Abgekarterte Spiele von abgemeldet ("Gets down to what it's all about, doesn't it? Making the wrong move at the right time.") ================================================================================ Kapitel 23: Unangenehme Erkenntnisse ------------------------------------ Noch immer fasse ich es nicht. Ich habe mich zwar wieder weitgehend unter Kontrolle, um mir von meiner Überraschung nichts anmerken zu lassen, aber die Tatsache, dass sich ausgerechnet der Köter hinter Joey Wheeler verbirgt, irritiert mich nach wie vor. Nichts hätte mich mehr überraschen können als der Umstand, dass ausgerechnet mein Erzfeind nicht nur meinen Bruder sondern auch mein Deck in Händen hält. Doch was ich noch mehr irritiert ist seine Erscheinung. Seine ganze Art. Einerseits ist er genauso wie ich ihn in Erinnerung habe. Seine Augen funkeln mich nach wie vor trotzig an und doch... etwas ist anders und es ist keineswegs der Armanianzug, den er trägt, oder die Tatsache, dass seine Haare inzwischen tatsächlich so etwas wie eine Frisur aufweisen. Er ist immer noch der Gleiche und doch ein anderer, was eigentlich ein Widerspruch sein müsste. In vielerlei Hinsicht scheint er nicht mehr so hitzköpfig zu sein wie vor drei Jahren. Er gestikuliert auch nicht mehr wild in der Gegend herum, wenn er spricht und seine Art und Weise sich zu artikuleren hat sich ebenso verändert. Ich bemerke, dass ich ihn anstarre und wende meinen Blick Bakura zu, der lässig an der Wand lehnt und sowohl mich als auch Katsuya beäugt. Ein leichtes Grinsen liegt in seinem Gesicht und ich frage mich unwillkürlich, ob er es gewusst hat. Ein Teil von mir sagt, dass dem so ist, aber ich bezweifle, dass er es zugeben würde. Doch das spielt auch keinerlei Rolle. Es ändert nichts an den Gegebenheiten. Die Situation ist immer noch die Gleiche. Nun ja, fast. Auch wenn mir das Ganze nach wie vor seltsam anmutet, ich bezweifle, dass Wheeler etwas mit dieser Geschichte zu tun hat. Nein, im Grunde glaube ich ihm, dass was er mir erzählt hat und es klingt auch mehr als plausibel. Darüber hinaus, welchen Grund sollte der Köter haben, auf diese Weise gegen mich vorzugehen. Rache? Nun gut, vielleicht hätte er ein Motiv. Immerhin scheint er inzwischen in einer Position zu sein, die es ihm ermöglicht, gewisse Dinge in die Wege zu leiten und ich bezweifle, dass er unsere alten Streitereien vergessen hat. Sie werden für ihn genauso gegenwärtig sein wie bei mir, was unser Schlagabtausch gerade auch belegt. Dennoch kann ich mir nicht vorstellen, dass er auf diese Weise Rache üben würde. Es passt einfach nicht zu ihm. Selbst wenn er mir eins auswischen wollte, er würde nie so weit gehen, Mokuba in diese Angelegenheit mit reinzuziehen. Nein, der Kleine sagt die Wahrheit. Daran besteht kein Zweifel. Und in gewisser Hinsicht hat er Recht. Ich bin erleichtert, dass mein Bruder nicht in fremde Hände geraten ist. Aber ihm dankbar dafür sein? Gar in seiner Schuld zu stehen? Der Gedanke behagt mir keineswegs. "Ob du´s mir glaubst oder nicht, Kaiba, es tut mir echt leid, dass sich die Dinge so für dich entwickelt haben. Wirklich. Ich meine, wir beide sind alles andere als Freunde, aber diesen Ärger hätte ich dir nie gewünscht." Er grinst mich auf diese typische Art an und ob ich will oder nicht, ich