Zwei Leben, zwei Welten? von Auryn-chan (Eine AkuRoku FF) ================================================================================ Ein ganz normaler Tag --------------------- Axels POV Ich saß auf einer kleinen Bank am Rand des Busbahnhofes, mal wieder. Besah mir die Leute die an mir vorbeiliefen, einige mit feinen Anzügen und Aktentasche bestückt, Frauen mit Kinderwagen, Mädchen die ihre großen Einkaufstüten trugen, Jungs mit Bierflaschen in den Händen. Seufzend schaute ich auf die große Uhr auf der Mitte des Platzes, dann auf den großen schwarzen Rücksack und die grüne Umhängetasche neben mir. Langsam würde es Zeit zurückzugehen, zu meinem Zuhause. Auch wenn man es nicht wirklich Zuhause nennen konnte. Denn ich hatte nicht wie andere siebzehnjährige ein Zimmer im Haus meiner Eltern, sondern lebte auf der Straße. Ich erhob mich, setzte mir den Rucksack auf und warf mit die grüne Tasche über die Schulter. Während ich den Platz überquerte sah ich mich weiter um, jeden Tag sah man dieselben Leute, wie sie ihrem Alltagstrott hinterher gingen. Jeden Tag um diese Uhrzeit stieg der dicke Mann der stets eine Einkaufstasche trug aus seinem Bus, dann sah ich die Mädchengruppe die anscheinend jeden Tag shoppen ging, den kleinen Blondschopf mit Umhängetasche und Skateboard in der Hand, die Gutgekleidete Geschäftsfrau… Fast einen Monat lebte ich nun schon in dieser kleinen Stadt. Vorher ´wohnte´ ich in Berlin so wie die meisten Straßenkinder, musste aber abhauen da ich mich mit der führenden Straßenbande verfeindet hatte. Schließlich erreichte ich meinen momentanen Unterschlupf, eine alte, leer stehende Fabrikhalle. Vorsichtig betrat ich das abgesperrte Gelände, schaute mich um ob jemand in der Nähe war und schlüpfte dann schnell durch eine angelehnte Tür in einen der kleinen Kellerräume. Die Luft roch modrig und einige Wände waren vom Schimmel befallen, doch das störte mich wenig. Vor drei Wochen hatte ich das hier entdeckt und es direkt in Beschlag genommen. Denn auch wenn hier bestimmt alles Einsturzgefährdet war, ich hatte immerhin ein Dach über dem Kopf. Aus meinem Rücksack holte ich meinen alten, schon kaputten Schlafsack, rollte ihn aus und setzte mich drauf. Dann öffnete ich die grüne Tasche und sah hinein. Viel hatte ich heute nicht erwischt, aber es müsste so gerade reichen. Ich holte die Geldstücke, die ich achtlosen Passanten entwendet hatte heraus: 16,32 Euro Ja ich hatte Leute beklaut, doch inzwischen machte es mir Nichtsmehr aus. Irgendwie muss man ja am Leben bleiben. Ich nahm 10 Euro und steckte den Rest in eine Geheimtasche an meinem Schlafsack. Da ich mich seid drei Wochen hier aufhielt, wusste ich das meine Besitztümer hier relativ sicher waren. Zumindest am Abend, denn selbst die mutigsten Cliquen hielten sich dann von diesem Gelände fern. Also legte ich alles in die hinterste Ecke des Kellerraums und schlich mich wieder heraus. Ohne gesehen zu werden verließ ich das Gelände und machte mich auf den Weg zu einem Supermarkt in der Nähe. Auch wenn ich mir Sorgen um meine, sowieso schon sehr bescheidenen, Besitztümer machte ging ich weiter. Ohne diese zwei großen Taschen fiel man in einem Geschäft einfach viel weniger auf, und konnte einkaufen ohne für einen Ladendieb gehalten zu werden. In einer meiner Seitentaschen der langen schwarzen Hose befanden sich mein Geld und eine Tasche um die Einkäufe ´nach Hause` zu befördern. Ich sah mich in dem Laden um, und kaufte schließlich Brot, ein Glas mit Nutella (Das Zeug wird wenigstens nicht schlecht!), ein paar Äpfel, und ein wenig Knabberzeug. Schnell rechnete ich mein Restgeld aus und lächelte, es waren noch ganze vier Flaschen Bier drin! Also schnappte ich mir besagte vier Flaschen und bezahlte alles. Wieder in dem kleinen, muffigen Raum angekommen, aß ich etwas von dem Brot, einen Apfel und machte mir eine Flasche Bier auf. Als auch diese geleert war, zog ich mir meine schwarze Weste und mein rotes T-Shirt mit der großen römischen acht darauf aus und legte mich in meinen Schlafsack. Wieder war ein Tag zu Ende. Roxas POV Ich wache von dem Klingeln meines Weckers auf der auf meinem Nachttisch steht, murrend schlage ich die Decke zurück, schalte dieses nervtötende Geräusch ab und schlurfe ins Bad. Während ich dusche versinke ich in meinen Gedanken. Heute ist Donnerstag, also noch zwei Tage Schule und dann ist Wochenende. Gleich hebt sich meine Laune ein ganzes Stück, und ich trockne mich schnell ab. Gerade als ich, nur mit einem Handtuch bekleidet, wieder mein Zimmer betrat rief meine Mutter mir von unten ein „Guten Morgen, Schatz! Frühstück ist fertig.“ zu. Schnell zog ich mich an und ging dann runter in die Küche: „Morgen Mama. Morgen Papa.“ Mit einem Lächeln auf dem Gesicht setzte ich mich an den Küchentisch und fing an zu frühstücken. Während mein Vater, wie jeden Morgen, die neusten Nachrichten in seiner Zeitung las unterhielt ich mich mit meiner Mutter über den bevorstehenden Tag. „Du schreibst heute deine Mathearbeit, nicht wahr?“ „Ja Mama, aber du kannst dir sicher sein das ich das schaffe.“, grinsend sah ich meine Mutter an. Es stimmte, ich war ein hervorragender Schüler und hatte nur Einsen und Zweien auf meinen Zeugnissen. Ich war kein Streber der jeden Tag stundenlang zuhause saß und lernte, gewiss lernte ich vor Klassenarbeiten, doch meistens flogen mir die Dinge einfach so zu und ich brauchte mich nie sonderlich verausgaben. Nachdem ich mein Frühstück beendet hatte sah ich auf die Uhr, und stand auf: „Ich mach mich jetzt mal langsam auf den Weg!“ „Warte du hast dein Pausenbrot noch nicht.“, mit diesen Worten übergab mir meine Mutter eine Brotdose: „Viel Spaß in der Schule und viel Glück für die Arbeit Roxas!“ Nachdem ich meine Schultasche, mein Skateboard und meinen Mp3-Player aus meinem Zimmer geholt hatte verließ ich das Haus, natürlich nicht ohne mich vorher noch zu verabschieden. Mein Lieblingslied summend fuhr ich zur Schule. Blickkontakt ------------ Roxas POV Als es klingelte packte ich schnell meine Sachen zusammen und verließ zusammen mit meinen Freunden Pence und Olette den Klassenraum. Kaum waren wir auf dem Flur kam uns auch schon Hayner aus unserer Parallelklasse entgegen: „Hey Leute! Und wie war eure Mathearbeit?“ Bevor Olette oder ich auch nur ein Wort sagen konnten fing Hayner schon an sich über besagte Arbeit zu beschweren: „Oh Mann Pence, du weißt doch wie gerne ich Mathe mag also hör auf zu fragen. Lass und endlich nach draußen ich habe keine Lust meine Pause auf dem Schulgang zu verbringen!“ ich musste, genau wie Pence grinsen als Hayner sich demonstrativ umdrehte und Richtung Schulhof ging. Die Pause war einfach viel zu schnell zu ende und wir begaben uns zurück in unsere Klassenräume. Für unsere Klasse bedeutete das: Eine Doppelstunde Biologie. Während Hayner sich (wie immer) schon wieder lauthals beklagte, unterhielt ich mich mit Olette, die zu meiner linken saß. Schließlich begann der Unterricht und ich schweifte mit meinen Gedanken ab. Das Thema nahmen wir nun schon zum x-ten Mal durch, also brauchte ich nur so auszusehen als ob ich aufpassen würde, da ich das alles schon längst verstanden hatte. Ich war in Gedanken schon bei Freitagnachmittag, denn morgen würden wir vier uns nach der Schule vor dem Kino Treffen um uns den neusten Actionfilm reinzuziehen. Nach einigem zögern hatte schließlich auch Olette zugestimmt uns zu begleiten, doch nur weil wir uns danach noch ein wenig in unserer Stammeisdiele aufhalten würden. Ich hing meinen Gedanken noch eine Weile weiter nach, als es klingelte. Verwirrt schaute ich auf die Uhr die neben der Tür hing und anschließend zu Olette: „Schon Schulschluss?!“ „Ja, aber sag mal hast du schon wieder den ganzen Unterricht lang geträumt Roxas?“ Ich zuckte mit den Schultern: „Ja, aber du weißt das mir dieses Thema echt zum Hals raushängt. Das weiß ich doch schon alles…“ Da stieß mich Hayner an: „Hey ihr beiden, wir haben Schluss, kommt ihr oder wollt ihr hier übernachten?“ Ich grinste, packte schnell meine Sachen in meine schwarzweiße Umhängetasche, schnappte mir das Skateboard das ich unter meinem Tisch verstaut hatte und verließ mit den beiden den Klassenraum. Da ich in die Entgegengesetzte Richtung musste, verabschiedeten wir uns und ich skatete bis zu dem Busbahnhof setzte mich auf einen der schmutzigen, blaulackierten Sitze. Mein Bus würde erst in 12 Minuten kommen. Klar könnte ich auch auf meinem Skateboard nach Hause fahren aber dafür war die Strecke dann doch etwas zu weit, da die Schule sich in der Stadtmitte und mein Zuhause sich in einem Stadtteil ziemlich weit außerhalb befand. Da ich also noch eine Weile zu warten hatte und dummerweise gerade jetzt meinem Mp3-Player der Saft ausgegangen war besah ich mir die Leute die an mir vorbeiliefen. Nichts besonderes, hier ein paar Aufgestylte Mädchen aus meiner Schule, da ein paar Bürokaufmänner die immer wieder hektisch auf ihre Armbanduhren sahen, aber größtenteils Normalaussehende Leute, wie du und ich. Da fiel mein Blick auf einen Jungen am Rand des Platzes derer zwei große Taschen neben sich stehen hatte. Gut, nichts besonderes, aber was so außergewöhnlich war, er hatte flammendrote, wie Stacheln nach hinten abstehende Haare. Auch er schien die Leute um sich herum zu beobachten, kurz kreuzten sich unsere Blicke und er kniff die Augen zusammen. Schnell wand ich den Blick ab, anscheinend hatte ich ihn viel zu auffällig angestarrt! Im selben Moment traf mein Bus ein und eilig verzog ich mich. Shit, ich muss aufhören andere Leute so auffällig anzugaffen. Na gut, er war ja selber schuld! So seltsame Haare sah man immerhin nicht jeden Tag! Endlich fuhr der Bus ab und ich kam hier weg. Doch als ich meine Bushaltestelle erreichte fiel mir auf das etwas fehlte... Normalerweise würde ich doch jetzt nicht nach Hause laufen sonder den Rest des Weges… fahren! Mein Skateboard lag noch am Bahnhof! Axels POV Und wieder ein ereignisloser Tag… Wieder sitze ich seit Stunden auf der Bank. Wieder beobachte ich die Leute. Gut, wenigstens musste ich heute keine ahnungslosen Menschen bestehlen. Die Beute von Gestern reichte hoffentlich für den Rest der Woche. Heute sitze ich also schon den ganzen Tag hier rum. Was sollte ich auch sonst machen? Ja, was machten normale siebzehnjährige Jungen denn so in ihrer Freizeit? Wahrscheinlich mit ihren Freunden abhängen. Das fiel bei mir schon mal weg. Meinen einzigen Freund hatte ich in Berlin zurückgelassen. Er hatte sich einer brutalen Straßenbande angeschlossen, wollte auch mich überzeugen beizutreten, aber ich wusste was diese Jungs so machten. Raubüberfälle, Einbrüche, Prügeleien ja sogar Mord soll schon dabei gewesen sein. Aber mein Kumpel, mit dem ich mich über eineinhalb Jahre zusammen durchgeschlagen hatte wollte nicht auf meine Warnungen hören. Das wird wahrscheinlich sein Untergang sein. Armer Saix. Aber egal. Ist nicht mehr mein Problem. Anscheinend bin ich viel zu tief in meinen Gedanken versunken gewesen, da ich erst jetzt bemerkte, dass mich ein Junge anstarrte. Aha, es war der kleine Blonde mit dem Skateboard der jeden Tag hier auf seinen Bus wartete. Wahrscheinlich kam er von der Schule und fuhr zu sich nach Hause. Nach Hause… Er hatte bestimmt ein großes Zimmer, Eltern die ihn liebten… Nein, jetzt nur nicht an so was denken! Ich erwiderte seinen Blick und kniff ärgerlich die Augen zusammen. Sofort wand er seinen Blick ab. Da kam auch schon sein Bus. Kaum eine Sekunde später war er auch schon im inneren verschwunden. Ich musste innerlich grinsen, anscheinend war ihm bewusst geworden das er mich viel zu auffällig angestarrt hatte. Ich beobachtete den Bus noch, bis dieser abfuhr und hinter der nächsten Straßenecke verschwand. Doch dann viel mein Blick auf etwas anderes. Unter einem dieser hässlichen blauen Wartesitze lag etwas Langes mit vier Rollen: Das Skateboard des Blondschopfes. Verwundert zog ich die Augenbrauen hoch, dem Kleinen musste das ja dermaßen peinlich gewesen sein, dass er glatt sein Skateboard vergessen hatte. Ein Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus, soeben hatte ich eine neue Beschäftigung gefunden. Mal schauen ob der Junge noch mal wiederkommen würde oder ob sich jemand anderes das Board schnappte. Wenn nicht würde ich es nach Einbruch der Dunkelheit mitnehmen. Tja, wenn man vor Langeweile nicht weiß was man machen soll denkt man sich eben die lächerlichsten Beschäftigungen aus. Er kam nicht. Also betrat ich später meinen Unterschlupf mit einem neuen Gegenstand in der Hand. Ich würde es ihm morgen zurückgeben, denn auch wenn ich erwachsenen Leuten Geld stahl, die Unterseite des Skateboards sah so liebevoll gestaltet aus… Der Junge hing bestimmt daran. Und das Geld stahl ich ja auch nur um zu Überleben. Ich wollte nicht mehr kriminelles in meinem Leben tun als unbedingt nötig. Denn auch wenn ich ein Straßenjunge war, so besaß ich dennoch wenigstens etwas Moral in meinem Hirn. Mehr, als es manch anderer tat. Verloren und Gefunden --------------------- Roxas POV „Mama bitte! Es geht hier um mein Skateboard!“, flehend sah ich meine Mutter an. Da ich mein Handy ausgerechnet heute zu Hause vergessen hatte konnte ich nicht bescheid sagen, dass ich noch mal zum Bahnhof zurückwollte. So musste ich erst nach Hause rennen und es meiner Mutter persönlich sagen. „Du musst warten bis dein Vater wieder da ist. Er kann dich dann zum Bahnhof fahren.“ „ich kann doch mit dem Bus-“ „Nein, ich möchte nicht das du alleine da hinfährst. Es wird bald dunkel und du weißt was da abends für… Gestalten rumlaufen. Ich möchte nur nicht das dir was passiert.“ Ruhig aber bestimmt sagte sie das und sah mich dabei eindringlich an. Ich liebte meine Mutter ja, aber sie war einfach ein wenig zu besorgt wenn es um meine Sicherheit ging. Ich war immerhin schon 15 und es ging um mein heißgeliebtes Skateboard. Doch wenn meine Mutter sich etwas dergleichen in den Kopf gesetzt hatte konnte man sie meist nicht mehr von etwas anderem überzeugen erst recht nicht wenn es um meine Sicherheit ging. Also schlich ich niedergeschlagen in mein Zimmer und setzte mich auf mein Bett. Ich würde erst zum Bahnhof kommen wenn mein Vater wiederkam. Ich sah auf die Uhr die auf meinem Schreibtisch stand und stöhnte: 18.43 Uhr das hieß ich musste noch etwa eine Dreiviertelstunde warten. Bis dahin würde es wirklich dunkel sein. Immerhin hatten wir erst März und es blieb noch nicht so lange hell. Die Minuten vergingen quälend langsam, alle fünf Minuten sah ich auf die Uhr. Meine Versuche mich in irgendeiner Form abzulenken scheiterten. Im Fernsehen lief nichts gutes, Hausaufgaben zu Morgen hatten wir nicht aufbekommen und, auch wenn mich meine Mutter viermal fragte, Hunger hatte ich auch keinen. Endlich hörte ich wie jemand die Tür aufschloss und lief die Treppe hinunter. Etwas überrumpelt war mein Vater schon, aber schon zwei Minuten später saßen wir in unserem schwarzen Familienauto, auf dem weg zum Bahnhof. Dort angekommen lief ich zu meiner Haltestelle Nummer vier und schaute unter die Sitze: Nichts! Absolut nichts! „Hast du es gefunden?“, die Stimme meines Vaters klang wenig hoffnungsvoll. Ich schüttelte den Kopf und schaute mich um, vielleicht lag es ja irgendwo anders. Doch ich wurde enttäuscht. Schließlich kam mir eine letzte Idee, ich könnte ja in diesem Kundencenter an der Ecke nachfragen ob es vielleicht jemand abgegeben hat. Fehlanzeige. Schon wieder nichts. Mein Skateboard war weg. „Wir schenken dir zum Geburtstag ein neues.“, versuchte mich mein Vater aufzumuntern. Doch das half nicht viel: „Das ist doch nicht das selbe. Du weißt, dass das Board ein Geschenk von Hayner, Pence und Olette war.“ „Vielleicht hat es ja einer aus deiner Schule gefunden, dann bekommst du es sicher Morgen zurück.