Die fetten Jahre beginnen erst jetzt von Wortfetzen (Ryoki) ================================================================================ Kapitel 8: Das perfekte Gegenstück ---------------------------------- Verzeiht mir die lange Wartezeit. :( Wer vielleicht auch noch eine andere Geschichte von mir mitverfolgt hat bereits schon gelesen, dass ich derzeit in Neuseeland bin und mit Heimweh herumschlagen muss. Mit dem Schreiben klappts auch nicht so wie ich eigentlich erwartet hatte, aber ich reiße mich nun ganz stark zusammen und arbeite daran dahinter zu bleiben. :) * Kapitel 8 – Das perfekte Gegenstück Mir gelang es die Kontrolle über meinen Körper zurück zu gewinnen. Ich riss mich von ihm los und stürzte aus dem Wagen. Ryo rief dabei nach mir, doch dieses Mal hatte er nicht so schnell reagieren können, um mich aufzuhalten. Ohne mich noch einmal nach ihm umzusehen, rannte ich die Straße entlang. Regen setzte ein. Meine Schuhe quietschten bei jedem Aufschlag auf den Asphalt. Von der kurzen Wärme war inzwischen nichts mehr zu spüren. Ich fror in der kühlen Frühlingsluft und verstand nicht, was soeben passiert war. Mir war jedoch klar, dass ich etwas verloren hatte. * Eigentlich hätte ich wissen müssen, dass es ziemlich aussichtslos war jemandem zu entkommen, der mit dem Auto fuhr, wenn man selbst zu Fuß unterwegs war. Ich wurde noch wütender auf mich selbst und verstand nicht, wie es zu diesem blöden Kuss kommen konnte. Ryos Wagen gab kurz Gas und wurde neben mir wieder langsamer. „Das ist albern! Bleib sofort stehen!“, rief er durch das offene Beifahrerfenster hindurch. „Ich will frische Luft schnappen. Lass mich“, erwiderte ich. Vielleicht hätte ich dabei überzeugender geklungen, wenn ich ihm diese Worte nicht giftig entgegengeschrien hätte. Ich jedoch konnte nicht mehr in dieses Auto zurück, denn allein schon bei dem Gedanken daran bekam ich erneut das Gefühl zu ersticken. Ryo beschleunigte, sodass ich für ein paar Sekunden überrascht war, wie leicht ich ihn nun doch losgeworden bin, jedoch hielt diese Überraschung nur so lange, bis er einige Meter vor mir scharf an der Straßenseite bremste, sein Auto abstellte und aus dem Wagen sprang. Mir zog es das Herz in der Brust so zusammen, dass ich unfähig war ihm erneut aus dem Weg zu gehen. Während Ryo unbeirrten Schrittes auf mich zukam und ein paar wenige Meter vor mir inne hielt, blieb ich verängstigt wie angewurzelt stehen. Wie ein Zucken durchfuhr mich das Verlangen in die andere Richtung zu laufen, doch der Gedanke, dass ich mich mit jeder Sekunden noch lächerlicher machte, hielt mich davon ab. Ich wusste nicht, ob mich der kalte Frühlingsregen erschaudern ließ oder Ryos Blick, mir war jedoch bewusst, dass er mich nicht auf diese Weise ansehen sollte. Dieser Blick war eigentlich nicht für mich bestimmt, sollte nicht für mich bestimmt sein – und er sollte mich erst recht nicht so aus der Fassung bringen. „Ich bin nicht albern“, flüsterte ich und reagierte damit viel zu spät auf seine Bemerkung von gerade eben. Es war das einzige, was mir in diesem Moment über die Lippen kommen konnte. Mein wilder Herzschlag dröhnte mir in den Ohren. Ich begann allmählich meine Wut zu vergessen und diesen Moment richtig zu hassen. Mich dafür, dass ich einfach nicht die Nerven behalten konnte, ihn, weil er all diese merkwürdigen Gefühle in mir auslöste, und noch mehr hasste ich den Augenblick, indem er mich plötzlich gegen die Mauer drängte und seine Hände links und rechts dagegen lehnte, sodass es mir nicht mehr gelang zu fliehen. Ich hasste meine Panik und verfluchte gleichzeitig meine Neugierde auf das Kommende. „Küss mich niemals und versuche dann einfach abzuhauen“, murmelte er und klang dabei schon fast so, als würde er mir drohen wollen. „Du hättest mich sonst niemals losgelassen.