glaube ihm sogar was er sagt. Ich nicke sogar leicht. "Scheint als hättest du es gut getroffen." bemerke ich ohne auf seine Aussage einzugehen und er zuckt lächelnd mit den Schultern. "So kann man´s wohl ausdrücken. Ich kann mich nicht beschweren." erwidert er und wieder nicke ich leicht. "Ich habe nicht nur meinen Abschluss geschafft, ich gehe auch auf´s College und meine Noten sind nicht mehr so miserabel wie früher." Er zwinkert mir kurz zu und für einen Moment habe ich das Gefühl, dass er irgendeine Regung von mir erwartet. Wie ein Hund, der darauf wartet, eine Belohnung für seine Leistung zu bekommen. Absurder Gedanke. "Und ich arbeite nebenbei in der Firma meines Vaters." fügt er hinzu und ich höre deutlich den Stolz in seiner Stimme, erwidere jedoch nichts. Ich wüsste auch nicht was ich sagen sollte. Die ganze Situation erscheint mir so unwirklich, vollkommen surreal - genau wie er. Und seltsamerweise bin ich auf merkwürdige Art fast froh ihn zu sehen, auch wenn ich das nie zugeben würde. Ich verstehe nicht einmal warum dem so ist. Ich habe andere Sorgen, Probleme, die es zu bewältigen gilt und doch... es tut gut, diese feste Konstante wiederzuhaben, auch wenn sie anders ist als früher. Ja, ich komme nicht umhin festzustellen, dass er sich weiterentwickelt hat. Das Schweigen, das augenblicklich herrscht, irritiert mich. Es ist neu. Dass er und ich in einem Raum sind und schweigen. Früher wäre dem kaum zwei Minuten der Fall gewesen. Ich fühle mich unbehaglich und ich glaube, ihm geht es ähnlich. Es ist kein Wiedersehen alter Freunde oder flüchtiger Bekannter, die nach einem kurzen Austausch von allgmeinen Floskeln nicht wissen was sie sagen sollen. Es liegt auch nicht an meiner Situation. Es liegt an etwas anderem, etwas, dass ich nicht zu greifen vermag. "Könnte ich auch einen Drink haben?" fragt er plötzlich mit einem charmanten Lächeln, dass nur noch vage an den Köter von einst erinnert und ich nicke unwillkürlich. Ich greife zu einem Glas und der Flasche und schiebe ihm beides hin. Er nickt mir dankbar zu ehe er das Glas füllt und einen großen Schluck nimmt. Dann lehnt er sich lässig in seinem Sessel zurück und sieht mich erwartungsvoll an. "Wollen wir die restlichen Stunden schweigend verbringen?" will er mit einem leicht süffisanten Blick wissen und ich ziehe eine Braue nach oben. Ja, er hat sich verändert. Einerseits. Und auch wieder nicht. "Worüber willst du reden?" frage ich nicht ohne eine Spur von Spott in der Stimme und ich weiß selbst nicht, warum ich mir diesen Unterton nicht verkneife. Er zuckt mit den Schultern. "Naja, du könntest mich auf den neusten Stand bringen. Was ich weiß, habe ich bislang lediglich aus der Zeitung, alles andere sind Vermutungen." meint er lässig und ich werfe ihm einen sarkastischen Blick zu. "Ich wüsste nicht, was dich das angeht." entgegne ich und er verdreht leicht die Augen. "Herrje, Kaiba, wir sind nicht mehr in der Schule. Wir haben uns drei Jahre nicht gesehen. Können wir die Sticheleien nicht einfach lassen? Ich meine, die Dinge haben sich verändert seit unserem letzten Treffen, oder? Und ich bin nicht dein Feind. Vielmehr solltest du mich langsam als eine Art Verbündeten betrachten." erwidert er ungewohnt ruhig. "Zudem habe ich Mokuba versprochen, dass ich euch helfe. Und