“ „Ja, vielleicht…“ Eigentlich war die Wahrscheinlichkeit eins zu tausend, aber vielleicht hatte ich ja Glück. Mit diesem kleinen Hoffnungsschimmer ließ ich mich von meinem Vater wieder nach Hause fahren. Doch als ich an diesem Abend einschlief hatte ich seltsamerweise nicht mein Skateboard vor Augen sondern diesen seltsamen Kerl mit den flammendroten Haaren… Axels POV Ich wurde von dem nervtötenden Gezwitscher der Vogel wach, die anscheinend beschlossen hatten sich genau vor meiner `Haustür´ lautstark zu unterhalten. Langsam schlüpfte ich aus meinem Schlafsack und öffnete die rostige alte Tür. Es war schon hell. Also musste ich leise sein. Denn einmal war eine Frau die ihren Hund spazieren führte auf ein Geräusch aufmerksam geworden was daher rührte, dass ich versehendlich eine alte Ölwanne umgestoßen hatte. Da ich die Frau glücklicherweise bemerkt hatte konnte ich mich mit meinen Sachen in die hinterste und dunkelste Ecke des Gebäudes verziehen. Ich hatte richtig reagiert, denn keine zehn Minuten später hatte ich einen Streifenwagen gehört und kurz darauf zwei Beamte die sich das Gelände genauer besahen da das betreten, wahrscheinlich aufgrund der Einsturzgefahr, nicht gestattet war. Also ging ich leise zurück, holte etwas zu Essen aus meinem Rucksack und setzte mich auf meinen Schlafsack. Als ich fertig war packte ich alles zusammen als mir ein Gegenstand auffiel der an der Wand lehnte. Das Skateboard. Da heute Freitag war hatte der Junge Schule, also würde ich es ihm zurückgeben wenn er an der Bushaltestelle aufkreuzte. Endlich hatte mein Tag mal wieder einen Sinn. War ja nicht allzu oft der Fall. Wahrscheinlich würden dem kleinen die Augen rausfallen wenn er sah wer ihm sein Board zurückgab. Grinsend schulterte ich meinen Rucksack, nahm meine Umhängetasche und das Skateboard und verließ das Gelände. Obwohl ich wusste das der Blonde um frühestens um 3 Uhr hier auftauchen würde, setzte ich mich direkt auf meinen Stammplatz. Normalerweise würde ich erst ein wenig in der Stadt herumstreifen, aber darauf hatte ich heute keine Lust. Neue Bekanntschaft ------------------ Roxas POV Kaum hatte ich das erlösende Läuten der Klingel vernommen wollte ich auch schon durch die Tür unseres Klassenraums verschwinden, wurde jedoch von Olette aufgehalten: „Hey Roxas, was hast du es denn heute so eilig? Ist was passiert?“ „Nein Olette. Ich muss schnell zum Bahnhof, ich wollte-“ Ich hielt inne, Olette und die zwei anderen wussten nicht, dass mein Skateboard weg war. Ich hatte es ihnen nicht sagen wollen ehe ich nicht absolut sicher war das es auch wirklich weg war. Zu meiner Enttäuschung hatte sich niemand aus meiner Schule bei mir gemeldet und auch bei der Fundkiste des Hausmeisters wurde nichts abgegeben. Also hatte ich beschlossen noch mal in dem Kundencenter am Busbahnhof nachzufragen. „Also ich muss… heute schnell nach Hause. Hab noch was zu erledigen.“ Olette schien zwar zu merken, dass das nicht die Wahrheit war aber sie zuckte nur mit den Schultern: „Na ja, solange du es heute trotzdem zum Kino schaffst ist das schon okay.“ „Natürlich. Bis um fünf.“ Mit diesen Worten lief ich aus dem Klassenzimmer auf dem schnellsten Weg zum Bahnhof. Dort angekommen betrat ich das Kundencenter, wurde aber von neuem enttäuscht. Niedergeschlagen schaute ich auf den Boden lief ich zu meiner Haltestelle, so bekam ich nicht mit wie jemand auf mich zulief. Erst als er direkt vor mir stand blickte ich auf. Und erstarrte. Das war der Kerl mit den komischen roten Haaren! Und er hielt mir mein Skateboard entgegen! „Hier das hast du gestern liegenlassen nachdem du mich so unauffällig angestarrt hast.“ Grinsend überreichte er mir mein Board. Ich wurde rot: „Ja ich… Danke.“ Mehr bekam ich nicht raus. Warum ausgerechnet der? Ich musterte ihn einen Moment lang. Er hatte seltsame tropfenförmige Tattoos unter den stechend grünen Augen. „Schon gut, hat mir ja keine großen Umstände gemacht.“ Der Rotschopf nickte mir zu und wollte sich umdrehen und gehen. Schnell fing ich mich wieder: „Warte, ich muss mich ja noch irgendwie richtig bedanken. Das Skateboard bedeutet mir nämlich sehr viel. Wie, wie heißt du eigentlich?“ Axels POV „Mein Name ist Axel. Kannst du dir das merken?“ Etwas irritiert nickte der kleine Blondschopf. Tja, das war eben meine spezielle Vorstellung. „Und wie heißt du?“ „Roxas.“ Roxas? Interessanter Name. Anscheinend hatte dieser seine Beschämtheit überwunden, denn nun fing er an mich, etwas mutiger, auszufragen: „Wie alt bist du eigentlich? Gehst du noch zur Schule?“ „Ich bin siebzehn.“ Die Frage mit der Schule ließ ich vorsichtshalber außen vor, denn ich wusste immerhin nicht ob Roxas nicht einer von denen war die alles ihren Eltern erzählten, und wenn die das Jugendamt benachrichtigen würden hätte ich ernsthafte Probleme. In meiner Zeit auf der Straße hatte ich gelernt gegenüber jedem misstrauisch zu sein, und wenn er noch so unschuldig und nett aussah. „Aha also gehst du noch zur Schule!“ Mist, der Junge war schlauer als gedacht… „Und auf welche? Also auf meine nicht. So jemanden wie dich hätte ich mit Sicherheit bemerkt.“ „Äh, ist doch nicht so wichtig…“ Roxas, der anscheinend ziemlich unzufrieden mit dieser Antwort war, sah mir in die Augen. Shit, wie kann jemand so blaue Augen haben? Vorsicht Axel, jetzt bloß nichts Falsches denken! Ich darf mich jetzt nicht in den Blondschopf verknallen. Ja richtig gehört, ´verknallen´! Ich wusste schon seit knapp zwei Jahren das ich schwul bin. Aber egal, weiter im Text. Ich musste jetzt schnell an irgendetwas anderes denken sonst- „…-el? Axel?“ „Hä? Was ist?“ „Du hast so komisch geguckt. Was war denn los?“ Perplex schaute ich Roxas an. „Da du anscheinend nicht mit mir reden willst kann ich ja jetzt nach Hause fahren. Willst du Geld als Finderlohn? Wenn du Morgen wieder hier bist kann ich dir ja was geben.“ „Ja, ich meine nein. Sorry ich bin ein bisschen durcheinander.“ „Was jetzt?“ Ich kratzte mich am Hinterkopf: „Also du brauchst mir kein Geld geben…“ Moment! Der kleine bot mir hier Geld an und ich lehnte ab?! Ich muss durchgeknallt sein! „Na gut dann nicht… was kann ich dir denn dann geben? Ich hab ja schon gesagt, dass mir das Board wirklich sehr viel bedeutet. Und nur wegen dir hab ich es wieder.“ „Nee, egal. Weißt du ich muss jetzt auch gehen…Bye“ Ohne auf eine Antwort zu warten drehte ich mich um und ging davon. Als ich um die nächste Ecke gebogen war lehnte ich mich gegen eine Wand. Das darf nicht sein! Das darf einfach nicht sein! Warum hatte ich das dämliche Board nicht einfach liegenlassen? Ich durfte mich nicht in so jemanden verlieben! Er lebte ja nicht mal auf der Straße! Nicht DU! --------- Axels POV Seit fast einer Woche war ich nicht mehr zum Bahnhof gekommen. Ich wollte Roxas nicht sehen. Wie ich festgestellt hatte, schien ich mich wirklich in den Blondschopf verliebt zu haben. Scheiße! Dabei hört man doch überall wie schön die ´Liebe auf den ersten Blick´ doch sei. Fehlanzeige. Immerhin konzentrierte ich mich nun so auf das beschaffen von Geld, dass ich eine beachtliche Menge zusammengesammelt hatte. Da ich nun nicht am Bahnhof saß um die Menschen zu beobachten hatte ich reichlich Zeit. Wenn ich so weitermachte, würde ich nächsten Monat so gut wie gar nicht stehlen brauchen! Falls ich bis da diesen Blondschopf endgültig aus meinen Gedanken ausgemerzt hatte. Momentan jedoch befand ich mich in dem Supermarkt um mir meine wöchentliche Essensration zu besorgen. Unschlüssig stand ich vor dem Regal mit den Süßigkeiten. Solch einen ungewohnten Reichtum musste man immerhin ausnutzen. Doch den Großteil des Geldes hatte ich in die kleine Tasche an meinem Schlafsack gepackt. Wenn ich weiter immer etwas sparen würde, konnte ich mir vielleicht einen neuen Schlafsack oder ein paar neue Klamotten leisten! Meine Wahl würde aber wohl eher auf die Klamotten fallen, denn obwohl mir meine Sachen, die aus dem roten T-Shirt, der schwarzen Weste, der dunkelblauen Jeans, einer Winterjacke sowie ein paar Boxershorts und zwei weiteren T-Shirts bestanden, gefielen, so wiesen einige davon schon bedenkliche Mängel auf. Glücklicherweise hatten wir endlich Frühling und um eine neue Jacke brauchte ich mich erst einmal nicht kümmern. Doch zurück zu meinem Problem! Da ich mich immer noch nicht zwischen der Tüte Chips und den Gummibärchen entscheiden konnte beschloss ich erst einmal mich um meine Brotration und den Rest zu kümmern. Da das aber ziemlich schnell ging stand ich schon bald wieder vor dem Süßigkeitenregal. Doch schließlich entschied ich mich doch für die Tüte mit meiner Lieblingssorte Chips und stellet mich an die Kasse. Nachdem ich bezahlt und alles in meinem mitgebrachten Stoffbeutel verstaut hatte verließ ich den Laden. Langsam machte ich mich auf den Rückweg zu meinem Unterschlupf. Ich schaute nach oben und sah, dass der Himmel von dicken, schwarzen Wolken bedeckt war. Hoffentlich würde es erst anfangen zu regnen wenn ich wieder bei meinen Sachen im trockenen war. Gestern hatte es fast den ganzen Tag geregnet. Und ich war den ganzen Tag nicht aus meinem Unterschlupf gekommen. Wenn ich etwas hasse, dann Regen! Den ganzen Tag hatte ich einfach nur in diesem kleinen Raum gesessen. Wenigstens hatte ich mir kurz zuvor aus einem Mülleimer eine Zeitung gefischt, sodass ich zumindest etwas Beschäftigung hatte. Ich erreichte mein Heim ohne das ich nass wurde. Bestimmt würde es dennoch bald anfangen. Doch dann hörte ich etwas was sofort meine gesamte Aufmerksamkeit auf sich zog und mich in Alarmbereitschaft versetzte: Ein poltern und kurz darauf ein unterdrücktes Fluchen ganz in meiner Nähe! Roxas POV Auf den Kinobesuch hatte ich mich zwar schon länger gefreut, aber irgendwie war er dann doch nicht so toll. Nicht nur, dass Pence seine halben Nachos (samt Sauce!) über mir verschüttet hatte, ich musste auch ständig an Axel denken. Warum war er einfach so abgehauen? Komischer Kerl. Ich dachte ich würde ihn noch mal beim Bahnhof antreffen, anscheinend ist er ja öfters da, aber jetzt haben wir schon Donnerstag und ich hab ihn bis jetzt noch nicht wieder gesehen. Dabei musste ich mich noch irgendwie bei ihm bedanken. Das Geld was ich ihm angeboten hatte wollte er ja anscheinend nicht. Na gut, ich kann auch nicht einfach so Geld annehmen. Aber immerhin hatte er mir ja mein Skateboard wiedergebracht. Auch wenn er nicht wusste das es mir wirklich sehr viel bedeutet. Er hätte es ja auch einfach behalten können. Vielleicht würde ich ja morgen Glück haben. Doch jetzt musste ich erstmal zusehen, dass ich so schnell wie möglich nach Hause komme! Ich hatte mich vorhin von Hayner verabschiedet, da ich nach der Schule den Tag bei ihm verbracht hatte und hoffte das die schwarzen Wolken ihren Inhalt erst zur Erde hinabschicken würden wenn ich in meinem warmen Zimmer saß. Gerade lief ich die lange Straße entlang die zu dem kleinen, gepflasterten Platz führte der von zwei Bäckereien, einem Kiosk und einem Supermarkt gesäumt wurde. Im Sommer saßen auf diesem Platz oft Kinder auf ihren Decken und verkauften ihre alten Spielsachen. Das hatte ich früher mit meinen drei Freunden auch mal gemacht. Dann erreichte ich besagten Platz. Das hieß, von hieraus links, die Hauptstraße ein Stück hoch und dann rechts in meine Siedlung einbiegen. Das müsste ich noch schaffen bevor es anfing zu regnen. Doch dann hielt ich inne. War da nicht eben ein rothaariger Junge aus dem Supermarkt gekommen? Ich schaute genauer hin: Ja, das war Axel! Ich wollte seinen Namen rufen, doch dann hielt ich erneut inne. Wenn ich ihn jetzt Rufen würde, dann würde er sicher wieder abhauen. Also wäre es doch besser ihn bis zu seinem Zuhause hinterherlief um ihn dann abzufangen. Das war zwar nicht gerade nett, aber selbst wenn er dann im Haus verschwinden würde, wenigstens wüsste ich dann wo er wohnt. Also nichts wie hinterher! Immerhin lief er nicht in Richtung der Bushaltestelle, das hieß doch er wohnte hier ganz in der Nähe. Das traf sich ja wunderbar. Doch als er dann einen Trampelpfad in die Richtung der alten Lagerhalle einschlug wurde mir unwohl. Der Pfad führte, wie ich wusste einmal um das Gelände und endete dann am Ende meiner Siedlung. Eigentlich eine kleine Abkürzung, doch mir war dieses Gebäude unheimlich und so war ich erst ein einziges Mal hier langgegangen. Da ich aber Axels Haus ausfindig machen wollte schlich ich ihm nach kurzem zögern nach. Doch wie sich herausstellte hatte ich wohl zu lange gezögert und damit Axel aus den Augen verloren. Mist! Aber er konnte das Gelände unmöglich schon umrundet haben. Und mittendurch konnte er auch nicht gegangen sein, da ein hoher Maschendrahtzaun dies verhinderte. Wo war er also hin? Vorsichtig schlich ich weiter, da sah ich etwas Rotes bei der Halle verschwinden. Was hatte Axel den auf dem Gelände verloren? Mittlerweile fühlte ich mich richtig unwohl, da es schon dämmerte und das nicht gerade hilfreich war, weder um Axel zu suchen noch um mir meine Angst zu nehmen. Doch ich ging weiter. Jetzt umdrehen brachte auch nichts. Da Axel anscheinend wirklich auf das Gelände gegangen war, sah ich mich nach einer Lücke im Zaun um, und fand an einer Ecke eine. Da das Gelände innerhalb des Zauns etwa einen Meter tiefer lag als das außerhalb hielt ich mich am Zaun fest und versuchte über einen Haufen mit großen Abbruchstücken hinunter zu gelangen. Prompt löste sich ein loses Stück Ziegelsteinmauer unter meinen Füßen und polterte den Haufen runter. Ich zuckte zusammen, krallte meine Finger in die Maschen des Zauns und fluchte. Doch sofort verstummte ich wieder und gelangte irgendwie, inzwischen fast zitternd auf den Boden. Da hörte ich an der Halle etwas quietschen, starrte zu der Stelle und sah einen Kopf mit feuerroten Haaren aus dem Spalt einer Stahltür spähen. Als besagter Rotschopf mich nach einem Moment bemerkte starrte er mich an und weckte mich aus meiner Schockstarre mit einem fassungslosen und gleichzeitig wütenden „DU?!“ Jap, ich hatte Axel gefunden. Straßenjunge ------------ Roxas POV Ich konnte meinen Blick nicht von Axel wenden, der mir gegenüber in einem nur schwach beleuchteten Kellerraum an der Wand lehnte. „Das hättest du jetzt nicht gedacht, ne?“ Immer noch unfähig zu sprechen schüttelte ich leicht den Kopf. Der Regen, oder besser das Gewitter, war ein paar Sekunden nachdem Axel mich entdeckt hatte mit aller Kraft losgebrochen. Wortlos hatte Axel mich zu sich gewunken und die Tür hinter uns geschlossen. Schließlich hatte er mich in den Raum geführt und auf seinen Schlafsack, der am Boden lag gedeutet worauf ich mich setzten konnte. „Du hast mich doch gefragt wie du dich bei mir für das Skateboard bedanken kannst, oder? Ich sag dir wie: Berichte niemandem den du kennst, was du hier gesehen hast. Nicht einmal deine Eltern oder deine besten Freunde dürfen das hier erfahren!“ „Aber warum-?“, setzte ich an, wurde jedoch unterbrochen: „Versprichst du es mir?“ Axel sah mir eindringlich in die Augen. „Ich verspreche es. Aber du musst mir sagen warum.“ „Was warum? warum du nichts erzählen darfst? Sagen wir es so, wenn das Jugendamt davon erfährt bekomme ich ernsthafte Schwierigkeiten.“ „Nein, warum du hier lebst! Was ist mit deinen Eltern? Sind sie tot? Und warum bist du dann nicht in einem Kinderheim?“ Anscheinend hatte ich einen wunden Punkt erwischt, klar, er lebte bestimmt nicht aus Spaß auf der Straße, auf jeden Fall wurde sein Blick schlagartig kalt. „Das hat dich nicht zu interessieren.“, entgegnete er ruhig, obwohl er mich wahrscheinlich am liebsten angeschrieen hätte. Sein Tonfall ließ keine Diskussion zu. Doch so leicht würde ich nicht aufgeben: „Dann sag mir wenigstens wie lange du schon auf der Straße lebst!“ Axel seufzte: „Es müssten jetzt so ungefähr dreieinhalb Jahre sein.“ „D-Dreieinhalb Jahre?!“ Axel nickte. „Aber wie hast du das solange ausgehalten? Ich meine, wie hast du das überlebt?“ „Das ist eine sehr lange Geschichte. Und ich glaube du solltest jetzt besser zu deinen Eltern zurückgehen, sie machen sich doch bestimmt Sorgen.“ Die letzten Worte hatte er mit einer Spur Bitterkeit in der Stimme gesagt, doch ich konnte nicht weiter darüber nachdenken denn er stand mit einem „Warte kurz.“ auf, ging an mir vorbei und kramte in dem großen schwarzen Rucksack, der hinter mir stand, herum. Wenig später hielt er in einer Hand einen kleinen schwarzen Taschenschirm den er mir zuwarf: „Hier, damit du nicht so nass wirst. Und jetzt zisch ab.“ „Bist du Morgen wieder am Bahnhof? Dann kann ich dir den Schirm zurückgeben.“ Axel lächelte leicht: „Ja, ich denke schon. Aber jetzt geh. Und kein Wort. Zu niemandem!