Doppeldeutigkeiten. von YunYun ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Kapitel 3 »Meinst du, dass er uns das abkauft?« Aoi war mit Kazuki, nachdem er Uruha so wunderbar abgefertigt hatte, seinem Verflossenen entkommen, nach dem er sich nun vorsichtig umsah. Uruha war allerdings gar nicht auf dem Weg zum Büfett - er steuerte stattdessen den hintersten Tisch an, an dem Ruki saß und irgendetwas las. Eine schneeweise Kaffeetasse stand daneben. Als Uruha bei ihm eintraf sah er auf und lächelte, dann wurde sein Gesicht von zwei Händen sanft umfangen und Uruha gab ihm einen Guten Morgenkuss. Aoi erschauderte bei dem Anblick - er hatte aber auch wirklich ein Talent immer die unangenehmen Dinge zu sehen. »Wenn du die Zwei noch eine Weile anstarrst sicher nicht«, unterbrach Kazuki seinen Würgreiz und drückte ihm einen Kuss auf, der seine Stirn traf. Er lenkte Aois Aufmerksamkeit glücklicherweise wieder von dieser, in seinen Augen, schrecklichen Vorstellung ab, die ihm schier ein kaltes Frieren verpasste. Uruha und ein Anderer - das konnte er einfach nicht ertragen. »Sieh mich an, deinen hübschen Freund.« »Wir sind doch gar nicht zusammen«, knurrte Aoi angegriffen. »Das müssen die Beiden aber doch nicht wissen«, meinte Kazuki nur. Er spielte seine Rolle ganz im Gegensatz zu dem Älteren wirklich gut, denn nun neigte er sich zu Aois Lippen und hielt nur einen gefühlten Millimeter davor inne. Er schmunzelte, dann küsste er Aoi wirklich. Schon wieder begann seine Haut zu zwirbeln. War es ihm unangenehm? Genoss er es? Er konnte es selbst nicht genau sagen, aber auf jeden Fall kannte er es nicht, dass sich zwei Männer so öffentlich zueinander bekannten. Normalerweise fanden Zärtlichkeiten und Sex für ihn nur hinter verschlossenen Türen statt - Kazuki war das ganze Gegenteil. Bestimmt machte ihm nicht einmal Publikum etwas aus, so viel Selbstbewusstsein strahlte er aus. Und das obwohl er ein paar Jahre jünger war als Aoi, der das Gefühl von Selbstachtung schon vor einer ganzen Weile eingebüßt zu haben schien. »Und was soll das bringen?«, fragte er schließlich, als er sich von dem plötzlichen Kuss wieder erholt hatte. Kazuki küsste selbst dafür, dass es nur gespielt war unbeschreiblich sinnlich und pumpte jede Menge Adrenalin in den Älteren. »Eine Menge guten Sex hoffe ich.« Er grinste schelmisch und machte sich eilig daran ein paar Schritte von Aoi zu flüchten. Er wusste ja wie empfindlich er reagierte wenn es um seinen strammen Hintern ging. Lieber wandte er sich den Bergen von Essen zu und sammelte sich ein paar der Leckerein zusammen, die es sonst eher selten gab und platzierte sie auf einem kleinen Tablett. Kazuki war in seinem Alltag einfach zu faul, um viel Zeit in der Küche zuzubringen. Wenn er sonst Appetit auf gut gekochtes Essen hatte, musste er sich schon bei Rui und Manabu, dem Pärchen seiner Band, einladen, denn der Bassist hatte wirklich ein Talent am Herd. Genau genommen wunderte er sich darüber, dass Manabu immer noch so gertenschlank war. »Du bist ein verdammter Perversling, Kazuki!«, meckerte Aoi wie erwartet. Er ging ihm nach und griff sich wahllos etwas von dem herrlich vielfältigem Essen ab. Im Gegensatz zu dem hübschen Gitarristen achtete er allerdings wesentlich weniger auf seine Auswahl und kombinierte Fisch zu Fleisch und Obst. »Denkst du auch noch an was anderes außer deinen Spaß?