ein Wheeler hält sein Wort. Du denkst doch wohl nicht immer noch, dass ich irgendetwas mit dieser Sache zu tun habe?" Er sieht mich abschätzend an und ich seufze. Im Grunde hat er Recht. Wir sind keine Schüler mehr, nicht einmal mehr Duellanten. Diese Feindschaft, die einst zwischen uns herrschte, ist im Grunde passé. "Damit wir uns richtig verstehen, Wheeler." Ich sehe ihn scharf an und er erwidert meinen Blick. "Alles was ich von dir möchte, ist mein Bruder! Ich brauche dich nicht als Verbündeten. Ich werde meine Angelegenheiten selbst ins Reine bringen." Für den Bruchteil einer Sekunde funkeln wir uns in altgewohnter Manier an. Dann stellt er sein Glas ab und beugt sich vor. "Schon klar, du bist immer noch der Ansicht, dass du alles alleine regeln kannst, Kaiba." entgegnet er. "Aber wie ich die Dinge sehe, wird dir das diesesmal nicht möglich sein. Du kannst mit Mokuba nicht einfach verschwinden und..." "Ach ja? Wer will mich aufhalten? Du etwa?" unterbreche ich ihn spöttisch. "Du hast meinem Bruder geholfen, gut. Ich schätze, dafür bin ich dir etwas schuldig. Aber das heißt nicht, dass ich..." Er schüttelt den Kopf und hat tatsächlich den Nerv mir ins Wort zu fallen. "Du schuldst mir nichts. Ein Danke würde vollkommen reichen, aber das ist wohl vergebene Liebesmüh darauf zu warten, dass dieses Wort über die Lippen des großes Seto Kaibas kommt. Du hast dich kein Stück verändert und ganz ehrlich, wäre Mokuba nicht, es wäre mir wohl egal was mit dir passiert." Wieder funkeln wir uns an, doch etwas an seinen Worten zieht nicht spurlos an mir vorbei. Hat er Recht? Habe ich mich im Gegensatz zu ihm nicht verändert? Steht er nun über diesen Dingen, über unserer vermeindlichen Feindschaft während ich mich wie ein trotziges Kind verhalte? Ich schließe kurz die Augen und die nächsten Worte kosten mich weitaus größere Überwindung als er sich vorstellen kann. Ausgerechnet ihm danken zu müssen. Ihm, der in meinen Augen stets nichts anderes war als ein erbärmlicher Streuner, ein drittklassiger Duellant. Ich schlucke hart. Doch keiner soll mir nachsagen, dass ich zu stolz wäre, mich zu bedanken, wenn Dank angebracht ist, und leider ist dem wohl oder übel der Fall. "Also gut." sage ich gedehnt und sehe ihm direkt in die Augen. "Ich danke dir dafür, dass du meinen Bruder zu dir genommen hast. Zufrieden?" Zu meiner Überraschung lacht er laut auf. "Mann, Mann, du klingst als hätte ich dich gerade gezwungen, dein eigenes Todesurteil dankbar entgegen zu nehmen, aber ich lasse es gelten, Kaiba. Ich kenne dich schließlich. Also, ja, ich bin zufrieden." erwidert er und ich bereue meine Worte schlagartig. Ich hätte wissen müssen, dass solch eine Erwiderung kommt. Ein Konter. Wie in alten Zeiten. Und dass er sich inzwischen gewählter artikulieren kann, ändert nichts an dem Umstand, dass es ein Konter ist. Nach wie vor schenken wir uns also nichts. "Was gedenkst du als nächstes zu unternehmen?" will er wissen und der Themawechsel kommt so selbstverständlich, dass ich kurz überrascht bin. Ich überlege kurz. "Ich nehme an, dass du die Verantwortlichen ausfindig machen willst." meint er und sein Blick huscht kurz zu Bakura. "Was mich allerdings echt mal interessieren würde... wie kommt es, dass ihr als Trio unterwegs seid. Nicht unbedingt