“ Damit schob er mich auch schon zur Tür raus. Ich spannte den Schirm auf und rannte so schnell wie ich konnte nach Hause. Axels POV Das gibt es doch nicht! Als ich Roxas an einer Ecke des Geländes stehen gesehen hatte, wären mir in diesem Moment hundert Polizisten lieber gewesen. Gut, das war dann doch ein bisschen übertrieben, aber am liebsten wäre ich im Boden versunken. Warum musste ausgerechnet er mich in dieser Bruchbude zu Gesicht bekommen? Zu allem Übel hatte es dann auch noch angefangen zu regnen, sodass mir nichts anderes übrig blieb als ihn zu mir zu Winken. Klar, ich hätte ihn auch einfach im Regen stehen lassen können, aber dann hätte ich nicht sichergehen können, dass er das was er gesehen hatte auch wirklich für sich behielt. Trotz seines Versprechens war mir unwohl, was wenn er es doch seinen Eltern erzählen würde? Aber im Endeffekt hatte ich ja jetzt keine andere Wahl als ihm zu vertrauen, denn anders konnte ich ihn nicht zum Schweigen bringen. Oder? Vielleicht sollte ich doch einfach hier abhauen und in eine andere Stadt fahren? Nein, ich hatte doch erst vor etwa einem Monat Berlin fluchtartig verlassen müssen. Dabei hatte ich auch einen Teil meiner damaligen Besitztümer eingebüßt. Einen ziemlich Großen. Und das war eines der schlimmsten Dinge für einen Straßenjungen. Denn jedes auch noch so kleine Stückchen Eigentum war wichtig. Nein, das würde mir so schnell nicht noch einmal passieren! Also musste ich dem kleinen Blondschopf vertrauen. Ein Teil von mir sagte das ich ihm sowieso blind vertrauen könnte, aber das war leider nicht der Teil der für das vernünftige Denken zuständig war. Denn meine Erfahrung riet mir, weiter Misstrauisch zu bleiben. Eine gesunde Portion Misstrauen konnte lebenswichtig sein. In Berlin gab es vor gut einem Jahr nämlich mal einen Jungen der erst seit kurzem auf der Straße zu leben schien. Er hatte einer zwielichtigen Gestalt anscheinend zu viel Vertrauen geschenkt und das war ihm zum Verhängnis geworden. Denn einige Tage später hatte ich einen Polizeieinsatz beobachtet wobei am Ende die leblose Gestalt eben dieses Jungen abtransportiert wurde. Man musste immer misstrauisch sein. Unglückliche Zwischenfälle -------------------------- Roxas POV Nach fünf Minuten erreichte ich meine Wohnungstür. Trotz des Regenschirmes waren meine Klamotten klitschnass, doch das interessierte mich gerade herzlich wenig. Ich konnte nur an Axel denken. Er lebte auf der Straße! Und das schon dreieinhalb Jahre! Doch kaum hatte ich besagte Tür aufgeschlossen kam mir meine Mutter entgegen: „Roxas! Du bist ja klitschnass! Los ab unter die Dusche sonst erkältest du dich noch! Die nassen Sachen kannst du vor die Tür legen. Ich hänge sie dann schon auf.“ Unbarmherzig wurde ich in unser Badezimmer geschoben. Schnell schloss ich ab und zog mir die nassen Sachen aus. So schnell werde ich nun auch nicht krank. Egal, schnell unter die Dusche denn jetzt wurde mir wirklich kalt. Als das warme Wasser an meinem Körper herunter lief musste ich unweigerlich wieder an Axel denken. Wann er wohl das letzte Mal warm geduscht hatte? Ich nahm mir vor ihn zu fragen. Oder würde ihm das unangenehm sein? Wahrscheinlich. Also würde ich doch besser nicht fragen. Ich würde gern wissen warum er auf der Straße lebte. Ich konnte mir das einfach nicht vorstellen. Wie konnte jemand sein Zuhause verlassen? Vielleicht waren seine Eltern ja wirklich tot und er war aus einem Kinderheim abgehauen. In solchen Einrichtungen soll es ja bekanntlich nicht so schön sein. Vielleicht würde ich seine Geschichte ja irgendwann einmal erfahren. Er schien ja trotz der Tatsache, dass er ein Straßenjunge war, ziemlich nett und gut erzogen zu sein. Nicht jeder hätte mir mein Skateboard zurückgebracht, und als es anfing zu regnen hat er mir für den Rückweg seinen Schirm gegeben. Ich nahm mir vor ihn besser kennen zu lernen. Während ich aus der Dusche stieg kamen mir an meinem Vorsatz jedoch die ersten Zweifel. Denn wie sollte ich das meinen Eltern erklären? Ich konnte ja nicht einfach hingehen und sagen: ´Hey Mama ich gehe mal eben zu meinem Neuen Kumpel. Weißt du er lebt auf der Straße. Wenn du mich suchst ich bin in der alten Lagerhalle. ´ Ein oder zweimal könnte ich bestimmt sagen, dass ich bei Hayner oder Pence war, doch ich wollte meine Eltern nicht belügen. Auch eine Stimme in meinem Kopf mischte sich ein und weckte in mir noch ganz andere Bedenken. Was wenn er doch nicht so nett war wie er tat? Was wenn er mich gar nicht noch mal sehen wollte? Ich war immerhin jemand der ein Zuhause und Eltern die mich liebten hatte. Vielleicht dachte er ja ich wäre nur ein verweichlichter Bengel? Irgendwo hätte er damit ja auch Recht. Nein, ich würde das schon schaffen. Zumindest würde ich ihn morgen noch einmal beim Bahnhof sehen. Ich musste ihm ja seinen Schirm zurückgeben. Nachdem ich in mein Zimmer gegangen war und mir meine Schlafsachen angezogen hatte, immerhin war es schon halb neun und ich hatte Morgen Schule, setzte ich mich auf mein Bett und schaute noch ein wenig fern. Doch leider kam in der Glotze nichts Interessantes und so machte ich einfach das Licht aus und verkroch mich unter meiner Bettdecke. Morgen würden wir weitersehen. Axels POV Am nächsten Morgen wachte ich früh auf. Das Gewitter hatte längst aufgehört, doch immer noch triefte alles vor Nässe. Gestern hatte ich noch lange Wachgelegen und mir über meine derzeitige Situation den Kopf zerbrochen. Ich war zu dem Ergebnis gekommen abzuwarten. Viel mehr als verpetzen konnte der kleine mich ja nicht. Und bis jetzt war ich noch jeder Polizeistreife entkommen. Doch dieser Tag hielt noch eine Unangenehme Überraschung für mich bereit. Gerade als ich mein Frühstück aus meiner grünen Umhängetasche holen wollte, stellte ich fest das diese nass war. Die Ursache war, wie ich feststellte, ein Spalt in der Wand durch den anscheinend Wasser gelaufen war. Fluchend räumte ich meine Tasche aus. Glücklicherweise war mein Essen halbwegs trocken geblieben da es ganz oben lag. Doch die hälfte meiner Anziehsachen, diverser anderer Kleinkram und ein kleiner, braunroter Stoffhund der am Boden der Tasche gelegen hatte waren durchnässt. Voller Mitleid nahm ich das kleine Stofftier an den langen Schlappohren hoch. Er war das Einzige was mich noch an die schönen Zeiten in meinem Elternhaus erinnerte. Ich hatte ihn schon seid meiner Geburt. Auch wenn ich bei Nacht und Nebel abgehauen war und eigentlich alles vergessen wollte, meinen Hund hatte ich einfach nicht zurücklassen können. Mein Zuhause… Erinnerungen von damals, Erinnerungen von der Zeit wo alles noch gut war drohten mich zu überrollen. Ich schüttelte energisch den Kopf. Jetzt bloß nicht daran denken! Ich musste zusehen wie ich meine Sachen wieder trocken bekam. Und ich musste dafür sorgen, dass so etwas nicht noch einmal geschah. Höchstwahrscheinlich hieß das: Umziehen. Zumindest in einen anderen der kleinen Kellerräume. Also ging ich, nachdem ich meine nassen Sachen zum Teil aufgehängt und zum Teil auf dem staubigen Boden ausgebreitet hatte, aus dem Raum hinaus. Draußen auf dem Gelände sah ich mich um, niemand war zu sehen. Gut. Ich ging ein Stück an der Fassade entlang und nach ein paar Metern sah ich eine Tür. Dahinter befand sich, wie ich bei meiner ersten Erkundungstour herausgefunden hatte, ein größerer, dafür aber vollkommen Vollgestellter Raum. In den paar Kisten die an der gegenüberliegenden Wand standen befand sich nichts Wertvolles oder Nützliches. Lediglich alte, verstaubte Aktenordner. Doch den weitaus größeren Raum nahmen große Haufen von Ziegelsteinen ein. Unordentlich lagen sie überall im Raum. Nur durch einen schmalen Gang inmitten der Unordnung gelangte man zum anderen Ende des Raumes zu den Kisten. Seufzend starrte ich auf das Chaos vor mir. Bevor ich hier schlafen konnte musste ich erst einmal eine Ecke von den Ziegelsteinen frei räumen. Also ging ich zurück zu meinen Sachen, zog mir mein ältestes, glücklicherweise Trockengebliebenes T-Shirt über und machte mich an die Arbeit. Wiedersehen ----------- Axels POV Den ganzen Vormittag hatte ich damit verbracht mir eine Ecke Freizuräumen. Erschöpft und fürchterlich staubig saß ich nun in eben dieser und ruhte mich ein wenig aus. Langsam sollte ich mich ohnehin auf den Weg zum Bahnhof machen. Ich besaß zwar keine Uhr oder etwas dergleichen, aber immerhin hatte ich ein relativ zuverlässiges Zeitgefühl. Also Los! Ich klopfe mir den Staub aus meinen Klamotten, zog mein altes T_Shirt aus, stellte fest, dass es nun an einer Seite einen Riss hatte, fluchte einmal ausgiebig , und machte dann mich mit geschultertem Rucksack auf den Weg. Als ich ankam stellte ich fest, dass mir noch ungefähr eine halbe Stunde Zeit blieb. Also ab auf meinen Stammplatz und warten. Roxas POV „Roxas? Roxas. ROXAS!“ Ich schreckte auf: „Hä?“ „Sag mal hörst du mir überhaupt zu?“ Hayner, der neben mir saß schaute mich sauer an. Doch bevor ich antworten konnte mischte sich unser Physiklehrer ein: „Roxas, Hayner! Seid ruhig und hört mir zu. Das Thema ist wichtig!“ Jaja klar, bei ihm war jedes Thema wichtig. Also zurück zur eigentlichen Ursache meines so unsanft gestörten Dahindämmerns : „Ne hab ich nicht, was hast du gesagt?“ „Ich habe dich gefragt was du am Wochenende so machst. Wir wollten nämlich vielleicht was unternehmen.“ Ich überlegte kurz, eigentlich hatte ich noch nichts geplant, aber ich hatte mir ja vorgenommen Axel besser kennen zu lernen: „Nee, sorry. Ich hab schon was anderes vor.“ „Echt? Seit wann unternimmst du am Wochenende was ohne deine besten Freunde?“, er grinste. Mist. Ich konnte Hayner ja nicht sagen was ich vorhatte. Also musste schnell eine Notlüge her: „ich muss… lernen, ja genau. Ich muss für Englisch lernen. Das einzige Wort was ich von Hayners Antwort verstand war ein gemurmeltes „Streber.“ Den Rest der Stunde verbrachte ich dann wieder damit, abwesend in der Gegend herum zu starren und nachzudenken. Ich hatte jetzt noch eine Stunde Mathe und danach Deutsch. Dann war endlich Schluss und Hayner konnte mich nicht mehr mit Papierkügelchen bewerfen. Das fand er anscheinend in letzter Zeit unglaublich witzig. Just in diesem Moment traf mich eines der besagten Papierstücke am Kopf. Genervt nahm ich es und warf es zurück an meinen Kumpel. Doch auch diese Unterrichtsstunde hatte bald ein Ende. Genauso wie die zwei darauf folgenden. Und ehe ich mich versah war ich auch schon auf dem Weg zum Bahnhof. Schon von weitem sah ich den mir bekannten Rotschopf und ging auf ihn zu: „Hey! Du bist also echt gekommen.“ Axel zuckte lediglich mit den Schultern: „Ich will halt meinen Schirm zurück.“ Kurz kramte ich in meiner Tasche und übergab ihm dann den Regenschirm. Axel sah mich eine Weile an. „Was? Hab ich was im Gesicht?“ „Nee. Setz dich.“ Etwas verwirrt folgte ich der Aufforderung. Als ich neben Axel Platz genommen hatte fuhr dieser fort: „Hast du dichtgehalten? Wissen deine Eltern von mir?“ „N-Nein, natürlich nicht!“ „Gut.“ Schweigend saßen wir eine Weile nebeneinander. Dann kam mein Bus. „Axel, ich muss jetzt nach Hause. Es gibt gleich Mittagessen. Soll ich dich nachher mal besuchen kommen?“ Mit zusammengekniffenen Augen musterte Axel mich: „Warum?“ „Warum was?“ „Warum willst du zu mir kommen?“ Ich zuckte mit den Schultern: „Weiß nicht. Du bist ganz nett.“ „Das ist alles? Sag mal bist du so naiv oder-“ „Du, ich muss jetzt echt los! Mein Bus fährt gleich ab. Du kannst es mir ja nachher sagen!“ Schnell stand ich auf und lief zu meinem Bus. Gerade als die Türen zugingen schlüpfte ich noch hinein. Freunde ------- Axels POV Der hat doch echt einen an der Waffel! Ich wäre ganz nett?! Schön und gut, aber was wenn ich das in Wirklichkeit nicht wäre? Wie konnte er mir so blind vertrauen? Wie naiv konnte man sein? Hm, aber wieso eigentlich nicht? Dann könnte ich mich wenigstens davon überzeugen ob er es wirklich wert wäre, sich in so jemanden zu verlieben. Und ich hätte ein wenig Abwechslung. Also ab nach Hause. Vom Busbahnhof bis zur Lagerhalle brauchte ich zu Fuß ungefähr 20 Minuten, mit dem Bus fuhr man zwar nur fünf Minuten, aber ich sieg nur in einen Bus wenn es nicht anders ging. Zum Beispiel wenn es in Strömen regnete. Doch ansonsten war das Busfahren schlicht und einfach zu teuer. Endlich erreichte ich die halle und schlüpfte in meinen neuen Raum. Die Sachen die ich hatte hier lassen müssen, waren inzwischen auch alle trocken. Fast alle. Die dicke Winterjacke und mein Stofftier waren leider immer noch feucht. Doch zu meinem Glück war wenigstens nichts weggekommen. Denn ich hatte meine Besitztümer äußerst ungern zurückgelassen, aber dieses Versteck war anscheinend wirklich besser als ich gedacht hatte. Roxas aß gerade bestimmt zu Mittag. Bei dem Gedanken meldete sich allerdings auch mein Magen und ich plünderte meine Vorräte. Wenig später hörte ich tatsächlich jemanden der das Gelände betrat. Und als ich ein Poltern, begleitet von einem nicht wirklich netten Ausruf vernahm war ich mir auch sicher, dass es Roxas war. Vorsichtig spähte ich aus der Tür und sah sofort Roxas wie er, leider etwas ungeschickt, versuchte auf den tiefer gelegenen Grund des Geländes zu kommen. Fast hätte ich laut losgelacht, als er beinahe auf dem Bauch gelandet wäre, doch das hier war wirklich ein sehr schlechter Ort dafür. Also begnügte ich mich dabei zuzusehen wie Roxas es schließlich doch schaffte auf den Boden zu kommen. Als er sich umsah winkte ich ihn zu mir. Nachdem er durch die Tür geschlüpft war schloss ich diese und sah seinen verwirrten Gesichtsausdruck. „Komm hierhin und setz dich erstmal auf meinen Schlafsack.“ Nachdem er sich gesetzt hatte ergriff er das Wort: „Warst du nicht letztes Mal in einem anderen Raum?“ „Ja, aber durch einen Riss in der Wand ist nach dem Gewitter gestern Wasser reingelaufen. Also musste ich umziehen.“ „Oh.“ Eine unangenehme Stille breitete sich in dem Raum aus, als Roxas´ Blick auf meinen Stoffhund fiel: „Nanu? Ein Stofftier? Ist das deins?“ Augenblicklich hätte ich mich dafür verfluchen können, das Ding nicht wieder in meiner Tasche verstaut zu haben. Wie sah das denn bitte aus? Ein siebzehnjähriger Junge mit Stofftier. Total cool… Zögernd brachte ich ein „Ja, das gehört mir…“, raus. Roxas POV Verwundert zog ich eine Augenbraue hoch. War es Axel peinlich, dass ich sein Kuscheltier entdeckt hatte? Ich fand das Tierchen niedlich. „Was starrst du denn so auf den alten Stofffetzen?“ Ich grinste: „Alter Stofffetzen? Wenn du den so blöd findest, warum hast du ihn dann noch?“ „Das ist doch unwichtig. Hör einfach auf das Ding so anzustarren. Und jetzt Themawechsel!“ „Aber-“ „Nichts aber. Ich hätte wirklich nicht daran geglaubt das jemand so naiv sein kann.“ „Hä? Wieso? Wie kommst du jetzt darauf?“ „Na ja, ich meine das du wirklich wieder hier hinkommst.“ Axel hatte anscheinend wirklich vor das Thema zu wechseln. Schade. „Wieso hätte ich nicht kommen sollen?“ Axel schlug sich mit einer Hand vor die Stirn: „Okay, damit wiederhole ich meinen Satz vom Bahnhof noch mal für dich: Bist du so naiv oder tust du nur so?!“ Darauf erwiderte ich nichts. Also fuhr Axel munter fort: „ Ich meine, ich bin ein Straßenjunge, älter als du und das schlimmste ist, du kennst mich ja nicht einmal! Weißt du eigentlich, dass es in dieser Welt Leute gibt die kleine, naive Jungs wie dich entführen, vergewaltigen oder ermorden?!“ Axel war zum Ende hin immer lauter geworden, sodass er mich am Ende fast anschrie. Ich konnte ihn bloß geschockt anschauen. „Hey, tschuldigung ich wollte nicht schreien.“, verlegen kratzte er sich am Hinterkopf. „Sch-Schon gut. Aber du würdest mir nichts antun, oder?“, fragte ich leise. Axel seufzte: „Solange du mich nicht verrätst, nicht.“ Erleichtert schaute ich ihn an: „Du bist wirklich okay. Hey, so ein Leben auf der Straße muss doch echt anstrengend sein, soll ich dir helfen?“ Ich sah Axels entgeisterten Gesichtsausdruck, eher er sich wieder fast und mich abwertend ansah: „Wie willst DU mir denn helfen?“ Ich zuckte mit den Schultern: „Ich könnte dir Geld geben. Und wenn meine Eltern weg sind kannst du ja mal bei mir duschen.“ „Das mit dem Geld kannst du stecken lassen. Ich nehme keine Spenden aus Mitleid an. Meine Kohle besorge ich mir selber.“ Ich senkte meinen Kopf und nuschelte in meinen nicht vorhandenen Bart: „Ich bemitleide dich nicht. War doch nur nett gemeint.“ „Ist ja gut.“ „Hey, sollen wir Freunde sein?“ „Was?“ „Sollen wir Freunde sein? Einfach nur so. Nicht aus Mitleid oder so!“ Axel schaute mich lange an, als würde er die Vor-, und Nachteile abwägen. Dann sah nickte er: „Okay, Freunde.“ Tolle Zeit ---------- Roxas POV „AXEL! HILF MIR!“ Über mir hörte ich ein lautes lachen. „AXEL!“ „Ist ja schon gut. Beruhig dich Roxas!