Mission: Bonds von Yuukou (Dritter Teil der Partner-FFs von FrecheGurke und Nebelland) ================================================================================ Kapitel 20: Einsicht -------------------- Narutos POV „Ahh! Verdammte Scheiße, was soll das denn werden?!!“, platzte es aus mir heraus. Augenblicklich wanderten mindestens fünf Augenpaare verwundert in meine Richtung und die Verkäuferin mir gegenüber sah mich mit einer Mischung aus Tadel und Schrecken an. Verständlich, wenn man bedachte, dass ich gerade vollkommen grundlos und plötzlich angefangen habe, lauthals durch ihr Geschäft zu brüllen. „Ähm…“ Ich rieb mir verlegen den Hinterkopf und warf einen schnellen Blick in die Runde. Oh, oh, die sahen alle schon sehr… skeptisch aus. Klar, fremd und offenbar durchgeknallt… keine gute Mischung. Ich räusperte mich vernehmlich. „Ich meinte nicht Sie.“, erklärte ich in einem schwachen Versuch Zeit zu schinden, bis mir eine vernünftige Ausrede einfiel. Die ließ allerdings auf sich warten, also zuckte ich nur entschuldigend die Schultern und wartete schweigend und mit einem mehr als unguten Gefühl (und immer noch dem Blick von fünf anderen Kunden im Nacken) auf meine Brötchen. Ich bezahlte hastig und wortlos und eilte so schnell es irgendwie ging aus diesem Laden. Kaum draußen wechselte ich in ein leichtes Joggen. Verdammt. Ich wusste, dass sich mein Doppelgänger gerade aufgelöst hatte. Ich wusste, dass Sasuke damit allein im Zimmer war. Ich wusste, dass er es war, der ihn abgefackelt hatte. Ich wusste nicht, warum er das getan hatte, aber egal warum, er würde sich gleich ordentlich was anhören können! Im Sturmschritt und nur mühsam darauf bedacht nicht zu sehr aufzutrampeln, lief ich durchs Hotel, schloss hastig die Tür auf und nahm mir gerade noch die Zeit sie wieder zu schließen, ehe ich losbrüllte: „Was in Dreiteufelsnamen hast du dir dabei gedacht?!“ Sasuke blickte mit seiner üblichen Pokerface-Miene ruhig in meine Richtung. Er saß rechts am Tisch und trank offenbar dem Geruch nach eine Tasse grünen Tee. „Was hast du dir dabei gedacht mich abzufackeln?!“, knurrte ich, während ich meine Schuhe abstreifte und achtlos in de Ecke knallte, damit ich zu ihm rüber konnte. „Ich hab’ Tee gemacht.“, erklärte Sasuke, als wäre es das natürlichste auf der Welt. Ich zog für ihn deutlich hörbar die Luft ein. „Klar, dafür muss ich auch immer Schattendoppelgänger rösten!“ Ich gab mir alle Mühe nicht zu schreien. Wirklich. Aber das, das war einfach… argh! Sasuke war blind, um Himmels Willen, und zwar erst seit zwei Tagen, ihn in diesem Zustand allein im Zimmer zu lassen war nicht nur unvorsichtig, es war schlichtweg dämlich. Und dann sorgte er selbst auch noch dafür, dass er genau in diese Lage kam?! Wegen einem verdammten TEE?!! „Wir haben keinen Wasserkocher.“, wiederholte er schulterzuckend die Worte meines Schattendoppelgängers und nahm noch einen Schluck. Seine Ruhe brachte mich nur noch mehr auf die Palme. Ohne Vorwarnung schoss meine Hand vor und packte ihn an der Schulter. Augenblicklich spürte ich mit leiser Genugtuung, wie er sich leicht versteifte und die Tasse sinken ließ. Sein Gesicht wand sich in meine Richtung. „Geh ich dir dermaßen auf die Nerven?“, presste ich mühsam beherrscht hervor. Er hob fragend eine Augenbraue. Und entgegen meiner Erwartungen verkniff er sich sogar einen sarkastischen Kommentar. „Was meinst du?“ „Hast du meine Gegenwart dermaßen satt, dass du mich loswerden willst?