Und er lächelte von Crevan ================================================================================ Kapitel 19: Feuer ----------------- Die hastigen Schritte der metallbeschlagenen Plattenstiefel des Templers traten schwer und hörbar auf den unebenen, aschebedeckten Grund. Stählernes Rüstungsgeklapper begleitete diese Laute, das Rasseln des langen Kettenhemdes, das Scheppern und Aneinanderreiben von massiven, beweglichen Metallteilen gegen Metallteile. Der schnelle Atem hinter dem Helm mit dem schmalen Sehschlitz stimmte in die klirrenden Laute der Ausrüstung des Kriegers mit ein. Er sog die stickige Luft tief ein, begann daraufhin damit beschwerlich zu keuchen. Cullen lief. Um ihn bäumten sich lodernde, rote Flammen auf; sie brachten chaotisch umherliegende Gebäudeteile, verbrannte Kisten, Fässer und verrenkte Leichen dazu wild tanzende Schatten zu werfen und malten warme Rot- und Orangetöne an die teils eingerissenen Hauswände der tumulterfüllten Unterstadt. Der schwer bewaffnete Templer stieß mit einem seiner Stiefel an einen umgestürzten, glimmenden Holzbalken und stolperte beinahe. Seine Rundumsicht war aufgrund seines Helmes beschränkt, er hatte den langen Balken am Boden nicht gesehen. Nun nahm er den Zusammenstoß damit als Gelegenheit dazu wahr seinen schnellen Schritt zu verlangsamen, um für ein paar rasende Herzschläge lang inne zu halten, um wieder zu Atem zu kommen. Ein wenig benommen stolperte der Mann zur Seite, auf eine Hauswand zu und bremste seinen massigen, in Stahl gekleideten Körper mit einer Hand daran ab. Mit der Zweiten fasste er entnervt an das, an und für sich gewohnte, Rüstungsteil seiner Uniform, das seinen brummenden Kopf in diesem heiklen Moment so sehr beengte, dass er glaubte noch wahnsinnig werden zu müssen. Cullen riss sich seinen Helm förmlich vom Haupt und warf ihn unachtsam fort; mit einem lauten Scheppern fiel das schwere Teil zu Boden und rollte noch ein kleines Stück weit hörbar weiter. Wieder holte der Knight-Captain kehlig Luft, brach daraufhin jedoch schließlich in einen Husten aus, der seinen gesamten Leib beutelte und ihn dazu zwang sich ein Stück weit vornüber beugen zu müssen. Nach Luft ringend presste sich der Krieger eine seiner Hände gegen die Brustplatte auf der das Emblem seines Ordens prangte und kniff seine glasigen Augen dabei zusammen. Kirkwall brannte. Der schwarze Ruß in der Umgebungsluft kroch einem unbarmherzig und beißend in die Lungen, grauer Ascheregen tänzelte gespenstisch durch die Gegend und legte sich auf den Straßen und Dächern nieder, kroch zwischen Kleidungsstücke, in offene Augen und Münder. Die Qunari hatten die Stadt der Ketten vor Stunden angegriffen und zogen in diesem Moment Kriegsschreie grölend durch die Gassen; sie töteten wahllos, zerstörten, entführten und Cullen wusste nicht warum. Es war alles so plötzlich passiert. Obwohl seit der Ankunft dieser seltsamen Leute des Qun eine immense Anspannung in der trostlosen Stadt geherrscht hatte, hatte niemand damit gerechnet, dass diese sonst so stillen Andersartigen so abrupt zu einem verheerenden Schlag gegen Kirkwall ansetzen würden. Warum hätten sie auch sollen. Man war nicht vorbereitet gewesen. Und Details dieser Katastrophe hatten die Galgenburg erst dann erreicht, als die Stadt bereits lichterloh gebrannt hatte. Zu spät, viel zu spät, verdammt. Knight-Commander Meredith hatte viele ihrer Männer und Frauen – darunter auch Cullen - dazu angewiesen beim Zirkel zu bleiben, um diese Festung der Kirche bei Bedarf gegen die Qunari zu verteidigen. Denn nicht auszudenken, wenn diese mordenden Monstren die Galgenburg stürmten und die Magier auch noch 'freiließen'! Meredith's rechte Hand, ihr Knight-Captain, hätte in ihrer Abwesenheit über die geordneten Abläufe im Zirkel wachen und dessen vielzählige Krieger kommandieren sollen. Hätte. Denn der Mann hatte die vernichtenden Flammen von der Galgenburg aus gesehen, sie beobachtet, er hatte die panischen Schreie der Menschen, Elfen und