Elf Minuten. von abgemeldet (G-D x T.O.P) ================================================================================ Elf Minuten. ------------ “Entschuldigung… Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?” “Oh…n-nein! Wir… ähm…” “Alles in Ordnung, danke! Er hat nur seinen Autoschlüssel in der Jacke vergessen… aber wir haben ihn gerade gefunden!” Wahrscheinlich ist mein Mund noch immer vor Schreck geöffnet, als die junge Empfangsdame auf deine Erklärung hin nickt und sich mit einem irritierten Gesichtsausdruck wieder abwendet, da ich nach einigen Sekunden deine Finger an meinem Kinn spüre, die mit sanftem Druck versuchen, ihn zu schließen. Das war knapp - und verdammt peinlich. Also wirklich, was für eine Blamage! Hoffentlich ist der Frau zumindest nicht deine Hand aufgefallen, die unter meinem T-Shirt steckt. “Seung-Hyun, komm schon! Lass uns gehen… Schnell!” Und das Schlimmste daran ist, dass dir nicht einmal bewusst zu sein scheint, wie knapp wir hier gerade einem Skandal entgangen sind. Nur widerwillig ziehst du im Schutz der unzähligen Kleiderstangen deine Hand unter meinem Shirt hervor, während die Empfangsdame sich wieder den anderen Gästen widmet. Selbst das anzügliche Grinsen ziert noch immer deine Lippen, während mir der Schreck und die Tatsache, wie unangenehm mir diese Situation ist, wahrscheinlich geradezu ins Gesicht geschrieben steht. “Hast du es dir doch anders überlegt?” “Hm?” “Wolltest du nicht gerade wieder zurück zu den anderen gehen?” “Oh doch… Ich war nur in Gedanken. Können wir los?” “Wenn es sein muss…? Ich fand es schön hier, du etwa nicht?” Ich werfe dir einen entgeisterten Blick zu, ehe ich mit den Augen rolle und den Kopf schüttle. Manchmal verhältst du dich wirklich wie ein pubertärer Jugendlicher im sexuellen Notstand. Wahrscheinlich hättest du es sogar noch lustig gefunden, wenn uns jemand knutschend in der Garderobe vorgefunden hätte. Ein weiteres mal meinen Kopf über dich schüttelnd, setze ich mich in Bewegung. Ob die Anderen wohl fragen werden, wo wir so lange waren? Gerade, als ich versuche, mir eine plausible Erklärung auszudenken, spüre ich einen neckischen Schlag auf meinen Hintern, gefolgt von einem tiefen, mir nur allzu bekannten Lachen. “Seung-Hyun!” “Ich hab' nichts gemacht…” “Ich meine es ernst! Hör auf damit! Das gerade war nun wirklich peinlich genug.” “Ist doch nichts passiert… Warum bist du denn plötzlich so zickig?” “Zickig? Ich bin nicht zickig! Ich habe nur keine Lust, morgen in der Zeitung lesen zu müssen, dass man uns turtelnd in einer Garderobe ertappt hätte. Also benimm dich gefälligst anständig, klar?” “Oki-doki.” Schon an dieser dämlichen Antwort und daran, dass du mir statt einem einsichtigen Blick ein amüsiertes Grinsen schenkst, hätte ich erkennen müssen, dass du dich natürlich keineswegs zusammenreißen würdest. Noch während ich zum nunmehr dritten mal innerhalb weniger Minuten meinen Kopf über dich schüttle, sehe ich aus den Augenwinkeln, dass du es tatsächlich wagst, deine Hand ein weiteres mal in Richtung meines Hinterteils auszustrecken - und das, obwohl wir uns nur noch wenige Meter von der Empfangsdame und den beinahe unzähligen, vor der Garderobe wartenden Gästen befinden. “Unfassbar! Wie kann man nur so dreist sein?” “Ich hab' nichts gemacht… Dieses mal wirklich nicht!” Aber du wolltest etwas machen!” “Etwas zu wollen, ist doch nicht verboten. Es gäbe so einiges, das ich machen wollen würde, du nicht auch?” “Manchmal bist du wirklich ein Idiot, Seung-Hyun…” “Und du eine Zicke.” “So, du findest mich also zickig? Willst du mal etwas richtig zickiges hören? Die Zicke hat