Götterhauch von Flordelis (Löwenherz Chroniken III) ================================================================================ Kapitel 5: Master ----------------- Den ganzen Morgen über plagte Anthony sich mit Unterrichtsstoff, von dem er das erste Mal etwas hörte. Lediglich im Biologieunterricht konnte er sich vage daran erinnern, dass seine Lehrer diese Themen ebenfalls gestreift hatten. Neben den neuen Inhalten musste er sich außerdem an die neuen Lehrer gewöhnen und deren Namen lernen. Erleichtert stellte er schließlich fest, dass alle anderen Schüler sich nach einem letzten Klingeln aufbruchbereit machten, um nach Hause zu gehen oder Zeit mit Freunden zu verbringen. Anthony packte seine Tasche wesentlich weniger enthusiastisch. Es störte ihn nicht, wieder allein nach Hause zu gehen, mit Sicherheit gab es dort noch viel zu entdecken – aber ein wenig einsam fühlte er sich bei dem Gedanken schon. Heather, Leen und dieser weißhaarige Junge, der offenbar Alexander hieß, verließen als drei der ersten das Klassenzimmer. Sie unterhielten sich erstaunlich angeregt über das Thema der letzten Stunde, das sie schon während des Unterrichts offensichtlich beschäftigt hatte. Er hatte das Gefühl, nur zu stören, wenn er sich ungefragt dazugesellen würde, schon allein, weil Leen und Alexander ihm reichlich suspekt waren und blieb daher sitzen. Die anderen Schüler warfen ihm nur mitleidige Blicke zu, ehe sie sich entweder wieder mit ihren Freunden zu unterhalten begannen oder mit erleichterten Gesichtern ebenfalls hinausgingen. Marc schien damit beschäftigt zu sein, seine ganze Tasche nach etwas zu durchstöbern, das er offenbar nicht finden konnte. Rena kam schließlich herüber und begann in einem genervten Tonfall darüber zu lamentieren, dass er Ordnung halten solle, was er nur mit zustimmendem Brummen bedachte. Anthony hatte sich vorgenommen, Marc nach der Schule anzusprechen, doch mit Renas Anwesenheit schaffte er es nicht, den erforderlichen Mut dafür aufzubringen. Also packte er seine Tasche zu Ende und stand schließlich auf. Im selben Moment öffnete sich die Tür zum Klassenzimmer, alle Blicke richteten sich automatisch auf denjenigen, der hereinkam, statt wie alle anderen hinauszugehen. Anthony atmete erleichtert auf, als er Raymond Lionheart erkannte. Der Direktor wirkte ein wenig müde, was der Job wohl zwangsweise mit sich brachte. Er bemühte sich, nicht enttäuscht zu sein, mit Sicherheit war der Mann nicht wegen ihm hier – doch er hielt tatsächlich direkt auf ihn zu. „Anthony, gut, dass du noch hier bist.“ Er beschloss, die fehlende Begrüßung zu übergehen und auch keine eigene vorzubringen. „Gibt es noch etwas?“ Raymond nickte. „Ja, ich möchte über etwas mit dir sprechen. In meinem Büro.“ Er warf einen misstrauischen Blick in die Runde, worauf alle Schüler sich sofort abwandten und sich wieder um ihre eigenen Dinge kümmerten – alle, außer Marc und Rena, die erst den Direktor und dann Anthony neugierig musterten. Allerdings nur bis Raymonds Blick auch die beiden traf und beide simultan beschlossen, dass es wohl Zeit wurde, zu gehen. Ein wenig wehmütig sah Anthony ihnen hinterher, doch schließlich stand er auf und folgte dem Direktor hinaus und quer durch die Gänge, bis zu einem Abschnitt, in dem feine Metallplaketten auf den Türen angebracht waren und den Zweck der Räume dahinter verkündeten. Lehrerzimmer, Sprechzimmer, Lehrmittelraum – und schlussendlich das Sekretariat, ein kleiner Raum, vollgestellt mit Aktenschränken, Regalen und einem Schreibtisch, auf dem allerlei Büroutensilien säuberlich angeordnet waren. Von der Sekretärin war allerdings keine Spur zu sehen, ein rotes Licht blinkte auf dem Telefon und verkündete im Sekundentakt, dass Anrufe verpasst worden waren. „Es ist Mittagspause“, erklärte Raymond auf Anthonys Nachfrage. „Alle gehen essen, außer ich. Ich habe keine Zeit dafür.