Das Erbe der Wölfe von Hotepneith (Lord Sesshoumarus 18. Dämonenmitratekrimi) ================================================================================ Kapitel 5: Seine Lordschaft hat eine Erkenntnis ----------------------------------------------- Sakura nahm Amaya mit sich, als sie sich zu Sesshoumarus Gästezimmer durchfragte. Das kleine Wolfsmädchen hatte genug Ärger, da wollte sie ihr ein wenig Ausbildung zukommen lassen „Bleib hier knien,“ wies sie sie an: „Falls ich etwas benötige, oder dich weiterschicke, werde ich es dir sagen.“ Amaya gehorchte, froh, dass sie bislang wohl alles richtig gemacht hatte. Für ein so junges Wolfsmädchen aus den Wäldern war das Leben bei Hofe ungewohnt und sie wurde für jeden Fehler bestraft. Mit gewisser Neugier beobachtete sie, wie die Heilerschülerin niederkniete, ehe sie anklopfte. Gleich würde sie sehen, wie man höflich ein Zimmer betrat... „Sakura.“ Auf die Aufforderung schob diese die Tür beiseite, durchaus nicht überrascht, dass der Hundeprinz wusste, dass sie es war, und krabbelte hinein, ehe sie das Portal hinter sich wieder schloss. Sie hat sich nicht aufgerichtet, dachte Amaya. Das durfte man also nicht. Sakura hatte bemerkt, dass Seine Lordschaft am Fenster stand. Das tat er oft, am meisten allerdings, wenn er nachdachte. Hatte er sein Beileid ausgesprochen und wollte nun abreisen? War er wegen ihres längeren Aufenthaltes im Frauentrakt verärgert? „Wörtlichen Bericht.“ Das klang eisig. „Ja, Lord Sesshoumaru.“ Warum interessierten ihn denn die Frauen? Wegen Prinzessin Yuuka? Und letzteres gleich als doppelte Frage? Hatte ihn die Vorstellung der Prinzessin so aus dem Takt gebracht, dass er vergaß, dass sie hier eben zu keinem Mord geschickt worden waren? Oder war er schlicht so an der Wolfsprinzessin interessiert? Würde es etwa wirklich eine Hochzeit geben? Aber ihr blieb nichts anderes übrig und so gehorchte sie, unterschlug allerdings die rein medizinischen Details. Er sollte wissen, dass sie schweigen musste. Er drehte sich um: „Lord Ren wurde ermordet.“ Ach du liebe Güte. Und er sollte den Fall lösen? Womöglich im Auftrag seines Gastgebers? Das erklärte seine Stimmung – zumal, wenn der Fürst zusätzlich versuchte, ihm seine Schwester als Braut zu geben. Hoffentlich hatte Lady Yuuka ihre Warnung begriffen und brachte ihren Bruder im Interesse aller davon ab. Sie wollte gar nicht wissen, wie ein Dämonenkrieg aussah. Ihr verehrter Lehrer hatte ihr gegenüber erwähnt, dass die nördlichen und westlichen Fürsten einen zerstörerischen Krieg miteinander geführt hatten, ehe Kazuya und der Herr es schafften miteinander zu reden und sich entgegen zu kommen – durchaus eine Warnung an sie, sie passend zu verhalten. „Weitere Anmerkungen?“ Das konnte sich eben nur auf die medizinischen Details beziehen. Sakura schluckte, ehe sie die Lösung ihres Dilemmas hatte: „Lady Sadako...sie nimmt...verschiedene Schönheitsmittel, die giftig sind.“ Sie erzählte sachlich, aber ausführlich: „Es mag sein, dass sie dadurch auch Schwierigkeiten hat.“ „Ren wurde erstickt, vermutlich mit einem Kissen.