genug von dir und deinem pubertären Herumgealbere. Du kannst heute auf dem Sofa schlafen!” Ich warte deine Reaktion nicht einmal ab, sondern drehe mich einfach um und schreite hoch erhobenen Hauptes aus der Garderobe. Es dauert einige Sekunden, ehe ich schnelle Schritte hinter mir vernehmen kann, scheinbar hast du einen kleinen Moment gebraucht, um diese Ansage zu verdauen. Allerdings kann es genauso gut sein, dass du lediglich meine Rückansicht genossen und dich gedanklich über meine Drohung amüsiert hast. Seufzend gehe ich auf den Tisch zu, an dem der Rest der Band sitzt und hebe zum Gruß kurz die Hand, als Seungri auch schon mit neugierigem Blick die Frage stellt, die ihm sicher seit mehreren Minuten auf der Zunge brennt. “Wo wart ihr so lange? Ihr habt gesagt, ihr seid gleich wieder da… Das war vor über fünfzehn Minuten!” “Wir… Wir haben… ähm wir haben Seung-Hyuns Handy gesucht.” Oh nein, ich Idiot. Ich dummer Idiot. Ich unfassbar dämlicher Super-Mega-Vollidiot! Sein Handy - etwa das Handy, das gut sichtbar genau dort liegt, wo du bis eben noch gesessen hast? Eine dümmere Ausrede wäre wohl fast nicht möglich gewesen. Auch die Blicke der anderen Jungs schweifen in Richtung deines Mobiltelefons. Hilfesuchend sehe ich dich an, doch deinem belustigten Blick kann ich entnehmen, wie viel Vergnügen es dir bereitet, mich in dieser peinlichen Situation zu sehen. “Dieses Handy?” “Aber das lag doch total offensichtlich hier herum… Wo habt ihr denn danach gesucht?” “Unter Ji-Yon-…” “Meiner Jacke! Unter meiner Jacke!” Ich werfe dir einen bitterbösen Blick zu, während ich dich in einer geradezu verdächtig schrillen Tonlage unterbreche, den du allerdings lediglich mit einem scheinbar ratlosen Schulterzucken und einem gespielt ahnungslosen Lächeln beantwortest. Erst jetzt, nachdem ich den größten Schreck überwunden habe, wird mir klar, warum dich mein aufgebrachtes Verhalten so amüsiert. Natürlich hättest du niemals erwähnt, dass deine Suchaktion sich auf die Region unter meinem T-Shirt beschränkt hat. Du wolltest mich lediglich in eine noch schlimmere Erklärungsnot stürzen - und zu meiner Schande muss ich gestehen, dass dir das mehr als gelungen ist. “Unter deiner Jacke? Warum sollte sein Handy unter deiner Jacke sein?” “Ähm… Weil… Er hat… Seine Jacke hängt unter meiner in der Garderobe! Und darum… ähm also… Ich dachte eben, sein Handy wäre in seiner Jackentasche. Und seine Jacke ist unter meiner Jacke, klar?” “Oh man… Hättet ihr mal lieber uns gefragt.” “Ja, da hättet ihr euch die Suche sparen können… Naja egal, ihr habt nichts verpasst. Es wird noch auf einige Gäste gewartet.” Einen kurzen Blick auf die noch immer leere Bühne werfend, lasse ich mich auf den mir zugewiesenen Platz sinken. Auch du setzt dich auf deinen Stuhl, allerdings nicht, ohne mir ein breites Grinsen zu schenken. Ich bin mir sicher, dass ich mir später, wenn wir zu zweit sind, eine Menge Sticheleien und hämische Kommentare von dir gefallen lassen muss. Und obwohl mich allein der Gedanke daran rasend macht, kann ich nicht verhindern, dass meine Mundwinkel sich ebenfalls ein wenig heben. Warum musst du auch so verdammt gut aussehen, wenn du lachst? Wie soll ich dir ernsthaft böse sein, wenn du mir dieses verführerische, nur für mich reservierte Lächeln schenkst? Und das Schlimmste daran ist, dass du ganz genau weißt, dass ich es nicht kann, dass du ganz genau weißt, dass ich immer und immer wieder schwach werde und diese Tatsache beinahe täglich schamlos ausnützt. Und obwohl ich es weiß und mich im Nachhinein jedes mal über meine eigene Nachgiebigkeit ärgere, dauert es im Normalfall höchstens