Blutschuld von abgemeldet (Seine Bestimmung war es Vampire zu jagen, nicht sie zu lieben) ================================================================================ Kapitel 20: Hassliebe --------------------- 20. Hassliebe Sanft löste sich Xei aus dem Kuss. „Ich würde Iven verraten, wenn ich weiter gehen würde.“ Xei verhielt sich genau so, wie Luc es erwartet hatte. Ergebenheit, gleich wie hoch der Preis war. Intensiv musterte Luc den Vampir. „Dann gibst du lieber nach, anstatt zu kämpfen?“ Xei wich seinem Blick aus. „Es ist kompliziert.“ „Anscheinend“, antwortete der Jäger schneidend. Verärgert wandte er sich aus der Umarmung und setzte nach. „Wie du willst. Dann ertrage den Anblick, wenn ich mich in seine Arme werfe und verlange nicht von mir, dass ich Rücksicht auf dich nehme!“ „Luc bitte, du verstehst das nicht.“ „Doch ich verstehe sehr gut. Er ist dein Herr, du nur der Diener. Reden wir weiter, wenn du mit ihm auf Augenhöhe bist.“ Luc wusste, dass er Xei mit seinen Worten getroffen hatte. Er kannte nunmehr Xeis Schwäche – Eifersucht. Und er würde sie sich zu Nutze machen, um Iven zu vernichten. „Was ist nun? Wolltest du mich nicht zu deinem Gebieter bringen?“, fragte der Jäger gehässig. Xei schwieg, folgte Luc aber. Ein zarter Hauch von Mitgefühl hüllte Luc ein, als er in das betrübte Gesicht seiner Begleitung blickte. Xeis innerer Kampf war für Luc fast spürbar. Dennoch, er durfte sich keine Schwäche erlauben, wenn er gegen Iven bestehen wollte. Mitleid oder Rücksichtnahme hatten nunmehr keinen Platz in seinem Leben. Unbarmherzig würde er Xei dorthin treiben, wo er ihn haben wollte. Alleine um sich an dem Mörder seiner Familie rächen zu können. Sein Hass auf diesen und der Durst nach Vergeltung war vielleicht größer als je zuvor. Der Umstand, dass er ausgerechnet in Ivens Nähe bisher am schwächsten war, widerte den Jäger an. Er hatte sein Herz einem Vampir geschenkt. Sich den größten Fehler erlaubt. Jetzt musste er die Zeche dafür zahlen. Er würde jede Emotion für den Prinzen in den letzten Winkel seines Unterbewusstseins verbannen. Seinem Herz nicht länger erlauben Gefühle der Zuneigung zu hegen. Einzig der Drang nach Rache sollte nunmehr sein Wesen erfüllen und sein Handeln bestimmen. All die Jahre durch die Suche gezähmt, schlugen nun die Wellen aus Verbitterung und Hass, in einem Sturm der Zerstörungswut über ihm zusammen. Iven glaubte mit ihm spielen zu können. Nun würde sich bald herausstellen, wer der bessere Spieler war. Er war gewappnet, immerhin hatte er den besten Lehrmeister in Intriganz gehabt. Er würde seine Hiebe gezielt setzen. Wunden in die offengelegten Schwächen schlagen. Sie fuhren schweigend in der beorderten Kutsche. Luc würdigte Xei nicht eines Blickes mehr. Starr richtete er sein Blick nach draußen. Ein ungutes Ziehen in der Magengegend überkam den Dunkelblonden, als er in der Ferne die schemenhaften Umrisse von Ivens Anwesen ausmachte. Gleich würde sich zeigen, ob sein Hass wahrhaft so dominant war, dass er alle anderen Gefühle zurückstellen konnte. Er musste mit Bedacht vorgehen. Seine erste Handlung würde darin bestehen, Iven seine vermeintliche Liebe zu suggerieren. Er würde ihn reumütig um Verzeihung bitten und seine Liebe mit einem leidenschaftlichen Kuss untermauern. Er musste Iven von seiner Hingabe überzeugen. Gleichzeitig würde er damit das Feuer in Xei schüren. Er sollte mit eigenen Augen sehen, was er freiwillig für Iven opferte. Die Kutsche hielt an. Luc war vollkommen ruhig. Xei öffnete die Türe und trat hinaus in die Nacht. Die angebotene Hand wies Luc ebenso kühl zurück, wie er Xeis Lächeln ignorierte. Als er zum Eingang sah erkannte er Iven, der sich ihm Stufe für Stufe langsam näherte. Sein Gang war geschmeidig und raubtierhaft. Trotz der dunklen Erscheinung schien er in der Schwärze der Nacht zu strahlen. Erhaben und als Zierde der Finsternis. Hass und Liebe zugleich forderten Lucs Aufmerksamkeit. Er musste beides kontrollieren. Das Blut brannte in seinen Adern, als er seinem Feind entschlossen entgegen ging. Beherrscht verbarg er seine Emotionen und erwiderte fest Ivens intensiven Blick. Erst als sie sich gegenüber standen, senkte er seine Augen demütig zu Boden. „Ich bitte dich, verzeih mir.