlich!" fahre ich Bakura an. Echt, es ist ja mal gut jetzt. Dieses Gerede führt doch zu nichts. Es bringt auch gar nichts. Falls Bakura denkt, dass er die Beiden auf diesem Weg demoralisieren könnte, dann hat er sich geschnitten. So gut kenne ich Yami und Kaiba und er müsste das eigentlich auch wissen. Also, raus mit der Sprache. Zudem bin ich neugierig. "Der kleine Ba meldet sich auch zu Wort... wie niedlich." Augenblicklich überkommt mich das Bedürfnis dieses dämliche Grinsen aus seinem Gesicht zu prügeln. Dieser nervtötende, intrigante Fatzke! "Da fällt mir ein... Ich hoffe du hast dich über mein kleines Geschenk gefreut." Bakura funkelt mich vergnügt an. Geschenk? Hä? Was meint er jetzt schon wieder. Kann er sich nicht einmal normal ausdrücken? In meinem Kopf rattert es und dann... macht es klick. Klar, ich, Trottel. Der Assiduus. Wütend starre ich ihn an. "Und wie, du alberner Vogel" rufe ich und recke meine Faust in die Höhe. "Wo wir gerade auf den Assiduus zu sprechen kommen," meldet sich der Pharao zu Wort. Sein Blick ist ernst. Ich ahne was nun folgen wird. Unwillkürlich beginne ich leicht zu schaudern. "Ich möchte, dass du den Fluch von Joey nimmst." Oh. Das erstaunt mich jetzt aber. Also, die Art wie er das angeht. Ich meine, es ist doch klar, dass Bakura das nicht so mir, nichts dir nichts machen wird, oder? Das kann Yami doch auch nicht wirklich glauben. Fragend blicke ich zu Kaiba, aber dessen Miene verrät absolut nichts. Naja, er hat Yami ja zu gestanden, dass er es auf seine Weise versuchen kann, aber so? Hm... Bakura legt den Kopf schief. "So? Das möchtest du? Ich habe den Fluch allerdings nicht ausgesprochen, aber ich schätze, das weißt du längst, nicht wahr?" erwidert der Träger des Milleniumsringes. "Netter Einfall, oder?" "Wenn wir das Duell gewinnen, dann wirst du den Fluch von ihm nehmen!" entgegnet Yami gelassen. Mehr nicht, nur das. Einfach so. Ich bin erstaunt. Ich hätte irgendwie... mehr erwartet, also mehr... keine Ahnung was. Aber gut, vielleicht weiß er tatsächlich was er da macht. Ich hoffe es. Natürlich aus purem Egoismus. Bakura lacht laut auf. "Dachte mir schon, dass du mir mit solch einem Vorschlag kommst." erwidert er, dann zuckt er mit den Schultern. "Nun, wenn du den Einsatz noch erhöhen willst, mir soll es recht sein. Und was bekomme ich im Gegenzug als Draufgabe?" Seltsamerweise habe ich das komische Gefühl, dass wir Bakura gerade in die Hände spielen. Mehr noch... Ich weiß nicht warum, aber diese Ahnung lässt mich gerade nicht los. "Was willst du, Bakura?" fragt Yami nur. Der Grauhaarige grinst. Er grinst eigentlich die ganze Zeit. Wenigstens einer, der Spaß hat. "Oh, ich verlange nicht viel... eigentlich sogar etwas, dass weitaus weniger wert ist als Kaiba´s kleiner Ba." "HEY!" entfährt es mir entrüstet. "Wer ist hier klein?" "Nun?" Yami hält dem diabolischen Blick stand. Beide ignorieren mich vollkommen. War ja klar. Bakura leckt sich begierig mit der Zunge über die Lippen. "Nichts weiter als die Seele von Mokuba Kaiba." "Was?" Ich bin es, der das Wort in den Raum ruft. Tea hat einen kleinen Schrei ausgestossen. Mokuba blickt nur fragend zu Seto. "Deal?" Bakura beachtet uns überhaupt nicht. Der Pharao blickt zu Kaiba. Seto ist augenblicklich erstarrt. Er hat seine Hand aus meiner Umklammerung gelöst und ich sehe, dass alles in ihm bebt. Damit hat er nicht gerechnet. Mit allem, aber nicht damit. Keiner hat das. Warum auch? Weshalb Mokuba´s Seele? Wozu? Ist auch das nur eine Taktik von Bakura uns zu verunsichern? Zwietracht zu sähen zwischen Kaiba und Yami? Unsicher blicke ich zwischen den Beiden hin und her. Für einen Moment herrscht absolute Stille. Bakura wartet geduldig und Yami... Ich glaube fast, dass er Kaiba gedanklich etwas zu sagen versucht. Ja, vermutlich tut er das auch. "Deal." sagt er schließlich und Kaiba schließt für einen Bruchteil einer Sekunde die Augen. Ich ahne, was in ihm vorgeht. "Ausgezeichnet." befindet Bakura. "Dann können wir nun beginnen." Er tritt jetzt neben Pegasus und nickt diesem zu. Ich sehe, wie der Ältere eine Fernbeziehung aus seiner Anzugstasche zieht und einen der Knöpfe betätigt. Vier Luken öffnen sich im Boden. Bebannt beobachte ich wie vier Duellplattformen aus dem Nichts zum Vorschein kommen. "Zeit für ein Duell." Kapitel 50: Resümee ------------------- Nun geht es also los. Wortlos nehmen sowohl Kaiba und Yami als auch Pegasus und Bakura ihren Platz auf den Duellplattformen ein. Die DuelDisks werden bereit gemacht und in diesem Moment wendet sich Pegasus an uns, die wir am Rande stehen und das Geschehen schweigend beobachten. Wieder hält er die Fernbedienung in die Höhe und ehe ich mich versehe, erscheint aus dem Nichts vor uns eine Art Geländer, dass uns von dem Duellplatz trennt. Undeutlich nehme ich wahr, dass Mokuba von Tristan zurück gerissen werden muss, um nicht mit dem Eisengestell zu kollidieren. "Seto!" ruft der Kleine und Kaiba wirft ihm einen beruhigenden Blick zu. Dann wandern seine Augen zu mir und ich nicke ihm instinktiv zu. "Oh Gott, ich kann gar nicht hinsehen..." höre ich Tea neben mir sagen. "Es hat doch noch gar nicht angefangen!" meint Duke kopfschüttelnd, aber ich glaube, ich weiß was sie meint. Dieses Duell... natürlich ist es nicht das erste Viererduell, dem ich beiwohne, immerhin habe ich sogar an einem Teil genommen! Es ist auch keineswegs das erste Duell bei dem es um mehr geht als um den Sieg alleine. Aber es ist definitiv das Duell bei dem vielleicht das Meiste auf dem Spiel steht, naja, momentan zumindest. In sechs Tagen wird das anders sein. Dessen ist sich jeder der Anwesenden bewusst. "Ich hoffe, dass Kaiba und Yami es dieses Mal besser hin bekommen im Team zu spielen." Duke´s Blick ist ernst. Tristan nickt. "Darüber mache ich mir die wenigsten Gedanken." sagt Tea. "Alleine wegen Mokuba und Joey wird Kaiba keineswegs versuchen einen Alleingang zu machen. Das riskiert er nicht." Duke sieht sie abschätzend an, dann streift sein Blick mich. "Was hatte Bakura eigentlich gerade mit dir?" will er wissen. Stimmt ja, davon weiß er noch gar nicht. Bevor ich etwas erwidern kann, übernimmt es Tristan ihm zu antworten. "Ist ne Geschichte für sich, Duke. Joey ist jetzt nicht nur Kaiba´s... ähm... Freund, er ist auch noch sein Ba." Ich seufze. Typisch Tristan. Sehr präzise ausgedrückt und auch noch so... Ach, ist mir jetzt auch egal. Duke´s Blick hängt wieder an mir. "Vergiss es." zische ich und habe das Gefühl, dass meine Wangen in purpurrot getaucht sind. Mist, ich werde immer noch rot, wenn ich daran erinnert werde. Wieso eigentlich? "Trag´s mit Fassung, Joey!" meint Tristan grinsend und legt mir den Arm um die Schultern. "Bei näherer Betrachtung ist Kaiba doch eigentlich ganz... sagen wir ok. Und er ist jetzt auch in unserem Team und..." Er zwinkert mir vielsagend zu. "Und... du hast dir den begehrtesten Junggesellen Japans geschnappt." Ich möchte ihn würgen bis er blau wird. Ich muss mich zwingen gegen den Impuls anzukämpfen und meine Augen auf das Geschehen zu richten, in das ich bedauerlicherweise nicht eingreifen kann. "Was? Wie bitte?" Bei Duke fällt gerade scheinbar der Groschen. Ich verdrehe die Augen und würde glaube ich, augenblicklich sogar Kaiba damit alle Ehre machen. "Irrelevant." Hey, das ist die einzig mögliche Erwiderung! Ich verstehe Kaiba wirklich immer besser und die Ausdrucksweise hat was, wobei es bei ihm tausendmal cooler kommt. "Ist das euer Ernst jetzt?" fragt Duke ungläubig und wird von Tea unsanft in die Seite gestoßen. "Das ist doch unwichtig gerade!" sagt sie. Danke, wenigstens eine, die hier den Blick für das Wesentliche behält, außer mir natürlich. Duke starrt nun sie an. "Mann, Mann, ich scheine ja echt ne Menge verpasst zu haben." Er schüttelt den Kopf. Ich entscheide mich dafür ihn ab jetzt erstmal zu ignorieren. Das Duell hat inzwischen natürlich schon begonnen. Vor Kaiba liegen zwei verdeckte Karten und Bakura beendet gerade seinen Zug. Plötzlich fällt mir wieder etwas ein. Ich drehe mich zu Ishizu, deren Blick genau wie der von Marik starr auf das Spielfeld gerichtet ist. "Wer ist dieser Akunadin?" will ich wissen. Beide Ägypter drehen langsam den Kopf in meine Richtung. "Akunadin war der Anführer der Leibwache des Pharaos." antwortet mir Marik. "Und er ist der Schöpfer der Milleniumsgegenstände." Wow. Also das ist ja mal ne Ansage. Und der Typ sagt das einfach so... "Was?" fragt nun auch Tea. Marik sieht sie gelassen an, nein, er wirkt viel eher so als könne er unsere Überraschung nicht verstehen. "Akunadin war der Onkel des Pharaos und der Lehrer von Seth." vernehme ich nun Ishizus singende Stimme. Die Ägypterin sieht mich mit diesen unergründlichen Augen an. "Er schuf die Milleniumsgegenstände zum Schutz des Pharaos und des Reiches." Sie hält inne und ich habe den Eindruck, dass sie ihre nächsten Worte wohl überlegt. "Aus Neid und Missgunst verlor er seinen Glauben und wandt sich Seth zu." Sie schließt kurz die Augen. "Es war Bakura, der ihn zur dunklen Seite verführte und schließlich wurde er zum Krieger im Kampf gegen den Pharao und den Hohepriester bestimmt." Ich schlucke. Seth´s Vater. Nun verstehe ich was Bakura meinte. Seth und Akunadin. Kaiba und sein Stiefvater. "Dann hat er gegen seinen eigenen Sohn gekämpft?" fragt Tea mit gedämpfter Stimme. Ishizu nickt. "Er wollte, dass sich auch der Hohepriester vom Pharao abwendet, aber dieser war seinem Herrn treu ergeben. Er weigerte sich und Akunain griff ihn an... doch rettete der Ba sein Leben in dem er seins für ihn gab." Kisara. Ich schaudere. Sie war für Seth gestorben. Das hatte Yami uns schon erzählt. Sie war gestorben und ihre Kräfte waren auf Seth übergegangen. Der weiße Drache mit eiskaltem Blick. "Dann wurde er vom Pharao besiegt und seine Seele wurde verbannt." beendet Marik die Geschichte. Kisara hatte die Seele verbannt und nicht einmal der Hohe Dunkle hatte es vermocht sie zurück zu holen. Ihre Macht musste demnach gewaltig sein. Unwillkürlich frage ich mich, wie das bei mir aussieht. "Was glaubst du wer statt seiner für Seth kämpfen wird?" fragt Tea weiter. Ishizu antwortet nicht gleich. Sie scheint zu überlegen und ihr Blick wandert zu ihrem Bruder. Seltsamerweise senkt Marik den Blick und aus irgendeinem Grund muss ich an sein dunkles Ich denken. "OH NEIN!" schreit auf einmal Mokuba und ich wirbele augenblicklich herum. Mein Blick folgt seinem. Verflixt, über all dem Gerede habe ich gar nicht mitbekommen, was auf dem Duellfeld passiert ist. Fragend blicke ich zu Tristan. "Bakura hat die Kontrolle über den schwarzen Magier übernommen." teilt dieser mir unverzüglich mit. Ich schlucke. "Seto hat 500 Lebenspunkte dadurch verloren." fügt Mokuba hinzu. Scheiße! So habe ich mir das eigentlich nicht vorgestellt. Aber hey, das sagt noch nichts, oder? Yami und auch Kaiba waren schon in schlimmeren Ausgangspositionen und haben es immer wieder gerissen. Und beide haben sowohl Pegasus als auch Bakura schon mal besiegt. Selbst Yami Marik hat Bakura damals geschlagen. Wieder überkommt mich dieses komische Gefühl. Mein Blick wandert erneut zu Ishizu. Meine Frage hat sie noch nicht beantwortet. Nun, ich weiß ja nicht einmal ob sie es kann. Überhaupt habe ich nicht die geringste Ahnung wieviel sie und auch Marik wissen. Naja, mehr als ich, soviel steht mal fest. Aber doch nicht alles. Aber hey, hätte sie mit ihrer Milleniumskette nicht sehen können wer die Nummer 2 wird? Fuck, das Ding liegt ja gut gesichtert in Kaiba´s Villa. Und wahrscheinlich hätte es ohnehin nicht funktioniert, oder? Ein Versuch lässt sich ja nachholen. "Yami spielt gerade Berserkers Seele." ruft Tristan aus. Ich nicke nur. Meine Gedanken sind gerade ganz wo anders. Ich weiß selbst nicht warum. Nicht, dass dieses Duell mich nicht interessieren würde, Gott bewahre, aber irgendwie gelingt es mir nicht so recht mich darauf zu konzentrieren. Vielleicht gehen mir einfach zu viele Fragen durch den Kopf. Hm... Da sind ja auch noch ne Menge offene Fragen. Zum Beispiel... "Bakura wird den Fluch nicht von mir nehmen." Keine Ahnung warum ich das plötzlich sagen muss. Tea und Tristan sehen mich überrascht an. "Ist doch so." meine ich ernst. "Selbst wenn Yami und Kaiba gewinnen..." Wir wissen doch alle, dass ich Recht habe, oder? Bakura hat sich noch nie an die Regeln gehalten, warum sollte er heute damit anfangen? Mein Blick ruht jetzt wieder auf Ishizu und sie nickt kaum merklich. Sie denkt offenbar das Gleiche wie ich. Und wie ich weiß sie auch um die Konsequenzen. Ishizu beantwortet meine ursprüngliche Frage nicht, aber dennoch sagt sie etwas. Etwas, dass mich nicht nur überrascht, sondern auch trifft wie ein Schlag in die Magengrube. Ihr Blick ist wieder zum Duellfeld gewandert und sie wirklich nachdenklicher als je zuvor. "Dieser Fluch..." beginnt sie mit ihrer melodisch eindringlichen Stimme. "Dieser Fluch hat mehr als nur offensichtliche Konsequenzen. Dieser Schachzug Bakuras war wohl überlegt, genau wie seine Forderung nach Mokubas Seele." "Wie meinst du das?" fragt Tea und ich merke auch ihr an, dass sie Ishizus ernste Haltung bemerkt. Sorge liegt in Teas Augen. Ich bin verunsichert. Nicht, dass ich nicht schon einen ähnlichen Gedanken gehegt habe, aber bei der Ägypterin bekommt alles irgendwie eine tiefergehende Wahrheit. Marik seufzt. "Ihr wisst, was passiert, wenn der Fluch nicht freiwillig zurück genommen wird?" Natürlich wissen wir das, daran muss er uns echt nicht erinnern. Aber ich schätze, das sollte auch so ne Frage sein die keiner Antwort bedarf. Tea nickt dennoch. "Bakura hat eine Pattsituation geschaffen. Er weiß, dass Kaiba nichts unversucht lassen wird, den Fluch von Joey zu nehmen. Besonders jetzt wo die Dinge..." Marik versucht ein Grinsen zu unterdrücken und ich muss mich daran erinnern, dass ich ihm bei Gelegenheit noch eine verpassen werde. Sobald sich eine Gelegenheit bietet. "Und der einzige Weg dies zu tun, sofern Bakura es nicht freiwillig macht, ist eben ihn zu töten." Schon klar, soweit war ich auch. Komm zum Punkt! Ich verliere langsam die Geduld. Und überhaupt, wenn dann müsste Ryou getötet werden... Was ich nicht will! Und Kaiba auch nicht! Keiner von uns will das. Und eigentlich dürfte Bakura auch nicht so scharf darauf sein, dann darf er sich nämlich nach nem neuen Wirtskörper umsehen. "Aber wenn Kaiba sich zu solch einer Tat hinreißen lässt, dann..." Marik bricht ab und blickt unsicher zu seiner Schwester. "Dann was?" fragen Tea und ich gleichzeitig. "Dann begeht er damit eine verwerfliche Tat, eine Todsünde und kann somit nicht länger als Ras Krieger kämpfen." erklärt Ishizu. Ich begreife sofort. Bakura hat einen Weg gefunden entweder Kaiba oder mich auszuschalten und somit die eigenen Chancen in der entscheidenden Schlacht zu verbessern. Und er hat Kaibas Entschlossenheit richtig eingeschätzt. Wieder kommen mir Setos Worte von letzter Nacht in den Sinn. Er würde es tun... er hat es gesagt. "Wir müssen ihm das sagen!" rufe ich aus. Verdammt, warum hat Yami das nicht bereits getan? Was ist, wenn sich die Dinge hier überschlagen und... Dann ist es zu spät. "Der Pharao hat es ihm gesagt." erwidert Ishizu ruhig. "Was?" fahre ich sie an. Wann? Oh, natürlich. Darüber haben die Beiden geredet. Jetzt wird mir alles klar. Deshalb war Kaiba nach dem Gespräch so ernst. Aber... aber er hat doch selbst nach diesem Gespräch noch darauf beharrt... Mein Blick wandert zu meinem Eisprinzen und ich frage mich was in ihm vorgeht. Wenn er es weiß und dennoch entschlossen ist... Das ergibt doch keinen Sinn! "Dieser Mistkerl von Bakura!" Tristan flucht. Ich runzele die Stirn. Ich weiß gar nicht was gerade auf dem Feld passiert. Ich bemühe mich zu realisieren was gerade geschehen ist, aber in meinem Kopf herrscht ein solches durcheinander. Yamis Lebenspunkte wurden dramatsich reduziert, während sich die von Bakura scheinbar verdoppelt haben. Keine Ahnung wie das geht, ich will es gerade auch nicht wissen. All das hier... es ist einfach zu viel gerade. Ich wünschte, ich könnte mich irgendwo verkriechen. Ernsthaft. "Wo ist eigentlich Duke?" fragt Tristan plötzlich. Ich drehe mich um, aber ich kann ihn nirgendwo entdecken. Verwirrt blicke ich zu den andern. Er war doch eben noch hier! Wohin sollte er gegangen sein? "Was ist hier los?" entfährt es mir. Ich weiß, dass mir keiner diese Frage beantworten kann. Nur mein ungutes Gefühl vielleicht. Und wie zur Bestätigung meiner dunkelsten Gedanken ertönt wieder dieses grauenvolle Grollen und dröhnt wie ein Donnerschlag durch die Halle. Der Kynokephalos! Der Gedanke durchzuckt mich und geht mir durch Mark und Bein. "Wow!" schreit Mokuba und seine Augen weiten sich. Weniger vor Entsetzen als vor Überraschung und noch bevor ich erneut zum Spielfeld blicke weiß ich, dass dieses hundsköpfige Etwas wieder da ist. Und tatsächlich... Aus engen Augenschlitzen starrt es um sich. Die riesige Gestalt steht mitten auf dem Duellfeld. Wäre es einem Tiergesicht gestattet, ein menschenähnliches Mienenspiel zu zeigen, so würde ich vermuten, dass grimmige Entschlossenheit gerade auf dem Gesicht dieses Dämons erscheint. So müssen die Hunde ausgesehen haben, die im alten Rom das Fleisch von den Knochen der Gladiatoren nagten. Ich schaudere unwillkürlich. Aus der schwammigen Nasenkuppe sickert Schleim. Wieder glühen die Augen unter den dicken, zähen Lidern. Jetzt erst registriere ich die mächtige Mähne, des Doggengesichtigen und den dichten Pelz, der die Brust bedeckt. Alles, wirklich alles an diesem Körper zeugt von tierischer Kraft, aber die Augen... sie sind erfüllt von unirdischer Schläue. Ich sehe wie Tristan neben mir bleich wird und unwillkürlich eine Hand auf die noch nicht verheilte Wunde legt. Absurderweise frage ich mich im nächsten Augenblick durch wen dieser Dämon dieses Mal das Wort an uns, nein, an den Pharao und Kaiba richten wird. Die Antwort liegt auf der Hand. Pures, reinstes Entsetzen entstellt Pegasus Züge als der Hundsköpfige seine Klauenhand nach ihm ausstreckt. Ich vernehme einen unwirklichen Schrei, dann hat das Monster den Millionär gepackt und von seiner Plattform gerissen. Wir wissen alle was jetzt folgen wird. Ich halte gespannt den Atem an. Jetzt also wird verkündet, wer der zweite Krieger an Bakuras sein wird. Meine Gedanken überschlagen sich. Wer? Wer ist es? Bakura grinst. Ihn scheint keineswegs zu überraschen was gerade geschieht. Als Pegasus den Mund öffnet, hört mein Herz einen Moment auf zu schlagen. Kapitel 51: Existenz -------------------- Als Pegasus den Mund öffnet, hört mein Herz einen Moment auf zu schlagen. Den anderen scheint es ebenso zu gehen. Nur Bakura grinst und scheint vollkommen entspannt. Doch er weiß ja auch schließlich längst, was diese Kreatur verkünden wird. Unwillkürlich wandert mein Blick zu Kaiba. Seine Züge sind so verhärtet wie der Rest seines Körpers angespannt ist. Ich schlucke. Dann kommen die ersten gurgelnden Laute aus Pegasus Mund. Es ist wieder der gleiche fremde Tonfall, mit dem auch Tristan gesprochen hat. Die gleiche grollende Stimme. Ich spüre wie sich alles in mir verknotet. "Euch sei verkündet, noch sechs Tage." Ich sehe wie der Pharao kaum merklich nickt. Nun, das die Zeit läuft wissen wir bereits. Meine Hände sind schweißnass und ich brenne vor Ungeduld, zumal sich dieses ungute Gefühl in mir erneut meldet. Meine Alarmglocken klingeln. Die roten Augen des Kynokephalos leuchten gefährlich auf und ich zucke unwillkürlich etwas zurück, dabei stehe ich im Gegensatz zu Kaiba und Yami in sicherer Entfernung. Naja, relativ sicherer Entfernung. Das Ding hat nämlich Flügel wie ich gerade erst bemerke. Die lederne Flughaut glänzt im Schein der Kerzen. "Euch sei verkündet, Apophis, die Schlange, wird an der Seite Bakuras für den dunklen Seth kämpfen." Schleim sickert aus dem Maul des Hundsköpfigen und das grauenvolle Wesen heult abscheulich auf. Ich zucke erneut etwas zusammen und vernehme Yamis ruhige Stimme. "Es ist angenommen." sagt der Pharao und wieder heult das doggengesichtige Etwas fürchterlich auf. Ich merke, dass Tea die Hand vor den Mund schlägt, um einen Schrei zu unterdrücken und Tristan sie an seine Seite zieht. Ein heiseres Knurren folgt dem Geheul und der Blick des Kynokephalos wandert von Kaiba zu Yami. Die riesige Pranke, die sich gerade noch wie der Kiefer einer Viper um Pegasus Hals geschlossen hatte, löst sich und schleudert die schaffe Gestalt des Millionärs von sich. Wenige Herzschläge später ist die Erscheinung wieder verschwunden, doch ein Hauch von schwefligem Unrat bleibt in der Luft zurück. Ich blinzele. Die Zeit scheint wieder weiter zu laufen. Apophis? Wer soll das sein? Ich blicke zu Yami, der wiederrum zu Bakura sieht. Der Mund des Grauhaarigen ist zu einem diabolischen Grinsen verzogen. "Habe ich nicht gesagt, dass der große Seth sich etwas besonderes ausgedacht hat?" höre ich Bakura vergnügt sagen. Yami rührt sich nicht. "Überrascht, Pharao?" Wenn Yami überrascht sein sollte, nun, dann zeigt er es nicht. Aber Kaiba wirkt genauso unbeeindruckt, dabei bezweifle ich, dass er eine Ahnung hat wer Apophis sein soll. "Apophis müsste wiedergeboren werden, um in der Schlacht zu kämpfen." bemerkt Yami und ich verstehe schon wieder gar nichts. Wer ist dieser Apophis? Ein weiterer von diesen Spezis aus der alten Zeit? Langsam könnte mit der Nummer echt mal gut sein. Bakuras Grinsen wird noch breiter, was ich nicht für möglich gehalten hätte. "Richtig, mein lieber Pharao." bestätigt der Grauhaarige Yamis Aussage. "Ist das nicht eine weise Wahl von Seth? Ich finde sie hervorragend." Yami hat die Lippen aufeinander gepresst und ich habe das Gefühl, dass ihm die Wahl keineswegs zusagt. Wer auch immer dieser Apophis sein mag, er scheint ihn zu kennen und keinen Wert darauf zu legen, ihn wiederzusehen. Die Frage, die Yami Bakura dann stellt, überrascht mich keineswegs. Nein, im Gegenteil. Und ich glaube, dass ich die Antwort bereits kenne. Ja, jetzt ergibt es Sinn. Oh Gott. "Wessen Körper?" Tea blickt zu mir und ich sehe in ihren Augen das gleiche Entsetzen, dass wohl gerade auch in meinen Augen liegt. "Duke!" keucht sie. Ich nicke. Deshalb also hat Pegasus ihn eingeladen. Aber warum Duke? Warum er? Ich weiß es nicht, aber es wird schon einen grausamen Sinn ergeben. Die Wahl ist sicher nicht willkürlich getroffen worden. Nichts, absolut nichts läuft hier willkürlich ab. Und ich schätze, dass auch Yami längst die Antwort auf seine Frage kennt. "Nun, Seth erschien dieser Körper passend. So bist du mit deinen Freunden auf dem Schlachtfeld vereint, nicht wahr?" Bakura lacht. Dukes Name ist nicht gefallen, aber das ist auch nicht nötig gewesen. Verflucht. Wie konnte wir Duke nur aus den Augen verlieren? Warum habe ich nicht gemerkt, dass er weg ist? Ich könnte mir ohrfeigen dafür. Yami hatte uns doch noch ermahnt zusammen zu bleiben. "Wer ist dieser Apophis?" frage ich und wende mich an Ishizu. Ihr Blick ruht wieder auf dem Pharao und sie wendet ihn auch nicht von ihm als sie mir antwortet. "Ein sehr, sehr mächtiger Diener Seths. Ein mächtiger Magier des Dunkeln. Das Gegenstück des Hohepriesters." höre ich sie sagen und schluckt. Das heißt nichts gutes. Besonders in Dukes Körper. Verdammt. "Heißt das, dass dieser Magier in Duke wiedergeboren wird?" will Tristan ungläubig wissen. Die Ägypterin nickt. Mehr bedarf es auch nicht zu sagen. Mein Blick wandert erneut zu dem Spielfeld. Pegasus scheint langsam wieder zu sich zu kommen. Ich sehe wie er benommen den Kopf hebt und sich umsieht. Ob er mit solch einem Angriff gerechnet hatte? Ich bezweifle es. Und ich bezweifle auch, dass er wirklich weiß was hier gespielt wird. Er ist nur eine Marionette von Bakura. So viel steht fest. Ein kleines Rädchen im Getriebe. "Du warst am Zuge, Pharao." sagt Bakura und ich brauche einen Moment um zu begreifen, was er damit meint. Das Duell! Der Typ hat echt nerven. Wie kann er nach so einer Nummer bloß daran denken? Besonders wo sein Partner noch am Boden liegt. Aber Bakura beachtet Pegasus nicht einmal. Seine Augen sind stur auf den Pharao gerichetet. "Pegasus!" vernehme ich Yamis Stimme und der Angesprochene blinzelt. Langsam erhebt sich der Millionär und ich sehe, dass seine Beine zittern. Seine Schultern beben. Fassungslos blickt er zu Yami und greift sich dann an den Hals, genau wie Tristan es getan hat. Nein, er hat keineswegs damit gerechnet zum Sprachrohr für irgendeinen Dämon zu werden. Sein Blick wirkt seltsam abwesend und ich glaube, er realisiert gerade erst was mit ihm passiert ist. Bakura würdigt ihn nach wie vor keines Blickes. "Was..." Die Stimme des Millionärs klingt fremd und brüchig. Sein Blick wandert durch die riesige Halle. Dann taumelt er ein paar Schritte. "Du hast dich mit Mächten eingelassen, die deinen Verstand übersteigen." höre ich Yami sagen. Sein Blick ist kühl, aber seiner Stimme kann ich entnehmen, dass er keineswegs die gleiche Gleichgültigkeit gegenüber Pegasus an den Tag legt, wie Bakura es tut. "Ich..." Pegasus starrt ihn aus glasigen Augen an. "Dein Zug, Pharao!" drängt Bakura, doch Yami beachtet ihn nicht. "Brich das Duell ab, Pegasus." wendet er sich an den weißhaarigen Millionär, der ihn immer noch ungläubig ansieht. Und auch Kaiba blickt nun irritiert zum Pharao. Yamis Augen ruhen entschlossen auf Pegasus. Keine der anderen scheint augenblicklich für ihn zu existieren. "Wie auch immer Bakura dich dazu gebracht hat, dieses Spiel mitzuspielen, du tust besser daran, es zu beenden." Bakura lacht. "Ist das deine neue Strategie, dieses Duell für dich zu entscheiden, Pharao? Wie erbärmlich!" Aber Yami geht auf die hämischen Worte nicht ein. Fast habe ich das Gefühl, dass er Pegasus etwas mitzuteilen versucht, so angestrengt sieht er den Älteren an. Kein Wort kommt über seine Lippen und dennoch... ich habe das Gefühl, dass er ihm irgendetwas zu sagen scheint. Pegasus keucht und schwankt. Einen Moment sieht es so aus als würde er wieder zu Boden sinken, aber er fast sich im letzten Moment. "Ich..." hebt er wieder an und blickt dann unsicher zu Bakura. Dessen Augen haben sich zu zwei Schitzen verengt und fixieren den Millionär. Plötzlich nehme ich wahr, dass Shadi neben mir zu flüstern begonnen hat. Ich verstehe nicht was er sagt, also muss es sich um altägyptisch handeln. Sein Blick ist auf das Spielfeld gerichtet und als ich ihm folge, stelle ich fest, dass auch er Pegasus ansieht, während er ein monotones Mantra zu beten scheint. "Pegasus, es ist noch nicht zu spät." Bei diesen Worten scheint Bakura die Geduld zu verlieren. Das Grinsen verschwindet aus seinem Gesicht und er funkelt Yami wütend an. "Was soll das, Pharao?" Seine Stimme ist ein giftiges Zischen. "Hast du Angst, dich mir in diesem Duell zu stellen, dass du zu solchen Mitteln greifst?" Ich frage mich allerdings auch, was das gerade soll. Was bezweckt Yami damit? Gut, wenn Pegasus aufgibt, ist das Duell gelaufen und Yami und Kaiba gewinnen automatisch, aber ich verstehe nicht warum der Pharao zu diesen Mitteln greift. "Dieses Duell ist eine Farce, Bakura, das weißt du so gut wie ich." Yami funkelt den Grauhaarigen an. "Du wirst uns den Milleniumsring und das Auge nicht übergeben, wenn wir siegen. Folglich sehe ich keinen Grund dieses Duell fortzusetzen." Die Stimme des Pharaos klingt hart und schneidend. "Was auch immer du mit deiner Show hier bezwecken magst, ich werde nicht mitspielen." Immernoch flüstert Shadi neben mir und ich mustere den Ägypter unsicher. Keine Ahnung was der Typ da treibt. Ich hoffe, er weiß was er macht. Kaiba seufzt. "Yami hat Recht. Diese Nummer hier führt zu nichts." Bakura lacht. "Dann gebt doch auf." meint der Grauhaarige gelassen, aber seiner Miene entnehme ich, dass ihm die Entwicklung gerade nicht wirklich zusagt. Eine Weile herrscht Schweigen in der Arena und ich habe keine Ahnung, wie es weitergehen soll. Yami hat Recht. Ich bezweifle, dass Bakura die Milleniumsgegenstände aushändigen wird, wenn er verliert. Er hat auch keineswegs sein Wort gegeben. Und was er wollte, hat er scheinbar ohnehin schon. Duke. Vielleicht diente all das hier nur dem einen Zweck, nämlich Duke in die Hände zu bekommen. Ich weiß es nicht, aber ich weiß, dass der Pharao richtig liegt mit seiner Vermutung und Kaiba weiß es auch. Nur kann keiner von ihnen das Duell abbrechen. Bakura würde dann auf seinen Sieg behahren und selbst wenn die restlichen Milleniumsgegenstände sicher im Tresor von Kaibas Villa liegen, was Mokubas Seele anbelangt, da traue ich diesem Psycho keinen Millimeter. "Was macht er da?" höre ich Tea füstern. Sie sieht Ishizu fragend an. Die Ägypterin blickt kurz zu Shadi, dann wendet sie sich wieder Tea zu. "Er versucht, das Gute in Pegasus dazu zu bringen, das Duell aufzugeben." erklärt sie ruhig und nun sehe ich auch, dass er den Milleniumsschlüssel in der Hand hält. "Was ist, wenn Bakura das merkt?" fragt Tea unsicher. Ishizu schüttelt den Kopf. "Das wird er nicht." Na, deren Zuversicht möchte ich mal haben. Überhaupt, diese Ägypter nehmen das Alles hier ganz schön gelassen. "Aber der Pharao braucht doch den Ring und das Auge!" meldet Mokuba sich plötzlich zu Wort. Ishizu nickt. "Ja, sie wären eine Hilfe. Ohne sie lässt sich das Siegel nicht öffnen." Ich stöhne. Was denn für ein Siegel? Ich durchforste meine Erinnerung. Yami hat irgendwann etwas darüber gesagt. Ach ja, ein Siegel, das irgendeinen anderen Artefakt hütet. "Lässt sich das Siegel nicht auch so öffnen?" will Tristan wissen. Ishizu schüttelt den Kopf, aber Marik meint: "Nicht ohne weiteres... Dazu bräuchten wir..." Er spricht nicht weiter, denn auf dem Spielfeld tut sich gerade etwas. Pegasus ist zu Boden gefallen. "Meine Cecilia." seufzt er kraftlos. "Du hast versprochen, dass Seth sie mir wiedergeben wird." Hä? Ich dachte, die wäre tot? Cecilia war doch seine Frau, wenn ich mich recht erinnere. Also das hat Bakura ihm versprochen! Dieser Mistkerl. Dachte ich mir doch, dass er irgendwas hat, womit er Pegasus auf seine Seite ziehen konnte. Gut, der Typ an sich ist schon irre, was er im Königreich der Duellanten ja auch unter Beweis gestellt hat, aber seine Motivation war wenigstens nicht die Welt in Finsternis zu tauchen oder so. Eigentlich kann der arme Kerl einem ja fast schon wieder leid tun. "Das kann er nicht!" höre ich Yami sagen. "Es liegt weder in seiner Macht noch in der von Bakura." Ungläubig blickt Pegasus zum Pharao auf, dann wandert sein Blick zu Bakura. "Seth ist ein Gott!" sagt Bakura nur. "Er kann dir alles geben was du möchtest." Aber Yami schüttelt den Kopf. "Seth hat keine Macht über die guten Seelen, das weißt du so gut wie ich." erwidert der Pharao und wendet sich wieder Pegasus zu. "Deine Frau war ein Engel, nicht wahr? Das hast du uns doch erzählt?" fragt er den Millionär, der immer noch auf dem Boden kniet. Der Angesprochene nickt langsam. "Dann hat sie eine gute Seele und über gute Seelen hat Seth keinerlei Macht. Er kann sie nicht zum leben erwecken." erklärt Yami ruhig. "Du wurdest getäuscht, Pegasus." "Getäuscht." wiederholt der Kniende tonlos. Yami nickt. "Wenn du dieses Duell weiterführst, dann wirst du deine Seele damit aufs Spiel setzen." sagt der Pharao hart. "Du riskierst hier mehr als du denkst. Die Unschuld deiner Seele, Pegasus. Wenn du die verlierst, dann wird nichts dich je wieder mit deiner Cecilia vereinen können." "Ist das so?" flüstert Tea an Marik und Ishizu gewandt. Marik nickt. Seine Miene ist ernst. "Ja." bestätigt er. "Pegasus mag in der Vergangenheit vielleicht Dinge getan haben, die zu Bösem geführt haben, aber seine Motivation war eine reine, er war verleitet. Deshalb ist für ihn noch nichts entschieden. Er hat noch immer die Wahl zwischen Licht und Schatten." erklärt der Ägypter feierlich. Tea nickt und ihre Augen nehmen einen mitleidigen Ausdruck an. "Dann hat Bakura ihn reingelegt." stellt Tristan fest. Ich seufze. Blitzmerker, echt jetzt. "Gib auf, Pegasus." Yamis Stimme ist nun sanft und Pegasus blickt ihn unsicher an. "Wage es nicht!" zischt Bakura und seine Augen funkeln gefährlich. "Wage es ja nicht, Pegasus! Wir werden dieses Duell beenden." "Ich..." Der Millionär schluckt und ich sehe ihm deutlich an, dass er nicht weiß was er tun soll und ich hoffe insgeheim, dass er sich richtig entscheiden wird. "Pegasus." Mehr sagt Yami nicht, aber es scheint zu genügen. Ob es nun an der Macht des Pharaos oder Shadis Beschwörung liegt, vielleicht auch an beide, die Miene des Weißhaarigen verändert sich jedenfalls. Der Kniende richtet sich ein wenig auf und sagt mit brüchiger Stimme: "I-i-ch. Gebe. Auf." Bakuras Aufschrei lässt uns alle zusammen zucken. Sein Heulen erfüllt den gesamten Raum und sich spüre fast körperlich seine Wut. "Du verdammter Narr!" fährt er Pegasus an. "Das wirst du bereuen." Noch bevor ich realisiere, dass das Duell damit tatsächlich zuende ist und Kaiba und Yami gewonnen haben, fällt plötzlich ein riesiger Schatten auf die Arena, nein... genau genommen auf Pegasus, der immer noch am Boden kniet. Tea schreit neben mir auf und mir stockt der Atem. Ein riesiges, schwarzes Etwas senkt sich von der Decke der Halle nach unten. "Eine Spinne." ruft Mokuba, was reichlich untertrieben ist. Ich nehme im ersten Moment nur Augen wahr. Riesige, wagenradgroße Augen, die gelb leuchten in einem ansonsten schwarzen Antlitz. Tea schreit erneut und das Blut droht mir in den Adern zu gefrieren als ich die leuchtenden Reihen nadelspitzer Zähne im Maul der Kreatur sehe, die wie Sägeblätter aufeinander stehen. Zwischen ihnen zuckt die zweifach gezackte Spitze einer schwärzlich glänzenden Zunge. Silbriger Speichel stropft über den abscheulichen Schlund. Der Anblick ist so schrecklich, dass ich nicht anders kann als die Hände vors Gesicht zu schlagen und erst nach einigen Herzschlägen wage, zwischen den Finger hervorzusehen. Der Kopf des auf so gräßliche Weise misgebildeten Monstrums erweitert sich hinter den starren Augen, die einzig auf Pegasus gerichtet zu sein scheinen, zu einem weichen, weißlichen Schädel, der wie das Hinterleib einer Spinne geformt ist. Überhall hängen Hautlappen, die sich wie Seetang in einem seichten Strom bewegen. Franzige Schuppen glänzen im Schein der Kerzen auf dem Rücken der Kreatur. Und Gott, die Beine. Sie gleichen dem eines Weberknechts und münden in scherenförmigen Klauen aus hartem Horn. Die haarigen, ungleichen Gliedmaßen seilen sich an einer tauartigen Schnur von der Decke ab und es wird nur noch Sekunden dauern bis sie ihr Ziel erreicht haben. Pegasus hat den Kopf gehoben und blickt dem Schrecken leichenblass entgegen. Er hat den Mund geöffnet, aber kein Schrei scheint aus seiner Kehle zu kommen. Vielleicht übertönt auch Bakuras Lachen jeglichen Ton aus seinem Mund. Ein Herzschlag und die Kreatur wird ihn erreicht haben. Ich kann kaum hinsehen. "Atha Gibor Leolam Adonai." vernehme ich Yamis Stimme und genau wie Bakuras Lachen erfüllt sie den gesamten Saal. "Weiche, Mamonas! Zurück in die Finsternis mit dir." Ein tiefes Grollen kommt aus dem Rachen des dunklen Geschöpfes, dann klappt es die schäumenden Kiefer auf und ein schreckenserregendes Zischen bringt eine gelbliche Nebelwolke hervor. Ein fürchterlicher Pesthauch dringt in meine Nase. "Ähjäh Sär Hjäh Ilschaddai Adonai." ruft Yami erneut mit ehrfurchtgebietender Stimme und ich habe den Eindruck, dass das Wesen sich unter dem Klang dieser absonderlichen Beschwörungsworte zu krümen beginnt. Der mastdicke, meterlange Schweif der Kreatur schwingt durch die Luft und prallt krachend wie eine Keule gegen die Wand des Saales. Nur wenige Meter über Pegasus hängt die Kreatur nun winden in der Luft, die fühlerartigen Beine tastend nach ihrem Opfer ausgestreckt. Mit Entsetzen nehme ich eine weitere Bewegung wahr und glaube, dass mein Herz nun endgültig stehen bleibt. "Seto!" höre ich Mokuba neben mir ängstlich schreien. Kaiba hat sich in Bewegung gesetzt und eilt über das Spielfeld zu Pegasus. Ich schnelle hervor, doch jemand packt mich unsanft am Arm. Ich wende minimal den Kopf und blicke in Mariks ruhige Augen. Seine Hand umklammert schraubstockartig meinen Arm. Ich zwische