Beginnings von Alaiya (Before the Clash) ================================================================================ Kapitel 2: 110 - Third Beginning - Miki Utsui --------------------------------------------- Seufzend drehte sich Miki auf den Bauch und starrte auf den Fernseher, der vor ihr auf einem kleinen Tischchen Stand. Ihr war langweilig, furchtbar langweilig. Ächzend, als würde es sie unglaublich viel Kraft kosten, streckte sie die Hand nach der Fernbedienung aus, die auf der Armlehne des Sofas lag. Lustlos richtete sie diese auf das nicht ganz moderne Gerät und schaltete durch das Programm. Doch wirklich konnte das Programm nicht gegen die zerfressende Langeweile tun, die das rothaarige Mädchen folterte. Erneut drehte sie sich, sah den Fernseher nun über Kopf an. Sie mochte die Sommerferien nicht. Nun, sie hatte an sich so gar nichts dagegen nicht in die Schule zu müssen, aber leider gingen die Sommerferien auch mit dieser furchtbaren Langeweile einher. Sie war – wie so oft – allein in der Wohnung, da ihr Vater einige Studenten beim Lernen in den Ferien betreute und an einem seiner Projekte arbeitete. Sie wäre ihn ja besuchen gefahren, aber letzten Endes gab es an der Universität auch nichts interessantes und sie wollte ihrem Vater nicht im Weg sein. „Hach“, seufzte sie und schaltete den Fernseher schließlich aus, ehe sie sich aufrichtete und auf die Uhr, die über dem offenen Durchgang zur Küche hing. Es war vier Uhr. Ihr Vater würde vor sechs Uhr nicht nach Hause kommen. Grummelig stand sie auf und ging in ihr kleines Zimmer, das direkt am Wohnzimmer lag und dessen Fenster nach Osten ausgerichtet war, auch wenn sie das Meer, von dem sie nicht all zu weit entfernt waren, dank der anderen Häuser trotzdem nicht sehen konnte. Ihr Schreibtisch stand direkt am Fenster, so dass sie beim Arbeiten möglichst viel Licht hatte. Gleichmäßig um den aufgeklappten, aber ausgeschalteten Laptop herum verteilt lagen diverse Zettel und Unterlagen von ihrer Schule; Hausaufgaben, die sie über die Sommerferien aufbekommen hatte. Doch so geschäftig der Schreibtisch auch aussehen mochte, so wenig hatte sie in Wahrheit von ihren Hausaufgaben erledigt. Es war nicht so, als wollte sie die Hausaufgaben nicht machen, doch sie war einfach zu unmotiviert. Mathe, Japanisch und englische Lückentexte waren sicher nicht das Interessanteste auf der Welt, um nicht zu sagen: Sie waren langweilig. Besonders die englischen Lückentexte fand sie als unnötig. Wer brauchte überhaupt Englisch? So schob sie genervt die Zettel zur Seite und schaltete ihren Laptop an, nur um, noch bevor sie ihr Passwort eingegeben hatte, von einem Miauen unterbrochen zu werden. Die ohnehin nur angelehnte Tür zu dem kleinen und ziemlich unordentlichen Zimmer wurde aufgestoßen und Kasumi, ihre braun-gelb getigerte Katze kam herein, um sich unter weiteren Lauten an das Bein des Mädchens zu schmiegen. Miki seufzte, da sie genau wusste, was das Tier von ihr wollte. „Hast du etwa schon wieder kein Fressen mehr?“, fragte sie, ohne eine Antwort zu erwarten, und stand auf. Bereitwillig folgte ihr die Katze, offenbar schon mit einem sprichwörtlich knurrenden Magen. Mit großen Augen beobachtete sie, wie das Mädchen in der Küche einen Schrank öffnete und eine Tüte mit Trockenfutter herausholte. Dann schaute sie beleidigt und rieb ihren Kopf vielsagend am Kühlschrank, doch Miki schüttelte den Kopf. „Nein, es gibt keine Pastete“, meinte sie. „Du musst auch mal das einfache Zeug essen, kleine Madame.