Lucky von NaokoSato (LPxSM, next generation) ================================================================================ Kapitel 1: Lucky ---------------- Lucky „Crawling in my skin? These wounds they will not heal? Fear is how I fall? Scorpius, was für Schwachsinn schreibst du da schon wieder?” Eric Zabini sah seinen besten Freund besorgt an. „Songs schreib ich, das weißt du“, meinte Scorpius nur. Die beiden saßen allein in einem Abteil des Hogwarts Expresses, der sich stetig nach Norden, ihrer Schule und ihrem siebten und damit letztem Schuljahr entgegen bewegte. Auf den leeren Sitzen neben Scorpius Malfoy lag seine Gitarre, einige lose Blätter mit Akkorden und Texten flogen im Abteil umher. „Fear is how I fall“, las Eric vor. “Dieser Satz ergibt nicht mal einen Sinn!” „Für mich ergibt er Sinn.“ Scorpius nahm ihm das Blatt ab. „Mir ist klar, dass du solche Sachen nicht verstehen kannst, also lass es lieber.“ Er suchte die Blätter zusammen und steckte sie in seine Schultasche. Eric sah ihn ernst an. „Ich mache mir einfach Sorgen um dich. Seit zwei Jahren schreibst du nur noch solche Sachen.“ „Vor zwei Jahren sind meine Mutter und mein Großvater gestorben, ich glaube, ich habe ein Recht dazu“, sagte Scorpius sichtlich genervt, kramte ein Buch hervor und las. „Wie gesagt, ich mache mir nur Sorgen“, murmelte Eric und sah aus dem Fenster auf die rauer werdende Landschaft. Sie schwiegen bis zur Ankunft und legten dann, sobald andere sie sahen, das ihnen eigene, arrogante Verhalten an den Tag, das schon ihre Väter gern zeigten. Beide waren groß und gut aussehend, Eric mit seiner dunklen und Scorpius mit seiner fast schon weißen Haut. Bis auf wenige Ausnahmen, lagen ihnen die Mädchen der Schule zu Füßen, doch Eric hatte eine Freundin außerhalb und Scorpius wollte keine. Viel lieber als sich halbherzigen Liebesschwüren hinzugeben, pflegte er seine deprimierte Grundstimmung. Seine Mutter war tot, sein Vater hatte mit sich selbst seit dem mehr als genug zu tun und seine Großmutter saß seit dem Tod ihres geliebten Mannes nur apathisch in ihrem Sessel und reagierte nicht darauf, wenn Scorpius ihr Lieder vorspielte, die sie trösten sollten. Die Welt hatte sich gegen ihn verschworen, davon war Scorpius überzeugt und nur seine engsten Freunde schloss er davon aus. Diese Haltung spiegelte sich auch in seinen Liedern wieder, sie waren traurig und aus jeder Note tönte Einsamkeit. Die Feierlichkeiten zum Schuljahresbeginn ließ er ausdruckslos über sich ergehen, ein weiterer Baustein in seiner Mauer der Arroganz. Warum sollte er sich der Welt auch öffnen, wenn sie ihn nur enttäuschte? Nach dem Essen wollte er eigentlich so schnell wie möglich in den Slytherin-Gemeinschaftsraum, weg von den Unmengen glücklicher Gesichter. Allerdings stieß er beim Verlassen der Großen Halle mit einem Mädchen zusammen, das sich lächelnd bei ihm entschuldigte und hinter ihren Freundinnen her eilte. „War das nicht die kleine Potter?“, fragte Eric neben ihm, während Scorpius ihr noch nachsah. „Echt? Die sah doch immer aus wie ein kleines Mädchen...“, wunderte Scorpius sich. „Hat sich wohl über den Sommer geändert“, meinte Eric nur. „Jetzt lass uns gehen, ich bin müde.“ Ein paar Tage später stecken sie schon wieder bis zum Haaransatz in Hausaufgaben und Lernstoff. Für Scorpius stand eines fest: Das alles war ein weiterer Bestandteil des großen Weltenplans, ihm das Leben zur Hölle zu machen. Denn für das einzige, was ihn aufheiterte, die Musik, fehlte ihm die Zeit. Er war nur ein mittelmäßiger Schüler, und ohne Erics Hobby, ihn zum Lernen zu zwingen, wäre er miserabel gewesen, doch zu Erics Verdruss landeten allzu oft Songtexte statt Aufgabenlösungen auf dem Pergament. Seit dem Tod seiner Mutter gab er sich keine Mühe mehr und hielt sich aus den Angelegenheiten anderer am liebsten heraus. Er ignorierte sie einfach. Seine Arroganz erschien dadurch noch größer, absoluter. Kaum jemand ahnte, dass er es eigentlich gar nicht war. Ganz abgesehen von der Arbeit allerdings hatte der volle Zeitplan für Scorpius eine gute Seite: Er hatte eine Ausrede, nicht mit anderen reden zu müssen. Wieder konnte er sie ignorieren und sich um sich selbst kümmern. Beim Halloweenfestessen stupste Eric ihn plötzlich an. „Guck nicht so auffällig dorthin, da sitzt der Feind“, raunte er Scorpius zu. „Ich hab nirgendwohin geguckt“, log Scorpius, dessen Blick unbeabsichtigt bei dem Mädchen vom ersten Schultag gelandet war. „Doch“, flüsterte Eric. „Ich hab es genau gesehen, und andere auch. Pass lieber auf!“ Eric schielte zum Gryffindor-Tisch. Scorpius folgte diesem Blick und sah Albus Potter, der neben seiner kleinen Schwester Lily saß und finster zu ihm sah. „Lass Potter, der ist ein Arsch, wie alle dort drüben. Wieso sollte ich was von denen wollen?