“ Verständnis flackerte über sein Gesicht, gefolgt von einem Stirnrunzeln. Er schnaubte. Offensichtlich war es für ihn keine große Sache. „Naruto, ich hab’ nur Tee gemacht und…“ Doch ich unterbrach ihn: „Du hast nicht nur Tee gemacht, Bastard, du hast dich leichtsinnig in eine Situation gebracht…!“ Nun unterbrach er mich und schlug meine Hand von seiner Schulter. „Ich werde wohl zehn Minuten alleine klarkommen.“ Seine Augen huschten nach oben und ich hatte das unmissverständliche Gefühl, dass er versuchte mich anzufunkeln. Leider verlor es seine Wirkung angesichts der Tatsache, dass er meine Augen nicht treffen konnte. Das merkte er wohl auch, denn er zischte leise und fuhr bestimmt fort: „Ich brauche keinen Aufpasser, der alles für mich macht, Naruto. Ich bin nicht komplett hilflos!“ Nun war es an mir zu schnauben. „Gut! Was hättest du gemacht, wenn die Möbel wirklich Feuer gefangen hätten?!“ „Was?“, fragte er und ein ganz leicht überrumpelter Unterton schwang in seiner Stimme mit. Ich ignorierte ihn fürs Erste. „Wenn deine ach so tolle Aktion wirklich etwas angezündet hätte, was hättest du dann gemacht? Vor dem Feuer flüchten? Während du nicht mal weißt, wohin du eigentlich läufst? Oder lieber den Brand löschen, ohne zu wissen, wie groß er ist?“ Sasukes Miene verkrampfte sich bei jedem einzelnen meiner Worte. Ich war mir nicht sicher, ob nun, weil er es wirklich bereute, sauer auf mich war oder aber weil ich ihm so ungeschminkt eine Wahrheit hinknallte, die er nicht hören wollte. Wenigstens war es jetzt raus und seltsam genug, ich fühlte mich schlagartig besser. Mit einem schweren Seufzen entspannte ich meine verkrampften Muskeln ein wenig und ließ mich auf den zweiten Stuhl fallen. „Mensch, Sasuke, hast du es echt nicht kapiert?“, fuhr ich in fast normalem Tonfall fort. Er blickte auf. Sein Gesicht war immer noch verbissen. „Du hast selbst gesagt, wir sollen offener sein, dabei bist du es gerade, der sich was vormacht. Der Schattendoppelgänger war nicht hier, um ‚alles für dich zu machen’ oder ‚Aufpasser’ zu spielen. Er war hier, falls etwas passiert oder falls du wirklich Hilfe brauchst. Das war alles.“ Damit stand ich auf und entschied spontan, dass ich eine zweite Dusche brauchte. Doppelt hielt schließlich besser… Eine gute Stunde später taten wir beide – wie so oft – so, als wäre nichts geschehen. Das war nicht unüblich. Manchmal mussten wir einfach etwas loswerden und der andere schluckte es, ohne Kommentar. Irgendwann würden wir wohl darauf zurückkommen, aber nicht jetzt. Jetzt gab es erst einmal wichtigeres. Wir mussten die Bücherei finden und nach diesem blöden Buch für Oma Tsunade fragen. Außerdem musste ich noch irgendwie einen Weg finden, dass Sasuke sich ein wenig entspannte. Kaum, dass wir das Hotel verlassen hatten, spürte ich, wie mein Arm leicht gequetscht wurde, vermutlich in Erwartung der Menschenmassen vom Vortag. Selbst als ich ihm sagte, dass auf den Straßen kaum etwas los war, war Sasukes Griff kein Stück weniger angespannt geworden. Ein Seitenblick zeigte mir, dass seine Augen wild hin und her huschten, als würde er jeden Moment darauf warten, dass ihn irgendetwas traf. Wenn ich meinen Arm noch bewegen können wollte, bis wir bei der Bibliothek ankamen, sollte ich mir wohl mal langsam was einfallen lassen, wie ich ihn ablenken konnte… „Hey, Sasuke, riechst du das auch?“ „Was?“, knurrte er schlecht gelaunt. Ich schmunzelte ironisch. Wir liefen gerade direkt an einer (zum Glück anderen) Bäckerei vorbei, wenn er das nicht roch, dann war entweder seine Nase zu oder er war noch verkrampfter, als ich dachte. Ich blieb stehen. Er natürlich auch, allerdings mit einem mehr als schlecht gelaunten Ausdruck im Gesicht. „Wir können nie im Leben schon da sein.