Blutschuld von abgemeldet (Seine Bestimmung war es Vampire zu jagen, nicht sie zu lieben) ================================================================================ Kapitel 11: Xei --------------- 11. Xei Er fühlte sich wie ein wütender kleiner Junge, als er sich dem herrschaftlichen Anwesen näherte. Immer noch ärgerte er sich über die Arroganz, mit der ihn der Hauptmann, wohl aus eigenen Ambitionen heraus, als ungenügend abgestempelt hatte. Der offensichtliche Stempel namens Beurlaubung, würde sicherlich noch längere Zeit für Belustigung innerhalb der Garde sorgen und seine Neider erfreuen. Scharf zog er die kühle Abendluft ein. Sein verletzter Stolz pumpte sein Blut heftig durch die Adern. Er hatte das Gefühl innerlich vor Zorn zu brennen. Er wusste, dass die Autoritären der Garde recht hatten und dieses Wissen, floss wie zähes Öl ins Feuer. Er wollte die Lästerer hinter seinem Rücken zum Schweigen bringen. Die Neider, die ihn mittlerweile als Schoßhund des Prinzen verlachten, sollten an ihren Worten ersticken. Ihn demütig um Verzeihung bitten. Er hatte keine Wahl. Er musste einfach seinen Ruf wieder herstellen und Iven zur Strecke bringen. Nicht zuletzt, um sich selbst aus dem Bann des Prinzen zu befreien. Verdammt, er war schließlich ein Elitejäger! Zweimal an einem Vampir, nur aufgrund dessen Charismas zu scheitern, war mehr als er sich leisten und ertragen konnte. Und dennoch, bei jedem Schritt, den er Richtung Eingang ging, fühlten sich seine Glieder schwerer an. Er musste sich zwingen weiter zu gehen. Gleichzeitig schrie sein ganzer Körper nach der dunklen Gegenwart Ivens. Die Angst wieder zu scheitern, kroch unerbittlich näher. Ja, er hatte den richtigen Vorsatz gefasst. Er musste sich befreien. Reagieren bevor er verstoßen wurde. Seine Reputation, die Ordnung in seinem Leben wieder herstellen. Er wollte endlich wieder in den Spiegel blicken können, ohne sich seiner selbst zu schämen. Er würde dem ein Ende setzen. Heute noch. Das Portal schien ihn erhaben einzuladen und zeitgleich düster eine Warnung auszusprechen. Jede Stufe nach oben, ein Schritt in die Tiefe. Er legte den Schal ab und präsentierte den Wachen am Einlass die Markierung an seinem Hals. Zwei belustigte Augenpaare klebten auf seinem Rücken, als er passierte. Sicher würden sie denke, dass er sehnsüchtig zu seinem Herren läuft, weil er dessen Abwesenheit nicht länger ertragen konnte. Einen Augenblick lang wollte er zurück rennen. Ihnen jeden Knochen einzeln brechen, ihre verdammten Herzen durchstoßen. Wieder schluckte er seinen Zorn runter. Wie recht sie doch hatten. Schließlich war er deshalb hier. Um sich loszusagen. Auch wenn er vermutlich nicht lebend entkommen würde, war alles besser, als dieses Gefühl in ihm. Der lange graue Gang wirkte mit seinen kühlen steinernen Säulen und den großen Rundbögen beruhigend auf sein Gemüt. Grabkammer, glomm es kurz in seinen Gedanken auf. Trostlos und ruhig. Einzig das Klappern seiner Schuhe trübte die Stille. Das und ein Schatten. Er hatte die Anwesenheit des Verfolgers bereits erahnt, als er das Tor passierte. Jetzt war er sich sicher. Seine Muskeln spannten sich. Ruckartig wandte er sich um. „Wie lange wollt ihr mir noch folgen?!“, spie er dem Verfolger herausfordernd entgegen. Ein süffisantes leises Lachen fing Luc ein. Langsam glitt der Schatten hinter einer Säule hervor. Der Anblick, der sich Luc bot, raubte ihm kurzzeitig den Atem. Das erste Wort, welches ihm zur Beschreibung einfiel, war einfach nur strahlend. Langes weißes Haar schimmerte silbern um die Silhouette der schlanken Gestalt. Der weiße bestickte Gehrock und das seidige Hemd erschienen neben dem hellen Antlitz beinahe fahl. Einzig der volle blutrote Mund, in dem markanten, mit hohen Wangenknochen gezeichneten Gesicht, bot einen Kontrast, zu der weißen Erscheinung. Ein verführerischer Farbtupfer in unschuldigem Schein. Wenn es Engel gäbe, würden sie wohl so aussehen. „Bitte verzeiht. Meine Neugier trieb mich an.“ Klar wie Wasser drang die Stimme an sein Ohr. Die Präsenz des Vampirs schien die ganze Umgebung auszufüllen und zu erleuchten. Er gehörte eindeutig zum höheren Adel. Vielleicht war sein Stand nicht minder den Ivens. Auf eine nicht zu definierende Art waren sie sich sogar ähnlich. Und dabei so gegensätzlich wie Tag und Nacht. Er musste auf der Hut sein. Die Warnung seines Mentors fortan als beliebtes Opfer zu gelten, schien sich zu bewahrheiten. Auch wenn er in dem Revier des Prinzen unter dessen Schutz stand, konnte er sich nicht einzig darauf verlassen. „Neugier auf was?“, war seine knappe Antwort. Ein Lächeln, süß versprechend. Der intensive Blick auf seinen Hals trieb ihm unweigerlich einen Schauer über den Rücken. „Nun, ich will es mal so ausdrücken. Ihr wurdet als Eigentum des Prinzen deklariert und Vampire von meinem Stand sehen darin eine gewisse Herausforderung.