Und er lächelte von Crevan ================================================================================ Kapitel 25: Schreibstube ------------------------ Noch immer hielt der zornige Templer den Kopf des Magiers grob in den Händen. Mit den Fingern an dessen Schläfen stand er da; Anders' inneren, rebellierenden Magiefluss fest im Griff und das Gesicht zu einer düsteren Miene verzogen. Der machtlose Abtrünnige konnte nichts dagegen tun. „Siehst du??“ blaffte Cullen dem jammernden Geistheiler schließlich entgegen, als er in seiner Rage nur schleppend realisierte, dass ihm tatsächlich wieder tiefbraune, glasige Augen entgegen sahen. Der Templer hatte offenbar über den Dämon in seinem Gegenüber triumphiert und ihn fürs erste unschädlich gemacht. Vielleicht hätte er deswegen erleichtert sein sollen; darüber und über diese klaren, braunen Augen und den ängstlichen Blick im wieder so menschlichen Gesicht des anderen. Doch das war er nicht. Gerade, da war er noch viel zu aufgebracht, um überhaupt irgendetwas vernünftiges oder positives denken zu können. Dieses verfluchte Ding in Anders hatte ihn verwundet, Scheiße nochmal! Blut tropfte dickflüssig vom Kinn des Templers. Hätte er gewusst, dass der Schnitt in seinem Gesicht nicht allzu tief und lange war, wäre er wohl auch ein klein wenig ruhiger gewesen. Doch er dachte nicht daran, dass sich die pulsierende Wunde in seinem Gesicht 'nur' von seiner rechten Oberlippe bis knapp unter seine Wange zog. Der Schnitt war an seiner Lippe am tiefsten, klaffte dort sogar etwas auf, und lief nach oben hin fein aus. Vermutlich würde später eine Narbe zurückbleiben. Gerade, da war ihm dies einerlei, doch später würde er sich ärgern. „Ich habe doch gesagt, dass man dir hier helfen könnte!“ spie Cullen weiter und der bedrängte Anders gab es auf sich vehement gegen seinen stählernen Griff erwehren zu wollen. Alles Sträuben hätte die heikle Sache wohl nur noch schlimmer für ihn gemacht. Und so blieb er stehen, mit den kalten Händen an den starken Armen seines Gegenübers und das irritiert-panische Gesicht so bleich wie das Pergament auf dem Tisch des Knight-Captains. Verstand er überhaupt, was der Soldat ihm gerade sagte? „Und was machst du, du Depp?? Warum glaubst du mir nicht?“ bestimmt hörte man den aufgewühlten Templer nun auch bis nach draußen blaffen, doch das war ihm in diesem prekären Moment einerlei. „Wir könnten dir helfen! Ich könnte dir helfen!“ ein Hauch von bitterer Verzweiflung lag im rauen Unterton Cullens. Anders atmete ein paar mal tief ein und aus, schluckte schwer und wollte sein unrasiertes Gesicht abwenden. Er schien vollkommen am Ende zu sein; mehr noch als vor dem Ausbruch seines übernatürlich 'Mitbewohners'. In die Enge getrieben, verwirrt und zutiefst schockiert war er. Der entsetzte Blonde schien nicht zu wissen, was er gerade eben noch getan hatte. Was er hier riskiert hatte. Er mutete an wie ein ahnungsloser Schlafwandler, der gerade zu barsch aufgeweckt worden war. „Du wehrst jegliche Unterstützung ab, du Idiot, und willst mich töten! Denk einmal drüber nach!“ erst jetzt ließ Cullen die Schläfen des stockend atmenden Heilers ruckartig los und verpasste ihm sofort eine ordentliche Ohrfeige. Laut traf seine Hand an der Seite des Gesichts des Anderen auf und riss dessen Kopf leicht herum. Oh, tat das gut! „Mich! Hier, im Zirkel! Willst du sterben?? Ha??