« »Ich denke an deinen«, scherzte der Schönling. In seinen Augen funkelte es und schon wieder stellte Aoi fest, dass seine Ansicht zum Thema Sex einfach eine Besondere war. Diese normale oder seiner Meinung nach wohl altmodische Haltung, dass das Liebesspiel sich nur für verliebte Paare gehörte, war so gar nicht nach seinem Geschmack. Lieber amüsierte er sich mit duzenden Männern und fokussierte nur den fantastischen Höhepunkt. So viel musste Aoi ihm lassen: seine Fähigkeiten im Bett überstiegen alles bisher erlebte. Und dabei hatte er die Dreißig schon überschritten und war eigentlich davon ausgegangen, dass er den besten Sex mit seinem Verflossenen gehabt hatte. Aoi seufzte entkräftet, wobei seine Schultern ein Stückchen tiefer sackten. Dann waren er und Kazuki von nun an eben ein Scheinpärchen. Ob sie wirklich wieder miteinander in der Horizontalen landen würden stand ja auf einem ganz anderen Zettel - ebenso, wer diesmal in wen einschenken würde. Wie ein gut abgerichteter Hund folgte Aoi Kazuki schließlich zu einem Tisch, der glücklicherweise weit entfernt von den beiden Turteltauben seiner Band lag. Genau genommen konnte er sie gar nicht sehen, denn er nahm wie auch der Schönling so Platz, dass er ihnen den Rücken zuwandte. An dem hübschen Ebenholzfarbenentisch, in dessen Mitte eine Blumensteckerei in einer gläsernen Vase mit bestechender Schönheit angab, saßen bereits drei Personen. Maximal einen weiteren Platz hätte man noch heraus schinden können, wäre man näher zueinander gerutscht. Aoi kannte die drei unterschiedlich gut. Da waren Rui und Manabu, das einfach schrecklich harmonische Paar aus Kazukis Band, welches seit ungefähr einem halben Jahr miteinander das Bett teilte. Trotz der relativ kurzen Liebschaft dachten die beiden schon daran ein gemeinsames Apartment zu beziehen, weil sie doch sowieso vierundzwanzig Stunden an sieben Tagen in der Woche aufeinander hingen. Und trotzdem warfen sie sich diese unglaublich liebevollen und hingerissenen Blicke zu, als wären sie in der frischverliebten Teenagerphase. Beneidenswert. Aoi bezweifelte, dass Uruha ihn in den fünf Jahren Beziehung auch nur ein einziges Mal so angesehen hatte. Er war schon immer eher unterkühlt gewesen und diese Eigenschaft flachte auch in einer Beziehung nicht ab. »Wie soll ich das eigentlich überleben, wenn ich jeden Morgen neben dir aufwache?«, fragte Rui gerade zärtlich, als Aoi sich auf den passend zum Tisch gefertigten und hell gepolsterten Stuhl fallen ließ. »So viel Schönheit kann ich doch gar nicht verkraften.« Rui warf Manabu einen umschwärmenden, wenn auch etwas verhaltenen Blick zu, aber das Lächeln auf seinen Lippen war verräterisch. Er war glücklich und vor allem bis über beide Ohren verliebt. Die meisten Geschichten über sie kannte Aoi nur von Kazuki und er war eine Weile davon ausgegangen, dass der Schönling einfach übertrieb, wenn er von der Harmonie zwischen den beiden sprach. Gerade zeichnete sich ein anderes Bild vor ihm ab. »Sei schon still«, sagte Manabu lieblich und neigte sich gegen seine Schulter, wobei er sich ein bisschen verlegen auf die Unterlippe biss. Trotzdem konnte er sein glückliches Lächeln einfach nicht abstreifen. Die beiden gaben ein perfekt stimmiges Bild ab und Aoi erwischte sich dabei, wie er sie gern beobachtete. Rui drehte den Kopf nun mit seinem Blick durch die rosaroten Brille zu ihm und drückte Manabu einen Kuss auf die Stirn. »Kann ich nicht. Du bist einfach zu-« Weiter kam er nicht, da sah Manabu zu ihm auf und legte einen Finger an seine Lippen. Sie tauschten einen vielsagenden Blick, dann gaben sie sich einen zarten Kuss. Und damit war das Gespräch beendet. Voneinander lassen konnten sie deswegen aber noch lange nicht. Hier und da wurden flüchtige Berührungen getauscht und Aoi bemerkte, dass er die beiden beneidete. Zu gern hätte er auch jemanden an seiner Seite, zu dem er einfach passte. Er wollte es genauso gern zeigen und von anderen den stummen Neid ernten. Als er neben sich blickte, sah er Kazuki. Sie waren das ganze Gegenteil von Rui und Manabu - sie waren ja nicht mal ein wirkliches Paar. Sie waren Freunde, die einmal miteinander im Bett gelandet waren. Selbst wenn es wieder passieren würde, würden sie einander niemals lieben. Oder doch? Gab es vielleicht