“, kommentierte er trocken. Das stimmte, aber das war mir jetzt egal. „Sasuke, was riechst du?“ Er grummelte wütend und versuchte offenbar wieder mich anzufunkeln. „Das ist jetzt nicht der richtige Moment, um mich das blind sein üben zu lassen, Usuratonkachi.“ „Was riechst du?“ „Okay, okay.“, grummelte er mürrisch, atmete einmal tief ein und winkte mit der linken, freien Hand grob hinter sich. „Irgendwo da drüben ist eine Konditorei, können wir jetzt endlich weiter gehen?“ „Ist das alles?“, fragte ich, setzte mich aber brav wieder in Bewegung. Ich wollte ihn nicht „blind sein üben“ lassen, wie er es ausgedrückt hatte. Ich wollte ihn tatsächlich bloß ablenken und das funktionierte offenbar erstklassig. Sasuke verzog zwar leicht unwillig das Gesicht, aber sein Griff lockerte sich merklich, als er sich zu sehr auf seine Nase konzentrieren musste, um sich darüber Gedanken zu machen, dass wir mitten durch die Stadt liefen. Er selbst schien das gar nicht zu merken und immer noch zu denken, dass ich ihn nerven wollte. Nun, wenn es ihm half, konnte ich damit leben. „Es riecht leicht verbrannt, entweder haben sie hier gestern Abend die Feuerkörper angezündet oder hier wurde etwas anderes abgefackelt.“ Wenn man von den vielen Verpackungen und Überresten auf dem Boden ausging vermutlich ersteres, aber ich schwieg und wartete lieber ab, was Sasuke noch feststellen würde. Der Weg zur Bücherei war nicht mehr allzu weit, ich hatte gerade ein Schild gesehen und ein Stück vor uns, am Ende einer langen, geraden Straße, lag ein großes, weiß gestrichenes Gebäude, das fast sicher unser Ziel darstellte. Ein Seitenblick zeigte, dass Sasuke sich wirklich konzentrierte. Seine Augenbrauen waren leicht heruntergezogen und der Mund zusammengepresst. Man hätte es auch als wütend interpretieren können, aber ich war mir ziemlich sicher, dass er es nicht war. Dafür klang seine Stimme zu ruhig. „Außerdem wächst hier irgendwas… eine Blume oder ein blühender Strauch.“ Bäume genau genommen, vermutlich Kirschbäume, aber er war dicht dran. „Und ich rieche… Lack?“ Er runzelte die Stirn und ich lachte. Ja, ich roch ihn auch – und es war echt eklig. „Schon richtig.“, merkte ich nun doch an. „Offenbar hat hier jemand heute Morgen seinen Gartenzaun neu gestrichen. Er schimmert noch ganz feucht und… woah!“ „Was?!“, fragte Sasuke erschrocken von meinem abrupten Ausruf. Wieder merkte ich, wie er sich leicht anspannte. Ich bekam beinahe sofort ein schlechtes Gewissen. Shit. „Ähm… sorry. Es ist nur… die Bücherei, sie…“ „Was, Naruto?“, fragte er scharf. „Sie sieht echt beeindruckend aus.“ Sasuke entspannte sich schlagartig wieder und schnaubte. „Wenn’s nur das ist.“ Er versuchte unbeteiligt zu klingen, aber ich hörte den leicht säuerlich, verletzten Unterton heraus. Ein Seufzen unterdrückend zog ich ihn sacht vorwärts. „Stell dir einen alten, japanischen Tempel vor, mit hellroten Pagodendächern und goldenen Rändern.“, erklärte ich ungefragt. (Er würde eh nie fragen, aber er hörte mir zu, das wusste ich.) „Die Wände sind aber im westlichen Stil, aus hellen, weißen Steinen, die das Licht reflektieren und das Gebäude strahlen lassen. Es hat mindestens zwei Stockwerke, wenn man den Fenstern glauben kann, zumindest in der Mitte. Auf den Seiten sind die Dächer tiefer. Wahrscheinlich nur ein Geschoss.“ Wir näherten uns dem Haupteingang. „Treppe nach oben.