ihn wütend an, aber er hält mich ruhig und sicher fest und mein Blick wandert wieder zu Kaiba, der sich nun fast unter der abscheulichen Kreatur befindet. Was hat er denn nur vor? Ich höre mich selbst seinen Namen rufen und Panik ergreift mich angesichts der Tatsache, dass er sich unaufhaltsam diesem Ding nähert. "Ähjäl Sär Hjäh!" ruft der Pharao abermals . Schwefliger Qualm dringt aus dem Rachen des Ungetüms, aber erneut zuckt der monströse Körper schmerzlich auf. Ich stehe wie angewurzelt da, kann mich unter Mariks unbarmherzigem Griff nicht rühren und mein Herz, ich weiß es... es setzt jeden Moment aus. Es muss aussetzen. Eine Scherenklaue hat Pegasus erreicht und ich höre ihn schmerzhaft aufheulen. Kaibas Mantel flattert wie eine Flamme im Wind. Der Stachelschwanz des Ungetüms schwingt nun bedrohlich über ihm und Mokuba schreit erneut neben mir auf. Tea setzt mit einem hysterischen Schrei ein und... Keine Ahnung was dann passiert... Ich blinzele. Ich höre Kaiba schreien, dann sehe ich wie er etwas langes nach der Kreatur schleudert. Das gräßliche Monster heult auf und zieht sich scheinbar zusammen. Eine bleierene Flüssigkeit ergießt sich auf den Boden und ich sehe wie Kaiba Pegasus Arm packt und ihn mit sich zu reißen versucht. Wieder schleudert er mit der freien Hand irgendwas dem monströsen Körper entgegen und wieder spricht Yami die ehrfurchtgebietenden Worte, die ich nicht verstehe. Die Scherenklauen ziehen sich ruckartig zurück und wie eine Stoffpuppe zerrt Kaiba Pegasus mit sich, nein, er schleudert ihn von sich zur anderen Seite. Dann rollt er sich selbst auf dem Boden ab und ist im nächsten Moment wieder keuchend auf den Beinen. Ich schnappe erleichtert auf, auch wenn die Gefahr keineswegs gebannt ist und für einen irrsinnigen Moment nehme ich mir vor, ihm für diese Aktion eine reinzuhauen. Was denkt der Arsch sich bei so was nur? Zu meinem Entsetzen nähert er sich erneut dieser Kreatur und nun sehe ich was er in der Hand hält. Eine Stange. Eine Stange aus Eis. Entschlossen geht er auf das Monstrum zu, während Yami nach wie vor diese Formels spricht und das Monster mit seinem entschlossenen Blick fixiert. Immer noch strömt gelber Dunst aus dem schwarzen Schlund der Missgestalt und dann schleudert Kaiba die Stange auf den grauenvollen Leib. Schauderhaftes Gebrüll ertönt und überdeckt Yamis sichere Stimme. Schwarzblaues Blut, dick wie Pech, quillt aus dem Körper des Monsters und ein Ton, der grauenvoller und widernatürlicher nicht sein könnte, entringt sich der Kehle dieses Spinnentiers. Die Kreatur bäumt sich auf und der Stachelschweiß hinterlässt nun einen tiefen, abstrakten Riss in der weißen Wand. Dann rollt sich die teufliche Bestie zusammen und prallt mit einem dumpfen Knall auf den Boden. Atemlos blicke ich in auf die Arena, die gerade wirklich Austragungsort eines echten Kampfes wurde. Kaiba steht wie erstarrt nur zwei Meter von dem zuckenden Körper der Kreatur entfernt und blickt schwer atmend auf das Geschöpf. "Verdammte Scheiße!" ruft Tristan neben mir fassungslos. "Was war das schon wieder?" Keiner antwortet ihm. Alle blicken wir wie erstarrt zu dem Ort des Geschehens. Yami fasst sich als erster. Er beugt sich zu Pegasus, der wie ein lebloses Bündel vor seinen Füßen liegt. Tea seufzt. "Oh Gott..." Einen Moment frage ich was sie meint, dann begreife ich. Die Kreatur hatte den Millionär gerade noch in ihren Klauen. "Ist er..." hebe ich vorsichtig an. "Er lebt." sagt Yami schließlich an uns gewandt und mit den Worten eracht scheinbar auch Kaiba wieder aus seiner Starre. "Bakura ist verschwunden." höre ich meinen Liebsten kühl sagen. Tristans Augen funkeln giftig. "Diese miese Ratte!!" Mein Blick trifft den von Kaiba und wir sehen uns einen Moment tief in die Augen. Ich weiß, dass er genau wie ich gerade an den Fluch denkt, der noch immer auf mir lastet. Ich sehe ihm seine Sorge an, auch wenn er sie vor den anderen verbergen kann. Die ganze Nummer hier war vollkommen umsonst. Mehr noch. Wir haben Duke verloren. Yami hat die Fernbedienung aus Pegasus Anzugstasche gefischt und betätigt nun unschlüssig einen der Knöpfe, es dauert zwei Versuche bis er den Richtigen gefunden hat und das Geländer, dass uns von der Arena abtrennt verschwinden. "Wir müssen ihn zu einem Arzt bringen." höre ich den Pharao sagen. Mokuba neben mir ist schon los gestürmt. Kaiba lächelt den Kleinen liebevoll an als er ihn in die Arme schließt. "Schon gut, Mokuba, es ist alles ok." seine Stimme klingt wieder ganz normal, wie immer. Als wäre nichts gewesen. Als hätte er nicht gerade... "Tu. So. Etwas. Nie. Wieder." Ich meine es ernst, aber er lächelt nur. Mir platzt der Kragen. "Das ist mein Ernst! Du kannst hier nicht einfach einen auf Ritter ohne Furcht und Tadel machen! Ich hatte ne Scheißangst. Echt jetzt!!" fahre ich ihn wütend an und unterstreiche meine Rede mit wilden Gesten. Er seufzt. "Joey." Ich halte schlagartig in meiner Bewegung inne und tue es Mokuba gleich. Ich werfe mich in seine Arme und mir ist es egal, dass die andern das sehen oder ob es ihn peinlich berühren könnte. "Ich mein es ernst, Seto." sage ich in den Stoff seines Hemdes und schließe unwillkürlich die Augen. "Ich weiß." erwidert er nur und legt seine Arme um mich. Kapitel 52: Ablauforganisation ------------------------------ "Was machen wir jetzt?" fragt Tea. Tja, gute Frage. Am Besten verschwinden wir hier und zwar pronto! Ich habe jedenfalls keinen Bock noch länger hier zu bleiben, wer weiß was für Dinger sonst noch von der Decke oder von wo anders kommen. Die Nummer gerade hat mir echt gereicht und ich bezweifle, dass es noch etwas gibt, dass wir hier tun können. Fragend blicke ich zu Kaiba und er spricht meinen Gedanken aus. Kurz und knapp. "Wir verschwinden." entscheidet er und blickt zu Yami. Der Pharao nickt. "Wir müssen Pegasus mitnehmen." meint er. Das denke ich auch, wir können ihn schließlich nicht hier lassen. Gut, es ist seine Hütte, aber nachdem was gerade passiert ist... Die anderen sind zu uns auf das Spielfeld getreten. Der Millionär liegt immer noch benommen vor Yami. Ich schätze, jemand muss ihn tragen, alleine wird er wohl kaum laufen können. "Tristan, Marik, helft mir Pegasus zum Flugschiff zu bringen." befiehlt Yami und Marik reagiert sofort. Tristan zögert. "Wir nehmen den echt mit?" fragt er ungläubig. Yami nickt. "Also Geisel?" will Tristan wissen und Kaiba stöhnt neben mir auf. "Natürlich als Geisel. Er ist für Bakura ja auch so unentbehrlich wie deine unqualifizierten Kommentare für uns." sagt mein Eisprinz kühl und Tristan macht ein ziemlich dämliches Gesicht. Dann schickt er sich aber an Marik und Yami zu helfen. "Wir sollten uns vielleicht beeilen." meint Mokuba und ich nicke. Ich will mich auch keine Minute länger als nötig hier aufhalten. Zum Glück erwarten uns auf dem Weg nach draußen keine weiteren Überraschungen und auch der Zombie-Gozaburo lässt uns ohne weiteres abziehen. Wir hasten den Weg zu Kaibas Flugschiff dennoch als wäre der Teufel hinter uns her. Roland erwartet uns bereits. "Alles in Ordnung, Sir?" fragt er an Kaiba gewandt. Dieser nickt. Dann deutet er auf Pegasus. "Bringen sie den... Herrn auf die Krankenstation. Er muss umgehend versorgt werden." befieht er und sein Assistent nickt. "Darf ich fragen, was passiert ist?" Kaiba seufzt und es ist Mokuba, der antwortet. "Wir wurden von einer Riesenspinne angegriffen, Roland. Das hätten sie sehen müssen. Ein gigantisches Biest und Seto hat sie platt gemacht!" Nach dem heutigen Tage wird nichts, absolut gar nichts, Mokubas Heldenverehrung für Kaiba erschüttern können. Der Kleine strahlt sowohl Roland als auch Kaiba an. "Tatsächlich, Sir?" fragt der Assistent und seine Miene spiegelt eine Mischung aus Überraschung und Anerkennung wieder. Mokuba nickt eifrig und Kaiba verdreht die Augen. "Einsteigen, Leute!" Sein Tonfall duldet keinerlei Widerspruch. "Das war echt krass, Seto, aber ich hatte schon etwas Angst um dich." Mokuba blickt immer noch verklärt zu seinem Bruder auf, dem seine glorreiche Tat gerade scheinbar absolut gleichgültig ist. Typisch Kaiba. Wahrscheinlich ist er mit seinen Gedanken schon drei, ach was, fünf Züge weiter. "Ja, Kaiba, das war echt mutig, du hast Pegasus das Leben gerettet." sagt nun auch Tea und ich sehe deutlich, dass sie errötet als sein Blick sie trifft. Holla? Was geht denn da? Ob ich mir Sorgen machen muss? Joey, du spinnst! "Ihr Freund wird bereits versorgt, Sir." verkündet Roland einige Minuten später. Kaiba nickt. "Dann starten sie bitte." Schließlich wendet er sich Yami zu. "Also raus mit der Sprache." meint er ernst. "Wer oder was ist dieser Apophis?" Ich sehe ihm an, dass er keine Auflüchte dulden wird. Er ist angespannt und er ist wütend, auch wenn ich nicht genau weiß, warum oder worauf. Der Pharao antwortet nicht gleich und Kaiba verdreht genervt die Augen. "Diese ganze Aktion... ein Reinfall." Er presst die Lippen aufeinander und ich glaube zu verstehen. Und... er hat Recht. Wir haben nichts erreicht. Weder konnten wir die Milleniumsgegenstände bekommen, noch wurde der Fluch von mir genommen. Zudem haben wir Duke verloren. Naja, dafür haben wir jetzt Pegasus an der Backe, aber den brauchen wir keinesfalls. "Also?" Kaiba hat eine Braue hoch gezogen und seinen kühlen Blick auf Yami gerichet. Der Pharao seufzt. "Du kennst diesen Apophis, nicht wahr?" frage ich leise. Yami nicht. "Er war der Gegner von Seth..." versuche ich ihm Hilfestellung zu geben. Wieder nickt er. "Ich hätte nicht damit gerechnet, dass er ihn auswählen würde, obgleich es natürlich eine sehr weise Wahl ist, da hat Bakura schon Recht." Der Pharao seufzt und ich habe das Gefühl, dass diese neue Entwicklung ihn ernsthaft verunsichert. Oder liegt es nur daran, dass man diesem Apophis Dukes Körper zugeteilt hat? Yamis Augen wandern zu Kaiba, der ihn immer noch unverwandt ansieht. "Apophis ist ein sehr, sehr mächtiger Magier des Dunkeln. Das Gegenstück zu Seth, wenn man so will." erklärt er Kaiba mit tonloser Stimme. Dieser zuckt mit den Schultern. "Und? Müssen wir uns deshalb noch mehr Sorgen machen?" Yami zögert. "Zumindest macht es unsere Lage nicht einfacher." sagt er schließlich ausweichend und Kaiba stöhnt. "Ich habe das alles hier so satt..." Er schüttelt den Kopf, fasst sich aber direkt wieder. "Nun gut. Dieser Apophis ist also ein ernst zunehmender Gegner. Das ändert nichts an der Gesamtsituation." rekaptituliert er. "Wir haben weder den Milleniumsring noch das Auge und was Joey anbelangt..." Sein Blick streift kurz meinen. "Sind wir auch nicht weiter. Das heißt, wir haben immer noch den Assiduss im Nacken. Was gedenkst du nun zu tun?" Wir alle blicken Yami erwartungsvoll an. "Ich hatte gehofft, dass wir die Milleniumsgegenstände gewinnen würden, aber..." Er bricht ab und senkt den Blick. "Du hattest Recht." Ich schätze, die Worte gelten Kaiba. "Sag mir etwas, dass ich noch nicht weiß." ist die kalte Erwiderung und der Pharao seufzt. "Wenn wir das Siegel brechen könnten..." hebt er nachdenklich an. In dem Moment erinnere ich mich an Mariks Worte. Ich blicke zu dem Ägypter und sage: "Du hast doch gemeint, es gäbe noch einen anderen Weg..." Der Junge zögert und sieht den Pharao an. Dann nicken beide. "Überstrapazier nicht eine Geduld." vernehme ich erneut Kaibas kalte Stimme. "Ich habe gerade gegen... ich weiß nicht gegen was ich da gekämpft habe, es ist mir auch egal. Fakt ist, dass wir etwas unternehmen sollten und dieses Mal sollte es ein Erfolg werden. Wenn du also eine Idee hast, dann teil sie uns gefälligst mit. Sonst werde ich die Dinge in die Hand nehmen." Die Atmosphäre ist gespannt, das spüren wir alle. Und ich weiß auch woran es liegt. Kaiba macht sich Sorgen. Meinetwegen. Er agiert genauso aggressiv und entschlossen wie damals als Mokuba entführt worden war. Er hat die Situation korrekt analsysiert und sucht nun nach einer Lösung. "Können wir dieses Siegel nicht irgendwie... sprengen?" will Tristan wissen. Mokuba nickt. "Ja, vielleicht können wir es auch so öffnen, ich meine, wir haben genug technische Ausrüstung..." Aber Yami schüttelt bereits den Kopf. "Es gibt nur zwei Möglichkeiten, es zu öffnen." widerspricht er und es ist klar, dass Sprengung keine davon ist. "Zwei?" Mokubas Augen leuchten. "Na, das ist doch schon mal was. Was ist die Zweite?" will der Kleine wissen. Wieder zögert der Pharao und es ist schließlich Marik, der uns die Antwort gibt. "Das Totenbuch des Osiris." flüstert der Ägypter und ich sehe, dass sowohl Ishizu als auch Shadi mit leichtem Zusammenzucken darauf reagieren. Totenbuch klingt auch nicht gerade gut. Tea sieht den Pharao eindringlich an. "Was ist das, Yami?" Das frage ich mich auch, immerhin scheint es jedem der Vier eine Heidenangst zu machen. "Es ist ein Buch, das sämtliche Beschwörungsformeln der alten Welt enthält. Zauber, Bannsprüche, Siegelsprüche..." erwidert der Pharao. "Und damit können wir das Siegel öffnen, auch wenn wir die Milleniumsgegenstände nicht haben?" fragt Tristan. Yami nickt. "Und wo finden wir dieses Totenbuch?" mische ich mich nun ein und ich schätze, genau hier liegt das Problem. So ein Ding liegt sicherlich nicht irgendwo rum und wartet auf uns. "Es handelt sich dabei nicht um ein Buch im eigentlichen Sinne." erklärt der Pharao ernst. "Es sind mehrere Papyrusrollen, die immer wieder neu abgeschrieben und kopiert wurden. Es gibt diverse Abschriften, die publiziert wurden, aber die Originalrollen befinden sich größtenteils im British Museum." Mokuba strahlt. "Ich dachte schon, wir müssten sie irgendwo in der Wüste suchen." meint der Kleine erleichtert. "Dann müssen wir also nach London." Ich nicke. Scheint so. "Gehen wir mal davon aus, dass wir dieses Totenbuch hätten, was fangen wir dann damit an?" will Kaiba wissen. "Dann müssen wir uns zum Siegel begeben und das Ritual durchführen, die Anweisungen dafür stehen auf den Rollen." antwortet Yami schlicht. Kaiba verzieht skeptisch den Mund. "Klingt doch ganz einfach." meine ich und mein Eisprinz wirft mir einen sarkastischen Blick zu. "Zu leicht." erwidert er. "Einmal abgesehen davon, dass ich bezweifle, dass man uns diese Rollen so einfach übergeben wird." Oh. Daran hatte ich gar nicht gedacht. Aber er hat Recht. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Leute vom Museum uns das Teil einfach so rausrücken. Yami nickt. "Das wäre schon einmal die erste Schwierigkeit." stimmt er Kaiba zu. "Aber du hast doch Verbindungen, Kaiba..." meldet sich Tea zu Wort. Seto lacht spöttisch. "Natürlich habe ich die, aber die helfen uns bei dieser Sache nicht weiter." erwidert er. "Und ich glaube auch kaum, dass man mir die Rollen verkaufen würde." Womit er sicher auch Recht hat. Immerhin geht es hier nicht um irgendeine x-beliebige Sache. Wenn diese Rollen dem Museum gehören, dann geben die sie nicht einfach her. "Und wie sieht es mit Kopien aus?" überlege ich laut. "Die Übersetzungen sind dürftig und wirklich brauchbare Kopien gibt es nicht." erklärt mir Ishizu. "Nein, es bedarf des Originals." Na, toll. Also ist es doch keineswegs so leicht. "Brauchen wir diesen Artefakt denn unbedingt?" frage ich schließlich und wende mich an den Pharao. "Bislang hast du nur gesagt, dass er die Möglichkeiten, die Schlacht zu gewinnen, verbessert. Sowohl für unsere Seite als auch für die andere. Ich meine, ginge es auch ohne?" Wieder zögert der Pharao einen Moment. "Wir könnten es ohne schaffen, ja, doch jetzt wo..." Er bricht kurz ab und blickt unschlüssig zu Kaiba. "Jetzt wo Apophis unser zweiter Gegner ist, wäre mir wohler, wenn wir ihn hätten." Kaiba nickt. "Das heißt wir müssen uns dieses Totenbuch besorgen." Es ist keine Frage, sondern eine simple Feststellung. Yami nickt. "Wenn wir auf der sicheren Seite sein wollen." "Was für ein Artefakt ist es denn genau?" Mokuba blickt den Pharao fragend an. "Das ist schwer zu erklären, Mokuba." entgegent dieser und Kaiba verdreht erneut die Augen. "Wie sollte es auch anders sein..." murmelt er und ich knuffe ihn leicht in die Seite, was mir einen funkelnden Blick einbringt. Ich grinse und er schüttelt den Kopf, aber ein kleines Lächeln zuckt um seine Mundwinkel. Eine Weile herrscht Schweigen, dann springt Kaiba auf und meint resignierend: "Wir haben also keine andere Wahl. Wir brauchen dieses Totenbuch, also müssen wir es uns besorgen." Wieder schüttelt er den Kopf und dann... dann fängt er zu unser aller Überraschung tatsächlich an zu lachen. "Ich muss schon sagen, diese Sache hier wird immer besser. Ich wusste immer, dass es mir nur Ärger einbringen würde, mich mit euch einzulassen, aber dass ich euretwegen je einen Einbruch in das British Museum planen müsste, Grundgütiger..." Ich starre ihn entgeistert an. Was hat er da gesagt? Habe ich richtig gehört? Aber auch die anderen sehen ihn an als habe er gerade den Verstand verloren. Nur Mokuba grinst. "Du hast einen Plan, nicht wahr, Seto?" Der Kleine strahlt Kaiba wieder so verklärt an, dass ich mir ein Lächeln nicht verkneifen kann. Kaiba aber schüttelt den Kopf. "Noch nicht. Aber in ein paar Stunden..." "Kaiba!" Teas Blick ist schockiert. "Ist das dein Ernst???" Er zuckt mit den Schultern. "Hast du eine bessere Idee?" Keiner sagt etwas und Tea atmet schwer neben mir. "Diese Angelegenheit erledigen wir auf meine Weise." erklärt Kaiba nach einigen Minuten ruhig und sieht dabei Yami eindringlich an. Der Pharao nickt. "Ja, wir werden es so machen wie du sagst." Für einen Moment habe ich das Gefühl in Kaibas Augen eine Spur von Triumph aufflackern zu sehen. Dann grinst er. "Es wird auch Zeit, dass jemand die Dinge in die Hand nimmt, der eine Strategie hat." Den Kommentar kann er sich scheinbar nicht verkneifen und Yami lässt ihn den Moment auch auskosten. Dann aber wird der Eisprinz wieder ernst. "Wir werden gleich da sein." erklärt er. "Ich gehe davon aus, dass es Pegasus bald besser gehen wird. Vielleicht kann er uns ein paar Informationen liefern, dann war diese Aktion heute nicht ganz umsonst." Wieder nickt Yami zustimmend. "Und was diesen Apophis anbelangt, erwarte ich umgehend einen ausführlichen Bericht. Wenn ich gegen diesen Typen schon kämpfen soll, dann will ich wissen was mich erwartet." Sein Tonfall ist dermaßen gebieterisch, dass alle von uns, Yami eingeschlossen, innerlich stramm stehen. Gott, ich stehe darauf, wenn er so redet... Das macht mich schon wieder... ähm... ja. "Desweiteren..." fährt Kaiba fort und sein Blick trifft mich kurz. "Werden wir uns etwas ausdenken müssen, um Joey diesen Dämon vom Leib zu halten, zumindest solange bis wir Bakura gefunden haben. Ich gehe davon aus, dass irgendeiner deiner Milleniumsgegenstände doch in der Lage sein wird, diesen Kerl zu orten?!" Er wartet keine Antwort ab, sondern wendet sich an seinen Bruder. "Mokuba." Jetzt klingt seine Stimme eine Spur sanfter. "Ja, Seto?" fragt der Kleine. "Du wirst unser Sicherheitssystem umprogrammieren und zwar so, dass es auf die geringste räumliche Veränderung reagiert." Mokuba nickt. "Ich glaube kaum, dass dein Sicherheitssystem ausreicht um den Assiduss..." versucht der Pharao einzuwerfen, aber Kaiba schneidet ihm das Wort ab. "Und ich glaube kaum, dass mir ein 5000 Jahre alter Pharao Belehrungen bezüglich meiner Sicherheitstechnik erteilen sollte." erwidert er kühl. "Dieses Ding lässt sich vielleicht nicht dadurch aufhalten, aber die Chance besteht, dass wir sein Erscheinen früher bemerken und ich gehe davon aus, dass dies augenblicklich das Beste ist, was wir für Joey tun können." Einen Moment lang funkeln sich die Beiden an und ich spüre wie ich nervös werde. Der Burgfrieden wankt und das ist nicht gut. Ich spiele schon mit dem Gedanken etwas zu sagen, Kaiba irgendwie zu beruhigen, aber Yami kommt mir zuvor. "Du hast vollkommen Recht, Kaiba." sagt er und das genügt. Kaibas Nicken verrät es. Kapitel 53: Projektierung ------------------------- "Meint er das wirklich Ernst?" fragt Tea mich nun schon zum zweiten Mal. Ich seufze. Ich weiß es nicht, bislang hatte ich noch keine Gelegenheit mit Kaiba unter vier Augen zu reden. Direkt nach unserer Rückkehr von Pegasus Schloss hat er sich mit Yami zurückgezogen und wir sitzen nun wieder unschlüssig im Salon. Einzig Mokuba scheint zu wissen, was zu tun ist, denn er hat sich bereits an die Arbeit am Sicherheitssystem begeben. "Ich gehe davon aus." erwidere ich als Tea mich weiterhin fragend mustert. Tristan nickt. "Ich auch. Und..." Er zögert. "Er hat ja auch Recht. Ich meine, wenn wir das Teil wirklich brauchen." Er zuckt mit den Schultern. "Aber das ist Einbruch!" wirft Tea erschüttert ein. Ich stöhne genervt auf. "Schon klar, aber haben wir eine andere Wahl?" erwidere ich und sie senkt den Blick. "Ich frage mich, was jetzt mit Duke ist." meint Tristan nach einer Weile. Duke. Den hatte ich schon fast wieder vergessen. Verflucht, wie konnte er uns auch nur abhanden kommen? Ich verstehe es immer noch nicht. Vielleicht hatte Kaiba Recht und die ganze Aktion war tatsächlich nur eine Falle. Es war schon dumm von uns, zu glauben, dass Bakura tatsächlich den Ring und das Auge rausrücken würde, wenn er das Duell verlor. Eine Weile sitzen wir schweigend da und jeder scheint seinen Gedanken nachzuhängen. Dann öffnet sich die Tür und Kaiba tritt ein, gefolgt von Yami. Beide sehen ernst aus, aber in Anbetracht der Lage ist das auch mehr als verständlich. Wir alle blicken sie fragend an. Naja, Tea, Tristan und ich. Marik, Ishizu und Shadi machen eher den Eindruck als würden sie auf Befehle warten. "Pegasus kommt langsam zu sich." erklärt Kaiba mit ausdrucksloser Miene. "Wir werden ihn ein wenig schlafen lassen und dann wird er uns Rede und Antwort stehen müssen." Yami nickt, um Kaibas Ansage zu unterstreichen. Keiner sagt was, wir warten scheinbar alle darauf, dass entweder Yami oder Kaiba die Lage weiter erläutern. Und es ist der Pharao, der als nächstes das Wort ergreift. Er wendet sich an Shadi. "Ist es möglich Bakura mit Hilfe der Milleniumsgegenstände zu orten?" will er von dem Ägypter wissen. Der Mann nickt. "Ich könnte den Milleniumsschlüssel benutzen, um zu versuchen in seine Gedankenwelt einzudringen. Allerdings kann ich nicht mit Sicherheit sagen, dass ich so herausfinden werde, wo er sich aufhält." Yami nickt. "Versuch es einfach, Shadi." meint er und der Ägypter verneigt sich. "Was den Rest von uns anbelangt..." Kaiba lässt seinen Blick über uns wandern und sieht schließlich den Pharao an. "Yami und ich sind uns einig, dass wir uns dieses Totenbuch so schnell wie möglich beschaffen müssen. Ich werde mich also umgehend daran machen, einen Plan zu eruieren, der..." Er hält kurz inne und presst die Lippen aufeinander. "Der es mir ermöglicht, diese Rollen zu beschaffen." Ich grinse angesichts der schönen Umschreibung. Immerhin schickt er sich an einen Einbruch zu planen. "Aber du wirst doch nicht alleine losziehen?" frage ich. Er schüttelt den Kopf und Yami wendet sich an Marik. "Ich bitte dich, Kaiba zu begleiten." sagt er an den jungen Ägypter gewandt und ich sehe Kaiba überrascht an. Marik? Wieso Marik? Warum will er den mitnehmen? Oder war das Yamis Idee? Also damit hatte ich jetzt wirklich nicht gerechnet. Tea und Tristan scheinen genauso überrascht. Der Grabwächter nickt. "Natürlich, mein Pharao." erwidert er mit ernster Würde und blickt zu Kaiba. Seine Miene ist ausdruckslos und ich frage mich echt auf wessen Mist denn diese Idee gewachsen ist. Nicht, dass ich jetzt scharf darauf wäre einen Einbruch zu begehen, aber naja, ich hatte schon gedacht, dass Kaiba und ich losziehen würden. Und wenn nicht ich, dann Yami und Kaiba. Dass Marik mit soll, sorry, das verstehe ich nicht. Aber weder Kaiba noch Yami scheinen auf diese Entscheidung näher eingehen zu wollen. Sie wenden sich bereits dem nächtsten Thema zu und nun erst bemerke ich, dass Roland den Raum betreten hat. Und an eben diesen wendet sich Kaiba als nächstes. "Sie haben meine Instruktionen in Bezug auf die Firma, Roland?" will er wissen. Der Assistent nickt. "Ja, Sir." erwidert er. "Es stehen in den nächsten Tagen keine wichtigen Meetings an und die Tagung des Aufsichtsrates habe ich vorläufig schon einmal verschoben." Kaiba nickt. "Sehr gut." befindet er zufrieden. "Was die bestehenden Transaktionen anbelangt, erteile ich ihnen noch eine Vollmacht." Der Assistent nickt. "Sehr wohl, Sir." Damit scheint der Punkt für Kaiba geklärt. Roland bleibt dennoch im Raum. Aber er gehört ja auch irgendwie dazu. "Marik und ich werden in ein paar Stunden aufbrechen. Die Zeitverschiebung verschafft uns einen Vorteil." erklärt er ruhig. Der Ägypter nickt. Und nun schaffe ich es doch nicht mehr an mir zu halten. "Und was ist mit uns?" will ich wissen. "Was sollen wir tun? Und überhaupt, warum darf ich nicht mit nach London?" Kaiba seufzt. "Du wirst hier bleiben und die Füße still halten." meint er ernst und ich springe auf. "Was soll denn das heißen?" fragte ich und funkele ihn giftig an. "Joey, dieser Dämon ist nach wie vor hinter dir her." erinnert er mich. Hey, das habe ich keineswegs vergessen. Wie könnte ich auch? Ich hatte bereits zweimal das Vergnügen. Aber hier sitzen und Tee trinken... "Du wirst mir wohl zustimmen, dass diese Aktion in London bei Nacht durchgeführt werden muss." meint er plötzlich. Ich nicke unwillkürlich. "Klar, aber..." "Ich hätte dich durchaus gerne an meiner Seite gehabt, aber das Auftauchen des Assiduss würde die Mission gefährden. Und wir müssen schließlich überall damit rechnen." erklärt er mir gelassen. Yami nickt. "Der Assiduss ist nicht an den Raum gebunden. Er kann hier erscheinen und genauso gut in England. Gleichgültig wo du bist, er folgt dir und es wäre ein zu großes Risiko für Kaiba, wenn..." Ich seufze. "Wenn mitten bei diesem Einbruch meinetwegen der Assiduss auftaucht, ok. Verstehe." Zugegeben, er hat Recht. Das Risiko ist zu groß. Trotzdem, warum Marik? Ok, ok, ich gebe zu, seit er er mich k.o. geschlagen hat, verspüre ich eine minimale Abneigung gegen den Typen. Verständlich, oder? "Yami wird hier bleiben, um deine Sicherheit zu gewährleisten!" fährt Kaiba fort und der Blick, den er dem Pharao dabei zuwirft spricht für sich. Ich schätze mal, dass die Beiden auch darüber eben noch geredet haben und ich kann mir sehr gut vorstellen, was mein Eisprinz gesagt hat. Unwillkürlich muss ich grinsen. Ach, er ist ja so süß. Und das zu denken, ist gerade ziemlich unsinnig. Egal. Ich bin jedenfalls wieder entspannt. "Desweiteren folgendes..." hebt Kaiba von neuem an. "Nach meiner Rückkehr aus London werden wir umgehend nach Ägypten aufbrechen. Roland, ich bitte sie für diese Reise schon einmal die nötigen Vorbereitungen zu treffen." Der Assistent nickt. "Ich hoffe, dass wir bis dahin auch eine Spur von Bakura haben." meint Yami und blickt hoffnungsvoll zu Shadi. "Ich werde mich gleich daran machen, ihn aufzuspüren, mein Pharao." erwidert der Ägypter. "Was können wir tun?" fragt Tea. Yami zögert. "Augenblicklich gibt es nichts, dass ihr tun könntet." gesteht er und Enttäuschung zeichnet sich auf Tristans Gesicht ab. "Ich könnte Kaiba und Marik doch Rückendeckung geben!" meint er vorsichtig und Kaiba verdreht die Augen, sagt jedoch nichts. Damit ist die kleine Besprechung wohl zu Ende, denn Kaiba schickt sich an, sich ans Werk zu machen. Ich folge ihm spontan. "Seto?" frage ich und er sieht mich an. "Du willst das wirklich machen?" Er lacht. "Natürlich." entgegnet er schlicht. "Außerdem haben wir keine andere Wahl." Das Lachen ist verschwunden und sein Blick nun wieder ernst. "Wegen diesem Apophis?" Er nickt. "Was hat dir Yami nun über ihn erzählt?" frage ich neugierig. Er zuckt mit den Schultern. "Nicht weiter viel. Er hält ihn allerdings für einen sehr, sehr ernsten Gegner. Bakura dagegen macht ihm weniger Sorgen und der Umstand, dass Dukes Körper gewählt wurde, spricht dafür, dass die Gegenseite bereit ist, mit allen Mitteln zu kämpfen. Duke ist kein zufälliges Opfer." Ich nicke. Das habe ich auch keinen Moment lang geglaubt. "Was hat er dir noch gesagt?" bohre ich weiter. Kaiba zögert. "Yami geht davon aus, dass der Feind über unsere nächsten Züge Bescheid weiß. Er vermutet, sogar dass wir genau das im Begriff sind zu tun, was der Gegner möchte." meint er schließlich. "Den Einbruch?" frage ich unsicher. Kaiba nickt. "Es lässt sich ja auch schließlich leicht ausrechnen, oder? Ich meine, wir haben die Milleniumsgegenstände nicht, aber wir brauchen sie." Ich nicke und denke nach. "Genau wie der Bakura und dieser Apophis." füge ich hinzu. "Richtig." Wieder nickt Kaiba. "Und genau wie wir, wissen sie auch wo das Totenbuch zu finden ist. Schließlich ist es auch kein Geheimnis." Meine Gedanken überschlagen sich. Natürlich. Bakura und Co. werden ebenso wissen wo das Buch ist und was sie damit anfangen können. Sie könnten es sich sicher auch selbst besorgen. Warum haben sie es bislang nicht getan? "Das ist der springende Punkt." Kaibas Miene ist angespannt. "Ich stimme Yamis Vermutung zu. Man will, dass wir die Drecksarbeit machen. Daher habe ich auch zugestimmt, dass Marik mich begleitet." sagt er. "Dich kann ich nicht mitnehmen und Mokuba muss hier bleiben." Ich nicke. Klar, ich falle wegen dem Assiduss aus und Mokuba ist der Einzige, der sich hier so gut auskennt wie Kaiba. Zudem vertraut er wohl keinem so sehr wie seinem kleinen Bruder. "Yami rechnet also mit einem Angriff." Es ist keine Frage, er fasst es auch nicht so auf. "Ja." erwidert er schlicht. "Aber dann ist die Mission gefährlich und Marik..." Er legt mir den Zeigefinger auf den Mund. "Marik und ich werden klar kommen. Der Junge ist mehr als fähig. Oder hätte ich Tristan mitnehmen sollen?" Ich grinse. "Zudem muss es nicht gerade dann zu einem Überfall kommen. Es kann genauso gut sein, dass Bakura wartet bis wir am Siegel angelangt sind." gibt er zu bedenken. Ich nicke. Klar, da hat er natürlich Recht. "So oder so, wir müssen alle auf der Hut sein. Du besonders." Er seufzt. "Ich hatte so gehofft, dass wir den Fluch..." Er bricht ab und ich nicke. Ich weiß. Geht mir genauso, aber es ist eben so wie es ist. Noch bevor ich etwas erwidern kann, fährt er schon fort: "Wir werden die Originale gegen Duplikate austauschen. Yami unterrichtet gerade Ishizu und Marik über den Plan. "Ich mag dank der Verschmelzung mit Seth altägyptisch nun lesen können, aber Marik ist wesentlich vertrauter mit diesen Papyrusrollen. Zudem gibt es noch etwas, dass wir aus dem Museum holen müssen." Ich blicke ihn fragend an. "Dort ist auch das Buch des Apophis." erzählt er und ich halte den Atem an. "Yami meint, dass wir es zwar nicht wirklich nutzen können, aber es besser wäre es nicht in die Hände seines Besitzers fallen zu lassen, zudem besteht eine geringe Möglichkeit, dass wir Duke so von Apophis Geist befreien können, wenn die Zeit gekommen ist." Das leuchtet ein. Dennoch... Wenn Bakura tatsächlich erwartet, dass wir diesen Schachzug machen, dann muss er uns voraus sein. Folglich... Ich kaue schon wieder auf meiner Unterlippe. Die Entwicklung gefällt mir keineswegs. Yami mag Marik zwar als Hilfe für Kaiba ansehen, ich bin mir dessen nicht so sicher und mir wäre wohler dabei, wenn er diese Sache nicht tun müsste. Nach dem heutigen Tag traue ich Bakura alles zu. Er war bereit Pegasus zu töten, einfach so. Er wird auch Marik und Kaiba gegenüber keine Skrupel kennen. Wenn er überhaupt welche kennt. "Mir gefällt das Ganze nicht, Seto." sage ich ehrlich. "Ich weiß, Joey." Er seuftz. "Hey, ich war auch nicht unbedingt scharf darauf in dieser Geschichte eine Rolle zugedacht zu bekommen, aber es lässt sich nun eben nicht mehr ändern. Also müssen wir das Beste daraus machen und augenblicklich heißt das, dass ich einen Weg finden muss, der Marik und mich ins Museum bringt." Er lacht wieder und streicht mir zärtlich eine Strähne aus dem Gesicht. "Hast du denn schon eine Idee?" will ich wissen. Er nickt. "Ich glaube kaum, dass es eine so große Schwierigkeit darstellen wird. Sobald ich mich in den Hauptcomputer eingeklinkt habe, werde ich das Alarmsystem lahm legen und dann dürfte es eigentlich problemlos laufen." erklärt er mit einer solchen Ruhe, dass ich mich insgeheim frage ob er schon einmal so einen Coup durchgeführt hat. "Solange Bakura und seine Schergen nicht auftauchen..." füge ich hinzu. Er nickt und sieht mir tief in die Augen. "Mir wird nichts passieren." versichert er mir. "Das rate ich dir auch." erwidere ich und lächele. Es ist eindeutig mal wieder die Zeit für einen Kuss. "Kaiba." unterbricht uns Yamis energische Stimme und ich fluche innerlich. Super Timing, Pharao. Ich hoffe, es ist was wichtiges. "Shadi hat eine Vermutung, wo Bakura sich aufhält." sagt der Pharao und ich schlucke. Ok, das ist was wichtiges. Kapitel 54: Memento ------------------- "Wir werden jetzt gehen." verkündet Kaiba und ich seufze. Ich will ihn nicht gehen lassen, auch wenn er natürlich Recht hat. Es gibt keinen anderen Weg. Yami nickt ihm zu. "Wir werden derweil versuchen, Bakura näher zu lokalisieren, doch ich glaube, sobald wir erst in Ägypten sind, werden wir ihn noch früh genug finden. Und somit auch Duke." Kaiba nickt ebenfalls. "Und es wäre nicht schlecht, wenn du bis dahin eine Idee hättest, wie wir diesen Fluch von Joey nehmen könnten." erwidert er ernst. "Du weißt, dass ich sonst keine ander Wahl habe als..." Er spricht den Satz nicht zu ende, aber der Pharao versteht auch so. Ich ebenfalls. Ich weiß, was Kaiba dann tuen wird und dank Ishizu weiß ich auch um die Konsequenzen. Ich hoffe inständig, dass es nicht so weit kommen wird. Für Kaiba, Ryou und auch für mich. "Mokuba, du hältst hier die Stellung." Der Kleine nickt. "Ja, Seto." Ein kleines Lächeln huscht über Kaibas Gesicht, dann nickt er Marik zu, doch der ist ohnehin längst bereit. Mein Magen zieht sich wieder schmerzhaft zusammen. Als die Beiden zur Tür gehen, folge ich. Auf dem Flur packe ich Kaiba am Arm und er wendet sich zu mir um. Sein Blick ist undurchdringlich und ich habe plötzlich einen Kloß im Hals. "Ich werde aufpassen, keine Sorge." beruhigt er mich und schenkt mir ein Lächeln. Ich seufze und nehme aus dem Augenwinkel wahr, dass Marik sich ein paar Schritte entfernt. Ich weiß nicht was ich sagen soll, eigentlich ist alles gesagt und ich weiß, dass ich ihn weder aufhalten kann noch, dass es Sinn macht ihn weiter zu ermahnen vorsichtig zu sein. "Sieh es einmal positiv. Laut Shadi ist Bakura in Ägypten, das heißt, Marik und ich haben nichts zu befürchten." versucht er mich zu beruhigen. Ich nicke. Ich weiß auch nicht was mit mir los ist. Ich habe einfach ein ungutes Gefühl, ihn gehen zu lassen. "In ein paar Stunden sind wir wieder zurück." Wieder nicke ich, lasse seinen Arm aber noch immer nicht los. Er seufzt und wirft einen kurzen Seitenblick zu Marik, der uns den Rücken zugewandt hat. Zaghaft schiebt er mein Kinn etwas hoch und küsst mich. Meine Lider senken sich automatisch und ich fühle einfach nur. Die wohlige Wärme ist schlagartig wieder da, als würde ein Feuer wieder stärker nachgeschürt und daran ändert sich auch nichts als er seine Lippen von meinen löst. Ich öffne meine Augen wieder und einen Moment hält mein Blick seinen fest, dann lässt er mich stehen und verschwindet wortlos mit Marik. Einige Sekunden sehe ich den Beiden noch nach, dann gehe ich zurück zu den anderen. Im Salon heißt beklemmendes Schweigen und jetzt ohne Kaibas Präsenz fühle ich mich unbehaglich. Irgendwie sind wir alle noch ernster als zuvor. Das Geschehen auf Pegasus Burg ist nicht spurlos an uns vorüber gezogen. Wie könnte es auch? "Was machen wir jetzt?" will Tristan wissen. "Warten?" Er blickt Yami fragend an. Dieser scheint zu überlegen. "Ich glaube, es ist an der Zeit einmal mit Pegasus zu reden." meint der Pharao und sieht zu mir rüber. "Joey, kommst du bitte mit mir? Und du auch Tea!" Das Mädchen nickt und erhebt sich. "Er ist im hinteren Flügel untergebracht." erklärt Mokuba und nickt Kaibas Assistenten zu. "Bitte zeig ihnen den Weg, Roland." Der Angesprochene nickt und Yami, Tea und ich folgen ihm den Flur entlang und die Treppe nach oben. Der hintere Flügel stellt sich als Arsch der Welt