“ Was für eine schwachsinnige Begründung. Das dachte höchstwahrscheinlich auch Roy, denn er hob kurz die Augenbraue. Mittlerweile waren wir beide vollkommen durchnässt. In seinem Haar näselten sich die Regentropfen und bahnten sich langsam den Weg über sein Gesicht. „Findest du mich so furchtbar?“ Diese Frage war sein voller Ernst. Er sah mich aufrichtig traurig darüber an. Ich war so irritiert über die Frage, seinen Blick, mitgenommen von meinem eigenen Gefühlschaos und aufgewühlt durch diese Situation im Allgemeinen, dass die Antwort einfach so unüberlegt aus mir herausschoss: „Nein!“ Nein? Ja, wirklich nein … In diesem Moment begriff ich es endgültig. Was auch immer der Grund dafür war, ich war tatsächlich dabei mich in Ryo zu verlieben – wenn ich nicht bereits total in ihn verliebt hatte. „Nein?“, fragte er. Nein … Er war ganz und gar nicht furchtbar. Ich dachte daran zurück, wie ich Ryo vor einigen Wochen in der Mathematikvorlesung zum ersten Mal wieder gesehen hatte und wie sehr es mich überrascht hatte. So sehr, dass ich unter keinen Umständen wollte, dass er mich bemerkte. Ich wusste nicht wie ich auf den Jungen reagieren sollte, der mich als kleines Mädchen immer zur Weißglut gebracht hatte, mit dessen Persönlichkeit ich mich hatte messen können und der mich immer wieder auf neue Art und Weise herausgefordert hatte. Jemanden, dem ich durch unsere gemeinsamen Kämpfe nahe gekommen bin und dem ich mein Vertrauen geschenkt hatte, sodass wir Freude wurden, der aber dann ohne ein Abschiedswort plötzlich wieder aus meinem Leben verschwunden war. Vielleicht hatte ich damals schon ein wenig begriffen, dass er einen besonderen Reiz auf mich ausübte, aber ich war ein Kind gewesen. Ein sehr misstrauisches Kind, das oft genug im Stich gelassen worden ist. Jetzt stand er Körper an Körper an mich gedrängt und ungewollt kam mir das wunderbare Gefühl der Umarmung in Kazus Treppenhaus wieder in Erinnerung und wie sehr mich Ryos Nähe dort aufgewühlt hatte. Noch immer war ich zornig auf all meine Gefühle. Er hatte unsere Freundschaft verraten gehabt und hatte es nicht verdient, dass ich es genoss wenn er bei mir war. Mein Verlangen nach ihm war jedoch so stark, dass diese negativen Gedanken in den Hintergrund rückten. Ich wollte diesen Moment im Treppenhaus wieder haben und noch mehr. Ryo sollte mir gehören, nicht dieser Yoki mit dem lächerlichen zitronengelben Kleid, die im Grunde nicht einmal zu ihm passte. Sie schien nur sein perfektes Gegenstück zu sein – ich war es wirklich. Dieses Mal raubte ich mir keinen Kuss. Es war einvernehmlich und um einiges leidenschaftlicher als der Kuss im Auto. Ich trug nur einen dünnen und schon vollkommen durchnässten Pullover, also trug sicherlich auch der Regen einiges dazu bei, dass ich während des Kusses zitterte und Ryo dadurch noch fester an mich klammerte. Das Glück machte mich aber zu benebelt, um richtig zu bemerken, wie sehr ich fror. Als es aber wieder vorbei war und Ryo seinen Kopf auf