Das Erbe der Wölfe von Hotepneith (Lord Sesshoumarus 18. Dämonenmitratekrimi) ================================================================================ Kapitel 2: Heiler und andere Diener ----------------------------------- Sesshoumaru zog sich in das ihm zugewiesene Gästezimmer zurück, nachdem er noch gehört hatte, dass der Wolfsfürst die Anweisung erteilt hatte, dem jungen Gast alle Auskünfte zu erteilen, die dieser wünschte. So verlangte er den Heiler zu sprechen. Der hatte schließlich als Einziger behauptet, es sei Mord gewesen. Wenn das nicht stimmte, brauchte er sich gar nicht weiter mit der Sache zu beschäftigen Das wäre nur gut. Kurz darauf erschien der gewünschte Wolfsdämon, ein Mann scheinbar um die Fünfzig, mit langen, grauen Haaren, die zu einem Zopf zurückgebunden waren. Mit einem raschen Blick auf den Gast ließ er sich höflich nieder, verneigte sich und blickte weiterhin zu Boden. „Dein Name?“ „Takashi, Lord Sesshoumaru.“ Der sah so jung aus....Aber der Fürst hatte in seinem kurzen Gespräch mit ihm vor Minuten gesagt, dass der Hundeprinz aus dem Westen bereits öfter Morde aufgeklärt habe. So war es sicher besser, keine Vorurteile zu hegen. Überdies sollte man das nie in Gegenwart eines adeligen Herrn. „Fürst ...Der mächtige Fürst Kazuya hat erwähnt, dass du den Tod seines Sohnes, Lord Rens, für Mord hältst und hat mich mit den Ermittlungen beauftragt. Ich vermute, dass du einen guten Grund für diese Behauptung hast.“ Der Wolfsdämon erkannte am Tonfall, dass das für ihn nur lebensverlängernd sein könnte: „Selbstverständlich, edler Lord. Ich wäre nie so vermessen, ohne beweisbaren Grund einem trauernden Vater derartiges zu sagen, noch dazu meinem Herrn.“ „Nun?“ „Der junge Prinz starb plötzlich und unerwartet. Weder seine Mutter noch sein Lehrer, denn er nahm bereits am Unterricht der älteren Prinzen teil, hatte mich gerufen. Als ich den Toten genauer betrachtete, um die Krankheit zu erkennen, entdeckte ich leichte Prellungen am Gesicht, die mich stutzig machten. Die Hände Lord Rens waren verkrampft, zeigten Spuren unter den Nägeln, die auf Abwehr hindeuteten. So schöpfte ich nur noch mehr Verdacht und untersuchte den Mund. Wie ich fast schon befürchtete....nun, es gibt gewisse untrügliche Anzeichen des Erstickens. Ich schwöre meinen Kopf, Lord Sesshoumaru, dass der arme Prinz erstickt wurde, vermutlich mit einem Kissen.“ „Du bist in der Tat dabei, deinen Kopf zu verwetten,“ gab der Hundeprinz eisig zurück. Das klang nach einem gründlichen Heiler – leider. „Wie alt war Lord Ren?“ Takashi gab höflich Antwort. Also kaum vier Jahre, würden Menschen sagen. Ein erwachsener Dämon konnte kaum Probleme haben, den Kleinen zu überfallen und zu ersticken. Nicht einmal ein weiblicher. „Wo ist er gestorben?“ „Ich fand ihn mit der Hofmeisterin Mura tot im Kinderzimmer. Lady Itoe, seine Mutter, und ihre Zofe kamen sofort dazu.“ „Lady Itoe? Nicht Fürstin?“ „Nein. Der Herr hat drei Ehefrauen, keine Nebengemahlin. Um ihren gleichen Wert zu zeigen, tragen alle drei den Titel Lady. Lady Itoe ist seine letzte Ehefrau. Sie hat noch zwei Mädchen, Zwillinge, Mariko und Kumiko. Sie sind nur wenig älter als Lord Ren.“ „Aber sie ist nicht die Mutter des Erbprinzen.“ „Nein. Der Erbprinz ist Lord Masaru, der Sohn der Lady Aimi, der zweiten Frau, wenn man nach dem Hochzeitsdatum geht.“ „Und die erste?“ „Lady Sadako blieb bedauerlicherweise kinderlos. Sie erlitt einige Fehlgeburten, aber...das wird Euch kaum interessieren.“ „Wer hat Zutritt zum Kinderzimmer?“ „Die Damen, die Dienerinnen...nun, ich, falls ich gerufen werde, und der Herr.“ „Das weißt du und hast es auch Fürst Kazuya gesagt?