FarbenSpiel von irish_shamrock (~So bunt wie das Leben~) ================================================================================ Kapitel 5: Rot, wie die Liebe ----------------------------- F a r b e n ● S p i e l Kapitel 5 R o t ~ wie die Liebe Will you tell me how much I mean to you will you say you always will be true I need more than a common sign so won't you say you will be mine say you will (by) Foreigner Nur langsam fiel das Mädchen in einen unruhigen Schlaf. Immer noch aufgewühlt von den Geschehnissen des Tages, hatte sich Euphemia nach dem Gespräch mit ihrem zukünftigen Verlobten in ihren Schlafsaal zurückgezogen und versucht, sich einen Reim auf die vergangenen Ereignisse zu machen. Sie wusste, dass es nicht unüblich war, Ehen zu schließen, besonders in ihren Reihen, und es war ihr ebenso bekannt, dass man sie eigentlich viel früher schon für jemanden ausgesucht hätte. Warum also war es so berraschend, dass man ihr nun einen jungen Mann vor Augen führte und sie zwang, diesen zu heiraten? So unbekümmert und leicht ihr Leben auch verlaufen war, abgesehen von den ein- oder anderen Schicksalsschlägen, nun war es an der Zeit, zu akzeptieren! Akzeptieren?! Wie viele Dinge sie bereits hatte hinnehmen müssen, ohne, dass ihre Seele unbeschadet davongekommen war? Verluste, Trennungen und Schmerzen sorgten nicht gerade für ein erfülltes Dasein! Dass seine Familie ihm verbot, die bevorstehende Verlobung zu lösen, hatte für Thornton nicht nur seelische Konsequenzen. Beinahe hatte Euphemia schmunzeln müssen, bei dem Gedanken daran, dass seine junge, wilde Zeit nun endgültig der Vergangenheit angehören würde. Doch das Mädchen war sich bewusst, dass es andere Mittel und Wege gab, sich der so heiklen Affäre, genannt Ehe, zu entziehen. Aber auch ihr blieb es verwehrt, gegen diese Heirat anzugehen. Heiraten ... Eine Hochzeit ... Welches Mädchen träumte nicht davon, seinen Traumprinzen zu finden? Jemanden, der es auf Händen trug? Vergötterte? Allerdings war diese Art von »Mann« nur eine Wunschvorstellung und entsprach nur selten der kalten, harten und überaus grausamen Realität! Solch edle Tugenden wie Anstand und Moral waren rar gesät. Ebenso die Eigenschaften an Treue, Verlässlichkeit und Verständnis, denn diese hatten in den so hochgelobten, friedlichen Zeiten bereits ausgedient. Bestand die ganze Welt nur noch aus bereitwilligen Miststücken und gierigen, sich ihre zehn Finger nach gefügigen Mädchen ausstreckenden, Subjekten? »Damit eines von vornherein klar ist, Thornton Higgs: Ich bin keines dieser hohlen, umher stolzierenden Mädchen, die nur Watte im Kopf haben, brav mit den Wimpern klimpern und stillschweigend mit Gehorsam einhergehen, dass ihr als Macher und Schöpfer über den Dingen steht!« Verschränkte Arme und eine ernste Miene zierten Euphemias Erscheinen am Morgen, als der junge Mann, zu ihrer Verwunderung, am Fuße der Treppe zu den Mädchenschlafsälen stand. Die Nacht war ihr deutlich anzusehen, doch auch Thornton hatte sich mit quälenden Gedanken geplagt. Tiefe Furchen unter seinen Augen ließen auf ebenso wenig Ruhe schließen, wie sie Euphemia gleich gekommen war. Der junge Slytherin schwieg seine Antwort aus und blickte eher etwas kritisch zu dem Mädchen, welches sich noch immer in der verkrampften Haltung befand. »Was?