die Kombi, die man sich vorstellt." Er lacht wieder kurz auf und ich muss ebenfalls lächeln. Nicht wegen seiner doch nicht ganz von der Hand zu weisenden Aussage, sondern weil sein Lachen noch genauso ansteckend und lebendig ist wie früher. Ja, er ist noch der Gleiche. Besser angezogen und fein rausgeputzt, aber im Grunde ist und bleibt er Katsuya und etwas an dieser Tatsache beruhigt mich ungemein. "Das geht dich nichts an." höre ich Bakura zu meiner Überraschung sagen und werfe ihm einen knappen Blick zu. Der Weißhaarige grinst und ich habe irgendwie das Gefühl, dass ihm die jüngste Entwicklung nicht gefällt, auch wenn ich nicht so recht verstehe warum. Alister dagegen legt ein solches Desinteresse an unserer Unterhaltung an den Tag, dass ich fast das Gefühl habe, er wäre überhaupt nicht im Raum. "Es hat sich einfach so ergeben." beantworte ich Wheeler´s Frage und er nickt. "Und ja, ich gedenke die Verantwortlichen ausfindig zu machen, aber das braucht dich nicht weiter zu kümmern. Sobald ich Mokuba zurück habe, kannst du zu deinem inzwischen beschaulichen Leben zurückkeheren und in Daddy´s Firma den Geschäftsführer spielen." Erneut ist mein Tonfall sarkastisch und ich verstehe nicht, warum ich so agiere, warum ich das Bedürfnis habe ihm vor den Kopf zu stoßen. Er ist nicht Schuld an meiner Lage und die Tatsache, dass sich ein Leben zu etwas besserem entwickelt hat, sollte mich weder tangieren, noch dürfte es mir negativ aufstoßen. Es sollte mir einfach egal sein. Aber wem mache ich hier etwas vor? Er war mir noch nie egal. "Und was ist mit Mokuba? Kaiba, du bist auf der Flucht, wenn ich dich erinnern darf. Willst du tatsächlich, dass Mokuba da mit reingezogen wird? Ich meine, versteh mich nicht falsch, aber bis du diese Angelegenheit geklärt hast, naja, wäre es vielleicht nicht besser, wenn..." Er bricht ab, aber ich weiß was er zu sagen versucht und er spricht einen Punkt damit an, der mir natürlich die ganze Zeit über Gedanken macht. Es ist eine Seite, Mokuba wieder bei mir zu haben, eine andere wie es weitergehen soll. Wheeler hat Recht, ich bin nach wie vor auf der Flucht. Es wird zwar nicht überall nach mir gefahndet, aber so wie die Dinge liegen kann ich nicht einfach zurück nach Hause und weitermachen wie zuvor. "Dessen bin ich mir bewusst, Wheeler." entgegne ich knapp. "Und wie gedenkst du das zu regeln?" fragt er auch schon weiter und ich verdrehe die Augen. "Wie ich das sehe, ist Mokuba bei mir augenblicklich am Besten aufgehoben. Sorry, Kaiba, aber das ist eine Tatsache und auch wenn wir beide nicht unbedingt ein Dreamteam sind, ich weiß, dass es dir in erster Linie um den Kleinen geht, genau wie mir. Vielleicht sollten wir daher eine Art Konsens finden bis du deinen Ruf wieder reingewaschen hast." Wheeler sieht mich ruhig an und ich muss mir unwillkürlich auf die Unterlippe beißen. Verflucht, der Streuner hat Recht. Ja, ich kann es nicht abstreiten. So wie die Dinge liegen, hat sich eine meiner Sorgen in Luft aufgelöst. Mokuba befindet sich in guten Händen, denn ich weiß, dass Wheeler den Kleinen wirklich aufrichtig mag. Trotzdem behagt es mir nicht, meinen Bruder bei ihm zu wissen, auch wenn es augenblicklich tatsächlich das Beste wäre, denn mit Mokuba weiterhin zu flüchten... Kann ich das dem Kleinen