“ setzte der Kirchenbruder grollend fort. Der zitternde Atem des Knight-Captains ging nach seiner Tirade schwer und noch immer war die barsche Hand, die die Wange des Magiers eben, hörbar und spürbar hart, getroffen hatte, leicht erhoben. Seine Augen waren zu bösen Schlitzen verengt und das zähe Blut seiner Gesichtswunde tränkte seinen breiten Kragen. Anders' Gesicht war nach der groben Ohrfeige nach wie vor zur Seite fort gewandt. Die Stelle, an der Cullen ihn getroffen hatte, war gerötet und schmerzte hoffentlich. Sollte der Abtrünnige, die Abscheulichkeit, doch froh sein, dass der mies gelaunte Soldat ihm keinen Fausthieb verpasst hatte! Dann würden ihm nun nämlich höchstwahrscheinlich ein paar Zähne fehlen. „Sag wenigstens etwas, du Scheißkerl!“ lief es wie Gift über die Zunge des cholerischen Kriegers und er spuckte rot vor die Füße des anderen. Doch Anders sagte nichts, sondern starrte nach wie vor mit leicht geweiteten Augen zur Seite. In ratloser Verblüffung über den vorangegangenen Schlag. In solch einer haltlosen Rage hatte er Cullen noch nie erlebt. Verärgert, ja, aber nicht... nicht so. Nur sehr langsam hob er sein blondes Haupt wieder an und wendete seinen vorsichtigen Blick dem angriffslustigen Knight-Captain zu. Anders wirkte absolut eingeschüchtert, irritiert. Zudem lag irgendetwas undeutbares in seinem suchenden Blick. Seine trockenen Lippen öffneten sich und er reckte das Kinn leicht; es mutete an, als wolle er gleich irgendetwas hervor plärren. Doch das tat er nicht: Anstatt zu sprechen, streckte der Heiler seine Hände plötzlich nach dem anderen Mann aus: Er grub seine fahrigen Finger in die kurzen Haare des wütenden Kriegers und zog ihn so in einen prüfenden Kuss. Einfach so. Womöglich wusste der Wahnsinnige ja gar nicht was er da gerade tat und es war irre Ratlosigkeit, die ihn antrieb. Vielleicht war ihm gerade aber auch nur gewahr geworden was der Ältere für ihn getan hatte und noch tun wollte. Eventuell wollte er sich dafür auf seine üblich-anstößige Art bedanken; oder er drehte nun einfach nur komplett durch. Tja. Es war generell schwer zu sagen, was durch den wirren Kopf des wankelmütigen Blonden ging. War es für den anwesenden Templer immer schon gewesen. Es erschien dem Magier aber offenbar als einerlei, dass Cullen's Lippe blutete und dass ihn dieser Mann gerade noch angebrüllt und geschlagen hatte. Es war ihm egal, dass der aufgebrachte Knight-Captain noch einmal die Hand gegen ihn erheben könnte und dass Gerechtigkeit in seinem Kopf wütete. Er spielte gerade wohl auf 'alles oder nichts'. Es war doch schon immer so gewesen zwischen ihnen: Zuerst stritten sie lauthals, dann fielen sie wie die Tiere übereinander her. Der Anstiftende für Zweiteres war dabei fast immer Anders, denn er kam zumeist auf die perfide Idee den grantigen Cullen zu küssen. Und es half; auch dieses Mal wieder, obwohl die Situation zwischen den nervösen Männern bei weitem angespannter und gefährlicher war als sonst. Der emotionale Magier küsste den etwas größeren hungrig; so, als hätten sie sich jahrelang nicht gesehen und viel nachzuholen. Er scheute dabei nicht vor dem Blut an den fremden Lippen oder vor der miesen Laune des anderen zurück. Und der Knight-Captain erwiderte diese ganze Sache erst überrascht zögernd, dann vertiefte er den Kuss bereitwillig. Als hätte er darauf gewartet, dass Anders seine Zunge doch endlich in Beschlag nahm und ihn so zum schweigen brachte. Vor Schmerz keuchte der Kurzhaarige