Zwerge bis dorthin gehört und schließlich nicht mehr abwarten können. Er hatte seine Ordensbrüder und -schwestern mit halbherzig ausgesprochenen Anordnungen auf den Lippen verlassen, um auf dem schnellsten Weg zum muffigen Hafen Kirkwalls überzusetzen und hier war er nun. Inmitten des reinsten Chaos. Flüchtende Personen rannten und torkelten hier durch die von Schutt belegten Straßen; sie schrien um Hilfe, stürzten schwerverletzt, heulten oder versuchten ihre weinenden Kinder in Sicherheit zu bringen. In eine Sicherheit, die es hier im Augenblick nicht mehr gab und mit vielleicht auch nie mehr geben würde. Cullen fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht, stieß sich von der Hauswand ab und er eilte weiter. Die Augen nass vom vielen Husten und diesem elenden, stechenden Rauch, der Körper bis auf das Äußerste gespannt und der Kopf erstaunlich leer trieb es ihn durch das halbe Viertel, bis er an diese eine Treppe kam, an die, die nach unten führte. In den zwielichtigen Stadtteil, in dem beißender Geruch und grausiges Leid zum täglichen Leben der Armen und Kranken gehörten. Schnell trugen ihn seine Füße die dreckigen und schiefen Stufen hinab und der nervöse Templer musste schließlich über einen eingestürzten, hüfthohen Mauerteil klettern und ein bauchiges Fass beiseite stoßen, um in die unterirdischen Gänge der finsteren Dunkelstadt zu gelangen. Die Situation hier unten war der Misere in den oberen, reichen Vierteln ähnlich, denn der Tod und das Chaos machten keinen Unterschied zwischen Wohlhabenden und Obdachlosen. Auch hier trieb die kalte Zugluft trüben Qualm durch die Schächte und die sonst so gedämpften Schreie drangen ungewohnt laut an Cullen's Ohren. Sie trieben ihm das Grauen in die Knochen und drängten seine momentan gezwungene Fassung dazu noch vollends zu entgleiten. Der laufende Knight-Captain musste nicht nachdenken, um den Weg zu finden, der durch die Düsternis der aufgewühlten Dunkelstadt hindurch zu seinem Ziel führte. Er war in den vergangenen Monaten so häufig hier unten gewesen, dass ihn seine Beine mit den weichen Knien wie von selbst zu Anders' Zuhause trugen. Ja, Cullen hatte den Mann oft aufgesucht; zunächst unregelmäßig, dann öfter. In erster Linie hatte es sich bei den nächtlichen Besuchen um Gespräche, dann Streitereien gehandelt, die manchmal sogar in Handgreiflichkeiten ausgeartet waren. In Handgreiflichkeiten, die sie beide in verschobene und verwerfliche Situationen geleitet hatten, die der reinen, sexuellen Triebbefriedigung gegolten hatten. Sie hatten sich wütend angeschrien, sich bedroht und gegen harte Wände oder alte Einrichtung gestoßen, Anders war ab und an sogar in Tränen ausgebrochen; sie hatten sich geküsst, während sie noch zornig an der Kleidung des jeweilig Anderen gezerrt hatten, und mehr noch. Viel mehr. Sie hatten sich nach ihren, nicht selten blutigen, Auseinandersetzungen halbherzig beieinander entschuldigt und sich dabei verbittert angesehen. Und irgendwann... irgendwann in einer absolut unpassenden Situation hatte Anders dem missgestimmten Templer dabei einen Satz entgegen geflüstert, der alles verändert hatte. 'Ich liebe dich.' Sie hatten sich seither nicht wieder gesehen. „Anders!“ Cullen bemerkte gar nicht wie laut und verzweifelt er den Namen in die Krankenstation des Elendsviertels rief. Abgekämpft kam er inmitten des viel zu leeren Raumes zum Stehen und sah vergeblich suchend und aus geweiteten Augen um sich. Möbelstücke waren umgeworfen worden, knittrige Papierseiten und Pergament lagen überall verstreut herum und eine umgekippte Kerze hatte am alten Schreibtisch ein dickes Buch entzündet. Ein wüster Fluch verließ die schmerzende Kehle des Templers heiser, als er anstatt eine Antwort zu erhalten eine muskulöse, gehörnte Gestalt entdeckte, die ihm gerade aus einer der dunklen Klinikecken entgegen stob. Mit erhobener Axt und einem tiefen, grollenden Knurren hielt der Qunari auf Cullen zu und der Templer zog sein Schwert gerade noch rechtzeitig, um