“, merkte ich kurz an und verlangsamte unser Schritttempo, während ich mich nicht stören ließ und weiter erzählte. „Vor den großen Eingangstüren ist ein kleiner Vorsprung – zu dem wir grade hochgehen – aus ebenfalls weißem Stein. Links und rechts von uns sitzen steinerne Tengus.“ Ich schmunzelte bei dem Gedanken und auch Sasukes Mundwinkel zuckten. Ich war mir nur nicht sicher, ob nach unten oder oben. Die Tengu hatten uns gemischte Erinnerungen an unsere erste Zwei-Mann-Mission hinterlassen. „Wir sind oben.“, meinte ich und glaubte zu hören, wie Sasuke fast schon erleichtert ausatmete. Er mochte Treppen nicht, sie waren schwer kalkulierbar für ihn. Zwei Schritte weiter und ich griff die Tür und zog. Sie war verschlossen. Was zum… ?! Eine halbe Stunde später hatte ich endlich irgendwen auf dem weitläufigen Gartengelände, das sich ans Gebäude anschloss, gefunden. Da Sasuke angesichts des alles überlagernden Geruchs nach frisch geschnittenem Gras das Gesicht verzog, ließ ich ihn kurz auf einer Bank am Eingangsbereich zurück und fragte den Gärtner/Hausmeister/was auch immer. Ich durfte ich mir erklären lassen, dass der Bibliothekar seit drei Tagen nicht mehr gesehen worden war. Super. Konnte eigentlich jemals irgendwas so funktionieren, wie wir es wollten? Als ich zu Sasuke zurücklief, zuckte dessen Kopf zu mir herum. Klar, auf dem Kiesweg konnte er mich problemlos kommen hören und ich hatte ihm gesagt, dass ich nicht weit weg und sonst niemand hier war. „Ich bin’s nur.“, meinte ich und ließ mich neben ihm auf die Bank fallen. Er nickte kurz, lehnte sich dann zurück und schloss die Augen. „Der Büchereifutzi…“, fing ich an. „Bibliothekar.“, korrigierte er. „Pff. Genau, also der Bibliotheksfutzi ist nicht da.“, fasste ich zusammen, „Ihn hat seit drei Tagen niemand mehr gesehen. Der Gartentyp…“ „Gärtner.“ Ein halbes Schmunzeln. Ich ignorierte es. „… meint, der Kerl hätte nur einen Spaziergang machen wollen und wäre nicht mehr zurückgekommen. Takigakure hat daraufhin Ninja ausgeschickt, um ihn zu finden. Sie haben wohl die gesamte Umgebung abgesucht, aber nichts entdeckt. Ehe er nicht wieder da ist, kommen wir allerdings nicht in die Bücherei.“, fügte ich leicht schmollend hinzu. Sasuke seufzte leise. „Dann lass uns wenigstens noch einen unserer Rucksäcke holen, ehe wir losgehen.“ „Häh?“, sprach ich hochintelligent das erste aus, was mir einfiel. Sasuke öffnete die Augen und sah in Richtung meines linken Ohres. „Ich weiß genau, dass du der ungeduldigste Mensch überhaupt bist. Du willst mir nicht ernsthaft erzählen, dass du ihn nicht suchen willst, oder?“ Überrumpelt klappte mir leicht die Kinnlade runter. Ich hob sie schnell wieder hoch. „Nein, das nicht, aber du…“ „Ich werde bestimmt nicht im Hotelzimmer warten und Däumchen drehen.“, grummelte er unwillig, aber nicht wirklich böse. „Aber, Naruto? Das ist nicht unsere Zuständigkeit, klar? Wir beobachten nur, wenn wir etwas finden, benachrichtigen wir die hier ansässigen Ninja.“ Er wartete offenbar auf eine Reaktion, doch ich war immer noch überrascht, dass er nicht versuchte mich abzuhalten. Er… ließ es zu? Okay, dass er mitkam fand ich nicht unbedingt so die allerbeste Idee, aber… ich konnte es ja verstehen, ich wollte da auch nicht doof rumsitzen. Viel zu langweilig – vor allem bei dem öden Fernsehprogramm. Ein zufriedenes Grinsen erschien ganz ohne mein Zutun auf meinen Lippen. „Dann auf geht’s!“ Einen Verschwundenen suchen war viel, viel besser als langweilige Bücher lesen und durchsuchen zu müssen!! Okay, eigentlich war alles besser, als… „Und, Naruto? Hör auf so blöd zu grinsen.