“ Damit nahm sie den Beutel Katzenfutter und ging damit auf den kleinen Flur, wo die Futternäpfe der Katze standen. Das Tier allerdings beschloss sich, trotz des vorherigen Bettelns, erst einmal eine Weile zu schmollen, offenbar in der Erwartung vielleicht doch noch etwas von den kleinen Pastetchen zu bekommen. Erst als Miki, die kurz hockend neben dem Napf gewartet hatte, aufstand und das Katzenfutter in der Küche verstaute, schoss die Katze an ihr vorbei und zu ihrem Futter. „Du wirst irgendwann einmal zu dick sein, um dich überhaupt zu bewegen“, murmelte das Mädchen, musste aber über die Gier der Katze, die eigentlich ohnehin nicht wirklich dick war, lachen. Schließlich seufzte sie und ging zu der Katze, um diese am Nacken zu kraulen, was das Tier sich nur widerwillig gefallen ließ. „Jetzt hast du mich komplett aus dem Konzept gebracht, Kasu-chan“, seufzte Miki, zuckte dann aber mit den Schultern und machte sich auf den Weg zurück in ihr Zimmer. Dort angekommen warf sie einen Blick auf den Laptop, setzte sich dann jedoch nicht an diesen, sondern ging zu ihrem Bett, dass an der Südwand des Zimmers stand. Direkt am Kopfende des relativ niedrigen Bettes war ein Regal, in dem sich diverse Bücher und vor allem Manga finden ließen, jedoch nicht nur. Auf einem der Bretter lag auch das grünliche Handy des Mädchens. Miki öffnete das klappbare Gerät und begann nach kurzem Zögern eine Nummer zu wählen. Wartend hielt sie das Telefon ans Ohr, während dieses regelmäßige Tut-Laute von sich gab. Sie war sich nicht sicher, ob ihr Vater dran gehen konnte. Dann aber, nach dem vierten „Tut“ erklangt das Klicken, das verkündete, dass jemand auf der anderen Seite der Leitung den Anruf annahm. „Hallo?“, hörte sie die Stimme ihres Vaters. „Miki-chan?“ Sie hörte eine gewisse Hektik aus seiner Stimme, weshalb sie es kurz machte. „Hi, O-too“, erwiderte sie. „Was möchtest du heute Abend essen?“ Ihr Vater lachte. „Willst du für mich kochen?“ „Für uns“, korrigierte Miki. „Ich habe keine Lust auf Instant-Ramen.“ Erneut musste ihr Vater lachen, gab sich dann aber beleidigt. „Also wird die Dame auch noch anspruchsvoll.“ „O-too-san!“, protestierte das Mädchen, doch Satoru Utsui lachte. „Hmm, na gut“, erwiderte er schließlich. „Wir haben schon lange keine Takoyaki mehr gegessen. Wir wäre es, wenn du mir welche von deinen Spezial-Takoyaki machst?“ Nun kicherte auch die dreizehnjähirge. „Takoyaki im Miki-Spezial? Okay, dann gehe ich gleich einkaufen.“ Damit hatte sie zumindest etwas sinnvolles zu tun, was der Grund für diesen Anruf gewesen war. Davon abgesehen, dass sie wirklich keine Lust mehr auf Instant-Ramen hatte, denn die Kochkünste ihres Vaters hatten sich auch nachdem er 13 Jahre allein lebte nicht über Fertiggerichte hinaus entwickelt. „Danke, Miki-chan“, meinte Satoru Utsui. „Und O-too“, begann das Mädchen schnell, bevor ihr Vater auflegen konnte. „Wann kommst du nach Hause?“ Kurz herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung. „Ich bemühe mich, dass ich es zwischen sechs und sieben nach Hause schaffe.