raus. Gott, wie groß ist dieses Gemäuer eigentlich? Ich bin froh als Roland endlich vor einer Tür zum stehen kommt und darauf deutet. "Bitte, die Herrschaften." sagt er und Yami bedankt sich. "Ich werde vor der Tür warten." erklärt Kaibas Assistent und ich bin etwas erleichtert, denn irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir den Rückweg alleine nicht mehr finden würden. Der Pharao klopft höflich an die Tür, wartet jedoch keine Antwort ab, sondern drückt den Türknauf fast lautlos nach unten und öffnet die Tür. Seine Miene hat wieder diesen maijestätischen Ausdruck. Tea und ich folgen ihn ihm den Raum. Der Millionär liegt in einem großen Bett und beim näher kommen stellen wir fest, dass er wach ist. Seine bernsteinfarbenen Augen wendens ich uns zu und für einen Moment weiten sie sich. Dann versucht er sich langsam aufzurichten. "Wie geht es dir, Pegasus?" will der Pharao wissen. Sein Tonfall ist freundlich, aber doch auch bestimmt. Der Angesprochene senkt leicht den Blick, richtet ihn dann jedoch wieder auf den Pharao. Die Süffisanz ist aus seinen Augen verschwunden und seine Nonchalance hat er abgelegt. Dennoch wirkt er ruhig und gefasst, keineswegs wie jemand, der eben noch von einem spinnenhaften Dämon angegriffen wurd. "Danke, Yugi. In Anbetracht der Lage kann ich mich nicht beklagen." antwortet der Millionär und der Anflug eines Lächeln zeichnet sich auf seinem Gesicht ab. "Ich nehme an ich bin in der kaiba´schen Residenz?" Yami nickt, aber aus Tea platzt es hervor: "Den spöttischen Tonfall solltest du dir lieber sparen! Kaiba hat dich nicht nur hier hergebracht und versorgen lassen, er hat dir auch das Leben gerettet!" Yami legt ihr beruhigend die Hand auf die Schulter. Pegasus starrt sie an und ich kann sehen wie es in seinem Kopf zu arbeiten beginnt. Ich schätze, dass er sich jetzt erst wieder langsam an das Geschehene erinnert. Für einen Moment schließt er die Augen. Dann nickt er. "Du hast natürlich Recht, junge Dame." sagt er mit tonloser Stimme. "Ich werde mich auch gebührend bei dem jungen Kaiba bedanken, wenn ich die Gelegenheit bekomme." Diesmal liegt nicht die geringste Spur von Sarkasmus in seiner Stimme, nein, Pegasus ist besiegt. Er hat resigniert. Aber vor allem hat er begriffen. Sein Blick wandert wieder zu Yami und ich sehe, dass er schluckt. "Was ist mit Bakura?" möchte er wissen. Der Pharao zuckt mit den Schultern. "Verschwunden." ist die knappe Antwort und Pegasus seufzt. Wieder bekommt sein Gesichtsausdruck etwas nachdenkliches. "Ich weiß, dass du bei dieser Sache lediglich eine von Bakuras oder Seths Spielfiguren bist, aber ich hoffe, dir ist nun klar, wie entbehrlich du für die Leute bist, mit denen du dich eingelassen hast." Yami klingt hart und ernst und der Mann im Bett zuckt kaum merklich zusammen. Er nickt langsam, sagt jedoch nichts. "Wieviel weißt du über diese Angelegenheit?" will Yami wissen. Pegasus zögert. Ich sehe es ihm deutlich an. Vermutlich wägt er ab wieviel er von seinem Wissen Preis geben soll. Schließlich scheint er eine Entscheidung getroffen zu haben. "Ich weiß, dass Bakura für einen Hohen Dunkeln namens Seth arbeitet und dass er die sieben Milleniumsgegenstände braucht, um ein Siegel zu brechen." beginnt der Millionär langsam zu erzählen. "Er sagte, es würde ein Duell geben zwischen dir, Kaiba, ihm und einem anderen. Und das dieses Duell alles entscheiden würde." Er schluckt. "Yugi, glaub mir, aber ich habe nicht einmal die Hälfte von dem verstanden, was er mir gesagt hat und... es war mir auch egal. Ich wollte..." Er bricht ab und Yami nickt. "Deine Motivation ist uns mehr als klar, Pegasus." erwidert Yami ungewohnt kühl und wieder zuckt der Millionär leicht zusammen. Jetzt liegt Traurigkeit in den bernsteinfarbenen Augen und irgendwie tut er mir leid. Bei all seinen fiesen Schachzügen und Hinterhalten war seine Motivation doch stets eine... naja, halbwegs gute. Ich meine, immerhin wollte er nur seine Frau zurück haben und das kann ich irgendwo verstehen, auch wenn der Zweck keineswegs die Mittel heiligt. "Hast du eine Ahnung was Bakura nun vorhaben könnte?" frage ich und einen Moment lang ist Pegasus irritiert. Ich glaube, er nimmt mich jetzt erst wirklich wahr. Er legt die Stirn in Falten und scheint tatsächlich über meine Frage nachzudenken. "Er erzählte etwas von alten Schriftrollen... und dass er nach Ägypten müsse." Er zuckt mit den Schultern. "Ich weiß nicht was er vorhat, Yugi. Darauf gebe ich dir mein Wort." Fast flehend sieht er den Pharao an. Yami nickt nur. Wahrscheinlich hatte er auch nicht wirklich erwartet, dass Pegasus etwas von Bakuras Plänen weiß. So viel zum Thema Verhör. Der Millionär ist uns keine Hilfe, aber ich bin irgendwie erleichtert, dass auch er Ägypten erwähnt. Vielleicht ist Kaibas Vermutung richtig und Bakura wird erst dort einen Angriff wagen, wenn er weiß, dass wir die Rollen haben. Ich hoffe es insgeheim. "Die Einladung an Duke..." fällt es mir plötzlich wieder ein. Pegasus seuftzt. "Bakura befahl mir, ihn einzuladen. Er sagte, er würde gebraucht. Also habe ich keine weiteren Fragen gestellt." erklärt er und ich glaube, leises Bedauern in seiner Stimme zu erkennen. Er schließt die Augen und sinkt wieder ein Stück zurück in die Kissen. "Lassen wir ihn wieder schlafen, er kann uns doch ohnehin nicht helfen." höre ich mich sagen und bin selbst überrascht von der freundlichen Anwandlung meinerseits gegenüber unserem Feind. Yami nickt. "Du hast Recht." Dennoch ruht sein Blick noch einen Moment auf dem Grauhaarigen. "Eine Frage noch, Pegasus." hebt der Pharao an und der Angesprochene öffnet wieder die Augen. "Welche weiteren Verbündete hat Bakura? Und sag mir nicht, dass du der Einzige warst." Pegasus zögert erneut. "Ich weiß, dass er versucht hat diesen Priester zu erwecken, aber das hat er euch ja selbst erzählt... und er wollte auch Yami Marik zurück holen, aber dies ist ihm ebensowenig gelungen, doch sagte er, dass er dies weiter versuchen wolle." Pegasus seufzt. "Ich weiß nicht, wer sonst noch an seiner Seite dient... ich habe keinen gesehen." Die Antwort scheint den Pharao alles andere als zu befriedigen, aber er lässt es dabei bewenden. "Nun gut, Pegasus." meint er schlicht. "Ich hoffe, du erholst dich schnell." Ohne eine Erwiderung abzuwarten, wendet Yami sich um und geht wieder Richtung Tür. Tea und ich folgen. "Yugi?" hält uns Pegasus Stimme zurück als wir den Raum verlassen wollen. Der Pharao blickt zu dem Kranken. "Ja?" Es scheint als wolle der Millionär noch etwas sagen, dann aber schüttelt er nur den Kopf und wir überlassen ihn seinen Gedanken. "Tja, heiße Infos waren das ja nicht gerade." stelle ich etwas säuerlich fest. Yami zuckt nur mit den Schultern. "Ich habe auch keine erwartet. Bakura ist nicht dumm, er würde seine Pläne ganz sicher nicht jemandem wie Pegasus anvertrauen." erwidert er gelassen und schweigend begeben wir uns zurück zu den anderen. An der Tür des Salons hält Yami mich zurück. "Ich möchte kurz mit dir reden, Joey." Tea versteht den Wink und geht mit Roland in den Salon. Wir begeben uns derweil in die Küche. Der Pharao sieht ernst aus und ich bekomme wieder dieses ungute Gefühl. "Du weißt, dass der Fluch noch immer auf dir liegt..." hebt er an. Ich nicke. "Wenn wir Bakura gefunden haben, wird Shadi versuchen mit Hilfe des Milleniumsschlüssels zu Ryou durchzudringen, doch ich bin ehrlich gesagt nicht wirklich überzeugt davon, dass uns dies gelingen wird." Ich nicke wieder. Mit dem Milleniumsring ist Bakura wahrscheinlich immun gegen diese Attake und auch das Puzzel würde uns sicher nicht weiterhelfen. "Kaiba hat mir gesagt, dass ich eine Möglichkeit finden muss, den Fluch zu brechen. Andernfalls..." Yami bricht ab und sieht mich ernst an. "Andernfalls ist er fest entschlossen Ryuo zu töten. Und du weißt, was das heißt, Joey!" Ich seufze. "Ja, dann ist er als Ra´s Krieger unbrauchbar." Er nickt. "Aber ich brauche Kaiba, Joey." Yamis Augen dringen tief in mich. "Ohne ihn habe ich keine Chance. Nicht gegen Apophis." Wieder dieser Apophis. Was zur Hölle hat es mit diesem Typen auf sich. Ich wage es nicht Yami danach zu fragen, aber langsam dämmert es mir, dass er mehr als nur das Gegenstück des Hohepriesters war. "Was erwartest du von mir?" will ich wissen. Meine Stimme ist brüchig und ich fühle mich immer unbehaglicher. "Wie weit bist du bereit zu gehen für diese... Mission?" will der Pharao wissen. Einen Moment starre ich ihn an. Mit dieser Frage habe ich nicht gerechnet, überhaupt weiß ich nicht was er mir gerade zu sagen versucht. Er sieht so ernst aus, so unbarmherzig und streng, dass ich einen Moment lang den Wunsch verspüre zurück zu weichen, aber das ist doch Yami, mein Freund. Warum sollte sein Gesichtsausdruck mich so erschrecken oder diese Frage? Ich schlucke und denke nach. Ich kenne die Antwort nicht. Das sage ich ihm auch. "Wärst du bereit, Ryous Leben für das deine zu opfern?" fragt Yami weiter und ich spüre wie ich erstarre. Ist das sein Ernst? Ist er breit Ryou zu opfern, um meintetwillen? Will er gar mein Einverständnis, weil er auch keinen anderen Weg mehr sieht? Ich weiß nicht wie ich auf diese Frage antworten soll. Ich weiß es noch weniger als bei seiner ersten Frage. Ryou... er ist doch mein Freund. Wie soll ich so etwas entscheiden? Ich schüttele kaum merklich meinen Kopf. "Ich... das... Yami..." Ich breche ab und sehe ihn hilflos an. Was erwartet er denn nur von mir? Ich kann so was doch nicht entscheiden. Der Pharao lächelt und macht einen Schritt auf mich zu. "Schon gut, Joey... ich weiß, dass du mir keine Antwort geben kannst." Er seufzt. "Weißt du, es gibt vielleicht noch einen andern Weg, aber... Nun, der ist auch nicht unbedingt leichter." Er hält kurz inne und scheint sich seine nächsten Worte gut zu überlegen. Ich sehe ihn erwartungsvoll an. Ich kann seine Unruhe fühlen, ja, sie greift auf mich über und ich ahne, dass das was er mir sagen wird, alles andere als angenehm sein wird. "Wenn es einen Weg gibt, dass Kaiba, Ryou und auch ich heil aus dieser Sache herauskommen... dann werde ich alles tun was in meiner Macht steht..." Ich beende den Satz nicht, denn Yami lächelt mich auf eine Weise an, die mich schlagartig inne halten lässt. Schweigend sehen wir uns an. Er überlegt und ich... ich warte. Schließlich seufzt er tief und nickt. "Erinnerst du dich an die Reise in Kaibas Gedankenwelt?" fragt er. Ich nicke. "So eine Reise wäre auch in Bakuras Geist möglich." höre ich ihn sagen und sehe ihn erstaunt an. Ich ahne worauf das hinaus läuft. "Wenn es uns gelingen würde, Ryou zu erreichen, dann könnten wir ihn dazu bringen, dass er den Fluch zurück nimmt." erklärt der Pharao weiter. "Aber-" Seine Augen verdunkeln sich. "Das wäre keineswegs mit dem zu vergleichen was wir in Kaibas Gedankenwelt erlebt haben, auch wäre es uns nicht möglich Ryou und Bakura zu verschmelzen. Es ist jedoch die einzige Möglichkeit den Fluch zu brechen, ohne dass Ryou etwas passiert oder Kaiba sich mit Schuld belädt. Den Erfolg kann ich jedoch nicht garantieren. Das hängt auch von Ryou ab und ich weiß nicht in wie fern Bakura ihn zurück gedrängt hat." Ich verstehe, was er mir zu sagen versucht. Zum einen ist Bakuras Gedankenwelt kein Vergleich zu der von Kaiba und zum anderen... "Diese Reise wäre mehr als nur gefährlich, denn Bakura ist unberechenbar und wird sich massivst zur Wehr setzen, aber..." Er atmet tief durch. "Du müsstest sie ohne mich antreten." Ich schlucke hart. Er würde mich nicht begleiten? Ich müsste allein gehen? Allein in die Gedankenwelt eines Irren? In Kaibas Geist hätte ich mich schon fast verlaufen ohne ihn. Wie soll ich das alleine schaffen? "Aber..." Ich stocke. "Warum kannst du nicht mit mir kommen?" will ich wissen. Er seufzt. "Bakura würde mich nie in seinen Geist eindringen lassen." antwortet er schlicht. "Aber mich?" frage ich ungläubig. Der Pharao nickt. "Ja, dir könnte es gelingen. Aber weder Kaiba noch ich könnten dich begleiten." erwidert er ruhig. "Ich denke schon eine Weile über diese Möglichkeit nach und ich habe auch mit dem Gedanken gespielt dir Marik zur Seite zu stellen, doch jetzt wo Pegasus erzählt hat, dass Bakura versucht habe, Mariks dunkle Seite zu reaktivieren, befürchte ich, dass es zu gefährlich für ihn ist." Meine Gedanken überschlagen sich. Ich versuche seinen Worten zu folgen. Das ist also die einzige Möglichkeit, die noch bleibt. Gut, nicht gerade eine Rosige, aber immerhin. "Was ist mit Shadi?" frage ich. "Oder Ishizu?" Ja, vielleicht könnte einer der Beiden ja mit mir gehen. Alles wäre besser als alleine los zu ziehen. Ich meine, wir reden hier von Bakuras krankem Kopf. Der Typ ist ein Psycho. Ein Oberpsycho. Die Nummer kann ich doch nicht alleine in Angriff nehmen. Yamis Miene ist ausdruckslos. "Es wäre möglich, aber ich befürchte, dass Bakura auch auf sie zu heftig reagieren könnte." Ich seufze. Toll, dann bleiben ja nur noch Tristan und Tea. Naja, auch Mokuba, aber das lässt Kaiba sicher nie zu. "Und noch etwas, Joey." setzt Yami an. "Wenn du diese Reise tatsächlich antreten möchtest, dann tue es erst, wenn wir deine Kräfte aktiviert haben." Ähm... ok. Ja, meine Kräfte. Klar, die wären ne Hilfe. Also ich hätte auch nichts dagegen die zu aktivieren. Ich frage mich ja sowieso die ganze Zeit was ich denn eigentlich so drauf habe. Vor allem nach der Aktion, die Kaiba heute veranstaltet hat. Ich meine, wenn er ernsthaft in Gefahr gewesen wäre, dann hätte doch etwas mit mir passieren müssen, oder? Dann wären meine Kräfte aktiviert worden und... Oh. Moment. Ich blinzele. Um meine Kräfte zu aktivieren, muss Kaiba erstmal in Gefahr sein. Massiver Gefahr. Da reicht scheinbar kein Spinnendings aus. Fragend sehe ich Yami an und entweder liest er meine Gedanken oder aber er errät sie. Jedenfalls nickt er. "Ja, Kaiba muss in Gefahr sein dafür." bestätigt er meine Gedanken. "Sag jetzt nicht, dass du..." hebe ich schockiert an, aber Yami winkt ab. "Was denkst du von mir?" Er lacht. "Wenn wir in Ägypten sind, wird Bakura angreifen, soviel steht fest. Er will die Rollen, also muss er angreifen. Er hat keine andere Wahl. Und wenn er angreift..." Er muss nicht weiter reden. Ich nicke. "Das wird der richtige Moment sein. Sobald deine Kräfte aktiviert sind, kannst du die Reise antreten. Ohne sie wäre es ein Himmelsfahrtkommando." Ich lache trocken auf. Na, habe ich mir vorhin nicht gewünscht etwas produktives tun zu können? Wollte ich keine Action? "Du hast längst einen Plan, oder?" frage ich obwohl ich es längst weiß. Er nickt und ich schneide ihm eine Grimasse. "Na, dann lass mal hören." meine ich schließlich. "Und by the way, was denkst du worin meine Kräfte bestehen? Worin verwandele ich mich? Oder was rufe ich herbei?" Er zuckt mit den Schultern. "Ich weiß es wirklich nicht, Joey." Ich seufze. "Hast du nicht einmal eine Ahnung?" will ich wissen. Er grinst, schüttelt aber den Kopf. Ich mustere ihn skeptisch und meine: "Sag schon!" Das Grinsen wird breiter. "Ich habe wirklich keine Ahnung." erwidert er. "Aber?" hake ich nach. "Aber... Kaiba hat eine." Er lacht und ich verdrehe die Augen. "Lass mich raten, ein Hund." Er braucht es mir nicht zu bestätigen, ich weiß auch so, dass ich Recht habe. Na, der wird was erleben, wenn er zurück ist. Ich funkele ihn stellvertretend für Seto wütend an. Er lacht nur. "Spätestens morgen wirst du es wissen." versucht er mich aufzumuntern. "Morgen?" frage ich ungläubig. Er nickt. "Sobald Kaiba zurück ist, geht es ab nach Ägypten und Bakura wird uns erwarten. Ich spüre es." Ich schlucke. Morgen also. Echt jetzt. Oh Mann. Das geht jetzt aber doch schnell. Ich spüre wie mein Magen wieder zu rebellieren anfängt. "Aber nun zu meinem Plan..." beginnt der Pharao. Ich nicke. Aber er kommt nicht dazu weiter zu reden, denn Tea stürzt zu uns in die Küche. Sie ist mehr als aufgeregt, sie wirkt fast schon hysterisch. "Yami, Joey, kommt schnell!" schreit sie uns förmlich an und wir reagieren sofort. ____________________________________________ Edit: Sorry, das Übergangskapitel muss leider sein. Immerhin ist Seto ja gerade unterwegs.^^ Ich kann euch allerdings verraten, dass es im nächsten Kapitel anfängt richtig zur Sache zu gehen. Joey hat seinen ersten Einsatz als Ba und Bakura, nun, er wird seiner Rolle als gemeiner Oberschurke mehr als gerecht. Joey´s Reise in seine Gedankewelt wird mehr als vergnüglich. Dass ich Marik immer mehr ins Herz schließe, merkt man wohl. Ich hatte ihm eigentlich keine größere Rolle zugedacht, aber das hat sich geändert. Der Junge hat aber auch Potential. Viel Spaß weiterhin und Merci für die lieben Kommis. Kapitel 55: Lobgesang --------------------- So, ihr Lieben, dieses Kapitel ist etwas länger geworden als geplant, aber ich wollte es nicht splitten. Ich widme es Shimizu-chan für die superlieben Kommis, die mich sehr motiviert haben. Viel Spaß beim Lesen. Entgeistert starre ich auf den Fernsehbildschirm, von dem Duke mir entgegenblickt. Ja, im Fernsehen ist gerade Duke Devlin zu sehen und er grinst mich, nein, uns an. "Ich haben gerade irgendeine Show geguckt und dann war er da!" erklärt Tristan aufgewühlt und zeigt auf das Gesicht im Fernsehen. Das ist eindeutig und unweigerlich Duke Devlin, auch wenn sein Grinsen etwas befremdliches an sich hat. Die grünen Augen leuchten und sein Blick heftet sich an Yami. "Ich grüße dich, Pharao." vernehme ich eine Stimme, die aus Dukes Mund kommt, aber nur im entferntesten seine Eigene ist, lässt mich unwillkürlich schaudern. Ich sehe wie sich Yamis Miene verhärtet. Er erwidert den Gruß jedoch nicht und der Sprecher lässt ihm auch nicht wirklich Zeit, etwas zu sagen. "Ich hoffe du bist genauso entzückt darüber, dass wir uns bald wiedersehen wie ich es bin." flötet es aus Dukes Mund und dieses Grinsen... diabolisch ist gar kein Ausdruck dafür. Yami hält dem Blick, der auf ihm ruht und uns andere vollkommen ignoriert, stand. Was er dann sagt, überrascht mich. "Ich kann es kaum erwarten, Apophis." entgegnet er und klingt dabei genauso sarkastisch wie Kaiba. Duke oder besser gesagt Apophis lacht. "Oh, wir werden viel Spaß haben, Pharao." meint die Gestalt im Fernsehen und nun huscht ihr Blick über uns andere. "Das sind also deine neuen Freunde?" fragt Apophis und als sein Blick meinen trifft, schlucke ich hart. Die grünen Augen funkeln mich amüsiert an, dann heften sie sich an Tea. "Ist das alles was du mir zu sagen hast?" will Yami wissen. Wieder ertönt ein bösartiges Lachen. "Reicht es dir nicht, Pharao?" kommt prompt die Gegenfrage, aber Yami geht nicht darauf ein. Stattdessen seufzt er betont genervt. "Ich hoffe, dein Priesterersatz erledigt seine Aufgabe schnell. Ich brenne darauf dich wiederzusehen..." fährt Apophis sichtlich vergnügt fort. "Bakura und ich erwarten euch bereits... und ich bin gespannt, ob du etwas dazu gelernt hast seit unserer letzten Begegnung." Yami zuckt mit den Schultern. "Allem Anschein nach bist du augenblicklich nicht sonderlich konversationsfreudig, schade." Apophis seufzt nun ebenfalls theatralisch. "Nun, dann gehabt euch wohl, meine lieben Freunde. Ich erwarte euch sehnsüchtig." sagt er schließlich. "Besonders deinen neuen Priester..." Wieder lacht Apophis, dann beginnt das Bild zu flackern und kurz darauf läuft wieder das eigentliche Programm. Ein dauergrinsender Moderator erscheint auf dem Bildschirm und fragt einen weiblichen Gast in der Runde, ob sie bereit ist, einen Lügendetektortest machen zu lassen. Bevor die Frau antworten kann, hat Tristan den Fernseher abgeschaltet und alle blicken wir fragend und unsicher zu Yami. Er hat den Blick gesenkt und ist eindeutig in Gedanken versunken. "Yami?" fragt Tea leise. Sorge steht deutlich in ihrem Gesicht geschrieben. Der Pharao richtet sich wieder auf und lächelt sie beruhigend an. "Apophis mag solche Spielchen. Macht euch darüber keine Gedanken." sagt er und wendet sich dann mir zu. Er weiß, dass ich beunruhigt bin. Ich muss es nicht sagen. Wahrscheinlich ist es mir auch deutlich anzusehen. Immerhin geht es bei dem Priesterersatz um meinen Kaiba. "Was denkst du was uns in Ägypten erwartet?" will Tristan wissen. Stimmt, darüber haben wir noch nicht wirklich gesprochen, zumindest nicht als Gruppe. Im Gegensatz zu mir wissen Tea und Tristan sicher noch nicht, dass Yami mit einem Angriff rechnet. "Ich gehe davon aus, dass Bakura und Apophis uns angreifen werden sobald wir uns dem Siegel nähern. Sie werden versuchen uns die Rollen abzunehmen, um selbst an den Artefakt zu kommen." erklärt der Pharao ruhig. "Wie ich die Beiden einschätze - und kenne - werden sie keinen offenen Angriff wagen. Wir müssen daher auf alles vorbereitet sein." Tristan nickt. Seine Miene ist ernst. Genau wie die von Tea. "Wir werden aufbrechen sobald Kaiba und Marik zurück sind und..." Der Pharao zögert. "Ich bin nicht sicher, ob es eine gute Idee ist, wenn wir alle gehen. Versteht mich nicht falsch, aber..." "Aber du denkst, dass wir dir nur im Weg wären?" meint Tea. Yami schüttelt den Kopf. "Nein, das ist es nicht. Ich möchte euch nur nicht in Gefahr bringen." erklärt er ihr ruhig. Sie seufzt. "Und du denkst, dass wir hier nicht in Gefahr sind?" will sie wissen. "Falls Bakura oder dieser Apophis es auf Tristan oder mich abgesehen haben, was ich mir nicht vorstellen kann, dann sind wir hier alleine doch ein viel leichteres Ziel." Da ist was dran. Außerdem glaube ich nicht, dass Tea und auch Tristan freiwillig hier bleiben. Der Pharao erwidert nichts darauf, sondern wechselt das Thema. "Wir sollten alle versuchen, ein wenig zu schlafen." meint er und blickt wieder zu mir. "Kaiba wird ohnehin erst in ein paar Stunden zurück sein." Ich nicke. "Es wäre besser, wenn du bei mir schlafen würdest, nur für den Fall..." Ich grinse. "Schon klar." "Was ist mit Mokuba?" fragt Tea. Kaibas Assistent antwortet sofort. "Master Mokuba ist noch in der Kommandozentrale. Ich werde mich jetzt zu ihm begeben." Roland wartet keine Erwiderung ab, sondern macht sich auf den Weg. "Wir könnten doch auch alle hier schlafen?" schlägt Tristan vor. "Gute Idee." stimmt Tea zu und auch ich bin dafür. "Wir brauchen nur ein paar Decken." Tea ist wieder in ihrem Element. Yami nickt und gemeinsam mit dem Mädchen mache ich mich auf dem Weg nach oben, um Decken für unsere Runde zu holen. "Yami scheint sich große Sorgen zu machen." bemerkt Tea als wir mit einer Ladung Decken über den Flur schreiten. Ich erwidere nichts und sie fährt auch schon fort. "Hat er zu dir was gesagt?" fragt sie und wirft mir einen abschätzenden Seitenblick zu. "Nicht wirklich." entgegne ich und bin nicht sicher ob sie mir das glaubt. Aber ich halte es nicht für eine gute Idee, ihr von dem Plan zu erzählen, den Yami und ich besprochen haben. Sie würde sich nur noch mehr Sorgen machen und das muss nicht sein. Das Lager im Salon ist schnell errichtet. Einen Moment erinnert mich das Szenario an eine Pyjamaparty und ich muss lächeln, denn irgendwie ist es schon strange, dass wir alle hier in Kaibas Wohnzimmer campieren. Wer hätte das vor ein paar Tagen noch für möglich gehalten? Aber hey, eigentlich ist alles zur Zeit absolut verrückt. Ich meine, angefangen von der Tatsache, dass ich nun Kaibas fester Freund bin bis hin zu dem Umstand, dass der Chef der Kaiba Corporation gerade gemeinsam mit einem ägyptischen Grabwächter einen Einbruch begeht. Wobei das noch die harmlosesten Aspekte der ganzen Sache sind. Und auch wenn die Lage ernst ist und ich mir dessen auch bewusst bin, muss ich doch in mich hinein lächeln als ich versuche einzuschlafen. Tristan schnarcht, der Typ hat echt einen unverschämten Schlaf und während ich noch darüber nachdenke, fallen auch mir die Augen zu. Ich erwache erst wieder als ich die Berührung von sanften, kühlen Fingern spüre. Ich lächele automatisch und strecke mich und als ich die Augen aufmache, sehe ich in zwei funkelnde Saphiere. Kaiba hat sich über mich gebeugt und lächelt mich an. "Kaum ist man ein paar Stunden weg, stellt ihr meine Villa auf den Kopf." Er seufzt und ich richte mich auf. Ohne etwas zu erwidern oder Fragen zu stellen, ziehe ich ihn an mich und presse meine Lippen auf seine. Einen Moment ist er sichtlich irritiert, fasst sich aber schnell wieder und erwidert meinen Kuss. Zumindest für ein paar Sekunden. Dann löst er sich von mir. "Wo ist Mokuba?" will er wissen. "Mit Roland in der Kommandozentrale, schätze ich." Er nickt und richtet sich wieder auf. Tristan schnarcht immer noch und Tea hat sich wie ein Baby zusammen gerollt. Nur Shadi scheint außer mir wach zu sein, denn er sitzt im Schneidersitz auf dem Boden und meditiert. Vielleicht schläft der Typ auch so. "Hattet ihr Erfolg?" frage ich und schiebe die Decke zur Seite, um aufzustehen. Er grinst und ich schätze, dass ich gerade mal wieder eine ziemlich blöde Frage gestellt habe. Ein Unternehmen, dass Kaiba plant, hat immer Erfolg. Basta. Er nickt jedoch und hilft mir beim aufstehen. Jetzt erst entdecke ich Marik hinter ihm und auch, dass der Pharao erwacht ist. Yami ist schlagartig auf den Beinen. Fragend blickt er Kaiba an. "Wir haben die Rollen." erklärt mein Eisprinz und deutet zu Marik, der eine Reihe ziemlich zerbrechlich aussehender Rollen im Arm hält. "Ich bin beeindruckt." meint der Pharao und Kaiba quittiert die Aussage mit einem Lächeln. "Die Aktion war wirklich leichter als gedacht. Das Sicherheitssystem war geradezu lächerlich." erklärt Kaiba gelassen und ich grinse. "Für die Abreise ist bereits alles vorbereitet." fährt er fort und sein Blick streift über die schlafende Tea, den schnarchenden Tristan und Ishizu. "Ich schätze, die ganze Bande ist dabei." Yami nickt und ich verpasse Tristan einen Stoß. Das wollte ich schon die ganze Zeit machen. Leider bedarf es mehr als einem. Erst als Yami und ich ihn gemeinsam rütteln, kommt er zu sich und blickt uns fragend an. Tea dagegen ist wesentlich leichter zu wecken. "Ihr solltet euch fertig machen, wenn ihr mit wollt." meint Kaiba und schweigend folgen die anderen seiner Aufforderung. "Irgendwelche Zwischenfälle?" fragt er dann an Yami gewandt. Der schüttelt den Kopf. "Nicht wirklich. Nur ein kleiner Gruß von Apophis." Kaiba verdreht die Augen, fragt jedoch nicht weiter nach. Erstaunlich wie schnell alles weitere geht. Ich glaube, nur eine halbe Stunde später sitzen wir alle im Luftschiff und Roland gibt die Koordinaten ein. Mokuba schläft und Kaiba hat ihn behutsam ins Schiff getragen und auf einen der Sitze gebettet. "Odion erwartet uns bereits." erklärt Ishizu. Yami nickt. "Er wird nicht der Einzige sein." bemerkt Kaiba trocken. "Nein, Bakura und Apophis sind auch bereits vor Ort." entgegnet der Pharao. "Na, dann wird es ja ein lustiger Ausflug." Nun, lustig wäre nicht unbedingt das Wort, dass ich verwendet hätte, aber gut. Ich bin gespannt was diese zwei Psychos sich für uns ausgedacht haben und ich bin nervös. Immerhin werde ich wohl gleich meinen großen Auftritt haben, sofern Yami Recht behält. Oh Mann, ich bin echt gespannt was das wird. Ich meine, allein schon, dass ich bald in Bakuras Gedankenwelt sein werde... Mir ist jetzt schon flau im Magen und wie. Ich hab zum ersten Mal auch überhaupt keinen Hunger. Ich hoffe nur, dass ich das was ich tun muss, auch wirklich tun kann. "Wo genau müssen wir nun hin?" fragt Tristan plötzlich und mir fällt auf, dass ich das genauso wenig weiß. Fragend blicke ich auch zu Yami. Er lächelt. "Der Ort heißt Armana, dort lag einst die Stadt Achet-Aton." erklärt der Pharao. "Das Siegel befindet sich dort." Ich nicke, auch wenn mir seiner Worte nicht das Geringste sagen. "Odion ist bereits vor Ort." meint Ishizu. "Heißt das, wir müssen das Siegel nicht lange suchen?" will ich wissen. Yami nickt. "Von der Stadt sind nur noch Ruinen übrig, aber Odion wird die Stelle bereits gefunden haben. Das Siegel ist unter der Erde verborgen und nur Eingeweihte kennen den Gang, der zu ihm führt." Gut, wenigstens etwas. Aber wahrscheinlich zählen auch Bakura und Apophis zu den Eingeweihten. Doch wir sind ja vorbereitet, oder? "Ist Achet-Aton nicht die Stadt des Ketzerkönigs Echnatons?" will Mokuba wissen und ich stelle fest, dass meine Kenntnisse weitaus geringer sind als die des Kleinen. Yami nickt. "Ja, das stimmt. Doch die Geschichte ist etwas anders als man sie gemeinhin kennt, aber das tut für uns nichts zur Sache." Kaiba nickt nachdenklich. "Ein unterirdisches Gewölbe also?" Der Pharao nickt und er zuckt mit den Schultern. Eine Stunde später haben wir unser Ziel erreicht. Odion erwartet uns tatsächlich bereits. Ich sehe ihn sofort als sich die Lucke des Luftschiffes öffnet und ich nach draußen blicke. Allerdings ist er inmitten von Sand und Felsen auch das Einzige, was sich abhebt. Er winkt uns zu und Yami erwidert den Gruß. "Ich grüße euch, Pharao." sagt der hochgewachsene Ägypter und verneigt sich vor Yami, dann nickt er dem Rest unserer Runde zu. "Ich habe den Eingang bereits freigelegt." erklärt er weiter und deutet in Richtung einer Felsenwand. Ich folge seinem Fingerzeig, kann aber nicht wirklich etwas erkennen. Ich sehe nur Felsen und Sand. Ich hätte nie gedacht, dass es so viel Sand gibt. Und dass die Sonne so brennen kann. Ich schwitze jetzt schon. Wie Kaiba diese Hitze in seinem Cyberspacemantel ertragen kann, ist mir ein Rätsel. Er sieht sich um und meint schließlich zu Yami gewandt: " Wir sollten keine Zeit verschwenden. Je eher wir hier fertig sind, desto besser." Der Pharao nickt, dennoch rührt sich keiner von uns. "Mokuba, du bleibst beim Flugschiff." meint Kaiba und sein Bruder protestiert umgehend. "Aber, Seto..." hebt er an, doch eine energische Bewegung von Kaiba bringt ihn zum Schweigen. "Roland, sie bleiben ebenfalls hier und..." Sein Blick wandert zu Yami. Dieser nickt. "Tea, Tristan..." Er muss es nicht aussprechen. Die Zwei verstehen auch so. Keiner wagt zu widersprechen. Also ist es beschlossen. Nur die Ägypter, Yami, Kaiba und ich werden die Höhle betreten. Ich spüre wie meine Unruhe wächst. "Gehen wir endlich." Kaibas Miene spiegelt grimmige Entschlossenheit wieder. Ich wünschte, ich wäre genauso sicher in meinen Handlungen wie er. Aber im Gegensatz zu ihm bin ich mehr als nervös. Odion führt uns zu der Felsenwand, auf die er zuvor gedeutet hatte, und beim näherkommen erkenne ich tatsächlich eine Spalte in dem harten Fels. Als Odion und Marik in dem Spalt verschwinden, verspüre ich leichten Widerwillen. Mein Herz beginnt rasend zu klopfen, doch als sowohl Kaiba als auch Yami den Ägyptern folgen, wage auch ich einen Vorstoß. Ein leichter Luftzug dringt aus der Öffnung herauf und ich schlucke. Dann verschwinde auch ich in der Dunkelheit. Schritt für Schritt ertaste ich meinen Weg durch den abschüssigen Stollen. Kaiba ist direkt vor mir, doch ich erkenne nur seine Umrisse. Ich glaube, Odion hat eine Kerze angezündet. Ich sehe sie von Weitem flackern. Der Lehm an den Wänden fühlt sich feucht an und ich vermute, dass der Stollen, der in die Tiefe führt, noch nie einen Funken Sonnenlicht gesehen hat. Ishizu ist direkt hinter mir. Schweigend schreiten wir voran. Nach fünfzig Metern säumen Säulen aus schwarzglänzendem Obsidian den schmalen Gang und undeutlich erkenne ich eine Art Kerzenhalter an den Säulen. Odion schickt sich an, die Fackeln darin anzuzünden und gleich darauf kann ich endlich richtig sehen. Die Wände schimmern nun purpurn im Schein der Fackeln und ich erkenne Zeichnungen auf ihnen, die im traditionellen Stil der Ägypter angefertigt wurden, wahrscheinlich vor mehr als 1000 Jahren. Fasziniert muster ich die dargestellten Szenen, dann folge ich den anderen in die Halle, die sich vor uns auftut. Auch hier sind Zeichnungen an den Wänden und wieder hat Odion die vorhandenen Fackeln angezündet. Ein gigantischer Raum tut sich vor mir auf. Kaiba und Yami stehen bereits in der Mitte und auch sie blicken sich um. "Das ist das Siegel nehme ich an." höre ich Kaiba sagen und er deutet auf die Wand, die parallel zu dem Gang liegt. Yami nickt. Auch diese Wand ist bemalt, aber sie ist nicht ganz aus Felsen und Lehm. Eine riesige runde Scheibe bildet den Mittelpunkt und auf ihr sind deutlich Einkerbungen zu entdecken, die wohl für die Milleniumsgegenstände vorgesehen sind. Yami tritt langsam näher und nun sehe ich, dass er die Rollen in Händen hält. Eine davon reicht er Odion, der sie langsam und behutsam ausrollt. Marik und Ishizu beziehen derweil neben dem Pharao Position. Nur Kaiba und ich stehen abseits, aber wir werden scheinbar auch für diese Zeremonie nicht benötigt. Kaibas Blick ist ruhig und abwartend, mit einer Mischung aus Skepsis und Faszination beobachtet er wie ich das Geschehen. Eine zweite Rolle wird geöffnet und Ishizu nimmt diese entgegen. Einige Minuten verstreichen, dann tritt der Pharao zu dem Siegel und sowohl er als auch die Ägypter beginnen damit einen monotonen Singsang anzustimmen. Ich verstehe kein Wort, aber das muss ich ja auch nicht. Ich weiß nicht wie lange dieser Singsang andauert bis sich etwas tut. Die Fackeln im Raum beginnen noch unruhiger zu zucken und ich spüre einen leichten Lufthauch, der duch das Gewölbe dringt. Dann beginnen die Zeichen auf dem Kreis schwach zu leuchten und mit jeder neuen Phrase, die rezitiert wird, scheint das Leuchten zu zu nehmen bis es mich schließlich blendet und ich blinzele. Ich hebe die Hand vor die Augen und erkenne, dass Yami vorgetreten ist und auf das Siegel, nein, das Leuchten zu schreitet, doch dann muss ich die Augen schließen. Als ich sie wieder öffne, ist der Pharao verschwunden. Fragend blicke ich zu den Ägyptern, die immer noch wie Statuen an ihren Plätzen stehen. Ich wage es nicht sie anzusprechen oder an Kaiba das Wort zu richten. Keine Ahnung wie lange wir da stehen und nichts passiert. Alle starren wir wie gebannt auf das Siegel und warten. Dann nehmen die Ägypter ihren Singsang wieder auf und erneut beginnen die obskuren Zeichen zu leuchten. Wieder wird der Raum in gleißendes Licht getaucht und ich bemühe mich zwar, dieses Mal die Augen nicht zu schließen, aber dann muss ich es doch tun. Und als ich sie wieder öffne, ist Yami wieder an seinem Platz. Nur das er jetzt ein kleines Kästchen in Händen hält. Die Ägypter verstummen erst als der Pharao sich rührt. Kaibas Blick liegt genau wie meiner auf der Schatuelle und dann höre ich seine kühle Stimme neben mir fragen: "Die ganze Aktion wegen einer Schatuelle?" Er seufzt. Yami lächelt ihn an. "Abwarten, Kaiba." entgegnet Yami gelassen und Kaiba zuckt mit den Schultern. "Sind wir hier fertig?" fragt er weiter. Der Pharao nickt und Kaiba gibt nur noch ein "Hm." von sich. Ich muss zugeben, ich verstehe sein Erstaunen. Ich hätte jetzt auch mit etwas anderem gerechnet. Naja, ich weiß nicht mit was, aber ganz sicher nicht mit einer kleinen Holzkiste, aber Yami wird schon wissen, was er tut. Schweigend treten wir den Rückweg an und Odion löscht die Fackeln hinter uns. Kaiba schreitet vor mir und ich merke, dass er wieder angespannt ist. "Was denkst du?" will ich wissen, aber er antwortet mir nicht. Ich bin froh als wir wieder im Freien sind und ich bin auch erleichtert. Das Ganze ist doch besser gelaufen als erwartet. Wir haben was wir wollten und das sogar ohne weiteren Ärger. Und ich frage mich natürlich, was in dieser Kiste sein mag, doch das wird der Pharao uns sicher früh genug verraten. "Wir sollten uns beeilen." sagt Kaiba und ich nicke. Er hat Recht, je schneller wir hier weg sind, desto besser. Ich beschleunige also meinen Schritt auf das Luftschiff zu. Mokuba winkt uns und läuft uns im nächsten Moment entgegen. Tea und Tristan stehen neben Roland auf der Rampe. "Starten sie den Motor." ruft Kaiba seinem Assistenten zu und wirft dann einen Blick über die Schulter. "Beeilung!" sagt er zu Yami und den anderen gewandt. "Habt ihr was ihr wolltet?" will Mokuba wissen, der nun vor uns zum stehen kommt. Yami nickt. "Das ist echt besser gelaufen als..." will ich gerade sagen als ich das Schlagen von Flügeln vernehme und das Nächste was ich zu sehen bekomme ist eine Art Vogel der vom Himmel auf uns herabstürzt. "Was zum..." höre ich Kaiba neben mir zischen, aber er kommt nicht mehr