eine winzig kleine Chance, dass sie zusammen kommen würden? War es das, was Aoi wollte? Genau genommen hatte er noch nicht die Zeit gefunden wirklich über das nachzudenken, was geschehen war. Aoi musterte Kazuki stumm, seine bildhübschen Gesichtszüge und wie er seine beiden Kollegen schmunzelnd betrachtete, während er sich mit ein paar Weintrauben vollstopfte. Eine nach der Anderen glitten sie durch seine sündigen, weich geschwungenen und durchaus männlichen Lippen. Er wirkte so unbelastet und locker, als würde er sich einfach über nichts den Kopf zerbrechen. Und so war es doch auch: er lebte einfach in den Tag hinein, genoss sein Leben in vollen Zügen und vor allen Dingen zügellos - und das strahlte er auch aus. Vielleicht war seine Schönheit durch seine Unbefangenheit begründet. Einem schöneren Mann war Aoi jedenfalls definitiv noch nicht begegnet und er fand sich selbst dumm, wenn er ihn nicht begehren würde. Schließlich fühlte Kazuki sich wohl beobachtet und richtete den Blick fragend auf Aoi, doch der schüttelte nur ein wenig den Kopf und lächelte verhalten. »Was ist? Hab ich was im Gesicht, Baby?«, fragte er grinsend und legte den Arm um ihn. Natürlich. Da war ja noch ihre kleine Maskerade, zu der Kazuki sich offensichtlich nur zu gern hinreißen ließ, um sich an der Schamesröte zu laben, die Aoi schon wieder in die Wangen kroch. Ob Uruha wohl registrierte, was sie hier extra für ihn veranstalteten? Ob er sie wohl beobachtete und innerlich brodelte, dass Aoi es sich erlaubte ohne ihn weiter zu leben? »Was ist das jetzt eigentlich mit euch?«, mischte Reika sich ein, der die beiden stumm beobachtet hatte und es gerade noch vereitelte, dass Kazuki Aoi einen Kuss aufdrängelte. Dabei hätte er sich doch gern dazu hinreißen lassen. Er war der Dritte in der Runde, der mit Rui und Manabu vorher allein am Tisch gesessen hatte und sich erst jetzt zu Wort meldete. Sein längliches Gesicht war das ganze Gegenteil von Kazukis Frohmut, denn er sah alles andere als zufrieden drein. Er gehörte zur Band D=OUT, einer der jüngsten Zuwächse des Labels und Aoi bislang nicht wirklich ein Begriff. Angeblich war er unheimlich talentiert am Bass - und damit waren die Informationen auch schon aufgebraucht. »Seid ihr jetzt etwa zusammen?« Er runzelte ungläubig die Stirn, als wäre es das letzte der Welt, dass sie etwas miteinander anfingen. Aoi fühlte sich angegriffen von dem fremden Bassisten, mit dem er bisher überhaupt nichts am Hut gehabt hatte. Ganz anders Kazuki - die beiden waren befreundet und als er so mit ihnen sprach, bildete Aoi sich doch mindestens ein Fitzelchen Eifersucht ein. Es würde Kazuki ja ähnlich sehen, dass er auch mit ihm mehr als nur ein Bier getrunken hatte. »Sieht ganz danach aus, oder?«, meinte der Schönling und ließ die Schultern zuckend. Er ließ wieder von Aoi ab und wandte sich dem Rest seines Essens zu. Über den Tisch warf er Reika einen merkwürdigen Blick zu, den der Ältere einfach nicht einordnen konnte. »Also jetzt wirklich?«, fragte Rui und sah zwischen den Beiden hin und her. Er schien eher interessiert an dem Ganzen und verschränkte die Arme leicht, um sie auf dem Tisch aufzulegen und sich nach vorn zu beugen - auch Manabu wurde neugierig und zog die schmalen Brauen fragend in die Höhe, als würde er seinen Kollegen damit automatisch dazu bringen Details auszuspucken. Kazuki war eigentlich kein Mann, der sich gerne an einen anderen band - natürlich wirkte sein Bekenntnis auf seine Bandmitglieder, die ihn viel besser kannten als Aoi von ihren gelegentlichen Treffen, beinahe übernatürlich. »Wir fassen uns an und wir haben Sex - also sind wir wohl zusammen«, sagte Kazuki keck und zwinkerte Rui zu, der nur entkräftet seufzte. »Bei dir geht es auch immer nur darum.