“ Erneut schwieg er kurz. „Bis dann, Miki-chan.“ Damit legte er auf. Seufzend klappte das Mädchen ihr Handy wieder zu und ließ es nach kurzem Überlegen in die Tasche ihrer gelben halblangen Hose gleiten. Sie sah aus dem Fenster. Der Himmel war bereits den ganzen Tag bezogen und es würde wahrscheinlich bald regnen, wie es eigentlich schon für den Vormittag vorhergesagt worden war. Wobei der Regen zumindest ein wenig Abkühlung bringen sollte, immerhin war es hier, so weit im Süden Japans, um diese Jahreszeit vor allem eins: Warm. Dazu kam noch eine hohe Luftfeuchtigkeit, die einem das Wasser schnell das Gesicht herunterrinnen ließ, sobald man klimatisierte Räume verließ. Umso glücklicher war Miki, dass zumindest ihr Apartment eine Klimaanlage besaß. Trotzdem ahnte sie, dass sie, wenn sie kochen wollte, noch einmal zum Supermarkt musste. Sie verließ ihr Zimmer und ging erneut in die Küche, um Kühlschrank und das dazugehörige Tiefkühlfach zu durchsuchen. Wie sie es geahnt hatten, hatten sie gar keinen Oktopus mehr da und weiter musste sie außerdem feststellen, dass sie auch kein Reismehl mehr da hatte. Zum Glück war der Supermarkt nicht weit entfernt, nur etwa vierhundert Meter von ihnen. Also könnte sie es, wenn sie Glück hatte, schaffen, zurück zu sein, bevor der Regen einsetzte. Trotzdem griff sie nach ihrem nicht gerade eintönigen Regenschirm, als sie zur Haustür ging und sich ihre Sportschuhe anzog, Mit Schuhen – sich dessen bewusst, dass ihr Vater das gar nicht mochte, obwohl auch er oft vergaß die Schuhe auszuziehen, wenn er während der Unterrichtszeit abends nach hause kam – ging sie noch mal zurück in die Küche, wo etwas Geld in einer Schublade lag, damit Miki auch einkaufen konnte, wenn ihr Vater nicht da war. Ein fragendes Mauzen kam aus dem kleinen Wohnzimmer, als Miki erneut zur Tür ging und erst jetzt bemerkte, dass der Hunger der Katze wohl doch nicht so groß gewesen sein konnte, da sie das Fressen bereits aufgegeben hatte. „Ich hole nur ein paar Sachen, Kasu-chan“, meinte das Mädchen und lächelte dem Tier zu. Dieses mauzte nur noch einmal und ging dann zur Couch, um sich auf diese zu legen. Wäre sie ein Mensch gewesen, hätte sie wahrscheinlich mit den Schultern gezuckt. Als Miki etwa zwanzig Minuten später den Supermarkt mit einer Einkaufstüte, die neben Reismehl, Chilipulver und fertig abgepackten und bereits zurechtgeschnittenen Oktopusstückchen auch noch einige Süßigkeiten und Softdrinks beinhaltete, regnete es – natürlich. Sie seufzte. Eigentlich mochte sie Regen, aber sie wollte nicht, das Reismehl oder Süßigkeiten nass wurden und noch weniger, wollte sie sich eine Erkältung zuziehen, denn wenn man erkältet war, waren die Sommerferien noch langweiliger. Deswegen spannte sie den knallbunten Schirm auf und beeilte sich, möglichst schnell durch den Regen zu kommen. Immerhin konnte sie sich jetzt auf einige Pocky freuen, wenn sie nach Hause kam, auch wenn es daheim galt, noch etwa eine Stunde totzuschlagen, da es nicht all zu lange dauern würde die Takoyaki zuzubereiten, und sie nicht wollte, dass die Oktopusbällchen kalt waren, bis ihr Vater nach Hause kam. So kam sie keine fünf Minuten später an dem kleinen Mehrfamilienhaus an, das gesamt nur drei Etagen hatte, in dem sie mit ihrem