“ Axel, immer noch lachend nahm meine Hand und zog mich auf den Ast, auf dem auch er saß. Seid wir uns kennen gelernt hatten waren nun schon fast vier Monate vergangen. Inzwischen verbrachte ich oft meine Zeit mit ihm, besonders an den Wochenenden. Wie durch ein Wunder hatten meine Eltern noch nicht mitbekommen, mit wem ich meine Zeit verbrachte. Denn Hayner, Pence und Olette deckten mich. Auch wenn sie selbst nicht genau wussten wer Axel war. Sie hatten ihn erst ein paar Mal gesehen. Und da waren wir alle zusammen in der Stadt unterwegs gewesen. Natürlich fanden sie es schade, dass ich nicht mehr sooft mit ihnen unterwegs war, und fanden es Anfangs auch seltsam, dass ich mit Axel soviel unternahm, obwohl er doch weder auf unsere Schule ging noch ein Verwandter oder alter Bekannter von mir war. Doch ich versuchte meine Zeit gerecht zwischen allen aufzuteilen und solange wir uns ein paar Mal außerhalb der Schule sahen waren sie zufrieden. Und immer wenn ich bei Axel war sagte ich vorher meinen Eltern, dass ich bei einem der drei war. Bisher hatte das wunderbar funktioniert. Momentan war es später Nachmittag und wir saßen auf einem Baum im Wald. Ich wäre vorhin um ein Haar runter gefallen, weswegen Axel immer noch Lachtränen in den Augen hatte. Nie wieder würde ich behaupten ich könne klettern. Axel hatte den kleinen Wald, der hinter unserer Wohnsiedlung lag vor einiger Zeit mit mir erforscht und festgestellt, dass sich einige Bäume hervorragend zum klettern eigneten. Und natürlich war er direkt auf die Idee gekommen, dass man doch eine kleine Mutprobe daraus machen könnte, auf einen besonders hohen Baum zu klettern. „Du bist ein Angeber. Nicht jeder kann klettern wie ein Affe.“ „Hey, das ist aber nicht nett! Ich hätte dich gerade wohl doch runterfallen lassen sollen.“ Darauf boxte ich ihm gegen die Schulter, und wir fingen beide an zu lachen. Axel lachte sowieso viel mehr. Am Anfang hatte er nur selten gelacht und wir saßen meist nur irgendwo herum und redeten über belanglose Dinge. Doch inzwischen war er richtig unternehmungslustig. „Axel?“ „Hm?“ „Wie sollen wir hier eigentlich wieder runterkommen?“ „So wie wir hochgekommen sind. Wie sonst?“ „Na klasse…“ Eine Weile saßen wir noch auf dem Baum, doch dann kletterten wir, Axel natürlich mit Leichtigkeit, wieder herunter. Nachdem auch ich schließlich den Boden erreicht hatte machten wir uns auf den Rückweg. Heute war einer der seltenen Freitage, an denen meine Eltern am frühen Abend ins Theater fuhren und erst spät in der Nacht wiederkamen. Also konnte ich Axel mit zu mir nehmen. Ich schaute auf die Uhr, und grinste Axel an: „Meine Eltern müssten jetzt weg sein!“ Wir liefen schneller. Keine zehn Minuten später waren wir auch schon da und ich deutete mit einer Kopfbewegung in Richtung Bad. Am Anfang hatte Axel sich dagegen gesträubt bei mir zu duschen, aber inzwischen schien er es sogar zu genießen. Während er das Bad blockierte, verschanzte ich mich in der Küche und suchte unser Mikrowellenpopcorn und andere Knabbereien. Denn jedes mal wenn ich sturmfrei hatte, veranstalteten wir einen Fernsehabend. Als ich das große Tablett mit der Verpflegung ins Wohnzimmer bugsiert hatte, schnappte ich mir die Fernsehzeitschrift. Na toll, nur Horrorfilme und Quizshows. Ich hasste beides. Axel dagegen liebte Horrorfilme. Das würde ja lustig werden. Innerlich sah ich mich jetzt schon zitternd auf dem Sofa, während Axel sich köstlich amüsierte. „Und was läuft heute schönes?“ Ich zuckte zusammen: „Axel! Hör auf dich anzuschleichen!“ Axel lachte. Axels POV „Und? Was läuft in der Glotze?“ „Nichts Besonderes…“ An Roxas Gesicht jedoch erkannte ich sofort das anscheinend wieder nur Horrorfilme liefen. „Nichts Besonderes? Na dann zeig mal her!“, mit diesen Worten schnappte ich mir die Fernsehzeitschrift und sah nach: Tatsächlich, das einzig interessante waren Horrorfilme. Hinterhältig grinste ich Roxas an, doch dieser hatte anscheinend blitzartig eine Idee: „Wir können uns ja ne´ DVD anschauen.“ Und schon öffnete er eine der großen Schubladen und fing an zu suchen. Och Menno, ich hatte mich schon auf den Horrorfilm gefreut. „Roxas, ich mag aber Horrorfilme.“ Am besten so richtig schön blutig. Denn solche Filme sind wenigstens noch grausamer als das echte Leben und irgendwie gefiel mir die Vorstellung, dass es etwas Schlimmeres als das Reale geben würde. Doch Roxas war anscheinend anderer Meinung und hatte einen Actionfilm rausgeholt den er mir jetzt mit den Worten „Ich aber nicht, der Film ist besser!“, unter die Nase hielt. Na hoffentlich stirbt da einer drin, sonst wäre es ja langweilig. Also machten wir es uns auf dem Sofa bequem, wobei ich mir gleich die Schüssel mit dem Popcorn schnappte. „Hey, ich will aber auch was!“ „Nö, du hast doch den Film ausgesucht. Also gehört mir das Popcorn.“ „Dein Argument ist unlogisch…“ „ist doch egal.“, mit diesen Worten fing ich an ihm sein Knabberzeug wegzufuttern. Der Film war langweilig. Eben so ein typischer „Held-besiegt-Bösewicht-und-rettet-die-Frau-seiner-Träume“ Teil. Dann war es auch schon Zeit zu verschwinden und ich verabschiedete mich von Roxas. Übernachten konnte ich ja nicht bei ihm, denn schließlich sollten seine Eltern ja nichts von mir wissen. War auch besser so. „Morgen ist Samstag, sollen wir uns wieder Treffen?“ Ich nickte: „Klar, gerne.“ Morgen würde also wieder ein toller Tag werden. „Dann bis Morgen Axel.“ „Bis Morgen.“ Streit ------ Axels POV Die Zeit verging schnell. Inzwischen war es schon Anfang August, und die Sommerferien würden bald anfangen. Gut, mir konnte das eigentlich egal sein, doch das hieß Roxas hätte dann sechs Wochen schulfrei. Er hatte seine Eltern gefragt ob er eine Woche mit Freunden zelten gehen könnte. Mit „Freunden“ meinte er eigentlich nur mich, doch das wussten seine Eltern nicht. Nach langer Diskussion hatten diese wohl Tatsächlich zugestimmt, allerdings mit der Vereinbahrung, dass Roxas ständig zu erreichen war und er sich jeden Tag bei ihnen melden würde. Seine Eltern schienen wirklich sehr besorgt, dass ihm irgendwas passieren würde, ein bisschen zu besorgt für meinen Geschmack, denn Roxas war immerhin schon fast sechzehn Jahre alt. Nun saß ich momentan auf der Bank an Bahnhof und schaute in die Richtung der Haltestelle wo sein Bus immer hielt. Eigentlich müsste er bald auftauchen, es sei denn er war noch sauer wegen gestern. Gestern hatten wir uns ziemlich heftig gestritten, denn er hatte sich in den Kopf gesetzt mich zu überzeugen, dass ich endlich von der Straße runter müsste. Klar, ich hätte auch lieber ein Zuhause mit Bett, doch das würde zwangsläufig darauf hinauslaufen, dass ich meinen Eltern gegenübertreten musste. Und dazu war ich nicht bereit. Außerdem, wenn das Jugendamt von mir und meiner Situation erfuhr, würden sie mich entweder zu meinen Eltern zurückschleifen, oder in ein Kinderheim stecken. Und da wollte ich auf keinen Fall hin. Also musste ich weiter hier bleiben. Doch das schien Roxas nicht zu verstehen. Er hatte sein perfektes Leben! Was konnte man also schon groß von ihm erwarten? Natürlich nicht viel! Er konnte sich nie und nimmer in meine Situation hineinversetzen. Da stellte sich mir auch schon die nächste Frage: Warum saß ich überhaupt hier? Warum wartete ich darauf, dass er kam? Warum? Die Antwort war leider viel zu klar: Weil ich seine Nähe brauchte. Er war mein einziger Freund. Ich war zwar, bevor ich Roxas kennen lernte, auch ganz gut alleine zu Recht gekommen, doch bei Roxas war das irgendwie anders. Verdammt! Aber jetzt gerade gewann meine Wut dann doch die Oberhand und ich stand auf und ging. Konnte er doch sehen wo er blieb. Roxas POV Ich saß vor meinem Fernseher und spielte Playstation. Eigentlich hätte ich auf dem Weg zum Bahnhof sein sollen, doch Axel konnte mir heute gestohlen bleiben! Dieser Vollidiot! Nur weil ich gesagt hab er sollte sich endlich um ein geordnetes Leben kümmern! Nein, jetzt nicht an ihn denken. Bloß nicht an ihn denken. Da klopfte es an meiner Zimmertür: „Roxas?“ „Ja?“, was wollte denn meine Mutter jetzt schon wieder? Sie kam rein: „Du sitzt ja immer noch vor dem Fernseher! Willst du nicht mal raus? Es ist so schön warm.“ Das war mir doch egal. „Ja Mama. Was ist denn?“ „Also, hör zu: Dein Vater und ich haben vor einer Woche ein tolles Angebot entdeckt.“ Aha, ja und? „Wir werden die ersten zwei Wochen der Sommerferien an die Nordsee in ein fünf Sterne Hotel fahren.“ Was? Zwei Wochen ohne meine Eltern? Sollte das tatsächlich war sein? „Ihr beide?“ Meine Mutter schaute mich verwundert an, dann schüttelte sie den Kopf: „Nein, du kommst natürlich mit!“ Was? WAS?! Nee, oder? „Warum denn das? Ich wollte doch zelten gehen.“ „Das musst du halt verschieben. Komm, zwei Wochen wirst du doch wohl ohne deine Freunde aushalten.“ „Aber, ich-“ „Nichts aber. Außerdem ist es schon alles gebucht und du siehst sie doch noch eine Woche in der Schule. Dann kannst du ihnen ja sagen, dass du das zelten verschieben musst. Und bestimmt wirst du im Hotel auch ein paar nette Leute kennen lernen.“ „Ja Mama.“, damit widmete ich meine Aufmerksamkeit wieder dem Fernseher, doch als meine Mutter das Zimmer verlassen hatte konnte ich mich nicht mehr aufs spielen konzentrieren. Zwei Wochen! Und dann auch noch so ein dämliches Hotel an der Nordsee. Den letzten Familienurlaub den ich dort verbracht hatte würde ich nie vergessen können. Das war zwei Jahre her. Zwei Wochen nur Regen und keine Jungs in meinem Alter. Nur kleine fünfjährige Kinder. Genial. Und das schlimmste, ich würde Axel zwei Wochen nicht sehen! Er war inzwischen mein allerbester Freund. So dick war ich nicht einmal mit Hayner befreundet. Jegliche Wut auf Axel war verpufft, ich war nur noch traurig. Ich vermisste ihn beinahe jetzt schon. Sollte ich es ihm jetzt direkt sagen? War wahrscheinlich besser, sonst konnte ich mich eh auf Nichtsmehr konzentrieren. Also los. Bevor ich die Tür hinter mir schloss rief ich meiner Mutter noch schnell ein: „Bin kurz weg.“, zu. Am Bahnhof war er bestimmt nicht mehr, immerhin war es schon zwei Stunden nach unserer verabredeten Zeit. Also ab zur Lagerhalle. Inzwischen schaffte ich es ohne Probleme auf das Gelände zu kommen und klopfte vorsichtig an die Tür: „Axel? Bist du da?“ Keine Antwort. „Axel?“ Wieder nichts. Bestimmt wollte er mich auch gar nicht sehen. Nachdem was ich ihm gestern an den Kopf geworfen hatte… Ich musste mich wirklich bei ihm entschuldigen. Vorsichtig öffnete ich die Tür ein Stück und schaute durch den Spalt. Das Bild das sich mit bot war nicht gerade erfreulich: Axel lehnte an einer der staubigen Wände, den Kopf an die Wand gelehnt und um ihn herum standen mindestens 10 Bierflaschen. „AXEL!“ Hatte er etwa vorgehabt seine Wut in Alkohol zu ertränken? Langsam ging ich auf ihn zu, doch er schien mich nicht zu bemerken. Ich legte ihm eine hand auf die Schulter und er hob langsam den Kopf: „Rossas? Was massu hier?“ O mein Gott, der war ja komplett zu. Das gelallte konnte man ja kaum verstehen. „Axel! Was machst du denn hier für einen Mist? Du bist ja total betrunken!“ „Lass mi in Ruh.“ Er schaute an mir vorbei, starrte ins leere. Dann fiel ihm der Kopf auf die Brust und er war eingeschlafen. Und jetzt? Scheiße, er hatte sich nur wegen mir betrunken. Warum war ich auch so ungerecht zu ihm gewesen? Sollte ich einen Krankenwagen rufen? Nein, dann würden sowohl Axel als auch ich sehr großen Ärger bekommen. Also bugsierte ich ihn unter größter Anstrengung auf seinen Schlafsack, wo er sich sofort auf die Seite rollte und seelenruhig weiterschlief. Also überleben würde er es. Aber ich sollte trotzdem auf ihn aufpassen. Doch wie sollte ich das anstellen? Ich zog mein Handy aus meiner Hosentasche und drückte die Kurzwahltaste, nach kurzem Warten nahm jemand ab: „Ja?“ „Hey Pence! Kann ich heute bei dir schlafen?“ „Äh, ja klar.“ „Nein, ich meine nicht wirklich.“ „Hä?“ „Ich möchte bei Axel übernachten, doch meine Eltern würden das niemals erlauben, weil er ja auf der…, äh, ich meine weil er immerhin drei Jahre älter ist als ich. Kannst du meinen Eltern sagen ich würde bei dir schlafen?“ Eine Zeit war es still am Ende des Hörers, doch dann meldete sich Pence wieder: „Kann ich machen, du hast Glück. Meine Eltern gehen heute weg, also kann ich dich decken.“ „Danke! Du hast echt was gut bei mir!“ „Hey kein Problem.“ Damit legte er auf. Auf meine Freunde war echt immer Verlass! Schnell rannte ich nach Hause, sagte meinen Eltern bescheid und packte ein paar Dinge in meinen Rucksack. Als ich den Raum wieder betrat schlief Axel immer noch. Also lehnte ich mich an eine Wand und sah ihn an. Das würde eine lange Nacht werden… Blackout und schlechte Nachrichten ---------------------------------- Axels POV Mit schmerzendem Kopf wachte ich auf. Was war passiert? Ich konnte mich an absolut nichts erinnern… Ich wusste nur noch, dass ich fürchterlich sauer gewesen war. Aber warum? Und vor allem, auf wen? Ich öffnete meine Augen einen kleinen Spalt, kniff sie aber sofort wieder zusammen, denn mein Kopf pochte nun unaufhörlich. „-el?“ War jemand hier? „Axel? Bist du wach?“ Hm? Wer war denn hier? Ich wagte einen weiteren versuch meine Augen zu öffnen, tatsächlich schaffte ich es mich ein wenig umzusehen, doch mein Gehirn wollte nicht richtig funktionieren. Was zur Hölle hatte ich gestern nur gemacht?! „Axel!“ Die Stimme kannte ich doch irgendwo her. Irgendwie… ROXAS! Langsam drehte ich meinen schmerzenden Kopf in die Richtung der Stimme und sah ihn vor mir sitzen. „Roxas? Was machst du hier? Wie spät ist es?“ Langsam lichtete sich der Nebel in meinem Kopf und ich erinnerte mich wieder daran, dass ich gestern fürchterlich sauer auf ihn gewesen war und dann hatte ich… Ja, was hatte ich dann gemacht? So wie mein Schädel brummte musste ich mir diesen entweder ordentlich irgendwo gegen geschlagen haben, oder ich hatte zu viel Alkohol getrunken. Da ich einen totalen Blackout hatte schloss ich auf die zweite Möglichkeit. Das letzte Mal das ich mich so betrunken hatte war lange her. Ich musste mich ja gestern echt fürchterlich schlecht gefühlt haben. Da riss mich Roxas´ Stimme aus meinen Gedanken: „Hey, wie geht’s dir?“ Stöhnend versuchte ich mich aufzurichten, bereute dies aber sofort, da mir schwindelig wurde. Also blieb ich vorerst lieber liegen: „Weiß nich so recht. Ich hab Kopfweh…“ „Das geschieht dir auch recht! Weißt du eigentlich was ich mir für Sorgen gemacht hab?!“ „Schrei nicht so.“ Roxas starrte mich an. Okay, das war nicht sehr nett gewesen. Ich sollte mich wohl besser entschuldigen. „Tut mir ja leid, aber mir brummt echt der Schädel.“ „Versprich mir, dass du so was nie wieder machst!“ „Roxas ich…“ „Versprich es mir!“ Wie denn? „Was soll ich dir denn versprechen? Ich weiß gar nicht was gestern passiert ist. Und warum bist du überhaupt hier?! Ich denke du bist sauer auf mich?“ Roxas sah mich entgeistert an, dann senkte er den Kopf. Eine Zeit lang war es still. Roxas POV „Warum ich hier bin?“, ich schaute auf meine Schuhe. Ich wollte ihm ja eigentlich sagen, dass ich die ersten zwei Sommerferienwochen weg war und wir das zelten verschieben mussten, doch das war im Moment unwichtig. „Ich wollte dir eigentlich was sagen, doch das ist jetzt nicht so wichtig.“ Mir traten beinahe die Tränen in die Augen, als ich wieder aufblickte und Axel ansah: Seine Augen waren trüb und seine Haare standen noch wilder in alle Richtungen als sonst. Hatte ich ihn wirklich sosehr verletzt? Ich hatte schon die gesamte Nacht darüber nachgedacht. Während er in seinem Schlafsack fest geschlafen hat, hatte ich an der kalten Steinwand gelehnt und mir den Kopf darüber zerbrochen. Doch jetzt musste ich mich erstmal ein wenig um Axel kümmern, damit er seinen, anscheinend ziemlich schmerzhaften, Kater wieder loswurde. „Willst du was trinken?“ Axel nickte leicht und ich gab ihm meine, vorsorglich mitgebrachte, Wasserflasche. Doch er schaffte es nicht sich alleine aufzurichten und so half ich ihm, bis er schräg an einer Wand lehnte. „Geht’s?“ „Muss ja.“ Er trank einen Schluck, doch sofort veränderte sich sein Gesichtsausdruck und er hätte sich wohl um ein Haar übergeben, fing sich aber im letzten Moment noch. „Ich sollte wohl lieber nichts trinken, wenn du nicht meinen Mageninhalt zu Gesicht bekommen möchtest“, er grinste. Wenigstens sein etwas schräger Humor war wieder da. Ein gutes Zeichen. „Mach nie wieder so einen Mist, ja? Ich hab mir echt Sorgen gemacht.“ „Du-“ „Ich verspreche dir auch, dass ich nie wieder so etwas Gemeines zu dir sage.“ Axel nickte. Ich versuchte ihn etwas von seinem Kater abzulenken, doch er schien nicht sonderlich angetan von meinen Versuchen. Schließlich gab ich auf und sah ihm einfach nur noch dabei zu, wie er dann doch ab und zu an der Wasserflasche nippte und sogar ein Stück von seinem Brot aß. So vergingen einige Stunden und schließlich schien Axel wieder halbwegs klar im Kopf zu sein, denn nun fragte er was ich ihm denn so wichtiges zu erzählen hätte: „Also, ich bin eigentlich gekommen um dir zu sagen das ich die ersten zwei Wochen in den Sommerferien weg bin weil meine Elter sich entschlossen haben mit mir an die Nordsee zu fahren.“ „Aber wir wollten doch zelten…“ Ich sah Axels enttäuschtes Gesicht. „Na ja, meine Eltern sagen wir können es ja verschieben.