davor seine Frage zu stellen. Ich werde zur Seite gestoßen, lande im Sand und rolle mich automatisch zur Seite ab, um wieder aufzuspringen. Dann höre ich Mokuba schreien. Eine Art Greifvogel hat ihn an der Schulter gepackt und droht nun ihn mit sich zu reißen. Kaiba umklammert seine Beine und Odion stürzt dazu, um ihm zu helfen. Aber auch beiden zusammen gelingt es nicht, Mokuba den Klauen des Vogels zu entreißen. Das Tier, sofern man es als solches bezeichnen kann, öffnet seinen Schnabel und gibt einen schrillen, durchdringenden Laut von sich. "Mokuba!" schreit Kaiba und der Kleine schreit ebenfalls. Riesige schwarze Schwingen legen sich fast über uns und mit Schrecken erkenne ich, dass der Greifvogel sich anschickt den Rückzug anzutreten, jetzt wo er seine Beute sicher hat. Ich sehe Mokubas schmerzverzerrtes Gesicht und nun schreie auch ich voller Panik auf. Zu meinem Erstaunen entfernt sich der Greif nicht weit. Er landet noch in meinem Sichtfeld wieder und lässt Mokuba wie eine Puppe auf die Erde fallen. Der Kleine scheint ohnmächtig geworden zu sein, aber das ist bei weitem nicht das, was mich am meisten erschreckt. Mit Entsetzen erkenne ich zwei nun allzu vertraute Gestalten neben dem Vogel. Dann höre ich Bakura etwas sagen und der Greif löst sich förmlich vor meinen Augen in Luft auf. Zurück bleiben Duke, Bakura und ein am Boden liegender Mokuba. Verflucht. Wir hätten uns denken können, dass so was passieren würde. Immerhin haben wir doch mit einem Angriff gerechnet, ja, ihn sogar erwartet. Wie konnten wir uns nur alle dermaßen überraschen lassen? Und nun ist natürlich offensichtlich, welche List sich Bakura ausgedacht hat. Ob Mokuba nun das bewusste Ziel des Angriffes war oder nicht. Fakt ist, dass er eine Geisel hat und ich weiß genauso gut wie die anderen wie er diese einzusetzen gedenkt. Ich sehe, dass Yami Kaiba am Arm gepackt hat und dieser ihn wütend anfunkelt. "Nicht!" hält der Pharao meinen Eisprinzen zurück und einen Moment befürchte ich, dass Kaiba Yami mit einem Schlag niederstrecken wird, doch dann nickt er und der Pharao zieht seine Hand zurück. Obgleich Bakura einige Meter entfernt ist, erkenne ich nur allzu deutlich das Grinsen auf seinem Gesicht. "Ich glaube, ich habe etwas, dass du gerne wieder haben möchtest, Pharao." bemerkt der Grauhaarige und kommt langsam näher. Duke, oder sollte ich Apophis sagen, hat Mokuba vom Boden aufgehoben und sich über die Schulter geworfen. Kaibas Körper bebt. Er hat die Hände zu Fäusten geballt und ich weiß, dass er jeden Moment die Kontrolle verlieren kann. In etwas mehr als zehn Metern Entfernung bleiben sowohl Bakura als auch Duke stehen. Mokuba rührt sich noch immer nicht. "Nun, Pharao... wie sollen wir das kleine Problem lösen?" will Bakura wissen. Sein Blick streift die Schatulle in Yamis Händen. Ich spüre wie sich mein Magen wieder zusammen zieht. Wenn wir ehrlich sind, haben wir doch keine andere Wahl als Bakura das Kästchen zu überlassen. Oder sehe ich das falsch? Noch ehe Yami etwas erwidern kann, stürzt Kaiba vor. Weder der Pharao noch ich bekommen ihn zu fassen. "Ich werde dir zeigen wie wir das Problem lösen!" höre ich ihn sagen und seine Stimme ist außer sich vor Wut. Keine Ahnung was er vorhat, aber er scheint keineswegs gewillt noch länger mit Bakura zu diskutieren. "Warte, Kaiba!" versucht Yami ihn zurück zu halten, doch dann ist es schon zu spät. Schnellen Schrittens ist Kaiba auf die Beiden anderen zugeeilt, doch dann hält er schlagartig in seiner Bewegung inne. Ein Ruck geht durch seinen Körper und ich habe das Gefühl das er erstarrt. Ein Keuchen entringt sich deutlich seiner Kehle. Ich habe kein Ahnung was passiert ist, ich sehe nur wie er sich an den Hals greift und aus dem Blickwinkel nehme ich wahr, dass Duke den Arm gehoben hat. "Nicht so eilig, junger Krieger." vernehme ich die Stimme, die vorhin schon durchs Fernsehen zu uns gesprochen hat. Die grünen Augen fixieren Kaiba und instinktiv will ich an seine Seite eilen, doch Yami packt mich unsanft am Arm. "Nicht!" ermahnt er mich, aber ich denke gar nicht daran inne zu halten. Kaiba scheint keine Luft mehr zu bekommen. Ich höre ihn keuchen, sehe wie er nach Luft ringt und wie auch immer dieser Apophis das macht, es ist eindeutig, dass er keineswegs gedenkt damit aufzuhören. "Also, Pharao?" fragt Bakura mit einer so erschreckenden Ruhe, dass ich spüre wie Wut mich übermannt. "Lass ihn los." befiehlt Yami, aber sein Gegenüber lächelt nur spöttisch und ich sehe, wie Kaibas Körper sich nun in die Luft erhebt. Es ist als würde er mit einem unsichtbaren Gegner, der ihn an der Kehle gepackt hat ringen und sich bemühen unsichtbare Hände von seinem Hals zu schütteln. "Lass ihn los." wiederholt der Pharao und Apophis in Dukes Körper erwidert ruhig. "Gib mir das Kästchen." Die Beiden funkeln sich an und ihre Blicke liefern sich ein stummes Duell, aber mich interessiert das gerade nicht. Ich sehe nur Kaibas schmerzverzerrtes Gesicht und Wut und Panik überfallen mich wie ein Schauder. Ich schüttele Yamis Griff ab und stürze ebenfalls nach vorne. Ich bin keine zwei Meter gekommen, da habe ich das Gefühl, gegen eine unsichtbare Wand zu prallen. Ich taumele einen Schritt zurück, höre Bakura spöttisch lachen und Yami, der mir irgendetwas zuruft. Kaibas Hände hängen nun schlaff neben seinem Oberkörper und er scheint ohnmächtig geworden zu sein. Und plötzlich scheint etwas in mir zu explodieren. Ich spüre wie unglaubliche Hitze mich befällt, ja, ich habe mit einem Mal das Gefühl in Flammen zu stehen und ein schmerzhaftes Stechen durchzuckt meinen ganzen Körper. Ich habe das Gefühl, dass mir jeden Moment schwarz vor Augen wird, aber nichts dergleichen passiert. Mit weit aufgerissenen Augen funkele ich Apophis an und ich weiß nicht was dann passiert oder warum es passiert, aber vor mir öffnet sich die Erde. Ja, wie aus dem Nichts scheint ein Riss durch den felsigen Boden zu gehen, Sand wird aufgewirbelt und versprerrt mir die Sicht. Nur undeutlich erkenne ich, dass sich nur ein kleines Stückchen vor mir die Erde zu teilen beginnt. Ein richtiges Loch tut sich auf und schwarzer Rauch vermischt sich mit dem wirbelnden Sand. Dann sehe ich Flammen. Sie schießen wie eine Fontäne aus dem Boden empor und ein solches Donnern durchzuckt die Stille der Wüste, dass ich befürchte taub zu werden. Und dann... dann sehe ich es. Ich brauche einen Moment, um zu begreifen was geschieht, ja, was da aus den irdischen Tiefen empor steigt und nur vage begreife ich die Form dessen was mit einem gewaltigen Sprung und einem erschütternden Aufprall direkt neben mir im Sand landet. Die Erde bebt und es reißt mir den Boden unter den Füßen weg. Ich falle nach hinten, lande schmerzhaft im Sand und halte den Atem an. Meine Gedanken haben jede Struktur verloren, aber irgendein irrwitziger Punkt in meinem Verstand erkennt mit wahnsinniger Faszination, dass Kaiba Recht hatte. Ja, ich glaube, ich lache für einen Moment sogar hysterisch auf. Dieser verdammte Kaiba hatte Recht. Neben mir steht ein Ungetüm von riesigem Ausmaß, so nah, dass ich nur die Hand ausstrecken müsste, um das Fell zu berühren, dass den massigen Körper bedeckt. Drei Köpfe befinden sich auf dem gewaltigen Rumpf. Sie ähnen dem des Hundsköpfigen. Doggenartige Züge mit schwelenden Muskelsträngen. Und Reißzähnen, die größer sind als mein ganzer Arm. Drei rot leuchtende Augenpaare funkeln Bakura und Duke an und ein Heulen entringt sich dem Kiefer des mittleren Kopfes, in das die beiden anderen Köpfe schlagartig einstimmen. Die Nüstern blähen sich schnaubend auf und ich sehe wie eine der riesigen Pranken des Ungetüms auf dem Boden zu scharren beginnt und ein schlangenartiger Schwanz schlägt ungeduldig auf den Sand nieder. Fasziniert und entsetzt zugleich mustere ich die Kreatur, mein Blick wandert über die unruhigen Kopfe, die von zichenden Schlangen umgeben sind. "Ein Kerberos." höre ich Yami rufen, was auch immer damit meint. Dunkel erinnere ich mich so einen Namen schon einmal gehört zu haben. "Allmächtiger!" höre ich Bakura erstaunt ausrufen und blicke zu ihm rüber. Der Grauhaarige ist nicht minder überrascht als ich und auch sein Gefährte starrt die Kreatur, die neben mir steht, erschrocken an. Mokubas Körper liegt nun neben ihm am Boden und Kaiba... auch er ist auf den Boden gesunken, liegt regungslos da und mein Herz hämmert immer schneller. "Du musst ihm befehlen." ruft Yami mir zu und einen aberwitzigen Moment will ich zurück schreien, wie ich das wohl bitte machen soll und was er überhaupt damit meint. Was denkt er? Dass ich eine Ahnung hätte wie ich mit diesem Ding umgehen soll? Ich realisiere doch gerade erst, dass ich es bin, der diese Kreatur gerufen hat, auch wenn ich keinen blassen Schimmer habe, wie mir dies gelungen sein soll. Doch noch während ich überlege was ich nun tun muss, vernehme ich eine ruhige Stimme in meinem Kopf und... Kapitel 56: Odyssee ------------------- "Du musst ihm befehlen." ruft Yami mir zu und einen aberwitzigen Moment will ich zurück schreien, wie ich das wohl machen soll und was er überhaupt damit meint. Ich meine, was denkt er? Dass ich eine Ahnung hätte wie ich mit diesem Ding umgehen soll? Doch noch während ich überlege was ich nun tun soll, vernehme ich eine ruhige Stimme in meinem Kopf und... Ich habe nicht die geringste Ahnung was ich da tue, es ist als würde ich einem inneren Zwang folgen. Ich rappele mich auf, stehe einige Sekunden auf wackligen Beinen da und dann wende ich mich diesem Ungetüm neben mir zu. Ich strecke meinen Arm aus, deute auf Apophis und sage schlicht: "Greif an." Mehr nicht. Für den Bruchteil einer Sekunde komme ich mir bescheuert vor und bezweifle, dass meine Worte irgendeinen Nutzen haben, doch dieser riesige Hund - oder sind es Hunde?! - setzt sich tatsächlich in Bewegung. Ja, er springt vor und ist mit einem Satz bei Bakura und Apophis, die unwillkürlich zurückweichen. Ich sehe, wie erneut der Greif erscheint, der vorhin Mokuba mit sich gezogen hat, und sich auf den Kerberos stürzt. Der Vogel heult schrecklich auf und im nächsten Moment hakt er mit seinem Schnabel auf deinen der schlangenumsäumten Hundsköpfe ein. Ich höre, dass Apophis irgendwas sagt, doch ich verstehe nicht was es ist. Fasziniert beobachte ich den Kampf zwischen dem riesigen Greifvogel und dem Kerberos. Meinem Kerberos. Ich blinzele und für einen Moment sind meine Gedanken klar. Ich realisiere, dass tatsächlich ich es war, der dieses Untier gerufen hat und der es auch zu kontrolliert. "Marik!" höre ich Yami rufen und sehe im nächsten Moment wie der Grauhaarige nach vorne stürzt und Kaiba packt. Odion tut es ihm gleich und ist mit drei, vier großen Schritten bei Mokuba. Ich atme erleichtert auf. Dann wende ich mich wieder dem Geschehen vor mir zu. Der Kerberos kämpft noch immer mit dem Vogel und schwarze Federn wirbeln durch die Luft. Bakura und Apophis sind noch weiter zurück gewichen. Dann spüre ich plötzlich Yami neben mir. "Joey!" ruft er mir zu. Ich wende ihm minimal den Kopf zu. "Shadi und ich werden gleich versuchen die Zeit für einen Moment anzuhalten." erklärt er mir und ich starre ihn fragend an. Er antwortet mir, aber unter dem Geheul des Vogels und dem Bellen des Kerberos verstehe ich ihn nicht. Nur zwei Worte dringen zu mir durch. "Bakuras Gedankenwelt." Ich nicke unsicher und glaube dem Sinn seiner Worte folgen zu können. Dann geht alles ganz schnell. Der mittlere Kopf des Kerberos hat sich im Hals des Greifs verbissen und die Reißzähne der anderen Köpfe senken sich langsam in die Brust des Vogels. Grauenvoll heult der Greif auf und schlägt wie wild mit den schwarzen Schwingen, doch vermag er es nicht sich dem Griff des Hundes zu entziehen. "Sobald der Greif vernichtet ist..." höre ich Yami rufen und nicke wieder. Scheinbar versucht er mir zu sagen, dass er in dem Moment versuchen will die Zeit einzufrieren, was auch immer dies bedeuten mag. Nun sehe ich auch Shadi neben dem Pharao und in dem Moment, in dem der Greif endgültig zu Boden geht, weiß ich was Yami gemeint hat. Mit einem Mal steht alles still. Bakura, Apophis, selbst der Kerberus rühren sich nicht mehr. Auch Marik und Odion regen sich nicht. Nur Shadi, Yami und ich scheinen von dem Phänomen ausgenommen zu sein. Ich blicke zu dem Pharao und warte darauf, dass er mir sagt, was ich nun tun soll. Wir haben das im Grunde bereits besprochen, naja, aber nur in der Theorie. "Wir können diese Barriere etwa fünfzehn Minuten aufrecht erhalten." erklärt er mir. "Ich werde dich jetzt mit Hilfe des Puzzels in Bakuras Gedankenwelt versetzen. Setz dich hin und schließ die Augen." Ich zögere, blicke zu Kaiba, den Marik auf seinen Armen trägt. "Was ist mit..." hebe ich an, doch Yami beantwortet meine Frage ohne, dass ich sie aussprechen muss. "Ich werde sie aufwecken sobald du in Bakuras Geist bist, keine Sorge, wir werde Mokuba und Kaiba versorgen." Ich nicke. "Aber fünfzehn Minuten?" werfe ich unsicher ein. Yami lächelt. "In der Gedankenwelt läuft die Zeit anders, Joey, mach dir darum keine Gedanken. Wichtig ist nur, dass du zu Ryou durchdringst und er den Fluch zurück nimmt. Du weißt was du tun musst?" Ich nicke. "Gut. Und denk daran. Bakura wird sich wahrscheinlich dagegen zu Wehr setzen und versuchen deinen Geist einzuschließen. Du darfst dich auf keinen Fall von ihm einfangen lassen. Hörst du? Egal was passiert." Er sieht mich ernst an. Ich nicke erneut. "Du schaffst das schon." Er lächelt mich an und ich spüre seine Zuversicht. Leider teile ich sie nur bedingt. "Was ist mit dem... Kerberos?" stelle ich meine letzte Frage. "Den wirst du zurückpfeifen sobald du zurück bist." erwidert er. Klar, das leuchtet ein. Ist ja auch mein... Hund. Ich seufze unwillkürlich und auch wenn augenblicklich andere Dinge Vorrang haben, muss ich daran denken, was Kaiba wohl sagen wird, wenn er hört, was sein Ba herbei gerufen hat. Oh Mann, ich sehe sein Grinsen förmlich vor mir. "Bereit?" will Yami wissen. Ich zucke mit den Schultern, nehme dann aber im Sand Platz. Wenn das nicht verrückt ist. Eben tobte hier noch ein wüster Kampf zwischen zwei mythologischen Riesenungeheuer und jetzt... Aber warum denke ich darüber nach? Nichts, absolut nichts hier ist noch normal. Und es wird auch nicht normaler werden. Gleich werde ich in Bakuras Geisterwelt sein. Oh Gott, lass es mich überleben. Ich schließe die Augen und höre Yami irgendetwas murmeln. Mein letzter Gedanke gilt Kaiba und dann scheint sich alles um mich zu drehen. Als ich die Augen wieder öffne, bin ich in irgendeinem Keller. Zumindest erscheint es mir so. Ich sehe Wände aus Stein und der muffige Geruch von alten Dingen und Staub dringt in meine Nase. Es ist dunkel und ich brauche einen Moment, um mich an die Lichtverhältnisse zu gewöhnen. Von oben fällt graues Licht in den Raum. Ich schätze, diesen Weg werde ich auch nehmen müssen. Dem Licht nach. Ich mache ein paar Schritte, der Boden ist fest, aber keineswegs ebenmäßig. Ich taste mich unbeholfen vorwärts und stelle erstaunt fest, dass ich nach einigen Schritten auf eine Art Gang stoße. Er ist aus Stein gehauen und er führt nach oben. Nach oben... Nun, das ist gut. Vorsichtig mache ich einige weiter Schritte, taste mich dabei weiter an der Wand entlang. Rohe Felsen. Ungeschliffen. Kalt. Der Boden beginnt anzusteigen. Ja, es geht eindeutig aufwärts. Mein Herz schlägt schneller und ich versuche mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Ich muss Ryou finden. Als ich das Ende des Ganges erreiche, macht meinen Herz fast einen Sprung. Endlich sehe ich wieder mehr, der düstere Gang liegt hinter mir, dafür eröffnet sich mir ein neuer. Dieser ist größter, breiter und die Wände sind aus richtig gehauenen Steinblöcken. Kerzenleuchter hängen in einigen Abständen und sanftes Kerzenlicht erhellt auch den Gang. Wie konnte mir das Licht vorhin nur als grau erscheinen? Es ist eindeutig warm und golden. Fenster gibt es keine, dafür Türen. Unwillkürlich muss ich an Kaibas Gedankenwelt denken. Die war so anders als das hier. Und obgleich mir diese hier angenehmer erscheint als das Innere eines Pcs, so war mir Kaibas Gedankenwelt schließlich erschienen, irritiert es mich doch, dass es hier so... naja, normal aussieht. Immerhin bin ich ja in Bakuras Geist. Oder ist das Ryous Teil? Komischerweise hätte ich die Atmosphäre hier eher Pegasus zugeordnet. Verrückt. Ich bin gespannt was mich hier noch erwartet. Irgendwie ist das alles... seltsam ruhig und normal. Das beunruhigt mich mehr als alles andere. Mit so was hatte ich einfach nicht gerechnet. Unsicher gehe ich den Gang entlang und frage mich gerade ob ich eine der Türen benutzen sollte, doch bevor ich eine Entscheidung treffen kann, stellt sich mir die nächste Überraschung in den Weg. Bakura. Ich schlucke und bereite mich sofort auf einen Angriff vor. Doch mein Gegenüber macht keinerlei Anstalten mich zu attakieren. Einen Moment lang sehen wir uns nur an. Sein Blick ist... seltsam. Noch seltsamer als sonst. Furchteinflössend, oh ja, spöttisch - definitiv - und... merkwürdig sanft?! Ungläubig runzele ich die Stirn. Bakura und sanft? Nun ja, irgendwie wirkt er im Ganzen anders als sonst, wobei ich nicht genau sicher bin woran ich diese Erkenntnis fest machen soll. Er wirkt... exotischer. Auf eine verstörende Art. Sein Haar gleich unberührtem Schnee auf dem der Frost bunt glitzert. Und seine Augen... Instinktiv weiche ich einen Schritt zurück. "Sieh an, sieh an... der kleine Joey Wheeler." bricht er schließlich das Schweigen und seine Stimme klingt merkwürdig zart, aber mir entgeht keineswegs der Sarkasmus, der in ihr mitschwingt. Ich atme tief durch. "Du hast dich erstaunlich gemausert..." bemert er weiter und mustert mich. "Wer hätte das gedacht?" Ich weiß nicht ob ich etwas erwidern soll. Im Grunde verspüre ich einfach nur den Wunsch, mich so weit es nur geht von ihm zu entfernen. Aber ich rühre mich nicht. Ich wüsste auch nicht wohin ich fliehen sollte. "Ich weiß was du hier möchtest..." spricht Bakura auch schon weiter und ich habe das Gefühl, dass seine Stimme mich umhüllt. Wieder antworte ich nicht. Sehe ihn einfach nur an. "Nun, ich mag dich, Joey Wheeler. Deshalb werde ich es dir leicht machen." sagt er zu meinem Erstaunen und lächelt. Meine Alarmglocken klingeln. Roter Alarm. OH JA! "Was meinst du damit?" bringe ich heiser hervor und lasse ihn keine Sekunde aus den Augen. Sein Lächeln wird zu einem Grinsen. "Nun ja... ich stelle dich vor die Wahl." erklärt er mir geduldig. Sein Blick scheint förmlich in mich zu dringen. Mein Herzschlag beschleunigt sich wieder. Verdammt, was will der Kerl? So habe ich mir die Nummer hier nun ganz und gar nicht vorgestellt, im Gegenteil. Ich hab ja mit einigem gerechnet, aber nicht damit. "Du kannst an dieser Stelle unbehelligt umkehren oder aber..." Seine Augen funkeln mich herausfordernd an. "Oder was?" frage ich automatisch nach. "Oder du kannst den schweren Weg wählen. Doch dann läufst du Gefahr, dich hier zu verlieren." antwortet er gelassen. "Denk nicht, dass es dir gelingen wird zu Ryou zu gelangen. Ich habe mir nicht all die Mühe gegeben, damit du den Fluch so einfach brechen kannst." Ich reagiere nicht. "Wenn du an dieser Stelle weiter gehen willst, nun, dann rechne damit, dass du auf ewig hier herum irren wirst... Möchtest du das, Joey?" Das Grinsen verwandelt sich schlagartig in ein sanftes Lächeln und meine Nackenhaare stellen sich auf. "Der Pharao kann dir hier nicht helfen und auch nicht dein... Liebster." Das letzte Wort betont er genüßlich und irgendetwas daran beunruhigt mich noch mehr. Das Bakura ein Psycho ist, war ja bereits klar, aber augenblicklich wirkt er noch gefährlicher und verrückter. Ich weiß selbst nicht warum, aber die Art wie er da steht und mich mustert... das macht mich einfach nervös. Ich kann sein Verhalten einfach nicht deuten. Komischerweise wäre ein direkter Angriff mir lieber. "Also?" fragt er nach kurzer Zeit. "Was gedenkst du zu tun, Joey Wheeler?" Ich kenne die Antwort, es ist die einzig mögliche, dennoch zögere ich seltsamerweise. Ich brauche einen Moment, um mich zu sammeln, doch schließlich sage ich entschieden, zumindest hoffe ich, dass es so klingt: "Ich werde weitergehen, Bakura, du wirst mich nicht aufhalten." Einige Sekunden vergehen. Er regt sich nicht. Dann nickt er langsam und schließlich höre ich ihn seufzen. Es klingt schon fast traurig, mitleidig. "Das habe ich befürchtet." erwidert er. "Sehr bedauerlich, Joey, ja, wirklich sehr bedauerlich..." Irgendwie schaffe ich es mit den Schultern zu zucken und zu grinsen. "Tja, so ist das Leben." höre ich mich selbst sagen. Und ich grinse tatsächlich. Zumindest glaube ich, dass ich das tue. "Bist du dir sicher?" fragt mich Bakura. Ich nicke. "Ganz sicher?" hakt er nach. Wieder nicke ich und er seufzt. "Wie du möchtest..." höre ich ihn sagen und seine Stimme drückt eindeutig Bedauern aus. "Wenn du den schweren Weg gehen möchtest..." Er zuckt mit den Schultern. Wieder herrscht für einen Moment Schweigen. Mir ist seltsam zumute. Das Ganze läuft anders als ich dachte und das verunsichert mich zusehenst. Ich hatte nicht damit gerechnet so früh auf Bakura zu stoßen. Ob Yami das geahnt hat? Er hatte mich gewarnt. "Nun denn, dann versuch Ryou zu finden." sagt er schließlich. "Aber pass auf, dass du dich nicht verläufst." Das Bedauern ist aus seiner Stimme verschwunden, jetzt klingt er wieder gut gelaunt, fast vergnügt. Ja, er lacht sogar und dann... dann ist er verschwunden. Noch ehe ich etwas erwidern oder fragen kann, hat er sich in Luft aufgelöst. Ich starre auf die Stelle wo er eben noch stand und muss mir auf die Unterlippe beißen. Ich habe ein Scheißgefühle. Echt jetzt. Dieser Bakura gefällt mir gar nicht und seine Ankündigung gefällt mir noch weniger. Aber habe ich denn eine Wahl? Nein. Ich muss Ryou finden. Ich werde Ryou finden. Ich straffe meine Schultern und überlege wie ich weiter vorgehen soll. _______________________________________________________ Edit: Hier beginnt nun Joeys Reise in Bakuras Gedankenwelt und soviel sei verraten, Bakura wird im nächsten Kapitel zu Hochform auflaufen. Enjoy! Kapitel 57: Sodom ----------------- Ohne weiter nachzudenken gehe ich auf die nächstliegende Tür zu. Der Raum, der sich vor mir auf tut, wirkt erschreckend normal. Zumindest auf den ersten Blick. Es sieht aus wie ganz gewöhnliches Wohnzimmer und irgendwie irritiert mich das ungemein. Herrje, ich bin in Bakuras Gedankenwelt. Warum ist hier alles so erschreckend normal? Dagegen war die von Kaiba ja echt... ähm... krank! Irgendetwas stimmt hier nicht. Ich bin mir sicher. Das kann doch nicht stimmen. Das passt einfach nicht zu Bakura! Andererseits... Was passt denn zu ihm? Was habe ich erwartet? Monster? Schatten? Ich weiß es auch nicht. Langsam trete ich in die Mitte des Zimmers. Es gibt keine zweite Tür und einzige Fenster des Raumes ist mit dicken Brettern vernagelt worden. Ich seufze. Tja, der erste Versuch war demnach für den Arsch. Es bleiben ja noch weitere Türen. Es hätte mich auch gewundert, wenn es so leicht gewesen wäre. Ich wende mich um und trete wieder auf den Flur. Einen Moment habe ich das Gefühl, Stimmen zu hören. Ich nähere mich der nächsten Tür und bin fast versucht anzuklopfen. Doch der Gedanke ist zu albern. Ich befinde mich schließlich nicht in der Wirklichkeit. An Höflichkeiten brauche ich nicht zu denken. Ich schüttele leicht den Kopf angesichts dieses absurden Gedankens. Dann drücke ich die Klinke und die Tür gibt knarrend nach. Der Raum ist so groß wie der andere, doch anders als dort liegen hier weiße Lacken über den Möbeln. Wieder mache ich ein paar Schritte in den Raum und sehe mich um. Niemand ist hier, folglich waren die Stimmen eine Einbildung. Wiederum gibt es keine andere Tür und ich schicke mich an den Raum wieder zu verlassen als ich ein Ächzen vernehme. Ich bin nicht sicher woher es kommt, aber ich habe es deutlich gehört. Ich halte in meiner Bewegung inne und lausche. Meine Anspannung wächst. Ich weiß selbst nicht warum. Wieder habe ich das Gefühl ein Geräusch zu hören und mein Blick wandert musternd durch das Zimmer. Nichts. Absolut nichts. Ich zucke mit den Schultern. Wahrscheinlich spielt meine Phantasie mir einen Streich. Kopfschüttelnd mache ich einen Schritt in Richtung Tür, die Dielen knirschen unter meinen Füßen und plötzlich steht etwas vor mir. Es steht direkt vor mir, nur wenige Meter trennen uns und mir stockt der Atem. Die Kreatur ist schrecklich. Ein solches Wesen habe ich noch nie zuvor gesehen. Ich schaudere und mache einen Schritt zurück. Das Ding ist auf gräßliche Weise verformt. So bizzar, dass es mir echt die Luft verschlägt. Es wäre leichter zu ertragen, wenn es nichts menschenähnliches an sich haben würde, aber es hat durchaus menschliche Züge, wenn man so will. Genau genommen wirkt dieses Ding wie eine entsetzliche Parodie auf die menschliche Rasse. Ich fühle wie Ekel in mir aufsteigt. Diese Kreatur... die Haut gleicht gegerbtem Leder, gelbbraun und hart und das Gesicht scheint seinen widerwärtigen Ausdruck nicht ändern zu können. Die Züge sind wie gemeißelt. Verstummte Züge, deren Anblick ich kaum ertragen kann. Ich ringe nach Luft. Schwefelgelbe Augen liegen in den tiefliegenden Löchern. Sie starren mich an. Dann setzt der verkrüppelte Körper sich in Bewegung und ich weich erneut zurück in den Raum. Die Bewegungen sind keineswegs schwerfällig wie man es vielleicht vermuten würde. Sie sind ruckartig, schnell, vollkommen unkontrolliert. Fassungslos starre ich das Wesen an, die ein röchelndes Geräusch von sich gibt - ein grauenvolles Ächzen aus einem unmöglich verformten Loch, das wohl einen Mund darstellen soll. Fuck, was mache ich jetzt? Wie komme ich hier raus? Das ist ganz sicher eine von Bakuras kranken Überraschungen. Da hier passt jedenfalls sehr viel besser zu ihm als die beschauliche Normalität des restlichen Szenarios. Ich weiche unwillkürlich weiter zurück, bis ich gegen etwas stoße. Ein dumpfes Aufschlagen verrät mir, dass ich einen Stuhl umgeworfen habe. Nur eine Sekunde lasse ich das Ding aus den Augen und sehe mich mehr automatsich im Zimmer um. Was ich sehe, lässt mir fast das Blut in den Adern gefrieren. Ein Stück hinter mir erhebt sich eine ähnlich entsetzliche Gestalt, ebenso entstellt und verformt, doch die Haut ist leichenblass und übersäht mit unzähligen herabhängenden Warzen. ich springe zur Seite. Mein Magen rebelliert und meine Blicke wandern zwischen den Dingern hin und her. Fieberhaft überlege ich wie ich aus diesem Raum gelangen soll ohne, dass mich eine dieser Kreaturen zu fassen bekommt. Ich brauche einen Moment um mein Entsetzen und den Ekel zu überwinden. Mir ist klar, dass ich handeln muss und das es eigentlich nur einen Weg gibt. Zurück zur Tür. Ich habe nur einen Versuch. Noch haben mich die Dinger nicht erreicht und ich gedenke es dabei auch zu belassen. Keine Ahnung was es für Auswirkungen hat, wenn sie mich zu fassen bekommen. Ich habe nicht vor das heraus zu finden. Ich verlagere mein Gewicht zur Seite und eine der Pranken verfehlt mich knapp. Ohne weiter darüber nachzudenken sprinnte ich los, weiche der nächsten Pranke aus und pralle unsanft gegen den Türrahmen. Die Gestalten sind echt schneller als ich dachte. Den Schmerz spüre ich kaum, dafür fühle ich den Schweiß auf meiner Stirn und wende mich um. Eine Bewegung und die Tür fällt hinter mir ächzend zu. Ich lehne mich kurz gegen das Holz und atme auf. Fuck, das hier ist echt krass. Ich komme mir vor als hätte ich gerade die Hauptrolle in "Resident Evil" ergattert. Mann, Mann. Der arme Ryou. Echt, der Kleine hat es mit Bakura mies getroffen. Dagegen hat Yugi echt mal Schwein. Es bleibt mir keine Zeit mich zu entspannen, denn eine Sekunde später höre ich wie energisch gegen das Holz geschlagen wird. Ich springe von der Tür zurück. Lange wird das Holz sie nicht aufhalten, also muss ich hier weg. Ich sprinte ein paar Meter den Gang entlang und versuche die nächste Tür zu öffnen. Sie ist offen. Ich schlüpfe hinein und atme erstmal tief durch. Dann sehe ich mich um. Dieses Mal gründlicher. "Na, Joey, wie haben dir meine Freunde gefallen?" fragt mich eine vertraute Stimme. Ich drehe mich nach links und er sieht mich mit einem entwaffnenden Lächeln an. Ich antworte nicht und er schreitet an mir vorbei zu einem kleinen Sofa. "Setz dich doch." fährt er in freundlichem Plauderton fort, der meine Geduld doch zu strapazieren beginnt. "Was soll dieser Unsinn, Bakura?" fahre ich ihn an. Die Antwort erfolgt sofort. Ganz einfach, ganz schlicht. "Ich dachte, du möchtest dich etwas ausruhen." Er nimmt auf dem Sofa Platz und blickt mich erwartungsvoll an. Sein Blick ist sanft und seine Stimme ungewohnt melodisch und irgendwie sagt mir etwas, dass es keine gute Idee ist ihm zu zu hören oder ihn anzusehen. Ein gefährliches Lächeln zuckt um seine Mundwinkel. Gefährlich und irgendwie... Schön. Scheiße, das ist vielleicht befremdlich. Schweigend blicke ich ihn an und überlege ob ich einfach gehen soll oder... Ja, oder was? Ein Gespräch mit Bakura führt jedenfalls zu nichts. Soviel steht mal fest und ich habe besseres zu tun als meine Zeit mit diesem Irren zu verplempern. Dennoch rühre ich mich nicht. Nicht einmal als er seufzt und sich wieder erhebt. Ich verspüre zwar den Impuls zurück zu weichen als er näher kommt, aber ich tue es nicht. "Dummer kleiner Joey..." höre ich ihn sagen und seine Finger streifen meine Wange. "Nicht!" presse ich hervor, rühre mich allerdings noch immer nicht und schlage auch seine Hand keineswegs weg. Warum? Es ist als wäre ich festgefroren, meine Beine wollen sich nicht in Bewegung setzen und ich kann ihn nur ansehen. Er lächelt noch immer und fast schon zärtlich streichelt er über meine Wange. Die Berührung ist erschreckend sanft und warm und auch wenn ich innerlich enormen Widerwillen verspüre, schaffe ich es nicht mich ihr zu entziehen. "Entspann dich." fordert er mich auf. Seine Stimme ist nur ein Flüstern. Ich schlucke und habe das Gefühl, dass ich den Blickkontakt jetzt unbedingt beenden muss. Diese Entwicklung hier gefällt mir gar nicht. Mein Herz schlägt auch viel zu schnell und Bakura - dieser Bakura - erscheint mir um einiges gefährlicher als der, den ich bislang kannte. Was bezweckt er mit dieser Nummer? Immernoch liebkosen seine Finger meine Wange. Ja, es ist eine Liebkosung, das sagt mir mein Verstand und ich bin verwirrt. Das passt doch gar nicht. Was soll das? Und warum wende ich mich nicht einfach ab oder haue ihm eine runter? Warum rege ich mich nicht irgendwie? Es ist als würde sich eine Art Schleier über meine Gedanken legen. Ich muss an Seto denken. Ja, ich muss an Seto denken. Und an die andern. Seto. Ich rufe mir sein Bild ins Gedächnis. Seto, der vorhin bewusstlos da lag. Setos überirdisch blaue Augen. Ich schlucke hart und weiche endlich zurück. Langsam lösen sich die hauchzarten Nebelschleier in meinem Kopf wieder auf. "Lass das." sage ich leise und wiederhole es noch einmal lauter. "Lass das!" Beim zweiten Mal klinge ich entschiedener und er sieht mich bestürzt an. Mein Herz schlägt immer noch viel zu schnell. Ich versuche noch etwas zu sagen, aber mir fehlen die Worte und es dauert einige Sekunden bis ich überhaupt etwas hervor bringe. Bakura sieht mich weiterhin an. Bis ich seinen Namen sage und mit einem Mal verändert sich eine Miene vollkommen. War sein Lächeln gerade noch sanft, fast liebevoll so macht es nun seinem typischen grausamen Grinsen Platz. "Kaiba kann dir hier nicht helfen." Noch immer klingt er ruhig, doch seine Worte treffen mich wie ein Schlag. Sein Grinsen wird breiter als er die Auswirkung seiner Aussage bemerkt. Ein spöttisches, arrogantes Grinsen. Ich erwidere nichts, sehe ihn einfach nur an und presse die Lippen fest aufeinander. Was soll ich auch sagen? Ich weiß doch nicht einmal was das Ganze hier soll. "Du wirst Ryou nicht finden." hebt er von neuem an. "Und selbst wenn..." Er zuckt gleichgültig mit den Schultern. "Denkst du ernsthaft, dass es was ändern wird?" Er klingt kalt und auch wenn sein Blick seltsamerweise nichts von dem Sanftmut verloren hat, mit dem er mich gerade noch angesehen hat, weiß ich, dass ich mich fürchten muss. Ja, ich muss auf der Hut sein. "Du wirst dich hier verlieren, mein lieber, süßer Joey." sagt er hart und unbarmherzig und mit solch einer Überzeugung, dass ich es ihm fast glaube. Aber nur fast. Ich schüttele langsam den Kopf. "Sag was du willst, Bakura, du wirst mich nicht aufhalten." erwidere ich und ignoriere die ungewöhnliche Anrede, die er gerade gebraucht hat. Er will mich doch nur verwirren. Nun, es gelingt ihm auch bis zu einem gewissen Grad. Aber ich weiß was ich zu tun habe und ich werde mein Vorhaben nicht aufgeben. Bakura seufzt und plötzlich ist er mir wieder so schrecklich nahe. Zu nahe. Das gefällt mir nicht. "Darf ich?" höre ich ihn fragen und bevor ich weiß, was er überhaupt meint, streicht er mir eine wirre blonde Strähne aus dem Gesicht. Ein kaum merklicher Schauder durchzuckt mich. Ich habe keinerlei Ahnung wie ich mit dieser Situation umgehen soll. Herrje, wie hätte man sich auch auf das hier vorbereiten wollen? Die Geste ist so sanft, ein Widerspruch zu seinem groben Grinsen, und ich hätte nie gedacht, dass er zu so etwas fähig wäre. "Bezaubernd." meint er und wieder beginnt seine Stimme mich zu umhüllen. Wie Samt. Ja, wie schwarzer Samt. Ich schlucke. Wie das vorsichtige Tasten einer weichen Katzenpfote streicht er mir erneut über die Wange und ich, Idiot rühre mich nicht. Ich stehe einfach da und lasse es geschehen. Wieder. Bin ich bescheuert? Verdammt, Joey, schlag seine Hand weg! Gebannt sehe ich in diese sonderbaren Augen, deren Farbe ich nicht eindeutig bestimmen kann, und die warmen Fingerspitzen wandern von meiner Wange zu meinem Hals. Noch immer kann ich mich ihm nicht entziehen und erschreckender Weise habe ich tatsächlich das Gefühl, dass ein Teil von mir es gar nicht möchte. Ich atme schwer und nehme wahr wie er sich langsam, wie in Zeitlupe, zu mir beugt. Wieder spielt dieses merkwürdige Lächeln um seinen Mund und seine Fingerspitzen wandern in meinen Nacken. Entsetzt erkenne ich, dass sein Mund sich meinem nähert. Kapitel 58: Hebelwirkung ------------------------ Im buchstäblich letzten Moment schaffe ich es, ihn von mir zu stoßen. Genau genommen schiebe ich ihn nur ein Stück von mir weg und weiche somit seinen Lippen aus. Meine Gedanken spielen gerade verrückt. Die Situation alleine schon ist verrückt, ich meine, ich bin hier in Bakuras Gedankenwelt, habe einen Auftrag und meine Gefühle stehen Kopf. Ich bin verwirrt und es ist als würde etwas merkwürdiges auf meinen Geist zugreifen. Einen Augenblick habe ich mich doch ernsthaft gefragt wie es sich wohl anfühlen würde, seine Lippen auf meinen zu spüren. Ob sein Kuss kühl sein würde wie seine Fingerspitzen in meinem Nacken es waren oder... Ich schüttele unwillkürlich den Kopf und versuche wieder einen klaren Gedanken zu fassen. Bakuras Lächeln ist wieder spöttischer geworden und er sieht mich amüsiert an. Das irritiert mich nach wie vor. "Was willst du von mir?" frage ich ihn. "Du stellst viele Fragen, Kleiner." bemerkt er mit sanftem Vorwurf und lehnt sich lässig an die Wand neben der Tür. "Und du beantwortest sie nie, Bakura." kontere ich umgehend. Er lacht. "Bislang habe ich doch alle deine Fragen beantwortet." Ich seufze. Er spielt mit mir, ich weiß es. Und er genießt es auch noch. Ich verschränke die Arme vor der Brust und sehe ihn entschlossen an. "Sag mir wo ich Ryou finde oder lass mich alleine weiter suchen." erkläre ich und lege alle Autorität, die ich aufzubringen vermag, in meine Stimme. Er seufzt bedauernd. "Leider ist dies die einzige Frage, die ich dir nicht beantworten kann, mein süßer Joey." Bakura lächelt mich traurig an und ich spüre fast sein Bedauern. Das ist doch verrückt! "Natürlich." erwidere ich gespielt kühl. "Das war ja klar." Ich habe auch nicht mit einer Antwort gerechnet. Verflucht, der Kerl soll verschwinden. Ich weiß nicht was das alles soll und ich will es auch keineswegs erfahren. Immer