Der Weg der Assassinin von Inochi ================================================================================ Kapitel 5: Rennen durch Masyaf ------------------------------ Tagchen ^^ So, hier das neue Kapitel :) ein bisschen länger als vorher, aber das macht eigentlich auch nichts. Dieses Mal wird ein bisschen mehr Licht auf Elens Charakter geworfen ;) Viel Spass beim lesen wünsch ich und über Kommis freu ich mich sehr :D LG Inochi Der Tag der Prüfungen war gekommen. Ich war inzwischen wieder einigermassen fit. In den letzten Tagen war ich jeweils zu meinem Plateau gejoggt, hatte dort trainiert und war am Abend wieder nach Masyaf zurück gekehrt. Ich hatte mich nicht geschont, ganz im Gegenteil. Ich trug meinem Körper und mir die wenigste Zeit über Sorge. Mir war die meiste Zeit über egal, ob mein Verhalten irgendwelche Konsequenzen nach sich zog. Ich nahm alles immer, wie es gerade eben kam. Ich hatte zu viele äussere und innere Wunden, die nur langsam vernarbten. Mein ganzes Leben schien es immer so, als würde mir das Schicksal Steine in den Weg legen. Deshalb war ich auch so geworden, wie ich jetzt war: arrogant, kalt, misstrauisch und abgebrüht. Es gab wenig im Leben, das mich noch schocken konnte. Ich war es nicht gewohnt, dass sich irgendwer ausser meiner Familie um mich kümmerte. Ich war es nicht gewohnt, dass man mich freundlich behandelte. Und ich verlangte es auch nicht. Dennoch hatte ich während meines Trainings viel Zeit zum nachdenken gehabt. Warum hatte Al Mualim gewusst, dass ich aus der Zukunft kam? Warum hatte er mich mehr oder minder freundlich aufgenommen? Ich glaube nicht an das Gute im Menschen. Al Mualim war ein Regent wie jeder andere auch. Und nichts war gratis im Leben. Irgendwie musste ich noch von Nutzen für ihn sein. Ich würde mich hüten irgendwem in diesem Assassinennest allzu sehr zu vertrauen. Sie vertrauten mir ebenso wenig. Die ganze Sache war also mehr als fair. Dennoch hatte ich eine Menge Fragen, auf die ich zu gerne eine Antwort gehabt hätte. Also würde ich diese Prüfung absolvieren. Sobald ich durch meinen Status an Antworten kommen würde, würde ich die Gelegenheit auch nutzen. Es würde allerdings nicht allzu einfach werden. Das wusste ich jetzt schon. Die Tatsache, dass ich eine Frau war, würde mir sehr viele Mühen bereiten. Niemand würde mich einfach so akzeptieren. Allerdings war das auch nicht wirklich etwas neues. Ich hatte nie irgendwelche Freunde gehabt. Ich hatte mich daran gewöhnt. Ich war eben anders. Und unsere Familie lebte relativ abgeschottet. Deshalb hatte ich nie etwas anderes gekannt. Dennoch würde ich versuchen die Situation zu meinen Gunsten zu verändern. Ich würde die Spielregeln so kehren, dass ich zumindest gute Chancen auf einen Erfolg hatte. Das lief dem Credo ja grundsätzlich noch nicht einmal zuwider. Alles war erlaubt. In der Nacht hatte ich mir aus dem einen Umhang, den mir die Assassinen gegeben hatten, Hosen genäht. Ich würde sicher nicht in einem Kleid kämpfen. Das war völlig unpraktisch. Die Prüflinge wurden in den Hof der Burg zitiert. Es waren ca. 20 Jungen. Ich vermutete, dass sie alle im Alter von Kadar waren. Es war jedoch schwierig zu erkennen, da wir alle vermummt waren. Einer warf mir einen „Wir-sind-Rivalen-und-ich-werde-dich-besiegen“-Blick zu. Das musste er sein. Ich ignorierte seinen Blick. Schliesslich musste ich mich auf diese Prüfung konzentrieren. Ich wollte mir nicht ausmalen, was passierte, wenn ich versagte. Al Mualim fand mich wohl zu interessant um mich zu töten. Das würde ihn aber kaum davon abhalten mich zu einem Waschweib zu degradieren, wenn ich versagte. Die Prüfung nicht zu bestehen, war also keine Option. Der Grossmeister trat in den Hof. Gefolgt von seinem Schatten, Altaïr. „Prüflinge! Ihr seid hier um heute zu beweisen, dass ihr würdig seid zu vollwertigen Assassinen ausgebildet zu werden!