verhalten gegen den leicht geöffneten Mund des aufdringlichen Blonden. Der klaffende Schnitt in seiner Oberlippe brannte und stach jedes Mal, wenn der Abtrünnige darauf traf. Doch Cullen unterbrach den innigen Moment keine Sekunde lang, denn das anschwellende Verlangen nach dem Körper des blonden Mannes hatte hier schnell die Überhand gewonnen. Und Anders wusste das, oder nicht? Nutzte er dies aus, um seinen dämlichen Kopf aus der Schlinge zu ziehen? Glaubte er, er mache damit alles wieder gut? Er war ein Narr. Einer, der Seine Sache außerordentlich gut machte. Wieder glitt die Zunge des Magiebegabten spielerisch in den Mund des Templers und Cullen erschauderte hörbar. Noch immer hielt Anders sein Gesicht fest in den Händen und strich mit dem Daumen über die Wange des Kriegers. Im Gegenzug zu dem Magier hatte jener die Augen halb geöffnet. Nur selten hatte er sie dem flatterhaften Abtrünnigen gegenüber völlig geschlossen gehalten. Und gerade in diesem Moment galt es trotz allem wachsam zu sein. Ja. Wachsam... obwohl dem Krieger die wacklige Vernunft zu entschwinden drohte. Seine Finger, die er zuvor noch bei sich behalten hatte, lockerten sich so wie seine geistige Anspannung; sie suchten gierig nach der Taille des blonden Rebellen und hielten ihn daran fest. Das letzte Mal, als sie sich geküsst hatten, war schon wieder viel zu lange her... und, träfe ihn doch der Blitz, der Soldat hatte es vermisst. "Anders..." hauchte Cullen atemlos in den ungestümen Kuss hinein, doch der andere antwortete lediglich damit, dass er die blutigen Lippen des Kriegers noch fordernder liebkoste. Warm strich der Atem des Abtrünnigen über das Gesicht des Größeren; er ging unregelmäßig und nahezu stoßweise. Eine wohlige Hitze breitete sich in Cullen's bebenden Lenden aus, seine Knie waren weich geworden und die Hose unter seinem Überwurf unangenehm eng. Der zwiegespaltene Krieger wollte mehr und verfluchte sich einmal wieder dafür. Er ärgerte sich über sich selbst und sein Gegenüber, das sich mittlerweile zu dicht an ihn schmiegte. "Mach was..." murmelte der Magier nun endlich als Antwort. Er klang dabei wieder wie gewohnt, nicht wie ein übernatürliches Ding aus dem Nichts. Gespielt vorwurfsvoll drängte er Cullen zu mehr; er meinte, jener sollte einen Schritt weiter tun und beschrieb diesen Wunsch mit Äußerungen, die dem - eigentlich keuschen - Templer die Röte in das Gesicht und das Blut ganz woanders hin trieben. Cullen wollte den Aufforderungen nachgehen; ohne weitere Umschweife: Er zwang den schwer durchatmenden Magier dazu sich umzudrehen und drängte ihn in Richtung Schreibtisch. Anders wehrte sich nicht dagegen, im Gegenteil. Er stöhnte leise und in aufgeregter Erwartung, als der Templer ihn bestimmend über seinen Tisch beugte und seinen Schritt von hinten an ihn heran drückte. Es war ein gewohntes Spiel; heimlich, verboten und verquer. Und genau darum auch dermaßen aufregend. Es war so, wie sie es schon so oft in der dreckigen Dunkelstadt gespielt hatten. Doch sie waren hier nicht in der Dunkelstadt, sondern in der Galgenburg. Ein lautes Poltern ließ beide Männer zusammenzucken und alarmiert aufhorchen. Hinter ihnen war soeben die Zimmertüre eingetreten worden und einen tiefen Atemzug später standen vier fremde, schwer gerüstete Templer im Raum. Noch immer standen Magier und Knight-Captain da; der eine mit dem Gesicht am Schreibtisch, der andere mit den Händen an der Hüfte