zumuten, nach allem was er bislang durchgemacht hat? "Ich werde mit Mokuba darüber reden." befinde ich ohne ihm auch nur in irgendeiner Form ein Zugeständnis zu machen. Dann werfe ich ihm einen kühlen Blick zu. "Ich glaube dir, dass du nichts mit der ganzen Misere zu tun hast, Wheeler, aber das heißt nicht, dass ich dir vertrauen würde. Es gibt nur zwei Menschen, denen ich vertraue. Der eine bin ich, der andere bist allerdings nicht du." Er hört meine Worte geduldig an und nickt. "Schon klar, alles andere hätte mich auch enttäuscht." ist die lässige Erwiderung und erneut irrtiert es mich, dass er keineswegs aus der Haut zu fahren scheint. Nein, diese Zeiten scheinen vorbei. "Du hast dich wirklich gemacht, Hündchen." Die Worte kommen ohne mein Zutun aus meinem Mund und ob ich will oder nicht, ich muss ihm diese Anerkennung zollen. Er hat sie verdient. Für einen Moment habe ich fast das Gefühl, dass er verlegen wird. Er senkt kurz den Blick, dann grinst er mich erneut an. "Hündchen? Naja, ich schätze, das war das mit Abstand netteste, dass du je zu mir gesagt hast, Großkotz. Wenn du es jetzt noch schaffst mich Joey zu nennen, könnte man fast sagen, dass wir normal miteinander umgehen." Er zwinkert mir zu und ich verdrehe erneut die Augen. "Augenblicklich herrscht Waffenstillstand, Wheeler. Bild dir bloß keine Schwachheiten ein." entgegne ich ungerührt, aber er grinst nur weiter. "Immer locker, easy going. Alles andere würde mich bei dir auch hochgradig irritieren." gibt er keck zurück. "Du springst ja jetzt schon über deinen Schatten." Wieder zwinkert er und ich hasse es, wenn er das tut. In der Hinsicht hat er sich nicht geändert. "Nebenbei bemerkt, ich bin längst nicht mehr der kleine Köter, den du herumschubsen kannst, falls es dir entgangen sein sollte und du bist auch nicht mehr länger in der Position auf mich herabzusehen." höre ich ihn dann sagen und spüre wie sich alles in mir zusammen zieht. Wieder hat er Recht. Was mit allerdings keineswegs behagt. Ich lehne mich lässig zurück und verschränke die Arme vor der Brust. "Nur weil du jetzt einen Anzug trägst und in der Lage bist, grammatikalisch korrekte Sätze zu formulieren, heißt das noch lange nicht, dass wir uns auf dem gleichen Niveau bewegen." entgegne ich und entweder ist es dieses Äußerung oder mein spöttisches Lächeln, etwas bringt ihn jedenfalls dazu aus der Haut zu fahren, wie ich befriedigt feststelle. Seine Lässigkeit fällt von ihm ab und er lehnt sich nach vorne, funkelt mich wütend an. "Steig lieber mal von deinem hohen Ross, Mr. Mutmaßlicher-Mörder!" zischt er mich an. "Und sei verdammt noch mal froh, dass ich so gute Manieren habe, sonst würde ich dir jetzt nämlich eine reinhauen." Ich quittiere seine Drohung mit einem gleichgültigen Blick. Doch er scheint langsam in Fahrt zu kommen. "Echt!" stöhnt er genervt auf. "Du bist wirklich unglaublich. Selbst jetzt hältst du dich noch für den Größten. Oh Mann, bei dir läuft wirklich was vollkommen falsch, Kaiba." Er schüttelt den Kopf. Ich überlege ob ich etwas darauf erwidern soll, verkneife mir allerdings einen Kommentar und erhebe mich stattdessen. Dieser neue Wheeler bringt mich leicht aus der Fassung. Solche fast besonnenen Reaktionen bin ich nicht von ihm gewohnt und es ärgert mich vor allem, dass er im Grunde