“ Die Jungen begannen förmlich zu sabbern. Ich verstand das zwar irgendwo. Schliesslich hatten sie ein Leben lang trainiert. Würden sie die Prüfung nicht schaffen, würden sie nie zu Assassinen werden, sondern als einfache Spione eingesetzt werden. „Um ein Assassine zu werden, müsst ihr euch an das Credo halten!“ Nichts ist wahr, alles ist erlaubt. Ich überlegte. Das Credo. Der Teil mit nichts ist wahr, war momentan wohl nicht allzu wichtig. Doch, dass alles erlaubt war, machte mir Sorgen. Al Mualim fuhr fort. „In Masyaf gibt es halb so viele Flaggen, wie es Prüflinge gibt! Diejenigen, die mir bis Sonnenuntergang eine Flagge bringen, werden in den Rang eines Novizen erhoben und bekommen ihren Meister zugeteilt!“ Die Menge wurde nervös. Ich spannte meinen Körper an. Wenn Al Mualim das Zeichen geben würde, würden alle blind auf den Ausgang zustürmen ohne nachzudenken. Wahrscheinlich würden sich die ersten schon vorher anfangen zu prügeln. Ich musste mir also eine andere Strategie ausdenken. Al Mualim hob die Hand. „Geht!“ Wie erwartet stürmten die Jungen auf das Tor zu. Ich sah, dass Kadar ebenfalls stehen blieb. Ich musste grinsen. Er war doch nicht so dumm, wie ich gedacht hatte. Grundsätzlich hatte ich Respekt vor Leuten, die erst dachten und dann handelten. War Kadar gerade nicht wütend, schien er durchaus auch in der Lage zu sein zu denken. Die ersten hatten angefangen vor dem Tor zu streiten. Ich sah zu den Waffen, die überall im Hof herumstanden. Sie waren für das Training gedacht. Ich überlegte kurz. Mein Plan würde wahrscheinlich funktionieren. Schliesslich rannte ich ebenfalls los. Ich steuerte auf eines der Schwerter zu, schnappte es mir, rannte zum Tor und zerschnitt das Seil, an dem das Fallgitter festgemacht war. Während ich mich daran festhielt, sauste ich auf die Burgmauer. Die Jungen sprangen zurück und schrieen wütend. Ich rannte zur Balustrade. Hier waren leider keine Vorsprünge. Ich sah aus den Augenwinkeln, wie Kadar eine Leiter hinaufgestiegen war. Wieder stellte er unter Beweis, dass er doch cleverer war, als unser erstes Treffen hätte vermuten lassen. Denn er zog die Leiter hoch, bevor die anderen Jungen reagieren konnten. Dann schoss er an mir vorbei, rannte zu einem Vorsprung und sprang. Ich sah, wie er unten in einem Heuhaufen landete. Das war ziemlich unfair. SO WAS hatte man mir nie beigebracht! Ich hatte das Schwert weiter in der Hand. Wenn schon nicht springen, dann halt eben anders. Ich stieg über die Balustrade, rammte die Klinge in die Mauer und rutschte, ähnlich wie Sandokan an seinen Segeln, hinunter. Das Schwert würde wohl niemand mehr gebrauchen können, so stumpf wie es jetzt war. Aber eigentlich war das in diesem Moment egal. Wenn ich richtig gezählt hatte, dann war mindestens die Hälfte der Jungs vorläufig aus dem Rennen. Damit würde es wohl genügend Flaggen in Masyaf haben. Ich warf einen Blick zurück zum Fallgitter. Einige der Eingesperrten hatten sich die Kapuzen abgenommen. Ich riss die Augen auf. Das waren gar keine Jungen! DAS waren ausgebildete Assassinen! Natürlich! Der erste Teil des Credos! So unwichtig war er doch nicht. Ich hatte Al Mualim gründlich verschätzt. Ich begann zu rennen. Natürlich waren alle der Prüflinge davon ausgegangen, dass alle Anwesenden auch wirklich Prüflinge waren. Aber ganz nach dem Motto „Nichts ist wahr“ hatte Al Mualim Gegenspieler eingeschleust. Damit waren wohl nicht 10 Flaggen in Masyaf verteilt, sondern blosse 5. Ich erreichte das erste Haus. Ich sah, wie ein Junge auf dem Dach gegen einen anderen kämpfte. Den Bewegungen zu folge, handelt es sich bei dem