Vater wohnte. Die Fassade war im Erdgeschoss in einem rötlichen Ton gestrichen, während sie im ersten und zweiten Stockwerk weiß war. Und genau dort oben, im dritten Stockwerk und somit direkt unter dem flachen Dach, wohnte Miki zusammen mit ihrem Vater. Sie schloss die Haustür auf, da das Treppenhaus im Inneren des Gebäudes war. Mit einigen schnellen Schritten war sie schon die Treppe hoch und warf die Tür etwas zu schwungvoll auf. Allerdings störte sie sich daran nicht, sondern schritt, nachdem sie sich die Füße kurz auf der Fußmatte abgetreten hatte, direkt in die Wohnung hinein. Dabei hinterließ sie nasse Spuren auf dem Parkett, von denen sie sich vornahm sie wegzuwischen, ehe sie mit dem Kochen anfing. Sie verstaute die Oktopusstücke im Kühlschrank und nahm eine größere Packung Erdbeerpocky aus der Tüte des Supermarkts, die sie auf der Arbeitsfläche der nicht sehr großen Küche stehen ließ. Erneut erklang ein Mauzen, welches sie ignorierte. Denn die Katze konnte nicht wieder hungrig sein, und wenn sie ausnahmsweise Schmusen wollte, würde sie ihr schon folgen. Stattdessen ging sie – die nassen Schuhe noch immer an ihren Füßen und somit eine kleine Spur aus Pfützen hinterlassend – in ihr Zimmer und aktivierte ihren Laptop, der sich in der Zwischenzeit in den Standby heruntergefahren hatte, und sah nach ihren Emails. Allerdings war die einzigen eingegangene Nachrichten war ein Spielenewsletter und eine Werbemail. Sie sah noch zwei, drei Portale und Nachrichtenseiten durch, fand jedoch auch dort nicht viel Interessantes. Ferien waren wirklich einfach nur langweilig. Sie seufzte, nahm einen Pocky aus der rosa Packung und öffnete die Schublade ihres Schreibtisches – die verteilten Hausaufgaben weiter ignorierend – und holte aus dieser eine schwarze Tasche heraus, in der sich ihre Playstation Portable befand. Wenn sie in zwanzig Minuten oder einer halben Stunde anfing Essen zu machen, würde sie fertig sein, wenn ihr Vater nach Hause kam; vorausgesetzt er würde sich nicht mal wieder verspäten. Bis dahin konnte sie Pata Pon spielen, an dem sie immer wieder Spaß hatte. Kurz sah sie zu Tür, halb erwartend, dass Kasumi in dieser stand, doch die Katze hatten ganz offenbar wirklich kein Interesse an Streicheleinheiten. Sie startete das Gerät, wurde jedoch gleich überrascht, als eine Nachricht auf dem Startbildschirm des Gerätes aufblinkte. Ein neues Spiel wurde heruntergeladen? „Was?“, murmelte das Mädchen mit dem halb geknabberten Pocky im Mund. Das konnte eigentlich nicht sein, immerhin hatte sie den Internetempfang des Gerätes eigentlich abgeschaltet. Hatte sie irgendwann vorher etwas heruntergeladen und vergessen fertig zu installieren? Sie drückte auf „Weiter“ und lies das Spiel sich öffnen. Pendulum stand auf dem Startbildschirm in Katakana, während hinter diesem Schriftzug zwei Kugeln kreisende Bahnen flogen, welche wiederum zusammen ein X bildeten. Sie runzelte die Stirn. Nein, so ein Spiel hatte sie sich sicher nicht heruntergeladen. Sie hatte davon noch nie gehört. Nun, sie hatte ohnehin nicht viel Zeit und es schien ein richtiges Spiel – kein Virus zu sein. Wie auch immer es auf ihre PSP gekommen war, es hatte es jetzt schon geschafft ihre Neugierde zu wecken, wenn auch nur durch das mysteriöse Erscheinen