“, fragte Scorpius nur und sah wieder auf seinen Teller. „Ich hoffe, du hast Recht“, murmelte Eric, der Böses zu ahnen schien. Am nächsten Tag schlich Scorpius sich mit seiner Gitarre aus Erics Reichweite. Nur einen Tag lang wollte er mal nicht lernen müssen, vor allem nicht an einem Sonntag. Er landete in einem leeren Klassenzimmer im zweiten Stockwerk und spielte. Langsam und vorsichtig wurde die Tür aufgeschoben und Lily Potter betrat, bemüht darum, keine Geräusche zu machen, den Raum. Ohne sie zu bemerken, spielte und sang Scorpius weiter: „Everybody's cool playing rock n roll Everybody's cool playing rock n roll I don't feel cool, feel cool at all I don't feel cool, feel cool at all Send all of my best out to the band Send all of my best out to the band I don't think I'll make it out to the show I don't think I'll make it out to the show There's this girl I can't get out of my head There's this girl I can't get out of my head I don't feel cool, feel cool at all!“ Die letzten Noten spielte er mit einem Seufzen, welches von Lilys Klatschen abgelöst wurde. „Das war gut“, lobte sie lächelnd. „Danke. Was machst du hier?“, fragte er sobald es seine Überraschung zuließ. Ein Mädchen, das er nicht aus seinem Kopf bekam...? „Ich hab dich spielen hören und war neugierig“, lächelte sie unbeirrt. „Du solltest nicht hier sein“, murrte er hingegen. „Ja, schon klar. Du heißt Malfoy, ich Potter. Du bist aus Slytherin, ich aus Gryffindor. Wir sind Feinde. Das ändert aber nichts daran, dass deine Musik gut ist. Ein bisschen traurig vielleicht, aber sehr gut. Mach weiter so.“ Sie lächelte ihn nochmal an und verschwand wieder. Scorpius sah irritiert auf die Tür, die langsam ins Schloss fiel. Sie hatte ihn angelächelt und seine Musik gelobt. Obwohl sie wusste, wer er war! Mädchen lächelten ihn oft an, allerdings versuchten die meisten gleichzeitig, ihn zu einem Date zu überreden. Lily nicht. Sie war einfach nur freundlich wie es ihre Art war. „There's this girl I can't get out of my head“, wiederholte Scorpius leise. Als er am Abend in seinen Schlafsaal kam, hielt Eric mal wieder einen seiner Texte in der Hand. „Note to self: Don't die?“, fragte er nur. „Das ist zwei Jahre alt“, meinte Scorpius und nahm ihm das Blatt ab. „Durchhalteparolen mit wütenden Melodien.“ „Dann meinst du das nicht ernst?“, hakte Eric nach. „Nicht mehr“, lächelte Scorpius leicht. Eric seufzte. „Manchmal machst du mir echt Angst.“ „Danke“, erwiderte Scorpius und krabbelte in sein Bett. „Gute Nacht!“ Die Post am übernächsten Morgen hielt eine Überraschung für Scorpius bereit. Eine der Schuleulen brachte ihm einen Brief ohne Absender. Verwundert öffnete er den Brief und las: 'What day is it? And in what month? This clock never seemed so alive I can't keep up and I can't back down I've been losing so much time 'Cause it's you and me and all of the people with nothing to do Nothing to lose And it's you and me and all other people And I don't know why, I can't keep my eyes off of you One of the things that I want to say just aren't coming out right I'm tripping on words You've got my head spinning I don't know where to go from here 'Cause it's you and me and all of the people with nothing to do Nothing to prove And it's you and me and all other people And I don't know why, I can't keep my eyes off of you There's something about you now I can't quite figure out Everything he does is beautiful Everything he does is right 'Cause it's you and me and all of the people with nothing to do Nothing to lose And it's you and me and all other people And I don't know why, I can't keep my eyes off of you' Der Text war durchzogen von Korrekturen und durchgestrichenen Zeilen und der Schrift nach zu urteilen, kam er von einem Mädchen. Doch ein Absender stand nirgendwo, nur eine Notiz auf der Rückseite: „Für das Lied, das Du vorgestern gespielt hast, das ohne Text. Am besten ersetzt Du aber das He durch ein She, sonst halten Dich alle für schwul. Okay, einige tun das sowieso schon, da Du immer alle Mädchen abblitzen lässt. Ich hoffe, der Text passt. PS: Tut mir leid, dass ich gelauscht habe.“ „Was ist das?“, fragte Eric ihn plötzlich. Scorpius schreckte auf und steckte den Brief in seine Tasche. „Nichts“, log er und sah sich in der Großen Halle um. Allerdings konnte er die vermeidliche Absenderin nirgends entdecken. „Wen suchst du?“, fragte Eric. „Niemanden. Lass uns zum Unterricht gehen“, lächelte Scorpius. Er war während des folgenden Geschichtsunterrichts der einzige, der wirklich wach war. Wieder und wieder las er den Text und dachte dabei an seine Melodie, bis er an einigen Zeilen hängenblieb. „I can't take my eyes off of you.