“ Bitterkeit war keine in seiner Stimme wahrzunehmen, eigentlich wirkte es eher als wäre er ganz froh darüber, allein zu sein. Eine weitere Tür im Sekretariat führte sie beide in Raymonds Büro, das erstaunlich geräumig war, wie Anthony fand. Der große Schreibtisch mitten im Raum wirkte sehr sperrig, schien aber nötig zu sein, so vollgestellt wie er mit technischer Ausrüstung war und wie sich der Papierkram darauf stapelte. Ein weiterer Tisch, der fast vollkommen rund war, lud mit den vielen Stühlen rund herum dazu ein, dass mehrere Personen sich hinsetzten, möglicherweise um Konflikte zu klären. Doch Anthonys Blick galt hauptsächlich einem Gegenstand, der an der Wand hing, umringt von Klassenbildern, Urkunden und anderen Dingen, die er nicht auf Anhieb erkannte. Er war vollkommen auf das konzentriert, was mittendrin angebracht war als ob es selbst es darauf anlegte, im Mittelpunkt zu stehen und sich in der Bewunderung der Besucher zu sonnen. Anthony hatte keine Ahnung von Schwertern, weswegen er nicht sagen konnte, ob dieses zu einer besonders schönen Sorte gehörte, er konnte sich auch nicht erklären, was seinen Blick daran so sehr auf sich zog. Im einfallenden Sonnenlicht glitzerte die scheinbar frisch polierte Klinge, die Parierstange war ein Abbild von Flügeln, die denen eines Drachen nachempfunden schienen. Das Gefühl, es schon einmal gesehen zu haben, überkam Anthony und ließ ihn erst wieder los, als Raymond neben ihn trat. „Die meisten Leute blicken zuerst auf das Schwert, wenn sie hier hereinkommen.“ „Wem gehört es?“ Lächelnd schob der Direktor seine Brille zurecht. „Mir. Ich habe es geschenkt bekommen, als ich in diese Akademie kam.“ „Es sieht wertvoll aus...“ Die gedankenverlorene Bemerkung ließ den Mann die Stirn runzeln. „Du weißt also nicht, wie man dieses Schwert nennt?“ Anthony riss seinen Blick endlich von der Klinge los und wandte sich wieder Raymond zu, ehe er mit dem Kopf schüttelte. „Müsste ich das denn?“ Sofort lächelte der Mann wieder. „Nein, natürlich nicht. Komm, setz dich.“ Es schien Anthony als wolle der andere von etwas ablenken, aber er beschloss, mitzuspielen, zumindest für den Anfang, statt weiter nachzubohren. Als neuer Schüler, darüber war er sich im Klaren, sollte er lieber nicht zu auffällig werden, wenn er nicht direkt wieder weggeschickt werden wollte. Raymond setzte sich ihm gegenüber am runden Tisch und blickte ihn prüfend an. „Wie war deine erste Nacht in deiner Wohnung?“ „Angenehm, danke.“ Wieder schien er diese Frage nur aus Höflichkeit heraus zu stellen, um nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen. Oder führte er möglicherweise mit jedem neuen Schüler dieses Gespräch? „Keine besonderen Vorkommnisse?“ „Nicht, dass ich wüsste.“ Er schlief nachts ziemlich tief, weswegen ihm nächtliche Vorfälle gar nicht auffallen würden, aber am Morgen war alles wie zuvor gewesen und auch von den anderen Schülern auf dem Stockwerk war nichts zu hören gewesen, also war nichts passiert. Raymond nickte, scheinbar zufrieden mit etwas. „Gut. Stört es dich, wenn ich dir ein paar Fragen zum Heim stelle? Gestern hatten wir nicht sonderlich viel Zeit zum Reden.“ Das ist es also. „Nein, ich habe damit kein Problem. Ich weiß nur nicht, ob ich viel sagen kann.