ein paar Stunden, ehe ich deinem Lachen erneut verfalle. “Ey! Was…? Oh…” Scheinbar hast du mein angedeutetes Lächeln bereits stillschweigend als Sieg interpretiert. Vielleicht macht es dir aber auch einfach nur Spaß, es noch ein wenig weiter auf die Spitze zu treiben. Wie kannst du nur so dreist sein? Empört hebe ich den Blick ein wenig, um dir zu verdeutlichen, dass mein Bedarf an peinlichen Aktionen für heute gedeckt ist, doch wie nicht anders zu erwarten, hältst du den Blick stur auf dein Handy gerichtet und tippst scheinbar beschäftigt darauf herum. Wie hast du es, ohne einen Blick unter den Tisch zu werfen, überhaupt geschafft, genau mein Bein zu finden? Oder hast du einfach alle Beine in Reichweite gestreift und darauf gewartet, dass ich eine Reaktion zeige? Wenn ja, klopfst du dir nun wahrscheinlich gedanklich auf die Schulter. Warum muss ich es dir auch immer so dermaßen einfach machen? Beinahe unmerklich räuspere ich mich in der naiven Hoffnung, du könntest deinen Kopf anheben und mich ansehen, doch außer deinem Bein, das immer und immer wieder über meines streift, regt sich nichts an dir. “Seung-Hyun…!” “… Ja?” “Schon gut.” Für einen Moment spiegelt sich ein Hauch von Enttäuschung in deinen Augen. Hast du allen ernstes angenommen, ich würde dich darum bitten, damit aufzuhören, unter dem Tisch mein Bein zu streifen? Die Ausrede mit der Jacke war wirklich peinlich genug - ein weiteres mal werde ich mich heute Abend sicher nicht blamieren. Noch während du mir erneut ein unschuldiges Lächeln zuwirfst und anschließend deinen Blick wieder dem Display deines Mobiltelefons widmest, spüre ich, wie dein Fuß erneut mein Bein erkundet, spielerisch mein Schienbein streift und ein angenehmes Kribbeln hinterlässt, das sich von dort aus langsam überall hin ausbreitet und mir beinahe ein leises Kichern entlockt hätte. “Au! Hey… Ji-Yong!” “Hm? Oh, wie sagst du immer so schön? Ich hab' nichts gemacht.” “Doch, du hast mich getreten!” “Oh… Ich habe lediglich meine Beine überschlagen. Konnte ja nicht wissen, dass du deine unter dem Tisch bis auf meine Seite ausstreckst…” Eins zu Null für Kwon Ji-Yong. Ich kann deinem verdutzten Gesichtsausdruck entnehmen, dass du fest damit gerechnet hast, dass ich mich erneut um den Finger wickeln lasse durch ein paar versteckte Streicheleinheiten und ein freches Grinsen von dir. Ich kann beinahe sehen, dass dein Gehirn auf Hochtouren arbeitet und fieberhaft nach einer coolen Antwort sucht, doch außer der Tatsache, dass dein Mund bereits geöffnet ist, lässt nichts darauf schließen, dass innerhalb der nächsten Minute eine schlagfertige Antwort deine Lippen verlassen wird. “Mund zu, es zieht…” Noch während Taeyang dich scherzhaft dazu auffordert, deinen Mund wieder zu schließen, nehmen die beiden Jüngsten dir diese Arbeit ab, indem sie, einer von der linken und einer von der rechten Seite, dir grinsend mit dem Finger von unten gegen das Kinn drücken. Momente, in denen man dich sprachlos erlebt, sind selten und umso amüsierter verfolgt jeder am Tisch deinen Versuch, die Fassung wieder zurück zu erlangen. So wie du mir, als ich vorhin verzweifelt versucht habe, mich aus der peinlichen Lage zu retten, in die ich mich mit meiner schlecht durchdachten Ausrede katapultiert habe, grinse nun ich dich lediglich an, statt ein Machtwort zu sprechen. “Ach… Lasst mich.” “Nun sei doch nicht gleich eingeschnappt…” “Ja, war doch nur Spaß. Du neckst uns auch ständig!” “Meine Späße sind lustig. Wenn ihr mich live im Fernsehen lächerlich macht, ist das nicht lustig.” “Die Show geht doch noch nicht einmal los, also filmt auch noch keiner. Außerdem