“ „Everthing he does is beautiful.“ Sollte das wahr sein? Konnte es wirklich sein, dass sie...? Nein, das ging nicht! Wenn seine Theorie stimmte, dann war es absolut unmöglich, dass etwas daraus werden würde. Ja, sie war süß aber gleichzeitig nicht zu mädchenhaft, was er hasste, und eigentlich war sie so, wie er sich seine Freundin immer vorgestellt hatte... Dennoch: Zwischen ihnen lagen Welten. Mehrere Tage lang dachte Scorpius an nichts anderes und Eric hatte noch mehr Mühe als sonst, ihn zum Lernen und zu den Hausaufgaben zu zwingen. Am schwierigsten war es, wenn Lily ebenfalls in der Bibliothek lernte. Scorpius konnte sich kaum noch konzentrieren und spielte in jeder freien Minute, passte Melodie und Text einander an. Irgendwann gab Eric es auf und ließ ihn machen, vor allem weil Scorpius besser gelaunt war und auch seine Texte, die er im Unterricht, in den Pausen, abends im Bett kritzelte, nicht mehr nur von Trauer, Angst oder Wut handelten. Wenn sie sich in den Gängen begegneten, lächelten er und Lily sich verschworen an, redeten aber nicht miteinander, bis Scorpius einige Tage vor Beginn der Weihnachtsferien wieder allein in einem leeren Klassenzimmer saß und musizierte. „Hallo“, machte Lily sich diesmal gleich auf sich aufmerksam. „Hi“, lächelte Scorpius sie an und hörte auf zu spielen. „Was spielst du?“, fragte sie ihn. „Unser Lied“, antwortete er. „Es ist fertig, willst du es hören?“ „Klar, frag nicht so blöd“, gab sie fröhlich zurück und setzte sich wie er auf einen der Tische. Er nickte und fing an, das Lied zu spielen, mittlerweile kannte er den Text in- und auswendig. Wie sich herausstellte, war es bei ihr genauso, denn sie stimmte bald ein. „Du kannst verdammt gut singen“, lobte er nach den letzten Noten. Lily wurde krebsrot. „Danke, ich übe immer unter der Dusche.“ „Lohnt sich wirklich, das solltest du also weiterhin machen.“ Sie lachte verlegen und Scorpius konnte seinen Blick nicht abwenden. „Was ist?“, fragte sie verwundert. „Nichts, ich frage mich nur gerade, wie solche Idioten wie Albus und James eine Schwester wie dich haben können“, gab er zu. „Frag mich nicht“, seufzte Lily lächelnd. „Ist es eigentlich wahr, dass Al dich im ersten Jahr verprügelt hat, weil du besser warst als er im Flugunterricht?“ „Ja, aber dafür hat Eric ihn dann verprügelt. Wir durften alle drei zwei Wochen lang nachsitzen.“ Sie lachte wieder auf ihre unwiderstehliche Art und kramte nebenbei in ihrer Schultasche. „Frohe Weihnachten!“, lächelte sie ihn schließlich an und hielt ihm ein Geschenk vor sein fragendes Gesicht. „Danke, aber das wäre doch nicht...“, murmelte Scorpius verlegen. Er bekam nicht gern Geschenke, er hatte einfach nie gelernt sich zu bedanken. „Ist nur was kleines“, lächelte Lily. Als er es auspackte, kam ein kleines Notizbuch heraus auf dessen erster Seite die Worte „Für deine Lieder“ geschrieben standen. Ohne zu denken, ging Scorpius zu ihr und umarmte sie kurz. „Danke“, lächelte er sie an. Es war ein Lächeln, welches in der Art nicht einmal Eric und schon gar nicht seine Eltern bei je bei ihm gesehen hatten. „Schon gut, aber ich will die dann auch hören!“, strahlte sie ihn an und stand auf. „Ich muss los, es gibt gleich Essen. Du solltest auch runter gehen.“ Damit verließ sie fröhlich das Zimmer. Seufzend sah er ihr nach. „Gryffindor und dann auch noch Potter! Das heißt dann wohl Enterbung“, murmelte er und lachte leise. Nun war leugnen zwecklos: Er hatte sich Hals über Kopf in Lily Potter verliebt. Und wenn er die Zeichen richtig las, konnte er sich durchaus Hoffnungen machen. An diesem Abend konnte er seine sonst so arrogante Fassade nicht aufrecht erhalten, er lächelte einfach zu viel. „Was gutes geschrieben?“, fragte Eric ihn mit skeptischem Blick. „Ja, was perfektes“, lächelte Scorpius. Eric fühlte ihm besorgt die Stirn, ob er auch kein Fieber hatte, doch Scorpius lachte nur amüsiert. Drei Wochen später war es aus mit dieser Fröhlichkeit. Die Weihnachtsferien waren vorbei, Eric lag mit einer Grippe zu Hause im Bett und Scorpius saß allein im Zugabteil Richtung Hogwarts. „Guck nicht so deprimiert“, forderte plötzlich Lily von der Abteiltür her. Scorpius sah sie leicht lächelnd an. „Hi.“ Sie kam rein, zog die Vorhänge zum Gang zu und setzte sich ihm gegenüber hin. „War Weihnachten so schlimm?“, fragte sie. Seufzend nickte Scorpius. „Ja, war es.“ „Tut mir leid für dich. Was war denn?