auf ihrer Konsole. Sie drückte auf Start, als sich ein Pop-Up öffnete. Möchtest du das Abenteuer beginnen?, stand dort. Das klang ziemlich nach einem RPG. Sie sah auf die Uhr. Immerhin wusste sie selbst, dass sie sich schnell in den Bann eines Rollenspiels ziehen ließ und darüber oft die Zeit vergaß. Kurz überlegte sie, es auf später zu verschieben, doch am Ende siegte doch die Neugierde. Sie drückte auf X, das laut Anzeige unter der Frage für Ja stand und ließ im nächsten Augenblick beinahe den Handheld fallen, als dessen Bildschirm hell aufleuchtete. Willkommen konnte sie noch auf diesem entziffern, ehe das Gerät als ganzes zu Leuchten begann. „Was...“, flüsterte sie und schaute von dem Spielzeug weg, dessen Licht sie nun sogar blendete. Doch als sie aus dem Fenster sah, bemerkte sie etwas weiteres seltsames. Es regnete noch immer, doch ein heller Lichtstrahl drang durch die Wolken hindurch und traf auf die anderen Häuser, wie es schien. Ein Strahl, der viel zu hell für das Licht der Sonne war, und sich auf sie zuzubewegen schien. „Das ist doch verrückt!“, rief sie aus und sprang auf, wobei ihr Stuhl lauf scheppernd umfiel. Sie wollte wegrennen, auch wenn sie nicht wirklich wusste wohin, hörte das Fauchen der Katze, die nun doch in der Tür stand und dann hatte der Lichtstrahl ihr Haus und damit auch sie erreicht. Ihr Zimmer um sie herum verschwand in einem hellen Weiß. Sie sah seltsame Formen in verschiedenen Farben und dann, noch bevor sie Schreien konnte, wurde alles schwarz. Das erste, was Miki spürte, als sie wieder zu sich kam, war Schmerz. Ein Schmerz, der nicht nur von dem offenbar nicht sonderlich gemütlichen Untergrund herrührte, auf dem sie rücklings lag, sondern auch von einem nicht all zu sanften Schlag gegen ihre Schulter. Sie stöhnte, rührte sich aber nicht, denn allgemein schien ihr Körper vorrangig aus Schmerzen zu bestehen. „Hey, du!“, befahl eine piepsige Stimme in herrischem Tonfall. „Hier wird nicht einfach herum gelegen! Steh auf, du Faulpelz! Es gibt wichtige Dinge! Wichtige Dinge sind zu tun!“ Was auch immer es war, das so herumschrie, seine Stimme bereitete ihr noch mehr Kopfschmerzen, als sie ohnehin schon hatte. Doch damit nicht genug. Ein weiterer Schlag traf sie, dieses Mal gegen die Rippen gerichtet, und brachte sie dazu, unter weiterem Stöhnen aufzustehen. Blindlings griff sie in die Richtung, aus der der Schlag gekommen war und hörte lauten und sehr nach einem kreischenden Papagei klingenden Protest, als ihre Hand irgendetwas hölzernes umfasste. „Lass sofort los, du Trampel!“, schrie es. „Lass sofort mein Schwert los!“ Sie blinzelte, als sie jenes Wesen, welches sie so unsanft geweckt hatte, ansah. Es war kein Mensch, soviel stand fest. Es war... „Ein Huhn?“, fragte sie verwirrt, und sah das überdimensionierte gelbe Kücken an, das, wie ein Cartoon-Charakter noch in einer halben Eierschale steckte und seine roten Flügelchen um das andere Ende des Holzschwertes klammerte. „Ein Huhn?“, protestierte es schrill. „Ich muss doch sehr bitten! Ich bin Hyokomon, der ungeschlagene Krieger des...“ „Federviechs?“, schlug sie vor und stand mühsam auf, den Griff um das Holzschwert nicht lockernd, wodurch sie schließlich das seltsame Tier, dass etwas größer als ein Meter zu sein schien, jedoch nicht sonderlich schwer war, hochhob. Noch immer wollte auch es – Hyokomon? - sein Schwert nicht loslassen. „Also wirklich!