“ Manche Tage, nein, ganze Wochen und Monate sogar, waren komplett aus seinem Gedächtnis verschwunden, was aber keineswegs neu war. Eigentlich war das immer schon so gewesen als ob er diese entsprechende Zeit geschlafen hätte und dann aufgewacht wäre, nur um festzustellen, dass er vor mehreren Wochen zu Bett gegangen war. Der Arzt im Pflegeheim hatte ihm aber versichert, dass das vollkommen normal wäre, doch die medizinischen Erklärungen waren von ihm nie verstanden worden. „Das ist okay. Erzähl mir einfach, was du weißt, ja?“ Anthony nickte zustimmend und neigte den Kopf in Erwartung der Frage. „Alona hat mir bereits die Angabe des Heims bestätigt, dass du keinerlei soziale Kontakte hattest. Woran lag das?“ Da er mit seiner Antwort zögerte, setzte Raymond noch eine Erklärung nach: „Versteh mich nicht falsch, ich zwinge hier niemanden dazu, gegen seinen Willen Freundschaften zu schließen. Ich kann nur niemanden brauchen, der das Prinzip von Teamwork nicht versteht und einen auf Ein-Mann-Armee macht. Auf alle Missionen werden Teams mit mindestens drei Leuten geschickt, die sich im Notfall aufeinander verlassen müssen.“ Anthony nickte wieder. „Keine Sorge, das war nicht das Problem. Es war eigentlich mehr so, dass niemand im Heim an sozialen Kontakten, äh, interessiert war. Wir haben alle quasi... gegeneinander gearbeitet. Wir wurden sogar belohnt, wenn wir es schafften, andere Personen beim Erfüllen des Klassenziels zu behindern.“ Er erinnerte sich an Schüler, die von anderen in irgendwelche Abstellkammern eingesperrt worden waren, damit sie nicht rechtzeitig zu Klausuren kamen; an gestohlene Hausaufgaben, die verbrannt wurden und auch an manipulierte Klausurbögen. Er selbst wurde von alldem nur verschont, weil... Wenn er genau darüber nachdachte, war er sich nicht einmal sicher, warum das so war, aber es stimmte, er hatte all das nur bei anderen gesehen, nie am eigenen Leib erlebt. Raymond seufzte. „Verstehe, dann ist das immer noch so. Ich bin sicher, dass Alona es dir schon erzählt hat, ich habe einige Jahre ebenfalls in diesem Heim verbracht.“ Er war so perplex über dieses Geständnis, dass er vollkommen das Versprechen vergaß, ihm nichts davon zu erzählen, dass er das bereits von Alona erfahren hatte und deswegen sofort nickte. „Als ich noch dort lebte, war es der Heimleitung sehr wichtig gewesen, dass keine Freundschaften entstanden. Sobald man bemerkte, dass zwei oder mehr der Kinder sich anzufreunden begannen, wurden sie weggebracht – und wenn sie wiederkamen, war von der Freundschaft nichts mehr zu sehen.“ Anthony erschauerte unwillkürlich, als er das hörte. Auf eine seltsame Art und Weise kam ihm das bekannt vor, aber während seiner Zeit waren ihm keine Freunde untergekommen. „Wohin hat man sie gebracht?“ Raymond hob die Schultern. „Ich weiß es nicht, niemand von uns wusste es, aber wir waren uns darüber im Klaren, dass wir es nicht aus erster Hand erfahren wollten. Manche kamen auch nie wieder.“ Er machte eine Handbewegung, die bedeuten sollte, dass etwas verschwand, wie vom Winde verweht. „Bei uns war das nicht so – aber wir waren auch alle Feinde oder kümmerten uns nur um uns selbst, da gab es keine Freundschaften.“ „Ich verstehe.“ Raymond lehnte sich ein wenig zurück, Anthony konnte sehen, wie angespannt der Mann und wie unangenehm ihm das Gespräch war. Offenbar wühlte es Erinnerungen in ihm auf, die er lieber ruhen gelassen hätte. „Gut, du hast also keine Probleme damit, dich mit anderen auseinanderzusetzen?