ist es nicht weniger peinlich, wenn du minutenlang mit geöffnetem Mund am Tisch sitzt, als wenn die Beiden so nett sind, ihn für dich zu schließen.” Ich rolle mit den Augen, während ich auf die Kameraleute zeige, die noch damit beschäftigt sind, ihre Filmutensilien aufzubauen, die Lichteinstellungen zu überprüfen und Probefotos von der Bühne zu machen. Keiner von ihnen hält die Kamera in unsere Richtung, warum also führst du dich so auf? Mir ist klar, dass es dir nicht in den Kram passt, dass uns vorhin jemand beim Herumturteln gestört hat, dass ich nicht auf deine neckischen Spielchen eingegangen bin und ich dir vorhin zu allem Überfluss auch noch eine Nacht auf der Couch angedroht habe - allerdings ist das keine Rechtfertigung dafür, diese schlechte Laune nun am Rest der Band auszulassen. “Hör auf, dich einzumischen, Ji-Yong…” “Warum einmischen? Ich habe nur gesagt, dass du keinen Grund hast, die Beiden anzumotzen, weil die Kameraleute noch längst nicht berei-…” “Ja ja. Brauchst es nicht zu wiederholen, ich bin nicht schwerhörig.” Ich zucke mit den Schultern und werfe den anderen am Tisch einen hilfesuchenden Blick zu, doch auch sie scheinen nicht zu wissen, wie man diese Situation am besten entschärfen könnte. Somit bleibt eigentlich nur die Hoffnung, dass sich deine Laune auf wundersame Weise innerhalb der nächsten zwei Stunden von alleine bessert. Was sollen die Fans denken, wenn du auf der Bühne solch einen grimmigen Gesichtsausdruck präsentierst? Auch Taeyang scheint diese Frage zu beschäftigen, da er sich nach einigen Minuten des Schweigens leise räuspert, um unsere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. “Vielleicht… Vielleicht solltest du für ein paar Minuten ins Freie gehen. Ein bisschen spazieren gehen, tief durchatmen - dich ein bisschen beruhigen, verstehst du?” “Sagt doch einfach, dass ihr wollt, dass ich gehe… Ich bin dann mal draußen. Viel Spaß euch!” “So hat er es nicht gemeint! Seung-Hyun…! Na toll…” Ich lasse mich seufzend zurück auf den Stuhl sinken, von dem ich mich instinktiv erhoben habe, als ich versucht habe, dich dazu zu bewegen, dich noch einmal umzudrehen, um uns die Gelegenheit zu geben, uns zu erklären. Warum machst du es uns heute auch so verdammt schwer? Es ist ja beinahe so, als würdest du zwanghaft alles falsch verstehen, das wir zu dir sagen. Dabei bist du sonst gar nicht der Typ Mensch, der so leicht aufzuregen ist. “Sollte einer von uns nach ihm sehen und sich entschuldigen?” “Nein. Keiner von uns hat etwas Falsches gesagt oder getan. Wenn er jetzt eingeschnappt ist, ist das nicht unsere Schuld. Lassen wir ihn einfach ein paar Minuten schmollen, er kommt sicher gleich wieder.” Ich schenke Seungri, Daesung und Taeyang ein aufmunterndes Lächeln, ehe ich mehr alibiweise als aus Durst mein Glas zum Mund führe und das Gespräch damit für beendet erkläre. Auch die Anderen wenden sich ihren Getränken und Handys zu oder lassen ihren Blick durch die Halle schweifen. Ob sie meiner Meinung sind? Oder hören sie lediglich auf mich, weil ich der Bandleader bin? Oder denken sie, ich wüsste, was zu tun wäre, weil du und ich so viel Zeit zusammen verbringen? Falls Letzteres der Fall sein sollte, müsste ich sie leider enttäuschen - so überzeugt, wie meine Stimme geklungen hat, bin ich eigentlich nicht von dem, das ich gerade gesagt habe. Ob ich vielleicht doch kurz nach dir sehen sollte? Nur, um dir zu erklären, dass wir es nicht böse gemeint haben? Aber kann ich einfach gehen? Wie lässt es den Rest der Band wirken, wenn beinahe die Hälfte der Mitglieder nicht anwesend ist - noch dazu der Bandleader? Andererseits wird