“ Sie hätte um ein Haar erstaunt aufgesehen. Das war ja glatt eine Erklärung? Sesshoumaru hätte sich dagegen eher die Zunge abgebissen, als zuzugeben, dass es ihn erleichterte, dass sie Lady Yuuka zugeredet hatte, auf eine Hochzeit mit ihm zu verzichten. Die Prinzessin würde doch hoffentlich ihren Bruder dazu bringen können diesen Plan sein zu lassen. Er konnte es nicht ohne gegen Vaters Befehl zu verstoßen, ja, einen Krieg vom Zaun zu brechen. Sakura war in der Tat ein nützliches Ding. Aber das sollte zurückstehen. Er hatte einen Mord zu klären: „Wie ist die räumliche Aufteilung im Frauentrakt?“ „Soweit ich mitbekommen habe, Lord Sesshoumaru,“ begann sie einschränkend: „Liegen zuerst Zimmer, in denen Diener oder Gäste untergebracht werden, dann ein größerer Raum, von dem aus wohl die Trakte der Damen abgehen. Genaueres dürfte Euch Amaya sagen können. Sie wartet hier draußen“ Sie erkannte an dem Schweigen, dass er zustimmte, und öffnete die Tür. Hoffentlich würde sich die Kleine benehmen. In dieser Laune war Seine Lordschaft zu allerlei fähig. Aber Amaya hatte zugesehen und kam mit einer tiefen Verneigung herein, ehe sie niederkniete, neben der Heilerschülerin, die die Tür schloss: „Amaya, Lord Sesshoumaru.“ „Du arbeitest im Frauentrakt.“ „Ja, Lord Sesshoumaru.“ Das Wolfsmädchen schluckte. Da lag etwas in der ruhigen Stimme, das ihr Angst einjagte. Nicht einmal Mura hatte es vermocht, sie mit einer ihrer Tiraden oder Strafen so zu verschrecken. Sie sollte lieber wirklich alles beachten, was Sakura ihr gezeigt hat. So starrte sie vor sich auf den Boden, wie es diese tat. „Beschreibe die Räumlichkeiten.“ „Äh...ja, Lord Sesshoumaru. - Wenn man hereinkommt, liegen rechts und links jeweils vier Räume, in denen sich die zuständigen Dienstboten aufhalten, wenn sie nicht bei den Damen oder den Kindern sind, oder auch Gäste untergebracht werden. Danach kommt eine Diele. Rechts liegen die beiden Zimmer von Lady Sadako, geradeaus zwei die von Lady Itoe und ihren drei..zwei Kindern, und links wohnen Lady Aimi und Lord Masaru. Es wurde so umgebaut....“ „Wenn man zu den Kindern will, muss man durch das Zimmer der Mutter?“ „Nein, Lord Sesshoumaru. - Die Damen wohnen hinten.“ „In den Kinderzimmern ist kein ständiger Diener?“ „Doch, Etoe ist das Kindermädchen der beiden Prinzessinnen und war es auch Lord Rens. Außerdem ist ja eine Zofe immer bei den Damen, in deren Zimmer.“ „Und bei Lord Masaru?“ „Er hat auch noch ein Kindermädchen, Mayuko. Er soll erst in einiger Zeit aus dem Frauentrakt ausziehen.“ Das erklärte soweit die Todesart. Ren wurde mit einem Kissen erstickt, damit Mutter und Zofe im Nebenzimmer nicht aufmerkten. Nur – wo war das Kindermädchen und warum hatten seine Schwestern nichts bemerkt? „Gab es einen Zeitpunkt, an dem Etoe mit den Mädchen etwas unternimmt und Ren allein war?“ Amaya sah hilfesuchend zu Sakura, erwiderte jedoch bemüht höflich: „Das...ich bin nicht sicher, Lord Sesshoumaru. Aber, sie ist auch die Lehrerin der Prinzessinnen, während Lord Ren bereits am Unterricht Lord Masarus teilnahm. Den Namen des Lehrers weiß ich nicht.