“ Rein logisch blieb nur der Schluss, dass eine der Frauen den Jungen getötet hatte. Aber man sollte nie etwas als gegeben hinnehmen, das hatte er im Laufe seiner vielfältigen Ermittlungen doch gelernt. Es war nicht gesagt, dass der Tod den Wolfsprinzen in seinem Kinderzimmer ereilt hatte. Sakura würde sich in der Tat mehr als nützlich erweisen die Verhältnisse im Frauentrakt zu klären. Manchmal glaubte er, sein Vater wisse alles im Voraus – ein weiterer Grund, ihm nachzueifern. „Ja, Lord Sesshoumaru. Allein ihm.“ „Mich begleitete eine menschliche Heilerin namens Sakura. Du wirst mit ihr zusammenarbeiten. Sie wird für mich Fragen an die Damen stellen.“ „Ja, Lord Sesshoumaru.“ Der war ja recht höflich gegenüber der Weiblichkeit. Er hatte Gerüchte gehört, der Erbprinz der westlichen Länder sei ungefähr so charmant wie das Eis am Fujiyama, aber das schienen Vorurteile zu sein. Sicher, er war bestimmt und kühl, aber er leitete jetzt ja auch die Ermittlungen, da ziemte sich keine gefühlsmäßige Vorgehensweise. „Wie darf ich Euch weiter behilflich sein?“ „Antworte. - Der Erbprinz ist nicht krank?“ „Nein. Er erfreut sich bester Gesundheit.“ „Angenommen, auch er würde sterben – wer ist dann der Erbe des Fürsten?“ Die Frage hatte kommen müssen – zumal bei einer Mordermittlung: „Lord Kano.“ „Wer?“ Hielt ihn dieser Kerl für einen Hellseher? „Verzeiht, edler Herr. Lord Kano ist der Sohn des gefallenen jüngeren Bruders meines Herrn.“ Nein, es wäre denkbar unklug, gegenüber dem Erben des Westens zu erwähnen, dass jener im letzten Krieg gegen eben diese Länder gefallen war. „Er war nach dem Tod seines Vaters Vollwaise und der Herr nahm ihn auf, er war ja noch ein Kind. Mittlerweile ist er ...nun, er ist ein wenig älter als Ihr, wenn ich das so sagen darf.“ Sollte er auch etwas zum Charakter erwähnen? Nein, das war nicht gefragt worden. Und adelige Herrschaften reagierten gern über, wenn man zuviel sprach. Sesshoumaru dachte nur kurz nach,ehe er sich erkundigte: „Wäre er gern der Fürst?“ „Das weiß ich nicht, ich denke jedoch nicht. Herrscher zu sein hat auch mit vielen Pflichten zu tun. Und, lasst es mich so sagen: Lord Kano hat die Arbeit nicht gerade erfunden. Seine Lehrer, zuerst sein Erzieher, der bedauerlicherweise letztes Jahr starb, als auch sein jetziger, sein Name ist Manabu, haben keinen leichten Stand. Der mächtige Herr war schon aus diesem Grund sehr froh, als Lord Masaru geboren wurde, und zusätzlich dann Lord Ren. Ich möchte Euch jedoch bitten, aus meinen Bemerkungen keine voreiligen Schlüsse...verzeiht.“ Er hatte gerade noch rechtzeitig den mörderischen Blick bemerkt. Oh oh. Und der Dämonenprinz hatte einen Menschen dabei, noch dazu eine Frau? Das musste ein recht interessantes Exemplar dieser Art sein, wenn sie auch nur heil die Anreise überstanden hatte. Heilerin war sie, hatte er gesagt? Sicher eine altersweise Frau. „Du darfst gehen. Aber halte dich zur Verfügung.“ „Ja, danke, Lord Sesshoumaru, wie Ihr wünscht.“ Takashi ging, auf jeden Fall erleichtert, dass der Tod des kleinen Wolfsprinzen nicht nur untersucht werden würde, sondern anscheinend auch von jemandem, der wusste, wie er vorgehen wollte. Nun ja, er hatte über den Heiler von Lord Kuro, den neuen jungen Botan, erfahren, was dort geschehen war – und warum Akiyama hingerichtet worden war. Stimmt.....der hatte doch auch bereits etwas von einer menschlichen Heilerin erwähnt. Takashi freute sich, eine derart geschickte und erfahrene Kollegin zu treffen, war er sich doch bewusst, dass es für einen Menschen unter Dämonen weitaus mehr bedurfte, als nur der gewöhnlichen Heilkunst, um zu überleben. Sakura war von dem Haushofmeister in den ersten Stock geführt worden, zum abgetrennten Frauentrakt, und der dortigen Aufseherin, oder eher Haushofmeisterin, Mura vorgestellt worden, mit der Anweisung, es sei der Befehl des Herrn, dass die Heilerin den Damen zur Verfügung stehe. Die Wolfsdämonin nickte: „Dann kommt, Sakura. Ihr seht mich überrascht, einen Menschen zu sehen.