“, hakte sie besorgt nach. „Naja, bis vor drei Jahren war Weihnachten perfekt. Wir hatten einen riesigen Baum, das ganze Haus war geschmückt und es roch überall nach Plätzchen. Jetzt ist da nichts mehr. Seit dem Tod meiner Mutter und meines Großvaters gibt es weder Baum noch Plätzchen und mein Vater verkriecht sich die ganze Zeit. Meine Großmutter sitzt immer nur apathisch im Wohnzimmer und reagiert auf nichts.“ „Das klingt wirklich scheiße“, murmelte Lily nickend. „Aber eine gute Sache gab es“, merkte Scorpius an. „Ich habe meine Oma unser Lied vorgespielt und sie hat mich angesehen. 'Spiel das nochmal', hat sie gesagt. Und ihre Augen waren einmal nicht leer, ich habe gesehen, dass es ihr gefallen hat“, erzählte er. „Unser Lied? Cool“, lächelte Lily. „Ich wusste schon immer, dass Musik so etwas kann.“ „Ja, ich musste es auch immer wieder spielen, bis mein Dad reinkam und gebrüllt hat, ich soll aufhören.“ „Mist“, seufzte sie. „Großer Mist“, stimmte Scorpius zu. Vorsichtig legte sie ihre Hand auf seine. „Das wird wieder mit der Zeit. Und wenn nicht, gründest du eine Band und gehst auf Welttournee ganz weit weg“, schlug sie lächelnd vor. Scorpius konnte gar nicht anders und lächelte zurück. „Das ist echt eine gute Idee. Ich weiß sowieso noch nicht, was ich nach der Schule machen will.“ „Echt nicht? Und wie hast du dann deine Wahlfächer ausgesucht?“ „Hab einfach die selben wie Eric genommen“, antwortete er die Schultern zuckend. Lily lachte auf die süßeste Weise, die er je bei einem Mädchen gesehen hatte. Es dauerte nicht lange und er stimmte mit ein, woraufhin sie ihn mit großen Augen ungläubig ansah. „Du kannst ja lachen“, stellte sie fest und musterte ihn genau, was ihn nur noch mehr lachen ließ. „Manchmal schaff ich das sogar“, presste er hervor und verschränkte seine Finger mit ihren. „Steht dir auf jeden Fall besser als dieses ewig mürrische Gesicht.“ „Danke“, erwiderte er und wurde rot, wie sonst nie bei derartigen Komplimenten. Normalerweise ließen sie ihn kalt, da ihn die Menschen, von denen sie kamen, kalt ließen. „Musst aber nicht gleich rot werden“, lächelte sie und küsste ihn auf die Wange. „Ich geh lieber wieder zu meinen Freunden, sonst suchen die mich nur. Umziehen müssen wir uns ja auch noch...“ Sie stand auf und löste langsam ihre Hand aus seiner, doch er hielt sie sanft fest und gab ihr einen Handkuss. „Bis bald“, flüsterte er und ließ los. Sie legte den Kopf schief und strahlte ihn an. „Bis bald“, flüsterte auch sie und verließ das Abteil. Scorpius sah ihr seufzend nach. „There's this girl I can't get out of my head...“, murmelte er. Doch noch bevor er wirklich zu Ende denken konnte, hielt der Zug in Hogsmeade und Scorpius reihte sich in den fröhlich plappernden Track zum Schloss ein. Irgendwo in den Massen war Lily, irgendwo, umringt von ihren Freundinnen, umringt von Gryffindors. Sie mochte ihn, das war unübersehbar, und er mochte sie, das konnte er nicht mehr abstreiten. Doch er hatte ernsthafte Zweifel, ob eine Beziehung zwischen ihnen je funktionieren würde. Vor allem Albus Potter verstärkte diese Zweifel, indem er gleich in der ersten Pause am nächsten Tag wieder mit Beleidigungen in Scorpius Richtung schoss. Kaum kehrte der Schulalltag zurück, schoben sich auch wieder Welten zwischen Lily und Scorpius, in Form des Ravenclaw- und des Hufflepufftisches und den dazu gehörigen Schülern. Der einzige Trost war die ungestörte Ruhe, in der er komponieren und sich seinen Grübeleien hingeben konnte, solange Eric nicht da war jedenfalls. „How do you love in an house without feelings?“ So wurde Scorpius zwei Wochen später begrüßt als er nach dem Unterricht in sein und Erics Zimmer kam. „Lass meine Sachen in Ruhe, Eric“, erwiderte Scorpius nur und nahm Eric das Notizbuch weg, in dem dieser las. „War Weihnachten so schlimm, dass du wieder so depressive Sachen schreibst?“, fragte Eric. Scorpius sah sich den Text an: „What is love but the strangest of feelings? A sin you swallow for the rest of your life? … On our bodies we share the same scar Love me, wherever you are … How do you love with a fate full of rust? How do you turn what the savage tame? … I've been looking for someone to believe in Love me, again and again...“ Wirklich depressiv war der Text für ihn nicht, eher verzweifelt. „Oder bist du vielleicht unglücklich verliebt?“, hakte Eric nach. Mit großen Augen sah Scorpius ihn an. Ja hätte er sagen müssen, wenn er ehrlich sein wollte, aber er log: „Nein.“ Eric sah ihn skeptisch an, beließ es aber dabei. „Schön, dass du wieder da bist“, sagte Scorpius nach einigen Minuten des Schweigens leise. „Finde ich auch“, lächelte Eric leicht. „Hast mir gefehlt“, murmelte Scorpius. „Du mir auch“, erwiderte Eric. „Aber ich wette, du hast die Hausaufgaben vernachlässigt.“ „Die Haus-Was?