« »Eigentlich sind wir nicht wirklich zusammen«, mischte Aoi sich ein und sah zu Kazuki. Die Beiden pflegten zu Uruha und Ruki absolut keinen Kontakt - also war es nicht nötig ihnen etwas vorzumachen. »Aber was nicht ist kann ja noch werden«, grinste der nur verstohlen. Offenbar wollte er bei diesem Thema nicht wirklich ernst bleiben und seine Freunde begriffen, dass es sinnlos war ihn danach zu befragen, solange Aoi noch mit am Tisch saß. Abgesehen von einem, dem das offenbar überhaupt nicht schmeckte: Reika, der dem Ganzen mit verbissenem Gesichtsausdruck beiwohnte. »Das ist ja lächerlich«, motzte er und stand energisch auf. Er schüttelte nur den Kopf, dann ging er und ließ die Vier mit etwas fragenden Gesichtern zurück. »Was hast du mit dem schon wieder gemacht?«, fragte Manabu und rollte mit den Augen, als er außer Reichweite war und den Saal geräumt hatte. »Gibt es eigentlich einen aus dem Label, mit dem du noch nicht in der Kiste warst?« »Du zum Beispiel«, konterte Kazuki gelassen. Er leckte sich wahrscheinlich unwissentlich sinnlich über den Finger, an dem ein bisschen Soße klebte. »Vielleicht borgt Rui dich ja mal aus, dann können wir das ändern.« »Nichts da - du behältst deine Schmutzfinger bei dir«, sagte Rui und lachte. Er nahm es offenkundig gar nicht ernst, was Kazuki da gerade gesagt hatte. Aber stimmte das denn? War die Beziehung ein Grund für ihn Manabu niemals anzubaggern? Oder war der einfach nur immun gegen die Schönheit des brünetten Sexgottes? »Ich schlafe mit den wenigsten Männern, Manabu«, kam Kazuki auf das alte Thema zurück, wobei Aoi nicht daran glaubte, dass er wirklich mit so wenigen das Bett geteilt hatte. Bestimmt war die Definition dieser Aussage eher auf die gesamte japanische Bevölkerung gerichtet. »Aber den hattest du, oder?«, fragte er und deutete mit einem Kopfnicken auf die Richtung, in die Reika davon gestapft war. Kazuki zuckte nur mit den Schultern. Mit den Stäbchen in seiner Hand schupste er das letzte Reisbällchen in einer kleinen Schale mit süßer Soße herum. »Er hat angefangen zu klammern. Was kann ich dafür, wenn er plötzlich denkt, dass ich nur ihn vögle?« Aoi lauschte dem Gespräch der drei SCREW-Member regelrecht andächtig. Rui und Manabu schienen wirklich gut über Kazuki bescheid zu wissen, denn sie wunderten sich über die Aussage gar nicht. »Er wusste von Anfang an, dass ich nicht auf Beziehungen stehe.« »Und dann willst du ihm vormachen, dass du jetzt mit mir zusammen bist?«, fragte Aoi und zog eine Braue in die Höhe. »Was tut es zur Sache? Das zwischen uns ist was anderes als das, was zwischen mir und Reika war. Was wollt ihr überhaupt von mir?« Es klang unwirsch und Aoi beschlich der Verdacht, dass vielleicht doch ein wenig mehr Gefühl dahinter steckte, als es Kazuki lieb war. Aber wenn es stimmte und er sich in Reika verknallt hatte, verstand er nicht, warum sie es nicht einfach miteinander versuchten. Stattdessen schleppte Kazuki ihn ab und begann ein neues Drama. Ihm schwirrte der Kopf - mit wie vielen Männern er wohl noch so umging wie mit ihm? Das musste doch auf die Dauer anstrengend sein und Aoi fragte sich, warum er sich jetzt ausgerechnet mit einem Mann umgab, der nach seinen eigenen Worten zu urteilen überhaupt nichts von festen Beziehungen hielt. »Irgendwann wirst du mit deinem Gevögel richtig auf die Nase fallen«, sagte Manabu, aber Kazuki lächelte es weg und zuckte nur mit den breiten Schultern. »Das denke ich nicht.