Wie uns Flügel wuchsen von X66 ([KaRe]) ================================================================================ Kapitel 8: Anziehung -------------------- Kapitel 8: Anziehung Mit Vorfreude öffnete Rei die Klappe des Backofens, woraufhin ihm eine neue Welle des süßlichen Geruchs frischgebackener Plätzchen in die Nase stieg. Bewaffnet mit zwei Topflappen holte er das obere Blech heraus und stellte es auf die Anrichte. Nach einem Blick auf das zweite Blech im Ofen befand Rei, dass dieses ruhig noch einige Minuten weiter drin bleiben konnte. So nahm er das bereits entnommene Blech, schüttete die Plätzchen von diesem auf ein großes Holzbrett, damit sie schneller abkühlen würden. Besagtes Blech selbst ließ er zum Abkühlen auf dem Herd stehen. Da er die Küche bereits aufgeräumt hatte, während das Gebäck noch im Ofen goldbraun gebacken worden waren, setzte er sich nun mit einem Buch an den Küchentisch, um die weitere Wartezeit zu überbrücken. Abgesehen vom leisen Gedudel des Radios, das im Hintergrund lief, war die Wohnung angenehm still - Rei war allein zu Hause und hatte diese Zeit wohlweislich genutzt, ungestört Kekse zu backen. Im anderen Falle hätte der Plätzchenduft wohl schnell seine anderen Mitbewohner in die Küche gelockt. Normalerweise freute er sich immer über deren Gesellschaft, aber beim Backen hatte er gern seine Ruhe. Als er gerade das zweite Blech ebenfalls aus dem Ofen geholt hatte, da es sich bei einem Blick darauf als höchste Zeit dafür erwiesen hatte, hörte er Schritte im Flur. Einen Augenblick später steckte Kai den Kopf durch die Küchentür und betrat den Raum dann ganz, während er Rei begrüßte. „Das riecht lecker“, bekundete er, sah dabei zu, wie Rei die Kekse zu den bereits Abkühlenden legte. „Ich hoffe, sie schmecken auch genauso“, erwiderte Rei lächelnd. „Wenn du einen Kaffee kochst, können wir die ersten Kekse gleich probieren.“ Kai nickte und begab sich zur Kaffeemaschine. Nur wenige Minuten später saßen sich die beiden am Küchentisch gegenüber, zwischen ihnen zwei Becher voll Kaffee und ein kleiner Teller mit noch leicht warmen Plätzchen. Sie probierten diese, tauschten dabei die aktuellsten Neuigkeiten und Ereignisse in der Uni aus. Rei war mit seinen Keksen sehr zufrieden und auch Kai hatte bestätigt, dass die Gebäckteilchen in der Tat so lecker schmeckten, wie sie gerochen hatten. Daneben genoss der Schwarzhaarige es sehr, so mit Kai in der behaglichen Küche zu sitzen, sich mit ihm zu unterhalten. Er stellte jetzt fest, dass ihm häufigen Gespräche mit Kai, die seit dem Clubbesuch weniger geworden waren, wirklich gefehlt hatten. Er hatte das Gefühl gehabt, dass ihre Beziehung etwas distanzierter geworden war, seitdem er sich in diesem Club auf einmal damit konfrontiert gesehen hatte, Kais Körper mit ganz anderen Augen zu sehen. Dass dies zum Großteil an ihm selbst lag, wusste Rei. Es fiel ihm schwer, sich dem anderen gegenüber normal zu verhalten, wenn er gleichzeitig anzügliche Gedanken bezüglich Kai hegte, die ihm so falsch und unpassend schienen. Inzwischen hatte er sich jedoch damit abgefunden, dass er Kai nun auf diese Weise attraktiv fand, was dazu geführt hatte, dass er mit dieser Tatsache besser umgehen konnte. Offenbar war es damit aber noch nicht getan. Je länger sie in der Küche saßen und redeten, lachten, zusammen Plätzchen aßen, desto mehr wurde Rei bewusst, dass er den anderen vielleicht nicht nur auf rein körperlicher Basis anziehend fand. Bester Hinweis darauf war, dass ihm die regelmäßigen Unterhaltungen mit Kai, ob tiefgründig oder nur der Austausch von Trivialem, so gefehlt hatten. Ihm waren Kais Meinungen wichtig, sein Rat; er diskutierte gerne mit Kai (jedenfalls, so weit dies denn vom Thema abhängig möglich war - empfand Kai ein Thema als einer Diskussion nicht würdig, weigerte er sich, sich darüber überhaupt auszulassen), und redete genauso gern über Sinnfreies und Albernes. Es war ihm einfach wichtig, den anderen um sich zu haben, und zwar, so stellte er fest, so oft wie dies nur ging. Dass es sich bei Kai um den ersten Vertreter des männlichen Geschlechts handelte, den er auf diese beiden Arten anziehend fand, war nicht die Tatsache, die ihm daran nicht so ganz behagte. Wieder war es, dass Kai und er beste Freunde waren. An einem weiteren Plätzchen nagend fragte Rei sich, wie viele Freunde einander wohl anziehend fanden, ohne dies dem jeweils anderen mitzuteilen. Sicherlich war es so, dass es eine gewisse Anziehung gab, sonst hätte man wohl nicht begonnen, sich anzufreunden, aber diese war wohl anderer Natur als die Anziehung, die Rei Kai gegenüber empfand - sei es die körperlicher oder geistiger Art. Nachdem der Schwarzhaarige gerade das Gefühl gehabt hatte, dass er langsam damit klar kam, dass Kais Körper Begierde in ihm auslöste, und sich schon darüber gefreut hatte, sich mit Kai wieder fast so wie vorher unterhalten und normal mit ihm umgehen zu können, war es ihm äußerst unangenehm, jetzt schon wieder mit einer neuen Erkenntnis konfrontiert zu werden. Da er Kai über so etwas aber auf gar keinen Fall als besten Freund verlieren wollte, mangelte es ihm an Alternativen, wie er sich verhalten sollte. So entschied er, die Anziehung, die er fühlte, zu ignorieren. Menschen lebten schließlich alltäglich mit Widersprüchen in ihrem Leben, so würde er es wohl auch hinbekommen, sein Verhalten nicht seinen Empfindungen entsprechen zu lassen. Während er Kai beim Reden beobachtete und seine Reaktionen auf den anderen genauer zu untersuchen versuchte, konnte er keine Anzeichen bei sich sehen, die darauf deuteten, dass er verliebt war. Er hatte nur die Erfahrung seiner Beziehung mit Mao, in der er anfangs vielleicht einmal verliebt gewesen war, hatte deshalb immer Zweifel, wie sich Verliebtheit eigentlich anfühlte und wann man wusste, dass man wirklich verliebt war. Was man so hörte und las, nämlich, dass es einem einfach klar war, wenn man sich verliebt hatte, bestärkte ihn darin, dass er nicht verliebt war. Und dabei sollte es - Anziehung und Begierde hin oder her - auch bleiben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)