“, protestierte es. „So eine Unverschämtheit!“ Der kleine Schnabel bewegte sich unkontrolliert. „Warum sagt mir niemand, dass Menschen so furchtbar, furchtbar unverschämt sind? Wie soll ich es...“ Erneut wurde es von der Dreizehnjährigen unterbrochen. „Du kennst keine Menschen?“ Für einen Moment sah das Wesen sie verwirrt an. „Natürlich kenne ich Menschen!“, meinte es stolz, fügte dann aber – weniger stolz – hinzu: „Zumindest von hören.“ Dann erinnerte es sich jedoch wieder an sein Schwert und klammerte nun auch seine Fußkrallen um dieses. „Lass los!“ Seufzend ließ das Mädchen nun wirklich los, wodurch das kleine Hühnchen, samt Schwert, unsanft auf den Boden aufschlug, was zu Mikis erstaunen jedoch die halbe Eierschale problemlos aushielt. Seltsame Geräusche, die offenbar seine Version eines Murmelns waren, richtete sich das Wesen nun auf und sah sie an. „Wirklich...“, empörte es sich entrüstet. „Von einem Schicksalsträger hätte ich etwas mehr Respekt und Disziplin erwartet!“ „Schicksalsträger?“, fragte das Mädchen verwirrt. „Schicksalsträger, Retter, Auserwählter...“ Das Schwert über die kleine Schulter marschierte das Huhn vor ihr kleine Bahnen auf und ab. „Erleuchtete, Krieger, Tamer... Nenn es wie du willst! Du bist ein Mensch und du hast ein D-Port! Das heißt, ich bin hierher geschickt worden, um dein Partner zu sein!“ „Mensch? Partner? D-Port?“ Miki legte die Stirn in Falten. „Was ist ein D-Port?“ „Was...“, begann das Wesen ihre Frage geschockt zu wiederholen, fasste sich dann jedoch und zeigte mit seinem Schwert auf ein weißes Gerät mit einer seltsamen roten Halterung, das auf den Boden nicht weit von Miki entfernt lag. „Das ist ein D-Port! Ein Digivice!“ Noch immer war das Mädchen verwirrt. Immerhin hatte sie nicht die geringste Ahnung, was ein Digivice bitte sein sollte. Zum ersten Mal, seit sie aufgewacht war, wandte sie den Blick von dem seltsamen Wesen ab und sah sich um und erkannte, dass sie absolut keine Ahnung hatte, wo sie war. Sie war zumindest nicht mehr in Oita, so viel stand fest. Stattdessen lang sie an einem kleinen See zwischen einigen Palmen und Sträuchern, hinter denen sie jedoch, in nicht all zu großer Entfernung, viel Sand und Steine erkennen konnte. Sie war in einer Wüste! Aber wie... Sie erinnerte sich an das seltsame Spiel auf ihrer PSP und kam damit zu dem einzigen logischen Schluss. „Ich muss von dem Spiel eingesogen worden sein! Ich bin im Spiel!“ Sie seufzte. „Oje... Wenn ich mich nicht beeile, wird das Takoyaki nicht mehr rechtzeitig fertig!“ „Tako-was?“, fragte das Wesen neben ihr, das ihrem Blick so gut es ging gefolgt war. „Also bitte, wir haben hier wahrlich andere Probleme.“ „Aber was für ein Spiel ist das überhaupt?“ „Ein Spiel? Das ist kein Spiel! Wir sind in der digitalen Welt!“, gab es bekannt. „Also doch ein Spiel“, murmelte sie nur gelangweilt, auch wenn es sich nahezu sicher war, dass dieses Wesen dies nicht begreifen konnte, würde das Spiel für es doch die Realität darstellen. „Und eine Frage hätte ich“, begann das Wesen dann auf einmal. Fragend sah sie es an. „Was ist ein Huhn?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)