“ „Ich hatte bislang nicht viel Gelegenheit dazu“, gab Anthony zu. „Aber ich schätze mich nicht als sonderlich anstrengend ein, also dürfte das gehen.“ Probleme waren bislang immerhin auch keine aufgetaucht, bislang schaffte er es nur nicht, die anderen anzusprechen – aber er war auch erst einen Tag hier. Mit Sicherheit würde sich das noch geben, wenn er mehr Zeit in Lanchest verbrachte. Erleichtert atmete Raymond auf und warf lächelnd einen kurzen Blick zum Fenster. Doch sofort wurde er wieder ernst und sah erneut Anthony an. „Gut, die nächste Frage... Sagt dir der Name Master etwas?“ Der Körper des Jungen versteifte sich augenblicklich, der Begriff sprach etwas in seinem Inneren an, das sich ansonsten nicht regte, wofür er äußerst dankbar war. Der Direktor zog die Stirn kraus, als er diese Reaktion bemerkte. „Der Headmaster?“, hakte Anthony nach. „Ja, das wäre der komplette Name“, stimmte Raymond zu. „Wir nannten ihn meist nur Master und er selbst bezeichnete sich auch oft nur damit.“ Der Junge dachte nach. Der Leiter des Pflegeheims war selten einmal anwesend gewesen und wenn, dann hatten alle Kinder um seine Aufmerksamkeit gebuhlt, immerhin konnte man mit allerlei Vergünstigungen rechnen, wenn man zu seinem Kreis der Lieblinge gezählt hatte. Aber egal wie sehr Anthony darüber brütete, er konnte sich an keine eigene Begegnung mit diesem Mann erinnern. Offenbar waren alle Besuche in den Zeitraum seiner Gedächtnislücken gefallen. Das ist echt seltsam... „Ich kenne den Namen“, antwortete er schließlich. „Aber ich kenne ihn nicht persönlich.“ Raymond lachte leise. „Geht mir genauso. In der Zeit, in der ich dort war, habe ich ihn nie gesehen, ich habe immer nur gehört, wie die anderen über ihn sprechen.“ „Aber was ist das für ein Name?“, fragte Anthony gedankenverloren. Der Direktor zuckte mit den Schultern. „Ich denke, es war nicht sein echter Name. Den hält er möglicherweise aus guten Gründen geheim.“ Er konnte sich nicht vorstellen, dass der Leiter eines Pflegeheims einen Grund haben könnte, seinen echten Namen zu verbergen. Aber er konnte ihn auch schlecht selbst fragen. „Warum fragen Sie mich nach ihm?“ Raymond hatte sicherlich mit dieser Frage gerechnet, deswegen wirkte er nicht sonderlich überrascht, als sie schließlich gestellt wurde. „Oh, ich wollte nur wissen, ob du ihn vielleicht kennst, ich war neugierig.“ Es kam Anthony wie eine Ausrede vor, doch er ging nicht weiter darauf ein. Mit Sicherheit gab es einen guten Grund für ihn, es nicht sagen zu wollen. „Meine Fragen sind durch. Hast du noch welche?“ Der Junge nickte hastig. „Mr. Oyuki erwähnte in der Klasse, aus welchem Heim ich komme... und danach wurde ich von den anderen Schülern bemitleidet. Weswegen?“ „Die Frage müsstest du dir eigentlich bereits selbst beantwortet haben. Du hattest nie Freunde, hast nie Kameradschaft oder Liebe erfahren... das ist doch ein wenig Mitleid wert, findest du nicht?“ So gesehen war die Frage wirklich überflüssig. Raymond lächelte mild, was ihn dazu anspornte, noch mehr Fragen zu stellen: „Gibt es denn außer mir noch jemanden, der aus diesem Heim kommt?“ Doch diesmal erfolgte eine negative Antwort. „Normalerweise wollen sie keine Kinder loswerden und schicken sie daher nicht an andere Schulen. Es ist wohl auch rentabler sie selbst auszubilden.“ „Was wird denn aus den dortigen Absolventen?“ „Dasselbe wie aus unseren, nur ein wenig gnadenloser. Wir nehmen selten Attentats-Missionen an.“ Anthonys Nackenhaare stellten sich auf. „Davon wusste ich gar nichts.