“ Die Offenheit verblüffte den Jäger. „Verstehe. Ich bin demnach für euch eine laufende Trophäe die es zu gewinnen gilt.“ Luc machte sich nicht die Mühe, seine Abscheu darüber zu verbergen. „Ihr solltet eure Situation nicht als so trübsinnig bewerten.“ Mit anmutigen Bewegungen näherte sich sein Gegenüber. „Immerhin wird es niemand wagen Hand an euch zu legen. Nicht einmal ich.“ Licht das ihn beinahe blendete. „Und erringen kann man einen markierten Menschen bedauerlicherweise nur mit dessen Einwilligung.“ Sanft strichen feingliedrige Finger wie Sonnenstrahlen über seine Wange. „Der Reiz besteht einzig darin herauszufinden, wie man die Beute zum erliegen bringt.“ Das reichte. Reflexartig warf er den Vampir nieder. Fixierte mit der Linken dessen Handgelenke auf dem kalten Steinboden, während sich sein Knie schmerzhaft in die Magengegend des Unterlegenen bohrte. Rasch zog er den geweihten Dolch aus seinem Stiefel, um den Vampir in Schach zu halten. Gekonnt führte er das kühle Metall an die Kehle des Vampirs, bevor dieser zu begreifen schien, wie schnell sich die Situation gewandelt hatte. Drohend bohrten sich seine grünen in die überrascht blickenden grauen Augen unter ihm. „Für mich seid ihr die Beute, Vampir! Wenn ihr also noch unter eures gleichen wandeln wollt, solltet ihr mir fern bleiben“, zischte er. Fasziniert musterten ihn die weichen grauen Augen. „Ein Jäger. Interessant. Iven hatte schon immer die Gabe sich in Schwierigkeiten zu bringen.“ „Und wer seid ihr, dass ihr euch aufspielt, wie einer der tatsächlich etwas zu sagen hat?“ „Ah, ihr interessiert euch also für mich. Das würde ich dann doch mal unter einem guten Anfang verbuchen.“ Der Druck an der Kehle des Vampirs erhöhte sich automatisch. „Keine Sorge. Ich will nur euren Namen wissen, damit ich dem Steinmetz sagen kann, was er in euren Grabstein meißeln soll.“ Der Faszination in dem Blick des Vampirs machte Belustigung platz. „Ich denke nicht, dass ihr es wagen solltet, den Bruder des Prinzen zu töten, Jäger.“ „Eure Überheblichkeit ist widerlich.“ Damit ließ Luc von dem Vampir ab und richtet sich auf. Er hatte keine Zeit für solch einen Disput. Seine Stärke war anderweitig gefragt. Lässig steckte er seinen Dolch in die Scheide in seinem Stiefel zurück. „Euren Namen, ihr habt ihn mir nicht genant. Oder wollt ihr in der Geschichte nur als 'der Bruder des Prinzen' eingehen?“ Die Bewegung war fließend, als sich der Weißhaarige erhob. „Geschichte kümmert mich nicht. Dennoch will ich euch gerne antworten. Man nennt mich Xei. Und ich hoffe doch, dass wir noch etwas Zeit haben uns kennen zu lernen, bevor ihr mich unter die Erde bringt?“ Der spöttische Unterton entging Luc in keinster Weise. „Ich habe besseres zu tun, als mich mit euch zu beschäftigen. Also erspart mir bitte weitere Plauderei.“ Für Luc war die Unterhaltung damit beendet. Für den Vampir nicht. Sanft wurde der Jäger an der Schulter gepackt und am Gehen gehindert. Als Luc registrierte, dass Xei ihn wie weine Woge aus Wasser und Luft einfing, war es bereits zu spät. Zärtlich aber bestimmt, wurde sein Rücken an die Brust des Anderen gedrückt. Die Lippen strichen weich an seinem Ohr, bevor der helle Klang seinen Kopf vollkommen ausfüllte. „Wir können auch gerne tiefer gehende Gespräche führen. Über eure Ängste, euren Schmerz. Gespräche von Sehnsucht und Wehmut. Oder ich zeige euch eine Welt ohne Grenzen. Ich kann euch Freiheit und Liebe schenken, Luciel. Wenn ihr mich lässt.“ Spätestens jetzt glaubt er dem Anderen. Er war Ivens Bruder. Durch und durch die gleiche Macht. Die gleiche Hilflosigkeit die er verspürte. Nur die Anziehungskraft war eine andere. Sie lockte ihn mit Ruhe und Frieden, dem Glanz des Lichts. Er durfte sich nicht ablenken lassen. Iven. Er war sein Ziel, oder vielmehr sein Tod. „Ihr haltet euch für unwiderstehlich, stimmt's?“ Luc blickte direkt in Xeis glänzende Augen. „Nein. Iven hält sich für unwiderstehlich. Und ist es wahrscheinlich auch. Ich halte mich nur für die bessere Wahl, von uns beiden.“ „Dann fällt mir die Entscheidung leicht. Keiner von euch. Ihr dürft euch beide gerne zum Teufel scheren.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, riss er sich aus der Umklammerung und ging. Wissend blickte Xei dem Jäger nach, bis sich dessen Schatten auch nicht mehr von seinen scharfen Vampiraugen ausmachen ließ. Ich wusste, dass du nicht gekommen bist um ein freundliches Tête-à-tête mit Iven abzuhalten, Luciel. Nimm dich in Acht. Von euch beiden ist er mit Abstand der Gefährlichere. Hosted by Animexx e.V. 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