“ Er sah mich eine Weile an, dann nickte er. 5 Tage ------ Roxas POV Nachdem ich sichergestellt hatte, dass er wieder allein zu Recht kam verließ ich seinen Unterschlupf und machte mich auf den Weg nach Hause. Inzwischen war es schon früher Abend und meine Eltern fragten sich bestimmt schon wo ich so lange blieb. Als ich den Flur betrat streckte meine Mutter auch schon den Kopf aus der Küchentür: „Hey Schatz, du kommst gerade richtig. Abendessen ist gleich fertig.“ „Ja Mama, ich bringe nur eben meine Sachen nach oben.“ Fünf Minuten später saß ich auch schon mit meinen Eltern am Tisch und machte mich über die Spagetti Bolognese her. „Und wie war es bei Pence?“ „Super, gestern Abend haben wir Playstation gespielt und heute waren wir-“ Ich stockte, was sollte ich erzählen? „-wir waren in der Stadt und haben Eis gegessen.“ „Aha. Hauptsache dir hat es Spaß gemacht“ „Jaaa, war echt super.“ Ich log meine Mutter zwar nicht gerne an, doch es ging eben nicht anders. „Passen dir deine Badesachen eigentlich noch? Sonst musst du für unseren Urlaub noch welche kaufen.“ „Ja Mama, die passen noch.“ Musste sie mich jetzt ausgerechnet darauf ansprechen? Ich hatte nur noch eine Woche hier, und in der wollte ich nicht über den blöden Urlaub nachdenken. Also Themawechsel: „Kann ich gleich noch mal deinen Drucker benutzen? Ich muss noch was für die Schule ausdrucken.“ „Ja, solange du ihn nicht kaputtmachst.“ „Ne, der bleibt schon ganz.“ Der Rest des Abendessens verlief weitestgehend schweigend. Nachdem wir aufgegessen und alles aufgeräumt hatten, druckte ich noch schnell die Infos für Geschichte aus und verzog mich dann in mein Zimmer. Inzwischen war es bereits 19.30 Uhr und ich setzte mich vor den Fernseher. Das Programm war jedoch mal wieder überhaupt nicht nach meinem Geschmack und so schweiften meine Gedanken ab. Noch eine Woche. Nein, eher noch fünf Tage. Denn wir würden bereits Samstagnachmittag losfahren. Eigentlich sollte ich mich doch freuen. Nicht jeder hatte das Glück jeden Sommer wegzufahren. Doch momentan würde ich mit jedem gerne tauschen. Vielleicht sollte ich mich einfach weigern mitzufahren? Oder sagen dass ein anderer Termin zum zelten unmöglich wäre? Nein, jetzt war es bereits zu spät. Immerhin hatten sie schon alles gebucht. Hey, zwei Wochen werde ich doch wohl aushalten können! Das hatte ich ja vor zwei Jahren auch geschafft. Wenn auch nur mit Müh und Not… Na toll. Also musste ich mich ab Morgen noch mal ordentlich amüsieren, damit ich wenigstens ein paar nette Gedanken in den Urlaub mitnahm. Ich schaute wieder auf die Uhr: 20.04 Uhr Obwohl ich normalerweise um diese Uhrzeit noch hellwach war, gähnte ich einmal herzhaft. Die letzte Nacht hatte ich immerhin so gut wie gar nicht geschlafen… Also ab ins Bett. Sonst würde ich Morgen wieder den Schultag verschlafen. Schnell machte ich mich fertig und verkroch mich unter meiner Bettdecke. Morgen würden wir weitersehen. Axels POV Die Woche verging leider viel zu schnell. Es war bereits Freitagnachmittag, und das wiederum hieß, heute würde ich Roxas zum letzten Mal für die nächsten zwei Wochen sehen. Von meinem Absturz hatte ich mich inzwischen wieder erholt und mittlerweile war mir die Sache recht peinlich. Was musste Roxas jetzt von mir denken? Na ja, falls er immer noch sauer war, so ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken. Momentan waren wir im Wald und saßen auf einem umgefallenen Baumstamm. Inzwischen befand ich mich öfter im Wald als am Busbahnhof. Zumindest dann wenn Roxas bei mir war. Denn trotz allem musste ich mir meinen Lebensunterhalt ja immer noch selbst ´besorgen´. Und das hieß für mich noch immer: Leute bestehlen. Aber nur wenn Roxas in der Schule war. Dieser war zwar nicht sehr begeistert davon, aber schließlich hatte er eingesehen dass ich ja nicht von Luft und Liebe leben könnte. Wobei… Von Liebe könnte ich vielleicht doch- Nein, jetzt bloß nicht wieder daran denken! Ich sollte die Zeit mit Roxas genießen. Über solche Sachen konnte ich immer noch nachdenken wenn ich alleine war. Ich sah zu Roxas, der schweigend neben mir saß. Er schien ebenfalls in Gedanken versunken zu sein. „Wie viel Uhr haben wir eigentlich?“ Roxas holte sein Handy aus der Tasche und sah nach, prompt senkte er enttäuscht den Kopf: „Ich hab noch eine Stunde, dann muss ich nach Hause und zu Ende packen.“ „Oh…“ Schließlich waren auch diese (verdammt kurzen) 60 Minuten vorbei, und wir machten uns auf den Weg nach Hause. An der Ecke wo wir uns trennen mussten verabschiedeten wir uns: „Ich, ich wünsch dir viel Spaß im Urlaub.“ „Danke“, Roxas klang nicht sehr begeistert: „Dann bis in zwei Wochen. Ich komm bei dir vorbei wenn ich wieder da bin.“ „Okay. Bis in zwei Wochen.“ „Tschau Axel.“ Mit diesen Worten bog er in seine Straße ein und ich machte mich auf den Weg zu meinem Unterschlupf. Zwei Wochen. Das würde ich schon irgendwie schaffen. Getrennt -------- Roxas POV Seid vier Tagen war ich nun schon hier, und wollte einfach nur wieder nach Hause. Ich vermisste meine Freunde Hayner, Pence und Olette doch am meisten vermisste ich Axel. Tagsüber war ich mit meinen Eltern am Strand, doch während sie sich mit anderen Gästen des Hotels unterhielten oder im Meer schwammen, saß ich auf meiner Liege im Schatten und hörte Musik. Doch selbst meine Lieblingslieder konnten mich nie lange davon abhalten, über Axel nachzudenken. Das war doch nicht mehr normal. Klar, Hayner, Pence und Olette würde ich auch gerne widerstehen, doch die zwei Wochen Sommerurlaub hatte ich die letzten Jahre ja auch Problemlos überstanden. Meistens hatte ich mich schnell mit einigen Jugendlichen in den Hotels angefreundet und die Zeit war wie im Flug vergangen, sodass ich schneller wieder Zuhause saß als mir lieb war. Doch dieses Jahr war es anders. Dabei kannte ich Axel doch erst seid März. Also erst seid ungefähr vier Monaten. Verrückte Welt. Dennoch, in diesen vier Monaten waren wir beste Freunde geworden. Bei Axel fühlte ich mich Wohl. Wenn wir zusammen unterwegs waren war ich einfach froh. So hatte ich mich gegenüber Hayner Pence oder Olette noch nie gefühlt. Da war so ein wohliges kribbeln in meinem Bauch… Empfand ich für ihn etwa mehr als nur Freundschaft? Nein! Das konnte, und durfte, nicht sein! Ich zerbrach mir den gesamten Urlaub den Kopf darüber. Dann, an sechsten Ferientag, hatte mich ein Junge in meinem Alter angesprochen ob wir nicht Freunde seien wollten, eigentlich hatte ich keine Lust, aber in der Hoffnung doch noch etwas Spaß zu haben stimmte ich zu. Tatsächlich lenkte er mich ein wenig ab. Als ich an einem Abend mit ihm in der hoteleigenen Disko war überrollten mich meine Gefühle jedoch von neuem. Während er auf der Tanzfläche sämtliche Mädchen antanzte und heftig flirtete saß ich nur auf einem Hocker an der Bar und starrte abwesend in der Gegend herum. Warum hätte ich es Kevin, so hieß der Junge, auch gleichtun sollen? Ich wollte nichts von den Mädchen. Irgendwann kam er kurz zu mir rüber, setzte sich neben mich und fragte ob ich mich denn heute auch noch mal amüsieren wollte. Ich zuckte mit den Schultern und sagte lediglich dass ich einfach nicht in der Stimmung war und Jemanden bei mir Zuhause vermissen würde. Wahrscheinlich dachte er ich hätte eine Freundin oder so, denn er verzog sich wieder auf die Tanzfläche und ließ mich von da an in Ruhe. Die restlichen Tage fingen auch noch meine Eltern an zu nerven, als ich die Zeit nur noch damit verbrachte, in unserem Hotelzimmer rumzuhängen. Warum hatte ich Axel nicht mein Handy gegeben? Dann hätte ich über Papas Handy mit ihm schreiben können. Mist. Ich dachte immer mehr über Axel nach. So schlimm hatte ich noch nie jemanden vermisst. Da war doch irgendwas anders sein als bei anderen… Wenn ich an Axel dachte kribbelte es so seltsam. Bisher hatte ich immer gedacht, ich würde mich bei Axel einfach nur Wohlfühlen weil wir so viel Lustiges zusammen unternahmen. Mit ihm konnte ich mehr lachen als mit Hayner, Pence und Olette zusammen. Auch wenn er anders als andere Jugendliche war. Oder vielleicht gerade deswegen? Dann, am vorletzten Urlaubstag, als ich abends in meinem Bett lag, gestand ich es mir endlich ein: Ich empfand wirklich mehr als nur Freundschaft. Viel mehr. Ich hatte mich tatsächlich in Axel… …verliebt. Diese Erkenntnis war jedoch nicht gerade erfreulich. Denn wie sollte ich ihm das weismachen? Ich meine, er sah mich ja nur als Freund, als Kumpel. Und er war ein Junge! Wäre er ein Mädchen, wären meine Chancen eine Million Mal höher. Doch das Schicksal hatte es anscheinend nicht gerade gut mit mir gemeint. Axel war ein Junge. Und das würde er auch bleiben. Das waren die harten und unvermeidbaren Fakten. Axels POV Seid Roxas weggefahren war, war ich schlecht drauf. Gut, es waren nur zwei Wochen, doch zwei Wochen konnten echt verdammt lang sein! Ich hatte mich seid Jahren nicht mehr so mies gefühlt. Auch wenn ich für Roxas nur ein Kumpel bleiben würde reichte allein seine Gesellschaft um mich glücklich zu machen. Denn mehr würde aus uns wirklich nicht werden. Damit hatte ich mich ja inzwischen abgefunden. Momentan saß ich mal wieder am Bahnhof. Was hätte ich auch sonst machen können? Ich schaute auf die große Uhr: 19.38 Uhr So langsam könnte ich mich mal auf den Rückweg machen. Also stand ich auf und ging. Noch einen Tag. Noch einen verdammten Tag. Dann kam Roxas endlich wieder. Morgen um ungefähr vier Uhr würde er wieder da sein. So hatte er es mir zumindest gesagt. Aber wahrscheinlich würde es später werden. Es waren immerhin Sommerferien und sämtliche Autobahnen waren wohl verstopft. Und außerdem musste er dann sicherlich erst einmal seinen Koffer auspacken. Also würde ich ihn erst übermorgen wieder sehen. Seufzend verschwand ich in meinem Unterschlupf und stellte meine Taschen ab. Dann suchte ich mir etwas zu Essen heraus. Doch wirklich Hunger hatte ich nicht und so aß ich nur ein Stück Brot, dann öffnete ich meinen schwarzen Rucksack und suchte mir ein anderes T-Shirt, denn mein altes hatte heute einen nicht gerade ansehnlichen Fleck bekommen den ich noch irgendwie entfernen musste. Inzwischen hatte ich aber wieder zwei T-Shirts mehr, daher musste ich mich wenigstens nicht sofort um den Fleck kümmern. Vor knapp zwei Wochen hatte mich Roxas nämlich zum Einkaufen mitgeschleift und mir zwei neue T-Shirts sowie eine neue Hose spendiert. Mir war das ganze zwar ziemlich peinlich gewesen, doch Roxas hatte mit dem Satz: „Mit den alten Sachen kannst du dich aber nicht mehr bei mir blicken lassen und basta.“, keinen Widerspruch zugelassen, auch wenn er mich dabei angegrinst und nicht angeschnauzt hatte. Schließlich fand ich das Gesuchte: Ein schlichte schwarzes Oberteil. Roxas hatte mir erst ein blaues oder kariertes kaufen wollen, doch blau war absolut nicht meine Farbe und kariert stand mir nicht. Die Hose war da schon etwas ansehnlicher. Sie war zwar ebenfalls schwarz, hatte aber viele, sehr praktische Taschen und flammenähnliche Muster an den Seiten. Roxas hatte natürlich darauf bestanden zu bezahlen und anschließen hatten wir uns sogar noch ein Eis gegönnt. Ich zog mir mein altes T-Shirt aus und schlüpfe in das neue, dann legte ich mich auf meinen Schlafsack und starrte an die Decke. Lange dachte ich noch über Roxas nach, bis ich schließlich erschöpft einschlief. Noch einen Tag. Endlich Zuhause! ---------------- Axels POV Ich wachte am frühen Morgen auf. Es fing zwar bereits an zu dämmern, doch noch beherrschte ein tristes, graues Licht die Welt. Die Umgebung schien meine eigene Stimmung wiederzuspiegeln, denn ich hatte ziemlich miserable Laune. In der Nacht hatte ich von meiner Kindheit geträumt. Mal wieder. Geträumt, von dem schwarzen Schleier der über meine Welt gefallen war und sie schließlich in unendliche Dunkelheit gehüllt hatte. Damals hatte ich noch nicht begriffen dass manche Menschen nicht mehr zurückkehren würden. Nie mehr. Ich war damals einfach noch zu jung gewesen. Ich hatte mich im Traum an ihrem Grab wieder gefunden. Um mich herum hatten schwarz gekleidete Leute gestanden. Ihnen waren Tränen über die Wangen gelaufen, doch ich war stumm geblieben. Hatte nicht mehr die Kraft gehabt, eine Träne zu vergießen, wollte stark sein. Ich hatte wieder den Sarg vor Augen. Ihren Sarg. Hatte wieder die Worte des Pfarrers gehört, die so routiniert klangen. Alles war so unwirklich gewesen. Plötzlich spürte ich wie sich eine Träne den Weg über meine Wange bahnte und eine heiße Spur hinterließ. Schnell wischte ich sie weg. Ich durfte nicht weinen! Weinen war eine Schwäche. Und ich musste stark sein! Nein, ich durfte nicht mehr zurück denken. Die Vergangenheit war vergangen. Ich musste mich auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Schließlich verdrängte ich den Traum so gut es ging aus meinen Gedanken. Inzwischen hatte ich gelernt meine Gefühle zu unterdrücken. Ich konzentrierte mich mit aller Kraft auf das, was ich heute noch machen würde. Und da erkannte ich auch das so genannte Licht am Ende des Tunnels. Roxas. Vielleicht würde ich ihn heute wieder sehen. Roxas POV Nach einer endlos langen Autofahrt erreichten wir endlich unser Haus. Es war bereits später Nachmittag und ich war total erschöpft. Acht Stunden Fahrt waren dann doch etwas zu viel, besonders wenn man die Hälfte der Zeit im Dauerstau verbringt. Meinem Vater war kurz vor unserer Ausfahrt der Geduldsfaden gerissen, und er hatte ein paar unschöne Bemerkungen fallen lassen, weswegen die Stimmung und auch dementsprechend schlecht war. „Roxas, nimm deine Tasche!“, genervt hievte mein Vater das Gepäck aus unserem Kofferraum und drückte mir meine große Reisetasche und eine Tüte mit Souvenirs in die Hand. Ich betrat gerade den Flur, doch kaum hatte ich die Sachen abgestellt rief mich meine Mutter: „Roxas! Hilf mir mal mit dem Koffer!“ „Ja Mama, sofort.“ Also lief ich wieder nach draußen und half ihr den Koffer reinzutragen, während mein Vater den Rest auslud. „Packst du deine Tasche bitte schon mal aus? Ich möchte heute noch waschen.“ „Aber ich wollte eben zu A-, äh, Hayner und sagen das ich wieder da bin.“ „Du kannst ihn ja später anrufen. Jetzt pack erstmal aus.“ „Mamaaaa.“ Ich wollte doch Axel wieder sehen und anrufen konnte ich ihn ja schlecht, so ohne Telefon. Doch bei meiner Mutter half diskutieren gerade nicht viel. Also schleppte ich murrend die Reisetasche in mein Zimmer und fing an, meine Anziehsachen auf einen Haufen zu werfen. Wenigstens eines hatte mir die Autofahrt gebracht. Zeit zum Nachdenken. Ich war wirklich in Axel verliebt. Immer wenn ich an ihn dachte kribbelte es so komisch in der Magengegend. Ich hatte mir den Kopf zerbrochen wie ich ihm das klarmachen konnte, ohne das er mich danach abstoßend oder eklig finden würde. Leider war ich nicht wirklich zu einem Ergebnis gekommen. Nur das ich zwei Möglichkeiten hatte. Entweder ich würde es ihm sagen und damit unsere Freundschaft aufs Spiel setzten oder ich würde den Mund halten und irgendwie alleine mit meinen Gefühlen klarkommen müssen. Doch beide Möglichkeiten waren nicht gerade die, die ich mir gewünscht hätte. „Roxas! Bist du schon fertig?“, ich schreckte aus meinen Gedanken auf, als meine Mutter erneut an die Tür klopfte: „Roxas!“ Schnell lief ich zu meiner Zimmertür und öffnete: „Was ist?“ Vorwurfsvoll sah sie mich an: „Versink nicht in deinen Gedanken, sondern pack aus.“ Ich schaute entschuldigend zu Boden damit sie sich nicht noch mehr aufregen würde: „Ja Mama. Aber ich bin fast fertig!“ Sie erblickte hinter mir den Kleiderhaufen und seufzte: „Gut, dann bring die Sachen in den Waschkeller und lauf zu Hayner.“, mit großen Augen starrte ich sie an: „Echt? Darf ich?“, sie nickte. „Dankeeeee!“ Keine zwei Minuten später stand fertig an der Haustür, rief meinen Eltern noch ein „Bis später.“ zu und lief zu Axel. Hoffentlich war er auch da! Ich schaute kurz auf mein Handy, es war bereits kurz nach sechs, doch da Ferien waren durfte ich noch bin neun draußen bleiben. Außer Atem stand ich schließlich vor dem Gelände, doch ich stoppte, da wieder alle Zweifel in mir hochkamen. Was sollte ich jetzt tun? Einfach hingehen und so tun als wäre nichts passiert? Als wären wir immer noch ganz normale Freunde? Unschlüssig stand ich da und schaute zu der Tür hinter der Axel sich befinden musste. Ich wollte ihn wieder sehen, doch würde ich mich zurückhalten können? Denn am liebsten würde ich ihm umarmen, was jedoch nicht gerade angebracht wäre. Sicherlich würde er Verdacht schöpfen. Doch augenblicklich erstarrte ich buchstäblich zu Stein, denn die Tür öffnete sich ein Stück und ich sah Axels Kopf der sich vorsichtig umsah und mich schließlich entdeckte. Jetzt musste ich irgendwas tun, doch meine Beine wollten sich einfach nicht bewegen. Axel winkte sich zu mir und schaute sich dabei immer wieder misstrauisch um. Schließlich löste ich mich aus meiner Schockstarre, immerhin sollte mich hier niemand sehen, und lief schnell zu Axel der hinter mir die Tür schloss. Dann setzte er sich und lehnte sich gegen eine Wand. Ich ließ mich, ihm gegenüber, auf dem Boden nieder. Da ich nach einer Weile immer noch kein Wort raus gebracht hatte, versuchte Axel nun eine Konversation zu starten: „Und wie war der Urlaub? Hattest du Spaß?