“ Sie öffnete erneut die verschlossene Tür. Selbst Yuudai hatte klingeln müssen, ehe Mura ihm öffnete. „Der Befehl meines Herrn.“ Sakura trat in den mit wenigen Kerzen beleuchteten Gang, von dem aus mehrere Zimmer abzweigten. Am Ende des Flures befand sich eine weitere Tür. Mura schloss die Haupttür und legte einen Riegel davor. „Natürlich. Ich wundere mich nur. Ein Mensch in einem Dämonenschloss....Oh, natürlich, Ihr arbeitet für den Inu no Taishou, nicht wahr? Neigis Schülerin, nehme ich dann an. Ich hörte gar nicht, dass er eine menschliche Schülerin aufgenommen hat.“ Ihr Lehrer war unter Dämonen sehr bekannt, das wusste Sakura. So erwiderte sie höflich: „Ich lerne auch erst seit wenigen Jahren, Momente im Leben eines Dämons.“ „Ja, natürlich. - Hier. Ich würde vorschlagen, dass Ihr Euch hier in diesem Raum niederlasst. Ich werde den Damen sagen, dass Ihr hier seid und sie jederzeit zu Euch gehen können. Die Kinder auch?“ „Kinder?“ Im nächsten Moment ärgerte sie sich über sich selbst. Natürlich musste es Kinder geben. Der zweitgeborene Sohn war verstorben, also existierte mindestens noch ein Erbprinz. Und bei drei Frauen konnte es schon auch Töchter geben. Zum Glück war das hier keine Mordermittlung, da hätte ihr solch ein Patzer schon eine Rüge oder mehr eingebracht. „Oh, natürlich, Ihr wisst es nicht. Der mächtige Fürst Kazuya hat drei Ehefrauen. Lady Sadako, seine erste, blieb bedauerlicherweise kinderlos. Lady Aimi gebar ihm den Erbprinzen, Lord Masaru. Seine dritte Gemahlin, Lady Itoe, brachte schon ein Jahr nach der Hochzeit Zwillinge zur Welt, wenn auch Mädchen, die kleinen Ladys Mariko und Kumiko. Außerdem lebt hier noch die Schwester des Fürsten, Lady Yuuka. Sie ist schon...relativ alt, aber der Herr wollte sie nicht außer Haus geben, um...nun ja.“ „Um keine Erbschwierigkeiten hervorzurufen, ehe er selbst einen Sohn hatte?“ „Ihr versteht.“ Mura nickte, erfreut, dass die Heilerin intelligent war. Sie kannte Menschen nicht, hatte aber gehört, diese Art sei weitaus primitiver als Dämonen. Nun gut, wenn Neigi sie als Lehrling angenommen hatte, musste sie mehr taugen: „Darum ist sie auch mit dem Neffen des Herrn verlobt, Lord Kano. So langsam sollen sie heiraten, er ist alt genug geworden.“ „Oh, dann ist die Prinzessin viel älter als er?“ Der Fürst war ihr doch um die vierzig erschienen? Und wie alt war sein Neffe? „Nein, nein....meine Lady Yuuka ist nur halb so alt, wie der Herr. Sie ist nur seine Halbschwester, von einer Nebenfrau des verstorbenen Herrn. Ach, ich rede zu viel. Ich werde die Damen informieren. Wünscht Ihr eine Dienerin?“ Zuviel reden war untertrieben. Aber Mura schien ebenso wie die anderen Frauen hier förmlich eingesperrt zu sein und freute sich wohl einmal über eine Abwechslung: „Es wäre nicht schlecht, falls ich einen Botengang benötigen würde, zum Beispiel zu dem Heiler des mächtigen Fürsten.“ „Oh ja, genau. Ich werde Euch Amaya schicken.“ Die Haushofmeisterin beschloss nicht zu erwähnen,dass dieses dumme kleine Landei zwar nicht in der Lage war, die dämonischen Damen zufrieden zu stellen, mit einem Menschen aber doch wohl keine Probleme haben sollte. Immerhin war diese Heilerin vom Herrn beauftragt: „Der Name unseres Heilers ist Takashi. Er ist selbstverständlich ein Wolfsdämon.“ „Selbstverständlich. Danke.“ Nur kurz darauf kam ein sehr junges Wolfsmädchen zu Sakura. Sie mochte nach Menschenjahren kaum zwölf sein und trug nicht die höfische Garderobe sondern zu ihrer normalen Kleidung angenähte Fellteile an Ärmeln und Beinen. Sie blieb stehen, verneigte sich dann eilig und kniete nieder: „Oh...entschuldigt, ich..ich bin Amaya.