“ Was?! Wie…?!! Wie machte er das?!!! Sasukes POV Wenn ich ehrlich war wunderte es mich... nein, nicht wundern, es machte mich richtig misstrauisch, dass Naruto mich einfach so auf die Suche mitnahm. Ich hätte erwartet, dass er sich dagegen sträuben würde und mich eher bewusstlos schlagen, fesseln und knebeln und im Zimmer einschließen, als mich ohne Bedenken mitschleppen würde. Naja, vielleicht fürchtete er sich davor, dass ich wieder Lust auf Tee bekam. Ich sollte ihn auf jeden Fall nicht drauf aufmerksam machen oder ihm von meinen Zweifeln mitbekommen lassen. Mit meinem Glück würde er es sich noch anders überlegen… also sollte ich mich freuen einer lange Diskussion aus dem Weg gegangen zu sein. Endlich am Hotel angekommen - ich fragte mich langsam, wie oft Körperteilen die Blutzufuhr abgeschnürt werden darf, bevor sie ernsthaften Schaden nehmen - zog mich Naruto ins Hotelzimmer. Er schien sich wirklich zu freuen, dass er die Bücherrecherche noch eine Weile nach hinten schieben konnte. Wir, bzw. Naruto, packten unsere Rücksäcke um, nahmen die Sachen, die wir definitiv nicht brauchen würden - wie die Zelte - raus und packten etwas zu Trinken und Essen ein. Der Blondschopf verschwand noch schnell im Bad, während ich mir sicherheitshalber die Waffentasche um den Gürtel band. Ich hörte, wie die Badtür aufgerissen wurde: „Ok, dann können wir ja mal los!“ Wir schulterten die Rucksäcke, Narutos Arm streifte meinen und schon viel zu selbstverständlich hakte ich mich bei ihm ein. Wir gingen den Gang zur Rezeption runter. „Warst du eigentlich schon mal im Reich des Wasserfalls?“, fragte ich beiläufig. Er schnaubte: „Nee, aber es ist auch nicht spannender hier, als in Konoha.“ Ich überging diese nutzlose Information: „Und wo sollen wir dann anfangen zu suchen?“ „Mmh, hier gibt es einen dicht bewaldeten Berg. Ich würde einfach mal sagen, wir durchforsten ihn so gut es geht.“ Fast schon mitleidig schüttelte ich den Kopf. „Naruto, wie kommst du mit dieser Planlosigkeit eigentlich durchs Leben?“, bevor er sich anfangen konnte zu beschweren fuhr ich fort: „Einfach ziellos durch den Wald laufen bringt rein gar nichts.“ „Oh, tut mir leid, ich vergaß, dass Sie ja, dass Gehirn von uns beiden sind, Monsieur Teemacher.“, murrte er ironisch. Ich verdrehte die Augen: „Ganz genau, du dümmlicher Obertrottel. Außerdem ist nichts passiert.“, ich schüttelte den Kopf, „Egal, was ich meinte ist, dass wir uns einen Überblick über die Gegend verschaffen sollten, damit wir sie systematisch durchsuchen können.“ „Also möglichst so weit auf dem Berg rauf, bis man einen guten Blick über die Umgebung hat?“, fragte er. Ich nickte. „Cool, dann kann ich vielleicht ja noch den riesen Wasserfall sehen nach dem das Dorf benannt ist.“, freute sich Naruto. Ja, manchmal so taktlos wie ein Sack Kartoffeln, aber wenigstens könnte die Mission Naruto bei Laune halten. „Das ist sooo langweilig!“, nörgelte Naruto lauthals. Wir waren schätzungsweise eineinhalb Stunden unterwegs. Bei Laune halten… ha… ha. Ich bevorzugte es nicht zu antworten. Er hatte zu meinem Bedauern schon relativ früh die Lust verloren. Wenn man es genau nahm, seit er verstanden hatte, dass die „Mission“ wirklich nur aus Rumlaufen und ein bisschen Suchen bestand. Es war eigentlich von Anfang an klar, doch mir kam es so vor, als schmückte er solche „Aufträge“ in seinem hohlen Köpfchen noch etwas aus. „Hey, Teme. Wie wäre es, wenn ich dich einfach auf den…“, weiter kam er nicht, denn ich unterbrach ihn mit einem monotonen: „Nein.