“ Ein theatralisches Seufzend war zu hören und Eric ließ den Kopf sinken. „Wie soll ich dich bloß durch die Prüfungen bekommen?“ „Ist doch egal, ob ich durchkomme, ich will Musik machen, nicht im Ministerium arbeiten“, antwortete Scorpius. „Denkst du wirklich, du wirst davon leben können?“ Scorpius sah ihn ernst an. „Alles, was ich brauche, ist ein Bett, was zu Essen und meine Gitarre. Und dafür wird es ja reichen, oder?“ „Träumer“, meinte Eric nur. „Wenigstens hab ich noch welche“, gab Scorpius zurück und ging ins Bad. Für ihn war das Gespräch beendet. Bis sie in Bett gingen, wechselten die beiden Freunde nur noch wenige Worte miteinander, doch auch so schaffte Eric es, Scorpius zu den Hausaufgaben zu zwingen. Die Wochen vergingen und Scorpius kam nicht von Eric los, keine Sekunde der Ablenkung von den Schulaufgaben, keine geschriebene Note, nur Textfetzen auf den Seitenrändern seiner Schulhefte. Nicht mal eine aufmunternde Begegnung mit Lily, nur verstohlene Blicke in ihre Richtung beim Essen und kleine, flüchtige, lächelnde Augenaufschläge im Gang zwischen den Unterrichtsstunden. Dank des Dauerlernens fühlte sich Scorpius Gehirn bald an, als wollte es bald platzen vor Schulstoff und ungeschriebenen Liedern. Mitten in einem Aufsatz über die Gefahr von Liebestränken fing er beispielsweise an, den Text seines Lieblingsliedes zu schreiben ohne dass es ihm auffiel. Doch als er sich umsah, schienen auch die Köpfe seiner Klassenkameraden zu qualmen. „Ich kann nicht mehr“, sagte er nur leise zu Eric und verließ die Bibliothek. Er fand ein leeres Klassenzimmer, öffnete zwei der Fenster bis zum Anschlag und schlief ein, sobald er unter einem davon auf dem Boden saß. Drei Stunden später wachte er auf, da etwas weiches, angenehm warmes seine Lippen berührte. Er lag mittlerweile auf dem Boden und benötigte einige Sekunden bis er klar sah, wer ihm die Sicht versperrte: Lily Potter. Sie lächelte ihn unschuldig an, als hätte sie ihn nicht gerade wach geküsst. Mit ihrer sanften, wunderschönen Stimme sagte sie: „Du solltest aufstehen. Der Boden ist sicher ziemlich kalt.“ Immer noch leicht benommen, setzte Scorpius sich auf. „Was machst du hier?“, fragte er mit kratzender Stimme. „Ich flüchte vor meinen Hausaufgaben“, gab sie lächelnd zu. „Und ich nehme an, du machst das selbe?“ Scorpius nickte, stand auf und streckte sich. „Kalt und unbequem?“, fragte Lily kichernd. „Sehr.“ Scorpius beschloss, dann aber doch nachzuhaken: „Sag mal, du hast mich doch eben wach geküsst, oder?“ Lily lief rot an, lächelte aber unbeirrt weiter. „Ja, hab ich.“ „Wenn ich jeden Tag so geweckt werden könnte, fiele mir da Aufstehen viel leichter“, sagte Scorpius ehrlich. Sie lachte. Sie strahlte, würde Scorpius sagen. „Du bist süß.“ Lily kam zu ihm und stellte sich dicht vor ihm auf. „Du bist viel süßer als ich es je sein kann“, erwiderte Scorpius. Wieder lachte sie. „Nein“, sagte sie nur und legte ihre Arme um seinen Hals. „Nur manchmal“, flüsterte sie und küsste ihn. Trotz seiner Überraschung ging Scorpius darauf ein, öffnete seine Lippen für ihre fordernde Zunge, forderte selbst und dachte nur noch an diese Sekunden. „Das war schön“, flüsterte Scorpius danach. Lily strahlte ihn an. „Ja, sollten wir wiederholen.“ „Scorpius!“, rief plötzlich ein entsetzter Eric von der Tür her. „Ich denke, du ruhst dich aus, aber nein! Du knutscht mit einer Gryffindor! Ausgerechnet...!“ „Hör nicht auf ihn, ich tu dir nichts“, flüsterte Lily lächelnd und löste sich von Scorpius. „Nächste Woche gehen wir aber zusammen nach Hogsmeade, ja?“, fragte Scorpius noch während Eric ihn zur Tür zog. „Auf jeden Fall!“, rief Lily ihm nach. „Das kannst du nicht tun!“, zischte Eric als sie den Gang entlang liefen. „Was?“ „Mit Lily Potter ausgehen.“ „Doch, ich kann und ich werde“, gab Scorpius entschlossen zurück, riss sich von seinem Freund los und rannte nach draußen. Er brauchte frische Luft. Sechs Tage und 20 Stunden später saßen Miss Lily Potter und Mister Scorpius Malfoy glücklich und zufrieden in Madame Puddifoots Café, dem einzigen Ort in Hogsmeade, den keiner ihrer Freunde je freiwillig betreten würde. „Wir sollten nicht hier sein“, grinste Lily. „Nein, sollten wir nicht“, stimmte Scorpius ihr zu, spielte aber weiter mit einer Strähne ihres Haares. „Mein Bruder wird dich umbringen“, lächelte sie. Scorpius schüttelte leicht den Kopf und beugte sich an ihr Ohr. Leise sang er einen Text, den er in der letzten Nacht geschrieben hatte: „Breathe in for luck Breathe in so deep This air is blessed You share with me This night is wild So calm and dull These hearts they race From self control Your lips are smooth As they graze mine We're doing fine We're doing nothing at all My hopes are so high That your kiss might kill me So won't you kill me So I die happy“ Sie drehte sich zu ihm. „Ich werde dich schon nicht sterben lassen“, murmelte sie und küsste ihn. Unbemerkt von den beiden, verschwand Albus Potter, der sie durch eines der Fenster beobachtet hatte. Beim Abendessen sah die Welt allerdings schon um einiges finsterer aus. Die gesamte Schule tuschelte als Scorpius die Große Halle betrat, wie sie es schon zehn Minuten zuvor bei Lily getan hatte. „Du hättest sie nicht küssen sollen!