« Erst jetzt schien er sich ihrer Worte bewusst. Euphemia war nicht sonderlich erpicht, ihre Rede zu wiederholen. In aller Hast waren ihr die Sätze über die Lippen gekommen und diese erneut auszusprechen war ihr nicht mehr möglich. Doch auch dem junge Mann lag wenig daran, dem Gehörten abermals Aufmerksamkeit zu schenken. Ob er wollte oder nicht, er saß, genau wie sie, in dieser dunklen Brühe, Tinte genannt, und vermochte weder den Grund zu sehen, noch den Rand des Fasses zu erreichen, der ihn aus dieser Misere würde retten können. Es war nun einmal beschlossen, dass beide vermählt wurden. Zumal sowohl das Mädchen, als auch er, bald ihr letztes Jahr begehen würden, war eine Heirat unvermeidbar, da beide Elternpaare auf eine gute Partie setzten. Und was käme dem gelegener, als die Sprösslinge bereits bekannter, befreundeter Zauberer und Hexen miteinander zu verbinden? »Du hast nicht gut geschlafen, oder?« Plötzliche Besorgnis drang an seine Ohren. »Machst du dir Sorgen? Um mich?« Müde, aber dennoch überrascht von dem liebevollen Ton in ihrer Stimme, verzog Thornton sein Gesicht zu einer skeptischen Miene. Nun war es Euphemia, die ihm eine Antwort schuldete. Stattdessen stieg sie die letzten Stufen hinab und schritt an ihm vorbei. Vielleicht war es möglich, miteinander auszukommen, indem langsam zarte Bande geknüpft und so eine Basis bereitet wurde. »Verlobt? Du und Higgs?«, kreischend und von einer vornehmen Blässe gezeichnet, schlug Feodora Nott beide Hände vor ihr hübsches Gesicht. »Jetzt brüll' doch nicht so!«, knurrte Euphemia ermahnend und wandte ihr Haupt hastig von links nach rechts, um sich zu vergewissern, dass beide immer noch allein im Raum waren. »Du bist die Einzige, die davon weiß und ich möchte, dass das auch so bleibt! Bitte Feo!« »Verlobt?« Fassungslos schüttelte das Mädchen den Kopf. »Ich bin neidisch!« »Neidisch? Ich hätte mir mein Leben auch gern anders vorgestellt!«, murrte die junge Hexe und ihre Miene zierte Qual. Langsam trat Feodora auf ihre Freundin zu und legte ihr behutsam beide Hände auf die Schultern. Diese Geste sollte vielleicht Freundlichkeit und Verständnis ausdrücken, doch in dem Blick des brünetten Fräuleins lagen Drängen und Neid, gepaart mit Faszination und einer Spur zu viel Überschwang. »Feo, du machst mit Angst!« Euphemia bemerkte das mulmige Gefühl in der Magengegend. »Weißt du eigentlich, was für ein riesiges Glück du hast, Mia? Das ist die Chance!«, eindringlich flüsternd, beschwor Feodora ihre Freundin. »Die Chance auf was?« Die dunklen Augen Euhphemias blickten skeptisch in das Gesicht des Mädchens. Ein schwerer Seufzer entkam dem brünetten Fräulein, ehe Feodora kopfschüttelnd fort fuhr: »Vielleicht bist du in der Lage, unseren Thornton auf den richtigen Weg zu bringen!« »Auf den richtigen Weg? Das Schreckens-Quintett ist bekannt dafür, jedem Rock nachzusteigen!«, empört entkamen die Worte ihrem Mund. »Irrtum, Mia Zabini! Die Röcke laufen ihnen freiwillig nach! Das ist doch schon immer deine Ansicht gewesen, oder hat sich daran etwas geändert?« Euphemia schüttelte den Kopf und ihr Gegenüber legte eine zufriedene Miene auf. »Siehst du!« »Aber es kam alles so plötzlich.« Verzweiflung mischte sich unter die bebende Stimme Euphemias, doch die Lippen der jungen Frau zierte ein zufriedenes Lächeln. »Lass es einfach auf dich zukommen. Schließlich steckt er da genauso drin, wie du! Aber eines musst du mir, hier und heute, versprechen, ja?!«, drängte das brünette Mädchen. »Hier? Auf dem Mädchenklo? Heute?« Abermals vorsichtig um sich blickend, bejahte Euphemia jedoch den Wunsch ihrer Freundin. »Bitte, lass mich deine erste Brautjungfer sein!« Die Hände wie zum Gebet gefaltet, blickte Feodora bittend und bettelnd in die warmen, braunen Augen des Mädchens vor sich. Endlich legte sich auf Mias Gesicht ein seltsam verzerrtes Lächeln, dass sich in ein glockenhelles Auflachen wandelte. »Meine erste Brautjungfer habe ich bereits!