“ So weit, dass ich mich diesen Berg hoch tragen lasse, kommt`s noch. Außerdem musste ich wieder feststellen, dass mir die Bewegung sehr gut tat. Daraufhin schwieg Naruto, obwohl ich eher annahm, dass er nun beleidigt schmollte. Der Wind rauschte sacht in den Bäumen, gelegentlich hörte ich, wie es im Unterholz raschelte und Passanten unseren Weg kreuzten, die Sonne schien ab und zu zwischen den Wolken hindurch. Ich zwar froh, dass es bewölkt war, da die Sonne einfach eine unglaublich Kraft hatte und einem gleich heiß wurde, wenn sie durch die Wolken brach. Sonst waren es angenehme Temperaturen. Narutos Hand in meiner fühlte sich leicht rau an. Wir gingen händehaltend, da es ein breiter Weg im Wald war, wie Naruto mir beschrieben hatte, und ich so mehr Freiheit hatte. Der gleichmäßige Takt unserer Schritte im Kies ließ die Gedanken verschwimmen und ich hatte ehrlich gesagt keine Ahnung, wie weit wir eigentlich schon gekommen waren. Plötzlich verlangsamte Naruto seine Schritte und zog mich etwas näher zu sich hin. „Verdammt, wieso habe ich dich noch einmal mitgenommen?“, raunte Naruto fluchend. Ohne, dass ich fragen musste erklärte er: „Es wird steiler und der Weg schmaler. Außerdem geht es jetzt ganz schön runter, wenn man aus Versehen neben Pfad tritt. Idiotische Idee einen steilen Pfad mit Kies aufzuschütten.“, murmelte er noch. Ich hätte beinahe einen Kommentar losgelassen, dass er mir ruhig mehr zutrauen könnte und ich schon nicht direkt auf den Abhang zugehen würde, als ich leicht irritiert nach unten schaute. Nein, er hatte vollkommen Recht. Er war vielleicht etwas überfürsorglich, aber im Prinzip hatte ich keine Ahnung, ob ich nun auf einen Abgrund zu lief und würde es erst merken, wenn es zu spät war. Natürlich ich hatte gute Reflexe und er wäre noch da, aber auch Naruto muss auf den Weg achten und ein paar Augenblicke der Unaufmerksamkeit von uns beiden würden schon reichen. Es war ähnlich wie im Hotelzimmer, als ich mir den Tee gemacht hatte. Seine Argumente waren komplett schlüssig. Wenn es angefangen hätte zu brennen, wäre ich natürlich möglichst ruhig und schnell zur Tür gegangen, wie jeder normale Mensch auch, doch wenn die Flammen mich eingeschlossen hätten, hätte ich ein ernsthaftes Problem gehabt. Klar, Narutos Schattendoppelgänger wäre durch die starke Hitzeentwicklung auch schnell verschwunden, doch er hätte noch etwas tun können. Mir war selbst klar, dass ich ziemlich hilflos war, aber ich wehrte mich einfach mit aller Kraft danach zu handeln. Diese Tatsache war mir mehr als unangenehm und eigentlich wollte ich sie nicht anerkennen, doch sie war… einfach unbestreitbar. Ich hörte, wie ein Schwarm Vögel über uns entlang flogen und vielstimmig zwitscherten. „Dobe? Ich wollte dir keine Sorgen bereiten.“, seufzte ich schließlich. Lieber ich brachte das Ganze schnell und schmerzlos hinter mich, denn totschweigen konnte ich diese Angelegenheit die nächsten Tage wohl leider nicht. „Äh, was?“, stieß Naruto erstaunt aus. „Die Sache mit dem Tee.“, half ich ihm auf die Sprünge, „Es war wohl etwas… unbedacht, einfach deinen Doppelgänger anzuzünden.“ Naruto blieb weiterhin still und ich hatte das ungute Gefühl, dass er mich mit seinen Blick gerade durchbohrte. Um diese unangenehme Stille zu füllen fuhr ich resigniert fort: „Klar, ich habe schon aufgepasst, dass kein Möbelstück in der unmittelbaren Nähe war und die Grundidee kam ja eigentlich von dir, ein triftiger Grund, warum ich es nicht hätte tun sollen, aber… “ Musste ich es denn wirklich laut aussprechen? „Soll das eine Entschuldigung werden?