einen um einen Assassinen. Das lies meine Chancen ziemlich sinken. Ich hatte keine grosse Lust einem dieser Kerle zu begegnen. Körperliche Schmerzen machten mir zwar nichts aus. Und ich hatte auch nicht allzu viel Achtung vor mir selber, so dass ich mich nie wirklich schonte. Dennoch wäre es hier unangebracht gewesen mich blindlings in die Gefahr zu stürzen. Ein gewisses Mass an Vorsicht wäre also geboten. Ich konnte keine Zeit damit verlieren gegen einen ausgebildeten Assassinen anzutreten. Zudem war ich ja auch noch unbewaffnet. Und ob das auch auf unsere Gegner zutraf, wagte ich zu bezweifeln. Ich spurtete weiter. Ich musste möglichst schnell eine dieser blöden Flaggen finden. Doch das war einfacher gesagt als getan. Ich hörte in einem Innenhof ein Scheppern. Langsam sah ich um die Ecke. Da stand Kadar. Er kämpfte gegen einen der Assassinen. Die Fahne lag im Hof. Ich beobachtete sie. Vielleicht war es mir möglich die Flagge einfach zu mopsen, während sich die anderen beiden die Köpfe einschlugen. Schliesslich entschied ich mich dagegen. Das wäre dann doch ziemlich unehrenhaft. Ich machte mir nicht viel daraus, was andere von mir dachten. Es war mir sogar ausgesprochen egal. Die Menschen hatten mir nie in irgendeiner Form Vertrauen oder Zuneigung entgegen gebracht. Man hätte schon fast sagen können, ich sei xenophob und eine Menschenhasserin. Dennoch hatte ich meine eigenen Massstäbe von Ethik und angemessener Verhaltensweise. Also würde ich mir nicht die Situation von Kadar zu Nutzen machen. Schliesslich kämpften wir im Prinzip auf der gleichen Seite. Auch wenn es mir egal war, ob er sein Ziel erreichte, oder scheiterte. Der Junge konnte es gut mit dem anderen aufnehmen. Ich hatte ihn richtig eingeschätzt. Wenn er sich nicht hätte reizen lassen, wäre er mit mir spielend fertig geworden. Im Nachhinein war es vielleicht keine allzu gute Idee gewesen ihn zu provozieren. Allerdings war es schlicht meine Art mit niemandem von Anfang an nett zu sein. Ich lies mich nie von irgendwelchen Titeln oder Positionen beeindrucken. Ich konnte durchaus die Taten von Leuten anerkennen. Dennoch musste man sich meine Anerkennung meistens erst erarbeiten. Kadar war drauf und dran meinen ersten Eindruck von ihm zu widerlegen. Das musste ich ihm wirklich zu gute halten. Der Assassine kämpfte allerdings ziemlich unfair. Er griff in den Sand und schleuderte diesen Kadar in die Augen. Das war ja echt daneben. Es schien so, als ob er nicht mit seiner drohenden Niederlage zurecht kam. Und eine solche würde er unweigerlich erleiden, wenn er fair gegen Kadar kämpfte. Mein „Rivale“ ging zu Boden und hustete. Der Assassine lachte und kniete sich auf seine Brust. „Tja... jetzt sind wohl ein paar Schläge fällig...“ Er holte aus und verpasste Kadar eine Faust ins Gesicht. Das war mir dann schliesslich zu viel. Ich hob eine Vase auf, schlich mich an den Assassinen an, der es genoss den wehrlosen Kadar zu verprügeln und zerschlug sie auf seinem Kopf. Kurz blieb der Mistkerl noch sitzen und kippte dann seitlich weg. Kadar blinzelte. Er hatte ein ziemlich zerschlagenes Gesicht. Ich streckte ihm die Hand hin und zog ihn auf die Beine. Dann hob ich die Flagge auf und streckte sie ihm hin. „Hier!“ Er sah mich misstrauisch an. „Warum hilfst du mir?“ Ich verdrehte die Augen. „Das Credo. Schon vergessen? Ehre die Bruderschaft!“ Er nickte langsam und spuckte Blut aus. „Hast du deine Fahne schon.“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein... ich werd noch ein wenig weiter suchen...