You won't ever feel a thing von Sassassin (Fred x George) ================================================================================ Kapitel 1: Fear --------------- Ich lausche dem leisen Rattern des Zuges, während die Landschaft vor mir vorbei zieht. Seit geraumer Zeit sehe ich nur nach draußen und beobachte, wie die Landschaft sich verändert. Wie Hogwarts langsam hinter den Bergen verschwand, und wir über die große Brücke fuhren. Für gewöhnlich hätte ich weitaus besseres zu tun. Zum Beispiel mit meinem kleinen Bruder Unfug zu treiben. Gibt schließlich nichts besseres. Aber er sitzt mir Gegenüber, den Kopf gegen das Fenster gelehnt. Er ist eingeschlafen, kaum, dass wir im Zug saßen. Jeden anderen würde ich damit aufziehen, ihm einen Streich spielen, nur bei George kann ich das nicht. Das hat nichts damit zu tun, dass es George ist. Ich habe ihn schon hin und wieder hereingelegt. Es ist eine Herausforderung, weil er mich so gut kennt. Aber gerade wenn er schläft, ist es zu einfach. Es liegt an dem Tag. Heute kann ich es nicht. Vor wenigen Stunden saßen wir noch in Hogwarts, alle versammelt in der großen Halle. Niemand von uns hätte gedacht, dass unser sechstes und somit vorletztes Schuljahr so enden würde. Wir alle haben schwarz getragen. Es ist nicht so, dass es etwas unnatürliches wäre, da die Uniformen schwarz sind. Aber das war etwas vollkommen anderes. Es ist nicht so, dass wir Cedric Diggory gut gekannt hätten. Es ist auch nicht so, dass wir ihn richtig mochten. Wir haben ihn aber auch nicht gehasst. Es war ein vollkommen normales Verhältnis. Reingelegt haben wir ihn eigentlich nie. Auch, wenn er es verdient hätte, nachdem Hufflepuff letztes Jahr im Quidditch gewonnen hat. Manchmal hatten wir mit ihm gemeinsam Unterricht, meistens Kräuterkunde und anderes unwichtiges Zeug. Wir mussten hin und wieder gemeinsam arbeiten. Er wirkte sympathisch, er hatte sogar guten Humor. Und vielleicht hat mich deswegen die Beerdigung so nachdenklich gestimmt. Es ist ein Verlust. Nicht für mich persönlich, ich habe niemanden verloren, der mir wichtig war. Es klingt vermutlich kaltherzig, aber er war nur eine Nebenrolle in meinem Leben, die ihre Arbeit zu schlecht gemacht hat, um zur Hauptrolle aufzusteigen. Aber für seine Eltern war er wichtig und für seine Freunde. Die Rede, die Dumbledore ihm zu ehren gehalten hat, hat so ziemlich jeden berührt. Natürlich gab es Ausnahmen, die gibt es immer. Sie hat mich nicht richtig erreicht. Zu sehr war ich davon gebannt, dass mein kleiner Bruder geweint hat. Mein George hat wegen Cedric Diggory geweint, obwohl er ihn kaum kannte. Das hat mich berührt. George war immer der empfindlichere von uns. Während ihm die Tränen über das Gesicht liefen, hat er keinen Mucks von sich gegeben. Und er hat ins Leere gestarrt. Ich weiß nicht einmal, ob er überhaupt gehört hat, was Dumbledore gesagt hat. Aber vermutlich schläft er deswegen jetzt so fest. Weil er erschöpft und ausgelaugt ist, von diesem Tag, der an seinen und auch an meinen Nerven gezerrt hat. Wie ich schon gesagt habe, war Cedric niemand, der mir viel bedeutet hat. Aber das heißt lange nicht, das so etwas spurlos an einem vorbei zieht. Wenn ich ehrlich bin, hat es mir Angst gemacht. Es hat mir gezeigt, wie schnell alles vorbei sein kann. Wie schnell man jemanden verlieren kann. Das war wie ein Schlag ins Gesicht. Ich überlege mir die ganze Zeit, wie es wohl wäre, wenn George sterben würde. Ich überlege mir, wie ich reagieren würde. Und ich überlege mir, wie es dann weiter gehen würde. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, auch nur darüber nachzudenken. Allein der Gedanke daran schmerzt tief in meiner Brust. Alles zieht sich zusammen und es ist, als hätte man etwas sehr schweres auf meinen Brustkorb gelegt, das mich daran hindert richtig zu atmen. Wenn allein der Gedanke so sehr schmerzt will ich nicht wissen wie es ist, wenn es wirklich so kommen sollte. Ich könnte das nicht ertragen. Der Wagon beginnt stark hin und her zu rütteln, als eine Unebenheit in den Schienen überquert wird. Georges Kopf bewegt sich leicht und er runzelt die Stirn, gibt ein unzufriedenes Geräusch von sich. Fast wäre er aufgewacht. Nachdem ich mir sicher bin, dass er wieder richtig