“ Sie wartete zitternd. „Sakura: Takashi, den Heiler. Geh, Amaya.“ Beide Dienerinnen sprangen eilig mit einer Verneigung auf, während er sich bereits wieder umdrehte und aus dem Fenster blickte. Ersticken und diverse Gifte, die hier kursierten. Hing das zusammen? Eigentlich hätte Ren nichts zustoßen dürfen, er war nie allein. Aber sein Tod war Fakt und er selbst sollte sich nicht ausgerechnet dem Herrn des Nordens gegenüber als unfähig erweisen, nicht nur sich selbst sondern vor allem seinen Vater blamieren. Nicht auszudenken, wenn Fürst Kazuya gegenüber Mutter sein Bedauern kundgab, dass sie einen derart unfähigen Sohn von einem so... Nein, so weit wollte er nicht einmal denken. Hoffentlich konnte Takashi etwas Sinnvolles äußern. Der Heiler kam auch kurz darauf. Sakura ließ sich neben der Tür nieder, während er etwas näher ging, ehe er sich auf den Boden kniete. Sesshoumaru wandte sich um: „Etoe war das Kindermädchen Lord Rens?“ Er ließ ihn nicht aus den Augen. „Ja, ebenso wie für Lady Mariko und Lady Kumiko.“ „Warum war sie nicht anwesend, als er starb?“ Gute Frage. „Sie unterrichtete die Prinzessinnen zu diesem Zeitpunkt im Garten. Lord Ren fühlte sich dagegen während seines Unterrichtes nicht wohl und Manabu, sein Lehrer, schickte ihn in sein Zimmer zurück.“ Das hatte der wohl vergessen zu erwähnen. Aber das erklärte auch die Überzeugung des entfernten Cousins, Lord Kano habe nichts mit dem Tod des Kleinen zu tun. Sie gaben sich gegenseitig ein Alibi. Oder? „Allein?“ „Ich vermute. Aber er sandte einen Diener zu mir, der mich holen sollte. Ich fand Ren dann tot auf.“ „Obwohl Lady Itoe und ihre Zofe im Nebenzimmer waren.“ „Ja, Lord Sesshoumaru. Wenn ich meine bescheidene Meinung dazu äußern dürfte...?“ „Nun.“ Bescheiden, in der Tat. Immerhin hatte dieser Narr den Fürsten dazu gebracht an Mord zu denken und ihm die Ermittlungen aufzuhalsen. „Lord Ren wurde meiner Meinung nach mit einem Kissen erstickt. Er dürfte überraschend angegriffen worden sein und konnte sich nicht mehr bemerkbar machen.“ Was bedeutete, dass er in dem Dämon, männlich oder weiblich, der sein Kinderzimmer betrat, keinen Feind vermutete. Seine Mutter schien sehr betroffen – Lady Sadako, sein Lehrer, Lady Aimi Lady Yuuka, doch Kano oder der entfernte Cousin oder gar Rens älterer Bruder? Nein. Das Wer würde sich aus dem Wie ergeben. „Wie viel Kraft gehört dazu?“ „Er war ein kleiner Junge. Für einen Erwachsenen ist es eine Anstrengung, aber keine große.“ „Seine Geschwister?“ Takashi holte tief Atem, ehe er sagte: „Abgesehen von allen sonstigen Erwägungen – nein, Lord Sesshoumaru. Das halte ich für unmöglich.“ War das etwa der Grund, warum der Sohn des Taishou ein Einzelkind war? Takashi wollte gar nicht weiter nachdenken. „Aber eine der Damen wäre in der Lage.“ „Ich...ich vermute.“ „Sakura: Manabu.