es noch einige Minuten dauern, ehe die Verleihung beginnt und für die Kategorien, in denen vor der Pause Preise verliehen werden, sind wir ohnehin nicht nominiert. Warum also sollte man unseren Tisch einblenden? Aber was, wenn es dich nur noch wütender macht, wenn ich dir nun auch noch nachlaufe? Zwar meine ich es nur gut - aber was ist, wenn du auch diese Tat falsch verstehst? Schließlich gibst du dir heute scheinbar alle Mühe, uns so ziemlich jedes Wort im Mund zu verdrehen und alles falsch zu verstehen, das wir tun. Lauter als eigentlich beabsichtigt, seufze ich auf, während ich mir ratlos mit der Hand durch die Haare fahre. Wie konnte mir dein Grinsen vorhin nur auf den Geist gehen? Jetzt gäbe es nichts, das ich lieber sehen würde, wenn ich auf den leeren Stuhl blicke, auf dem bis vor wenigen Minuten noch du gesessen hast. “Alles in Ordnung?” “Ist es wegen Seung-Hyun? Willst du nicht doch nach ihm sehen?” “Ja, er ist doch dein bester Freund… Los, Ji-Yong! Geh zu ihm, bring alles in Ordnung und komm dann mit einem gut gelaunten Seung-Hyun wieder zu uns zurück. Wenn irgendjemand es schafft, ihn zu besänftigen, dann nur du!” Wahrscheinlich hat Daesung sogar recht. Na gut - bester Freund ist vielleicht nicht ganz richtig aber die Vermutung, dass ich die größten Chancen habe, deine schlechte Laune zu vertreiben, ist nicht aus der Luft gegriffen. Aber dieses mal ist es etwas anderes… Du bist nicht wütend auf einen Background-Tänzer, jemanden aus dem YG-Team oder hast irgendein anderes Problem, über das du mit mir sprechen möchtest. Viel eher bist du böse auf mich - wenn auch eigentlich ohne wirklichen Grund. Schließlich bin ich nun wirklich nicht der einzige Mensch auf dem Planeten, der ein Problem damit hat, auf frischer Tat beim Turteln in der Garderobe ertappt zu werden. “Los jetzt! Geh schon zu ihm!” “Aber die Show geht bald los… Ihr wärt dann ganz alleine. Was sollen die Leute von uns denken?” “Wie kann man denn alleine sein, wenn man zu dritt ist? Und was die Anderen denken, ist doch egal. Bis zum Auftritt seid ihr doch sowieso wieder da und dann sieht der Rest der Welt ja, dass alles in Ordnung ist.” “Eben. Und jetzt geh zu Seung-Hyun und sieh zu, dass auch wirklich alles in Ordnung ist bis dahin!” Ich werfe ein dankbares Lächeln in die Runde, ehe ich mich erhebe. Die Drei sind wirklich die besten Freunde, die man sich nur vorstellen kann. Aus den Augenwinkeln sehe ich noch, dass Seungri seine Daumen in die Höhe streckt und kann Daesungs Stimme vernehmen, die mir viel Erfolg wünscht, während ich mir einen Weg durch die Menge suche. Wohin du wohl gegangen bist? Ob du wohl dein Handy dabei hast? Und noch viel wichtiger - ob du wohl ans Telefon gehst, wenn du meine Nummer auf dem Display siehst? Schon nach wenigen Sekunden ist klar, dass du wohl keine Lust darauf hast, mit mir zu telefonieren. Seit wann bist du so nachtragend? Sonst machst du dich immer über mich lustig, nennst mich eine Zicke und betonst, dass du dich nie so eingeschnappt verhalten würdest. Tja Seung-Hyun… Sag niemals nie - oder wie lautet dieses Sprichwort? Noch immer laufe ich zielstrebig auf den Ausgang zu, vorbei an den vielen anderen Prominenten und einigen glücklichen Fans, die bei irgendwelchen Gewinnspielen ein paar der begehrten Karten gewonnen haben. “Ji-Yong! Hey, Ji-Yong!” Ruckartig werde ich herumgewirbelt und brauche einen Moment, um die Person, die mich so unsanft in dessen Richtung gezogen hat, als einen unserer Tänzer zu identifizieren. Für einen Moment hatte ich wirklich die Hoffnung, dass es deine Hand sein könnte, die mich zu sich zieht aber wahrscheinlich gibt