noch lächelt er mich an. "Du wirst den Weg schon selber finden müssen." teilt er mir mit und ich verspüre den Wunsch ihm eine reinzuhauen, aber ich werde mich ihm keinesfalls wieder nähern. Gerade als ich etwas erwidern will, ist er wieder verschwunden. Einfach so. Hat sich in Luft aufgelöst, aber seine Stimme höre ich immer noch und ich habe das unbestimmte Gefühl, dass ich nur knapp der Gefahr entronnen bin. Fluchtartig verlasse ich den Raum und entscheide mich dafür, mich nicht länger mit diesen Räumen aufzuhalten, sondern dem Gang zu folgen. Irgendwo muss Ryou doch sein. Vielleicht sollte ich nach ihm rufen? Ohne noch länger darüber nachzudenken, tue ich das auch. Ich rufe seinen Namen und hoffe auf ein Zeichen, bete dafür. Aber nichts. Kein Ton. Habe ich wirklich gedacht, dass es so leicht sein würde? Verdammt, Ryou, wo steckst du? Immernoch folge ich dem Gang und er scheint nach oben zu führen. Ich laufe unbeirrt weiter und erst ein unbestimmbares Geräusch lässt mich inne halten. Ich lausche und es klingt wie das Schlagen von Flügeln. Irritiert sehe ich mich um. Es hört sich an als käme ein ganzer Schwarm Vögel auf mich zu. Ich zucke ein wenig zurück und dann sind sie auch schon da. Sie scheinen von überall zu kommen und es ist unmöglich, ihnen auszuweichen. Und es sind keineswegs Vögel. Alles scheint schwarz zu werden und die zahlreichen kleinen Körper verdunkeln mir die Sicht. Es geht so schnell, dass ich nicht weiß wie ich reagieren soll. Einen Moment noch beobachte ich fasziniert das Geschehen, dann bin ich buchstäblich umzingelt und rote Augen werden auf mich gerichtet. Unzählig rote Augen. Gierig, hungrig. Ich weiß, dass ich weglaufen muss, aber wohin? Zurück? Nachvorne? Ich wirbele herum und renne einfach los, weiter den Gang entlang, und sehe mich dabei hilfesuchend um. Die nächstmögliche Tür reiße ich auf und springe in das Zimmer, doch es gelingt mir nicht mehr, die Tür hinter mir zu schließen. Ich finde mich in einer Halle wieder. Ein Raum von unermesslicher Größe und noch während ich die Wände absuche, laufe ich weiter. Flügel schlagen mir ins Gesicht und ich schlage wild um mich, um diese Biester zu vertreiben. Ich spüre wie kleine Krallen sich wie Nadelstiche in meine Schultern bohren und bemühe mich diese merkwürdigen Tiere abzuschütteln, aber sie scheinen keineswegs gewillt, von mir abzulassen. Das schrille Piepen schmerzt in meinen Ohren und fieberhaft suche ich in dem riesigen Raum nach einem Versteck. Weitere Krallen verfangen sich in meinem Haar, ich höre mich aufschreien und als ich die Arme hebe, um ein Ungetüm von meinem Kopf zu vertreiben, beißt ein weiteres unbarmherzig in meinen Arm. Kleine, spitze Zähne graben sich in meinen Unterarm, reißen an meinem Shirt und tausend Nadelstiche durchzucken meinen Körper. Ich verspüre unendliche Erleichterung als ich endlich eine Treppe erkenne. Erst halte ich sie für eine Fata Morgana, aber beim Näherkommen realisiere ich, dass sie tatsächlich da ist. Ich nehme zwei Stufen auf einmal und haste hinauf, meine Verfolger immer noch dicht auf meinen Fersen und teilweise sogar nach wie vor auf mir. Ich schüttele mich, schlage um mich und bekomme auch ein, zwei zu fassen und schleudere sie blindlings in irgendeine Richtung. Mein Puls rast und ich atme viel zu schnell, Schweißperlen laufen mir über die Stirn ins Gesicht. Dann die Rettung... Eine Nische, ein Spalt im Mauerwerk. Ich hoffe, dass er groß genug ist, um mich hinein zu zwängen. Ich fege weitere Biester zur Seite und versuche es einfach. Ich springe los und haste in den kleinen Spalt. Meine Arme streifen schmerzhaft die ungeschliffenen Steine und ich schreie erneut auf. Natürlich versuchen diese Minidämonen mir zu folgen. Einige prallen gegen die Mauer, andere muss ich mit energischen Fußtritten abwehren. Meine Arme tun weh und dünne, rote Rinnsäle laufen mir über die Hände. Aber der Schmerz spielt keine Rolle. Wichtig ist nur, dass diese Biester nicht in die kleine Höhle gelangen in der ich mich nun befinde. Sie versuchen es tatsächlich immer wieder. Hilflos sehe ich mich in meinem Versteck um und tatsächlich, ein weiteres Loch tut sich vor mir auf, gerade groß genug, um hineinzukriechen. Ich fackele nicht lange und begebe mich auf alle viere. Wo auch immer der Tunnel hinführen mag, er führt erst einmal weg von diesen Kreaturen und das ist gut. Vorsichtig robbe ich also voran, meine Hände tasten sich über kühlen Felsboden und der Schmerz nimmt zu. Ich versuche ihn auszublenden, doch erst als das Piepen hinter mir leiser wird, kann ich mich ein wenig entspannen. Leider sehe ich keineswegs wohin ich krieche und an umkehren ist ohnehin nicht zu denken, da ich mich in diesem engen Gewölbe nicht zu drehen vermag. Mühsam schleppe ich mich voran und versuche verzweifelt irgendwas vor mir in der Dunkelheit zu erspähen, als ich glaube, einen schwachen Lichtschein wahrzunehmen. Ich weiß nicht ob ich ihn mir einbilde oder er tatsächlich da ist, aber ich beschleunige instinktiv mein Tempo und je näher ich der vermeintlichen Quelle komme, umso sicherer werde ich, dass sie real ist. Allem Anschein nach dringt das Licht aus einem weiteren Raum, der am ende des Ganges wartet. Mein Herz schlägt immer noch viel zu schnell und wir durch die Anstrengung auch keineswegs langsamer, aber die Panik ist von mir abgefallen und als ich das Ende des Tunnels erreicht habe, verspüre ich erst einmal Erleichterung. Alleine schon darüber, dass ich mich endlich wieder aufrichten kann. Wieder befinde ich mich in einer Halle und sie ist kaum merklich heller als der Gang, doch von einem bestimmten Punkt strahlt mir ein schwaches Licht entgegen und genau auf dieses bewege ich mich instinktiv zu. Je näher ich komme, desto heller wird es und ich verspüre auch eine merkwürdige wärme, die davon auszugehen scheint. Ja, bei jedem Schritt auf das Licht zu wird mir wärmer. Einen Moment ermahne ich mich selbst, vorsichtig zu sein und nichts zu überstürzen, doch dann mache ich eine Entdeckung, die mich alle Vorsicht vergessen lässt. Ich blinzele ungläubig und stürze im nächsten Moment los. "Ryou!" rufe ich glücklich und erleichtert zugleich und im gleichen Augenblick weiten sich meine Augen entsetzt. Vor mir kauert die abgemagerte Gestalt von Ryou in einer Art Käfig und blickt mich mit traurigen Augen an. Von ihm geht das schwache Licht aus und er ist die warme Quelle in diesem Raum, aber wenn man ihn so betrachtet, dann jagt es einem einen Schauder über den Rücken. Unwillkürlich knie ich nieder und berühre den Käfig. "Ryou." wiederhole ich seinen Namen und sehe wie sich seine Züge etwas erhellen. "Joey." höre ich ihn flüstern und die zerbrechliche Stimme lässt mir fast das Blut in den Ader gefrieren. Dass der Arme keineswegs gut dran sein würde, war klar, aber das was ich sehe, dieses kleine Häufchen Elend vor mir, Gott, dass ist echt mal hart. Ich weiß gar nicht was ich sagen soll. "Du solltest nicht hier sein." haucht Ryou mir zu und ich grinse unsicher. Ich wäre auch liebend gerne wo anders. "Ich hol dich hier raus, Kumpel!" sage ich nur und mache mich an den Gitterstäben zu schaffen. Er schüttelt traurig den Kopf. "Zwecklos." höre ich ihn murmeln, aber ich rüttele weiter an den Stäben. Irgendwie werde ich sie schon auf bekommen, ich muss. Immerhin bin ich doch hier, um ihn zu befreien. Naja... Yami hat zwar gesagt, dass es mir keinesfalls möglich sein würde, Ryou und Bakura zu verschmelzen, aber ich kann ihn doch nicht da drin lassen und überhaupt... "Ich hol dich hier raus." sage ich wieder und zerre wie ein Irrer an den Stäben. "Joey..." höre ich ihn wieder kläglich flüstern. Dieser verdammte Bakura! Dagegen war Seth mit Kaiba ja echt human umgegangen als er ihn eingefroren hat. Das hier ist... Verflucht, ich muss dieses Ding aufbekommen. Ich muss. Ich muss. "Es hat doch Zweck." sagt er als könne er meine Gedanken lesen und für einen Moment legt er seine kalte Hand auf meine. Ich zucke unwillkürlich zusammen. "Du kannst mir nicht helfen." Es klingt so traurig, so resignierend, dass es mir einen Stich versetzt. Ich schüttele energisch den Kopf. "Joey Wheeler gibt nicht auf." presse ich hervor und rüttele unbeirrt weiter. Er muss hier raus, wenn er mir helfen soll. Also muss ich erst ihm helfen. Logisch, oder? Und Yami hat gesagt, dass ich es schaffen kann, folglich werde ich es auch schaffen. Wo bitte sind meine tollen Kräfte, wenn ich sie mal brauche? Echt... jetzt könnte ich sie wirklich gut gebrauchen. Ich stöhne auf und halte für einen Moment inne, um zu überlegen. Ryou sieht mich noch immer an. "Ich muss dich hier rausholen." erkläre ich ihm. Er nickt. "Ich weiß." Schlagartig erinnere ich mich daran, dass er vermutlich genau weiß, was gerade abgeht. Er weiß, was draußen geschieht, was Bakura so tut und... er weiß auch von dem Fluch. Wieder nickt er und scheinbar kann er tatsächlich meine Gedanken lesen. "Ich würde dir gerne helfen, Joey, aber..." Er seufzt und ich mache mich wieder an dem Käfig zu schaffen. Ich taste die Stäbe ab, sehe mich um ob es irgendeine Möglichkeit gibt ihn zu öffnen und schließlich kommt mir eine Idee. Ich knie mich wieder hin und lege beide Hände auf eine der oberen Stangen. Dann schließe ich die Augen. Ich denke daran, wie Yami Kaiba erkärt hat, wie er mit seinem Element umgehen soll. Vielleicht kann ich auch so was. Ich meine, ich bin doch ein Ba und ich habe vorhin einen Höllenhund gerufen, den Höllenhund. Vielleicht kann ich auch irgendwie ein Element kontrollieren? Einen Versuch ist es jedenfalls wert. Also konzentriere ich mich. Dabei hab ich nicht einmal eine Ahnung, was mein Element sein könnte. "Was tust du da?" höre ich Ryou unsicher fragen. Ich antworte nicht. Ich konzentriere mich nur und bemühe mich alles andere auszublenden. Aber nichts. Nichts scheint sich zu tun. Ich seufze, lasse die Augen aber geschlossen. Verdammt, Joey, denk nach. Yami hat gesagt... Hm. Dass ich meine Kräfte dann aktivieren kann, wenn Kaiba in Gefahr ist. Gut, das habe ich. Also sind meine Kräfte aktiv. Wenn ich mir vorstelle... Ja, vielleicht funktioniert das ja. So wie beim Hulk. Ich muss mir vorstellen, dass Kaiba in Gefahr ist und dann müsste doch was passieren. Ok, die Idee ist ziemlich behämmert, aber nicht gänzlich unlogisch, oder? Zudem fällt mir nichts besseres ein. Also versuche ich mich darauf zu konzentrieren. Auf die Konsequenzen, wenn ich hier versage. Darauf, dass Kaiba etwas unüberlegtes tun könnte. Ich denke an die Szene vorhin als Apophis Kaiba angegriffen hat. Ob es ihm inzwischen wieder gut geht? Dieser verfluchte Apophis hat ihn fast erwürgt! Unwillkürlich spüre ich wie ich wütend werde. Diese verdammten Psychos. Erst Mokuba anzugreifen und dann Kaiba und... Ich spüre wie sich die Wut in mir ausdehnt und mir warm wird. Fast habe ich den Eindruck, dass man meine Füße ankokelt. Zumindest durchzuckt mich unglaubliche Wärme. Sie steigt von meinen Zehen auf und wandert durch meinen ganzen Körper. Ein krasses Gefühl und ich schätze, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Und als sich die Gitterstäbe unter meinen Händen zu verformen beginnen, weiß ich es sogar. Ich grinse Ryou an, der mich erstaunt ansieht. Gut, ich bin vielleicht nicht Hulk, aber ich scheine eindeutig ein Element beherrschen zu können. Feuer - na, wenn das nicht passend ist? Kapitel 59: Offerte ------------------- Joey Wheeler hat es mal wieder geschafft! Der mächtige Beherrscher des Feuers hat zugeschlagen. Strike! Noch während ich ziemlich bescheuert grinse, kriecht Ryou aus dem Käfig und sieht mich erstaunt an. "Ich wusste gar nicht, dass du..." Er spricht nicht weiter, sieht mich nur staunend an. Ich grinse noch immer, ich kann scheinbar momentan auch nicht damit aufhören. Mir ist schon klar, wie dämlich das ist, aber hey, man entdeckt ja nicht täglich, dass man... Egal. Zurück zum Wesentlichen. "Du weißt, dass ich deine Hilfe brauche, Ryou?" Er nickt. "Der Fluch." sagt er traurig. Na, gut dass er schon mal davon weiß. Jetzt muss ich ihm nur noch erklären, was er tun muss. "Um den Fluch zurück zu nehmen, muss ich die Kontrolle über meinen Körper zurück erhalten." höre ich ihn sagen. Ähm ja, genau das wollte ich gerade vorschlagen. Ich nicke. "Bakura wird das nicht zulassen, Joey... und ich komme nicht gegen ihn an." Das weiß ich. Der Pharao hat mir diesen Punkt bereits erklärt. Und ich weiß auch, was ich zu tun habe. "Ich werde Bakura ablenken und versuchen dir genug Zeit zu verschaffen, um die Kontrolle zu übernehmen." sage ich entschlossen. Ryou nickt, doch sein Blick bleibt skeptisch. Wahrscheinlich denkt er, dass ich keinen Plan hätte. Tja, da hat er sich geirrt. Naja, also einen wirklichen Plan habe ich auch nicht, aber ich werde schon einen Weg finden, Bakuras Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Immerhin hab ich das sogar bei Kaiba geschafft! Und der ist ein echt harter Brocken. Dagegen ist Bakura... "Ich werde schon einen Weg finden, Ryou." versichere ich ihm. Ryou nickt. "Wir sollten uns jetzt trennen. Meine Präsenz ist augenblicklich so schwach, dass Bakura noch nicht realisieren wird, dass ich frei bin. Das verschafft dir einen Vorteil, Joey. Du musst nach Bakura suchen und seine volle Aufmerksamkeit auf dich ziehen. Ich werde spüren, wenn er einen Moment unaufmerksam ist und dann..." Er spricht nicht weiter, aber das ist auch nicht nötig. Ich nicke, auch wenn ich ihn augenblicklich ungern allein lassen würde. Aber ich kann ihm ohnehin nicht weiterhelfen. Sobald ich verschwunden bin, wird Bakura ihn wieder in diesen Käfig sperren oder gar schlimmeres mit ihm tun. Ich darf gar nicht daran denken. "Du musst aufpassen, Joey. Bakura ist hier in zu allem fähig und er wird alles daran setzen, dass du dich hier verlierst." meint Ryou ernst. Ich sehe ihn fragend an. Ich verstehe nicht, was er mir damit sagen will. Ich weiß schließlich, dass Bakura gefährlich ist. "Er wird es mit List und Tücke versuchen." spricht Ryou auch schon weiter. "Und du musst aufpassen, dass du nicht vergisst! Hörst du? Das ist sehr wichtig." Sein Blick ist ernst. "Wieso sollte ich vergessen?" frage ich verständnislos. Er seufzt. "Wenn es ihm gelingen sollte, dass du deine Mission, deine Freunde, alles vergisst, dann kann er deinen Geist hier einschließen, genau wie er es mit mir getan hat." erklärt er mir weiter und ich verstehe nur Bahnhof. Denkt er echt ich wäre so dämlich das Wesentliche aus den Augen zu verlieren? Ich weiß doch warum ich hier bin und wie sollte ich mich auch selbst vergessen? Aber er gibt mir keine weitere Erklärung, sondern sagt nur: "Wir müssen uns beeilen, Joey." Ich nicke, rühre mich aber nicht. Ich weiß natürlich, dass ich mich wieder meiner Aufgabe zuwenden muss, aber ihn zurück zulassen... "Ryuo." Ich sehe ihn traurig an. Er lächelt. "Mach dir keine Sorgen, Joey. Wenn Yami und Kaiba die Schlacht gewonnen haben, bin ich wieder frei... Ich muss mich nur noch ein wenig gedulden." erklärt er und ich weiß, dass er Recht hat. Trotzdem widerstrebt es mir jetzt einfach zu gehen. Er scheint mir meine Unschlüssigkeit anzumerken, denn wortlos legt er die Arme um mich und drückt mir kurz an sich. "Es wird alles gut werden, Joey." höre ich ihn leise sagen. Ich nicke automatisch. "Ich sorge dafür, Ryou!" verspreche ich ihm und als wir uns von einander lösen, wenden wir uns beide den Rücken zu und jeder geht seines Weges. Noch fünf Tage. Er muss nur noch fünf Tage durchstehen. Das sage ich mir immer wieder während ich mich in der Halle umblicke und beschließe mich zu der großen Eichenholztür zu gehen, die ich an einer Seite des Raumes erkenne. Ein Weg ist so gut wie der andere und momentan hätte ich echt nichts dagegen, wenn Bakura wieder wie aus dem Nichts auftauchen würde. Aber so viel Glück werde ich wohl nicht haben. Als ich die Tür aufstoße, weiten sich meine Augen. Vor mir tut sich ein schier unendliches Labyrinth an Stufen auf. Ein furchteinflüssendes, abstraktes Gebilde. Nun, das sieht nun schon mehr nach Bakuras Gedankenwelt aus. Doch das beruhigt mich natürlich keineswegs. Im Gegenteil. Einen Moment frage ich mich ob ich nicht einfach nach ihm rufen sollte. Aber ich entscheide mich dagegen und setze mich in Bewegung. Welchen Weg ich wähle ist wohl egal. Ich hoffe nur, dass Bakura, wenn ich ihn denn endlich finde, nicht mehr so merkwürdig ist wie bei unseren zuvorigen Begegnungen. Das hat mich doch mehr verwirrt als ich dachte. Ich meine, ich hätte den Typen fast geküsst! Bakura! Das ist doch unfassbar! Und er wollte mich küssen. Warum auch immer. Ich verstehe das Ganze noch immer nicht. Was wollte er damit bezwecken? Welchen Grund könnte er haben mich küssen zu wollen? Irgendwie gefällt mir das nicht. Und meine eigene Reaktion hat mir auch nicht gefallen. Ob ich Kaiba davon erzählen soll? Es ist ja nichts passiert oder so, aber... Unsinn, Joey! Hör auf darüber nachzudenken. Bakura will mich doch nur verwirren. "Du hast dich gut geschlagen bislang, mein lieber Joey!" Bakura! Ich zucke unwillkürlich zusammen und wirbele herum. Da steht er wieder und lächelt. Wieder klingt seine Stimme so... Ich mag das nicht. Es gefällt mir ganz und gar nicht, wenn er so klingt! Seine Worte versuchen wieder mich einzuhüllen, wie sanfte Musik. Ich mustere ihn vorsichtig. Sein Haar scheint noch weißer geworden zu sein. und es funkelt in allen Farben des Regenbogens, wenn er den Kopf bewegt. Seine Züge erscheinen nicht länger nur hart und markant, eine merkwürdige Sanftheit ist deutlich zu erkennen, die an Ryou erinnert. Und sein Mund... Ich schlucke. Sein Blick hält mich wieder fest und fixiert mich, wenn auch keineswegs auf bedrohliche Art und Weise. Trotzdem ist es schwer seinem Blick Stand zu halten. Seine Ausstrahlung hier in der Gedankenwelt ist einfach unbeschreiblich. Mir ist seltsam zumute. Weil mein Gefühl gerade zwischen Entsetzen und Faszination schwankt. "Du musst keine Angst vor mir haben, Joey." höre ich ihn milde sagen. "Ich tue dir doch nichts." Als ob ich ihm das glauben würde! Da kann er noch so harmlos aussehen. Ich weiß doch wer er ist. Aber immerhin ist es schon mal gut, dass er da ist. Wenigstes etwas. Jetzt muss ich mir nur noch was einfallen lassen, um ihn richtig zu überrumpeln. Denk nach, Joey! Denk nach! Verflixt, warum kommt er schon wieder näher! Muss das sein? "Ähm..." Mann, warum sage ich nicht, dass er Abstand halten soll? Und warum grinst er mich so amüsiert an? Fuck, das ist Bakura, der Feind, mächtig fieser Kerl! Mach was, sag was! Vielleicht sollte ich ihm eine runterhauen? "Deine Kräfte haben mich doch sehr überrascht..." sagt er leise und betrachet mich weiterhin intensiv. "Und das du Kaibas Ba bist... Welch eine Verschwendung!" Bakura seufzt und schickt sich an im Kreis, um mich herum zu schreiten. Ich weiß echt nicht was ich davon halten soll. Und warum Verschwendung? Fuck, ich bin derjenige, der hier überrumpelt wird, aber so was von. "Ja, was für eine Verschwendung..." höre ich ihn noch einmal sagen und nun steht er an meiner Seite und blickt mir so tief in die Augen, dass ich das Gefühl habe, er könnte bis auf den Grund meiner Seele blicken. "Bakura..." hebe ich an und meine Stimme klingt gar nicht nach mir. Sie ist leise, fast tonlos und unendlich unsicher. Er lächelt sanft, aber die Gefahr, die diese Sanftheit birgt, kenne ich inzwischen. Er ist in der Lage ein Netz aus Schatten mit seinen Worten zu weben, um mich in Sicherheit zu wiegen. Ich wünschte nur, ich wüsste, was ich tun soll. Soll ich ihm eine reinhauen? Könnte ich es überhaupt? "Was willst du von mir?" Das ist das Einzige wozu ich gerade fähig bin. "Ist das nicht offensichtlich?" fragt er und blickt mich nachsichtig an. Hm? Ich habe nicht die leiseste Ahnung was er damit meinen könnte. Hier ist gar nichts offensichtlich. Mal abgesehen davon, dass er ziemlich neben der Spur zu sein scheint, also ganz und gar nicht der Bakura ist, den ich kenne. Sein Gesicht ist meinem wieder viel zu nahe und ich stehe einfach nur da. Dieser Blick... Ich schließe unwillkürlich die Augen. Als ich sie wieder öffne, hat der Raum sich verändert. Nicht länger bin ich in diesem furchteinflössenden Gebilde aus Stufen, em Labyrinth aus Treppen. Ich stehe jetzt in einer wunderschönen Halle aus schwarzme Mamor und sanftes Kerzenliche erhellt dern Raum. Ich sehe mich ungläubig um und glaube leise Musik zu hören. Irgendein Klavierstück. Kaiba würde sicher wissen von wem es ist. Ich glaube, er hat es mir einmal vorgespielt. Die Melodie ist einzigartig, sanft und leidenschaftlich zu gleich. Ja, es ist das Stück, dass Kaiba gespielt hat. Verwundert sehe ich mich weiter um und für einen Moment vergesse ich meine Sorgen, auch meine Angst und sogar meine Mission. Ich drehe mich wie ein Kind in einem Spielzeuggeschäft und die Musik... Es scheint nur diese Musik zu geben. Ich spüre wie sie mich umhüllt. "Darf ich bitten?" höre ich seine Stimme hinter mir und drehe mich langsam zu ihm um. Er reicht mir seine Hand. Fragend blicke ich ihn an. Er hat sich verändert. Seine Kleidung ist eine andere als zuvor. Er trägt jetzt Rüschenhemd und Wams wie diese ollen Kerle in diesen alten Filmen. Es steht ihm. Er wirkt sogar recht elegant. Ich glaube, dass ich nicke, bin mir aber nicht sicher, doch als er meine Hand ergreift, weiß ich, dass ich es getan habe. Er zieht mich ein Stück zu sich und ich lasse es geschehen. Sanft legt er seinen Arm um meine Taille und einen Moment später führt er mich im Takt der Musik. Ich weiß gar nicht was das soll. Herrje, was tue ich hier? Ich meine, ich tanze hier mit Bakura! Das glaubt mir keine Sau! Echt jetzt! Wenn ich zurück komme und das erzähle... Komischerweise genieße ich es sogar irgendwie. Ich weiß nicht warum, vielleicht liegt es an der Musik, keine Ahnung. Irgendwie gibt es gerade nur diese Melodie und ich habe das Gefühl, dass meine Gedankengänge immer langsamer werden. Plötzlich fühle ich seine Lippen auf meinem Haar und zucke leicht zusammen. Die Berührung ist warm und sanft und ich frage mich wieder, wie er nur so sanft sein kann. Einen Augenblick später fixieren mich wieder seine Augen. Mein Herz schlägt wieder schneller. Noch immer drehen wir uns im Takt der Musik. "Kleiner Joey Wheeler." flüstert er und ich schlucke. Ich muss mich aus dieser Umarmung befreien. Ich weiß, dass ich das tun sollte, also warum mache ich keine Anstalten es zu tun? Warum starre ich gerade auf seinen Mund und warum ist er mir wieder so nah? "Aufhören." keuche ich schließlich. Zumindest glaube ich, dass tue. Ich entziehe meine Hand seinem Griff und trete einen Schritt zurück. "Aufhören." sage ich noch einmal und schüttele leicht den Kopf. "Ich weiß nicht was das werden soll, aber..." Ich beende den Satz nicht, denn sein Blick lässt mich augenblicklich verstummen. Ich weiß nicht genau was ich in seinen Augen sehe, aber es macht mir Angst. Bakrua wirkt vollkommen ruhig und gelassen und doch erscheint er mir gefährlicher als je zuvor. Und dann seufzt er. "Schade, ich habe das gerade sehr genossen." sagt er mit einer Spur von Bedauern, das ich auch in seinem Gesicht zu erkennen glaube. Warum? "Du bist wirklich entzückend." spricht er weiter und grinst mich jetzt anzüglich an. "Ich kann verstehen was Kaiba an dir findet." Oh Mann, ich verstehe gar nichts mehr. Flirtet der hier mit mir? Echt jetzt! Tut er das? Also, ich bin sicher kein Experte, aber das stinkt doch geradezu danach. Doch das kann nicht sein, oder? Ich meine, er kann doch nicht... also, ernsthaft... und warum auch... "Nun gut." sagt er einen Moment später und die Sanftheit fällt von ihm ab. Ja, auch die Musik hat aufgehört zu spielen und ich weiß, dass ich mich in Acht nehmen sollte. Das kann nichts gutes verheißen. "Lassen wir die Spielchen." Ich nicke. Ganz meine Meinung. Ich habe auch keinen Bock darauf. "Ich mache dir ein Angebot." "Ach ja?" Skeptisch behalte ich ihn im Auge und überlege fieberhaft wie und womit ich ihn überrumpeln könnte. "Ein Kuss und ich sorge dafür, dass der Fluch von dir genommen wird." höre ich ihn sagen und bin mir nicht sicher ob ich richtig verstanden habe. "Ja, ich lasse dich sogar unbehelligt ziehen. Was hältst du davon, Joey?" Was ich davon halte? Es klingt nach ner miesen Nummer. Das kann er doch nicht ernst meinen, oder? So leicht wird er es mir doch nicht machen. Warum auch? Bislang hält er doch die Zügel in der Hand und... Ich lege den Kopf schief und wiederhole unsicher: "Ein Kuss?" Er nickt. "Ein Kuss." Scheinbar drückt mein Blick meine Skepsis aus. Er lacht nämlich. "Keine Tricks, keine Hintergedanken... du gibst mir einen Kuss und ich gebe dir was du willst." wiederholt er sein unglaubliches Angebot. Wo ist der Haken? "Was zögerst du oder kostet es dich solche Überwindung? Ist es nicht ein geringer Preis, den ich verlange? Also, ich glaube mein Angebot ist mehr als fair." fragt er amüsiert über mein sichtlich schockiertes Gesicht. "Dein Setolein muss es auch nie erfahren..." Ich schlucke. Kapitel 60: Etappensieg ----------------------- "Was zögerst du oder kostet es dich solche Überwindung? Ist es nicht ein geringer Preis, den ich verlange? Nun, wahrscheinlich ist es ein geringer Preis, wenn man es realistisch betrachtet, aber es ist Bakura, der mir dieses Angebot macht und naja, es schmeckt mir nicht. Die Überwindung wäre das geringste Problem, obwohl ich auch nicht wirklich scharf darauf bin, ihn zu küssen. "Dein Setolein muss es auch nie erfahren..." Setolein würde sicher ausrasten, wenn er wüsste, dass Bakura ihn so nennt. Und was das nie erfahren anbelangt... Ok, da mag ja was dran sein, Kaiba würde es nie erfahren, wenn weder Bakura noch ich etwas sagen, aber ich würde es doch wissen, oder? Und auf Bakuras Wort würde mich auch nicht verlassen. Aber hey, was denke ich denn da? Ich kann doch nicht ernsthaft darüber nachdenken ob ich Bakura küssen soll. Das ist doch schließlich verrückt. Fuck, wenn ich nur wüsste, was er damit bezweckt! Ich meine, er kann dieses Angebot doch nicht wirklich ernst meinen, oder? Das passt doch gar nicht! Unwillkürlich fallen mir Ryou´s Wort ein: "Du musst aufpassen, Joey. Bakura ist hier in zu allem fähig und er wird alles daran setzen, dass du dich hier verlierst." Er hat mich gewarnt und ich bin sicher, dass er Recht hat. Bakura ist zu allem fähig und ich bin ja auch in seiner Gedankenwelt, auch wenn ich nach wie vor nicht genau weiß, was Ryou mit "mich verlieren" gemeint hat. Und wenn ich doch nur wüsst, wie ich Bakura ablenken könnte. Hier raus zukommen erscheint mir augenblicklich mein geringstes Problem, immerhin hat Yami gesagt, dass ich nur intensiv an ihn denken müsse, dann würde er mich rausholen. Sofern ich noch in der Lage bin das zu tun. Plötzlich habe ich das Gefühl, dass der Groschen bei mir fällt. Wenn ich Ryou´s Worte richtig deute ebenso wie Bakuras absonderliches Verhalten, dann kann dieses Angebot, nur einem Ziel dienen. Das heißt, wenn ich Bakura küsse, dann werde ich mich höchst wahrscheinlich hier verlieren. Ja, so muss es sein. Deshalb drängt er auch so darauf und deshalb erscheint er mir auch so... so verstörend anders. Er will, dass ich es tue, denn dieser Kuss wird die gegenteilige Wirkung haben. Tja, aber das bringt mich nur unwesentlich weiter. Ich meine, ich wollte ihn ohnehin nicht küssen. Bleibt nach wie vor die Frage, wie ich ihn ablenken soll. Bakura sieht mich weiterhin scheinbar geduldig wartend an. Er hat in der Tat eine verstörende Ausstrahlung so wie er mir hier erscheint. Dieser exotische Flair umgibt ihn noch immer und diese Augen... Ich muss mich wirklich zusammen reißen, um nicht darin zu versinken. Denn genau das will er ja. Er versucht mich mit einem Netz aus Sanftheit und trügerischer Nachsicht zu fangen. Denk nach, Joey. Denk nach. Was soll ich nur machen? "Also?" fragt mein Gegenüber nach. Ich zögere noch immer, hoffentlich weiß er nicht, dass ich seinen Plan durchschaut habe. Zumindest ist er augenblicklich ganz auf mich konzentriert, das verschafft wenigstens Ryou Zeit sein Vorhaben in die Tag umzusetzen. Ich atme tief durch und nicke schließlich. Bakuras Lächeln wird breiter. "Freut mich, dass du so einsichtig bist, mein lieber Joey." höre ich ihn sagen. "Schließlich wünsche ich dir auch nichts böses und ich wäre wirklich betrübt, wenn dir etwas zustoßen würde." Ich nicke nur und bemühe mich dabei seinem Blick so gut es geht auszuweichen. Keine Ahnung ob das was ich jetzt vorhabe funktionieren wird, wahrscheinlich habe ich nur diesen einen Versuch. Ryou ist frei und wenn ich ihm einen Moment verschaffe, in dem er die Kontrolle übernehmen kann, dann ist meine Mission hier abgeschlossen. Ich muss also alles auf eine Karte setzen. Ich habe doch ohnehin keine andere Wahl, also? Als Bakura einen Schritt auf mich zu macht, muss ich tatsächlich an mir halten, um nicht automatisch zurück zu weichen. "Ich habe mich schon immer gefragt, wie es wohl wäre dich zu küssen..." höre ich ihn flüstern und schlucke nervös. Ich erwidere nichts. Ob er die Wahrheit sagt oder das Teil des Spiels ist? Hm. Ich weiß es nicht, ich will es auch nicht wissen. Ich weiß nur, dass ich ihn auf keinen Fall küssen darf, egal wie sehr er versucht mich dahin gehend zu beeinflussen und ich spüre, dass er das wieder tut. Seine Augen haben wieder diesen seltsamen Ausdruck angenommen und Scheiße, ich fühle mich schon wieder das Kaninchen vor der Schlange. Ich muss mich einfach auf was anders konzentrieren. Ja, das ist gut. Denk an Seto, Joey. Das hat schon einmal funktioniert. Also versuche ich meine Gedanken zu ihm zu lenken, Kaiba zu fokusieren. Es gelingt mir, wenn auch nicht so, dass mich Bakuras Gegenwart nicht mehr irritieren würde. Sein Gesicht ist meinem jetzt wieder so erschreckend nahe, ich fühle seinen warmen Atem und wenn ich jetzt die Augen schließen würde... Zu meiner Überraschung schlingt er seine Arme um meinen Nacken und lächelt mich zuckersüß an. "Willst du nicht deine Augen schließen, Joey?" fragt er mich mit amüsiertem Blick. Ich schüttele kaum merklich den Kopf und er legt den Kopf leicht schief. "Wie du willst..." haucht er. Für einen Moment liegt mir auf der Zunge, ihn zu fragen, ob er sie nicht schließen möchte, aber ich spreche die Worte nicht aus. Einen Atemzug noch. Ich mache mich bereit. Herr, bitte mach, dass meine Idee funktioniert. Ich schicke ein Stoßgebet gen Himmel und sehe wie sein Mund langsam auf meinen zukommt. Meine Hand gleitet zu seinem Arm. Noch funkeln Bakuras Augen mich vergnügt an, doch im Nächsten Moment sehe ich wie sie sich weiten und ich weiß, dass meine Rechnung aufgegangen ist. Ich nehme wahr, dass er sein Gesicht verzieht und sich schlagartig von mir löst. Ich höre ihn aufheulen und mir einen entsetzten Blick zu werfen. Nein, nicht entsetzt. Maßlos wütend und überrascht. Ich lächele automatisch, lasse ihn aber noch nicht los. Meine Hand umklammert immer noch seinen Arm. Vor mir krümmt sich der Weißhaarige unter meinem Griff. Wenn ich eben noch unsicher gewesen bin ob meine Fähigkeiten ausreichen, so weiß ich jetzt, dass sie es tut. Feuer ist scheinbar nicht sein Element. Und hey, dafür, dass ich eben erst entdeckt habe, dass ich damit umgehen kann, bin ich verdammt gut. Ein Naturtalent! Wenn Kaiba das hört! Ich spüre wie mein Grinsen breiter wird. "Du verfluchter kleiner..." schreit Bakura neben mir auf. Er windet sich wie eine Schlange und gibt sich alle Mühe sich auf meiner Umklammerung zu befreien, aber mein Griff ist eisern. Ich hoffe dieser kleine Angriff reicht Ryou, um die Kontrolle zu übernehmen. Keine Ahnung wie lange ich das noch kann. Ich habe jetzt schon das Gefühl, dass die Wirkung auf Bakura nachlässt. Die Überraschung ist aus seinen undefinierbaren Augen gewichen und sein Blick schleudert mir nun förmlich Blitze entgegen. Ich bereite mich innerlich darauf vor, jeden Moment in Gedanken Yami rufen zu müssen, aber noch versuche ich mich zu konzentrieren. Je mehr Zeit ich Ryou verschaffen kann, umso besser. "Das wirst du mir büßen!" höre ich Bakura rufen und das glaube ich ihm auf´s Wort. Ich erwidere nichts, ich muss mich ohnehin konzentrieren. Ich hoffe nur, dass Yami mich direkt empfängt und mich hier heraus bringt. Meine Gedanken wandern von Feuer zu dem Pharao und schlagartig spüre ich wie Bakura unter meinem Griff wieder seine Fassung zurück erlangt. Einen Moment spüre ich wie Panik in mir aufsteigt als er sich aus meiner Umklammerung befreien kann, doch dann vernehme ich Ryou´s ruhige Stimme. Ich verstehe nicht was er sagt, aber er scheint auch nicht mit mir zu reden. Bakura, der sich gerade noch auf mich stürzen wollte wirbelt herum und nun sehe ich meinen Freund. Er wirft mir einen kurzen Blick zu und nickt. Dann wendet er sich Bakura zu und bevor ich etwas tun kann, umgibt mich gleisendes Licht. "Joey?" höre ich schließlich von weitem eine Stimme und öffne die Augen. Yami steht neben mir und blickt auf mich herunter. Ich blinzele und er reicht mir seine Hand. Ein Ruck und ich stehe wieder auf den Beinen. "Hat es funktioniert?" will ich atemlos wissen. Er lächelt und nickt. "Gute Arbeit!" Ich atme erleichtert durch und will gerade fragen was genau geschehen ist, als ich mich eines besseren besinne und mich stattdessen umsehe. Es scheint alles noch genauso wie zuvor. Bakura und Apophis sind nach wie vor erstarrt und auch der Kerberos steht unbeweglich da. Doch Kaiba und Mokuba liegen nicht länger am Boden. Ich werfe Yami einen fragenden Blick zu. Er deutet mit dem Kopf zum Flugschiff. "Odion und Marik haben die Beiden reingebracht und Roland und Tea versorgen Kaiba." erklärt er mir. Ich nicke erleichtert. "Wir müssen schleunigst hier weg." fährt der Pharao fort. Wieder nicke ich noch leicht benommen von dem gerade geschehenen. Einzig die Tatsache, dass Kaiba und Mokuba in Sicherheit sind, hat meinen Verstand wirklich erreicht. "Wir müssen zum Flugschiff." fährt Yami schon fort. "Sobald wir gestartet haben, werde ich die Zeit wieder normal weiterlaufen lassen und du musst den Kerberos zurückrufen, verstanden?" Ich nicke und folge ihm als er sich in Bewegung setzt. Odion und Shadi erwarten uns bereits. "Sie können starten, Roland." ruft Yami Kaibas Assistenten zu als wir die Rampe hochsteigen. Der Mann nickt und einiges Sekunden später höre ich auch schon den Motor anlaufen. "Bereit?" fragt mich Yami. Ich nicke, auch wenn ich es keineswegs bin. Ich meine, wie soll ich das Ding denn zurück rufen? Aber Yami schickt sich bereits an mit Shadi diese Zeitstarre aufzulösen. Sekunden später sehe ich wie Apophis den Arm senkt und höre Bakura fluchen. "Jetzt, Joey!" Etwas hilflos blicke ich zu dem Höllenhund. "Ähm... klar." erwidere ich und hebe die Hand. Dann höre ich mich selbst etwas rufen, ohne dass ich genau weiß was ich da sage, denn der Motor übertönt meine Stimme, aber der Kerberos reagiert tatsächlich. Mit einem Satz verschwindet er wieder in dem Spalt aus dem er aufgetaucht ist und einzige eine dunkle Schwefelwolke bleibt zurück, die uns die Sicht auf unsere Gegner versperrt. Dann sind wir auch schon in der Luft und die Rampe wird eingezogen. Ich blicke noch weiter nach unten als Marik mich am Arm packt und ins Innere zieht. Ich nicke ihm kurz dankend zu, dann sehe ich mich suchend nach Kaiba um. Und als ich ihn sehe, muss ich unwillkürlich lachen. Tea hat seine Kopf auf ihrem Schoß gebettet und ein feuchtes Tuch liegt um seinen Hals. Als ich zu ihm rüber sehe, ist er gerade dabei sich aufzurichten, was Tea mit sanftem Druck zu verhindern versucht. "Bleib liegen, Kaiba, du solltest noch ein paar Minuten..." höre ich sie sagen, aber er hört nicht auf sie. Mit einem Ruck sitzt er aufrecht und starrt sie kalt an. Wieder sehe ich wie Tea´s Wangen sich röten und für einen Moment glaube ich, dass es auch bei Kaiba so ist. "Mir geht es gut." sagt er ohne den Blick von ihr zu lösen. "Danke." Dann streift sein Blick durch den Raum. Als er Mokuba sieht, entspannt er sich sofort sichtbar und der Kleine stürzt sich in seine Arme. Einen Augenblick lang drückt er seinen Bruder mit geschlossenen Augen und ich habe das Gefühl, dass er dabei durchatmet oder