«, langsam trabte Euphemia neben dem Jungen her, dessen interessierter Blick auf ihr ruhte. »So?«, hakte Thornton gedehnt nach und mäßigte seinen schnellen Schritt, damit die junge Frau neben ihm nicht aus der Puste geriet. »Das ging aber flott. Und wer ist es, wenn du mir die Frage erlaubst?!« Mia blieb plötzlich stehen und blickte argwöhnisch zu ihm auf. »Was sollen diese Höflichkeitsfloskeln?«, verlangte sie zu wissen und hob eine Augenbraue. »Nichts. Ich will dir nur zeigen, dass ich auch nett sein kann. Charmant, interessiert und gut zuhören kann ich auch.« Ein schiefes Lächeln legte sich auf Thorntons Lippen. »Sei doch nicht so skeptisch!« »Ich bin nicht skeptisch!«, verteidigte sie sich und verschränkte die Arme. »Bist du dir sicher? Vielleicht nicht skeptisch, aber misstrauisch auf jeden Fall!«, bestätigte der junge Mann und verfiel wieder in seinen geschmeidigen Gang. »Hey, jetzt warte!«, knurrte das Mädchen und hastete hinter ihm her. »Ja, vielleicht bin ich misstrauisch. Aber warum sollte ich es auch nicht sein? Hm? Nenn' mir einen guten Grund!« Das Lächeln seinerseits hielt an, jedoch schüttelte Thornton den Kopf. »Was dir fehlt, Euphemia, ist Vertrauen. Wie wäre es damit?« »Vertrauen? Ich bitte dich! So etwas setzt immer Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit voraus!« »Hm, du hältst mich also für unzuverlässig, für einen Lügner und Heuchler?«, riet Thornton und blickte kritisch zu der jungen Frau. »Welch schnelle Auffassungsgabe! Und wie schön du meine Worte interpretieren kannst.«, lobte Euphemia mit Hohn in Wort und Stimme, doch ihr Gesicht zierte ein ernster Ausdruck. »Autsch! Das tat wirklich weh, du verletzt meine Gefühle!«, erwiderte er mit einem schnippischen Grinsen, blickte jedoch gekränkt zu dem jungen Mädchen. Euphemia genehmigte sich einen kurzen Blick zur Seite und erschrak für einen Augenblick. Dass ihn ihre Worte so verletzt hatten, verunsicherte sie und ein Gefühl von Schuld stieg in ihr auf. »Tut mir leid, ich wollte nicht so gemein sein. So bin ich eigentlich nicht.«, gab sie kleinlaut zu und biss sich fügsam auf die Lippen. »Aha, und uneigentlich?«, hakte Thornton nach und konnte sich den scharfen Unterton nicht verkneifen. Das Mädchen schwieg. »Gut, jetzt weiß ich wenigstens, dass du auch anders kannst, als ständig auf lieb und geduldig zu machen. Das ist doch schon mal ein Anfang. Mehr oder weniger.«, Ein schwerer Seufzer entkam ihren Lippen, ehe Euphemia eine warme Hand auf ihrer Haut ausmachte. Zögernd blickte die junge Frau auf jene schmalen, langen Finger, die sanften Druck auf ihre Schulter ausübten. Dass ihre Wangen eine sanfte Röte umspielte, bemerkte sie erst, als seine Glieder die gewohnte Kühle zurückließen, die in den Gängen zu dieser Jahreszeit nicht untypisch war. »Vertrauensvorschuss.«, bemerkte Thornton knapp. »Was?«, verwirrt blinzelte das Mädchen und eiste den Blick von ihrer Schulter los. »Einigen wir uns doch erst mal auf einen Vertrauensvorschuss.«, meinte er und versuchte ein sanftes Lächeln zu Stande zu bringen. »Was soll das sein?«, verlangte sie zu wissen und ihre Augenbraue hüpfte gen Norden. »Es erklärt sich eigentlich von selbst.« Sorglos zuckte er die Schultern. »Und uneigentlich?«, gab das Mädchen in spitzem Ton zurück, doch aus dem Lächeln auf seinem Gesicht wurde ein herzhaftes Lachen. »Gib mir, uns ... einfach einen Vorschuss in Sachen Zuversicht und Hoffnung, Euphemia Zabini. Eine kleine Chance.