es quer vor seinen ungeschützten Kopf zu reißen. Stahl traf klirrend auf Stahl und die enorme Kraft des größeren Gegners drängte den Krieger zurück. Cullen glaubte von der Wucht des vertikalen Axtschlages in die Knie gezwungen zu werden, doch er fasste sich und hielt mit aller Kraft gegen die geschliffene Waffe, die über seine Parierstange schabte. Der Kurzhaarige presste die trockenen Lippen aufeinander, als er zu einem Gegenschlag ausholen wollte; er wich ein paar schnelle Schritte von dem Anderen zurück, nachdem er die Axt des Qunari mithilfe seiner Waffe und einem kräftigen Schwungholen fortgehebelt hatte und hob sofort wieder mit seinem scharfen Einhänder zu. Cullen spürte, wie seine Schneide nicht auf hartes Metall sondern auf weiches, nachgiebiges Fleisch traf und er hörte wie der Hochgewachsene vor ihm einen verhaltenen, doch schmerzerfüllten Laut von sich gab, ein zorniges Grunzen. Der Templer nutzte die kurze Fassungslosigkeit des taumeligen Anderen dazu aus, um endlich nach seiner rot gerahmten Schutzwaffe zu fassen und sich das dicke Metall defensiv vor den Körper zu wuchten. Nur kurz riss der abwehrbereite Templer seinen finsteren Blick von dem verwundeten Qunari fort, um ihn prüfend und nach weiteren potentiellen Angreifern suchend wandern zu lassen. Zugleich verfluchte der Gerüstete die Tatsache, dass er seinen Helm vorhin fortgeworfen hatte, denn nun war gerade sein Kopf eine sehr, sehr gefährdete Schwachstelle. Und genau der Kopf war es, auf das der Gehörnte nun mit seiner schartigen Kriegsaxt eindreschen wollte, doch wieder wehrte Cullen den starken Schlag ab. Mit einem schwungvollen Herumreißen seines Schildes schlug der erprobte Krieger die Waffe seines muskulösen Gegners fort und setzte dem unmittelbar einen weiteren Schildstoß nach. Der geschwächte Qunari wich ab, strauchelte ein wenig und verlor sein Leben in der nächsten Sekunde schon an das gravierte Langschwert des Knight-Captains. Noch als der Geschlagene zu Boden ging wie ein nasser Sandsack, veränderte sich etwas in der unmittelbaren Umgebung. Die Luft schien dicker zu werden, so dick, dass man sie wohl hätte schneiden können, und kleine, magiegeladene Funken zuckten hörbar knisternd und fauchend durch sie hindurch. Die, über seine wachsamen Sinne hereinschwappenden, okkulten Ströme jagten dem schaudernden Templer eine Gänsehaut über den Rücken und er fuhr alarmiert und tatsächlich mit etwas Hoffnung in seinem Blick herum. ... Anders? Nein. Noch ein verdammter Qunari. Obgleich dessen imposante Erscheinung anders war als die seiner, mit Kriegsbemalung beschmierten, Gleichgesinnten; seine spröden Lippen waren vernäht worden und die, unter einer massiven Metallmaske verborgenen, Augen vermutlich blind. Cullen's Mund stand im ersten Augenblick dieser... Begegnung der sonderbaren Art einen Spalt weit offen; vollkommen irritiert und mit einer morbiden Mitgerissenheit in seinem Blick sah er dem in lange Stofflagen und schwere Ketten Gewandeten entgegen. Dann, ein tonloses und unterbrochenes „Wie-“ Cullen's später, breitete der Qunari seine Arme aus und spreizte seine großen Finger mit den langen, unsauberen Nägeln. Sofort begannen helle, elektrisch zuckende Lichtbälle über ihnen zu tanzen und gefährlich zu zischen. Die geladene Aura des Gegners flackerte bedrohlich und wirbelte den Staub ringsum auf, blies ihn in solch einem weiten Radius umher, dass er zusammen mit weißen Energiefunken und kleinen Steinchen hörbar gegen Cullen's erhobenen Stahlschild regnete. Der Templer wich ein, zwei unsicher zögernde Schritte zur Seite aus ohne seine ungläubigen Augen von dem brummenden Qunari fortzureißen. Dieses Ding war ein Magier! Im nächsten Moment schon warf der rasende Widersacher dem perplexen Krieger einen rauschenden Schwall sengender, magischer Energie entgegen und Cullen stolperte schwerfällig zur Seite, umfasste den lederumwickelten Griff seines Schwertes fester. Das knisternde, weißliche Feuer streifte Stühle und setzte sie damit in