“ Sanft glitt die Hand des Prinzen unter sein Kinn. Luc ermahnte sich nichts als Liebe in seinen Ausdruck zu legen. „Ich wünschte ich könnte es nicht“, raunte ihm die volle Stimme entgegen. Es war einfacher als erhofft. Getrieben von dem Drang es schnell hinter sich zu bringen, legte der Jäger seine Lippen stürmisch auf die des Vampirs. Leidenschaftlich forderte dieser mehr als nur einen Kuss ein. Bereitwillig gab Luc nach. Einzig das Wissen, dass diese Intimität von Xei beobachtet, jede Regung verfolgt wurde, gab ihm die Kraft, seine innere Abneigung beiseite zu schieben. Nichts war mehr von der erotischen Ausstrahlung geblieben, die ihn bisher mühelos einfing. Luc sah nur noch die Bestie, die ihm so viel Leid beschert hatte. Als Iven verlangend seine Arme um die Taille des Dunkelblonden schlang und den letzten Abstand zunichte machte, keimten in Luc Erinnerung der gemeinsamen Nacht auf. Bereitwillig hätte er jede Folter lieber ertragen, als noch einmal in diesen Bildern gefangen zu sein. Die Vergangenheit so lebhaft wieder spüren zu müssen, kostete ihn mehr Selbstbeherrschung, als er im Stande war aufzubringen. Die Sehnsucht kam, obwohl es sie nicht geben sollte. Mehr als Iven, hasst er sich selbst in diesem Moment. Standhaft befreite sich Luc aus der Liebkosung. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich bleiben sollte.“ Verständnisvoll lächelte Iven ihn an. „Wenn du gehen willst, werde ich dich nicht zurückhalten. Aber wenn ich deine Nähe ertragen kann, kannst du es mir dann nicht gleich tun?“ Iven hatte recht und leistet damit unwissentlich einen Beitrag zu Lucs Entschlossenheit. Der Prinz hatte es geschafft, ihn in ein Geflecht von Lügen zu verstricken. Gleichzeitig hatte Iven dabei seine eigenen Gefühle so unter Kontrolle gehabt, dass sie stets nur seinem scharfen Verstand gehorchten. Bis jetzt. Wenn er gleiches mit gleichem vergelten wollte, dann musste auch er diese Stärke aufbringen. Falsche Worte kamen mühelos über seine Lippen. „Mir ist klar, dass es für dich unter der Last der Vergangenheit viel schwieriger ist, diese Liebe anzunehmen und zuzulassen. Gleichwohl ist mein Vertrauen erschüttert. Du hast mit mir gespielt, versucht mich zu manipulieren. Und es ist dir nur zu gut gelungen. Wie kann ich sicher sein, dass du nicht beschlossen hast, mich in trügerischer Sicherheit zu wiegen, nur um am Ende doch deine Rache einzufordern? Eine die mich mehr verletzen würde, als jeder Schwerthieb es könnte.“ Ein Anflug von Betroffenheit legte sich auf Ivens feine Gesichtszüge. Dennoch war sich Luc sicher, dass der Prinz längst nichts bereute. Wie könnte der Vampir auch? Erbarmungslos und gefühlskalt wie er war. „Du verlangst Beweise und du tust Recht daran. Aber bei all meiner Macht kann auch ich meine Gefühle nicht mit Greifbarem belegen. Ich kann nicht mehr tun, als dir sagen, dass es mir ernst mit meiner Liebe ist und versuchen dir dies mit meinen Taten fortan zu beteuern. Gleich der Vergangenheit. Ich habe versucht all meine Gefühle zu unterbinden und bin gescheitert. Mein Leben ist leer ohne dich. Gib mir eine Möglichkeit meinen Fehler wieder gut zu machen und dich zu überzeugen. Es wird keine Lügen oder Verheimlichungen mehr geben. Nichts als Wahrheit will ich dir geben.