aufatmet?! Als er die Augen wieder öffnet, trifft mich sein Blick. Ich nicke ihm zu und seine Züge entspannen sich vollenst. "Was ist passiert?" Die Frage muss natürlich kommen. Typisch Kaiba. Doch das zeigt nur, dass es ihm wieder besser geht. Ich bin erleichtert. Es ist Yami, der ihm das Geschehene in kurzen Zügen berichtet. Das Tuch ist ihm vom Hals gerutscht und ich sehe deutlich bläuliche Abdrücke an seinem Hals. Er nickt. "Dein Ba hat dir jedenfalls alle Ehre erwiesen." sagt Yami mit einem Grinsen und ich ahne was jetzt kommt. Ich kann nicht verhindern aufzustöhnen. Kaiba hat fragend eine Braue hoch gezogen und ich wünschte, wir könnten den Teil überspringen, aber irgendwie habe ich so eine Ahnung, dass der Pharao nicht daran denkt, sich den Spaß nehmen zu lassen und natürlich muss Kaiba auch die entscheidende Frage stellen. Warum kann dieser Kelch nicht an mir vorüber ziehen? Hab ich heute nicht schon genug durchgemacht? "Und, Wheeler, was hast du nun für mich beschworen?" Die schönen Augen blitzen mich amüsiert an. Ich verziehe schmollend den Mund und es ist Yami, der antwortet. "Du hast die Wette gewonnen." erklärt er Kaiba. "Dein Ba hat den mächtigen Höllenhund selbst beschworen." Ich sehe wie Kaibas angedeutetes Lächeln zu einem Grinsen wird und auch Marik und Tristan grinsen. Ich senke den Blick und habe das Gefühl, dass ich rot werde. "So?" höre ich Kaiba fragen. "Ich wusste doch, dass mein Hündchen es drauf hat." Er lacht und ich kann nicht anders, ich muss einstimmen. Augenblicklich fällt die Anspannung von mir ab. Auch Yami lacht. "Das hat er. Und du wirst erfreut sein zu hören, dass wir den Fluch von Joey nehmen konnten." Ich sehe wie Kaibas Augen sich ungläubig weiten. Yami nickt und fasst in kurzen Sätzen den Plan zusammen, den er und ich zusammen aufgestellt hatten. Einen Augenblick habe ich das Gefühl, dass sich Kaibas Miene verfinstert, dann mustert er mich. "Aber am Besten erzählt Joey uns, was genau er in Bakuras Gedankenwelt er lebt hat." meint Yami und alle sehen mich erwartungsvoll an. Ich seufze und frage mich ob ich den Teil mit dem Kuss erwähnen soll. Ich meine, ich habe mir ja nichts vorzuwerfen. Im Gegenteil. Letztlich entscheide ich mich dafür alles genauso zu erzählen wie ich es erlebt habe und zu meiner Befriedigung stelle ich fest, dass alle gebannt an meinen Lippen hängen. Kaiba nickt ein paar Mal nachdenklich während meiner Erzählung und Yami ebenso und jeder in der Runde, besonders Tea und Mokuba seufzen traurig auf, als ich auf Ryou zu sprechen bekomme. "Wir müssen ihm unbedingt helfen." meint Tea und Mokuba nickt eifrig. "Das werden wir auch." versichtert der Pharao. "Und wie geht es nun weiter?" will Tristan wissen. Kaiba blickt erwartungsvoll zu Yami. "Wie wär´s, wenn du uns erst einmal darüber aufklärst, was in diesem Kästchen ist." fordert er den Pharao auf. Es ist Ishizu, die besagte Schatulle in der Hand hält und das mit einer Feierlichkeit als wäre sie nicht aus Zedernholz sondern aus purem Gold. "Die Schatulle enthält den Schlüssel zu unserem Sieg." erwidert der Pharao mit sanftem Lächeln. "Dabei handelt es sich um eine Macht, welche die Götterkarten noch übersteigt. Sie muss nur noch aktiviert werden." "Wow." höre ich Mokuba anerkennend von sich geben und Tristan pfeift. Kaibas Blick dagegen bleibt skeptisch. "Lass mich raten, die Aktivierung wird unser nächstes unterhaltsames Projekt." sagt mein Eisprinz und auch wenn er spöttisch klingt, so wirkt er zugleich auch gelassen. Vielleicht gewöhnt er sich langsam an das Chaos, dass ihn umgibt? Vielleicht gefällt es ihm auch allmählich? Wer weiß. Yami nickt. "Und dafür haben wir noch vier Tage." meint der Pharao und klingt mehr als zuversichtlich dabei. Kaiba zuckt mit den Schultern. "Nun gut, dann klär uns auf." Der Pharao lächelt. "Das werde ich tun sobald wir zurück sind. Jetzt sollten wir alle erst einmal durchatmen. Immerhin haben wir schon eine kleine Schlacht gewonnen." meint er fröhlich und auch wenn ich darauf brennen, zu erfahren was es mit dem Kästchen auf sich hat, etwas durchatmen klingt nicht schlecht. Außerdem habe ich Hunger. Kapitel 61: Passion ------------------- "Roland, bitte sehen sie nach unserem Gast." weist Kaiba seinen Assistenten an kurz nach dem wir das Flugschiff verlassen haben. Der Mann nickt und setzt sich umgehend in Bewegung. Herrje, Pegasus hatte ich total vergessen. Wenige Minuten später ist unsere bunte Truppe wieder im Salon versammelt. Noch immer ist unser Nachtlager dort aufgebaut und ich muss unwillkürlich grinsen. Man könnte echt meinen, wir hätten eine wilde Pyjamaparty abgehalten. "Was jetzt?" will Tristan wissen. Alles sehen wir den Pharao an. Noch immer hält er das kleine Kästchen in Händen. "Da ich im Gegensatz zu euch, keinerlei Nachtruhe genießen durfte, werde ich mich erst einmal zurückziehen. Eine Dusche wäre auch nicht schlecht. Ihr könnt euch ja in der Zeit überlegen, wie es weitergeht." erklärt Kaiba und wirft Yami dann einen abschätzenden Blick zu. "Und du kannst mir später erläutern was es mit dieser Karte auf sich hat." Der Pharao nickt. "Shadi und ich werden ohnehin erst ein paar Dinge besprechen müssen." entgegnet er und Kaiba zuckt mit den Schultern. Dann wendet er sich Mokuba zu. "Du hast die Aufsicht, kleiner Bruder." Der Kleine salutiert. "Alles klar, Seto!" Kaiba schenkt ihm ein zärtliches Lächeln. Tristans entrüsteten Blick ignoriert er dabei geflissentlich. Dann wandern seine Augen zu mir. Ich grinse nur. Mir entgeht die stumme Aufforderung in seinem Blick keineswegs. Und natürlich bin ich mehr als gewillt ihm zu folgen. "Dann viel Spaß euch zwei." höre ich Tristan rufen als wir uns anschicken den Raum zu verlassen. Ich werfe ihm über die Schulter einen missbilligenden Blick zu, Kaiba verdreht nur kurz die Augen. "Müde?" frage ich meinen Eisprinzen zwei Minuten später als wir in seinem Schlafzimmer sind. Er schüttelt leicht den Kopf. "Unwesentlich. Aber da man hier ja nie wissen kann, was als nächstes ansteht, wird ein wenig Schlaf nicht schaden." erwidert er. Ich nicke zustimmend. "Und ich darf dir Gesellschaft leisten?" frage ich mit einem anzüglichen Grinsen. Er quittiert es mit einem süffisanten Blick. "Ich bin davon ausgegangen, dass es dir ein Bedürfnis wäre." erwidert er womit er natürlich Recht hat. Er hat immer Recht. Einen Moment sehen wir uns einfach nur an. Dann wird sein Gesichtsausdruck wieder ernst. "Diese Sache mit Bakura war wirklich gefährlich." stellt er fest. Ich nicke. "Aber der einzige Weg." entgegne ich. "Und es hat funktioniert." Ich grinse schief, aber er sieht mich immer noch ernst an. "Und Bakura hat tatsächlich versucht dich zu verführen?" fragt er nach einer Weile und seine schönen Augen funkeln amüsiert. Ich spüre wie meine Wangen zu glühen beginnen. Mist, ich dachte das Thema wäre schon erledigt. Dabei hätte mir eigentlich klar sein müssen, dass er es unter vier Augen noch einmal ansprechen würde. Ich schlucke verlegen. "Ähm... könnte man so ausdrücken." antworte ich und er macht einen Schritt auf mich zu. "Wer hätte das gedacht..." höre ich ihn sagen und fast glaube ich, dass ihm dieser Umstand nicht wirklich gefällt. Naja, ist ja auch klar, ich meine, wem würde es auch gefallen, wenn sein Freund von einem Psychopathen angegriffen würde? "Eifersüchtig?" necke ich ihn. Eine seiner perfekt geschwungenen Augenbrauen wandert in die Höhe. "Mitnichten." entgegnet er lässig. "Dazu besteht wohl auch kein Grund." Ich sehe ihn erstaunt an. Ist er sich meiner tatsächlich so sicher? Oder spricht da wieder sein enormes Ego? "Meinst du? Ich hätte doch auch schwach werden können, ich bin auch nur..." Er legt seine Hand sanft unter mein Kinn und schiebt es nach oben. Seine Augen funkeln wieder amüsiert. "Du bist ein treues Hündchen." stellt er fest und ich verziehe gespielt schmollend den Mund. Aber er hat natürlich Recht. Einmal davon abgesehen, dass Bakura ohnehin nie mein Typ wäre. Ich habe ja auch gar keinen Typen. Also keinen außer Kaiba und außerdem ist Bakura ein Psycho, der Feind und ja, ich bin ein treues Hündchen. Zudem hege ich den Verdacht, dass er mich eiskalt und sehr, sehr grausam erledigen würde, wenn ich je... Die besitzergreifende Art wie er mich plötzlich küsst, spricht für sich. Ehe ich weiß was geschieht, werde ich gepackt und seine Lippen pressen sich auf meine. Ich schaffe es gerade noch meine Augen zu schließe. Eine Sekunde später bittet seine Zunge um Einlass. Natürlich gewähre ich ihr diesen nur zu gerne. Ich stöhne in den Kuss und spüre wie seine Hände über meinen Rücken wandern. Ohne sich von mir zu lösen dirigiert er mich Richtung Bett und ich stelle erstaunt fest, dass er keineswegs müde oder gar geschwächt ist, im Gegenteil. Aber was anderes war von Kaiba auch nicht zu erwarten. Ich komme zum Stehen als ich das Bett in meinem Rücken fühle. Er löst sich kurz von mir und seine Augen sind wieder so dunkel wie sie es immer sind, wenn er... naja, wenn wir auf diese Art alleine sind. "Deshalb kann Yami also warten." stelle ich grinsend fest. Er grinst ebenfalls. "Man muss Prioritäten setzen." entgegnet er und seine Hände umschließen mein Gesicht. "Aha." Ich kann nicht aufhören zu grinsen. Hey, ich habe mir genau das hier schließlich schon gestern gewünscht. Und vorgestern. Und überhaupt. Es ist ne Weile her seit wir das letzte Mal ungestört wahren. Weltrettung schön und gut, ich hab da auch meine Bedürfnisse und mein Hormonhaushalt spielt ohnehin verrückt, wenn ich ihn seiner Nähe bin. Aber wer ihn kennt, kann das verstehen. Ich hege sogar den Verdacht, dass es Tea ähnlich geht. Und auch Ishizu. Ja, mir ist keineswegs entgangen, wie sie ihn angesehen hat. Die kann noch so unterkühlt tun, ich weiß was so ein Blick bedeutet. Ich gucke ihn schließlich auch so an. Der nächste Kuss ist keineswegs zärtlicher, aber das macht nichts. Ich mag es, wenn er so ist. Normalerweise dauert es lange bis er aus sich rausgeht und naja, die Initiative ergreift, aber ich liebe es, wenn er das tut. Ich keuche und meine Hände wandern über seine Brust. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glauben, dass mein Intermezzo mit Bakura ihn irgendwie... naja, nicht erregt, aber ihn irgendwie fordert. Ach, keine Ahnung, ich weiß nicht wie ich das beschreiben soll, aber ich weiß, ich glaube fast, dass wirklich etwas dran ist an meiner Vermutung und wenn ich an Tea und Ishizu denke, nun, da geht es mir ähnlich. "Scheint als müsse hier jemand seine Besitzansprüche verdeutlichen." Ich schenke ihm ein süffisantes Lächeln. Vielleicht ist jetzt nicht der passende Moment um ihn zu necken, wahrscheinlich ist auch jetzt nicht der richtige Augenblick um das zu tun, wonach mir und scheinbar auch ihm gerade der Kopf steht, aber Scheiß drauf! Mir ist das egal und Kaiba macht ohnehin was er will. "Müsste ich das tun?" Gott, seine Stimme ist gerade so sexy, dass mein Körper alleine schon darauf reagiert. Jetzt noch ein paar seiner obligatorisch-hoheitlichen Redewendungen und ich stehe ganz in Flammen. Ich schüttele den Kopf. "Das müsste eher ich tun." entgegne ich und seine Augen weiten sich vor Erstaunen. War ja klar, dass er keine Ahnung haben würde, was ich andeute. Wie kann ein einzelner Mensch nur gleichzeitig so verdammt heiß und unschuldig sein? "Tea und Ishizu würden momentan gerne mit mir tauschen." erkläre ich so ernst ich kann. Er stutzt und blickt mich einen Moment lang weiterhin fragend an. Dann zuckt er mit den Schultern und der Punkt ist für ihn erledigt und er widmet sich wieder gänzlich meiner Wenigkeit und das sehr intensiv. Seine Zunge liefert sich ein hitziges Duell mit meiner und einen Augenblick später lande ich in den weichen Kissen und er beugt sich über mich. Ich ziehe ihn näher zu mir und nun bin ich es, der ihn fordernd küsst. Erregt, wie ich inzwischen über die Maße bin, dränge ich mich an ihn. Zwei, drei Senkunden später landet sein Hemd irgendwo im Zimmer und mein Shirt folgt umgehend und wie jedes Mal bin ich auch jetzt auf´s neue überrascht, wie kühl sich seine Finger auf meiner erhitzten Haut anfühlen und mit welcher Leichtigkeit er es vermag, dieses warme Gefühl in mir auszulösen. Seine Zunge wandert über meinen Hals und ehe ich mich versehe stöhne ich auch schon seinen Namen, was ihn natürlich keineswegs inne halten lässt. Und Herrje, er soll auch nicht damit aufhören. Ich stehe darauf, wenn er das macht. Mich langsam aber sicher in den Wahnsinn treibt. Die Nummer hat er so was von drauf. Keine Ahnung woher er diese Technik hat, es ist mir inzwischen auch egal. Sie funktioniert und das ist das Einzige was zählt. Ich kann nicht anders, ich kralle mich in seine Schultern. Dann fühle ich seine Hand über meinen Bauch zu meinen Schenkel gleiten. Wow. Heute ist er echt in Fahrt. Ich glaube fast, dass es ihm gerade sogar egal ist, dass der Kindergarten in seinem Haus ist und er sich danach mit ihm rumschlagen darf. Um sich darum Gedanken machen zu können, ist er gerade zu erregt. Ich spüre es ganz deutlich, aber ich bin auch nicht gerade besser. Und die Tatsache, dass er sich an meinem Reißverschluss zu schaffen macht, ändert an dem Umstand natürlich nichts. Zwei Handgriffe später und seine kühlen Finger sind genau dort wo ich sie mir gerade hingewünscht habe und ich stöhne erneut lustvoll auf. Ob er eine Ahnung hat, dass er mich damit in den Wahnsinn treibt? Mir ist so was von heiß. Ich glühe förmlich. Aber auch meine Hände begeben sich auf Wanderschaft und als ich an seinem Gürtel zu zerren beginne, höre ich ihn rau auflachen. Als er mich jetzt küsst, wird mir schwindlig. Alles dreht sich und mein Herz schlägt so schnell, dass er es hören muss. Fast schon verzweifelt nessele ich an dem Stoff, der seine Haut noch von meiner trennt und erneut höre ich ihn kurz auflachen. Ich funkele ihn an und sein Blick ist sichtlich amüsiert. "So ungeduldig, Hündchen?" fragt er mit dieser unglaublich heiseren, sexy Stimme. Verflixt, wie kann er nur so klingen? Und ja, auch das Hündchen erregt mich, auch weil ich weiß, dass es ihm nicht anders geht. Ich schenke ihm ein unschuldiges Lächeln und erwidere keck: "Ich hab mein Herrchen soooo vermisst..." Ich weiß, dass ich ihn damit genau wie mit der Handbewegung, die ich gerade durchführe, genauso verrückt mache wie er mich. Ich sehe es ihm an. Die Selbstbeherrschung fällt langsam aber sicher von ihm ab. Als ich seine Erektion berühre, stöhnt auch er auf und Gott, sein Stöhnen ist ja sowas von sexy. Alleine das bringt einen schon um den Verstand. Vorsichtig beginne ich damit, über die zarte Haut an seinem Hals zu lecken und sanfte Küsse darauf zu verteilen. Er stöhnt bei jeder Berührung lustvoll auf. Dann entzieht er sich mir jedoch und ehe ich mich versehe landet meine Hose auf dem Boden. Ich weiß was folgen wird. Ich sehe es ihm an. Fasziniert beobachte ich wie er sich die schwarze Hose abstreift und einen Augenblick später nackt, wie ein junger Gott hinter mir steht. Ich beiße mir unwillkürlich auf die Unterlippe und ich befürchte mein Blick ist gerade glasig. Scheiße, er ist aber auch so was von heiß! Perfekt in jeder Hinsicht. Wortlos kramt er in der Nachtischschublade und ich grinse ihn erwartungsvoll an. Als er das Gesuchte gefunden hat und sich wieder ganz mir zuwendet, sich über mich beugt und mir einen Kuss in den Nacken haucht, bete ich, dass uns jetzt niemand stören wird! Ja, egal um was es geht, lass es warten! Dieser Moment jetzt gehört einzig ihm und mir und Dämonen, Psychos, Götter... der ganze Mist kann mir gerade gestohlen bleiben. Ich will ihn. Und wie ich ihn will. Sofort und ganz und gar und... Kapitel 62: Komik ----------------- "Woher wusste ich nur, dass es auf so etwas hinauslaufen würde." Kaiba schüttelt den Kopf und ich muss grinsen. Wie immer, wenn er solche Fragen stellt. Sein Gesichtsausdruck ist aber auch wirklich herrlich. Er schwankt zwischen genervt sein und Resignation und naja, in Anbetracht der Situation reißt er sich zusammen. Dem höheren Ziel sei Dank, sonst würde er langsam aber sicher ausrasten. So gesehen ist es echt bewunderswert, dass er sich so unter Kontrolle hat. Sogar bei seiner obligatorischen Selbstbeherrschung wird ihm zur Zeit eine Menge abverlangt. Er hat sich nicht nur seine Gefühle für seinen Erzfeind, mich, eingestehen müssen, nein, sein Haus wird inzwischen auch belagert, vom gesamten Kindergarten, der ägyptischen Delegation des Pharaos und seinem Widersacher, Pegasus ist nämlich immer noch hier, er wurde mehr oder weniger dazu gezwungen, seine Vergangenheit als ägyptischer Priester anzuerkennen, musste sich mit Bakura, einem besessenen Duke und einer Riesenspinne rumschlagen, von dem Assiduss ganz zu schweigen, war gezwungen einen Einbruch zu begehen und nun, nun hat der Pharao verkündet, dass wir in die Hölle hinabsteigen müssen. Naja, nicht wirklich in die Hölle, in so was ähnliches. Das Totenreich. So hat er es ausgedrückt, auch wenn das nicht unbedingt besser klingt. Ja, es wundert mich echt, dass er nicht ausrastet. Jetzt wäre zumindest der richtige Moment dafür. Wieder haben wir uns im Wohnzimmer versammelt, wo immer noch alles mehr oder weniger Kopf steht. Scheinbar wurde in unserer Abwesenheit auch eine Fressorgie veranstaltet, denn überall liegen die Spuren einer solchen herum. Ich schätze, dass ist Tristan und Mokuba zu verdanken. Würde zumindest erklären, warum die beiden so einen seligen Eindruck machen. Da fällt mir ein, ich könnte auch ne Kleinigkeit vertragen, aber momentan wird wohl meine Anwesenheit benötigt. Ich bin ja schließlich eine wichtige Persönlichkeit in der ganzen Sache. Hehe... Im Gegensatz zu Tristan spiele ich endlich mal eine Hauptrolle. Naja, vielleicht sollte ich mich jetzt nicht so sehr darüber freuen, immerhin hat es mir bislang auch eine Menge Ärger eingebracht, aber hey, ich bin jetzt auch der mächtige Ba, der Herrscher über das Feuer, der Mann, der den Kerberos befehligt. Das hat doch was! Und zudem bin ich wohl der Einzige neben Mokuba, der Kaiba im Zaum halten kann. "Ich gehe davon aus, dass du auch weißt, wie wir das anstellen müssen und lass mich raten, das wird sicher wieder eine vollkommen widersinnige Expedition!" Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glauben, dass ihn die Sache langsam amüsiert. Aber kann das sein? Der Pharao nickt. "Ja, das weiß ich und ja, es wird eine Art Expediton, aber ich erwarte keine großen Schwierigkeiten. Das einzige Problem dürfte darin bestehen, dass Bakura und Apophis uns auflauern, denn die Beiden wissen ebenso gut wie ich, was nun zu tun ist." "Und was heißt das genau?" will Tea wissen. "Das heißt, dass wir demjenigen einen Besuch abstatten müssen, der diese Macht für uns aktivieren wird." erwidert Yami und deutet auf das Kästchen. Tristan runzelt die Stirn. "Das verstehe ich nicht. Wer soll das denn sein? Kann Pegasus das denn nicht machen, der ist doch der Schöpfer von DuelMonsters." Kaiba verdreht die Augen und ich wette, irgendwann muss ich ihn davon abhalten Tristan den Hals umzudrehen. Ich sehe die Szene schon fast vor mir. Hoffentlich schaffe ich es dann den Eisprinzen in Zaum zu halten. "Nein, das übersteigt Pegasus Fähigkeiten. Diese Macht ist größer als die der Götterkarten, auch wenn sie ihnen ähnlich ist. Daher wurde sie auch auf diese Weise versiegelt - bis zu dem Moment in dem sie wieder gebraucht wird und nur derjenige, der sie geschaffen hat, vermag sie zu aktivieren." erklärt Yami geduldig. "Und wer ist das?" will ich nun wissen. "Osiris." erwidert der Pharao. "Der Gott des Jenseits, der Wiedergeburt und Herr über die Toten." Ah ja. Klingt nach ner netten Type. Und der wird das einfach so machen? Kaiba blickt den Pharao genauso skeptisch an wie ich. Yami lächelt. "Es ist seine Aufgabe es zu tun. Gleich wer ihm dieses Kästchen bringt, er muss die Macht frei setzen." Tea sieht ihn fragend an. "Dann würde er das auch für Bakura und Duke machen?" Yami nickt und ich starre ihn an. Er lächelt nur. "Osiris steht auf keiner Seite. Er ist nicht zu vergleichen mit Ra und Seth. Er gehört... nun, sagen wir, er verkörpert eine andere Seite der Dinge. Aus seiner Perspektive, wenn man so will, ist es gleichgültig wer diese Schacht gewinnt. Wer auch immer ihm das Kästchen bringt, der wird die Macht bekommen, die darin gefangen ist." "Und dieser Osiris tut das einfach so?" will Tristan wissen. Auch er ist skeptisch. "Ja und nein." entgegnet der Pharao. "Er wird einen Tribut fordern und diesen werden wir entrichten." Tribut. Hm. Gefällt mir nicht unbedingt. Tribut hat immer was mit Opfern zu tun und das ist nicht gut, aber Yami wirkt dermaßen entspannt, dass es mich nicht kalt lässt. "Wo finden wir diesen Osiris?" fragt Kaiba und wendet sich damit wieder dem Wesentlichen zu. "Wo ist der Eingang zu diesem Totenreich?" Der Pharao bedenkt ihn mit einem süffisanten Grinsen. "Das Totenreich ist im Grunde überall. Es ist kein fester Ort, es ist vielmehr als eine Parallelwelt zu verstehen. Aber es gibt in der Tat verschiedene Eingänge, manche mehr verborgen, andere weniger. In der alten Zeit war es ein leichtes, dorthin zu gelangen, wenn man es musste, aber die Zeiten haben sich geändert und daher werden wir uns einem Eingang bedienen, den Shadi und ich als den leichtesten ansehen." Kaiba hat spöttisch eine Augenbrauche hochgezogen. "Da bin ich mal gespannt..." murmelt er. Und ich erst. Fuck, ich komme echt rum in der letzten Zeit. Ägypten, Kaibas Gedankewelt, Bakuras Gedankenwelt und nun reise ich auch noch ins Totenreich... Blöd nur, dass mir das nie jemand anderes glauben wird. Klingt aber auch ziemlich abstrus, oder? Selbst für unsere Verhältnisse. Obwohl... nein, mittlerweile überrascht mich nichts mehr. "In den Anden. Peru." höre ich Shadi in ruhigem, sachlichen Ton sagen und mache nur: "Hä?" Kaiba wirft mir angesichts dieser Äußerung einen missbilligenden Blick zu, dann sagt er in genau dem sachlich-nüchternen Tonfall wie der Ägpyter. "Machu Piccu." Fast will ich wieder "Hä?" machen, aber ich verkneife es mir. Keine Ahnung, was er da gesagt hat. Klingt nach irgendeiner mexikanischen Beleidigung. Aber der Pharao nickt. "Gut, immerhin müssen wir nirgendwo einbrechen. Und auf Schwierigkeiten dürften wir auch nicht stoßen. Abgesehen von Bakura und dieser Devlin-Kopie." Für einen perfiden Moment starre ich ihn an und fasse es nicht, wie er das so gelassen sagen kann. Der Kerl ist echt... also, manchmal macht er einem Angst. Wahrscheinlich geht er im Kopf schon die Flugroute nach Peru durch. Wie kann er in so einer Situation nur so pragmatisch sein? Das ist echt unheimlich. Aber auch Kaiba Junior ist auf Zack. "Das ist doch diese Inkastadt!" höre ich ihn sagen. Kaiba nickt. Mann, was der Kleine alles weiß. Aber zum Glück bin ich nicht der einzig Unwissende. Tea und Tristan wirken genauso verwirrt. "Machu Piccu war eine Hauptstadt im alten Inkareich, sie befindet sich auf einem Bergrücken zwischen den Gipfeln des Huayna Piccu und einem Berg der genauso heißt, Maccu Piccu, in den Anden in einer peruanischen Region namens Cusco." erklärt Kaiba seelenruhig. "Genau genommen befinden sich dort zur Zeit nur noch die Ruinen. In etwa 2.360 Metern Höhe und um weiteren Fragen vorzubeugen, nein, wir werden nicht ganz bis zur Spitze fliegen können. Das würde für zu viel Aufsehen sorgen, denn der Berg wird von Touristen nur so überrannt. Das heißt wir müssen den Rest des Weges mit dem Zug zurücklegen oder auf authentischem Weg. Zu Fuß, aber da die Zeit ja drängt..." Er grinst und ich weiß nicht, ob mir sein Wissen gerade Angst macht, dass nahezu unerschöpflich zu sein scheint, oder die Tatsache, dass er augenblicklich echt den Eindruck macht, als würde ihm der Gedanke an diese Unternehmung Spaß bereiten. Yami nickt. "Aufsehen sollten wir nicht erregen, solange es sich vermeiden lässt und ein Luftschiff der Kaiba Corp. würde definitiv auffallen. Wir werden den Zug nehmen und -" Er blickt in die Runde. "Wir können nicht alle gehen." Kaiba nickt und zum ersten Mal habe ich den Eindruck, dass eine gewisse Anerkennung Yami gegenüber in seinem Blick liegt. So frei nach dem Motto "Endlich hast du begriffen, dass wir den ganzen Kindergarten nicht immer mitschleppen können." "Joey, Marik, Shadi, du und ich genügen vollkommen." erklärt Kaiba und hat dabei nicht mit Mokubas Protest gerechnet. "Aber Seto, ich will auch ins Totenreich." Ach ja, die Jugend heutzutage. Kaibas Miene drückt aber eindeutig aus, dass er in dieser Angelegenheit stur bleiben wird. Nicht einmal Mokubas riesige Kulleraugen können an dem Entschluss rütteln, denn er ist längst beschlossene Sache. "Mokuba, wenn du mitkommst, wer soll dann auf diesen Haufen hier aufpassen?" Es ist einer der ältesten Tricks der Welt und Mokuba durchschaut ihn auch sofort. "Roland?" Der Kleine grinst und der Assistent räuspert sich. "Ich habe ein besseres Gefühl, wenn du derjenige bist, der hier die Aufsicht hat, nichts für ungut, Roland!" Der Assistent räuspert sich erneut. "Natürlich, Sir." "Und es wäre auch gut möglich, dass Bakura irgendetwas anderes vorhat als in den Anden rumzuhängen. Immerhin könnte er versuchen, einen von euch als Geisel in seine Hände zu bekommen. Daher wäre ich froh, wenn du hier die Augen offen hältst. Kannst du das für mich tun?" Seine Argumente sind gut und seine Mutmaßungen könnten durchaus wahr werden. Bakura ist schließlich alles zu zu trauen, wie ich inzwischen am eigenen Leib erfahren durfte. Aber das ist es nicht, was Mokuba schließlich überzeugt. Es ist diese eine kleine Bitte, die gar keine Bitte ist und doch... Naja, für Kaibas Verhältnisse ist sie das wohl doch. Sie reicht jedenfalls aus, um den Kleinen zu überzeugen und ihn auch zum strahlen zu bringen. "Klar, Seto." sagt er und seine Augen fügen hinzu: "Für dich tue ich alles, großer Bruder." Kaiba nickt zufrieden und wendet sich an Yami. Auch dieser nickt. "Bereiten sie das Luftschiff vor. Wir werden umgehend starten." Roland hat sich schon in Bewegung gesetzt bevor der Befehl kam. "Sehr wohl, Sir." "Und du rechnest tatsächlich mit keinen größeren Schwierigkeiten?" will Kaiba vom Pharao wissen. Yami nickt. "Osiris wird uns keine Probleme machen. Aber was Bakura anbelangt..." "Schon klar. Davon gehe ich auch aus. Aber mit diesem Psychopathen habe ich ohnehin noch ein Hühnchen zu rupfen, wie man so schön sagt." fällt Kaiba ihm ins Wort. Und ich bin nicht sicher ob der Grund dafür allein Mokubas Entführung und der tätliche Angriff auf seine Person ist. Ich grinse. "Na, dann bin ich mal gespannt was das wird." Kaiba bedenkt mich mit einem amüsierten Blick. "Du wirst sicher deinen Spaß haben, Wheeler. Und falls es gefährlich wird - " Seine Augen funkeln wieder so wie vorhin im Schlafzimmer. "Dann kannst du ja dein Hündchen rufen." Ich seufze. "Ich wusste, dass du mich damit aufziehen würdest." "Da fällt mir ein, du schuldest mir noch etwas, Yami!" meint Kaiba plötzlich. Zum ersten Mal seit ich die Zwei kenne, sehen sie sich an und grinsen. Ja, die Zwei grinsen sich an. *** Keine Sorge, mir geht im letzten Drittel keineswegs die Puste aus. Diese Geschichte ist so was wie mein Baby, daher bedarf sie besonderer Aufmerksamkeit. Hoffe ihr habt nach wie vor Spaß an meinen wirren Fantasyimpulsen. Ich finde die Story sehr vergnüglich. Hätte nur nie gedacht, dass sie so lang wird. Naja, irgendwie hat sie eine Eigendynamik bekommen, die nicht absehbar war. Was mich interessieren würde, würdet ihr ein weiteres Pairing wünschen? So als kleines Bonmont? Bin für Vorschläge offen, auch wenn ich da schon eine Idee habe. Viel Spaß weiterhin. Kapitel 63: Geheimnisse ----------------------- "Ich kann nicht fassen, dass ihr gewettet habt!" platzt es aus mir raus und ich sehe vor allem den Pharao ungläubig an. Von Kaiba habe ich nichts anderes erwartet, aber das sich Yami auf diese Ebene begeben würde? Unglaublich. Der Pharao lächelt mich an. "Es hat sich einfach so ergeben, Joey." Einfach so ergeben, das ich nicht lache. Wütend funkele ich Kaiba an, den mein Ausbruch allerdings lediglich amüsiert. "Es konnte nichts anderes sein als ein Hund. Ich war mir dessen so sicher, dass ich sogar meine Firma darauf gesetzt hätte." erklärt er mir gelassen und ich kann nicht anders, ich stampfe auf. Unglaublich. Das ist echt die Höhe. Aber keiner der Beiden geht auf meinen Unmut noch länger ein. Kaiba ist ohnehin längst beim pragmatischen Teil der Angelegenheit und ich glaube, auch Yami ist in Gedanken schon bei unserem neuen Vorhaben. Vier Tage habe wir jetzt noch und nun heißt es erstmal ab nach Südamerika. Ins Totenreich. Na, dann... "Somit wäre eigentlich alles geklärt." fasst Kaiba noch einmal zusammen. Yami nickt. Dass nur Marik und Shadi uns begleiten dürfen, wurde widerspruchslos hingenommen, auch wenn ich glaube, dass Tristan ein wenig enttäuscht aussieht. Ich kann nicht anders und grinse meinen Freund an. Er versteht meinen Blick natürlich sofort und funkelt zurück. Tja, Pech, Alter. Ich bin eben ein Ba. Du nicht. Haha. Warum Marik mitkommen soll, verstehe ich eigentlich nicht so ganz. Shadi brauchen wir, weil seine Kenntnisse sogar noch weiter reichen als die des Pharaos, aber warum der Ägypter mit soll? Da hätten wir auch genauso gut Tristan mitnehmen können, oder? Zugegeben, ich bin immer noch etwas sauer wegen seinem Angriff und naja... irgendwie schmeckt es mir auch gerade nicht so wirklich, dass Kaiba so einfach beschlossen hat, dass er mit soll. Was hat mein Eisprinz denn auf einmal mit dem Grauhaarigen zu schaffen? Unwillkürlich muss ich an die Mission in London denken zu der Marik mit Kaiba aufgebrochen war. Mir bleibt keine Zeit länger darüber nachzudenken, denn Roland kommt gerade zurück und scheinbar sind die Vorbereitungen für die Reise abgeschlossen und da Kaiba sicher keine Zeit verlieren will, werden wir jetzt wohl auch starten. "Wir sollten den Milleniumsstab mitnehmen." meint Shadi und Yami nickt. "Ich hol ihn." Mokuba hat den Raum schon verlassen sonst einer reagieren kann. Kaibas Assistens räuspert sich. "Wenn sie entschuldigen, Sir, ich war so frei eines der Allradmobile an Bord bringen zu lassen. Sie werden in Aguas Calientes landen müssen und ich denke, dürfte praktischer sein, wenn sie von dort aus selbst fahren können anstatt einen dieser Buse nehmen zu müssen." Kaiba nickt. "Ausgezeichnete Idee, Roland. Sie werden uns übrigens begleiten. Das Luftschiff kann schließlich nicht unbeaufsichtigt bleiben und es wäre möglich, dass sie uns doch von der Spitze abholen müssen, falls diese Ratte von Bakura irgendetwas geplant hat." Roland nickt. "Sehr wohl, Sir." Ich grinse den Assistenten unwillkürlich an. Der Gute hat echt einen verrückten Job. Ich wüsste zu gerne, was in seinem Kopf so vorgeht und was er über diese merkwürdigen Aktionen seines Chefs eigentlich denkt. Mokuba ist inzwischen zurück und reicht Kaiba den Stab. Dieser gibt ihn jedoch an Marik weiter. "Können wir?" fragt mein Eisprinz und Yami nickt. Es folgt eine kleine Verabschiedung und Yami scheint Odion auch noch ein paar Instruktionen zu geben, dann schreiten wir erneut zum Hanger. "Ich hoffe für dich, dass dieser Osiris tatsächlich keine weiteren Schwierigkeiten macht. Auf eine Wiederholung des Vorfalles in Ägypten kann ich gut verzichten." meint Kaiba zu Yami gewandt und begibt sich dann ins Cockpit. Der Pharao wendet sich derweil an mich. "Ich wollte mit dir noch über deine neuen Fähigkeiten sprechen, Joey." Ich nicke. Stimmt ja, ich bin ja auch der Herrscher des Feuers. Der mächtige Herrscher des Feuers. Ich glaube, ich grinse schon wieder saudoof. Yami lächelt. "Was du mir über dein Erlebnis in Bakuras Gedankenwelt erzählt hast, zeigt dass du deine Kräfte schon bewusst einsätzen kannst." Ich nicke wieder, erzähle ihm dann aber, dass es schwer war die Kräfte zu ignorieren und das ich es letztlich nur geschafft habe, weil ich meine Emotionen in eine bestimmte Bahn gelenkt habe. "Darauf wollte ich hinaus." erwidert Yami ruhig. "Du musst einen Weg finden, sie ohne diese Anstrengung nutzen zu können. Erinnerst du dich daran, wie ich Kaiba erklärt habe, wie er mit seinem Element umgehen soll?" Ich nicke. Ja, daran erinnere ich mich sehr gut, das war kurz vor meiner ersten Begegnung mit dem Assiduss. Ich schaudere kurz. An dieses Ding will ich eigentlich gar nicht denken. Aber meine Gedanken sind auch schon wieder einen Schritt weiter. Ryou. Unwillkürlich verspüre ich einen Stich. Yami scheint dieser Umstand nicht zu entgehen. "Mach dir keine Sorgen, Joey. Wir werden ihn befreien. Genau wie du es ihm versprochen hast." versichert mir der Pharao. "Jetzt musst du dich allerdings erst einmal darauf konzentrieren, damit du deine Emotionen und auch deine Kraft zielgerichtet nutzen kannst." Es folgt eine kurze Einführung, ähnlich der, welche er Kaiba gegeben hat und ein paar Minuten sitze ich dem Pharao gegenüber und versuche mich in Meditation. Ich habe die Augen geschlossen und er sagt mir, dass ich an Feuer denken soll. Es vor meinem inneren Auge erscheinen lassen muss. Das funktioniert einfacher als gedacht. Es dauert nicht lange und ich sehe lodernde Flammen vor mir. "Und jetzt stell dir die Flamme in deiner Hand vor." fordert Yami mich auf. Ich nicke und blicke auf meine Hand, stelle mir eine züngelnde Flamme darin vor und es dauert nicht lange und sie erscheint tatsächlich. Fasziniert beobachte ich das von mir geschaffene Gebilde und jetzt erst fällt mir auf, dass ich mich dabei keineswegs verbrenne. Yami lächelt mich zufrieden an. "Dein eigenes Element kann dich nicht verletzten." erklärt er mir. Gut, das leuchtet ein. Und beruhigt. "Mit Feuerkugeln im Luftschiff zu üben, ist sicherlich keine gute Idee." bemerkt der Pharao. Ich grinse. "Kaiba bringt uns um, wenn wir sein geliebtes Luftschiff abschießen." Komischerweise habe ich das Gefühl, dass Yami bei der Erwähung Kaibas etwas ernster wird. Aber nicht, weil er tatsächlich jetzt Angst bekommen würde. Vielleicht täuscht mich mein Eindruck auch, aber ich habe tatsächlich das Gefühl, dass sich die Augen des Pharaos verdunkeln, nein, sein Blick verdüstert sich etwas. Fragend sehe ich ihn an. "Was Kaiba anbelangt..." hebt er an und mein komisches Gefühl findet Bestätigung in seinen Worten. "Ich schätze, ich brauche nicht zu fragen, ob es dir ernst mit ihm ist, unabhänigig dieser ganzen Sache und der Tatsache, dass du sein Ba bist." Die Frage irritiert mich wirklich. Ja, ich bin echt überrascht. Eigentlich bedarf sie auch keiner Antwort. Yami müsste inzwischen klar sein, dass es mir sehr wohl ernst ist und Seto ebenso. Warum fragt er so was überhaupt? Er sieht mich so erwartungsvoll an, dass ich das Gefühl habe, antworten zu müssen. Ich nicke. "Ja, natürlich ist es mir ernst. Am Anfang wusste ich ja auch gar nichts von der ganzen Sache hier, meine Gefühle haben damit nichts zu tun, aber warum..." Er bringt mich mit einer einfachen Handbewegung zum Schweigen. "Ich habe euch erzählt, dass Osiris einen Tribut erwarten wird." höre ich ihn sagen und nicke erneut. Ja, ich erinnere mich daran und auch dass mir das schon gleich nicht wirklich geschmeckt hat. "Ich denke, dies wird Kaibas Prüfung werden." sagt der Pharao ernst und auch diese Aussage behagt mir nicht wirklich. "Wie meinst du das?" will ich wissen. "Bakura, Apophis und ich wurden bereits vor Jahrtausenden geprüft. Seth ebenso. Jeder von uns musste eine Aufgabe erfüllen, die zeigte, dass wir den Kampfgeist, den Siegeswillen und die bedingungslose Hingabe für unser Schicksal in uns tragen. Versagen hätte uns unserer Aufgabe entbunden. Da Kaiba nicht Seth ist, wird er sich dieser Prüfung unterziehen müssen." erklärt der Pharao und ich runzele die Stirn. "Wer sagt das? Wie kommst du darauf? Er wurde doch schon ernannt... also, dass er ein Krieger ist, ist doch eigentlich klar, oder?" frage ich verständnislos. Yami nickt. "Ja, das steht längst fest, aber diese Prüfung hat auch nichts mit dem Endkampf zu tun, Joey. Es ist vielmehr eine Art spiritueller Prüfung und wie ich bereits sagte, Osiris steht auf keiner Seite. Er hat mich damals einer Prüfung unterzogen und ich gehe davon aus, dass er