«, sagte Thornton ernst und ruhig zugleich. »Ach, und noch was: Wir haben zwar bereits Mai, aber zieh dir lieber einen Pullover über! Auf Krankenbesuche stehe ich nämlich nicht. Ich mag keine Krankenstationen, geschweige denn Krankenhäuser.« Perplex blickte das Mädchen an sich herunter und für einen flüchtigen Moment hoben sich ihre Mundwinkel zu einem kleinen Lächeln, ehe sie den Träger ihres Tops an Ort und Stelle zupfte. »Ich werde dir den Gefallen tun. Beim nächsten mal.« »Ach, warte!«, murrte er, griff nach dem Saum seines Sweatshirts, zog sich jenes über den Kopf und reichte es ihr. Verdutzt blickte sie auf den dunklen Stoff in ihren Händen, ehe Thornton mit einem Nicken darum bat, dass Euphemia endlich einsichtig wurde. »Jetzt guck nicht so skeptisch, es ist bloß ein Pullover. Er beißt und kratzt nicht. Na ja, vielleicht ein bisschen am Hals.« »Weißt du eigentlich, dass du einen Hundeblick hast?«, murrte Euphemia genervt und zog sich das Sweatshirt über. Die plötzliche Wärme, die sie umfing, war ihr mehr als willkommen. »Ach was? Und? Macht dich das schwach? Da wärst du nicht die Erste!«, lachte Thornton auf und erntete ein wütendes Schnauben. Die Bemerkung ihrerseits sollte als flüchtig und nichtig gelten, doch der junge Mann nahm dies sogleich als Anlass, sich einen Spaß auf ihre Kosten zu gestatten. »Du ... bist unmöglich!«, fauchte das Mädchen empört und überhörte die gemurmelte Entschuldigung seinerseits. »Hör auf damit!« »Womit?«, neckte er und genoss die kleinen Frechheiten, derer sie sich bedienten. »So zu gucken. Das ist gemein!«, gängelte Euphemia und tänzelte nervös auf der Stelle. »Meine Großeltern hatten einen Labrador-Retriever, der hat mich immer genauso angesehen, wenn er etwas wollte oder wenn er Mist gebaut hat!« »Also, Mist gebaut habe ich nicht!«, erklärte Thornton und hob abwehrend die Hände, jedoch umspielte seine Lippen ein keckes Grinsen. Murrend verdrehte das Mädchen die Augen. »Im Moment zügle ich mich noch, was das Wollen betrifft. Ich könnte aber auch so mit dem Schwanz wedeln, wenn du es wünschst!«, meinte er spitzzüngig. »Lass diese Perversitäten! Warum dreht sich bei euch immer alles nur um das Eine?!«, zischte sie halb amüsiert, halb aufgebracht. »Tut es doch gar nicht!«, gab er mit leichtem, scharfem Ton zurück. »Deiner Aussage zufolge ist es bei euch Mädchen auch nicht anders. Früher oder später wird es darauf hinaus laufen, Euphemia! Aber das zwischen uns ist ein spezielles Kapitel, das erst einmal geschrieben werden muss!« Ein eiskalter Schauer überlief ihren Rücken. Die ernsten Worte hallten immer noch in ihren Ohren nach. Dass der junge Mann vor ihr eine gewisse Raffinesse besass, konnte das Mädchen nun nicht mehr leugnen. Thornton Ridley Higgs war wortgewandt und gescheit und Euphemia ertappte sich bei einem absurden Gedanken, verbannte diesen jedoch sofort aus ihrem Kopf. »Also, wer ist es?«, unterbrach er ihren Gedankengang. »Wer ist was?«, verlangte sie zu wissen. »Na deine erste Brautjungfer.«, fragte er mit einem matten Lächeln. »Oh, ähm, Feo. Sie hat mich darum gebeten!«, gab sie murmelnd wieder und blickte nervös von einer Seite zur anderen. »Nott? Die, die so hinter Akins her ist?«, meinte Thornton und erntete ein verblüfftes Nicken. »Soll mir Recht sein. Alles, was dich glücklich macht!