“ Die Worte waren mehr, als er erwartet hatte. Sie schlichen sich sanft in sein Innerstes, dorthin wo sie nichts zu suchen hatten. Mehr aus Verletzlichkeit als aus Berechnung, erwiderte der Jäger mit Vorwürfen auf das Geständnis. „Du hast mich bereits einmal mit Worten umgarnt. Worte, die dir immer leicht über deine Lippen kamen.“ Ein zunächst nicht deutbarer Ausdruck legte sich auf die ernste Mine des Vampirs. Erhabenheit, die sich in Ergebenheit zurück stellte. Bittend griffen Ivens Hände nach denen des Jägers. Fassungslos folgten grüne Augen dem Tun des Prinzen. Dieser sank zu Boden. Kniend mit zögerndem Blick, sah Iven zu Luc auf. Zum ersten Mal spiegelten die tiefschwarzen Augen Empfindsamkeit. „Ich lege dir zu Füßen was ich habe. Schenke mir noch einmal dein Vertrauen. Ich bitte dich.“ Beschämt schloss Iven seine Augen und schmiegte seine Wange an Lucs Handrücken. Der Jäger konnte diesen Anblick nicht ertragen. Er war gekommen, das Schwert zu führen, die Schlacht zu schlagen. Und nun wurde er bereits binnen weniger Augenblicke von seinem Feind aufgespießt. Verletzlichkeit, schärfer geführt, wie jeder andere Angriff zuvor. „Ich bitte dich steh auf! Diese Erniedrigung passt nicht zu dir und ich ertrage sie nicht!“ Bestimmt zog er der Prinzen wieder nach oben und verfluchte das rührselige Schwarz, das verschwommen glitzerte. Sein Herz schlug heftig gegen seine Brust. Wehklagend über dieses Eingeständnis von Schwäche. Wie glücklich hätte er sein können, gäbe es die Vergangenheit nicht. Unbeirrt blickte er ihr entgegen, entschieden die Emotionen niederzuringen. Alles andere auszublendend. Er hatte den Prinzen da, wo er ihn haben wollte. Reumütig und voller Hoffnung. Er musste weiter gehen, seinen Stand festigen. Zaghaft glitt die Hand des Jägers in das volle seidige Haar des Vampirs. Seine Lippen strichen fast über dessen Ohr, als er leise antwortete. „Ich denke ich kann mich auf Xeis Worte verlassen und bleibe.“ Lucs wachen Augen entging nicht der vernichtende Blick, der nun Xei zugeworfen wurde. Sein Herz frohlockte über den nun doch errungenen Sieg. Zufrieden ging er an Iven vorbei zur Treppe. Es dauerte eine Weile, bis ihm der Prinz folgte, doch kaum im Inneren des Anwesens angelangt, schloss Iven zu ihm auf. „Willst du mein Gemach oder eines der Gästezimmer beziehen?“ Herausfordernd funkelte Luc den Vampir an. „Das hängt davon ab, ob du mich heute Nacht bei dir haben möchtest.“ Die Begierde stand Iven deutlich ins Gesicht geschrieben. Der Prinz schien keinerlei Anstalten mehr zu machen, seine Gefühle zu verbergen. „Bist du dir sicher, dass du soweit bist? Eben sprachst du noch von verlorenem Vertrauen.“ Luc kannte die Antwort bereits als er fragte, „Warum klingen deine Worte so bitter, wo du doch Freude über meine offensichtliche Einladung empfinden solltest?“ Ivens dunkle Augen verengten sich. „Offensichtlich ist, dass ich es Xei verdanke, dass du bleibst.“ Es war keine Frage und dennoch bekräftigte Luc die Feststellung. „Ja, aber ich weiß nicht worauf du hinaus willst. Es klingt für mich so, als ob du seine Einmischung missbilligst. Dabei kam er auf deinen Befehl hin zu mir.“ „Es war kein Befehl, sondern eine Bitte. Und ich missbillige nicht das Ergebnis, sondern den schalen Beigeschmack dabei. Es kränkt mich, dass du ihm anscheinend mehr vertraust als mir und mehr Wert auf seine Äußerungen legst als auf die meinen.“ Ivens Gebaren ließ keinen Zweifel daran, dass es nicht nur um Stolz und Ehre sondern auch um Macht ging. Luc fühlte, dass er mit dieser Provokation den Wunden Punkt des Prinzen traf. „Wundert dich das?“, trieb er Ivens Mutmaßung auf die Spitze. Die Wehmut, die sich nun in den schwarzen Augen widerspiegelte, war wie Balsam auf Lucs Seele. „Nein, aber es schmerzt.