“, begrüßte Eric ihn tadelnd. „Leg dir mal einen anderen Satz zu! Das hältst du mir schon die gesamte letzte Woche vor!“ „Ich meine heute Nachmittag, Scorpius. Albus Potter hat euch gesehen und gesagt, er macht dich fertig.“ Scorpius sah ihn trotzig an. „Das ist mir egal!“ „Es sollte dir aber nicht egal sein, wenn er dir alle Knochen im Leib bricht!“, beharrte Eric sichtlich besorgt. „Das wird er schon nicht tun“, meinte Scorpius nur. „Er ist ein Arsch, er wird!“ „Ich werde trotzdem nicht aufhören, mich mit Lily zu treffen“, erwiderte Scorpius und stand genervt auf. „Bis vor drei Minuten war ich glücklich, das erste Mal.“ Mit diesen Worten ließ er Eric sitzen und verließ die Große Halle. Einmal mehr hatte Scorpius das Gefühl, die ganze Welt hätte sich gegen ihn verschworen, und dieses Gefühl verstärkte sich nur noch als er auf dem Weg zu seinem Haus plötzlich in eine dunkle Ecke gezerrt wurde. „Lass dir Finger von meiner Schwester!“, zischte Albus Potter ihn an bevor er ihm mit der Faust ins Gesicht schlug. „Und wenn sie ihre Finger nicht von mir lassen will?“, presste Scorpius hervor und versuchte sich gegen die zwei zu wehren, die ihn festhielten. „Du Schwein!“, fuhr Albus ihn an und prügelte auf ihn ein, bis Scorpius schwarz vor Augen wurde und er die Schmerzen nicht mehr spürte. Er wachte wenige Stunden später im Krankenflügel wieder auf und sein Körper schien eine formlose Ansammlung von Schmerzen zu sein. „Mein Bruder ist ein Arsch“, sagte Lily leise neben seinem Kopf. „Ja, ist er“, murmelte Scorpius und merkte erst jetzt, dass seine Hand in einer anderen lag. „Es tut mir so leid“, beteuerte die sonst so fröhliche Lily. Offenbar war die Hand, die seine hielt, ihre, doch sie war in Stoff gewickelt. „Was ist mit deiner Hand?“, fragte er leise. „Hab mir ein bisschen wehgetan als ich Al ein blaues Auge verpasst habe“, lächelte sie unschuldig. „Du... du bist toll.“ Scorpius erwiderte ihr Lächeln, so gut es ihm möglich war, da sowohl sein rechtes Auge als auch sein Kiefer schmerzten. „Danke!“ Sie strahlte ihn an, wurde aber gleich wieder ernst. „Weißt du, ich habe nachgedacht und vielleicht wäre es besser, wenn wir nicht so offensichtlich zusammen wären...“ „Aber wir wären trotzdem zusammen?“, fragte Scorpius unsicher. „Ja, aber wir sollten uns heimlich treffen, jedenfalls solange Al in deiner Nähe ist.“ Scorpius seufzte. „Also eine heimliche Beziehung bis zum Schuljahresende?“ Sie nickte bedauernd. „Alles andere ist zu gefährlich für dich.“ „Okay“, stimmte Scorpius zu, auf jede Faser seines lädierten Körpers hörend. Lily beugte sich zu ihm und küsste ihn kurz. „Ich muss gehen. Tu am besten vor anderen so, als hätten wir Schluss gemacht.“ „Mach ich. Tritt Albus zwischen die Beine und grüß ihn von mir“, bat er. Lachend nickte sie. „In Ordnung.“ Sie stand auf und löste ihre Hand endgültig von Scorpius. „Bis bald“, sagte er leise aber einigermaßen lächelnd. „Ruh dich gut aus“, meinte sie noch und verließ den Krankenflügel. Er sah ihr lächelnd nach und schlief wieder ein bevor die Schulkrankenschwester ihm bittere Medizin einflößen konnte, ihre Lieblingsbeschäftigung. Drei Tage musste er im Krankenflügel bleiben. Drei Tage in denen er nur Eric, andere Slytherins und die Krankenschwester sah. Drei Nächte, in den Lily sich zu ihm schlich und ihn beim Schlafen beobachtete und ihm Süßigkeiten daließ. Einerseits machte es Scorpius glücklich, zu wissen, dass sie da war, andererseits wünschte er, sie könnte einfach tagsüber vorbei kommen und er könnte mit ihr reden wie mit allen anderen auch. Und er wollte das Gefühl loswerden, ihre Gefühle für einander wären falsch. Die Wehmut, die das in ihm auslöste, wurde von den anderen perfekt gedeutet. Sie alle dachten, er habe sich von Lily getrennt und sei deswegen so niedergeschlagen. Ein trauriger Blick und sie umgingen das Thema Lily Potter einfach, ohne dass er lügen musste. Allerdings versuchte Eric nun wieder, ihn abzulenken, ihn den Kummer vergessen zu lassen – in dem er ihn zum Lernen zwang. Immer wenn er mit Lily verabredet war, täuschte er Überarbeitung vor oder er sagte, er wolle komponieren. Hätte Eric aber die Texte gelesen, die Scorpius und Lily in den wenigen gemeinsamen Stunden schrieben – wenn sie nicht gerade an des anderen Lippen hingen – so wäre das Versteckspiel schnell vorbei gewesen. Zeilen wie „We've got the afternoon you got this room for two one thing I've left to do discover me discovering you...