« Alles, was dich glücklich macht., immer wieder spulte Mia seine Worte in ihrem Kopf ab und konnte nicht verhindern, dass ein merkwürdiges Kribbeln ihren Köper erfasste. Der Aufsatz über fliegende Farne und fleischfressende Rankengewächse für das Fach Kräuterkunde musste erst einmal warten! Ob Thornton seine Worte ernst gemeint hatte oder würde er sie irgendwann bereuen? Vielleicht hatte er sie aber bereits schon wieder vergessen und sie machte sich umsonst Gedanken über Gesagtes und nicht Ernstzunehmendes? Seufzend blickte das Mädchen auf das Geschriebene und die Buchstaben und Worte verschwammen vor ihren Augen. Plötzliche Müdigkeit übermannte sie und Euphemia legte ihren Kopf auf den Armen ab. Stille hüllte sie ein, doch bemerkte das Mädchen auch etwas anderes. Ein eigenartiger Duft stieg ihr die Nase und entzündete eine wohlige Wärme. Zufriedenheit verdrängte die eisigen Empfindungen, die sich in ihrem Innersten eingenistet hatten. Vertrauensvorschuss? Ein kleines Lächeln legte sich auf ihre Lippen, als sich dieses Wort leise schleichend in ihre Gedanken schob. Dass man sie so rüde aus ihren Träumen weckte, behagte dem Mädchen gar nicht. Doch das Rütteln an ihrer Schulter wurde umso energischer, je vehementer sie sich gegen das Aufwachen sträubte. »Fliegende Farne und fleischfressende Rankengewächse? Bin ich froh, dass ich Kräuterkunde abgewählt habe!« Murrend hob Mia den Kopf und blickte in zwei braune Augen. Erschrocken wich sie zurück und sackte im selben Augenblick zusammen. »Was machst du denn hier?«, murmelte sie verschlafen und rieb sich die Augen. Irritiert blickte sie zu ihren Händen. Ihre Finger hatten sich um die Enden der Pulloverärmel gekrallt. »Was ich hier mache? Gegenfrage: Wieso schläfst du in der Bibliothek? Wäre ein Bett nicht gemütlicher?«, hakte Thornton nach und zog fragend die dunklen Augenbrauen zusammen. »Du meinst wohl dein Bett, hm?«, knurrte sie und wurde langsam wieder munter. Der junge Mann überging ihre schnippische Äußerung und legte ihr statt dessen den Tagespropheten vor die Nase. »Unser kleines Geheimnis, ist nun nicht mehr geheim«, gedehnt seufzend, runzelte Thornton die Stirn. »Es sieht so aus, als wären unsere alten Leute mit der Kundgebung schneller, als die Quidditch-Profis der Manchester-Magpies.« Euphemia überflog die Zeilen, deren Überschrift große, geschwungene Lettern zierte. »Aber du, ich... wir...«, stolperte es über ihre Zunge und die junge Hexe brachte so nur Gestammel heraus. »Ich weiß.«, bestätigte ihr Gegenüber kopfnickend. »Ein Empfang? Wann? Wo?« Das Mädchen legte die Stirn in Falten und blickte mit schockgeweiteten Augen in das Gesicht des jungen Mannes. »Bei uns. An diesem Wochenende. Ich habe die Eule mit dem Brief gerade abgefangen und gedacht, dass ich dich besser darauf vorbereiten sollte. Die Freistellungen wurden bereits verschickt. Ich denke nicht, dass es ein Problem sein wird, hier wegzukommen. Apparieren können wir ja, nur müssen wir dafür das sichere Hogwarts verlassen.«, erklärte er und zuckte belanglos mit den Schultern. »So schnell ...«, murmelte sie und kämpfte mit den Tränen. Angst trieb ihr ihr die salzigen Perlen in die Augen. Das Glitzern auf ihren Wangen blieb nicht unbemerkt. Unsicher blickte Thornton um sich und grub letztendlich in seinen Hosentaschen nach einem Tuch. »Hier. Nicht weinen, bitte! Ich vertrage so etwas nicht!«, gestand er und reichte dem Mädchen das große Taschentuch. Mia griff zögern nach dem Stoff, nickte jedoch dankbar, ehe sie sich die Tränen von den geröteten Wangen tupfte. »Ich will ja nicht, dass deine Arbeit umsonst gewesen ist und du alles noch mal schreiben musst!«, bemerkte Thornton und lächelte, als er sah, dass sich die Mundwinkel der jungen Frau hoben und ihr Köper leicht zu beben begann. »Der ist sowieso noch nicht fertig!«, erwiderte sie verschnupft und sah zu ihm auf. »Brauchst du Hilfe?