“ Ich schüttelte den Kopf. „Roxas? Geht’s dir irgendwie nicht gut?“ „Nee, es ist nichts…“ „Hey, ich sehe es dir doch an! Du hast irgendwas.“ Shit, warum war so was bei mir nur immer so leicht zu erkennen? „I-Ich, es ist nichts. Bin nur noch kaputt von der Autofahrt.“ In gewisser Weise stimmte das ja auch. „Ach so. Na dann, willst du nach Hause? Ich weiß ja jetzt das du wieder da bist.“ „Nee.“ Axel sah mich mit hochgezogener Augenbraue an und die Worte kamen in diesem Moment einfach über meine Lippen ehe ich sie zurückhalten konnte: „Ich habe dich vermisst.“ Augenblicklich spürte ich wie mir die Röte ins Gesicht stieg. Hatte ich das gerade wirklich gesagt? Oh Gott! Ich sah wie Axel lächelte, drehte mich weg und fixierte einen Punkt an der Wand. „Hey? Was ist denn jetzt los? Ist da was?“ Stille. Schließlich drehte ich mich langsam wieder zu Axel und sah ihm in die Augen. Er hatte so verdammt grüne Augen! Warum war mir das noch nie aufgefallen? Sie waren wie zwei funkelnde Edelsteine, die mich mit einem Ausdruck, den ich nicht deuten konnte, musterten. Mein Bauch krampfte sich zusammen, ich hielt es nicht mehr aus mich zu verstellen. „Axel?“ „Hm?“ Bittend, beinahe flehend sah ich ihn nun an: „Bitte, versprichst du mir, mich nicht dafür zu hassen was ich dir jetzt sage?“ Ein fragender und zugleich irgendwie besorgter Ausdruck trat auf sein Gesicht: „Was ist denn? Ist was passiert?“ „Versprich es!“ „Okay, ich verspreche es.“ Aus irgendeinem Grund vertraute ich ihm, dass er mich wirklich nicht verurteilen würde, doch trotzdem musste ich mir die Worte erst mühsam zusammensuchen. Eine gefühlte Ewigkeit herrschte nun Stille in dem kleinen Raum, doch schließlich überwand ich mich: „Ich glaube ich habe mich in dich verliebt.“ Liebe? ------ Axels POV Als mein Gehirn diese Worte verarbeitet hatte weiteten sich meine Augen ungläubig. Hatte Roxas das gerade wirklich gesagt? Das war doch bestimmt nur ein Traum! Oder? Doch selbst wenn es ein Traum gewesen wäre, ich hätte nicht gewusst ob es ein guter oder schlechter wäre. Denn dieses eine Wort störte mich. Er hatte „Ich glaube“ gesagt. Glauben war nicht Wissen. Was wenn er sich über seinen eigenen Gefühle nicht im Klaren wäre? Wenn ich ihm jetzt die Wahrheit sagen würde und er dann feststellt das er mich doch überhaupt nicht liebt? Das ich einfach doch nur ein Freund, wenn auch ein sehr guter, war? Ich hatte in meinem Leben schon so viele Enttäuschungen erlebt. Zu viele. Mit der Zeit hatte ich mir meinen eigenen Schutzpanzer zugelegt und momentan war ich einfach noch nicht in der Lage ihn abzulegen. Nicht wenn ich mir nicht ganz sicher sein konnte, dass Roxas das auch wirklich so meinte, was er da gerade von sich gegeben hatte. Ich konnte einfach keine so starken Gefühle zulassen. Jetzt noch nicht. Anscheinend hatte ich ihn zu lange einfach nur fassungslos angestarrt, denn er senkte nun den Kopf und nuschelte: „V-Vergiss es. I-Ich glaube ich s-sollte jetzt besser-“ „Roxas.“ Keine Reaktion. „Roxas!“ Er hob den Kopf und sah mich mit hochrotem Gesicht an. Ich schaute ihm in die Augen und schüttelte leicht den Kopf: „Es tut mir wirklich leid, aber ich denke mehr als Freundschaft ist nicht drin.“ Noch nicht, ergänzte ich in Gedanken. Doch sofort bereute ich diese harten Worte, denn in Roxas Augen bildeten sich Tränen, die langsam seine Wangen herunter liefen. „Roxas, nicht weinen. Es tut mir-“ Er schluchzte: „Ist schon gut. Wenigstens findest du mich nicht widerlich.“ Es tat weh, Roxas so am Boden zu sehen, obwohl er nun versuchte seine Enttäuschung mit einem Lächeln zu überspielen. Vielleicht sagte er ja doch die Wahrheit? Schon kamen mir die ersten Zweifel. „Ich verspreche dir, dass wir Freunde bleiben, ja?“ Roxas nickte: „Danke.“ Doch immer noch hörte ich große Unsicherheit in seiner Stimme. Irgendwas musste es doch geben, damit er mir glaubte! „Roxas, du kannst mir glauben, ich hatte früher mal einen Kumpel der auch schwul war und wir haben uns trotzdem super verstanden.“ Auch wenn das eine glatte Lüge war, so sah ich doch wie sich Roxas´ Gesichtszüge etwas entspannten und er nicht mehr krampfhaft versuchte seine Gefühle zu verbergen. Nach einer Weile erhob er sich jedoch und ging zu Tür: „Ich denke ich sollte jetzt aber besser verschwinden. Es ist schon spät und ich muss einfach… nachdenken.“ Das verstand ich, und so ließ ich ihn widerstandslos gehen. Roxas POV Als ich mein Zimmer erreichte sank ich kraftlos af mein Bett. Ich hätte mich Ohrfeigen können! Warum hatte ich meine verdammte Klappe nicht halten können? Auch wenn er mir versichert hatte, dass es ihm nichts ausmachen würde, hatte ich Angst. Wenn ich ihn verlieren würde, wäre mein Leben so gut wie gelaufen. Und wieder erkannte ich, dass ich mich tatsächlich in ihn verliebt hatte. Denn, würden Hayner oder Pence verschwinden, wäre ich sicherlich sehr traurig, doch würde das Leben irgendwann weitergehen. Nein, bei Axel war das anders. Ob er sich jetzt überhaupt noch bei mir Wohlfühlen würde? Jetzt wo er wusste, dass ich etwas von ihm wollte? Ich sollte besser etwas Abstand halten. Und noch eine Frage drängte sich in meine Gedanken. Würde ICH das überhaupt verkraften? Es waren noch drei Wochen und fünf Tage Ferien. Und eigentlich wollten wir ja auch noch zelten gehen. Das würde aber bedeuten, mit Axel eine Woche im selben Zelt zu schlafen. Dabei würde er nun sicherlich nicht mehr mitmachen. Da klopfte es an meiner Tür: „Roxas? Ist alles in Ordnung?“ Erst da bemerkte ich, dass ich wieder angefangen hatte zu schluchzen. „J-Ja, ist alles okay.“ „Das hört sich aber nicht so an. Darf ich reinkommen?“ „Nein. Ich will nur schlafen.“, mit diesen Worten verkroch ich mich unter meiner Bettdecke. Zum Glück hatte ich abgeschlossen, denn meine Mutter spielte zu gerne den Kummerkasten für alles und jeden. Und das konnte ich gerade echt nicht gebrauchen. „Roxas! Mach doch die Tür auf. Hast du dich mit Hayner gestritten?“ „NEIN! Lass mich einfach in Ruhe!“ Glücklicherweise schien meine Mutter mich wirklich nicht weiter ausfragen zu wollen, denn ich hörte Schritte, die die Treppe hinuntergingen. Inzwischen müsste es wohl acht Uhr sein, und nach der Enttäuschung bei Axel wollte ich nur noch schlafen. Einfach alles vergessen und mich in eine Traumwelt flüchten. Das tat ich dann schließlich auch und für ein paar Stunden waren alle Probleme vergessen. In der darauf folgenden Woche versuchte ich Axel, so gut es ging, aus dem Weg zu gehen. Obwohl er sich sicher Sorgen machte lief ich die beiden Male, wo er mich schließlich doch aufgespürt hatte, einfach davon und ließ ihn stehen. An einem Tag hatte ich mich mit Hayner und Olette verabredet, Pence war unterdessen bei einem seiner zahlreichen Verwandten zu Besuch, doch selbst meine Lieblingseinssorte an einem heißen Sommertag konnte mich nicht vom Nachdenken abhalten. Meine Eltern, besonders meine Mutter, hatten mich beinahe jeden Tag ausgefragt, doch viel schlauer als vorher waren sie jetzt auch nicht, denn ich hatte meist geschwiegen. Momentan saß ich, trotz des traumhaften Wetters, vor meiner Playstation und versuchte mich abzulenken. Doch immer wieder schlichen sich die Bilder von vergangenem Sonntag in mein Gedächtnis, obwohl ich sie zu verdrängen versuchte. Mittlerweile kam mir die Aktion leider mehr peinlich als enttäuschen vor. Ich meine, da komme ich einfach so zu einem anderen Jungen, den ich gerade mal ein paar Monate kenne und gestehe ihm meine Liebe. Und als er mir mitteilt, dass dieses Gefühl nicht auf Gegenseitigkeit beruht fange ich an zu flennen. Toll gemacht Roxas. Echt toll gemacht. Die nächsten Tage saß ich beinahe 24 Stunden im Haus und tat gar nichts. Doch schließlich, nachdem ich ihn fast eine Woche ignoriert hatte, fasste ich einen Entschluss. Wenigsten wollte ich wissen ob er jetzt noch mit mir zelten wollte und so machte ich mich an einem schwülen Nachmittag auf den Weg zu der Lagerhalle. Vorsichtig schlich ich über das Gelände und erreichte die schwere Tür, an die ich leise klopfte. Doch als niemand antwortete öffnete ich die Tür ein Stück und schaute durch den Spalt. Tatsächlich schien Axel nicht da zu sein. Ob ich warten sollte? Oder sollte ich mich einfach wieder aus dem Staub machen? Doch im gleichen Moment wurde mir diese Entscheidung abgenommen denn jemand tippte mir auf die Schulter, sodass ich mich erschrocken umdrehte, und in zwei strahlend grüne Augen starrte. Ferien ------ Roxas POV „A-Axel.“ „Ja so heiße ich. Und entweder du verschwindest jetzt oder du kommst mit mir rein. Denn sonst kann dich jeder, der hier vorbeigeht, sehen.“ „Ich glaube ich gehe besse-„ „Roxas! Das war ein Witz! Komm rein.“, Axel packte mich kurzerhand am Arm und zog mich rein. „Hier, willst du was?“, er hielt mir einen Apfel entgegen, wartete bis ich ihn nahm und holte einen zweiten aus der Tasche in den er hinein biss. Dann setzte der sich auf seinen Schlafsack, doch ich stand immer noch stocksteif in der Mitte des Raumes und starrte ihn an. „Komm setz dich. Oder willst du da Wurzeln schlagen?“ Widerwillig setzte ich mich Axel gegenüber und schaute auf den Boden: „Es, es tut mir leid das ich mich nicht mehr gemeldet hab.“ Axels Reaktion sah ich nicht, da ich immer noch auf den Boden starrte, doch plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter und zuckte zusammen. „Rox, mir war klar das du Zeit zum Nachdenken gebraucht hast. Ich bin dir nicht böse.“ Mir steig die Röte ins Gesicht, als ich langsam den Kopf hob und ihn ansah, eine unangenehme Stille legte sich über uns. Axel versuchte wohl vom Thema abzulenken, denn er grinste mich an: „Hey, lach doch mal! Ach so, was ist eigentlich mit dem zelten? Du hast doch nur noch drei Wochen Ferien.“ „Du, du willst wirklich noch mit mir zelten gehen?“, fragte ich ein wenig unsicher. „Aber klar, warum nicht?“ „Weil-„ Ich verstummte und sah erneut zu Boden. „Weil?“, setze Axel an. „Weil du dann mit mir zusammen in einem Zelt schlafen würdest…“ „Und was ist daran so-“, doch im selben Moment begriff Axel wohl selbst warum ich mir Sorgen machte und sah mich eindringlich mit seinen funkelnden, grünen Augen an: „Es ist mir egal, dass du schwul bist. Ich bleibe trotzdem dein Freund!“ Einerseits machten mir diese Worte Mut, andererseits enttäuschten sie mich irgendwie, doch ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen und nickte. „Also meine Eltern haben gesagt, es wäre am besten wenn wir Montag losfahren. Da fahren die Busse am besten.“ „Gut, abgemacht. Also Montag.“ Verwundert sah ich ihn an. „Einfach so?“ „Klar, ich muss ja nicht um Erlaubnis fragen.“ Axels POV Die restlichen Tage vergingen relativ schnell, und am Montagmorgen saßen wir schließlich voll gepackt auf den hintersten Plätzen des Busses. Ganze vier davon belegten wir mit uns und unserem Handgepäck. Ich hatte meine zwei Taschen und Roxas einen großen Rücksack sowie ein Zelt dabei. Nach etlichen Haltestellen, dreimal Umsteigen und circa eineinhalb Stunden Gesamtwartezeiten standen wir dann auch schließlich vor besagtem Campingplatz und suchten uns einen guten Platz. Wir hatten Glück, und fanden einen auf einer kleinen Anhöhe, die von zwei Seiten durch Bäume relativ windgeschützt war. Doch der Aufbau des Zeltes gestaltete sich dann doch etwas schwierig und so wurde Roxas zweimal unter besagtem Stangenhaufen begraben, was mir wiederum Lachanfälle vom feinsten bescherte. Schließlich war auch diese Aufgabe bewältigt und wir setzten uns vor unser neues, dunkelgrünes Heim auf Zeit. Inzwischen war es früher Nachmittag und gefühlte 40 Grad warm: „Hey Roxas, wollen wir schwimmen gehen?“ Der Blondschopf sah mich an und nickte: „Gute Idee, sonst werden wir noch gegrillt!“ Also packten wir schnell die benötigten Sachen ein, inzwischen besaß ich sogar eine Badehose, zusammen und machten uns auf zum nur 200 Meter entfernten Stausee. Der See lag an einer großen Wiese, wo sich bereits einige Leute tummelten und so suchten wir uns einen Platz der etwas abseits im Schatten lag. Roxas freute sich wie ein kleines Kind zog schnell sein Shirt aus und hüpfte zum Wasser, ich folgte etwas langsamer und würdevoller. Etwa dreißig Meter von Ufer entfernt befand sich eine Art schwimmende Insel, aus Holz, die sich wunderbar zum sonnen eignete. Auf der Hälfte der Strecke überholte ich Roxas, erreichte die Plattform als erstes und zog mich hoch. Im selben Moment hörte ich direkt hinter mir wie Roxas erschrocken nach Luft schnappte und drehte mich um. Roxas sah mich entsetzt an worauf ich fragend eine Augenbraue hochzog: „Was ist denn?“ „D-Du hast da was am Rücken…“ „Was denn? Ein Tier?“ Roxas hatte inzwischen ebenfalls das Floß erreicht und schwamm vor mir im Wasser: „Nein, eine riesige Narbe! Was hast du da gemacht?“ „Ach die…“ Natürlich, links an meinem Schulterblatt zog sich diagonal, eine etwa fünfzehn Zentimeter lange, ziemlich unschöne Narbe entlang. Roxas saß nun neben mir und musterte besagten Körperteil: „Wie ist das passiert?“ Ich zuckte gleichgültig mit den Schultern: „Kleine Auseinandersetzung mit einer etwas angetrunkenen und nicht gerade friedliebenden Straßengang. Nichts weiter.“ „Nichts weiter?! Das muss doch wehgetan haben!“ „Hey, sei froh, dass die mich nicht, wie meinen damaligen Kumpel im Gesicht getroffen haben. Meine sieht man nicht so oft, seine dagegen ist kaum zu übersehen.“ Mein Blick verfinsterte sich, als ich an den Abend zurückdachte. Saix und ich, damals erst fünfzehn, waren nachts durch einen kleinen Park gelaufen, als uns eine Gruppe angetrunkener Jugendlicher, scheinbar aus purem Spaß, angriff. Leider hatten wir zu zweit und unbewaffnet, wenig Chancen gegen fünf, mit Messern ausgestattete und ziemlich aggressive Jugendliche gehabt. Zwei hatten meinen Kumpel festgehalten, während ein anderer ihm ein X wortwörtlich ins Gesicht geritzt hatte. Die anderen zwei hatten mich hinterrücks überfallen und hätten mir wahrscheinlich das Messer durch die Brust gestochen, wäre ich nicht im letzten Moment ausgewichen, wodurch mich die Waffe lediglich streifte. Irgendwie hatte ich es letztendlich geschafft Saix aus dem Griff der zwei anderen zu befreien sodass wir weglaufen konnten. Die nächsten Wochen daraufhin waren die Hölle gewesen, da wir uns aufgrund unserer Verletzungen, die glücklicherweise nicht besonders tief waren, schonen mussten. „Axel?“ „Hm?“, ich tauchte aus den tiefen meiner Gedanken wieder auf und blickte zu Roxas, der mich entschuldigend ansah. „Tut mir Leid, dass ich gefragt hab… jetzt bist du schlecht drauf, oder?“ Ich schüttelte den Kopf, jetzt war nicht die Zeit um über die Vergangenheit nachzudenken. Jetzt hatte ich endlich mal wieder die Möglichkeit das Leben zu genießen! „Ist schon gut. Komm lass uns mal ein wenig um die Wette schwimmen!“, mit diesen Worten sprang ich zurück ins Wasser und kraulte in Richtung Ufer. Ein etwas empörter Roxas sprang hinterher und versuchte verzweifelt, mich einzuholen. Lachen erreichte ich ein gutes Stück vor ihm das Ufer, setzte mich in das kniehohe Wasser und wartete auf Roxas, welcher sich kurz darauf, ein wenig erschöpft, neben mich fallen ließ: „Sollen wir uns auf unsere Handtücher legen?“ „Was? Bist du etwa schon kaputt?“ „Ich? Nee…“ „Ach, na komm, auf zu unserem Platz.“ Bis sieben Uhr lagen wir schließlich auf unserem platz und redeten über alles Mögliche. Doch schließlich meldete sich mein Magen: „He, wollen wir langsam mal zurück? Ich hab Hunger.“ Roxas nickte. „Dann los!