“ „Ich habe es auch erst bei eigenen Missionen erfahren, als ich hier war. Du warst länger dort, du hast also auch keine Kampfausbildung dort bekommen?“ Er schüttelte mit dem Kopf. „Genau wie ich“, sagte Raymond lächelnd. Anthony konnte nichts anders als das Lächeln zu erwidern. Er hatte das Gefühl, dass er und Raymond ziemlich viel gemein hatten, zumindest in ihrer Vergangenheit und das gefiel ihm äußerst gut. „Mhm, sonst habe ich keine Fragen mehr.“ „Gut, danke für deine Zeit.“ Der Direktor deutete eine Verbeugung an und stand auf. Anthony tat es ihm nach. Gemeinsam traten sie zur Tür, wo Raymond wieder innehielt. „Mhm, Anthony... wenn etwas Seltsames passiert und dir etwas unklar ist, dann zögere bitte nicht und komm zu mir oder Alona, verstanden?“ Der Junge überlegte, ihn zu fragen, was er unter Seltsames verstand, doch er verwarf den Gedanken hastig wieder und nickte stattdessen. „Verstanden.“ Die Art wie der Mann sprach, sagte ihm bereits, dass er die Seltsamkeiten selbst erkennen würde. Erleichtert öffnete er schließlich die Tür. „Gut, dann kannst du nun gehen. Wir sehen uns mit Sicherheit bald wieder.“ Mit einer knappen Verabschiedung huschte Anthony zur Tür hinaus, die sich hinter ihm wieder schloss. Für einen kurzen Augenblick blieb er unschlüssig im Sekretariat stehen, während er sich das Gespräch von eben noch einmal durch den Kopf gehen ließ. Warum hatte der Direktor ihm all diese Fragen gestellt? Und hatte ihn das wirklich in irgendeiner Art und Weise weitergebracht? Doch schließlich gab er das Überlegen auf und verließ den Raum, um endlich nach Hause zu gehen. Raymond stand mit verschränkten Armen vor dem Schwert, das an der Wand hing. Der blaue Schimmer, der die Klinge umgab, sobald er sich in der Nähe davon befand, war durch das helle Sonnenlicht kaum zu sehen. Er konnte ihn auch nur noch erahnen, weil er diesen noch sehr gut im Gedächtnis hatte. Das Gespräch mit Anthony hatte ihm etwas bestätigt, das er auch bei sich hatte beobachten können und dafür war es nicht einmal nötig gewesen, das auszusprechen. Der Junge hatte den Master nie gesehen, zumindest konnte er sich an keine Begegnung erinnern, genau wie Raymond, obwohl dieser den Leiter des Pflegeheims mindestens einmal hätte treffen müssen. Aber dieses Treffen war aus seinem Gedächtnis verschwunden, hatte nur eine Lücke zurückgelassen, die nie wieder hatte gefüllt werden können. Er hatte es nicht einfach nur vergessen, die Erinnerung war gewaltsam aus seinem Gedächtnis gerissen worden, damit sie auch ja nie wieder hergestellt werden könnte. Was der Master damit bezweckt hatte, war Raymond nie klar geworden, egal wie oft und wie lange er darüber nachdachte oder sich mit anderen darüber unterhielt. Das einzige, was ihm einleuchtete, war, dass dieser Mann nicht wollte, dass man ihn irgendwo wiedererkennen könnte, warum auch immer. Bei Anthony war es mit Sicherheit genau dasselbe mit seinem Gedächtnis. Raymond war fast schon froh darüber, dass Seline versprochen hatte, Anthony weiter zu beobachten. Egal, weswegen der Junge wirklich weggeschickt worden war – Raymond hätte alles darauf gewettet, dass dies nur Teil eines Komplotts war, so wie bei ihm damals – Seline würde verhindern, dass er es ausführen und damit ins Fadenkreuz von Feinden geraten würde. Mit dieser Überzeugung behaftet, atmete er tief ein und aus, ehe er sich hinter seinen Schreibtisch setzte, um seine Arbeit fortzusetzen. Dass das blaue Schimmern der Klinge sich für einen kurzen Moment blutrot färbte, bemerkte er dabei gar nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)