es diese Szenen nur in schlecht gemachten Hollywood-Filmen. Darum bemüht, nicht allzu enttäuscht zu wirken, begrüße ich den Jungen und lasse mich in ein kurzes, belangloses Gespräch verwickeln, ehe ich in einer kurzen Sprechpause die einzige Frage stelle, die mich im Moment interessiert. “Hast du Seung-Hyun irgendwo gesehen?” “Seung-Hyun? Welchen? Den jungen oder den älteren der Beiden?” “Na T.O.P eben… Na, hast du ihn gesehen?” “Naja, vor ein paar Minuten… Aber ich weiß nicht, wo er hingega-…” “Und wo war das?” “Auf dem Parkplatz, direkt vor unseren Wägen. Du kannst ihn eigentlich gar nicht verfehlen.” “Ah, super! Danke… Bis später dann!” Ohne seine Verabschiedung abzuwarten, drängle ich mich an einer weiteren Gruppe Menschen vorbei, ehe ich endlich vor der großen Eingangstüre stehe. Ob du wohl immer noch auf dem Parkplatz bist? Oder hast du nur eben eine Zigarette, einen Kaugummi oder sonst etwas aus dem Wageninneren geholt und dir anschließend einen anderen Ort gesucht? Und wirst du es falsch verstehen, wenn ich dir sage, dass ich mir sagen lassen habe, wo du steckst? Noch während ich mir all die Fragen stelle, die sowieso sinnlos sind, da sie sich alle von selbst klären werden, sobald ich bei dir bin, sehe ich einen schwarzhaarigen Schopf über die Dächer unserer Wägen empor ragen. Nun gut - einen Menschen mit dunklen Haaren zu sehen, ist in Korea nicht gerade selten aber diesen Kopf würde ich unter Hunderten erkennen. Also bist du wirklich noch hier, Glück gehabt. Dann bleibt nur noch die Frage, wie du auf meinen Besuch reagieren wirst. “Seung-Hyun…?” Ich warte einige Sekunden, doch nichts an dir regt sich. Du machst dir nicht einmal die Mühe, dich umzudrehen. Also bist du immer noch wütend. Dabei habe ich überhaupt nichts gemacht… Nun gut, das mit der Couch war nicht okay, ich hätte wegen deiner neckischen Spielchen und dem Klaps auf den Po nicht gleich so herumzicken dürfen und vielleicht habe ich mich vorhin auch wirklich ein wenig zu sehr eingemischt. Leise seufze ich auf. “Bitte, Seung-Hyun. Es tut mir Leid… Ich bin hier, um mich zu entschuldigen, also dreh dich wenigstens um und hör mir zu! Du hast uns vorhin völlig falsch verstanden… Und ich hab auch nicht alles so gemeint, wie ich es gesagt habe. Lass es mich erklären, ja?” Noch immer stehst du mit dem Rücken zu mir und lässt mich aussehen wie einen Idioten. Aber wahrscheinlich bin ich auch einer - wer tritt schon seinen Freund, wenn dieser lediglich versucht, einen unter dem Tisch mit Streicheleinheiten zu verwöhnen? Genau, ein Idiot. Je länger ich mir den heutigen Abend durch den Kopf gehen lasse, desto mehr habe ich das Gefühl, als hätte ich tatsächlich alles falsch gemacht, das man nur falsch machen kann. Kein Wunder also, dass du nicht mit mir sprechen möchtest. “Man, Ji-Yong… Elf Minuten!” “Hm? Elf Minuten? Wie…? Achso, ich habe elf Minuten Zeit, um dir alles zu erklären, ist es so? Dann hör gut zu - also… Es tut mir wirklich leid, ich glaube, ich habe heute ein paar mal völlig überreagiert. Das in der Garderobe - klar, es war mir peinlich aber kein Grund, dich anzumotzen. Und du musst auch nicht auf dem Sofa übernachten… aber wahrscheinlich willst du das jetzt trotzd-… Sag mal, lachst du mich aus?!” Irritiert blicke ich auf deine Schultern, die sich stetig heben und senken, so wie sie es tun, wenn du lachst. Aber warum solltest du lachen? Findest du es etwa lustig, dass ich mich bei dir entschuldige? Ich wüsste wirklich nicht, was daran zum Lachen ist. Irgendwie bereue ich es jetzt beinahe, dass ich mich auf die Suche nach dir gemacht habe. Schließlich bin ich nicht gekommen und