meine Schulter legte, konnte ich mich an keinen vergleichbaren Moment erinnern, in dem ich mich so leer gefühlt hatte. Das Glück war genauso schnell gekommen wie es mich wieder verlassen hatte. Vielleicht war ich sein perfektes Gegenstück, aber er gehörte zu einer anderen. Einer Vorzeigefreundin, die ich niemals sein würde und wollte. Ich wusste auch überhaupt nicht, ob ich mir mehr zwischen uns wünschte. Mir war lediglich klar, dass ich ihm nahe sein wollte und wie sehr mich all das aber auch überforderte, weil ich das ganze Ausmaß dieser neuen Erkenntnis noch nicht begriffen hatte. „Steig wieder ein. Bitte.“ Ryos Blick war flehend, während sein Gesicht nur wenige Zentimeter vor dem meinen verharrte. Es war ihm wichtig, aber ich konnte nicht erkennen, was er wirklich über diesen Moment, den Kuss und ihn und mich dachte und ob ihm klar war, dass er eigentlich eine Freundin hatte und soeben eine andere Frau geküsst hatte. Ich wollte aber noch immer nicht in dieses Auto zurück. Mit seiner Beziehung zu Yoki wollte ich nicht in Berührung kommen und vor allem brauchte ich Zeit für mich. „Ich bitte dich nun ein letztes Mal darum“, begann ich in neutralem Tonfall und musste tief Luft holen um meinen Satz zu vollenden, „lass mich allein.“ Für einen kurzen Augenblick meinte ich erkannt zu haben, dass ihn meine Antwort verletzt hatte, jedoch hatte Ryo bereits so schnell wieder eine unberührte Miene aufgesetzt, dass ich mir nicht sicher war, ob ich mir das nur eingebildet hatte. Er schien allerdings eingesehen zu haben, mich wirklich nicht überreden zu können. Ich stand noch lange gegen meiner Mauer gelehnt und sah Ryo hinterher, wie er wieder in sein Auto stieg und davonfuhr. Er warf mir keinen letzten Blick mehr zu und ich war froh, endlich alleine mit dem Regen und meinen verwirrenden Gedanken zu sein. Eigentlich war ein Kuss immer ein Grund zum Glücklich sein. In meinem Fall war es allerdings anders. * „Rika? Bist du das?“, rief Rumikos Stimme schallend, kaum, dass ich die Tür hinter mir ins Schloss habe fallen lassen. Eine Sekunde später lugte bereits ihr Kopf mit dem Telefonhörer an einem Ohr um die Ecke hervor. „Oh gut, dass du da bist. Takato ist gerade dran und fragt nach dir … Du bist ja klitschnass! Wo bist du nur gewesen?“ „Halb so wild“, erwiderte ich Rumiko knapp und nahm ihr schnell den Telefonhörer ab. Eigentlich war ich total durchgefroren, aber ich wollte mich so schnell wie möglich in meinem Zimmer verschanzen und in meiner aktuellen Gefühlslage am liebsten auch nie wieder dort rauskommen. „Was gibt’s, Takato?“, fragte ich dementsprechend gelangweilt in den Hörer. Ich konnte mir bereits denken, dass sich dieses Gespräch um Kazu drehen würde. Im Grunde machte mich sein Verhalten noch immer wütend, doch im Moment war ich mit meinem Kopf wo anders. „Ich wollte dich fragen, wie es dir geht?“ Er klang besorgt. Es war im Grunde lieb gemeint, aber ich musste mich dennoch darüber ärgern. Immerhin war es nicht so, dass ich wegen eines Streits mit Kazu Gefahr lief mich in den Tod zu stürzen, auch wenn der heutige heftiger ausgefallen war, als unsere Streits zuvor. „Super, wie sonst?“ „Hör mal …“ Takatos Stimme stockte. Er schien nach den richtigen Worten zu suchen. Es vergingen ein paar Sekunden, ehe er wieder weitersprach. „Du hättest dich heute nicht so mit Kazu streiten dürfen.“ „Wie bitte?