«, bot er an, doch Euphemia schüttelte den Kopf. »Ich denke, du hast Kräuterkunde abgewählt?«, hakte sie nach und kam nicht umhin, zu lächeln. »Na ja, aber ich kann es versuchen!«, entgegnete er mit leichtem Grinsen und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. »In Ordnung!«, meinte das Mädchen und gestattete es, dass der junge Mann neben ihr Platz nahm. Verlobung Verehrte Hexen und Zauberer, Im Namen unserer Kinder, freuen wir uns Ihnen mitzuteilen, dass Miss Euphemia Philine Zabini und Mister Thornton Ridley Higgs, ein Versprechen für den Bund der Ehe abgeben haben. Anlässlich dieses freudigen Ereignisses, bitten wir um Ihre Teilnahme bei der offiziellen Kundgebung. Die Einladungen wurden bereits verschickt und wir erbitten rege Beteiligung. Daphne & Terence Higgs, sowie Pansy & Blaise Zabini Nun war ihre Verlobung öffentlich und wie Euphemia bereits erwartete, wurde diese freudige Botschaft von nicht jeder Hexe mit Wohlwollen aufgenommen. Giftige, neidische Blicke vermochte sie noch zu ertragen. Auch, dass man sie verbal attackierte, akzeptierte sie, schließlich waren es all die gebrochenen Herzen, die Thornton einst zurückgelassen hatte und diese sannen unweigerlich auf Rache. Doch dass man ihr nachstellte, auflauerte und sie tätig angriff, war selbst für die gutmütige Euphemia Anlass, ihren Verlobten zu Rate zu ziehen. »Es tut mir leid!«, murmelte Thornton entschuldigend und blickte sich nervös um. »Es tut mir leid? Mehr hast du nicht dazu zu sagen, Thornton Higgs? Ich spucke Federn und auf meinen Armen wachsen Stacheln!«, keifte sie und versuchte die Tränen der Wut zu unterdrücken, die sich in ihren Augen sammelten. »Es tut mir leid!«, wiederholte der junge Mann. »Ich wollte nie, dass du so etwas durchmachen musst!« Erst jetzt bemerkte das Mädchen, dass ihm der kalte Schweiß auf der Stirn glitzerte. Die Blässe auf seinem Gesicht nahm zu und Thorntons Hände zitterten ohne Unterlass. »Geh!«, verlangte sie und versuchte eine zornige Miene aufzusetzen, doch statt dessen blickte sie sorgenvoll und traurig zu ihm herüber. »Du sollst endlich gehen!« Doch der junge Mann schüttelte unter großer Anstrengung den Kopf. Seine Hände umklammerten krampfhaft die blütenweiße Decke, die den warmen Körper der jungen Frau barg. Ihrem bohrenden Blick wich er aus, stattdessen war sein Augenmerk einzig auf einen losen Punkt auf der Bettdecke gerichtet. »Madam Pomfrey!«, rief das Mädchen und fügte leise zischend an den jungen Mann gewandt hinzu: »Wehe du erbrichst dich auf die Decke!« »Huch!«, erschrocken bemerkte die Krankenschwester, dass jemand an dem Bett der Patientin saß und sich nicht einen Zentimeter rührte. »Mister Higgs, was machen Sie denn hier? Sie sind ja ganz blass!« Panisch blickte Euphemia von Thornton zu Madam Pomfrey, die nur den Kopf schüttelte. »Miss Zabini, Ihre Salbe. Damit müssten die Dornen auf Ihrer Haut bis zum Wochenende wieder verschwunden sein. Wie sieht es mit dem Federlassen aus?«, erkundigte sich alte Dame. Mia zuckte mit den Schultern und trug die übelriechende Paste auf ihren Armen auf, ehe sie ein Hicksen von sich gab und ein Schwall Federn ihren Mund verließen. »Nanu! Daunen? Das ist gut. Morgen sind Sie von diesem Leid erlöst!« Ein zufriedenes Lächeln legte sich auf die faltigen Lippen der alten Krankenschwester. »Und was machen wir mit ihm?«, fragte Mia und deutete mit einem Nicken auf das starre Häufchen neben sich. Madam Pomfrey trat zu Thornton heran, griff ihm an die Stirn, dann langte sie nach seinem rechten Arm und seufzte resigniert. »Stocksteif! Nichts zu machen. Mister Higgs?!