recht hat. Ich bin nicht mehr in der Position auf ihn herab sehen zu können. Nein, unsere Rollen haben sich getauscht, wenn man so will und ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll. Früher war es schon schwer ihn zu Hand haben, aber jetzt.... Ich weiche seinem Blick aus und sehe demonstrativ auf die Uhr. Es ist bereits sechs. Gut, immerhin nur noch ein paar Stunden. Ohne eine Erklärung abzuliefern, gehe ich zu meinem Koffer, lege mir ein paar angemessenere Kleider zurecht und begebe mich dann ins Bad. Mein Aufzug gerade ist lächerlich und dass Wheeler mich auch noch so sehen musste... Nun gut. Ich vermochte es diesen Umstand auszublenden, aber jetzt fühle ich mich mehr als ungehaglich. Ich schließe die Badezimmertür hinter mir und muss mich erst einmal ein paar Sekunden gegen die Tür lehnen, um einen klaren Kopf zu bekommen. Warum zum Teufel musste es der Köter sein? Selbst Muto wäre leichter zu ertragen gewesen. Oder Taylor. Sogar Gardner. Warum ausgerechnet er? Warum muss er mich so sehen, auf dem Tiefpunkt angekommen, während er... Ich schüttele den Kopf und stelle das Wasser an. Dann ziehe ich mir Devlin´s lächerliche Kleider aus und werfe sie mit einer unwirschen Geste zu Boden. Meine Schmach wird wirklich immer größer. Ich seufze und bin froh als ich das heiße Wasser auf meinem Körper spüre. Für einen Moment gebe ich mich der Illusion hin, dass es alle Sorgen von mir abspülen könnte und meine Welt wieder so ist wie sie sein soll, wenn ich aus der Dusche steige. Natürlich weiß ich, dass dem nicht so sein wird. Genauso wie ich weiß, dass der Kläffer noch immer im Nebenzimmer sitzt in seinem maßgeschneiderten Armanianzug und dass er mit seinen Äußerungen Recht hat. Das Zusammentreffen mit meinem ehemaligen Erzfeind drängt mich unbarmherzig und mit nachdrücklicher Verdrießlichkeit, mir meine Lage vor Auge zu führen, mehr noch als ich es bisher getan habe. Es stimmt, ich bin nicht mehr der große Seto Kaiba. Gleichgültig wie sehr ich mir versuche das einzureden und auf sture Weise an der Tatsache festhalte, dass ich mein Leben allein in der Hand habe, Fakt ist, dass dem nicht mehr so ist. Man hat mich in die Ecke gedrängt und ich werde nicht in der Lage sein, es alleine mit meinen Gegnern aufzunehmen. Bakura hat es mir bereits gesagt, aber Wheeler hat es mir wirklich bewusst gemacht. Ich kann nicht einfach mit Mokuba verschwinden und versuchen, die Dinge allein zu regeln. Und ich habe auch nicht das Recht, meinen Bruder auf eine ungewisse Odyssee mitzunehmen. Nein, er hat wirklich schon genug durchgemacht. Aber was soll ich tun? Ihn bei Wheeler lassen bis ich die Dinge wieder ins Lot gebracht habe? Kann ich das wirklich tun? Ich schlucke hart. Warum musste es Katsuya sein? Welch Ironie. Das unerwartete Öffnen der Tür reißt mich schlagartig aus meinen Gedanken und ich hebe den Kopf. Bakura ist ins Badezimmer getreten, hat die Tür hinter sich geschlossen und sieht mich nun an. Wieder liegt dieser merkwürdige Ausdruck in seinem Gesicht. Ich unterdrücke den Impuls nach dem Handtuch zu greifen, sehe ihn stattdessen kalt an. "Was soll das?" frage ich und drehe das Wasser ab. Der Weißhaarige sieht mich schweigend an und sein Blick sagt mehr als tausend Worte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)