“, fragte Naruto, der seine Sprache anscheinend wieder gefunden hatte, etwas fassungslos. Ertappt sah ich zur Seite und meinte kühl: „Red keinen Unsinn. Es war lediglich eine Erklärung… “ Ich hörte Naruto kurz auflachen, als er wieder mit ernsterer Stimme zu mir sprach: „Sasuke, glaub mir, wenn ich sage, dass ich dich wirklich nicht versuche zu kontrollieren oder so, doch diese Aktion war wirklich dämlich. Es hätte alles passieren können und ich hätte nicht da sein können, um dir zu helfen. Ich möchte dich auf gar keinen Fall in deiner Freiheit beschränken, aber…“, Verlegenheit hatte sich in seine Stimme geschlichen, bevor er abbrach. Er brauchte es nicht aussprechen und auch ohne Augenkontakt lag es schwer in der Luft. `Ich will nicht, dass dir was passiert.` Ich räusperte mich vernehmlich. „Und wie sieht die Umgebung so aus? Hat man schon einen guten Überblick.“ „Überblick? Man hatte in Takigakure einen besseren `Überblick`.“, schnaubte Naruto und übertrieb damit äußerst stark. Wie er mir weiter erklärte waren wir ungefähr auf der Höhe des Unterteils der Baumkronen und das hieß, dass es nicht mehr lange dauern sollte, bis wir über den Baumkronen waren und damit eine gute Sicht hatten. „Wie wär’s, wenn wir gleich mal eine Pause machen?“, fragte Naruto nach circa fünf Minuten, „Ich habe Steine im Schuh und Hunger.“ Innerlich schmunzelte ich über seine Bemerkung, sichtbar zuckte ich die Schultern. „Da vorne ist ein Delle im Berg, die begrast ist. Da können wir uns hinsetzten.“ Wir ließen uns auf der Wiese nieder. Ich hörte, wie Narutos Klamotten raschelten und er erleichtert seufzte. „Blöde Sandalen. Da kommen immer Steine rein.“, moserte er leise vor sich hin. Ich streckte genüsslich meine Beine und blendete Narutos Beschwerde einfach aus. Manchmal musste man es einfach, wenn man immer mit ihm zusammen war. Meine Finger fuhren durch die saftigen Grashalme, ich war überrascht, dass dieser Fleck Gras so dicht bewachsen war. Man spürte keinen einzigen Kieselstein. Meine Gedanken schweiften ab, wieso war hier eigentlich eine gesunde Wiese? Umso erschrockener war ich, als Naruto abrupt aufstand und Richtung des Weges ging. Ich hörte wie seine Füße leicht den Kies beiseite traten. „ECHO!“, brüllte Naruto mit Leibeskräften und lachte freudig auf, als sein Stimme mehrmals von den dichten Bäumen und Felswenden zurück geworfen wurde. „Mann, Teme, das hier ist ganz schön steil.“, er stand wahrscheinlich am Abhang, „Wenn man da runter fällt könnte es sogar um uns geschehen sein… wenn wir blöd landen.“ „TEME!“, schrie Naruto plötzlich auf und kicherte abermals, als man weit in der Ferne die Echos hörte. Ich schmunzelte in mich hinein, als sich Naruto an mich wandte: „Hey, Teme. Ich schau mal kurz um die Ecke da. Vielleicht seh` ich die Spitze oder eine Plattform, von der ich das Gelände überschauen kann. Kannst du währenddessen die Sandwichs aus dem Rucksack holen? Die Taschen stehen an der gegenüberliegenden Felswand.“, seine Stimme, die eben unbeschwert geklungen hatte, wurde nun eindringlicher, „Ich bin in spätestens drei Minuten wieder da. Bleib bitte, bitte auf der Wiese und geh keinen Schritt weiter, wenn du auf Kieselsteine stößt. Ich weiß nicht, wie viel ich heute noch aushalte.“, gen Ende hin wurde sein Ton verzweifelt und versucht lustig. Ich nickte abwesend und hielt mein Gesicht in die Sonne, die gerade zwischen den Wolken durchschien: „Ich bin nicht lebensmüde.