“ Roxas hatte den kleinen Campinggrill aus seinem Keller entwendet und so brutzelten wenig später vor unserem Zelt Steaks und Würstchen, die wir schließlich zusammen mit Kartoffelsalat aus dem Supermarkt und etwas Ketchup verspeisten. Kurz nach elf verkrochen wir uns dann in unseren Schlafsäcken, da es doch etwas kühl wurde. Mir machte das zwar inzwischen nichts mehr aus, doch Roxas schien es im Zelt gemütlicher zu finden. Eine Weile redeten wir noch, über das was wir am nächsten Tag tun würden. Doch schließlich glitt Roxas in das land der träume über, und während ich seine völlig entspannten Gesichtszüge musterte und seinen gleichmäßigen Atemzügen lauschte fielen auch mir langsam die Augen zu. Alpträume --------- Roxas POV Irgendwo in meinem Kopf wusste ich, dass ich träumte, denn ich befand mich nicht mehr mit Axel in unserem Zelt, sondern in einer Stadt. Um mich herum hohe Häuser und lauter Menschen. Die Stadt kam mir bekannt vor, vielleicht hatte ich mit meinen Eltern mal einen Ausflug hierhin unternommen? Immerhin versuchten meine Eltern ständig mir die Geschichte verschiedener Städte näher zu bringen, damit ich immerhin ein wenig Bildung erhielt. Also schlenderte ich ein wenig durch die Straßen, eine Uhr an einem Kiosk verriet mir, dass es kurz nach Mittag war. Plötzlich veränderte sich die Szene und ich befand mich auf einem Spielplatz wo ich ein Kind weinen hörte. Das kleine Mädchen saß neben den Schaukeln und weinte laut, doch niemand außer uns beiden war zu sehen. Alle Menschen waren wie vom Erdboden verschwunden. Ich ging auf das Mädchen zu und versuchte es zu trösten, schließlich hörte es auf zu weinen und wimmerte nur noch leise. Dass verschwand die Szene erneut und ließ nichts als tiefste Schwärze zurück. Im gleichen Moment überschritt ich die Grenze zwischen Träumen und wach sein, doch das Wimmern des Kindes blieb. Verblasste nicht mit den Erinnerungen des Traumes. Leise murrend kniff ich die Augen zusammen, wollte ich doch wieder ins Land der Träume zurück. Doch nach wie vor hinderte mich dieses leicht schluchzende Geräusch daran, sodass ich widerwillig die Augen aufschlug. Da es draußen noch stockdunkel war suchte ich blind nach meinem Handy um dem Geräusch auf die Spur zu gehen. Als der Bildschirm schließlich aufleuchtete und mir verriet dass es kurz nach drei Uhr morgens war sah ich mich gähnend nach der Ursache des Wimmerns um. Eigentlich hatte ich mit fast allem gerechnet, einem echten Kind das in unser Zelt geschlichen war oder einem kleinen herrenlosen Welpen der um Futter bettelte. Doch nicht damit das Axel der Verursacher des Geräusches war. Er wälzte sich unruhig auf seinem Schlafplatz hin und her und schien einen sehr unangenehmen Traum zu haben. Leise schlüpfte ich aus meinem Schlafsack. kroch über den Gepäckhaufen der uns trennte und hockte mich vor Axel: „Hey, wach auf!“, vorsichtig legte ich eine Hand auf seine Schulter und rüttelte leicht. Axel murrte einmal, drehte sich auf den Rücken und schlug auf einmal die Augen auf. „Mama!“ Verunsichert sah ich meinem besten Freund ins Gesicht: „Axel? Ich bin´s, Roxas.“ Dieser kniff die Augen zusammen und schien langsam wieder zu begreifen wo er sich befand. Inzwischen suchte ich nach der batteriebetriebenen Lampe und schaltete sie ein, sodass ein gelbliches Licht das Zelt erhellte. Axel setzte sich währenddessen auf und fuhr sich einmal mit der Hand über sein Gesicht. Wir beide schwiegen, bis ich schließlich das Wort ergriff: „Du, du hattest einen Alptraum, oder?“ „Würde ich nein sagen würde ich lügen.“, stellte Axel ziemlich nüchtern fest. „Willst du mir erzählen was du geträumt hast?“ Axel sah mir in die Augen und schüttelte langsam den Kopf. In diesem Moment wallte gleichzeitig Wut und Enttäuschung in mir auf. Obwohl es mitten in der Nacht war, war ich nun hellwach: „Du weißt so viel von mir, aber ich weiß nichts über dich! Das ist nicht fair! Vielleicht kann ich dir ja helfen!“ „Niemand kann mir bei dem helfen.“, Axels Augen waren nun getrübt vor Selbstmitleid. „DU IDIOT!“, ich verpasste ihm eine Ohrfeige, woraufhin er mich überrascht ansah. Im selben Moment bereute ich meine Tat. Verlegen senkte ich den Blick und murmelte ein: „Es tut mir leid.“ Einen Moment herrschte unangenehme Stille. „Du willst es wirklich wissen, oder?“ Verwundert hob ich den Blick und sah Axel in die Augen: „Ja.“ Axels POV Roxas wollte also meine Geschichte erfahren. Doch noch wusste ich nicht wie viel ich ihm erzählen konnte. Also sah ich ihn eindringlich an: „Es tut mir leid, aber ich muss noch nachdenken. Gib mir etwas Zeit.“ Roxas senkte enttäuscht den Blick. Hatte er etwa damit gerechnet ich würde ihm einfach so meine Lebensgeschichte erzählen? Noch dazu mitten in der Nacht? „Roxas, ich verspreche dir, ich werde dir Morgen das erzählen was ich erzählen kann, ja?“ Immer noch sichtlich enttäuscht nickte er schließlich und ich kroch zurück in meinen Schlafsack und drehte mich so, dass ich mit dem Rücken zu Roxas lag. Scheiße. Warum musste ich auch ständig diese Albträume haben? Kein Wunder das ich irgendwann anfing im Schlaf zu reden. Jetzt musste ich also Roxas von meiner Vergangenheit erzählen. Wie viel konnte ich preisgeben? Fast die ganze restliche Nacht grübelte ich darüber nach, bis mir vor Erschöpfung schließlich doch eindämmerte. Allerdings wachte ich kurz darauf, so schien es mir zumindest, wieder auf, da die Morgendämmerung angebrochen war und ich dummerweise direkt mit dem Gesicht zum Sonnenaufgang lag. Als ich mich blinzelnd aufrichtete stellte ich fest, dass Roxas glücklicherweise noch schlief, sodass ich mich leise aus dem Zelt schleichen konnte. Nur mit Boxershorts und T-Shirt bekleidet schlüpfte ich schnell in meine Schuhe die am Zelteingang standen und lief Richtung Sanitärhäuschen, in der Mitte des Campingplatzes. Danach lief ich etwas ziellos über den, noch schlafenden, Platz. Schließlich kehrte ich nach einer Weile doch zu unserem Zelt zurück und musste seufzend feststellen, dass Roxas bereits aufgewacht war und das Frühstück machte. Als er mich sah lächelte er mich an: „Hey Axel. Guten Morgen. Komm lass uns was essen.“ Etwas verwirrt über Roxas´ gute Laune setzte ich mich auf einen der Campingstühle und musterte ihn. Roxas reichte mir ein Brötchen und wir aßen weitestgehend schweigen. Er wollte anscheinend nicht direkt auf das nächtliche Thema kommen, denn das einzige was er sagte bezog sich auf die Planung des heutigen Tages. Doch Roxas war die Spannung sichtlich anzumerken auch wenn er dies zu verbergen versuchte. Als wir unser Essen beendet hatten und alles wieder zusammengeräumt hatten schien er es jedoch nicht mehr auszuhalten. Doch immer noch schwieg er beharrlich sodass ich wohl oder übel selbst das Wort ergreifen musste: „Roxas, ich werde dir nicht alles erzählen können.“ „Ist nicht schlimm, sag einfach das was du kannst.“ Unentschlossen musterte ich Roxas, aus dessen Gesichtszügen ich eindeutig blanke Neugier ablesen konnte. Ich musste schlucken. Wieder kamen Zweifel in mir hoch. Noch nie hatte ich jemandem meine Geschichte anvertraut. Damit machte ich mich Roxas gegenüber verwundbar. Und doch, ich vertraute ihm irgendwie. Irgendwas sagte mir, ich konnte ihm das erzählen und er würde es nicht gegen mich verwenden. Deshalb hatte ich mich wohl auch in ihn verliebt. Doch das war, ihm gegenüber mein größtes Geheimnis und dieses würde ich dann wohl doch nicht preisgeben. Denn obwohl er mir selbst gesagt hatte er wäre in mich verliebt, konnte ich es ihm nicht richtig glauben. Erst musste ich mir sicher sein. Ganz sicher. Wenn er es mir doch irgendwie beweisen könnte… Nein. Ich schüttelte den Kopf um diesen Gedanken zu verdrängen, denn jetzt zählten andere Dinge. Vielleicht würde ich mehr über Roxas Gefühle erfahren, wenn er etwas über mich erfuhr. Also los. „Axel?“ „Hm? Ach so. Ich denke ich sollte anfangen, nicht wahr?“ Roxas nickte: „Wenn es dir nichts ausmacht…“ „Also gut.“ Ein Stück Vergangenheit ----------------------- Axels POV „Hm, wo soll ich denn am besten anfangen…“ Ja, wo sollte ich anfangen? Obwohl ich die ganze Nacht darüber nachgegrübelt hatte, fielen mir die richtigen Worte irgendwie nicht mehr ein. „Also Schuld an meiner Situation ist eigentlich mein Vater. Er hat-“ Roxas sah mich fragend an und ich schüttelte den Kopf: „Nein, damit du es verstehst muss ich ein Stück weiter vorn anfangen. Eigentlich hat alles damit angefangen dass meine Mutter gestorben ist als ich neun war.“ Ich sah wie sich die Augen meines Gegenübers erst erschrocken weiteten um anschließend einen entschuldigenden Ausdruck anzunehmen: „Das tut mir leid, ich wusste nicht-“ Doch ich schüttelte energisch den Kopf: „Ich brauche kein Mitleid. Das ist passiert und niemand kann mehr etwas daran ändern.“ Wieder erinnerte ich mich an jenen Tag zurück. Es war ein Dienstag gewesen und eigentlich war es ein gewöhnlicher Schultag, doch ich hatte ihn Zuhause verbracht. Allein hatte ich in meinem Zimmer gesessen, während mein Vater pausenlos mit allen Möglichen Leuten telefoniert hatte um die Beerdigung zu organisieren und unsere Verwandten zu informieren. Als ich am darauf folgenden Tag wieder in die Schule gekommen war, hatten mich sowohl Lehrer als auch Schüler buchstäblich mit Mitleid überschüttet. Seit dem konnte ich es nicht mehr leiden wenn sich jemand bei mir wegen meiner Situation entschuldigte, obwohl er nichts dafür konnte. „Wie kannst du da nur so locker mit umgehen? Ich wäre am Boden zerstört wenn meine Mutter sterben würde!“ Ich sah Roxas eindringlich an: „Jetzt vielleicht, aber mit neun Jahren versteht man noch nicht was `Tod` bedeutet. Zumindest nicht so richtig. Ich habe mich nur wie in einem schlechten Traum gefühlt. Und aus schlechten Träumen wacht man ja bekanntlich früher oder später auf.“ „Aber du bist nicht aufgewacht.“ „Nein, leider nicht.“, doch ich wollte nicht wieder in dieses tiefe, schwarze Loch fallen und so fuhr ich schnell fort: „Egal, auf jeden Fall ist mein Vater damit nicht fertig geworden.“ Ich wollte das alles so schnell und so sachlich wie möglich hinter mich bringen und erwähnte vorsichtshalber nicht, dass auch ich es bis heute noch immer nicht richtig überwunden hatte. „Was ist passiert?“, fragte mich der Blonde zaghaft. „Er hat angefangen seine Sorgen und seine Trauer in Alkohol zu ertränken. Es wurde immer schlimmer, und einmal stand sogar die Polizei vor unserer Haustür weil mein Vater vollkommen betrunken ausgerastet ist, zu dem Zeitpunkt müsste ich ungefähr elfeinhalb gewesen sein.“ Das Entsetzen in Roxas´ Blick war nun unübersehbar: „Hat, hat er dich geschlagen?“ Ich nickte: „Ein paar Mal.“ Meinem Gegenüber schien es nun vollends die Sprache verschlagen zu haben, sodass ich weitererzählen konnte: „Auf jeden Fall hab ich mit ungefähr vierzehn beschlossen abzuhauen. In ein Heim oder so wollte ich aber auf keinen Fall, also hab ich bei Nacht und Nebel meinen Sachen gepackt und bin auf und davon.“ Nun schien Roxas seine Neugier wieder gefunden zu haben: „Was hast du denn dann gemacht, ich meine wie hast du das geschafft?“ „Die ersten paar Wochen waren leicht. Da ich in einem Stadtteil etwas außerhalb von Berlin gewohnt habe kannte ich mich auch in der Innenstadt relativ gut aus, außerdem hatte ich von zu Hause etwa hundert Euro mitgehen lassen.“ „Und dann?“ „Na ja, mit der Zeit habe ich so einige Leute auf der Straße kennen gelernt und die haben mir dann auch die wichtigsten Regeln beigebracht.“ „Was für Regeln?“ „Die, die man bracht um auf der Straße zu überleben.“, doch als ich Roxas fragende Miene sah schüttelte ich den Kopf: „Es ist besser wenn du sie nicht kennst.“ „Aber ich kann mir trotzdem nicht vorstellen wie du das über drei Jahre geschafft hast!“ „Es war nicht immer einfach, doch nach ungefähr einem halben Jahr habe ich dann einen richtigen Freund gefunden. Zumindest dachte ich das.“ „Was ist passiert?“ Gedankenverloren kratzte ich mich am Hinterkopf und sah anschließend auf den staubigen Boden vor mir: „Er hat mich verraten. Darum musste ich auch aus Berlin abhauen.“ „Was hat er denn gemacht?“ „Das brachst du nicht zu Wissen.“, unwillkürlich musste ich lächeln: „Sei froh, sonst wäre ich wahrscheinlich nie hierhin gekommen und wir hätten uns nie getroffen.“ Eine Weile musterte mich Roxas nun schweigend, dann schien er einen Entschluss gefasst zu haben, denn er sah mir entschlossen in die Augen: „Axel, wir fahren zu deinem Vater!“ Roxas POV „WAS?!“, mit einer Mischung aus Verwirrung und Fassungslosigkeit sah Axel mich an, doch das bestärkte mich nur noch mehr in meinem Beschluss. „Du willst doch nicht dein Leben lang so leben, oder?“ Mein Gegenüber schüttelte zwar den Kopf, setzte aber so gleich zu einem Gegenargument an: „Roxas, sei doch vernünftig, du weißt doch garnich-“ „Ich weiß wohl was ich da tue. Bitte, du musst wenigstens mit deinem Vater reden und wenn er immer noch so schlimm ist, dann lass dir wenigstens dein Kindergeld ab jetzt geben. Ich will nicht das du dein leben lang Leute bestielst!“, zum Ende hin war ich immer lauter geworden und sah mich nun einem äußerst verblüfften Axel gegenüber, der jedoch zu meinem Entsetzen erneut den Kopf schüttelte: „Roxas, selbst wenn ich zu ihm hingehen wollte, ich habe keinen Bock wieder bei ihm wohnen zu müssen oder mich in ein Kinderheim stecken zu lassen. Ich bin zwar kein Anwalt aber ich weiß, dass die Eltern bis zum achtzehnten Geburtstag bestimmen können wo man leben soll. Und ich bin immerhin erst siebzehn!“ Da hatte er soweit ich wusste leider Recht und auch ich hatte keine Lust Axel zukünftig in einem Heim besuchen zu müssen. Also musste ich mir wohl was anderes überlegen. Moment. Eine Idee hatte ich noch: „Sag mal, wann hast du denn Geburtstag?“ „Äh, am 13. August. Moment, du willst doch nicht-“ „Hey, das ist in, warte…“, ich zählte kurz die Tage und war überrascht: „…in zwölf Tagen! Du wirst in zwölf Tagen achtzehn!“ Wieder kratzte sich Axel, scheinbar verlegen, am Hinterkopf und murmelte in seinen nicht vorhandenen Bart: „Verdammt, ich muss mich echt mal öfters über das aktuelle Datum informieren…“ „Heißt das du wusstest das selbst nicht?“, irgendwie konnte ich mir nicht wirklich vorstellen, dass Axel nicht mal wusste welches Datum wir hatten. „Hey, wozu brauche ich denn das genaue Datum? Es recht wenn ich weiß welchen Wochentag wir haben. Immerhin habe ich wichtigere Dinge im Kopf!“ „Ist ja gut. Aber kommen wir zurück zum Thema! Also können wir doch nach Berlin.“, jetzt hatte ich bestimmt gewonnen und grinste Axel an. Dieser jedoch blieb still. „Komm du kannst ja noch mal eine Nacht drüber schlafen. Lass uns jetzt erstmal unsere Ferien genießen.“ Dieser Vorschlag schien Axel dann mehr zu gefallen, da seine Laune sich abrupt besserte: „Gut ich werde noch mal drüber nachdenken, aber nur wenn du den Rest des Urlaubs die Klappe hältst und mich nicht alle fünf Minuten nach meiner Entscheidung fragst.“ „Okay, einverstanden. Sollen wir wieder zum See oder woanders hin?“, mein plötzlicher Themawechsel schien ihn ein wenig zu verwirren aber immerhin hatte ich ja gerade versprochen ihn nicht noch einmal darauf anzusprechen. „Was willst du denn lieber machen?“ Ich überlegte und verschwand kurz im Zelt, denn an der Anmeldung für den Platz hatte man mir ein paar Prospekte über die örtlichen Freizeitmöglichkeiten in die Hand gedrückt. „Hier“, mit einem hellblauen Zettel in der Hand kam ich wieder aus dem Zelt und hielt ihn Axel unter die Nase. Dieser nahm ihn und las sich die Überschrift durch: „Ein Skatepark?“ „Na ja, ich wollte unbedingt mal in diesen hier, der soll echt gut sein und da wir schon mal hier sind…“ „Hm, wenn du willst, aber ich guck nur zu.“ „Warum? Skateboard fahren ist nicht schwer.“ Axel zuckte mit den Schultern: „Egal.“ „Na gut, dann lass uns trotzdem gehen.“ So leicht würde ich mich aber nicht geschlagen geben. Ich würde Axel schon noch dazu bringen mitzufahren. Keine halbe Stunde später waren wir auch schon da und ich begab mich sofort zu einer der zahlreichen Rampen. Nach einiger Zeit lief ich zu Axel, der sich tatsächlich auf eine Bank gesetzt hatte und sich damit begnügte mir zuzusehen. „Wow, du bist echt gut. Hätte ich nicht von dir gedacht.“ „Hey, was soll das denn bitte heißen?“, gespielt beleidigt sah ich ihn an. Axel lachte: „Nana, nicht gleich eingeschnappt sein!“ „Dafür musst du jetzt aber auch mal!“ Damit hatte er jetzt wohl nicht mehr gerechnet und schüttelte, allerdings immer noch grinsend, den Kopf: „Nee, lass mal.“ „Ach komm, ich lach auch nicht!“ Seufzend erhob sich mein gegenüber schließlich: „Gut, du hast es nicht anders gewollt.“ Er schnappte sich mein Borad und fuhr, zu meinem Erstaunen, nach ein paar anfänglichen Problemen, einmal beinahe mühelos über den halben Platz. Als er sich wieder bei mir einfand grinste er noch mehr als zuvor: „Tja, damit hast du jetzt nicht gerechnet, was?“ Ich konnte bloß den Kopf schütteln: „Nein.“ Das hatte ich wirklich nicht erwartet: „Woher-?“ „-Ich das kann? Das ist mein kleines Geheimnis.“ „Hey das ist nicht fair!“ Lachend gab er mir mein Skateboard zurück: „Ich bin halt nicht besonders fair.