“ wären dann doch zu eindeutig gewesen... „Wir gründen eine Band!“, schlug Lily eines Tages vor. „Was?“, fragte Scorpius verwundert. „Eine Band!“, lachte Lily. „Ich denke, du willst schon immer Musik machen? Das wäre doch perfekt! Du spielst Gitarre, wir beide singen und schon brauchen wir nur noch einen Bassisten und einen Schlagzeuger.“ Scorpius sah sie ernst an, dann nickte er. „Ja, so machen wir es“, stimmte er zu. Lily fiel ihm strahlend um den Hals. „Ich freue mich so“, flüsterte sie und küsste ihn stürmisch. Danach sah Scorpius ihr tief in die Augen. „Ich liebe dich“, hauchte er. „Ich liebe dich auch“, erwiderte sie leise. Wieder küssten sie sich, fast schon schüchtern, dafür umso länger, umso glücklicher. „Nächste Woche beginnen die Prüfungen“, stellte Scorpius eine halbe Stunde später leise fest. „Ja“, seufzte Lily. „Das bedeutet wohl, dass wir uns seltener sehen können...“ „Aber danach... und im Sommer“, lächelte Scorpius. „Zum Glück wohnen wir ja beide in London.“ „Nur zu Hause besuchen sollten wir uns nicht“, grinste Lily. Sie lachten und küssten sich wieder und wieder, bis es zwei Stunden später Zeit wurde, zum Abendessen zu gehen. Trotz Lernstress war Scorpius glücklich. Bald würde das Versteckspiel ein Ende haben und endlich wusste er, was er nach der Schule tun wollte. Bislang hatte er diese Entscheidung vor sich her geschoben, nun hatte er ein Ziel. Und dies vor Augen, konnte er die Prüfungen überstehen und die letzten Schultage seines Lebens genießen. Eric überkam derweil schon der Abschiedsschmerz und er zog sich häufiger von allen zurück, was Scorpius nur noch mehr Gelegenheiten für heimliche Treffen mit Lily gab. Wenige Tage vor der Heimreise allerdings zog Lily ihn plötzlich in eine versteckte Ecke. „Er weiß es“, flüsterte sie unter Tränen. „Wer weiß was?“, fragte er verwundert nach und wischte ihr sanft die Tränen von den Wangen. „Al. Er weiß von uns!“, schniefte sie. „Er wird dich wieder verprügeln.“ „Hab keine Angst, er wird es nicht schaffen“, lächelte Scorpius sie zuversichtlich an. „Aber... wegen ihm hast du schon einmal tagelang im Krankenflügel gelegen“, beharrte Lily. „Gut, ich verspreche dir, vorsichtig zu sein und nie mehr allein irgendwo hinzugehen“, gab Scorpius nach. Sie nickte. „Pass auf dich auf“, bat sie leise und eindringlich, dann ging sie. Noch am selben Abend griff Albus Scorpius erneut an, doch da Scorpius wie versprochen nicht allein war, hatte Al es ungleich schwerer als beim ersten Mal. Der Kampf konnte als ausgeglichen bezeichnet werden und alle Beteiligten trugen blaue Augen oder Flecken davon. Es wurden Hauspunkte auf beiden Seiten abgezogen, was Ravenclaw zum vierten Mal in Folge den Hauspokal bescheren sollte. Albus bekam die höchste Strafe, da er zugab, Scorpius angegriffen zu haben, weil er nicht wollte, dass seine Schwester mit ihm zusammen war. Einmal mehr wurde die uralte Fehde zwischen Slytherins und Gryffindors angeheizt. Die sonst so friedlichen Tage vor Schuljahresende strotzten nur so vor Feindseligkeiten zwischen beiden Häusern und ihre Bewohner waren mehr als angespannt, wenn sie sich sahen. In dieser Stimmung schafften Scorpius und Lily es nicht, sich noch einmal allein zu treffen, so sehr sie es sich auch wünschten. Erst bei ihrer Ankunft im Bahnhof Kings Cross konnte Scorpius, im Chaos ungestört, zu ihr. „Jetzt ist es mir egal“, sagte er nur und küsste sie leidenschaftlich. Lily lehnte sich leicht an ihn. „Wir sehen uns bald wieder“, flüsterte sie. „Ja, ich melde mich morgen, versprochen!“ Nach einem letzten, kurzen Kuss auf die Stirn verließ Scorpius sie und dann den Bahnhof. Zwei Jahre später, Kings Cross, London – Ankunft des Hogwarts Express am letzten Tag des Schuljahres „Scorpius!“, rief Lily quer über den Bahnsteig und rannte auf ihn zu. „Meine Lily“, lächelte er, als sie ihm um den Hals fiel und ihn küsste. „Endlich“, strahlte sie. „Ja, endlich und diesmal für immer. Es ist auch alles bereit.“ Sie sah ihn mit großen Augen an. „Echt? Wann können wir los?“ „Morgen Nachmittag, die Flugtickets hab ich schon“, erklärte Scorpius lächelnd. „Und die anderen sind auch wirklich einverstanden?“, hakte sie nach, obwohl die Frage schon geklärt war, als ihr Schlagzeuger und ihr Bassist sie das erste Mal singen gehört hatten. Scorpius lächelte sie weiter an, er konnte gar nicht anders. „Ja, sind sie. Sie können es gar nicht erwarten, mit dir aufzutreten.