“ Es schien kurz so, als ob Naruto noch etwas sagen wollte, doch dann hörte ich das immer leiser werdende Knirschen des Kieses unter seinen Füßen. Ich blieb noch kurz entspannt sitzen, bevor ich aufstand und mich streckte. Etwas orientierungslos streckte ich meine Hand nach der Wand rechts von mir aus. Mir war es lieber, wenn ich mich an der Steinwand entlang tastete. Ich ging ein paar Schritte weiter, als ich plötzlich merkte, wie das Gras unter meinen Füßen nachgab. Ich stürzte nach vorne, doch anstatt auf der Wiese aufzukommen, hatte ich das Gefühl durch sie hindurch zu fallen. Ich spürte, wie mir die Luft um den Körper zischte und dann war der Fall genauso schnell vorbei, wie er begonnen hatte. Ich landete auf allen Vieren, sackte jedoch zusammen. Ich kniete und stützte mich noch zusätzlich mit den Unterarmen vom Boden ab. Mein Kopf hing kraftlos runter, meine Augen und mein Mund waren vor Schreck und Entsetzten weit geöffnet. Ich keuchte und japste verzweifelt nach Luft. Das… das war heftig. Plötzlich den Boden unter den Füßen zu verlieren war eh immer unangenehm, doch ohne zu sehen, wohin man fiel, ohne Möglichkeit gezielt nach etwas zu greifen, war es ein Fall ins schwarze, formvollendete Nichts. Man konnte den Aufprall nur erwarten. Ich konnte nur meinen eigenen unregelmäßigen Atmen und mein laut schlagendes Herz hören. Nach ungefähr einer Minute hatte ich mich so weit gefasst, dass ich taumelnd versuchte aufzustehen. Mein linkes Bein knickte allerdings unter meinem Gewicht ein und Schmerz durchzuckte die Muskeln darin. Zischte fuhr ich über meinen Unterschenkel. Ich versuchte jedoch das beißende Pochen zu ignorieren, als ich aufstand. Ich hielt inne und horchte noch einmal in die Schwärze, bis ich mir absolut sicher zu sein schien, nichts außer meinen eigenen Atemzügen zu hören. Vorsichtig tastete ich nach einer Wand oder einem anderem festen Anhaltspunkt. Selbst meine zaghaften, sehr rechtslastigen Schritte hallten und sagten mir so, dass ich in einer Art kleinen Höhle oder Gang sein musste. Nach ein paar Metern berührten meine Hände, die ich vor meinen Körper gehalten hatte, eine nasse, glitschige Steinwand. Obwohl ich mich streckte konnte ich die Decke nicht erreichen. Ich blieb noch ein paar Sekunden an der Wand, presste meine Hände gegen das kalte Gestein und versuchte meinen Kopf klar zu bekommen. Sollte ich nach Naruto rufen? Vielleicht würde er mich hören, doch genauso gut, könnten mich andere hören. Andere, die ich lieber nicht auf mich aufmerksam machen sollte. Ich blinzelte ein paar Mal und wog die Gefahren gegeneinander ab. Es hatte keinen Sinn, ich musste wenigstens einmal versuchen Naruto zu alarmieren. Er müsste den Schmerz in meinem Bein auch gespürt haben und, so hoffte ich, zurückgekommen sein. Ich schluckte zuvor und versuchte mein immer noch ungewöhnlich laut pochendes Herz zu ignorieren, als ich tief Luft holte, um nach Naruto zu rufen. Meine Stimme wurde vielfach von den Wänden zurück geworfen und ich unterdrückte den Unglauben- und Panikanflug, als ich feststellen musste, dass es so klang, als wäre ich in einem nach oben hin abgeschlossenen Raum. Um wenigstens die Größe des Raumes zu schätzen lief ich senkrecht zur Wand in die Leere. Realistisch gesehen zehn Meter später, die mich sehr viel Zeit kosteten, kam ich an einer anderen Mauer an. Ich war dem Echo nach definitiv in einem Gang. Ich lehnte mich an die Mauer und zog das linkte Bein an, um es zu entlasten. Panisch werden war nicht meine Art und ich würde es auch jetzt nicht werden und doch kam ich nicht umhin festzustellen, dass ich mich selten in so einer miserablen Lage befunden hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)