es bei Kaiba nun tun wird." Ich sehe ihn abschätzend an und versuche seinen Worten zu folgen. "Dann... muss Kaiba diesen Tribut entrichten?" will ich wissen. Yami seufzt. "Jein. Der Tribut muss auf jeden Fall entrichtet werden, als Dank für die Hilfe des mächtigen Osiris. Da kommen wir keinesfalls dran vorbei. Kaiba ist im Gegensatz zu Apophis, Bakura und mir der Einzige, der Osiris noch nicht gegenüber stand. Wir werden bereits erwartet, Joey und somit erwartet Osiris auch Kaiba und ich vermute einfach, dass er dann seine spirituelle Prüfung ablegen muss." erzählt der Pharao weiter. Ich schüttele leicht den Kopf. "Gut, ok. Ich denke, ich verstehe irgendwie. Hast du es ihm gesagt? Weiß Seto, was ihm möglicherweise bevor steht?" Der Pharao verneint zu meiner Überraschung. "Ich darf ihn weder warnen, noch vorbereiten noch ihm Hilfestellung leisten. Als es damals an mir war, meine Prüfung abzulegen, führte mich Seth schweigend in die Wüste und überließ mich mir selbst. Nein, das ist eine Sache, der Kaiba sich alleine stellen muss." "Und warum erzählst du mir es dann?" Yami lächelt. "Weil ich sicher gehen will, dass du im Fall der Fälle keinen Unsinn machst, nur weil du denkst, dass Kaiba in Gefahr ist. Ich weiß schließlich nicht wie man ihn prüfen will. Mag sein, dass es für ihn gefährlich wird, aber sollte dem so sein, Joey, darfst du keinesfalls eingreifen, hast du mich verstanden?" Klar, verstehe ich ihn, aber... Ich soll Kaiba im Stich lassen, wenn er in Gefahr ist? Erwartet Yami das ernsthaft? Hat er deshalb gefragt ob es mir mit ihm ernst wäre? Sorry, ich bin gerade wieder überfordert. "Du magst das jetzt nicht verstehen und ich versichere dir, Kaiba wird nichts passieren, aber gleichgültig was geschieht, Joey, halte dich zurück. Sollte er ernsthaft in Gefahr sein, dann wirst du es wissen... aber greif nicht blindlings ein. Am Ende greifst du noch Osiris an, nur weil du der Ansicht bist, dein sturer Drache ist in Gefahr." Ok, ich schätze, ich ahne worauf er hinaus will, verstehen tue ich es aber nicht so wirklich. Aber ich vertraue Yami wie immer und er hat mich nie enttäuscht. Das mir das Ganze trotzdem nicht schmeckt, muss ich ja nicht betonen. "Sturer Drache... lass ihn das bloß nicht hören." Ich grinse unwillkürlich. "Keine Sorge." versichert mir der Pharao. "Du liebst ihn wirklich sehr, Joey." Ich bin nicht sicher ob es eine Frage oder eine Feststellung ist. Ich nicke dennoch. "Ja, auch wenn er ein sturer Drache ist." Die letzten Worte flüstere ich ihm verschwörerisch zu. Im nächsten Moment lachen wir beide und ehe ich weiß was geschieht, zieht Yami mich in seinen Arm. Im ersten Moment überrascht mich diese spontane Handlung und ich vermag sie nicht richtig zu deuten. Bislang haben wir uns noch nie so umarmt, aber dann werte ich sie als freundschaftliche Geste und erwidere den sanften Druck. Und naja, es tut gut. Ihn zu umarmen. Es gibt mir einen Teil meiner Sicherheit wieder. Warum ich die Augen dabei geschlossen habe, keine Ahnung. Als ich sie wieder öffne, steht Kaiba hinter Yami und ich spüre, dass ich rot werde. Sein Blick ist kühl und seine Stimme so nüchtern wie immer. Ohne Yami und mich eines weitern Blickes zu würdigen, erklärt er: "Wir sind da." Dann wendet er sich um zu Marik und nickt dem Ägypter zu. "Sie können zur Landung ansetzen, Roland." "Sehr wohl, Sir." erwidert der Assistent. Inzwischen habe ich mich von Yami gelöst und wir sind beide aufgestanden. Ungläubig blicke ich aus dem Fenster des Flugschiffes und der Ausblick ist einfach unbeschreiblich. Etwas vergleichbares habe ich noch nie gesehen. Es ist einfach... unfassbar. Das also sind die Anden. Wow. Kapitel 64: Expedition ---------------------- Unmöglich zu beschreiben was ich sehe als wir das Flugschiff verlassen. Diese Berge... krass. Echt, unvorstellbar. Es kommt mir fast vor als wäre ich in einer vollkommen anderen Welt. Ich hatte bis dato keine Ahnung, dass es solche Berge, solch eine Aussicht gibt. Fragend blicke ich zu Kaiba, doch der ist mit Roland beschäftigt. Wieder wandert mein Blick über die Landschaft und ich pfeife anerkennend. "Gewaltig, oder?" höre ich Yami neben mir sagen und nicke. "Gigantisch." stimme ich zu. "Das Fahrzeug wird gleich bereit sein, ich schätze, dass die Fahrt nicht zu lange dauern wird." vernehme ich Kaibas ruhige Stimme und einen Moment später steht er neben Yami und mir. "Wo genau müssen wir hin?" will er vom Pharao wissen. Bilde ich es mir ein oder ist seine Stimme wieder etwas frostiger geworden? "Zum Platz der Sonne." antwortet ihm der Pharao ruhig. Kaiba nickt. "Gut, Inti Pampa also." erwidert er. "Ich hoffe, du weißt, was genau zu tun ist." Er lässt dem Pharao keine Zeit zum antworten, sondern wendet sich wieder Roland zu. Dieser ist bereits dabei unser Fahrzeug abzuladen. "Was genau müssen wir jetzt tun?" will ich wissen und sehe den Pharao an. "Nun, Joey, wir werde die Hölle öffnen." ist die schlichte Erwiderung. Ich muss unwillkürlich lachen. Bei ihm klingt es echt so als wäre es etwas vollkommen gewöhnliches. "Wie weit ist es von hier denn noch?" wende ich mich an Kaiba. "Ich schätze, wir werden eine halbe Stunde brauchen, wenn wir zügig voran kommen." antwortet er und wieder habe ich das Gefühl, dass sich etwas an seinem Verhalten verändert hat oder bilde ich mir das nur ein? "Schade, dass wir nicht bis ganz oben hin fliegen konnten..." sinniere ich laut. "Das wäre auch ohne Touristenmassen unmöglich gewesen. Die termischen Bedingungen erlauben es nicht, auf dem Berggipfel zu landen." erklärt mir mein Eisprinz ruhig. "Die Inka haben diesen Platz hervorragend gewählt. Der perfekte Platz für eine Festung." Einen Moment lang habe ich das Gefühl, dass Bewunderung in seiner Stimme mitschwingt und mustere ihn erstaunt. Kaiba zeigt selten, dass er etwas oder jemanden bewundert. Eigentlich hat er das noch nie gezeigt. Aber scheinbar nötigt ausgerechnet diese Ruinenstadt ihm Respekt ab. Was auch erklären könnte, dass er so viel darüber weiß. "Augenblicklich haben wir perfekte Bedingungen, es ist noch sehr früh. Wenn wir Glück haben, können wir den Touristen entgehen." fährt der Eisprinz fort. "Das Mobil wäre startklar, Sir." vernehme ich Rolands nüchterne Stimme und schlagartig ist meine Nervosität wieder da. Jetzt geht es tatsächlich los, wir fahren zu der alten Inkastadt. Kaiba wendet sich an seinen Assistenten. "Sehr gut, Roland, Danke. Sie wissen was sie zu tun haben?" Roland nickt. "Natürlich, Master Kaiba. Ich habe mir erlaubt, noch weitere Kommunikator in den Wagen zu legen, vielleicht brauchen sie diese bei ihrer Expedition in die Hölle." Wieder muss ich lachen. Man stelle sich vor, wir stehen hier am Fuß des Bergen, unweit eines kleinen peruianischen Dorfes und Kaibas perfekt gekleideter Assistent hat gerade die notwendigen Vorkehrungen getroffen, denen es für unsere Reise in die Hölle bedarf. Das ist echt besser als in jedem Film. Ich komme mir fast schon vor wie Indiana Jones. Genial, einfach genial. Und Roland ist unbezahlbar. "Sie sind echt der Schärfste, Roland." verkünde ich daher. Kaibas Assistent bedenkt mich mit einem Blick, den ich leider Dank seiner Sonnenbrille nicht sehen kann. "Danke, Master Joey." erwidert er. "Einsteigen." befieht Kaiba und wenige Minuten später geht die Fahrt auch los. "Zuerst müssen wir zur großen Sonnenuhr." erklärt Shadi, der vollkommen entspannt auf der Rückbank sitzt. "Diese werden wir mit Hilfe des Milleniumspuzzels aktivieren und so das Tor öffnen, welches uns in Osiris Reich führen wird." Ah ja. Danke für die Erklärung. Klingt ja wieder einmal vollkommen easy. Sonnenuhr aktivieren, Hölle öffnen... Na, bin mal gespannt ob das auch so leicht wird, wie es klingt. Ich bezweifle es. Bei unserem Glück taucht Bakura auf und sorgt für Ärger und naja, dann ist da noch die Sache mit dieser Prüfung. Mist, leider hatte ich keine Zeit Yami weiter auszufragen. Muss Kaiba sich jetzt tatsächlich dieser Sache unterziehen oder vermutet das der Pharao nur? Dass ich im Fall der Fälle die Füße still halten soll, gefällt mir nach wie vor nicht wirklich, auch wenn ich weiß, dass Yami sicher seine Gründe dafür hat. Gut, es wäre sicher auch peinlich, wenn ich mich mit dem Chef des Totenreichs anlegen würde, wobei ich das für meinen Kaiba auch noch tun würde. Immerhin bin ich der mächtige Joey Wheeler. Hach, das gefällt mir echt. Eigentlich mit das Einzige bei der Sache, dass mir wirklich gefällt. Mächtiger Joey. Wenn die Nummer hier vorüber ist, werde ich das Duke und Tristan immer wieder auf´s Brot schmieren. Aber bis dahin gibt es scheinbar noch einiges zu tun. Fuck. Mein Blick wandert zu Kaiba, der ruhig und fast schon entspannt, am Steuer sitzt. Unwillkürlich muss ich an seinen Blick vorhin im Flugschiff denken als er mich dabei erwischt hat wie ich den Pharao umarmte. Wenn ich meinen Eisprinzen richtig einschätze und das tue ich für gewöhnlich, dann hat ihm das nicht nur gar nicht geschmeckt, nein, er wird auch sauer sein. Vielleicht sollte ich ihm das noch erklären bevor wir ins Totenreich hinab steigen? Besser wär´s vielleicht. Fragend wandert mein Blick zum Pharao, der neben Kaiba auf dem Beifahrersitz Platz genommen hat. Warum hat er mich eigentlich umarmt? Das ist doch sonst nicht seine Art? Ich kann mich nicht erinnern, dass er so was je getan hat - bei mir nicht und auch bei keinem der anderen. "Ich schlage vor, dass wir etwas abseits parken, das Fahrzeug fällt sonst nur unnötig auf und wir liegen recht gut in der Zeit, folglich dürfte ein kleiner Fußmarsch uns nicht unnötig aufhalten." Der Pharao nickt. "Ja, das denke ich auch." Ich sehe wie er Kaiba einen forschenden Blick zu wirft. "Du scheinst diesen Ort gut zu kennen oder irre ich mich?" Stimmt, das ist mir auch aufgefallen. Entweder hat er ne Menge über dieses Inkazeugs gelesen oder er war schon mal da. "Vor zwei Jahren habe ich mir die Ruinen angesehen." erwidert Kaiba kühl. Yami nickt. Wow, ich hätte jetzt nicht gedacht, dass er Interesse an diesen Dingen hat. Es passt so gar nicht zu ihm. "Ich werde abseits der Serpentinenstrecke halten, dann können wir den alten Inkapfad nehmen." Wieder nickt der Pharao und kaum zehn Minuten später verlassen wir die Straße und der Wagen kommt zum stehen. Wieder kann ich mich nur staunend umsehen. Der Anblick ist einfach berauschend. Dieses Gebirge... es ist einfach gigantisch und für einen Moment frage ich mich, wie sich hier wirklich eine Stadt befinden kann. Die Straße... naja, bei uns würde sie bestenfalls als besserer Feldweg durchgehen... Wie hat man hier oben also eine Stadt erbauen können? Erstaunlich... Fasziniert blicke ich mich um und nehme jetzt erst wahr, dass es gerade erst dämmert. Ja, wir sind tatsächlich früh an. Auf Touris dürften wir also wohl kaum stoßen. Für die wären wir auch sicher ein Schock. Unwillkürlich mustere ich unsere kleine Runde. Kaiba trägt wie gewöhnlich seinen Ich-trotze-der-Schwerkraft-Mantel und Yami ist auch nicht gerade unauffällig unterwegs. Ich schätze, ich bin noch derjenige, der am wenigsten auffallen würde. Shadi und Marik wirken auch wie aus einer anderen Welt. Mann, ich lache schon wieder. Zum Glück haben wir die anderen nicht mitgenommen. "Hier lang." Kaiba wartet keine Antwort ab, sondern schickt sich schon an voraus zu schreiten. Schweigend folgen wir ihm entlang der Straße bis zu einer kleineren Mündung. Ein kleiner Pfad tut sich auf, naja, so klein nun auch wieder nicht. Es ist deutlich ersichtlich, dass hier schon eine Menge Leute herumgelaufen sind. Keiner sagt etwas während wir den Rest des Weges zurück legen. Ich bin etwas erstaunt als ich plötzlich Stufen vor uns erblicke, aber Kaiba geht so zielstrebig weiter, dass ich keine Zeit habe mich wirklich umzusehen. Was mich dann aber wirklich erstaunt ist, dass sich ein Hotel vor meinen Augen abzeichnet. Erst glaube ich, dass es eine Fata Morgana sein muss, aber nein. Da auf dem Berg steht tatsächlich ein Hotel. Unfassbar. Aber erneut bleibt mir keine Zeit mich groß zu wundern, denn keiner der anderen hält auch nur einen Moment inne und ich muss sprinnten, um zu verhindern, dass sie mich abhängen. Und dann... dann sehe ich es. Wow. Also, das was ich sehe, das ist unfassbar. Gigantisch. Krass. Vor mir erstrecken sich die ersten Ruinen und ihr Ausmaß ist fast schon furchteinflößend. Wie muss das hier erst ausgesehen habe als alles noch richtig stand? Kaiba bemerkt meinen ungläubigen Blick und lächelt. "Das Sonnentor." bemerkt er. "Und das ist erst der Anfang. Dies ist wohl der beeindruckenste Ort auf dem ganzen Planteten." Ich blinzele ihn an und sehe wie er Yami ein spöttisches Lächeln schenkt. "Die Pyramiden in allen Ehren... was die Inkas hier vollbracht haben, übersteigt diese bei weitem." Zu meiner Verwunderung nickt der Pharao zustimmend und naja, Kaiba hat Recht. Wieder einmal. Fasziniert dringen wir weiter vor und ich komme aus dem Staunen nicht mehr aus. Diese Steine... es kommt einem vor als müssten Titanen sie aus dem Fels gehauen haben. Ein gewaltiges Gebilde aus steinernen Terrassen, die durch schwere Steinstufen verbunden sind. Nicht einmal die Natur hat nach all den Jahrhunderten vermocht den Glanz zu trüben was hier errichtet wurde. "Bis zum Platz der Sonne ist es noch ein Stück, wir sollten uns beeilen. Augenblicklich fallen wir noch nicht auf, aber das kann sich schlagartig ändern." Schweigend folgen wir Kaiba, wandeln entlang der gigantischen Steinmonolithen und ich verstehe seine Faszinantion für diesen Ort mit jedem Schritt mehr. Das hier ist einfach... es übersteigt meine Vorstellungskraft. Und beschreiben lässt es sich erst recht nicht. "Dann weißt du sicher auch wo die große Sonnenuhr ist." meint der Pharao neben mir. Kaiba nickt. "Das ist noch ein Stück weiter." erwidert er. Mann, wir haben echt Glück, dass er schon mal hier war. Ohne Plan hätten wir hier ewig suchen können und so groß wie das Gelände ist, hätte es sicherlich auch ne Weile gedauert bis wir unser Ziel gefunden hätten. Es vergehen weitere fünfzehn Minuten bis Kaiba seinen Arm hebt und in eine Richtung deutet. "Dort." sagt er nur und mein Herz schlägt unwillkürlich schneller. Meine Schritte beschleunigen sich fast von selbst und als wir unser Ziel erreicht haben, bin ich nicht der Einzige, der gebannt den Atem anhält. Die Sonnenuhr an sich ist schon gewaltig und eindrucksvoll, aber die Aussicht, das Panorama... Mir fehlen die Worte. Kaiba lächelt und sein Blick wandert über das Gebirge zu unseren Füßen, dass smaragdgleich zu leuchten scheint. Einzig der Gedanke an unser Vorhaben lässt verhindert, dass wir uns weiterhin gebannt umsehen. Yami ist der Erste, der auf die Sonnenuhr zutritt und sie mustert. Ok, ich muss zugeben, dass ich mir das Ding doch etwas anders vorgestellt habe. Wie eine Uhr sieht es jetzt nicht unbedingt aus und ich frage mich unwillkürlich, wie das Gebilde überhaupt als solche funktionieren kann. "Und nun?" frage ich unsicher und blicke fragend zum Pharao, der wiederum Shadi einen Blick zuwirft. "Das Puzzel." sagt er Ägypter nur und Yami nickt. Mit ernster Miene tritt er vor den Stein und nimmt sein Puzzel in beide Hände. Es dauert nicht lange und der Anhänger beginnt golden zu leuchten. Yami sagt etwas, aber ich verstehe es nicht. Er hat die Augen geschlossen und scheint sich vollenst auf sein Puzzel zu konzentrieren. Das Leuchten wird zunehmend stärker und ich muss mir die Hand vor die Augen halten. Was dann passiert, sehe ich nicht genau. Ein gebündelter Lichtstrahl scheint von dem Puzzel direkt auf den Felsen überzugehen und einen Augenblick später ist alles in gleißendes Licht getaucht. Dann scheint der Lichtstrahl wiederum gebündelt zu werden, wobei er dieses Mal gebrochen wird und danach in eine bestimmte Richtung zu zeigen scheint. Gebannt halte ich die Luft an und versuche mit den Augen dem Strahl zu folgen. "Dort hinten liegt der Mondtempel." erklärt mir Kaiba ruhig. Ich nicke unwillkürlich. Scheint als wäre dieser nun unser nächstes Ziel. Es dauert allerdings noch ein Paar Minuten bis die Helligkeit nachlässt und der Pharao das Puzzel sinken lässt. "Dann auf zur Höhle." meint Kaiba schließlich. Yami nickt und wir setzen uns in Bewegung. "Was ist der Mondtempel?" frage ich an Kaiba gewandt. "Ein Tempel, der in eine kleine Höhle gebaut wurde und in dem unter anderem geopfert wurde. Die Ausrichtung des Tempels ist exakt an die Mondbahn angepasst. Bei Vollmond wurde der Raum so erhellt." ist die Antwort und kurze Zeit später sehe ich das Ding auch endlich. "Krass." entfährt es mir. Und das trifft es echt. In den kargen Felsen ist eindeutig ein Tempel gehauen worden. An sich jetzt nichts so ungewöhnliches, aber die Arbeit ist so exakt, so präzise, dass es mir die Sprache verschlägt. "Ja, krass." vernehme ich plötzlich eine Stimme. "Ich hätte eigentlich schon früher mit euch gerechnet." Schlagartig spüre ich wie sich alles in mir zusammen zieht. Noch bevor ich den Sprecher sehe, weiß ich wer da vor uns erscheinen wird. Und ja, Bakura kommt uns aus der Höhle entgegen. Ich schlucke unwillkürlich als sein Blick mich streift. "Hallo, mein süßer Joey." sagt der Grauhaarige und leckt sich genüßlich mit der Zunge über die Lippen ehe die sich wieder zu einem diabolischen Grinsen verziehen. "Ich habe euch bereits erwartet." Lässig lehnt er sich an eine der felsigen Wände. "Ihr habt doch nicht gedacht, dass ihr so einfach ins Totenreich spazieren könntet, oder?" Kapitel 65: Unfriede -------------------- Hallo, meine Lieben, sorry, dass ich euch hab so lange warten lassen, aber ich musste erst einmal eine andere FF beenden, um meine Aufmerksamkeit wieder dieser widmen zu können, die nach wie vor mein Lieblingsprojekt ist. Dazu kommt noch der Weihnnachtsstress, naja, ihr wisst ja wie das ist. Ich hoffe, ihr habt immer noch Spaß an der Geschichte. Viel Vernügen beim Lesen. "Erstaunlich, wie berechenbar du bist, Bakura. Du denkst doch hoffentlich nicht ernsthaft, dass wir nicht gewusst hätten, dass du hier auftauchen würdest?" Kaiba lacht, aber Bakura geht auf seine sarkastische Bemerkung nicht ein. Seine Augen ruhen auf dem Pharao und dem Kästchen in seiner Hand. Vage nehme ich wahr, wie seine Hand zu seinem Milleniumsring wandert und dann erscheint plötzlich Marik in meinem Sichtfeld, den Milleniumsstab erhoben. Was hat der denn jetzt vor? "Dir müsste klar sein, dass du im Grunde keine Möglichkeit hast, uns von unserem Vorhaben abzuhalten, Bakura." vernehme ich Yamis ruhige Stimme. Der Weißhaarige grinst. "Wer hat gesagt, dass ich euch davon abhalten will?" fragt er gelassen und mir entgeht keineswegs sein verschlagener Blick. Innerlich versuche ich mich auf alles mögliche vorzubereiten. Mittlerweile weiß ich schließlich nur zu gut, dass Bakura zu allem fähig ist und bei der Verfolgung seiner Ziele die unwahrscheinlichsten Wege einschlägt. Unruhig beobachte ich ihn. "Ach? Warum solltest du dann hier sein?" frage ich und er bedenkt mich mit einem amüsierten Blick. Sofort beiß ich mir auf die Zunge. Blöde Frage. Die hätte ich mir echt sparen können. Er legt den Kopf schief und tut so als würde er überlegen. "Nun, da gibt es verschiedene Möglichkeiten..." sinniert er immer noch grinsend. "Ich könnte Spaß daran haben, euch eure Mission zu erschweren, zum Beispiel." Er zuckt unbekümmert mit den Schultern. Kaiba verdreht genervt die Augen. "Verschon uns mit deinen Spielchen. Komm zum Punkt oder verschwinde. Oder kannst du es nicht früh genug erwarten, die nächste Lektion erteilt zu bekommen?" zischt mein Eisprinz und seine Schläfen zucken gefährlich. Bakura lacht. "Wenn ich mich recht erinnere, Kaiba-Boy, war es dein Schoßhündchen, dass mir bei unserem letzten Zusammentreffen, eine Lektion erteilt hat. Du hast, wenn ich mich recht erinnere... geschlafen?" Instinktiv blicke ich zu Kaiba, versuche ihm einen warnenden Blick zu zuwerfen, aber zu meiner Erleichterung reagiert er vollkommen gelassen auf diese Provokation. Er hat den schönen Mund zu einem spöttischen Lächeln verzogen. "Und das Schoßhündchen hat dir ordentlich eingeheizt, wenn ich mich nicht irre, Bakura." erwidert er gelassen. "Und hat Joey dich nicht auch noch überrumpelt? Hm... Muss ein schlechter Tag gewesen sein, was?" Bakura funkelt ihn wütend an, doch ehe er etwas sagen kann, mischt sich der Pharao in den Disput ein. "Können wir zum Punkt kommen?" fragt er. Bakura wendet sich von Kaiba ab und richtet seinen Blick auf Yami. "Aber gerne doch, Pharao. Die Zeit drängt ja, nicht wahr?" entgegnet er. Er scheint auf eine Erwiderung zu warten, aber keiner von uns tut ihm diesen Gefallen und er verzieht gespielt schmollend den Mund. "Keine Zeit für Smalltalk, was?" Er seufzt. "Gut, dann kommen wir eben zum Punkt, wenn ihr es nicht erwarten könnt." Sofort ist da wieder dieses diabolische Grinsen und mein Unbehagen wächst. Aber ich sehe auch deutlich, dass Yami sich auf alles vorzubereiten versucht. Bakura wirkt allerdings keineswegs so als würde er uns gleich angreifen. Eigentlich steht er mehr als lässig da und betrachtet jetzt in Ruhe seine Fingernägel. Mann, der Typ hat echt Nerven. Ich weiß nicht was ich von dem Gehabe halten soll. "Bakura!" Yami´s Stimme verrät seine Ungeduld und die Tatsache, dass der Pharao ungeduldig ist, beunruhigt mich etwas, normalersweise ist er die Gelassenheit in Person, fast schon erschreckend chillig, aber augenblicklich macht er den gleichen Eindruck wie Kaiba und unwillkürlich kommt mir wieder einmal der Gedanke, dass die Beiden sich wirklich nicht so unähnlich sind. Mein Eisprinz hat die Arme vor der Brust verschränkt und ich ahne, dass es in seinem Inneren bereits brodelt. Bakura´s Bemerkungen haben ihn durchaus gereizt, auch wenn er es sich nicht hat anmerken lassen, ein Wunder, dass er sich unter Kontrolle hatte. Ich hätte echt damit gerechnet, dass er ausrasten würde als Bakura das mit dem verschlafen anmerkte. Der Weißhaarig seufzt gespielt genervt und wirft dem Pharao einen giftigen Blick zu. "Herrje... Ihr seid aber auch ungeduldig. Aber gut. Kommen wir zum Wesentlichen." Seine Haltung verändert sich schlagartig. War er eben noch lässig und scheinbar entspannt, so wirkt er jetzt lauernd und so verschlagen wie ich ihn nur allzu gut kenne. "Ich könnte mir jetzt ein kleines Duell mit euch liefern, aber das wäre reine Zeitverschwendung." erklärt Bakura grinsend. "Auch wenn es mich in den Fingern juckt, so halte ich es augenblicklich für besser, wenn wir eine Art Waffenstillstand schließen." Ich glaub ich höre nicht recht. Was soll das denn jetzt? Waffenstillstand? Hallo, geht´s noch? Wie kommt er denn auf diese Idee? Und überhaupt, was soll das bringen? Ich blicke zu Yami, der sich Bakura´s kleine Rede unbewegt angehört hat. "Das heißt, du willst uns begleiten." stellt der Pharao ruhig fest. Bakura´s Grinsen wird wieder breiter. "Exakt." erwidert er und ich habe keine Ahnung was ich davon halten soll. Auch Kaiba scheint nicht zu wissen was diese Entwicklung zu bedeuten hat. "Und warum, wenn ich fragen darf?" höre ich Yami sagen, aber irgendwie habe ich so das Gefühl, dass er es längst weiß. Bakura richtet sich zu voller Größe auf. "Nun, eigentlich nur um sicher zu gehen, dass auch alles so verläuft, wie es zu laufen hat." entgegnet er vielsagend und ich sehe wie der Pharao nickt. "Die Prüfung." sagt er und meine Augen weiten sich. Bakura nickt ebenfalls. "Jepp, deshalb bin ich hier. Und es beruhigt mich ungemein, dass du diesen Punkt nicht vergessen hast, Pharao." Sein Blick streift für einen Moment Kaiba, der das allerdings nicht wirklich zu bemerken scheint. "Immerhin wollen wir doch, dass in vier Tagen, wenn es soweit ist, alles fair abläuft, oder?" Einen Moment scheint Yami zu überlegen was er antworten soll. Schließlich nickt er langsam. "Da du wahrscheinlich nicht auf mein Wort vertrauen wirst, haben wir wohl keine andere Wahl als dich mitzunehmen." "WAS?" entfährt es mir entgeistert und ich starre meinen Freund an. Auch Kaiba scheint irritiert über diese Worte. Bakura grinst noch immer. "Du weißt ja wie es heißt, Vertrauen ist gut..." "Hättest du die Güte mir zu sagen, was dieser Verrückte damit meint?" höre ich Kaiba mit scharfer Stimme fragen. Sein Blick ist auf den Pharao gerichtet. "Das heißt, dass wir noch etwas hier zu erledigen haben, außer der Aktivierung der Macht." entgegnet dieser ruhig. Kaiba´s rechte Braue schnellt fragend in die Höhe. "Ach, und wann wolltest du uns diesen Umstand mitteilen?" fragt er spöttisch. "Dafür, dass du so ein Verfechter des Teamplays bist, enthältst du uns erstaunlich viele Informationen vor." Ich spüre förmlich, dass er wütend ist, nein, sauer. Sein Gesichtsausdruck verrät zwar nichts davon, aber ich weiß es und ich verstehe auch ehrlich gesagt nicht, warum Yami nicht schon früher mit der Sprache rausgerückt ist. Herrje, Kaiba und er sind jetzt ein Team. Wir sind ein Team. Also sollten auch alle über die wichtigen Dinge in Kenntnis gesetzt werden, oder? Geheimniskrämerei ist augenblicklich alles andere als hilfreich, zumal sich Kaiba und der Pharao immernoch auf dünnem Eis bewegen. "Na, vielleicht hatte der Pharao Angst, dass du kneifen würdest, wenn er dir erzählt, was dich erwartet, Kaiba." sagt Barkura mit einem süffisanten Blick auf Kaiba. "Wie bitte?" zischt dieser zurück. Oh oh. Seine Schläfen zucken verdächtig und ich hab auch den Eindruck, dass seine Zähne leicht knirschen. Bakura´s Augen funkeln vergnügt. "Dich erwartet eine hübsche kleine Prüfung, Kaiba." erwidert er lässig. "Ups, habe ich jetzt etwa zuviel verraten?" Sein triumphierender Blick streift jetzt den Pharao und ich spüre, dass ich mich einschalten muss. "Dieser Osiris wird dich prüfen, Kaiba." erkläre ich ihm schnell. "Als Krieger musst du dich dieser Prüfung unterziehen. Yami konnte es dir nicht eher sagen, er darf dich nicht darauf vorbereiten." Die Worte sprudeln nur so aus mir heraus, doch kaum sind sie über meine Lippen, könnte ich mir auch schon an den Kopf schlagen, denn Kaiba´s eisiger Blick legt sich auf mich und wahrscheinlich vermutet er jetzt, dass ich noch mehr Geheimnisse mit Yami habe. Und er denkt wohl auch an die Umarmung zwischen dem Pharao und mir. Fuck, ich bin aber auch ein Dulli. Er hat die Lippen fest aufeinander gepresst und mustert mich nun eingehend. Ich schlucke. "Scheint als wäre dein Ba besser informiert als du, na, vielleicht auch besser so, Kaiba." Bakura lacht und ich sehe wie es in Seto´s Augen aufleuchtet. Er wirbelt herum und ehe ich weiß was geschieht macht er auch schon einen Satz nach vorne und packt Bakura am Kragen. Unsanft, naja, eigentlich brutal drückt er ihn gegen die Felsenwand. Einen Moment ist der Weißhaarige irritiert. Ich sehe deutlich, dass seine Augen sich weiten und Kaiba ihn definitiv überrumpelt hat. "Fordere mich nicht heraus, Bakura. Ich warne dich." zischt mein Eisprinz und seine Stimme jagt mir einen Schauder über den Rücken. Er ist eindeutig wütend. Mehr noch als das. Und die Tatsache, dass er Bakura angreift zeigt wie wütend er ist. Normalerweise würde er sich sicher nicht zu so einer Entgleisung verleiten lassen. "Lass ihn los, Kaiba." vernehme ich Yami´s Stimme. Er klingt scharf und ehrfurchtgebietend, aber Kaiba scheint sich davon keineswegs beeindrucken zu lassen. "Du wirst deine Worte noch bitter bereuen, Bakura." höre ich meinen Liebsten sagen und wäre ich an Bakura´s Stelle, ich würde Angst kriegen. Die blauen Augen sind zu gefährlichen Schlitzen verengt und das ist nie ein gutes Zeichen. Bakrua´s Grinsen wirkt auch keineswegs so sicher, wie er es sich wohl wünscht. Einen Momente funkeln die Beiden sich an. Dann lässt Kaiba ihn schlagartig los und der Weißhaarige sinkt zu Boden, ist jedoch sofort wieder auf den Beinen. Als Seto sich wieder zu Yami umwendet, sind seine Züge wieder vollkommen ruhig. Die Maske sitzt wieder, aber seine Augen verraten eindeutig, dass seine Wut noch nicht verraucht ist und dass sie keineswegs nur Bakura gilt. "Raus mit der Sprache, was für eine Prüfung meint er?" herrscht er den Pharao an. Mich scheint er gar nicht weiter zu beachten. Yami seufzt. "Es ist wie Joey es bereits gesagt hat. Du wirst dich als Krieger einer Prüfung unterziehen müssen, die Osiris dir auferlegen wird. Wie diese aussieht, vermag ich dir nicht zu sagen und es ist mir auch nicht gestattet, dir weitere Informationen darüber zu geben. Nur soviel, Seth, Apophis, Bakura und ich haben sie ebenfalls ablegen müssen und wenn du in vier Tagen an meiner Seite kämpfen willst, dann wirst auch du es tun müssen. Du hast keine Wahl." erklärt der Pharao erstaunlich ruhig. Bakura hat sich scheinbar wieder vollkommen gefasst und schickt sich an wieder irgendeinen unsinnigen Kommentar abzugeben, doch Kaiba kommt ihm zuvor. Ich kann sehen, dass es in seinem Kopf auf Hochtouren arbeitet. Er strafft die Schultern, bringt seinen Mantel, der bei der kleinen Aktion gerade in Unordnung geraten ist, wieder in Form und sieht den Pharao mit altbekannter Gleichgültigkeit an. "Ich habe immer eine Wahl. Merk dir das." sagt er und fast rechne ich damit, dass wir jetzt ernsthafte Probleme diesbezüglich bekommen, aber er fährt bereits fort. "Wir sollten das jetzt hinter uns bringen. Und wenn dieser Verrückte unbedingt mitkommen will, bitte. Aber du wirst ein Auge auf ihn haben!" Er bedenkt Yami mit einem vielsagenden Blick. "Und was dieses Sache an sich anbelangt, darüber werden wir später noch reden." fügt er hinzu. "Falls du sonst noch irgendwelche Geheimnisse vor mir hast, dann rate ich sie dir jetzt offen zu legen. Andernfalls wirst du es noch bereuen." Für einen Moment sieht er Yami herausfordernd an. Dieser nickt langsam. "Ich habe keine weiteren Geheimnisse, Kaiba." versichert er ihm. Kaiba verzieht spöttisch den Mund. Ob er ihm wirklich glaubt, hm, schwer zu sagen. Ich glaube dem Pharao jedenfalls und ich hoffe für ihn, dass es auch die Wahrheit ist, denn ich glaube kaum, dass Kaiba ihm noch einmal so eine Nummer durchgehen lassen wird. "Ich entschuldige mich dafür, dass du erst jetzt davon erfährst, Kaiba." höre ich den Pharao zu meiner Überraschung sagen und ich habe sogar den Eindruck, dass er sich leicht vor Kaiba verneigt. "Aber in Anbetracht der Situation hielt ich es für besser bis jetzt zu schweigen. Hätte Bakura mir nicht vorgegriffen, so hätte ich dich von allem in Kenntnis gesetzt noch bevor wir Osiris gegenüber stehen." Ich glaube, nicht nur mir verschlagen die Worte des Pharao´s den Atem und ich muss echt sagen, er erstaunt mich gerade sehr. Er hat sich echt bei Kaiba entschuldigt, aber mehr noch. Er hat gerade alles dafür getan, um die Situation zwischen ihnen beiden wieder zu entspannen. Das rechne ich ihm hoch an und ich verstehe immer mehr, was es mit seiner Stärke auf sich hat, denn ich schätze, es ist ihm keineswegs leicht gefallen, über seinen Schatten zu springen. Immerhin hat er ja nicht wirklich einen Fehler gemacht. Eigentlich hat er wohl nur Kaiba´s Art richtig eingeschätzt, denn hätte er ihm früher von dieser Prüfung erzählt, hätte dieser sicher nicht locker gelassen und Fragen gestellt, tja und diese kann er nach den Regeln wohl nicht beantworten. Aber auch mein Eisprinz erstaunt mich wieder einmal. Er bedenkt den Pharao mit einem undefinierbaren Blick und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glauben, dass eine gewisse Anerkennung darin liegt. Er nickt kaum merklich. "Nun gut, Yami. Vergessen wir den Punkt." sagt er zu meiner Erleichterung und ich glaube, es ist das erste Mal, dass er den Pharao direkt anspricht. Wow. Es geschehen echt noch Zeichen und Wunder. Doch unserer Sache kann das hier nur dienlich sein. Fehlt ja noch, dass die Beiden aufeinander los gehen. "Was seid ihr doch für eine vergnügliche Truppe." bemerkt Bakura und applaudiert. "Also wirklich... ihr werdet ja noch ein wahres Dreamteam." Er lacht und verstummt erst als Kaiba ihm über die Schulter einen eisigen Blick zu wirft. Wahrscheinlich ahnt er instinktiv, dass er es jetzt nicht noch weiter treiben sollte. "Können wir aufbrechen?" Kaiba ist sichtlich ungehalten. Ich schätze, dass sollten wir jetzt wirklich. Andernfalls wird er wirklich noch explodieren. Yami nickt und schreitet auf die Höhle zu. Marik, Shadi und ich folgen ihm sofort auf dem Fuße und erst jetzt erkenne ich eine Art Tunnel, den ich vorher nicht bemerkt habe. Es scheint als führe er in das Innere des Berges. Vor dem Loch bleibt Yami noch kurz stehen und blickt zu Bakura, der nun wieder dieses diabolische Grinsen zur Schau trägt. "Waffenstillstand." sagt der Pharao und bedenkt den Weißhaarigen mit einem vielsagenden Blick. "Aber glaub nicht, dass auch nur einer von uns dir trauen würde. Und falls du denken solltest, du könntest die Prüfung sabotieren, dann vergiss nicht, dass Osiris selbst dich zur Rechenschaft ziehen wird." Bakura gibt einen verächtlichen Laut von sich. "Spar dir deine Belehrungen, ich kenne die Regeln genauso gut wie du." zischt er den Pharao an. "Wie gesagt, ich bin nur hier als stiller Beobachter, um sicherzugehen, dass die Regeln eingehalten werden. Weiter nichts." Yami erwidert nichts darauf. Hoch erhobenen Hauptes schreitet er an dem Verrückten vorbei und betritt den felsigen Gang. Bakura tut es ihm gleich und setzt sich ebenfalls in Bewegung. Shadi ist der Dritte, der in den Tunnel tritt und als Kaiba sich ebenfalls anschickt zu folgen, packe ich ihn am Arm. Fragend sieht er mich an. "Yami hat mir erst im Flugschiff davon erzählt." erkläre ich ihm. "Und ich weiß auch nicht mehr." Er nickt leicht und will sich schon wieder abwenden, doch ich halte ihn noch immer fest. "Was auch immer du denkst, der Pharao verheimlicht dir nichts. Und ich auch nicht." sage ich ernst. "Diese Umarmung... mach dir darüber keine Gedanken, ok?" Er mustert mich kurz und ich lächele ihn unwillkürlich an. Ich weiß auch nicht warum ich ihm das sage, warum ich den Wunsch verspüre ihm die Situation zu erklären, aber etwas in mir sagt mir, dass ich es tun muss. "Wenn du es sagst." erwidert er und für einen Augenblick habe ich das Gefühl, dass es wieder sarkastisch gemeint ist. Doch dann entspannen sich seine Züge und der Anflug eines Lächeln huscht über sein Gesicht. "Ich vertraue dir doch, Hündchen." sagt er und mir fällt ein Stein vom Herzen. "Ähm... gut." bringe ich verlegen hervor und komme mir irgendwie dämlich vor. Dachte ich wirklich er wäre eifersüchtig? Herrje, ich werde echt noch total weich in der Rübe. "Komm, Wheeler, bringen wir die Nummer hier hinter uns." meint er und ergreift meine Hand, um mich mit sich in den Tunnel zu ziehen. Ich nicke und folge ihm. "Weißt du, Kaiba, du erstaunst mich wirklich immer wieder." bemerke ich im gehen und dem Geräusch nach zu urteilen, dass er von sich gibt, verkneift er sich gerade ein Lachen. "Na, dann wollen wir mal den Totengott besuchen." vernehme ich Bakura´s Stimme. Er klingt als habe er eine Menge Spaß. Kapitel 66: Präludium --------------------- Hallo, meine Lieben, es geht nun - nach einer Ewigkeit - endlich weiter. Sorry, dass ihr so lange auf die Fortsetzung warten musstet, aber irgendwie hatte ich lange Zeit keine rechte Muse weiterzuschreiben, obwohl die nächsten Kapitel schon mehr oder weniger fertig waren. Und dann musste ich mich auch selbst erst wieder in die Story einlesen. Inzwischen bin ich wieder voll "drin" und zur Zeit auch in genau der richtigen Stimmung für "Ein Blick hinter das Eis". Ihr werdet also auf weitere Kapitel nicht mehr so lange warten müssen. Weiterhin viel Spaß! Es ist kalt, feucht und dunkel und ich habe keine Ahnung wohin wir eigentlich gehen. Mir kommt es vor als würden wir schon eine Ewigkeit abwärts gehen und bislang ist außer diesem Tunnel auch nicht viel zu sehen. „Wie weit ist es denn noch?“ will ich wissen und kassiere dafür einen verächtlichen Blick von Bakura. Yami zuckt mit den Schultern. „Ich weiß es nicht.“ gibt er zu, was nicht unbedingt beruhigend ist, angesichts dessen wohin wir eigentlich unterwegs sind. Mein Blick wandert zu Shadi. „Der Weg wird zu Ende sein, wenn er zu Ende ist.“ meint der Ägypter und ich verdrehe die Augen. „Na, toll. Das ist ja mal ne klare Ansage.