« Und auch Aoi glaubte nicht wirklich daran, denn Erstens konnte sich niemand wirklich lange gegen Kazuki wehren und zum Zweiten erst recht nicht böse auf ihn sein. Wenn ihn der Schlag mal treffen sollte und er würde sich wirklich verlieben, dann würde er denjenigen auch bekommen, da gab es für den Älteren überhaupt keine Zweifel. ~*~ Der dritte Tag des PSC Events war für Aoi dazu auserkoren worden es ruhig angehen zu lassen. Nach dem zweifellos etwas merkwürdigen Frühstücks, welches mehr durch den Mischmasch seines Mahl als die mehr oder minder aufschlussreichen Gespräche bedingt war, hatte er sich auf sein Zimmer zurück gezogen und sich für eine heiße Dusche entschieden, die er nach eigener Ansicht auch dringend nötig hatte. Schon eine halbe Stunde ließ er sich das heiße Wasser, welches gerade noch so zu ertragen war, über den Kopf und den nackten Körper laufen, der sich darunter merklich entspannte. Aoi konnte abschalten und er dachte über nichts wirklich tiefsinnig nach. Die kleinen weißen Kacheln, mit denen die Wände ausgekleidet waren, waren ganz beschlagen unter dem heißen Dampf und schickten kleine Tröpfchen in die Fugen. Auch die Luft war merklich aufgeheizt und stand schwer im Raum. Aoi aber bemerkte das alles nichts. In seinem Kopf schien regelrechte Leere zu herrschen und er wollte auch gar nicht über das Erlebte nachdenken. Weder über die neuen Erkenntnisse zwischen ihm und Reika, worüber er zweifelsohne noch mehr herausfinden musste, noch über den eigenen famosen Sex mit Kazuki. Er wollte sich auch gar nicht bewusst über die Bedeutung für ihn wissen und er wollte sich auch nicht an die Hoffnung klammern vielleicht etwas mehr daraus zu machen. Das war alles nicht wichtig, es zählte nur, dass er sich ablenken konnte. Zumindest bereute er nichts und das war für ihn selbst ein mehr als gutes Zeichen. Im Gegenteil, er war beiahe gierig genug um sich eine Wiederholung mit dem schönen Gitarristen zu wünschen. Immerhin war der Anblick von einem vollends befriedigten Kazuki mehr als nur schön gewesen. Hoffentlich würde ihm die Erinnerung an dieses Bild niemals abhanden kommen. Er überlegte, wie lange er sich noch von dem heißen Wasserschwall begießen lassen konnte, denn er hatte noch eine kleine Verabredung mit dem Schönling des Labels. Sie wollten sich im Foyer des Hotels treffen und gemeinsam die umgebenen örtlichen Sehenswürdigkeiten erkunden - was auch immer das sein würde. So genau hatte Aoi sich bisher nicht schlau gemacht, was es hier zu sehen gab. Vielleicht konnte er die Gelegenheit aber nutzen, um etwas in Erfahrung zu bringen, was nun tatsächlich zwischen ihm und Reika gewesen war. Abgesehen von dem Offensichtlichem natürlich. Mit dem durchaus positiven Tagesplan vor Augen drehte er das Wasser ab und schob die verglasten Duschtüren auf. Er wurde von Luft empfangen, die so viel kühler war als die, die ihn gerade noch umgeben hatte und er begann zu frösteln. Selbst der Dampf der Dusche war eben nicht warm genug. Nun rieb er sich gründlich trocken und wickelte das Handtuch schließlich um seine Hüften. Der Spiegel in dem kleinen Zimmer war beschlagen und Aoi machte sich daran ihn davon zu befreien. Das Erste, was er sah, waren seine eigenen silbrigen Haare, an die er sich noch immer nicht wirklich gewöhnen konnte. Er sehnte den Tag herbei, an dem er wieder eine etwas alltäglichere Farbe auftragen konnte - schwarz zum Beispiel, immerhin wuchs die ihm doch auch aus dem Kopf. Zumindest der Schnitt aber gefiel ihm und er spielte mit dem Gedanken die Meinung der Stylisten einfach zu ignorieren und selbst eine etwas erträglichere Farbe nachzufärben. Das Drama wäre wahrscheinlich grauenhaft, wenn die Farbe im Video zum kommenden Album eine Andere wäre als die auf den Fotos, die dafür warben. Aoi verwarf den Gedanken besser wieder. Seinen freien Willen über sein Aussehen hatte er schon vor einigen Jahren verkauft. Umso mehr legte er Wert darauf, dass er sich privat auch wirklich nur so stylte, wie es ihm gefiel. Make Up trug er sicher keines auf - es reichte ihm schon, dass er für die Bühne und die Fotoshootings zugespachtelt wurde. Er verließ das Badezimmer in den noch kühleren Raum mit dem großen und ordentlich hergerichteten Bett, der ihn merklich frösteln ließ. Seine