“ Sie verneigte sich schweigend, ehe sie das Zimmer verließ. Hatte er eine Idee, wie der kleine Wolf umgebracht worden war oder suchte er noch immer alle Hinweise? Eher letzteres, beschloss sie dann. Wenn er wie gewöhnlich vorging, würde er Fürst Kazuya in einem gewissen Monolog darlegen, was wie geschehen war. Ja, das Wie. Wie war Ren getötet worden. Mit einem Kissen erstickt von jemandem, dem er vertraute? Gruselig. Warum nur? Erbe war doch sein älterer Halbbruder. Alleingelassen wandte sich der Hundeprinz wieder dem Fenster zu. Auch er stellte sich diese Frage. Und noch eine: wer hatte gewusst, dass Ren allein im Kinderzimmer war? Nur vorübergehend, denn es war doch eigentlich davon auszugehen, dass er seiner Mutter Bescheid gab, er sei krank? Diese hatte ihre Zofe als Alibi – und in aller Regel schreckten Mütter zurück, ihre Kinder umzubringen. Nun, die meisten beherrschten sich kurz davor. Irgendetwas hatte ihm noch keiner gesagt, sei es, dass sie es für unwichtig hielten, sei es, dass der Mörder sein kleines Geheimnis gern für sich behalten würde. Oder es war etwas, das alle Wölfe hier im Schloss für völlig selbstverständlich hielten.... Hm. Sakura brachte Manabu mit. Der Lehrer verneigte sich höfisch, ehe er sich niederließ, deutlich vorsichtig. „Du hast nicht erwähnt, dass du Lord Ren in sein Zimmer zurückschicktest.“ „Aber da lebte er ja noch.“ Was für eine brillante Schlussfolgerung! „Und du warst mit Lord Kano weiterhin in seinem Zimmer?“ „Ja. Und Lord Masaru, selbstverständlich.“ „Aber du sandtest einen Diener zum Heiler.“ „Natürlich. Ich bin für die Prinzen gegenüber dem Fürsten verantwortlich. Und Lord Ren wirkte in der Tat krank.“ „Ungewöhnlich für einen Wolfsprinzen.“ „In der Tat, Lord Sesshoumaru. Darum sandte ich nach Takashi.“ „Und ließt Ren allein zurückgehen.“ „Nein.“ „Was jetzt?“ Sesshoumaru musste seine Hand gewaltsam entspannen. Krieg mit dem Norden, weil er einen entfernten Verwandten des Fürsten umgebracht hatte, würde sein verehrter Vater ihm nie verzeihen. Nein, eher ihm töten und seinen Kopf an Kazuya schicken. Trotz aller Umgänglichkeit hatte Vater seinen Stolz. „Ich brachte ihn selbst bis zur Tür des Frauentraktes und übergab ihn Mura. Das ist...“ Manabu brach lieber ab, als er das Aufwallen der Dämonenenergie vor ihm spürte. Holla, der Hund war nicht von schlechten Eltern. Der konnte ja wohl sogar mit Fürst Kazuya mithalten. „Mura.“ Nun, das war ihre Pflicht als Haushofmeisterin dieses Traktes. Sie brachte also den Kleinen in sein Zimmer – und dann? „Du sagtest ihr, dass er krank ist?“ „Ja, und dass ich den Heiler gerufen habe. Lord Ren wirkte da etwas....desorientiert, wenn ich das so sagen darf. Er klagte über Sehprobleme und war.....ja, seltsam redselig.“ „Und warum hast du mir das zuvor nicht gesagt?“ „Ihr habt nicht gefragt.“ Sakura beschloss, dass das auch eine nette Selbstmordvariante war – und bewunderte die Selbstbeherrschung des Dämonenprinzen, der nur sagte: „Geh.“ Vermutlich wollte er nun mit Mura sprechen, dachte sie und war fast schon unterwegs, noch ehe er den Befehl ausgesprochen hatte – etwas, dass die Laune Seiner Lordschaft deutlich anhob. *** Nicht nur Sesshoumaru sondern auch manche Wölfe sollten Sakura einen Strauß Blumen schicken - oder Neigi, der sie vorwarnte. Das nächste Kapitel bringt die letzten Indizien. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)