“ Axel war eben immer für eine Überraschung gut. Das musste ich wohl oder übel einsehen. Ideen ----- Roxas POV Der Rest unseres Urlaubs war ohne weitere Zwischenfälle zu Ende gegangen. Im Gegenteil, wir hatten noch so einiges erlebt, an das ich mich bestimmt noch lange erinnern würde. Inzwischen waren wir bereits seid ein paar Tagen wieder zurück und Axels Geburtstag war unaufhaltsam näher gerückt. Meine Eltern hatten, glücklicherweise, nach wie vor keine Ahnung mit wem ich meine Zeit verbrachte, da ich ihnen davor eigentlich nie etwas verschwiegen hatte. So vertrauten sie mir, immerhin war ich schon fünfzehn und konnte auf mich selbst aufpassen und zwar so, dass ich schon nichts Schlimmes anstellen würde. Doch immer noch hatte ich keine Ahnung wie ich ihnen erklären sollte, dass ich nach Berlin wollte. Denn obwohl sie mir viel Freiraum ließen, einen Ausflug zu einer fast fünfhundert Kilometer entfernten Stadt würden sie mir wohl nicht einfach erlauben. In drei Tagen war es soweit, Axel würde achtzehn werden und ich hatte weder ein Geschenk noch einen Plan für unsere Fahrt. Heute würde ich mich allerdings mal wieder mit Hayner, Pence und Olette treffen. Immerhin hatten wir uns eine Weile nicht gesehen. Und vielleicht können sie mir ja helfen. Momentan war ich gerade auf dem Weg zu Pence. Als ich sein Haus erreichte, sah ich alle drei bereits in seinem Garten sitzen und ging direkt zu ihnen: „Hey Leute.“ „Hallo Roxas.“, begrüßten mich alle gleichzeitig. „Was wollen wir denn heute machen?“ Olette war die erste die antwortete: „Wir hatten uns überlegt ob wir nicht in den Park gehen und das schöne Wetter genießen sollen. Natürlich erst nachdem wir mal bei unserer Lieblingseisdiele vorbeigeschaut haben.“ Sie zwinkerte mir zu. Da ich die Idee auch gut fand waren wir schon wenig später, jeder mit einem Eis in der Hand, auf dem Weg zu unserer Lieblingsstelle im nahe gelegenen Park. Dort hatten wir auch den Großteil unserer letzten Sommerferien verbracht. Der Platz lag direkt an einem kleinen See und obwohl man dort nicht schwimmen durfte, konnte man den ganzen Tag dort verbringen. Nach einer Weile, in der wir uns über den bisherigen Ferienverlauf unterhalten hatten, was eine ganze Weile dauerte, da wir uns immerhin vier Wochen nicht gesehen hatten sprach ich schließlich das Thema an, das mir schon die ganze Zeit im Kopf herumspukte. „Sagt mal, ich brache unbedingt eure Hilfe, ich muss meine Eltern irgendwie davon überzeugen mich nach Berlin fahren zu lassen.“ Mit meiner Aussage erntete ich erst einmal leicht verwirrte Blicke. Kein Wunder. „Warum willst du denn nach Berlin?“, Hayner war der erste dessen Blick von verwirrt zu fragend wechselte. „Ich, na ja, Axel muss da was klären. Und ich wollte halt mit…“ Diesmal war es Olette, die zu meinem Leidwesen allerdings einen Blick aufgesetzt hatte den ich allzu gut kannte, die etwas sagte: „Roxas, ich, nein, wir haben dich bis jetzt immer gedeckt wenn du mit Axel unterwegs warst. Selbst als du Zelten gefahren bist haben wir deine Eltern belogen. Aber findest du nicht, dass das jetzt ein wenig zu weit geht? Glaubst du nicht, dass deine Eltern mal langsam von ihm erfahren sollten? Gerade wenn du mit ihm so weit weg willst!“ „Du stellst Axel ja so dar, als wenn er mich entführen wollte!“ „Na ja…“, schuldbewusst senkte sie leicht den Blick. Ich konnte nicht glauben, das Olette tatsächlich so dachte. Als ob Axel mir etwas antun würde! Doch ich begriff auch, dass sie sich einfach nur sorgen machte. „Du kannst dir sicher sein, dass Axel mir nichts tut.“ „Hey“, Pence war aufgestanden und klopfte Olette auf die Schulter: „Roxas hat sich bis jetzt doch immer mit den richtigen Personen angefreundet.“ Auch wenn sie das etwas zu überzeugen schien, blieb weiter Besorgnis in ihrem Blick: „Aber wie wir deinen Eltern das erklären sollen, weiß ich nicht. Denkst du nicht du solltest ihnen einfach sagen mit wem du deine Zeit verbringst?“ „Sie würden mir sicher den Kontakt zu ihm verbieten. Immerhin ist er zwei Jahre älter und lebt nicht gerade vorbildlich, wenn du weißt was ich meine.“ Das schien auch sie einzusehen. Plötzlich meldete sich Hayner zu Wort: „Ich habe eine super Idee. Meine Tante und mein Onkel wohnen mit meinen beiden Cousins in der Nähe von Berlin. Ich hatte eh vor sie in absehbarer Zeit mal zu besuchen, immerhin haben sie praktisch nebenan diese obercoole BMX-Strecke. Du kannst ja mitkommen. Meine Eltern würden uns auch fahren. Axel müsste allerdings anders dahin kommen…“ „Kein Problem, er kennt sich gut mit den Bahnfahrplänen aus. Aber sag mal, warum fällt dir das erst jetzt ein?“ Verlegen sah mich Hayner an: „Hab’s irgendwie vergessen…“ „Ah ja. Egal, Hauptsache dir ist es wieder eingefallen.“ „Ja, und von da aus könntet ihr dann nach, äh, wo auch immer fahren.“ Da begriff ich, dass sich mein größtes Problem gerade wahrscheinlich in Luft aufgelöst hatte, denn meine und Hayners Eltern verstanden sich wirklich gut. „Danke, das war echt ausnahmsweise Mal eine echt schlaue Idee von dir.“ „Hey! Das hab ich gehört!“, ich wurde von ihm geschubst und landete fast im trüben Wasser, woraufhin wir alle vier in lautes Gelächter ausbrachen. Nachdem wir uns alle wieder einigermaßen gefangen hatten, fiel mir meine zweite Frage wieder ein: „Sagt mal, Axel hat in drei Tagen Geburtstag und ich hab keine Ahnung was ich ihm schenken soll…“ „Also da musst du dir schon selbst was überlegen. Immerhin kennst du ihn besser.“ Na toll. Bei diesem Ton ließ Olette keine weiteren Diskussionen zu. Auch wenn sie dabei grinste: „Komm, du weißt das ich Recht habe.“ Axels POV Das war doch nicht zu fassen. Ich hatte zwar zugestimmt mit ihm nach meinem achtzehnten Geburtstag in meine Heimatstadt zu fahren, aber nur mit dem Hintergedanken, dass er es sowieso nicht schaffen würde seine Eltern zu überzeugen. Doch da hatte ich mich ja wohl etwas zu früh gefreut. Vor vier Tagen, an meinem Geburtstag, hatte er mir freudestrahlend verkündet, wir würden bald nach Berlin fahren. Doch das `bald´ wirklich so schnell kommen würde, damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Momentan saß ich im hintersten Abteil eines Zuges der den Ort wo Roxas sich momentan befand anfuhr. Dorthin war Roxas mit seinem Freund gefahren und ab da würden wir dann zusammen den Rest des Weges fahren. So hatte er mir das zumindest erklärt. Doch bis zur Ankunft waren es noch satte zwei Stunden, und so hatte ich noch reichlich Zeit zum Nachdenken. Gähnend streckte ich mich einmal, dabei klimperte etwas in meiner Tasche. Lächelnd griff ich hinein und zog einen kleinen Anhänger heraus. Den hatte mir Roxas geschenkt. Auch wenn ich an seinem Gesicht klar hatte ablesen können, dass er es für viel zu klein und unbedeutend gehalten hatte. Immerhin war es mein achtzehnter Geburtstag und normale Kinder bekamen wohl etwas größeres, wie eine finanzielle Starthilfe ins Berufsleben oder ein eigenes Auto. Doch allein diese kleine Geste, mir etwas Persönlicheres zu schenken, hatte für mich viel mehr bedeutet. Auf der einen Seite des Anhängers war ein Karomuster gedruckt und auf der anderen war eines der Bilder von uns Beiden, die wir bei einer mehr als lachhaften Aktion vor einiger Zeit in einer dieser Fotokabinen gemacht hatten. Ich verstaute den Anhänger wieder und lehnte mich an die schmutzige Fensterscheibe des Zuges. Seufzend richtete ich meinen Blick nach draußen, aber viel bekam ich von der vorbeifahrenden Landschaft nicht mit. Meine Gedanken kreisten um alles Mögliche, doch immer wieder blieben sie bei Roxas hängen. In den vergangenen Wochen hatte ich meine Gefühle gegenüber dem Blondschopf mit aller Kraft unterdrückt, doch langsam konnte ich nicht mehr. Für ihn war ich nur ein guter Freund. Doch warum hatte er dann gesagt er wäre in mich verliebt? Irgendwas musste doch dahinter stecken. Aber es klang so fürchterlich unsicher, viel zu unsicher als das ich ihm meine Gefühle zeigen konnte. Immerhin war ich mir nicht einmal sicher ob Roxas wirklich schwul war oder einfach nur seine pubertierenden Hormone verrückt spielten. Ich musste es unbedingt herausfinden. Sonst würde ich wahrscheinlich irgendwann durchdrehen. Eine Zeit lang zerbrach ich mir noch den Kopf, als mich jedoch eine Zugdurchsage aus meinen Gedanken aufschreckte, denn sie verkündete dass wir in kürze den Bahnhof anfahren würden, an dem Roxas auf mich wartete. Hatte ich wirklich so lange gegrübelt? Ich sah auf die Uhr der Zuganzeige und auch sie wollte mir weismachen das ich hier tatsächlich geschlagene zwei Stunden abwesend aus dem Fenster gestarrt hatte. Kurz darauf hielt der Zug und ich stieg, mit einigen anderen Passagieren aus. Suchend sah ich mich auf dem Bahnsteig um und sah Roxas wie er sich um eine Gruppe Passanten schlängelte und auf mich zulief. „Hey, da bist du ja. Komm wir müssen uns beeilen unser Zug fährt in vierzehn Minuten auf Gleis fünf ab.“ „Roxas, immer mit der Ruhe. Wie wäre es erstmal mit einem `wie geht’s` oder `wie war die Zugfahrt`?“ Gespielt beleidigt sah ich ihn an woraufhin sein Blick äußerst verlegen wurde. „Ist doch nicht so schlimm, na komm lass uns zu unserem Gleis gehen.“ „Ja, ist gut.“ Alte Bekannte ------------- Roxas POV Jetzt sind wir tatsächlich auf dem Weg zu Axels Vater. Endlich hat er die Chance sich wieder mit ihm zu versöhnen. Oder zumindest finanzielle Unterstützung zu bekommen. Denn nach Axels Erzählung scheint sein Vater ja nicht gerade freundlich zu sein. Hoffentlich geht alles gut. Nur noch ein paar Minuten und wir würden mitten in der Hauptstadt sein. Tatsächlich wurde der Zug langsamer und etwas später standen wir am Hauptbahnhof. Beeindruckt sah ich mich um. „Roxas? Komm, wir müssen jetzt hier lang.“ Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter und blickte zu Axel: „Sorry, ich find das hier alles nur so riesig. Bei uns haben wir immerhin nur drei Bahnsteige aber hier… Ich glaube alleine wäre ich hier verloren.“ „Da kannst du ja froh sein mit mir hier zu sein, ne?“ Keine Ahnung warum, aber ich spürte wie ich rot wurde und wandte schnell den Blick ab: „J-ja irgendwie schon.“ „Dann wollen wir mal.“ Axel ging Richtung Ausgang und ich folgte ihm wortlos. Wieso wurde ich auf einmal wegen so einem Mist rot? Inzwischen dachte ich eigentlich ich würde über ihn hinwegkommen. Irgendwie. Also warum wurde ich dann jetzt verdammt noch mal rot? Und das nur wegen so etwas Lächerlichem. Eine ganze Weile später befanden wir uns schließlich am Rande eines Platzes. „Hätten wir nicht mit einem Bus oder so fahren können? Ich kann bald nicht mehr!“ „So ein bisschen Bewegung hat noch keinem geschadet. Außerdem hasse ich die S-Bahnen hier.“ „Und wie lange brauchen wir noch?“ „Nichtmehr lange. In etwa einer halben Stunde sind wir da.“ Fassungslos sah ich zu Axel: „Eine Halbe Stunde?! Wir laufen jetzt schon mindestens doppelt so lang!“ „Du willst doch auch was von Berlin sehen, wenn du schon mal da bist, oder?“ „Nein.“ Lachend klopfte mir Axel auf die Schulter: „Du bist echt gut!“ Beleidigt boxte ich ihm in die Seite, doch das schien ihn nicht besonders zu beeindrucken und er lachte weiter. „Die Lache würde ich überall erkennen. Ich hätte nicht gedacht dich hier noch mal wieder zu sehen.“ Schlagartig verstummte Axel und drehte sich um. Ein Junge, etwa so alt wie Axel mit seltsam blau gefärbten, langen Haaren und einer erschreckend großen Narbe mitten im Gesicht bewegte sich auf uns zu. Bei uns angekommen bedachte er sowol Axel als auch mich mit einem abfälligen Blick. Mir lief ein Schauder über den Rücken. „Saix.“ Der Blauhaarige grinste Axel überheblich an: „Oh, du erinnerst dich also tatsächlich noch an mich?“ „Wie könnte ich dich vergessen.“, Axels Stimme klang kalt. Als hinter Saix vier weitere Teenager auftauchten, die alle recht bedrohlich aussahen sah ich Axel verunsichert an: „Axel? Wer sind die?“ Doch dieser antwortete nicht, sondern wand sich wieder an den Blauhaarigen: „So, du hast deine Kumpels mitgebracht? Was hast du denn jetzt vor?“ Doch anstelle von Saix antwortete einer seiner Freunde, ein Junge mit dunkler Hautfarbe und grauen, in der Sonne fast Silber scheinenden Haaren: „Nun, ich denke wir haben noch eine Rechnung zu begleichen, nicht wahr?“ Axels Augen verengten sich, hasserfüllt starrte er den jungen Mann an: „Warum musst du nur immer so nachtragend sein? Du weißt doch, jeder verdient seine gerechte Strafe.“ Währendessen hatte ich beunruhigt die anderen Jungen gemustert. Alle waren etwa in Axels Alter. Neben Saix und dem Silberhaarigen waren da noch ein Junge mit rosa Haaren, der, trotz des eher weiblichen Aussehens, recht einschüchternd wirkte und ein Junge mit langen blonden Haaren der eine Art Laborkittel trug. Dieser verfolgte das Geschehen anscheinend mit äußerstem Vergnügen. Währenddessen waren sowohl Saix´ als auch Axels Ton immer lauter und aggressiver geworden. Plötzlich, bevor ich es realisieren konnte war der Blauhaarige vorgetreten und schlug Axel mit voller wucht ins Gesicht, sodass dieser strauchelte und um ein Haar hinten rüber gefallen wäre: „AXEL!“ Doch als ich ihm helfen wollte stieß er mich so hart zur Seite das ich auf dem Boden landete. Für einen Moment sah er mir eindringlich in die Augen: „Halt dich da raus!“ Dieser Blick verstörte mich noch mehr, denn außer Wut und Entschlossenheit sah ich noch etwas, was ich nicht deuten konnte. Es sah ein wenig aus wie Traurigkeit. „Nicht! Hör auf!“, doch zu spät, mein bester Freund hatte sich bereits auf seinen Gegner gestürzt und ihm einen Schlag in den Bauch verpasst. Der Geschlagenen keuchte, doch ehe Axel erneut ausholen konnte mischte nun auch der Rosahaarige ein und hielt ihn fest. „AXEL!“ Hilflos musste ich zusehen wie der Blauhaarige immer wieder auf Axel einschlug, währen dieser von dem Rosahaarigen festgehalten wurde. Jeder Schlag bereitete auch mir Schmerzen, doch ich konnte nicht aufstehen, Axels eindringlicher Blick und die Angst hielten mich am Boden fest. Es schien eine Endlosigkeit zu dauern, immer wieder schlugen die Teenager auf Axel ein, immer wieder lachte einer von ihnen gehässig auf oder ließ abwertende Bemerkungen fallen. Schließlich hörte ich von weitem eine Polizeisirene, die immer lauter wurde. Die Gruppe schaute sich einmal leicht verunsichert an und hielt inne, dann ließen sie wie auf Kommando von Axel ab und verschwanden. Dieser konnte sich nun nicht mehr auf den Beinen halten und brach zusammen. Entsetzt sprang ich auf und lief zu ihm hinüber: „Axel! Oh Gott!“ Vorsichtig strich ich ihm über die gerötete Wange und er schaute mich aus leicht verklärten Augen an. „I-Ich ruf dir einen Krankenwagen!“ „Nein warte.“ Axel versuchte aufzustehen, stöhnte jedoch einmal schmerzvoll auf und begnügte sich damit sich auf dem kalten Asphalt aufzusetzen: „Keine Sorge, die Polizei kommt gleich. Die hilft uns schon.“ Er sah mich leicht lächelnd an und versuchte anscheinend seine Schmerzen so gut es geht zu verbergen. Tatsächlich bog keine dreißig Sekunden ein Streifenwagen um die Ecke und hielt direkt vor Axel und mir. Zwei Beamte stiegen aus dem Wagen und kamen zu uns herüber und besahen sich das Szenario: „Guten Tag, wir sind von einem Passanten alarmiert worden. Hier soll eine Schlägerei stattgefunden haben. Sind sie beteiligt gewesen?“ „Ich, nein, ich meine, ja. Die Typen haben Axel zusammengeschlagen und sind dann abgehauen!“, berichtete ich bereits den Tränen nahe: „Sie müssen sofort einen Krankenwagen rufen!“ „Roxas, beruhig dich ich werde schon nicht sterben.“ Einer der Beamten wandte sich nun an Axel: „Geht es ihnen so gut, dass sie uns auf das Revier begleiten können oder wollen sie zu einem Arzt?“ „Es geht schon.“, er schaffte es schließlich, mit meiner Hilfe, sich aufzurichten. „Gut, dann steigen sie bitte ein, wir werden dann ihre Aussage zu der Schlägerei aufnehmen.“ Axels POV Jetzt hatte mich meine Vergangenheit doch eingeholt. Eigentlich wollte ich diesen Kerlen nie wieder begegnen, doch da hatte ich wohl falsch gedacht. Wie konnte ich auch nur so dumm sein und den schnellsten Weg zu meinem alten Zuhause wählen? Immerhin führte dieser genau durch die Plätze wo ich und Saix auch unsere Zeit verbracht hatten. Dumm. Ich war so dumm! Und die Konsequenzen meines unbedachten Handelns konnte ich momentan mehr als deutlich spüren. Doch obwohl ich derjenige war der zusammengeschlagen worden war machte ich mir mehr Sorgen um Roxas, der mich wiederum immer wieder besorgt ansah. Schnell wand ich den Blick ab und starrte aus dem Fenster, doch nahm ich gar nicht wahr was draußen zu sehen war, denn momentan schwirrten mir zu viele andere Gedanken in meinem Kopf herum, als das ich mich auf die Umgebung hätte konzentrieren können. Eigentlich wollte ich mit der Fahrt hierhin endgültig mit meinem bisherigen Leben abschließen und einen Neuanfang starten, doch scheinbar hatte mein Schicksal es nicht so gut mit mir gemeint. Statt meine Probleme aufzuklären hatte ich nun noch einige mehr am Hals. Offensichtlich war heute nicht gerade mein Glückstag. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)