habe mich bei dir entschuldigt, um mich nun von dir auslachen zu lassen. “Das ist wirklich unmöglich… Wirklich! Warum lachst du mich aus?” “Elf Minuten… Man, Ji-Yong! Du hast elf Minuten gebraucht, um mich zu finden und nicht elf Minuten Zeit, um hier eine herzzerreißende Entschuldigung vorzutragen. Elf - verstehst du? Ich hatte auf höchstens fünf Minuten getippt, ehe du mir nacheilst. Eigentlich dachte ich sogar, du würdest sofort mit mir die Halle verlassen…” “Wie…? Was redest du da…?” Ungläubig blicke ich dich an, während du dich schwungvoll von der Motorhaube des Wagens erhebst und langsam in meine Richtung läufst. Irgendwie habe ich das Gefühl, als hätte ich irgendeinen wichtigen Hinweis übersehen. Ob du dich wohl noch erklären wirst? Oder hast du vor, mich erneut wie einen Idioten völlig ratlos stehen zu lassen und gehst einfach zurück zu den Anderen? “Jetzt schau mich doch nicht so verstört an… Verstehst du es wirklich nicht?” “Was verstehen? Ich verstehe gar nichts… Bist du sauer auf mich oder nicht?” “Sauer? Na hör mal… Bin ich hier die Zicke oder du? War ich jemals wegen solcher Kleinigkeiten ernsthaft böse auf dich oder den Rest der Band?” “Nein, aber…” Noch ehe ich meinen Satz vervollständigen kann, sehe ich, dass du deinen Zeigefinger in meine Richtung streckst und spüre anschließend eine warme Flüssigkeit auf meiner Nase. Was soll das nun wieder? Entweder arbeitet mein Gehirn heute langsamer als sonst oder diese gesamte Situation, in der ich mich gerade befinde, macht wirklich keinen Sinn. Verwirrt berühre auch ich mit dem Finger meine Nase. Erst jetzt fällt mir auf, dass du in der anderen Hand einen kleinen, in rote Alufolie gewickelten Gegenstand hältst, den du mir nun mit mahnendem Blick vor das Gesicht hältst. “Siehst du das?” “Ähm ja… Klar. Aber… Ist das Schokolade? Wofür…?” “Na für dich, du Idiot. Heute vor drei Monaten, schon vergessen?” “Was? Oh… Oh nein!” Unser Jahrestag! Oder viel eher unser dreimonatiges Jubiläum… Genau heute vor drei Monaten haben wir uns das allererste mal geküsst. Gut, wir waren betrunken, du hast sogar schon geschlafen und wäre ich nicht ebenfalls, die Lippen noch immer an deine Wange gedrückt und den Arm besitzergreifend über deine Brust gelegt, eingeschlafen, wäre er wohl für immer mein Geheimnis geblieben. Dennoch gilt er für uns als unser erster Kuss. Wie konnte ich dieses Ereignis nur vergessen? “Das hier wollte ich dir heute schon den ganzen Tag geben aber du hast mir keine Chance gelassen, es dir zu schenken.” “Ich? Aber ich hab doch gar nichts gemacht!” “Während der Autofahrt hast du Musik gehört und mich und den Rest der Welt ignoriert, in der Garderobe hat uns diese Frau gestört und ab diesem Moment hast du jeden meiner Versuche, uns noch einmal für ein paar Minuten zurückzuziehen, abgeblockt. Und jetzt ist die Schokolade geschmolzen - eigentlich war sie mal in Herzform.” Die Lippen zu einer gespielt beleidigten Schnute verzogen, reichst du mir einen kleinen braunen Matschhaufen, der nur noch notdürftig von der roten Folie zusammengehalten wird. Ob du wohl erwartest, dass ich zumindest davon probiere oder hast du dich damit begnügt, mir einen kleinen Schokoladenklecks auf die Nase zu malen? Ob es wohl möglich ist, die ursprüngliche Form wiederherzustellen, wenn man die weiche Schokolade ein wenig in Form drückt und sie für einige Stunden in den Kühlschrank legt? Andererseits wäre es wirklich schade um dieses einmalige Geschenk. Ist dieses Herz nicht etwas ganz Besonderes? Ich würde es gegen keine andere Schokolade dieser Welt eintauschen. Natürlich, sie sieht nicht perfekt aus und wahrscheinlich