“ entgegne ich und schüttele leicht den Kopf. Bakura lacht. „Machst du etwa jetzt schon schlapp, Hündchen?“ fragt er spöttisch und ich funkele ihn wütend an, sage aber nichts. Jedes Wort an diesen Irren wäre verschwendet. Also nehme ich mir fest vor ihn fortan zu ignorieren. Ich werfe Kaiba kurz einen Seitenblick zu. Seine Züge verraten mal wieder nichts. Typisch. Aber er ist hochkonzentriert, daran besteht zumindest kein Zweifel und ich schätze mal, dass es in seinem hübschen Köpfchen auch gehörig rattert nachdem was Yami ihm vorhin offenbart hat. Erstaunlich, dass er trotzdem so ruhig bleiben kann. Ich bin ja jetzt schon hibbelig ohne Ende und mich erwartet keine Prüfung. Die Prüfung... Erneut frage ich mich was es damit wohl auf sich hat. Yami´s ausdrückliche Warnung mich nicht einzumischen, kommt mir spanisch vor. Ich meine, ich bin doch Kaiba´s Ba. Also ist es doch sozusagen meine Aufgabe einzugreifen. Hm. So ganz verstehe ich das Ganze immer noch nicht, aber ich hoffe, dass der Pharao weiß was Sache ist. Schweigend ziehen wir weiter und als ich gerade glaube, dass dieser verfluchte Tunnel nie ein Ende nehmen wird, nimmt er doch ein Ende und mündet in eine Art Halle, naja, eigentlich nur eine Höhle, wären da nicht zwei riesige Säulen, die sich deutlich vom übrigen Felsen abheben. Ich schätze, dass die Symbole darauf, ägyptisch sind. Zumindest erinnern sie schwer an die Zeichen, die ich in Ägypten gesehen habe, aber das sind auch noch weitere, die mir noch unverständlicher sind als die Hieroglyphen. „Komische Strichmännchen.“ bemerke ich und deute auf den unteren Sockel einer der Säulen. Der Pharao lacht. „Das sind Runen.“ erklärt mir Kaiba ruhig und ich mustere die Zeichen erneut. Das also sind Runen. Davon habe ich natürlich schon gehört. Irgend so ein nordisches Ding, wenn ich mich nicht irre. Yami mustert ebenfalls die riesigen Säulen und auch Kaiba´s Blick schweift abschätzend durch den Raum. Ich wette, er kann die Zeichen lesen. Und das nicht nur, weil er ist wer er ist... ich meine, wegen der Verbindung mit Seth und so. Ich frage mich, was es mit den Symbolen auf sich hat. Nordisch... Was haben die Dinger hier zu suchen? Ich dachte, wir besuchen einen ägyptischen Gott. Das soll mal einer verstehen. „Und nun?“ will Kaiba schließlich wissen. Es ist Bakura, der ihm antwortet. „Nun bitten wir den Gott um Einlass.“ meint der Dieb als wäre es das Normalste auf der Welt. Kaiba´s Blick wandert zum Pharao. Dieser nickt. „Kniet nieder.“ fordert er uns auf und Shadi und Marik tun umgehend wie ihnen geheißen. Sogar Bakura lässt sich auf die Knie herab und ich leiste seiner Aufforderung auch automatisch Folge. Nur Kaiba bleibt stehen und bedenkt den Pharao mit einem kühlen Blick. „Ist das zwingend notwendig?“ will er trocken wissen und ich stehe kurz davor laut loszulachen. Das ist so... so typisch Kaiba! „Bei Ra, vor den Göttern hast selbst du zu knien.“ zischt Bakura ihn an, doch Kaiba übergeht die Bemerkung des Diebes ungerührt. „Es ist ein Zeichen von Demut gegenüber dem Herrn des Totenreiches.“ erklärt Yami und Kaiba verzieht denn Mund. Er gibt ein verächtliches Geräusch von sich, begibt sich dann jedoch langsam neben mir auf die Knie. Mein Blick streift seinen und ich muss grinsen. Als nächstes erfüllt Yami´s melodische Stimme den Raum. Es scheint eine Art Sprechgesang zu sein, den er von sich gibt. Klingt jedenfalls so. Natürlich verstehe ich mal wieder kein Wort. Wäre ja auch echt mal ne Überraschung, oder? Na, ich schätze mal, dass es sich dabei um eine Anrufung handelt. So was wie „Hey, Herr, wäre nett, wenn du dich blicken lässt, weil...“. Natürlich nicht ganz so locker formuliert. Die Stimme des Pharaos hallt durch die Höhle und ich schlucke unwillkürlich. Fast rechne ich damit, dass er ein paar Fledermäuse aufscheucht und die Dinger mir gleich um die Ohren fliegen. Doch nichts dergleichen passiert. Genau genommen passiert gar nichts. Aus dem Augenwinkel nehme ich wahr wie Kaiba Yami mit einem spöttischen Blick bedenkt. Der Pharao redet oder singt ungerührt weiter. Sekunden vergehen und nichts passiert. Marik und Shadi knien ehrfürchtig mit gesenktem Blick neben Yami und auch Bakura wirkt für seine Verhältnisse wirklich ernst. Kaiba lässt seinen Blick jedoch durch den Raum schweifen und ich sehe ihm deutlich die Skepsis an. Ich wette, ich weiß, was ihm durch den Kopf geht. Gerade als ich an Yami gewandt sagen will, dass die Nummer hier vielleicht nicht so ganz laufen will, regt sich etwas. Es ist als würde ein Blitz die Höhle durchzucken. Auf einen Schlag ist es hell und ja, eine Art Blitz saust durch den Raum. So kommt es mir zumindest vor. Ich blinzele und versuche zu erkennen was genau abgeht, doch der Lichtstrahl ist echt schnell unterwegs. Lichtgeschwindigkeit schätze ich. Der Blitz hat als erstes die rechte Säule getroffen und sie von oben bis unten durchzuckt. Dann ist er in die Linke gefahren und ehe ich mich versehe, scheint er auch wieder verschwunden. Doch ein Teil des Lichtes bleibt zurück. Genau genommen leuchten nun die Zeichen auf den Säulen, was echt ein cooler Effekt ist. Es sieht jedenfalls sehr eindrucksvoll aus. So etwas ähnliches habe ich mal in einem Film gesehen, aber natürlich bei weitem nicht so beeindruckend. Die Zeichen leuchten nun in einem bläulich-weißen Licht. „Wow.“ rutscht es mir raus. „Das ist echt krass...“ Bakura bedenkt mich mit einem missbilligenden Blick und ich strecke dem Dieb instinktiv die Zunge raus. Der Kerl soll es echt mal wagen, mich wegen meinem Benehmen zu kritisieren! Schließlich ist er nicht gerade ein Paradebeispiel. Mir liegt sogar schon ein bissiger Kommentar auf der Zunge als die Säulen sich zu drehen beginnen. Doch als ich genauer hinsehe, fällt mir auf, dass sich nur die Zeichen bewegen. Die leuchtenden Symbole beginnen damit sich zu verformen. Aus rund wird eckig, aus geschwungenen Linien eine gerade Strecke und so wirr es auf den ersten Blick auch zu sein scheint, es streckt allem Anschein nach eine Strategie dahinter. Die Runen verbinden sich mit den Hieroglyphen und ergeben neue Symbole, die noch merkwürdiger aussehen als ihre Ursprungsform. Beiläufig nehme ich wahr, dass Kaiba sich wieder erhoben hat und das Geschehen intensiv beobachtet. Auch Yami ist wieder auf den Beinen und betrachtet mit ernster Miene das Schauspiel, welches sich uns bietet. Das Lichtspektakel dauert einige Minuten, dann leuchten alle Zeichen gleichzeitig noch eine Spur greller auf und zwischen den Säulen regt sich etwas. Ich blinzele und halte mir die Hand vor die Augen, um besser sehen zu können. Von den Säulen ausgehend formt sich zwischen ihnen eine Art... Hm, keine Ahnung was das eigentlich darstellen soll. Es sieht aus wie ein Kegel, ein Lichtkegel. „Das Tor ist offen. Wir dürfen eintreten.“ vernehme ich Atemus Stimme und im gleichen Augenblick setzt der Pharao sich auch schon in Bewegung. Ohne Zögern geht er auf den Lichtkegel zu und ich halte gebannt die Luft an als er vor meinen Augen verschwindet. Ich schlucke. Als Nächster schreitet nun Bakura auf das Licht zu und tut es dem Pharao gleich. Mein Blick wandert zu Kaiba, der mir zunickt und einen Schritt nach vorne macht. Ich zögere einen Augenblick, dann folge ich ihm unsicher. Je näher ich dem Licht komme, desto mehr blendet es mich und schließlich schließe ich die Augen und gehe blind weiter. Ich verspüre ein seltsames Kribbeln am ganzen Körper und setze zaghaft einen Fuß vor den andern. Fünf, sechs... sieben Schritte. Eigentlich müsste ich jeden Augenblick gegen die Höhlenwand prallen, doch nichts dergleichen geschieht. Ich kann einfach ungehindert weiter gehen und öffne erst meine Augen als Kaiba meinen Namen sagt. Langsam öffne ich die Augen und sehe mich erst einmal um. Also eines ist auf den ersten Blick mal sicher. Wir befinden uns nicht mehr in einer Höhle. Obwohl... Sicher kann ich mir da ja natürlich nicht sein und der Raum, in dem ich mich jetzt befinde, lässt sich auch echt mal schwer beschreiben. Er ist irgendwie... unwirklich. Ja, das trifft es am ehesten und ein wenig erinnert er mich auch an Bakura´s Gedankenwelt, nicht von der Ausstattung her, sondern von dem Gefühl, dass ich gerade habe. Ich lasse meinen Blick durch den Raum schweifen. Er ist riesig. Mindestens so groß wie ein halbes Fußballfeld. Und eigentlich ist er leer. Also hier gibt es keine Möbel oder so, nicht einmal solche komischen Säulen wie vorhin und woraus der Boden und die Wände bestehen, kann ich auch nicht so recht ausmachen. Doch das wirklich seltsame, sind die Fenster. Ja, Fenster. So sehen sie für mich zumindest aus, auch wenn ich nicht so sicher bin ob es wirklich welche sind. Zaghaft mache ich einen Schritt nach vorne und betrachte mir eine der Öffnungen näher. Es ist wirklich irgendwie so als würde ich aus einem Fenster blicken, aber das was ich draußen sehe... „Ist das... das Weltall?“ frage ich dann ungläubig und sehe Kaiba an. Er antwortet nicht, sondern betrachtet ebenfalls das Bild, welches sich uns bietet. Dann zieht sein Blick weiter und ich tue es ihm gleich. Fasziniert blicke ich zur nächsten Öffnung, die uns ein gänzlich anderes Bild bietet. Wenn ich durch sie sehe, zeichnet sich draußen nicht ein schwärzliches Firmament mit unzähligen kleinen Lichtern ab, sondern ein Wald. Im ersten Augenblick sehe ich echt nur grün und es dauert bis meine Augen in der Lage sind die feineren Strukturen zu erkennen. „Der Regenwald.“ höre ich Kaiba neben mir sagen und in seiner Stimme liegt eine Spur von Erstaunen. „Was ihr seht, sind Einblicke in verschiedene Sphären.“ meint Atemu ruhig und ich sehe den Pharao fragend an. „Sphären?“ wiederhole ich verständnislos. Er nickt und deutet auf das nächste Fenster. Hier zeigt sich uns eine Vulkanlandschaft oder so was in der Art. Außer grauem Geröll und Feuer ist nämlich nicht wirklich viel zu sehen. Ich mache einen Schritt darauf zu, um mir die Landschaft, die sich da draußen erstreckt näher anzusehen. Das Bild erinnert mich an eine Dokumentation, die ich einmal auf dem Discovery-Channel gesehen habe, bei der es um Vulkane ging. Und beim genauerer Betrachten stelle ich fest, dass ich nicht bloß ein Bild sehe. Die Lavaströme bewegen sich. Genau wie in dem Film. „Krass.“ rutscht es mir raus und Bakura gibt ein verächtliches Schnauben von sich. „Ihr seid vielleicht leicht zu beeindrucken.“ meint der Dieb und geht ein paar Schritte weiter in den riesigen Raum. Mein Blick ruht immer noch auf der Feuerlandschaft. Für einen Moment bin ich sogar versucht die Hand auszustrecken und durch das Fenster zu greifen, doch bevor ich diesen Gedanken umsetzten kann, vernehme ich erneut Atemu´s Stimme. „Nicht berühren!“ meint er und ich halte schlagartig in meiner Bewegung inne und sehe ihn an. „Wenn du dem Portal zu nahe kommst, wirst du in diese Sphäre gezogen.“ Ich schlucke. Also darauf bin ich ganz sicher nicht scharf. Der Ort hier behagt mir zwar auch nicht wirklich, aber er ist definitiv besser als dieses Ödland. Sofort weiche ich einen Schritt zurück. „Von diesem Raum aus kann man einen Blick auf alle Sphären werfen.“ erklärt der Pharao weiter. „Die Fenster sind zugleich Portale, doch keiner darf sie ohne Erlaubnis benutzen. Tritt man doch hindurch, so ist man gefangen und nur Osiris selbst kann einen befreien.“ Ich mache noch einen Schritt zurück und beziehe erst einmal neben meinem Eisprinz Position. Dieser hat die Stirn leicht in Falten gelegt und betrachtet wortlos die anderen Portale. Ich kratze mir unsicher am Kopf. „Was genau sind diese Sphären?“ will ich wissen. „Ich meine... wo ist das denn alles?“ Ich deute auf das erste Fenster, dass wohl ganz eindeutig das Weltall zeigt. Der Pharao lächelt. „Bei einigen handelt es sich um andere Dimensionen, bei anderen um Tore zwischen den Zeiten.“ antwortet er und ich reiße die Augen auf. „Dies zum Beispiel ist die Erde vor vielen Millionen Jahren.“ Er deutet auf die Feuerlandschaft. „Wow.“ entgegne ich fasziniert. „Dann ist das also so ne Art Zeitmaschine.“ Etwas abseits höre ich Bakura genervt aufstöhnen, doch Atemu nickt. „In gewisser Weise könnte man es so bezeichnen.“ „Und was jetzt?“ meldet sich nun Kaiba zu Wort. „Du sagst, wir können nicht einfach durch eines dieser Portale gehen. Doch wie geht es jetzt weiter?“ Es ist Bakura, der ihm seine Frage beantwortet. „Gar nicht.“ meint der Dieb gelassen. „Wir sind bereits am Ziel.“ Fragend sehe ich den Pharao an. Dieser nickt. „Stimmt. Wir sind da.“ sagt er und ich verstehe nur Bahnhof. „Wo sind wir?“ hake ich deshalb nach. Irgendwie hatte ich mir unser Ziel anders vorgestellt. Nicht, dass die Nummer hier nicht eindrucksvoll wäre, aber war nicht vom Totenreich die Rede? Das hier kann doch wohl schlecht das Totenreich sein, oder? Wenn doch, naja, dann ist sie nicht so furchteinflößend wie man sich immer erzählt. Ok, es ist ein wenig kalt und nicht gerade gemütlich, aber auch nicht weiter schlimm. „Also schön.“ Kaiba hat die Arme vor der Brust verschränkt. „Was passiert als nächstes?“ Es ist ihm deutlich anzusehen, dass ihm das Ganze nicht wirklich behagt. Aber wahrscheinlich stört es ihn am Meisten, dass er augenblicklich auf Atemu angewiesen ist, der neben Bakura offensichtlich der Einzige ist, der weiß was Sache ist. So was gefällt meinem Eisprinzen natürlich nicht. Ganz zu schweigen von der Prüfung, die ihn erwartet. Der Pharao lächelt. „Geduld.“ entgegnet er und ich könnte ihm einen Schlag auf den Hinterkopf versetzten für diese Antwort. So was will Kaiba nämlich ganz sicher nicht hören. Ich ehrlich gesagt auch nicht. Das Ganze kommt mir nämlich auch recht spanisch vor und Geduld ist eigentlich das Letzte was ich gerade habe. „Geduld?“ Kaiba´s Halsschlagader zuckt gefährlich und instinktiv lege ich ihm die Hand auf den Arm. Atemu seufzt. „Wir warten bis Osiris erscheint.“ klärt er uns auf und Bakura fügt hinzu: „Ihr habt es hier mit einem Gott zu tun. Wir sind nicht in irgendeinem Drive-in.“ Der ehemalige Grabräuber verdreht die Augen. Kaiba schnaubt verächtlich, sagt jedoch nichts. Ich blicke mich erneut um. Nichts in dem Raum deutet darauf hin, dass ein Gott hier jeden Moment eine Audienz zu geben bedenkt. Ich meine, da steht kein goldener Thron oder so ein Zeug. Nicht einmal irgendeine Sitzmöglichkeit ist vorhanden. Mit den vielen Fenstern erscheint das Ganze mehr als eine Art Durchgangsraum. „Wie lange dauert es wohl... naja, bis er erscheint, der Gott?“ frage ich im Flüsterton an Atemu gewandt. Dieser schenkt mir eines seiner schwer einzuschätzenden Lächeln. „Du musst nicht flüstern; Joey.“ erwidert er und ich zucke leicht verlegen mit den Schultern. „Naja, ich dachte nur... ich will ja nicht, dass er sich gedrängt fühlt oder so.“ Ehe Atemu etwas erwidern kann, höre ich Bakura auf ägyptisch irgendetwas murmeln. Wahrscheinlich irgendeine Gemeinheit. Ich werfe ihm einen giftigen Blick zu, sage jedoch nichts, sondern wende mich dann wieder dem Pharao zu. Und auch Kaiba sieht Atemu interessiert an. „Es wird nicht lange dauern. Dessen bin ich mir sicher.“ antwortet er und Kaiba verdreht die Augen. „Du weißt es also nicht.“ stellt er spöttisch fest und schüttelt leicht den Kopf. Atemu entgegnet nichts. „Und was passiert, wenn er da ist?“ frage ich weiter. „Dann bringt er dich hoffentlich zum Schweigen, Köter.“ zischt Bakura mir zu und ich will schon nach vorne schnellen, um ihm am Kragen zu packen als so was wie ein Gongschlag ertönt und den ganzen Raum erfüllt. Schlagartig halte ich in meiner Bewegung inne und sehe mich um. Es dröhnt erneut laut auf und ich höre Atemu sagen: „Macht euch bereit. Beim siebten Schlage werden wir Osiris gegenüberstehen.“ Was genau er unter „bereit machen“ versteht, weiß ich nicht so ganz. Der Pharao jedenfalls sinkt auf die Knie und auch Shadi, Marik und Bakura sinken auf den Boden. Ich blicke fragend zu Kaiba, der genervt aufstöhnt. Der Gong ertönt zum dritten Mal und ich blicke zu den Knienden. Dieses Mal haben alle ihre Köpfe gebeugt, fast berührt ihre Stirn den Boden. Ich zögere. Doch als es zum vierten Mal gongt, lasse ich mich auch auf den Boden sinken. Die Vier sind Ägypter und Osiris ein ägyptischer Gott, aber naja, er ist ein Gott. Laut meinen bisherigen Kenntnissen soll es im Allgemeinen besser sein, in solch einer Gegenwart zu knien, auch wenn Atemu es dieses Mal nicht ausdrücklich angeordnet hat. Aber hey, vielleicht hat er das auch mit „bereit machen“ gemeint? Ich werfe Kaiba einen Blick zu, der nach wie vor hoch erhobenen Hauptes steht und keinerlei Anstalten macht niederzusinken. „Mach schon.“ raune ich ihm zu und sehe ihn eindringlich an. Er verzieht leicht den Mund. Ein weiteres kurzes Augenrollen und er lässt sich gemächlich nieder. Als es zum sechsten Mal durch den Raum hallt, senke ich den Kopf und hoffe, dass mein Eisprinz es mir gleich tun wird. Wie dieser Osiris wohl aussieht? Atemu hat mir zwar ein paar Abbildungen des Totengottes gezeigt, aber ob der Kerl, ähm, Gott, tatsächlich so erscheint? Mein Herzschlag ist auf jeden Fall mal wieder viel zu schnell. Aber das ist ja wohl verständlich. Wann steht man auch schon mal einem echten Gott gegenüber? Und Osiris scheint ja ein wirklich, wirklich mächtiges Exemplar zu sein. Ich schlucke hart als der siebte Schlag ertönt und halte dann die Luft an. Kaum ist der Ton verhallt, vernehme ich eine Art... Zischen. Als ich vorsichtig die Lider etwas hebe, um ein Stück weiter nach vorne blicken zu können, zeichnen sich deutlich Rauchschwaden auf dem Boden ab als würde aus dem Nichts Nebel aufsteigen. Vorsichtig werfe ich einen Blick rüber zu Atemu. Der Pharao rührt sich nicht, sondern blickt weiter starr auf den Boden und ich schätze mal, dass wir solange in dieser Position verharren müssen bis man uns auffordert aufzustehen. So läuft das ja auch immer in Filmen ab, wenn man als Untergebener auf einen mächtigen Herrscher trifft. Wenigstens glaube ich mich an so was zu erinnern. Der Nebel scheint nun langsam den gesamten Raum zu erfüllen. Jedenfalls kommt er immer näher und einen Augenblick später hat er mich so eingehüllt, dass ich Atemu´s und Kaiba´s Umrisse nur noch vage zu erkennen vermag. Irgendwie behagt mir das gar nicht. Nebel verheißt nie was gutes. In jedem zweiten Horrorfilm werden so die Verbündeten voneinander getrennt und der Killer oder das Monster murkst einen nach dem anderen ab. Irgendwie ist es keine gute Idee gerade jetzt an so was zu denken. Ich spüre schon wie mir flau im Magen wird. Dabei muss ich doch jetzt voll da sein. Ich bemühe mich also diesen Gedanken wieder abzuschütteln, was alles andere als leicht ist, habe ich doch neulich erst so einen Film mit Mokuba und Tristan gesehen, doch da erklingt plötzlich eine fremde Stimme, die mich schlagartig zusammenzucken lässt. Im ersten Moment hat sie etwas blechernes, hohles. Es ist als würde sie in sich widerhallen und die Worte, die gesprochen werden, verstehe ich – natürlich – nicht. Doch dann erfüllt die Stimme den gesamten Raum, noch weitaus intensiver als der Gong zuvor – fast so als habe man ein superhypermega Dolbysurroundsystem aufgebaut. Ich vermag es nicht einmal wirklich auszumachen wo der Sprecher sich eigentlich befindet. Die Stimme scheint von überall zu kommen, mich, uns, ganz zu umhüllen. Der Tonfall lässt sich nicht beschreiben, aber er ist echt mal bedeutungsschwanger. So würde es meine Lehrerin ganz sicher ausdrücken. Es ist eine tiefe Stimme, die spricht und sie klingt so uralt wie die Sprache, in der sie redet. Ich schaudere. Ein wenig erinnert sie mich an diese Typen aus dem Theater. Unwillkürlich muss ich an das Stück denken, dass wir einmal mit der Klasse gesehen haben. Da war ein Typ, der zu einem Schädel in seiner Hand sprach. So in etwa hört sich an, was ich gerade vernehme. Und natürlich frage ich mich, was da überhaupt gesagt wird. Wäre echt mal nett, wenn man sich in einer aktuellen Sprache unterhalten würde. Ich meine, so ein Gott muss ja auch irgendwo auf dem Laufenden sein, oder? Ich linse vorsichtig rüber zu Atemu und bin erleichtert, dass ich ihn nun wieder etwas deutlicher erkenne. Der Pharao hat noch immer sein Haupt gesenkt, doch als die fremde Stimme aufgehört hat zu reden, ergreift er das Wort. Sein Tonfall ist so majestätisch, wie ich es schon oft von ihm gehört habe, aber auch ein wenig demütig. Als er geendet hat, erfolgt eine kurze Erwiderung, die mich wieder von allen Seiten durchdringt, dann höre ich Shadi flüstern: „Wir können uns nun erheben.“ Kaiba muss er das nicht zweimal sagen. Er ist auf den Beinen, da habe ich noch nicht einmal den Kopf gehoben. Ich richte mich langsam auf und blicke erst einmal nach vorne. Ich vermute instinktiv, dass der Sprecher, Osiris, sich vor uns befindet und ja, in etwa zehn Metern Entfernung steht eine Gestalt, die mir auf den ersten Blick sehr groß erscheint. Doch nachdem ich mich aufgerichtet habe, fällt mir auf, dass nur kaum merklich größer ist als Kaiba. Ich muss mir echt Mühe geben, die Gestalt nicht anzustarren. Ich schätze, ein Gott würde das als unhöflich erachten. Trotzdem bin ich so neugierig, dass ich nicht anders kann, als das Wesen, denn ein Mensch ist es ja nicht, zu mustern. Mein erster Gedanke ist... - Mann, Atemu würde mir wahrscheinlich den Kopf abreißen, wenn ich ihm sagen würde, dass ich im ersten Moment an Dragon Ball denken muss. Die Gestalt, Osiris ist nämlich grün. Ich meine, er hat grüne Haut und erinnert mich deshalb schlagartig an Piccolo. Und dann an den Film „Die Mumie“. Genau genommen wirkt Osiris wie eine Mischung aus Piccolo und der Mumie, nur das er zusätzlich noch einen recht merkwürdigen Hut aufhat. Ich bin nicht sicher was ich erwartet habe. So gesehen gleicht die Gestalt ja den Abbildungen, die der Pharao mir gezeigt hat, aber für einen Totengott wirkt er nicht gerade... furchteinflößend, dafür aber auf jeden Fall eindrucksvoll. Alleine schon wegen dem riesigen Kopfschmuck, der aussieht wie eine umgedrehte Vase. Noch während ich darüber nachdenke, trifft mich der Blick des Gottes und ich schlucke. Seine Augen blicken direkt in meine und ich fühle mich unwillkürlich ertappt. Ja, für einen Moment bin ich mir echt sicher, dass der Gott meine Gedanken lesen kann, was augenblicklich nicht gerade so gut wäre. Ich spüre wie meine Wangen zu brennen beginnen und senke verlegen den Blick. Kapitel 67: Beichte ------------------- Obwohl dieser Osiris mit der grünen Haut irgendwie... naja, lustig aussieht, ist er doch andererseits doch ganz schön imposant. So als Gesamtpaket und ich bin echt froh, dass ich nicht das Wort an ihn richten muss und mich erst einmal gediegen im Hintergrund halten kann. Nachdem der Gott jeden von uns genau gemustert hat, ruht sein Blick nun auf Atemu, der einen Schritt vorgetreten ist. Er hält nun das Holzkästchen in der Hand und der Totengott nickt kaum merklich. Wieder werden einige Sätze ausgetauscht, die ich nicht verstehe und dann ergreift zu meinem Erstaunen Bakura das Wort. Und hey, der Dieb klingt jetzt ganz anders als vorhin. Wäre die Situation gerade nicht so ernst, ich würde laut loslachen, denn der Weißhaarige schlägt einen derart unterwürfigen Tonfall an, dass das es wirklich zu komisch ist. Der sonst so selbstgefällige Grabräuber wirkt jetzt alles andere als spöttisch oder selbstgefällig. Er hat sogar seinen Kopf leicht gesenkt als er mit dem Gott spricht. Tja, scheinbar gibt es auch Mächte, die der gute Bakura anerkennen muss. Oder besser gesagt, denen er sich unterordnen darf. Natürlich frage ich mich, was der Dieb zu sagen hat. Immerhin haben wir das Kästchen und so wie ich Atemu verstanden habe, gibt es an dem Punkt auch nichts mehr zu rütteln. Als der Weißhaarige dann jedoch eine leichte Kopfbewegung in Richtung Kaiba macht, weiß ich was er von sich gibt. Osiris Blick wandert nun seinerseits zu Kaiba und ich bin wieder einmal beeindruckt von meinem Herrchen, denn er hält dem Blickkontakt vollkommen ungerührt stand. Er zuckt nicht einmal mit der Wimper als der Gott das Wort direkt an ihn richtet. Ob er versteht, was Osiris zu ihm sagt? Durch die Verbindung mit Seth, müsste dem eigentlich so sein. Ich rücke ein Stückchen näher zu Shadi und flüstere: „Was sagt er da?“ Der Ägypter zögert einen Augenblick ehe er antwortet. Dann erklärt er mir im Flüsterton: „Er hat gesagt, dass er uns bereits erwartet hätte und er wusste, dass ein neuer Krieger bestimmt wurde, den er nun prüfen müsse.“ Ich schlucke. „Ist er... ich meine, kann er in die Zukunft sehen und so?“ will ich weiter wissen. Shadi schüttelt den Kopf. „Osiris weiß was war und was sein kann. Eine feststehende Zukunft gibt es nicht. Die Zeit ist wie ein Fluss. Immer in Bewegung.“ Ich runzele leicht die Stirn. So ganz verstehe ich die Antwort des Ägypters nicht, aber das spielt ja jetzt auch keine Rolle. Ich meine, es ist doch im Grunde egal ob Osiris weiß, wie die Sache am Ende ausgehen wird. Er ist schließlich unparteiisch. Wieder höre ich den Gott etwas sagen und Atemu antwortet ihm. Dieses Mal muss ich Shadi nicht auffordern, mir seine Worte zu übersetzen, denn der Pharao wendet sich an Kaiba. „Bist du bereit?“ will er wissen. Es geht also los. Was denn eigentlich? Wie wird das denn jetzt ablaufen? Was soll Kaiba tun? Das alles ist so mystisch verworren, dass ich überhaupt nichts verstehe. Naja, nicht einmal Atemu weiß wie Kaiba´s Prüfung aussehen wird. Zumindest hat der Pharao das gesagt. „Fangen wir an. Ich will das Ganze hinter mich bringen.“ höre ich Kaiba sagen und obgleich sein Tonfall lässig wirkt, entgeht mir nicht seine körperliche Anspannung. Atemu nickt. „Dann tritt vor und stell dich.“ fordert er Kaiba auf. Ohne einen Augenblick zu zögern, setzt sich dieser auch in Bewegung und macht ein paar Schritte auf Osiris zu. „Warte!“ entfährt es mir und mein Eisprinz wendet den Kopf um mich anzusehen. Auch Atemu und Bakura sehen mich an. Der Dieb schüttelt verächtlich den Kopf. „Ähm...Entschuldigung, Osiris, Sir.“ sage ich schnell an den Gott gewandt wobei ich senke leicht verlegen den Blick. „Ich will nur...“ Ich schlucke und weiß nicht so recht was ich sagen soll. Ob der Totengott mich überhaupt versteht? Mit einem Schlag fühle ich mich noch unbehaglicher und am Liebsten würde ich auf der Stelle im Boden versinken. Unsicher kratze ich mir am Kopf. Alle Blicke sind auf mich gerichtet, auch die des Gottes. Verlegen räuspere ich mich und will gerade auch wieder ansetzen etwas zu sagen, als der Gott seinen Mund öffnet und mich anspricht. Hilfesuchend blicke ich automatisch zu Atemu. Dieser lächelt mich aufmunternd an. „Du darfst vortreten, Joey.“ sagt er und ich blicke noch einmal zu Osiris. „Ähm... ja. Danke.“ Etwas beschämt gehe ich schnell zu Kaiba, der mich fragend ansieht. „Du wirst vorsichtig sein, oder?“ Ich bemühe mich so leise wie möglich zu reden, aber ich schätze, zumindest der Gott wird hören was ich sage. Kaiba lächelt. „Ich werde diese Prüfung schon meistern, Joey.“ entgegnet er. „Wann habe ich je eine Prüfung nicht bestanden?“ Hm. Guter Punkt. Verdammt gutes Argument. „Ich zweifele ja auch nicht an dir.“ erwidere ich schnell. „Pass einfach auf, ok?“ In seinen Augen leuchtet es kurz auf. „Ist das nicht deine Aufgabe?“ Ich lächele ihn an und für einen Moment nimmt er meine Hand. Dann wendet er sich wieder dem Gott zu. Ich weiche schnell wieder etwas zurück und beziehe wieder Position hinter Atemu. Der Dieb wirft mir einen amüsierten Blick zu. „Wie rührend.“ meint er spöttisch und ich funkele ihn wütend an. Kaiba steht nun direkt vor Osiris und mein Herz schlägt mir bis zum Hals. „Was sagt er?“ will ich unruhig wissen als der Totengott wieder zu sprechen beginnt. „Er erklärt ihm, was ihn nun erwartet.“ antwortet mir Atemu. „Kaiba wird eine ganz bestimmte Sphäre betreten, wo eine Aufgabe auf ihn wartet, die er meistern muss, um zu bestehen.“ Mein Blick wandert schlagartig zu der Vulkanlandschaft. „Welche Sphäre?“ frage ich weiter nach, aber Atemu zuckt nur mit den Schultern. Ich höre wie Kaiba dem Gott etwas antwortet und dann nickt. Osiris hebt die Hand und deutet auf eines der Fenster weiter hinten. Unwillkürlich recke ich den Kopf, um besser sehen zu können, aber wirklich etwas erkennen kann ich nicht. Kaiba betrachtet für einen Moment das Fenster, durch welches er gehen soll und für den Bruchteil einer Sekunde scheint so etwas wie Erstaunen in seinem Gesicht zu erscheinen. Dann setzt er sich in Bewegung und ich halte den Atem an. Wieder sagt Osiris etwas und im gleichen Augenblick durchschreitet Kaiba auch schon das Fenster und ist verschwunden. Ein Teil von mir schreit danach, näher nach vorne zu treten, um mir das Fenster genauer anzusehen, doch ich wage es nicht mich zu bewegen. Fragend blicke ich stattdessen zu Atemu, der in Anbetracht der Situation recht entspannt zu sein scheint. „Wohin hat er ihn geschickt?“ frage ich in der Hoffnung, dass der Pharao von seinem Blickwinkel genaueres sehen kann. „Sehen wir es uns doch an.“ meint Atemu leichthin und ich starre ihn erstaunt an. Er nickt und deutet mir an ihm zu folgen. „Ich bin wirklich gespannt, wohin es den guten Kaiba verschlagen hat.“ meldet sich nun auch Bakura zu Wort und tritt ohne Zögern auf Osiris und das Fenster zu. Atemu tut es ihm gleich und ich folge den Beiden unsicher, wobei ich den Gott im Auge behalte. Zu meiner Überraschung scheint dieser aber recht... hm, entspannt zu sein. Er steht noch immer an der gleichen Stelle und betrachtet seinerseits das Fenster mit unbewegter Miene. „Sieh einer an...“ höre ich Bakura sagen, ehe ich einen Blick auf das Sphärenbild werfen kann. „Domino.“ entfährt es Atemu sichtlich erstaunt und verwirrt betrachte ich das Fenster. Tatsächlich. Es zeigt Domino. Daran besteht keinerlei Zweifel. Ich sehe ganze Stadt vor mir: Das Einkaufszentrum, die Schule, den KC-Tower. Was hat das zu bedeuten? Warum sollte er Kaiba ausgerechnet nach Hause schicken? Das ergibt doch keinerlei Sinn. Ich sehe den Pharao verständnislos an und seine Miene drückt die gleiche Überraschung aus, die ich empfinde. Was auch immer Atemu erwartet hat, damit hat er ganz sicher nicht zu gerechnet. „Was bedeutet das?“ will ich leise wissen. Die Antwort des Pharaos gefällt mir nicht wirklich. „Ich weiß es nicht.“ gibt er zu und sein Tonfall klingt besorgt, zumindest habe ich den Eindruck. Bakura dagegen scheint sichtlich zufrieden. „Interessant.“ befindet der Dieb und in seinen Augen blitzt es gefährlich auf. Ich schlucke. „Das bedeutet nichts gutes, oder?“ hake ich weiter nach. Atemu seufzt. „Ich weiß es nicht, Joey. Ich kann es dir wirklich nicht sagen.“ entgegnet er ernst und meine Unruhe wächst. Herrje, ich weiß eigentlich selbst nicht was ich erwartet habe. Vielleicht, dass Kaiba gegen irgendjemanden kämpfen muss oder ein Rätsel zu lösen hat. Keine Ahnung. Aber dass man ihn nach Domino geschickt hat, behagt mir ganz und gar nicht. Dabei kann ich nicht einmal sagen wieso. So gesehen ist dort ja nichts gefährliches. Theoretisch. Welche Aufgabe könnte er dort also erfüllen müssen? Irgendwie macht das alles keinerlei Sinn. „Mach dir keine Sorgen.“ vernehme ich Atemu´s sanfte Stimme neben mir und spüre im gleichen Augenblick auch schon seine Hand auf meinen Arm. „Das muss nichts schlimmes bedeuten.“ Ich verziehe skeptisch den Mund. „Warum bist du dann beunruhigt?“ will ich wissen. Der Pharao sieht mich ernst an. Doch noch bevor er antworten kann, meint Bakura trocken: „Weil er ahnt, welche Prüfung auf deinen Eisklotz wartet.“ „Hüte deine Zunge.“ Atemu´s violette Augen legen sich warnend auf den Dieb, dann wendet er sich wieder mir zu. „Ich weiß wirklich nicht, was ihn erwartet, Joey. Glaub mir. Und vertrau darauf, dass Kaiba seine Aufgabe meistern wird. Gleichgültig was es ist.“ Ich seufze. „Etwas anderes kann ich wohl auch kaum tun.“ entgegne ich tonlos. Atemu nickt. „Er wird es schaffen. Ich hege keinerlei Zweifel daran.“ Der Pharao sieht mir bei diesen Worten direkt in die Augen und tatsächlich, ich kann keinerlei Zweifel in ihnen entdecken. Trotzdem habe ich kein gutes Gefühl. Ich sage jedoch nichts mehr. Ein paar Sekunden vergehen, da vernehme ich hinter mir wieder die imposante Stimme des Totengottes. Ich fahre herum und blicke direkt in die Augen des Osiris. Seine Worte scheinen direkt an mich gerichtet zu sein, denn er hält meinen Blick fest. Ich schlucke unruhig und wünschte, ich würde verstehen, was er sagt. Sein Tonfall ist zumindest nicht weiter bedrohlich, eigentlich ist er sogar... naja, nett wäre übertrieben, aber irgendwie habe ich tatsächlich das Gefühl, dass er nichts schlimmes sagt. „Wer frei von Angst ist, wird den Weg furchtlos beschreiten. Wer offenen Herzens ist, wird Güte finden. Wer ohne Zweifel ist, wird sich selbst nicht verlieren.“ höre ich Atemu sagen und wende mich zu dem Pharao um. „Hat er das gesagt?“ will ich wissen. Atemu nickt. Ich verstehe dennoch nicht wirklich. „Diese Prüfung ist für jeden anders, Joey.“ fährt er fort. „Als es damals an mir war, wurde nicht mein Mut geprüft und auch nicht mein Herz, sondern mein Glaube, mein Vertrauen.“ Die Augen des Pharao´s werden eine Spur dunkler. „Ich hatte nie Angst vor dem was mich erwartet hat. Mein Kampfgeist war stets ungetrübt. Genau wie mein Herz. Ich habe immer auf mein Herz gehört und wusste, dass es mich auf den richtigen Weg leitet.“ erzählt er weiter und sein Blick wandert für einen Moment zu der Gottheit. „Aber?“ frage ich zaghaft nach. Atemu seufzt. „Aber ich hatte Zweifel.“ gesteht mir der Pharao einen Augenblick später. „Ich war nicht sicher ob ich meinen Weg bis zum Ende beschreiten kann. Ob ich stark genug bin.“ Ein trauriges Lächeln erscheint in seinem Gesicht und ich glaube, ich verstehe, was er mir zu sagen versucht. „Ich wusste stets was ich zu tun habe, was von mir erwartet wird, aber ich zweifelte – an mir!“ „Herzergreifend.“ mischt sich der Dieb spöttisch ein. „Ich hätte auf Furcht getippt, aber naja...“ Er zuckt mit den Schultern. Atemu entgegnet nichts, würdigt ihn nicht einmal eines Blickes. „Das war meine Prüfung.“ fährt er stattdessen fort. „Ich musste mich meinen Zweifeln stellen und sie besiegen.“ Einen Augenblick betrachte ich meinen Freund eingehend, während ich über seine Worte nachdenke. Langsam glaube ich zu verstehen, was er mir zu sagen versucht. Was er damit meint, wenn er sagt, die Prüfung wäre bei jedem anders. Unwillkürlich wandert mein Blick zu Bakura. Auch er hat eine solche Prüfung durchlaufen müssen. Doch wie konnte er sie bestehen? Sein Herz wäre doch auf jeden Fall hochgradig durchgefallen, wenn er überhaupt eins hat. Atemu lächelt als könne er meine Gedanken lesen. „Für die andere Seite sieht die Aufgabe natürlich etwas anders aus.“ meinte er und Bakura grinst. „Darauf kannst du wetten.“ stimmt der Weißhaarige zu. „Herzschmerz und andere Wehwehchen haben auf der dunklen Seite keinen Platz.“ Ich ignoriere Bakura´s Einwurf geflissentlich. Was soll man zu dem Irren auch sagen? Für ihn ist das alles vermutlich nur ein krankes Spiel. Sinnlos mit jemandem wie ihm zu diskutieren. Doch es geht jetzt und hier auch nicht um den Grabräuber. „Was denkst du... was ist es bei Seto?“ will ich wissen und beobachte den Pharao aufmerksam. Atemu´s Antwort überrascht mich nicht im Mindesten. „Was glaubst du, Joey?“ __________________________________________ Edit: Das war jetzt im Grunde nur ein kleines Übergangskapitel bevor es wieder richtig zur Sache geht. Die Zeit sitzt unseren Freunden ja im Nacken. Was nun Kaiba´s Prüfung anbelangt... Eigentlich hatte ich bei dieser Geschichte vor nur aus Joey´s Sicht zu schreiben. Das würde allerdings bedeuten, dass Kaiba´s kleines Intermezzo nicht ausführlicher behandelt wird. Da ich aber gerade einen recht guten Lauf habe und dazu auch mal wieder etwas Zeit, überlege ich ein kleines Spezial zu schreiben. Das nächste Kapitel steht ohnehin schon zu 99%. Also dachte ich mir, überlasse ich diese Entscheidung meinen werten Lesern. Sozusagen als Entschädigung für das lange Warten. Also, was denkt ihr? Will jemand wissen, was unseren Eisprinzen in der Sphärenwelt erwartet? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)