Blutschuld von abgemeldet (Seine Bestimmung war es Vampire zu jagen, nicht sie zu lieben) ================================================================================ Kapitel 37: Und so gab ich mein Herz ------------------------------------ 37. Und so gab ich mein Herz Etwas in ihm brach. Es tat weh. Er war hilflos den eigenen Gefühlen ausgeliefert. Dabei sah er doch seine Stärke darin. Die Bestätigung seines Glaubens, den Sinn seines Lebens. Zuflucht suchend trieb ihn sein Schmerz an den einzigen Ort, den er je als seine Heimat bezeichnen konnte. Kaum die Schwelle überschritten, kämpfte er, um nicht alle Kraft zu verlieren. Sein Körper fühlte sich in der Allmacht schwer, sein Verstand stumpf. Hier zu verweilen war ein Wagnis für seine Konstitution. Aber hier ging es nicht um seine Physis. Es war sein Herz, das ihn trieb und nach Geborgenheit und Schutz verlangte. Die kleine Kirche war menschenleer. Über die Jahre hinweg hatte sie nichts von ihrer vertrauten Schönheit eingebüßt. Weißes Gestein formte die runden Bögen des Gewölbes der Kapelle und vermittelten Obhut und Sicherheit. Ehrfürchtig schritt er in die mit Kerzenschein erhellte Nische der Halbkuppel und verweilte einen Augenblick still vor dem schlichten Altar. Demütig neigte er sein Haupt und sank in die Knie. Der Vampir zögerte kurz, bevor er dem Kreuz entgegenblickte. Nun habe ich also doch wieder meinen Weg zu dir gefunden. Dabei wollte ich diesen Ort um nichts auf der Welt noch einmal mit meiner Anwesenheit entehren. Es ist die Ausweglosigkeit, die mich zu dir führt. Mahnend, dass nichts endlich bleibt, bestaune ich dein Haus, deine Nähe spürend. Ich trage dir als Sünder meine stille Bitte nach Erlösung zu Füßen. Hoffend, dass mein Flehen erhört wird. Ich war nicht untätig. Ich suchte nach deiner Liebe im Dasein der Schatten. Mein Glaube war unerschütterlich. Ich wusste, dass mir Offenbarung nicht geschenkt, sondern nur von dir gewährt werden konnte. So viele Jahre blieb ich der Verzweiflung standhaft. Darauf vertrauend, ein Zeichen zu erhalten. Du hattest dich erbarmt. Es wurde mir zu Teil. Ich habe sie gefunden, die Vollkommenheit der Liebe. Sie durchströmt mich, erwärmt mein Herz und trägt meinen Körper schwerelos in ihrer Kraft. Es war ein langer steiniger Weg, dessen scharfen Kanten mich erst noch schneiden werden. Ich fürchte die Marter nicht, aber das Unvermögen meinem Peiniger gegenüber zu treten. Ich opferte eine zugängliche Hoffnung, um mich ganz einer anderen, einer aussichtslosen, verschreiben zu können. Ein befehlendes Herz, für ein zweifelndes. Eine Liebessucht, für den Liebeswunsch. Mit jeder Faser meines Körpers möchte ich mich dieser neu gewonnen Liebe hingeben. Aufopfern, um die Glückseligkeit gänzlich zu verdienen. Das Glück in meinem Inneren teilen, es zu seinem machen. Ein Sehnen, das mir verwehrt bleibt. Weltliches Heiligtum, das den göttlichen Anspruch bricht. Ich wurde von dir zurückgewiesen, bevor ich mich zum Geschenk machen konnte. Deine Arme schließen sich um mich, während deine Augen in der Ferne ruhen. Ich begehrte eine Fiktion, die Erfüllung danach, in reiner Berechnung von dir isoliert. Du hast meine Utopie in deinem Hass erstickt. Kein Gefühl für mich übergelassen. Würdest du nur etwas von mir fordern, ich würde es dir geben. Freudig jedes Martyrium durchleben. Einzig deine Zurückweisung kann ich nicht ertragen. Vertrautest du mir in dem Glauben, dass meine Liebe rein und unschuldig sei? Dass ich ihr gutmütig und ergeben folge, ohne Erwartung an den Lohn? Wenn ja, dann hast du zu viel an mich geglaubt. Immer war ich auf der Suche nach Vollkommenheit. Geleitet von Schuld. Geführt von Sehnsucht, selbst geliebt zu werden. Vorbehaltlos und wahrhaftig. Meine Hingabe fungierte stets nur als Schutz, vor dem was darunter liegt. Eine kranke Seele, verkommen an unerfüllter Liebe. Geschändet von unschuldigem Blut, geschlagen im wilden Zorn. Eifersucht als Leidenschaft, vernichtend für mich selbst, tödlich für meine Liebe. Noch schütze ich dich vor ihr. Noch habe ich Kraft festzuhalten. An uns. An meiner Illusion von Zweisamkeit. Meinem Streben nach dem Himmel. Du bist in Blut an mich gebunden, so wie ich in Liebe an dich. Tiefer als jedes andere Gefühl gehend. Gepriesen als mein Weg aus der Agonie. Das Göttliche dennoch nie erreichend. Führt mich dein Hass, den du als Fundament unserer Vereinigung gelegt hast, doch direkt in die Hölle. Mein Herz wird umsonst entzwei springen, an dem Blutvergießen, das du von mir verlangst. Ja, ich erkenne dein Kalkül. Immer sah ich es und glaubte stets an mehr. Hoffnung, die du mir nun nahmst. So sei es denn. Ich werde ihn führen, den Todesstoß, für dein Heil. Meines auf ewig im abtrünnigen Kampf zerschlagen. Vergeblich werde ich nach Vergebung flehen, nach Absolution, die mir nicht gewährt werden wird. Nur um dir erfolglos zu dienen, wissend immer unzureichend zu sein. Meine Vergangenheit verweilt belanglos, die Zukunft in deine Hände gelegt. In der Gegenwart hast du mich bereits jetzt in die Verdammnis gejagt. Du zeichnest meinen Weg, den ins Verderben. Bedingungslos werde ich ihn gehen. Für dich. Mit jedem Schritt, deiner Liebe bittend entgegen. Blut für meine Hände. Verrat für meine Seele. Dein Hass, der meine. Erlösung wird nie mein Dank sein. Erfüllung nur im Schmerz erfolgen. Weißt du es zu schätzen, Luc? Wenigstens dies? „Kann ich euch helfen, mein Sohn?“ Die sorgenvollen Worte eines Priesters durchbrachen den quälenden Gedankengang des Weißhaarigen. Die Beichte wäre schändlich. Das Gebet töricht. „Nein, habt dank. Mir ist nicht mehr zu helfen. Gott hat mich verlassen. Und es ist der Teufel der mich ruft.“ Und so gab ich mein Herz, hoffnungsvoll Frieden zu erlangen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)