schmeckt sie auch nicht mehr so, wie sie einst hätte schmecken sollen aber du hast sie sicher mit sehr viel Liebe ausgesucht. Ich werfe erneut einen Blick auf das kleine Häuflein Elend, das für mich so viel schöner wirkt, als ein Schmuckstück oder teure Pralinen es jemals tun könnten. “Nun sieh es doch nicht so an… Ich kann doch auch nichts dafür! Ich habe so oft versucht, dich dazu zu bewegen, dich für ein paar Minuten mit mir zu verabschieden. Erst habe ich gehofft, dass dir die Sache mit den Beinen unter dem Tisch nach ein paar Minuten zu viel wird und du mich bitten würdest, für ein kurzes Gespräch unter vier Augen mit dir den Saal zu verlassen und als das nicht geklappt hat, dachte ich, wenn ich einen dramatischen Abgang hinlege, würdest du mir sofort hinterher eilen. Aber du hast mich wirklich elf Minuten lang warten lassen! In der prallen Sonne - mit Schokolade in der Hand!” “Ich wusste ja nicht… Oh! Oh mein Gott! Ich bin so blöd!” “Hm?” Erschrocken fasse ich mir mit der freien Hand an den Kopf. Ich Idiot - ich habe überhaupt kein Geschenk für dich. Während du dich bei mir dafür entschuldigst, dass dein Geschenk nicht so geglückt ist, wie du es dir vorgestellt hast, stehe ich mit leeren Händen vor dir. Was bin ich für ein schlechter Freund! Ob ich sagen sollte, dass ich vorhatte, dich heute Abend zum Essen auszuführen? Oder würdest du sofort erkennen, dass das lediglich eine Notlüge ist? Natürlich würdest du. Schließlich habe ich gerade schon mehr oder weniger zugegeben, dass ich wohl aus Blödheit etwas vergessen haben - und daran, einen Tisch für zwei Personen in einem hübschen Lokal zu reservieren, ist definitiv nichts blöd. “Du hast mir so etwas Schönes geschenkt und ich… Ich habe gar nichts für dich. Tut mir Leid…” “Naja, schön würde ich diesen braunen Klumpen nicht nennen.” “Hör auf, das ist nicht lustig! Das hier ist das schönste, das ich jemals geschenkt bekommen habe!” “Oje, deine Eltern haben es an Weihnachten scheinbar nicht gerade gut mit dir gemeint, oder?” “Seung-Hyun!” Ich verpasse dir einen leichten Stoß in die Seite. Warum ziehst du diese Situation ins Lächerliche? Es ist nichts lustig an der Tatsache, dass ich diesen wichtigen Tag vergessen habe. Dabei hätte es mir auffallen müssen - ich hatte mich sogar noch gewundert, warum du mich so enttäuscht angesehen hast, als Präsident Yang uns diesen Termin verkündet hat. Und dennoch habe ich ihn vergessen, das ist wirklich peinlich. Ich will nicht, dass du mich mit deinen Sprüchen zum Lachen bringst und mich so aussehen lässt, als würde ich es auch noch witzig finden, dass ich kein Geschenk für dich habe. “Ist doch nicht so schlimm… Ich weiß, dass du mich auch liebst. Sonst wärst du nicht zu mir gekommen und hättest dich für Dinge entschuldigt, die eigentlich gar nicht schlimm waren. Wäre ich dir egal, würdest du jetzt in der Halle sitzen und nicht hier in der Sonne stehen und darauf warten, dass die Schokolade völlig schmilzt und sich in deiner gesamten Handfläche verteilt. Das muss wahre Liebe sein!” Bei jedem Anderen wäre dieser Satz wohl kitschig gewesen aber du präsentierst ihn mit deinem ganz speziellen Grinsen auf den Lippen. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob du dich nicht insgeheim ein wenig über mich lustig machst, dich darüber freust, dass ich etwas vergessen habe und du mir nun bei jeder Gelegenheit unter die Nase reiben kannst, was für ein aufmerksamer Freund du doch bist. Manchmal kannst du wirklich ein Idiot sein - aber mein Idiot, mein ganz persönlicher, über alles geliebter Idiot. - E N D E - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)