“ „Ich bin Sakura.“ Oh oh, sie war jung, hatte aber keine Ahnung von höfischem Benehmen. Wenn sie das gegenüber den Damen brachte, mochte das mit einer Strafe abgehen, aber Sakura dachte besorgt an eine Begegnung mit Seiner Lordschaft. Bildete denn hier niemand die Kleine aus? So fuhr sie fort: „Mura sagte, dass du mir Botengänge abnehmen sollst an den Heiler Takashi. Du weißt, wo er arbeitet?“ „Ja.“ Amaya nickte eifrig. „Du bist doch noch nicht lange hier?“ „Nein. Merkt man es so schnell? Ich...ich bekomme oft geschimpft oder kein Essen, weil ich viele Fehler mache.“ Das war üblich, nur....„Wer sagt dir denn, wie du dich richtig verhalten sollst?“ „Eigentlich niemand...Nun ja, Lady Itoe ist oft nett. Sie ist aus meinem Stamm und versucht immer mir zu helfen. Und auch Lady Yuuka sagt auch nichts, wenn ich Fehler mache.“ Daraus war zu schließen, dass die anderen beiden fürstlichen Gemahlinnen die Kleine hinhängten. „Soll ich dir einmal zeigen, wie man einen Raum betritt, in dem sich ein Prinz oder eine Prinzessin befindet?“ Schließlich bestand doch die Möglichkeit, dass sie sie zu Lord Sesshoumaru schicken musste, falls er die Geduld verlor oder abreisen wollte. „Oh ja, das wäre nett.“ Sakura erhob sich: „Du öffnest die Tür und bleibst draußen knien, es sei denn, du wurdest bereits aufgefordert hereinzukommen. Dann schließt du hinter dir die Tür und kniest erneut nieder, verneigst dich tief. Bei einer Prinzessin so, bei einer Gemahlin des Fürsten tiefer und bei einem Prinzen noch weiter. Gegenüber Fürst Kazuya legst du die Stirn auf den Boden. Und so bleibst du, bis dir erlaubt wird, dich zu bewegen oder aufzurichten. Ohne Genehmigung nie. Du siehst die Herrschaft nicht an und du sprichst nicht, es sei denn, es wird dir gestattet. Auf Fragen antwortest du kurz. Musst du aus einem Grund etwas erklären, bitte zuvor um die Genehmigung.“ Das war zwar ein Schnellkurs, aber für das Wolfsmädchen unter Umständen rettend. Lord Sesshoumaru brachte zwar in aller Regel keine Diener anderer Herren um, aber strafte sie durchaus. „Das mag ja sein, aber...Ihr seid ein Mensch, ich ein Dämon...“ „Das ist gleich. Wir sind Diener einer Herrschaft.“ Sakura stand auf: „Und glaube mir, wenn du zu Lord Sesshoumaru so gehen würdest, wie du bei mir eingetreten bist, wärst du mit Sicherheit um eine direkte, körperliche Strafe nicht herumgekommen. Er würde dich nicht umbringen, da du keine Dienerin seines Vaters bist, aber...“ Amaya nickte erneut, wenn auch langsamer: „Sagt Mura deswegen immer, ich könne mich nicht benehmen? Ich sei zu dumm?“ Wenn es ihr keiner erklärte.... „Bei dir zuhause ist das wohl anders.“ „Ja. Wir leben in den Bergwäldern, da gibt es so etwas nicht. Aber da Fürst Kazuya Lady Itoe heiratete, sind auch immer Leute von uns hier.“ „Gut. - Knie dich dort neben der Tür nieder. So, genau. Und dort bleibst du jetzt einfach und guckst zu. Ich vermute, Mura sagt den Damen inzwischen, dass ich hier bin. Wenn ich etwas benötige, sage ich es dir und du holst das mit Berufung auf meine Anweisung und dem Befehl des mächtigen Fürsten vom Heiler. Das kannst du doch.“ „Ja. Muss ich beim Heiler auch niederknien?“ „Nein, ich denke, da reicht eine tiefe Verneigung.“ Das Mädchen war nicht dumm, nur ahnungslos, und Sakura wurde neugierig auf die Damen der Familie. Auf jeden Fall schien die Hofmeisterin es mit ihrer Pflicht Neulinge auszubilden, nicht sehr genau zu nehmen. ** Sakura gibt sich Mühe – und bekommt zum ersten Mal in ihrem Leben eine eigene Dienerin. Das nächste Kapitel bringt dann die Damen der Familie: Wolfsfrauen. Und Seine Lordschaft an den Rand der Selbstbeherrschung... bye hotep Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)