Brand; es schlug irgendwo hinter Cullen donnernd in der Wand ein und brachte den Boden dazu heftig zu erzittern. Kleine Steine rieselten von der alten, rissigen Felsdecke auf den Kopf des herausgeforderten Knight-Captains herab, als er sich darauf konzentrierte seine körpereigene Magieabwehr so weit aufzubauen, wie es nur ging. Beinahe gleichzeitig stürmte er dem seltsamen Magier entgegen, der erneut dazu ansetzte seine Kräfte für einen mächtigen Angriff zu sammeln. Cullen erreichte den riesigen Qunari, der erstaunlich lange dafür brauchte sich auf den Schlag gegen den Templer vorzubereiten, schnell und seine erfahrenen Augen hatten auch prompt eine Schwachstelle in der Deckung des zornigen Fremden ausgemacht. Doch als der Krieger kraftvoll ausholte und dabei einen Schrei - ein unartikuliertes 'Ich bin mächtiger als du!' und 'Ich habe keine Angst!' - ausstieß, verschwand der Magier vor ihm aberplötzlich und der Gerüstete hob mit seiner Waffe ins Leere. Der irritierte Templer stockte abermals und wendete sich verärgert um, sein Blick glitt dabei hektisch durch die zwielichtige Klinik und fand den Qunari auch sofort wieder am anderen Ende der geräumigen Einrichtung. Ein gähnender Laut und ein Sog, der der Umgebung für wenige Momente lang die atembare Luft zu rauben schien, gingen einem weiteren, immensen Magieschlag zuvor; Einem, dem der Kurzhaarige nun nicht mehr rechtzeitig ausweichen konnte. Cullen wurde von einer glühenden Hitze und einem enormen Druck, der von ihr ausging, hart zurückgestoßen und prallte dabei mit dem breiten Rücken an das Mauerwerk hinter sich. Obgleich harter Stahl und eine enorme Magieresistenz seinen Körper schützten, raubte ihm der Aufprall und das blitzende Zucken ringsum für einige Wimpernschläge lange den Atem und die klare Sicht. Der Templer rang ächzend nach Luft, als er sich wieder von der Wand in seinem Rücken abstieß. Um seine rechte Hand freizubekommen, ließ der abgehetzte Mann das Schwert, das er darin hielt, fallen und bündelte die magiefeindlichen Kräfte in seinem Leib zwischen seinen Fingerspitzen, noch bevor sich sein Blickfeld wieder geklärt hatte. Mit zusammengebissenen, mahlenden Zähnen schleuderte der Knight-Captain dem Qunari selbige auch Sekundenbruchteile später entgegen und unterbrach den steten Manafluss in dessen Kopf für einige Atemzüge lange. Der massiv Gerüstete setzte nun nicht dazu an wieder auf seinen erstarrten Gegner loszustürmen sondern fasste mit seiner freien Hand an die Kante seines Schildes, um ihn etwas ungelenk von seinem linken Arm zu ziehen. Cullen packte das schwere Stück leicht gebogenen, verzierten Metalls fest und holte sogleich weit aus, um es dem Magier diskusgleich entgegenzuschleudern. Und er traf. Mit einem lauten, stählernen Geräusch prallte der geworfene Schild gegen den maskenbewehrten Kopf des paralysierten Qunari und brachte ihn somit dazu zu straucheln. Cullen nutzte dies, um sich nach seinem, am Boden liegenden Schwert zu bücken und um wieder loszulaufen – auf seinen großen Gegner zu. Dieses Mal würde jener seiner hungrigen Klinge nicht entkommen. Wieder ein Hieb und das Sirren von scharfem Stahl in der Luft, Cullen's angestrengter, hörbarer Atem und ein lautes, gequältes Murren des magisch begabten Qunari. Blut quoll aus einer tiefen, klaffenden Schulterwunde des blinden Magiers, doch er gab nicht nach, sondern packte dieses Mal nach vorn; er ging tatsächlich in den Nahkampf über. Cullen wollte abweichen, um den gierigen Pranken des Widersachers auszuweichen, doch dieser hielt ihn bereits eisern fest und jagte durch seine Hände feindselige, schwindelerregend starke Magie durch den Leib des überwältigten Kriegers. Der Knight-Captain schnappte beschwerlich nach Luft, als ein abruptes, lautes Pfeifen und Dröhnen seinen Schädel zu zerreißen drohten und kleine Punkte viel zu plötzlich anfingen in seinem Sichtfeld umherzuspringen. Er blinzelte angestrengt und versuchte gegen die fremden Ströme, die das Lyrium in seinem Körper zum Aufwallen