“ Damit drehte ich mich um und machte mich weiter auf die Suche. Es würde ziemlich mühsam werden. Manchmal verfluchte ich meine Arroganz und meinen Stolz. Wahrscheinlich wäre es einfacher gewesen Kadar einfach nach einem möglichen Versteck zu fragen. Aber natürlich lies mein Stolz das nicht zu. Wo hatten sie bloss diese blöden Flaggen versteckt? Schliesslich kletterte ich auf ein Haus. Etwas unter mir, sah ich eine Gartenlaube. Als der Vorhang leicht zur Seite wehte, sah ich das Aufblitzen der Fahnenstange. In Windeseile kletterte ich hinunter und sprang in die Laube. Ich wollte gerade nach der Flagge greifen, als ich einen Schlag in den Bauch verpasst bekam. Ich Tölpel war unvorsichtig geworden. Der Assassine hatte sich im hinteren Teil der Laube versteckt. Ich keuchte. Er grinste mich dreckig an. „Aha... hier haben wir ja das Vögelchen, von dem überall gezwitschert wird...“ Ich wich einen Schritt zurück. Mit einem Griff riss er mir den Schleier vom Gesicht. „Und wirklich so schön, wie alle behaupten!“ Ich schnaubte. Na ganz toll, jetzt sass ich wirklich in der Patsche. Mein Herz begann wie wild zu schlagen und ich spürte, wie das Adrenalin durch meinen Körper schoss. Jeder Muskel in meinem Körper spannte sich an. Er kam auf mich zu und entblösste eine Reihe Zähne, welche mich an eine abgebranntes Dorf erinnerten. DAS war ja echt eklig. Er grinste noch breiter. „Wir beide sollten uns ein bisschen Spass gönnen, findest du nicht!“ Ich verzog das Gesicht. „Ich weiss nicht, ob du es so lustig finden würdest, wenn ich dir in die Eier trete!“ Meine grosse Klappe hatte wieder vor meinem Kopf reagiert. Es war ziemlich dumm den Kerl auch noch zu provozieren. Er lachte gemein. „Vögelchen! Du wirst ganz anderes mit meinen Eiern tun!!“ Ich hätte am liebsten gleich gekotzt. Allein die Vorstellung war genug um sich von einer Klippe zu stürzen. Ich war mit dem Rücken an der Wand angelangt. Das war nicht gut. Ich würde mir schnell etwas einfallen lassen müssen. Grundsätzlich lebte ich nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“. Hier würde mich das aber nur begrenzt weiter bringen. Der Kerl war mir körperlich überlegen. Ich lächelte ihn an. Er grinste. „Die Vorstellung gefällt dir wohl!“ Ich fragte mich langsam, warum Männer immer an so massloser Selbstüberschätzung litten. Ich räkelte mich leicht an der Wand und warf ihm ein weiteres Lächeln zu. Er kam weiter auf mich zu. Als er direkt vor mir stand und mich mit seinem fauligem Atem anhauchte, hob ich die Hand. Offenbar hatte ich ihn aber unterschätzt, denn er hatte damit gerechnet und fing meine Hand ab. Verfluchte Arroganz. Mein Vater hatte mir immer gesagt, dass dies meine grösste Schwäche sei. Ich schluckte. Die Situation entglitt langsam meiner Kontrolle. Er lachte dreckig. „Wie schön... ich steh drauf, wenn sie sich wehren!“ Er hielt meine Hände fest und verpasste mir eine schallende Ohrfeige. Doch plötzlich liess er mich los und griff sich an den Hinterkopf. Ich sah den Stein, der ihn offenbar getroffen hatte. Blitzschnell reagierte ich und rammte ihm mein Knie in die Weichteile. Mit einem Stöhnen ging er in die Knie. Dieses Mal war er nicht schnell genug um meine Schläge abzufangen. Ich schlug ihm mit beiden Händen auf die Ohren. Dann rammte ich ihm meinen Handballen unter die Nase und brach sie. Er riss die Augen auf und ging dann ko. Ich schnappte mir die Flagge und spuckte das Blut in meinem Mund aus. Assassine war er damit auch gewesen. Meine Schläge auf die Ohren hatten sein Trommelfell und damit seinen Gleichgewichtssinn zerstört. Der Typ würde nie wieder richtig laufen können. Ich liess ihn liegen und kletterte aus der Gartenlaube. Auf dem gegenüberliegenden Dach sass Kadar. Ich winkte ihm mit der Flagge zu. Er grinste mit seiner aufgerissenen Lippe und hob ebenfalls seine Hand mit der Fahne. Dann drehte er sich um und rannte zurück zur Burg. Ich rannte ebenfalls los. Die Sonne war fast untergegangen, wir mussten uns beeilen, wenn wir rechtzeitig zurück sein wollten. Die Assassinen hatten das Fallgitter inzwischen wieder hochgezogen. Kadar kam kurz vor mir in der Burg an. Hinter mir rannte noch ein Junge durch das Tor. Al Mualim sah uns mit unbewegter Miene entgegen. Wir gingen zu dritt auf ihn zu. Die anderen beiden, die es hinaus geschafft hatten, waren wohl den Assassinen zum Opfer gefallen. Atemlos standen wir vor dem Grossmeister. Er nickte uns dreien zu. „Nun gut... wie es scheint, habt ihr eure Aufgabe erfolgreich gemeistert!