des wartenden Abtrünnigen. Cullen hatte vor Schreck darauf vergessen Luft zu holen und schluckte trocken, als er sofort direkt angesprochen wurde: "Knight-Captain??" Ach du verdammte-! Schockiert und sich innerlich einen nachlässigen Tor schimpfend starrte Cullen dem blonden Hinterkopf Anders' entgegen. Der ebenso entsetzte Magier rührte sich kein Stück weit und dies war in diesem Augenblick vermutlich der einzig positive Punkt an der ganzen Situation. Was tun, was tun? Die Gedanken des ertappten Templers rasten und kamen dennoch zu keinem plausiblen Halt. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn. Vermutlich erging es Anders gerade genauso... doch im Gegenzug zu Cullen befand sich jener nicht in dringlicher Erklärungsnot. "Knight-Captain?" fragte einer der besorgten Ordensbrüder seinen Vorgesetzten erneut unschlüssig - und in dieser Sekunde entschloss sich Cullen dazu seine alte Lüge rund um 'den Neuen' wieder aufzugreifen. Jetzt galt es zu improvisieren und auf einen guten Ausgang zu hoffen. "Alles in Ordnung, ich habe ihn im Griff." meinte der kurzhaarige Mann hastig und seine Hände wanderten von Anders' schmaler Taille fort. Lieblos erwischten sie ihn stattdessen am Kragen und zerrten ihn daran wieder aus seiner gebeugten Haltung hoch. Der gepackte Magier gab dabei einen leisen Würgelaut von sich. "Ich habe ihn bei der Befragung nur unter zu viel Stress gesetzt..." fuhr Cullen fort - doch anstatt einfach beruhigt zu gehen kamen die anderen Templer näher. Oh. Der fereldener Krieger biss sich leicht auf die Unterlippe und hätte am liebsten schon wieder den Atem angehalten. Sein Herz sprang hastig auf und ab und er hoffte inständig, dass Anders keine weitere Dummheit begehen würde. Mit zusammengezogenen Brauen und aus den Augenwinkeln sah er nun zu den restlichen Soldaten hin. "Ihr seid verwundet!" stellte einer der Brüder daraufhin sofort fest und sogleich verfielen er und seine drei Begleiter wieder in Alarmbereitschaft. Ach, Scheiße! "Es ist nichts." antwortete der unruhige Knight-Captain und bestimmt schwand gerade jegliche Farbe aus seinem, zuvor noch so roten, Gesicht. Wie hatte er bloß daran denken können, dass man den Schnitt in seiner Visage übersah? Er war ein Trottel! "Wir bringen diesen Mann zurück in den Kerker. Dann könnt ihr die Heiler aufsuchen." näher kam der überfürsorgliche Wachmann. Zu nah für Anders. Denn der fuhr jetzt nämlich herum - oder versuchte es unter Cullens starken Griff zumindest. Wie eine Katze, die man am Nackenfell im Zaum hielt, wirkte er. Und dennoch erwehrte er sich, riss sich grob los. Bevor der Templer dazu kam etwas gegen die Magie des Blonden zu unternehmen, schlug diese den anderen Anwesenden bereits entgegen und riss sie von den Füßen. Und dann, ja, dann rannte Anders. Dieser-! Dieser Narr. „Fangt ihn und bringt ihn zurück in den Kerker!“ war das letzte, das der aufgebrachte Cullen an seine Brüder gerichtet von sich gab „Zelle 28. Ich kümmere mich später um ihn.“. Er war mit seiner Geduld am Ende. Und daher war es ein Gemisch aus Enttäuschung und Wut, das ihn dazu brachte dem rebellischen Abtrünnigen seine Gefolgsleute hinterher zu schicken. Zorn verzerrte sein Denken und warf es in alte Muster zurück. Er selbst hätte dem Magier nachlaufen und sich um ihn kümmern sollen, doch sein Stolz fesselte ihn. Alleine blieb er in seiner Schreibstube zurück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)