«, drängte die Dame, bekam jedoch keine Antwort. Ein erneuter Seufzer entkam ihr, ehe die alte Frau den Kopf von einer Seite zur anderen wandte. »Er mag keine Krankenstationen!«, erklärte Mia und blickte mitfühlend zu dem Jungen. »Nun, das erklärt einiges. Da Mister Higgs sich, aufgrund der auftretenden Starre, allem Anschein nach weigert, Ihre Decke freizugeben, müssen Sie wohl oder übel mit seiner Gesellschaft vorlieb nehmen.« Mit diesen Worten schüttelte Madam Pomfrey erneut den Kopf, schnalzte mit der Zunge und wackelte zum nächsten Bett. »Thornton!«, drängte Euphemia und ihre Stimme schlug einen wütenden Ton an. »Geh einfach, du musst nicht hier bleiben!« Doch der junge Mann reagierte nicht. Nun war an ihr, einen Seufzer von sich zu geben. Anspannung machte sich in ihrem Körper breit. »Thornton!«, flüsterte sie, hickste abermals und griff dann vorsichtig nach seinen Händen. Eine Daune rieselte auf ihre Glieder und Thorntons Blick folgte der kleinen Feder, die sanft und leise auf seinem Handrücken ihren Tanz beendete. Erst jetzt blinzelte er, registrierte den Ort, an dem er sich befand und sah zu dem Mädchen auf, in dessen Haaren sich ein paar vereinzelte Federn befanden. »Hey!«, flüsterte die junge Frau und presste ihre Lippen zu einem dünnen Strich zusammen. »Hey!«, krächzte er zurück und wandte seinen Blick von einer Seite zur anderen. »Geh!«, gebot Euphemia ihm leise, doch Thornton schüttelte den Kopf. Der Holzschemel knarzte, als der junge Mann zu dem Mädchen aufrückte und die metallenen Füße scharrten über den Boden. Der Schweiß auf seiner Stirn schwand zwar, doch die Blässe um Nase und Wangen blieb. »Was hast du vor?«, verlangte sie zu wissen, als sich Thornton von seinem Platz erhob und näher auf sie zu kam. Er schlug die Decke zurück, nickte auffordernd und meinte, sie solle ein kleines Stücken rutschen. »Wa ...?«, perplex leistete das Mädchen der Aufforderung Folge, als der junge Mann mit unter ihre Bettdecke schlüpfte. »Aber Thornton, die Dornen, ich könnte dich ...« Die Stimme Euphemias überschlug sich beinahe, ehe der junge Mann mit einem knurrenden Laut in ihre Redeschwall einfiel. »Hey, ein Wortspiel!«, griente er, doch dann verhärtete sich seine Miene. »Ist mir egal!« Thornton griff nach einer Feder, die sich in der schwarzen Haarpracht des Mädchens verfangen hatte und betrachtete diese nachdenklich. »Aber du magst keine Krankenhäuser!«, murrte Mia und verzog das Gesicht. »Schsss!«, zischte er. »Sei still!« »Außerdem bist du kalt!«, beschwerte sie sich. »Nein, ruhe jetzt!«, drohte er, ehe er abermals ein spitzbübisches Grinsen auflegte. »Dann kannst du mich ja wärmen, wenn ich dir zu kalt bin!« Auch in dieser Nacht fand das junge Fräulein nur wenig Schlaf. Das Hicksen ebbte langsam ab und auch die Dornen zogen sich Stück für Stück zurück, doch war es etwas anderes, dass das Mädchen von einer ruhigen Nacht abhielt. Am Morgen spürte Euphemia eine ihr unbekannte Schwere auf ihrer rechten Schulter. So, als würde ein hiesiger Felsen darauf liegen und gemächlich und ruhig atmen. Auch auf ihrem Bauch machte sich ein Gewicht bemerkbar, doch war dies beruhigend und tröstlich. Einen letzten, hicksenden Laut von sich gebend, wandte sie ihren Blick zur rechten Seite und ihre Lippen verzogen sich zu einem seltsam verzerrten Lächeln. Thornton hatte seinen rechten Arm um ihre Körpermitte geschlungen, während seine linke Hand ihren rechten Oberarm für sich beanspruchte. Sein Kopf ruhte auf ihrer Schulter und seine dunklen Haare kitzelten in ihrer Nase. Am nächsten Tag sollte sich die Verlobungsfeier ereignen und die Krankenschwester