Haut sträubte sich dagegen und die kleinen Härchen auf seinen Armen stellten sich empört über den Temperaturwandel darüber auf. Aber wenigstens ließ es ihn wieder einen halbwegs klaren Gedanken fassen. Er hatte gar nicht mehr viel Zeit, bis er sich mit Kazuki treffen würde. Ganz im Gegenteil: zwanzig Minuten blieben ihm gerade einmal noch. Rasch suchte er sich ein paar Sachen zusammen und zog sie an: auf ein helles Shirt und ein schwarzes, einfaches Hemd fiel seine Wahl, dazu eine schwarze Jeans. Auf keinen Fall wollte er sich zu sehr in Schale werfen, neben dem schönen Gitarristen würde er ja ohnehin verblassen. So scharf auszusehen sollte wirklich verboten werden - ging es ihm durch den Kopf, als er über Kazuki nachdachte. Nebenbei föhnte er sein Haar trocken und glättete es anschließend, damit es nicht allzu wirr von seinem Kopf abstand. Selbst in einem Kartoffelsack würde Kazuki bestimmt noch etwas her machen. Und den würde er ihm bestimmt genauso gern vom Leib reißen, wie alles Andere. Ich sollte aufhören ihm nachzuschmachten - dachte Aoi und betrachtete sich selbst im Spiegel. Eigentlich mochte er das, was er da sah. Er hätte es wirklich schlimmer treffen können, obwohl er sich neben einem wie Kazuki blass fühlte. Er wollte sich verbieten zu viel über ihn nachzudenken. Stattdessen warf er seine wichtigsten Habseeligkeiten, zu denen zweifelsohne sein Handy und eine Sonnenbrille gehörten, in seine Tasche und machte sich auf den Weg ins Foyer. Aoi war frohen Mutes, als er rasch den langen Korridor entlang und zum Fahrstuhl eilte. Für die Treppen hatte er nun wirklich keine Zeit mehr, denn nach eigener Rechnung musste er schon mindestens zehn Minuten zu spät dran sein. Er hoffte einfach, dass Kazukis Eitelkeit ihn auch zu einer Verspätung brachte und es nicht weiter auffallen würde. Aber er sollte es bereuen, dass er nicht doch die Treppe nahm. Oder dass er nicht pünktlich genug losgegangen war, denn als sich die blitzblanken Fahrstuhltüren öffneten, musste er etwas sehen, wovon er nicht Zeuge sein wollte: seine frühere Liebe - Uruha - gemeinsam mit Ruki. Sie küssten sich wild und leidenschaftlich und waren ganz offensichtlich damit beschäftigt einander gleich zu verführen. Bestimmt waren sie auf dem Weg in eines der Hotelzimmer, um dort alles andere als jugendfrei miteinander zu agieren. Aoi blieben allein bei dem Bild, wie Uruha dem zu kurz geratenem Sänger den Hintern durchknetete, die Worte im Hals stecken und er starrte sie nur entsetzt an, unfähig zu handeln oder sich auch nur einen Millimeter zu bewegen und vielleicht einfach zu türmen. Nein - er konnte sich nicht abwenden und die wenigen Sekunden, in denen er ihnen zusah, kamen ihm vor wie Stunden. Ohne voneinander zu lassen öffnete Uruha langsam seine Augen - ihm musste wohl aufgefallen sein, dass der Fahrstuhl angehalten hatte. Er sah ihn mit einem Blick an, der erraten ließ, woran er dachte: Sex. Und nichts anderes. So hatte er ihn auch oft angesehen und das Ergebnis war immer darauf hinaus gelaufen, dass er mit Aoi schlafen wollte. Jetzt sah er ihn wegen einem Anderen so an. Aoi schluckte hart und fühlte wie sein Herz abermals in tausende kleine Stücke zersprang. Dieser Anblick war schmerzlicher als erwartet und zog ihm regelrecht den Boden unter den Füßen weg. Wie furchtbar - dachte er im Zeitlupentempo und musste zusehen, wie Uruha zumindest ihre Münder kurz trennte. Kein Wort war er Aoi wert, stattdessen schob er sich ein wenig hinter dem Sänger hervor und drückte nur auf einen der Knöpfe des Fahrstuhles, der die Türen wieder verschloss. Zurück blieb ein verdatterter Mann, dem nicht entgangen war, was sich da in Uruhas Hose gewölbt hatte. Aoi war wie erschlagen. Womit hatte er das nur schon wieder verdient? Fortsetzung folgt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)