“ Offenheit, die den Jäger ein gemeines Lächeln unterdrücken ließ. Die Kränkung ging tiefer als er dachte. Er würde weiter graben. „Bitte verzeih. Es ist nur so, dass sein einfühlsames Wesen die Gabe hat, mich völlig zu bezaubern. In seiner reinen Art kann ich keine Hinterlist finden und wenn er von Liebe spricht, dann sehe ich das wundervollste Geschöpf unter Gottes Himmel. Du sagtest selbst, wie angetan du von ihm warst, es immer noch bist. Mache mir bitte nicht zum Vorwurf, dass auch ich seinem Strahlen erliege. Seine Worte klinge für mich wie die eines Engels, auch wenn sie es nicht sind. Ich glaubte ihm und tue es noch. Und wenn es sein Verdienst war, dass ich mich erneut allen Widrigkeiten stelle, um bei dir zu sein, dann schuldest du ihm Dank und keinen Groll.“ Der Jäger wusste, dass er genau das Gegenteil von dem was er predigte erreichte. Mittlerweile kannte er Iven gut genug, um einschätzen können, wann dieser Gefühle zu ließ und wann er einfach nur Prinz war und lediglich zeigte, was andere sehen sollten. Bestätigend nickte der Prinz. „Nun gut, belassen wir es dabei.“ Genau das würde Iven sicher nicht tun. Schon bald würden sich Schwarz und Weiß wie bei einem Schachspiel gegenüber stehen. Eine Partie, die keiner von beiden gewinnen konnte, da sie nur auf Niedergang ausgelegt war. „Danke“, hauchte Luc in einem Kuss. Dann schmiegte er sich gefühlvoll an die Brust des Prinzen, dankbar für den Stoff, der seine Haut vor einer direkten Berührung schützte. „Du hast vielleicht recht. Ich sollte mein Sehnen nicht vorschnell mit körperlicher Gier stillen. Ich beziehe eines der Gästezimmer und werde meinem Herz die Zeit gewähren, die es braucht, um vollkommen, ohne Zweifel dir zu gehören.“ Damit hatte er nicht nur Ivens Verlangen geweckt und im selben Moment zurück gestoßen, sondern auch die Freiheit zur Interpretation gelassen, weshalb sein Herz noch nicht vollkommen ihm gehörte und zweifelte. Ganz Prinz akzeptierte der Vampir Lucs Wunsch und geleitete ihn in sein vorübergehendes Gemach. Als Luc müde in die weichen Bettlaken sank, war sein Kopf wirr. Solange hatte er gesucht. Und nun endlich, nach soviel Jahren, hatte er den Mörder seiner Familie gefunden. Er konnte Rache nehmen, auf eine Art, wie sie süßer nicht sein konnte. Er würde mehr tun, als eine ruhelose Seele in die Hölle schicken. Er würde sie zuvor brechen. Sie in die Verdammnis stürzen. Iven jede Hoffnung, jedes Lebensgefühl nehmen. Er sollte wissen, wie sich grauenvolle Leere anfühlte. So unerträglich, dass man sich selbst nach dem Fegefeuer sehnt, um den Schmerz zu betäuben. Er würde den Wahnsinn kennen lernen, der einen in die Tiefe reißt und nichts zurück lässt als Kälte. Doch warum konnte er seine Position nicht genießen? Sollte er nicht ein wenig Genugtuung darüber verspüren, dass nunmehr Iven der Betrogene sein wird? Der Prinz war für seine Verhältnisse bereits tief gesunken, alleine für ihn und es brauchte nicht mehr viel für den endgültigen Schlund der Rache. Seine Suche hatte ein Ende und das Ziel war zum Greifen nah. Dennoch war da dieses Gefühl, dass er sich in ein endloses Martyrium stürzen würde. Lucs Finger krallten sich tief in seine Handballen. Er konnte es einfach nicht abstreiten. Seine Liebe für Iven war Realität. Und gleich wie groß der Hass auf Iven nun war, sie verschwand nicht mit der Erkenntnis seiner Schuld. Sie krampfte fest an seiner Seele, die nur in den Himmel der Zweisamkeit steigen wollte. Eine Träne ätze sich langsam ihren Weg über seine Wange. Er würde nie wieder Glück spüren können. Jedes Streben darauf, verbrannt in der Hitze der Rachsucht. Ja, mein Prinz, ich werde dein Herz entzweireißen, so wie meines. Deine Seele meiner Hoffnungslosigkeit zum Geschenk machen. ~ Ich liebe die letzten beiden Sätze einfach ^.- Ich hoffe ihr hattet wieder Freude beim Lesen! Liebe Grüße, Teedy ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)