brachten, zu wirken; zur selben Zeit trat er so fest zu wie er konnte. Mit Letzterem hatte der Qun-Magier offenbar nicht gerechnet und sein schmerzender Griff lockerte sich in diesem kurzen Moment der Überraschung. Ein knapper Moment, den Cullen sofort ausnutzte, um sich Unverständliches knurrend loszureißen. Doch er fand keinen sicheren Stand und stürzte rücklings gen Erdgrund. Hastig richtete sich der am Boden Liegende wieder auf, um sich auf die Beine zu rappeln, da zuckte erneut vernichtend geladenes Mana über sein eingezogenes Haupt hinweg. Der unvorbereitete Mann fuhr erschrocken zusammen und duckte sich im letzten Moment noch von dem blau lodernden, rasenden Feuerschwall, der den Geruch nach purem Lyrium in die Dunkelstadtklinik hauchte, über sich fort. Wieder hatte der Qunari angegriffen, ihn jedoch verfehlt. Eine Annahme, die der Krieger Sekunden später revidierten sollte, als er seinen Blick anhob, um zurück zu dem großen Magier zu sehen. Jener hatte sich halb abgewendet und kratzte sich mit den unschönen Fingern fahrig über das halb verdeckte Gesicht. Blutige, verkohlte Hautfetzen hingen daran herab und glimmende Magie fraß sich knisternd durch den Stoff seiner dicken Kleidung. Wäre dieses Ding dazu fähig gewesen zu schreien, hätte es dies in diesem Augenblick wohl getan, doch der dicke Faden, der dessen Lippen zusammenhielt, hinderte den laut schnaufenden, schwer getroffenen Magiebegabten daran. Cullen musterte den angesengten Qunari aus argwöhnisch-verblüfften Augen bevor er sich hastig wieder auf seine zitternden Beine hievte. Erst, als ihm die zweite, schwelende Magieraura im Rücken auffiel, realisierte der Mann, was Sekunden zuvor geschehen sein musste: Jemand war ihm zur Hilfe geeilt, hatte den feindlichen Magier des Qun angegriffen und Cullen somit wertvolle Zeit verschafft. Anders. Der Templer, vor dessen geweiteten Augen die momentane Situation ablief wie in Zeitlupe, drehte sich herum und tat einen Ausfallschritt zur Seite, als die Temperatur im Raum wieder zu einer unglaublichen, drückenden Hitze anstieg und sich mit einem Mal stoßartig entlud, um den Gehörnten erneut frontal und mit einem lauten Rauschen und Zischen zu treffen. Nein. Der Blick des Templers haftete vollends entsetzt auf dem, der da im Eingang der Krankenstation stand, während der verkohlte Qunari hinter Cullen in die Knie ging. Das war nicht Anders. Und wenn doch... was war bloß mit ihm los? Blau glimmende, bösartige Augen sahen dem Knight-Captain eiskalt entgegen und eine kühle Miene ließ das Gesicht des Blonden aussehen, als bestünde sein Gesicht aus hartem Stein. Unzählige, tiefe Risse durchzogen die Haut des Magiers und legten die Sicht auf blaues, unnatürliches Licht frei. Es erschien dem wirren Templer so, als dränge der Heiler in diesem Augenblick das blanke Nichts selbst in die Klinik der Dunkelstadt und dieser fahle Hauch - im Zusammenspiel mit dem süßlichen Geruch nach verbranntem Fleisch - trieb ihm einen säuerlichen Geschmack in den Mund. Ein leichter Rußfilm hatte sich über die Erscheinung des schlanken Magiers gelegt und umgab seine halblangen, blonden Haare, seine Kleidung und sein verdrecktes, von Rissen aufgebrochenes Gesicht wie ein gräulicher Schleier. Blutspuren leisteten der Asche Gesellschaft und hafteten an Stoff, Haut und Leder; die dunkelrote Flüssigkeit verklebte den grau melierten Pelzbesatz an Anders' Schultern und verlieh ihm ein schreckliches Aussehen. Der so veränderte Heiler sah aus, als käme er direkt aus der Schlacht; man wusste nicht ob das Blut an ihm ausschließlich das seiner Feinde war und konnte sehen, wie sich sein Brustkorb unter seiner schweren Atmung hob und senkte. Dreckig schwarze Nebelschwaden krochen gespenstisch am Körper Anders' empor, tanzten über Ausrüstung, zerschlissenes Gewand und durch die strähnigen Haare des Mannes. Er wirkte bedrohlich und so... fremd. Fremder noch, als damals am schneeverwehten Marktplatz. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)