schläft, sehe ich wieder aus dem Fenster. Ich frage mich, wieso mir das erst jetzt bewusst wird. Dass es so schnell vorbei sein kann. Von einem Moment auf den anderen alles anders werden kann. Dass alles zusammenbrechen kann. Ich war nie jemand, der sich unnötig viele Sorgen gemacht hat. Wenn es um George ging, war es immer etwas anderes. Aber in solch einem Ausmaß ist das auch noch nicht vorgekommen. Es wundert mich allerdings nicht. Immerhin ist ein Klassenkamerad gestorben. Er war eine Nebenrolle. Aber was, wenn die Person stirbt, die mir am wichtigsten auf der Welt ist? Wenn mein kleiner Bruder ermordet wird, genau wie Cedric, dann...ich weiß nicht, was dann ist. Ich glaube nicht, dass ich das aushalten könnte. Wie könnte ich ohne George leben? Das kann ich mir einfach nicht vorstellen. Und eigentlich will ich das auch nicht. Aber ich kann es nicht vermeiden. Erneut fährt der Zug über ein unebenes Stück Gleis, wodurch George sich den Kopf am Fenster anschlägt, an welches er bis eben noch gelehnt hat. „Au!“ Verwirrt und müde sieht er mich an, hält sich die Hand an seinen Kopf. Er braucht einen kurzen Augenblick, bis ihm zu dämmern scheint, dass er eingeschlafen ist. „Wie lange habe ich geschlafen?“ „Du bist eingeschlafen, gleich nachdem wir losgefahren sind.“ Er fährt sich durch die Haare. Als er das tut, sieht er unglaublich erschöpft aus. Nicht so, als hätte er bereits vier Stunden geschlafen. Ich weiß, dass es an ihm nagt. Viel mehr als an mir. Er streckt sich leicht und sieht mich an. „Hast du dich nicht gelangweilt? Wieso hast du mich nicht geweckt?“ Er grinst mich an. „Sonst hast du auch kein Problem damit, mich zu Ärgern wenn ich schlafe.“ Dieses Grinsen ist gefälscht. Es passt einfach nicht zu seiner Ausstrahlung. „Weil es heute anders ist.“ Sofort hört er auf mich so verfälscht anzugrinsen. Er seufzt leise und lehnt seinen Kopf an die Lehne seines Sitzes. „Schlaf ruhig weiter, wenn du möchtest.“ Aber er schüttelt den Kopf, steht auf und setzt sich neben mich. „Tut mir Leid, Fred.“ Ich reagiere nicht darauf. Er lehnt seinen Kopf gegen meine Schultern und schließt wieder die Augen. Ich lasse ihn einfach gewähren und sehe weiter aus dem Fenster. Nach ein paar Minuten merke ich, wie sein Atem leiser und langsamer wird. Er ist wieder eingeschlafen. Erst jetzt lege ich meinen Kopf an seinen und sehe nachdenklich vor mich hin. Wenn mich das schon so zum nachdenken bringt, wie sieht es dann in George erst aus? Vielleicht ist er auch von seinen Gedanken so müde. Es kann erschöpfend sein, so viel nachzudenken. George ist sensibler. Damit meine ich nicht, dass er auf alles mögliche reagiert. Aber wenn ihn etwas mitnimmt, dann ist es schwer, ihn wieder aufzumuntern. Seine Haare kitzeln mich leicht im Gesicht. Wenn mich das schon so mitnimmt, dann muss George in Gedanken versinken. Vermutlich denkt er über dasselbe nach. Über meinen Tod. Und ich glaube, dass es ihm noch schlechter gehen würde wenn ich sterbe, als mir, wenn er stirbt. Das soll nicht heißen, dass ich nichts fühlen würde. Im Gegenteil, vermutlich würde ich irgendwann selbst deswegen vergehen. Aber für George würde es die Hölle auf Erden sein. Das bedeutet nicht, dass es für mich- Es ist schwer, es so auszudrücken, dass es nicht falsch aufgefasst wird. Ich wüsste auch nicht, wie ich es genauer erklären sollte. Aber ich muss ihn beschützen. Vor dem Gefühl, das ich gerade empfinde. Vor der Angst. Er soll keine Angst haben müssen. Nie. Auch nicht um mich. Ich werde alles tun, damit er nicht verletzt wird. Ich werde mich immer schützend vor ihn stellen, wenn es sein muss. Ich werde mich schützend über ihn werfen, wenn die Welt in sich zusammenfällt. Ich werde aufpassen, dass er nicht einen Kratzer bekommt. Ich werde alles, das die Welt ihm entgegen schleudern wird, abfangen. Ich verspreche, dass ihm nichts passieren wird. Dass er nichts fühlen wird. Dass ich da sein werde, wenn er mich braucht. Dass ich für ihn sterben werde, wenn ich ihn dadurch schützen kann. Ich schließe die Augen, nehme seine Hand in meine. „Ich werde dich beschützen, Georgie.“ Und obwohl ich weiß, dass er schläft, bin ich mir sicher, dass er sich jetzt am liebsten bedankt hätte. Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)