hatte dem Mädchen ans Herz gelegt, die letzten, noch verbliebenen Stunden auf der Krankenstation zu verbringen, da die pieksenden Stacheln noch nicht gänzlich verschwunden waren. Die junge Hexe spürte einen Hauch Unmut in sich aufkommen, als Thornton es, trotz des Angebots Madam Pomfreys, ebenfalls auf der Station zu bleiben, vorzog, jene so schnell wie möglich zu verlassen. Doch auch in ihm schien sich etwas wie Groll zu rühren, das warme, weiche Bett verlassen zu müssen. Murrend hatte er klein bei gegeben und war pünktlich zur ersten Stunde aus dem Zimmer verschwunden. Am Nachmittag stand die Reise zum Anwesen der Familie Higgs bevor und Euphemia hatte gut daran getan, dem Vorschlag der Krankenschwester Folge geleistet zu haben. Wie ihr Feodora berichtet hatte, warteten die erzürnten Hexen nur darauf, dass das Mädchen die Station verlassen und in ihre Räumlichkeit zurückkehren würde. »Hier!«, meinte Feo und reichte ihrem Gegenüber einen kleinen Koffer. »Da ist eigentlich alles drin, was du brauchst.« Euphemia trat auf die junge Frau zu und umarmte sie herzlich. »Danke, Feo!« »Kein Problem. Ich weiß, dass du für mich dasselbe tun würdest!«, erwiderte Feodora flüsternd. »Oder tun wirst!« Ein fragender Ausdruck huschte über das Gesicht des Mädchens, doch als Antwort erhielt sie nur ein knappes Zwinkern. »Wir sehen uns Morgen!« Ihrer Freundin noch einmal zuwinkend, trat sie durch das schmiedeeiserne, goldene Tor auf den Jungen zu, der bereits hinter der magischen Barrikade auf sie wartete. »Miss Zabini, nun beeilen Sie sich endlich!«, forderte Professor Wigbert Ford, Lehrer für Arithmantik, drängend. Eiligst huschte Euphemia durch die Pforte, ehe Professor Ford jene sogleich schloss und der magische Bann wieder seine Tätigkeit aufnahm. »Kommst du?«, fragte Thornton leise an sie gewandt und nahm ihr den Koffer ab. »Du reist ohne Gepäck?« Sie legte den Kopf schief und blinzelte. »Ich wohne da, schon vergessen?«, neckte er und hielt ihr seine Hand entgegen. »Leider können wir erst von Hogsmead apparieren, aber der Fußmarsch dauert ja nicht ewig!« Zögernd griff das Mädchen nach der ihr dargebotenen Hand und wurde sofort von seinem eiligen Schritt in Beschlag genommen. »Wow, das war Rekordzeit!«, feixte er und wollte sich gerade in Position begeben, als ihn jemand aufhielt. Euphemia hing immer noch an seiner Hand und sah mit ernstem Blick zu ihm auf. »Alles in Ordnung?« Das warme, leicht schwitzige Gefühl in seiner Hand schwand, als sich das Mädchen von ihm löste. »Hältst du das für eine gute Idee? Immerhin müssen wir Erwartungen erfüllen und außerdem musst du dann ...«, setzte Euphemia an, doch fiel ihr Thornton rüde ins Wort. »Ich weiß, dass meine Freiheit auf dem Spiel steht und du weißt das auch, richtig? Aber wir haben keine Wahl! Es ist beschlossen, Euphemia! Wie oft willst du noch versuchen, dagegen anzugehen? Es hat keinen Zweck. Wir beide wissen das!« Ergeben nickte die junge Frau, doch dann hob sie den Blick und sah ihrem Schicksal tapfer entgegen. Erneut reichte Thornton ihr seine Hand und wieder erfüllte ihn ein angenehmes Gefühl, dass einem Rausch gleichkam. »Hey, das hier ist irgendwie besser als Sex!«, meinte er und lachte aus voller Kehle, als er den empörten Ausdruck auf ihrem Gesicht sah. »Was? Händchen halten?«, blaffte sie und zog argwöhnisch eine Augenbraue empor. »Deine Hand zu halten!«, gab Thornton zurück und Mia beschlich das seltsame Gefühl, dass dies fast der Wahrheit entsprach; nah ward sie, die erste Knospe gar frischer Liebe. 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