“ „Ich auch nicht.“ Lily strahlte weiter. Es war das gleiche Strahlen, das Scorpius Nacht für Nacht in seinen Träumen sah, wenn er es schaffte, in seiner lauten, winzigen Wohnung einzuschlafen. Es war das Strahlen, das er am meisten von allen vermisste. Zuletzt hatten sie sich in den Weihnachtsferien gesehen und mit der gesamten Band geprobt, Lily hatte sich extra aus ihrem Elternhaus geschlichen. „Pack heute am besten schon mal deine Sachen. Ich hol dich morgen um eins ab, dann fahren wir gleich zum Flughafen.“ „Warum fliegen wir nochmal? Apparieren wäre doch viel einfacher“, wunderte Lily sich. „Die Instrumente sind zu sperrig. Fliegen ist die einfachste Möglichkeit, nach Peking zu kommen“, erklärte Scorpius. „China wird so toll!“, freute Lily sich. „Ja, und dann erst Japan, Australien, Indien...“, ergänzte Scorpius. „So, so!“, sagte jemand plötzlich hinter ihnen. „Wann hattest du denn vor, Dad davon zu erzählen?“ Es war Lilys ältester Bruder James, der sie vom Bahnhof abholte. „Morgen beim Mittagessen“, meinte Lily nur. „Er wird ausrasten“, sagte James. „Er und Mum halten es nicht mal für nötig, mich von Zug abzuholen“, entgegnete Lily trotzig. „Sie müssen eben arbeiten, und jetzt verabschiede dich und komm.“ James nahm Lilys Koffer, drehte sich um und ging vor. Lily seufzte, dann küsste sie Scorpius noch einmal und lächelte ihn an: „Bis morgen.“ Er sah ihr erwartungsfroh lächelnd nach, als sie zu ihrem Bruder aufschloss und mit ihm den Bahnhof verließ. Einige Wochen später, nach abgeschlossenen Proben und einem Chinesisch-Crash-Kurs bei den chinesischen Verwandten ihres Bassisten, wurde der große Traum endlich wahr: Das erste gemeinsame Konzert! In einem kleinen Zaubererclub in Peking vor nicht ganz 100 Zuschauern zwar, aber es war ein Konzert und Lily und Scorpius standen das erste Mal zusammen auf der Bühne. „Bevor wir euch dann nach diesem letzten Lied raus werfen, hier nun ein Song für alle, die nie wissen, wie sie es ihrer Freundin oder ihrem Freund sagen sollen“, sagte Scorpius lächelnd ins Mirko. „Und wenn ihr euren Freund oder eure Freundin heute dabei habt, dürft ihr jetzt knutschen!“, fügte Lily grinsend an und gab das Zeichen zum Anfangen. Die meisten ihrer Songs wurden entweder von Lily oder von Scorpius gesungen, mit den jeweiligen anderen als Hintergrundchor. Nur dieses eine war ein Duett, von Scorpius und Lily in unzähligen Briefen während des letzten Jahres geschrieben, als Scorpius und die anderen beiden auf dem europäischen Festland unterwegs waren und in stickigen, kleinen Clubs auftraten. Wie auch innerhalb der Briefe fing Scorpius an zu singen: Er: Do you hear me? I'm talking to you Across the water across the deep blue ocean Under the open sky oh my, baby I'm trying Sie: Boy I hear you in my dreams I feel your whisper across the sea I keep you with me in my heart You make it easier when life gets hard Beide: Lucky I'm in love with my best friend Lucky to have been where I have been Lucky to be coming home again They don't know how long it takes Waiting for a love like this Every time we say goodbye I wish we had one more kiss I'll wait for you I promise you I will Lucky I'm in love with my best friend Lucky to have been where I have been Lucky to be coming home again Lucky we're in love in every way Lucky to have stayed where we have stayed Lucky to be coming home someday Er: And so I'm sailing through the sea To an island where we'll meet You'll hear the music fill the air I'll put a flower in your hair Sie: And though the breeze is through the trees Move so pretty you're all I see As the world keeps spinning round You hold me right here right now Beide: Lucky I'm in love with my best friend Lucky to have been where I have been Lucky to be coming home again Lucky we're in love every way Lucky to have stayed where we have stayed Lucky to be coming home someday Wie immer nachdem sie dieses Lied gesungen haben, strahlten sie sich an und küssten sich, diesmal begleitet vom begeisterten Jubel des Publikums. „Nehmt euch ein Zimmer!“, rief ihr Schlagzeuger. Lily drehte sich zu ihm und steckte ihm grinsend die Zunge raus, wobei sie provokativ ihre Arme um Scorpius Hüften legte. „Gute Nacht!“, wünschte derweil Scorpius ihrem Publikum in seinem schlechten Chinesisch, schließlich war das ihre letzte Zugabe gewesen, mehr Songs hatten sie nicht. „Wir werden sicher eine gute Nacht haben“, sagte Lily zu Scorpius als sie endlich von der Bühne kamen. „Nehmt euch ein Zimmer!“, kam es von Bassist und Schlagzeuger im Chor als sie sich wieder einmal küssten. ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)