“ Ich zog die Augenbraue hoch, obwohl ich wusste, dass Takato es nicht sehen konnte. Hatte ich mich hier gerade verhört? „Ich bin nicht auf Kazu losgegangen!“ „Ja, das schon.“ Takato zögerte noch immer. „… Kazu hatte allerdings seine Gründe.“ „Welche Gründe?“, fragte ich scharf. „Takato, komm endlich auf den Punkt!“ Mir begann dieses Telefongespräch allmählich auf die Nerven zu gehen. Wenn Takato Kazus heftige Reaktion von heute unterstützte, dann verstand ich nicht, warum er überhaupt hier anrief. Ich wusste auch nicht worauf es hinauslaufen sollte. Wollte er ein gutes Wort für Kazu einlegen? Immerhin war es Kazu gewesen, der mir Vorwürfe gemacht hatte. So wie er heute gesprochen hatte, war es eher noch unwahrscheinlich, dass er wieder etwas mit mir zu tun haben wollte, als ich mit ihm. „Du hast wirklich nicht richtig zugehört gehabt, oder?“ „Was sollte ich gehört haben? Spuck‘s endlich aus, Takato!“ „Kazu hat erzählt, dass er für ein halbes Jahr einen Roadtrip in den USA machen wird. Nächste Woche geht es bereits los. Er wollte es dir sagen und hat sich eigentlich eine andere Reaktion erhofft. Ich wusste es schon.“ Wow. Das traf mich tatsächlich überraschend. So überraschend, dass ich wegen unseres Streits sogar ein schlechtes Gewissen bekam. Vor allem, weil ich wirklich nicht zugehört hatte, obwohl ich es in diesem Falle hätte sollen. Tatsächlich tat es mir plötzlich nicht nur leid, sondern ich fand es sogar schade, dass Kazu ging – auch das verwunderte mich. „Aber … seine Ausbildung? Ja und seine Wohnung? Er ist doch gerade erst eingezogen?“, fragte ich verwirrt. Irgendwie konnte ich es nicht so recht glauben. Ich wusste, dass Kazu die USA liebte, obwohl er selbst noch nie dort gewesen ist, und wahrscheinlich war ein Roadtrip die Erfüllung seiner Träume, aber ich hätte nicht gedacht, dass er das so schnell in die Tat umsetzen würde. Und erst recht nicht hätte ich mit diesem langen Zeitraum gerechnet. „Warum gerade jetzt?“ „Sein Onkel plant gerade diese Reise und hat Kazu angeboten ihn mitzunehmen. Kazu versteht sich ja recht gut mit seinem Chef und der hat mit sich reden lassen. Er kann die Ausbildung abbrechen und setzt sie dann fort, wenn er wiederkommt. Seine Wohnung übernehmen in dieser Zeit Ryo und seine Freundin. Die beiden wollen testen wie es mit dem Zusammenleben klappt.“ Bam. Ryo und Yoki ziehen zusammen. Ich konnte nicht bestreiten, dass das tatsächlich ein Schlag für mich war. Wahrscheinlich war er auch aus diesem Grund heute auf dem Weg zu Kazu gewesen, als ich ihm im wahrsten Sinne des Wortes in die Arme gelaufen war. „Rika? Bist du noch dran?“ Anscheinend hatte ich bereits zu lange geschwiegen. „Ähm … ja.“ Das waren mittlerweile zu viele Informationen für mich, die ich erst verarbeiten musste. Im Grunde musste ich den kompletten Tag erst einmal verarbeiten. „Danke fürs Bescheid geben, Takato. Ich werde noch einmal mit Kazu reden.“ Takato klang erleichtert als er sich verabschiedete. Nachdem ich endlich Ruhe hatte, fühlte ich mich noch leerer als nach dem Kuss mit Ryo. Sie ziehen tatsächlich zusammen. Wenn auch nur probeweise, klang es dennoch ernst. Ich spürte wieder unseren Kuss im Regen auf meinen Lippen, aber auch einen plötzlichen Knoten in meiner Brust. Mir kamen die Tränen. Niemals hätte ich bisher für möglich gehalten, dass ich wegen Ryo Akiyama weinen würde. * Fortsetzung folgt … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)