“ Er musterte einen nach dem anderen. Dann sah er zurück zum Tor. Zwei Assassinen kamen grinsend durch das Tor geschritten. Sie nickten uns anerkennend zu. Die Jungen, die ihnen begegnet waren, hatten den Kampf offensichtlich verloren und lagen nun schwer verprügelt in Masyaf’s Gassen. Al Mualim erhob wieder das Wort. „Ihr habt euch des Credos würdig erwiesen! Ihr werdet in den Rang eines Novizen erhoben! Als solcher habt ihr die Befehle der ranghöheren Mitglieder zu befolgen! Ihr werdet tun, was man euch sagt!“ Ein dreifacher Nicken war die Antwort. Drei Assassinen kamen auf uns zu. Al Mualim teilte uns unsere neuen Meister zu. „Hamid!“ Das schien der dritte Junge zu sein. „Dein Lehrmeister wird Abbas sein!“ Der Assassine namens Abbas trat auf den Jungen zu, nickte freundlich und wies ihn dann an, ihm zu folgen. „Kadar! Dein neuer Meister wird dein Bruder Malik sein!“ Ein enttäuschter Ausdruck trat auf Kadars Gesicht. Es schien, als ob er Altaïr richtiggehend vergötterte. Ich persönlich verstand das nicht. Der Kerl war mir nicht wirklich sympathisch. Und nur schon die Tatsache, dass es sich offensichtlich um Al Mualim’s persönliches Schosshündchen handelte, machte ihn mir noch unsympathischer. Kadar trottete hinter seinem Bruder her. Eigentlich war er kein so übler Typ. Zumindest nicht so übel, wie ich ihn anfänglich eingeschätzt hatte. Ich hätte ihm gegönnt, wenn er zu seinem Wunschmeister gekommen wäre. Schliesslich war ich an der Reihe. „Elen! Dein Meister wird Altaïr sein! Gehorche ihm!“ Offensichtlich schätzte mich der Grossmeister besser ein, als es mir lieb sein konnte. Ansonsten hätte er den letzten Satz kaum ausgesprochen. Damit war die Prozedur abgeschlossen. Mein neuer Meister bedeutete mir, ihm zu folgen. Es ging wieder zurück in die Burg. Doch dieses Mal ging es nicht zurück in mein altes Zimmer, sondern in den Trakt, der den Assassinen vorbehalten war (wie ich zumindest später erfuhr). Altaïr war die Schweigsamkeit in Person. Das war mir auf eine gewisse Art und Weise recht. Wie schon angedeutet war ich nicht wirklich der umgängliche Typ. Die Diskussionen mit Malik hatte ich zwar geschätzt, weil sie mich herausgefordert hatten. Dennoch war ich jeweils nicht allzu traurig, wenn die Leute mich in Ruhe liessen. Wir hielten vor einem Zimmer an. Altaïr musterte mich. „Glaub ja nicht, dass du irgendwelche Bevorzugungen zu erwarten hast!“ – „Nein, Meister!“ Er sah mich weiter an. „Al Mualim glaubt, dass du aussergewöhnliche Fähigkeiten hast! Deshalb wirst du mehr zu leisten haben, als jeder andere Novize! Gewöhn dich schon einmal daran!“ Ich nickte. „Ja, Meister!“ Er deutete auf eine Tür. „Gut... dein Zimmer ist direkt gegenüber von meinem. Wir stehen bei Sonnenaufgang auf! Du wirst mich morgen auf eine Mission begleiten!“ Ich nickte wieder. „Ja, Meister!“ Als er in seinem Zimmer verschwunden war, drehte ich mich um und ging ebenfalls in meins. Es war ähnlich eingerichtet wie mein letztes. Hier lagen aber die Kleider eines Assassinen neben dem Bett. Ich war also tatsächlich eine Assassinin geworden. Hätte man mir das vor ein paar Wochen gesagt, hätte ich wohl noch darüber gelacht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)