Kira gegen den Rest der Welt von Riyuri ================================================================================ Kapitel 3: Date --------------- Es stellte sich heraus, dass das Leben unter ständiger Lebensgefahr gar nicht so schlecht war, wie es sich anhörte. Jedenfalls soweit ich es wusste. Ich hatte einen ganzen Stock für mich allein bekommen und es war immer wieder nett, morgens aufzustehen und zu wissen, dass man gleich echt super Gesellschaft bekam. Na gut, es waren erst vier Tage seit meiner Freilassung vergangen, also wirklich viel von diesem Leben in der Sonderkommission hatte ich noch nicht mitbekommen. Gähnend stieg ich in den Fahrstuhl, welcher mich geschwind nach unten brachte. Unterwegs stieg auch Matsuda in den Fahrstuhl ein, welcher mich mit einem aufgeweckten „Schönen guten Morgen, Akio!“ begrüßte, während ich noch schläfrig irgendetwas Unverständliches daher murmelte. Zum Glück war Matsuda darüber nicht böse; er kannte mich mittlerweile relativ gut und wusste, wie ich morgens drauf war. Vor allem im Fahrstuhl. Sobald ich ausgestiegen war und L zu Gesicht bekam, hatte sich meine Laune bisher immer schlagartig verbessert. Seltsam, nicht? Dieses Mal war es allerdings nicht so, da L nirgends in dem riesigen Raum aufzufinden war. Etwas verwundert fragte ich Watari darüber aus, welcher, zu meiner Überraschung, sich hier befand und nicht neben L. Freundlich lächelte er mich an, dann sagte er: „Keine Sorge, er schläft ausnahmsweise mal ein wenig länger.“ Oh mein Gott! L schlief…! Gut, jeder musste mal schlafen, aber bei L konnte man sich das echt verdammt schlecht vorstellen. Damit nicht jeder gleich auf die Idee kam, dass ich L besonders mochte, fügte ich noch eine Frage hinzu. „Und Light? Ah, wahrscheinlich ist er in der Uni, stimmt’s?“ Zufrieden nickte ich, weil ich ohne Hilfe diese Frage beantworten konnte. Ähm, na ja, war ja nicht besonders schwierig. Dennoch starrte mich Mogi ziemlich verdattert an und Aizawa riss die Augen auf. „Woher weißt du, dass Light ein Student ist?“ Ups. Geheime Information rausgerutscht? So ein Mist, Erklärung, wo bist du nur wenn man dich braucht? „Äh…“, stammelte ich. „Na, er… sieht halt danach aus…?“ Diese Antwort schien den Anderen zwar nicht zu genügen, dennoch fanden sie sich damit ab. Oje, wahrscheinlich würden sie es später L erzählen und dann gab’s Stress. Schlimmstenfalls wurde ich als Kira 2 verdächtigt. Verdammt! So klitzekleine Sachen konnten schon Verdacht erregen! Ich musste echt aufpassen, was ich sagte und was nicht. Ich war nur ein Mädchen, das sich einige Fakten über Kira zurecht gelegt hatte, mehr nicht. Ich kannte die Sonderkommission erst seit… Theoretisch erst seit vier Tagen. Unschuldig lachte ich leise, bloß niemanden auf falsche Ideen kommen lassen! Still setzte ich mich auf einen freien Stuhl. Unbeabsichtigt setzte ich mich dabei wie L hin, das hatte ich schon öfters gemacht. Nach kurzer Zeit fiel es mir es auf und ich veränderte meine Haltung in der Hoffnung, dass wieder keiner etwas bemerkt hatte. Innerlich lachte ich über mich selbst. Ich verhielt mich doch tatsächlich wie ein Verbrecher: Möglichst alles vertuschen. Schien so, als ob ich mir einige unnormale Verhaltensweisen und Ausdrücke abgewöhnen müsste. Dazu hatte ich ja mal gar keine Lust. Hastig wandte ich mich wieder dem Bildschirm zu, auf dem Misas Nachrichten abgespielt wurden. Kassette drei, wenn ich mich recht entsann. So viel Lärm um nichts, weil sie sich ja sowieso bald das erste Mal mit Light treffen würde. Ich hielt inne. Das erste Mal? Mal zusammengefasst hieß das, dass Light Rem kennenlernen würde, den Plan ausheckte und Misa und Light inhaftiert wurden, so wie ich. Aber… weil ich ja genauso schon gefangen genommen wurde, würde L es noch ein zweites und drittes Mal tun? Wie dem auch sei, am Besten ich verhinderte das Treffen zwischen den beiden. Das war doch zumindest ein Anfang. So weit, so gut. Wie machte ich das aber jetzt? Ich konnte Light ja schlecht den ganzen Abend überwachen. Mal überlegen… Er hatte Misa kurz vor seinem Haus auf dem Rückweg von der Uni getroffen. Und wo war er im Moment? Genau dort. Vielleicht konnte ich es so arrangieren, dass… Sofort sprang ich von meinem Sitz auf und rannte – mehr oder weniger – zum Fahrstuhl. Wieder einmal starrten mich alle dämlich an, was ich denn jetzt schon wieder machte. Ob sie mittlerweile schon die Schnauze voll von mir hatten? Während ich in meinem Zimmer hin und her lief, war ich mir sicher, dass die Kameras angeschaltet wurden und die anderen beobachteten, was ich so plötzlich tat. Viel zu sehen gab es jedoch nicht, nur dass ich einige wichtige Sachen zusammensuchte. Taschenlampe, Handy, Kopfhörer, Fotoapparat und noch ein paar andere nützliche Sachen. Inständig hoffte ich, dass ich die Kamera nicht benutzten musste. Reine Vorsichtsmaßnahme. Ich stopfte die ganzen Dinge in einen hellblauen Rucksack, den ich sozusagen als Willkommensgeschenk von Matsuda bekommen hatte, als ich ihm erklärte, dass ich nichts holen musste, weil ich ganz schlicht und einfach nichts besaß. Äußerst praktisch diese Tasche und nett von ihm. Ich hängte sie mir um und machte mich auf den Weg nach draußen. War ich in den letzten Tagen nur ein einziges Mal. Und das nur, um in den Scanner am Eingang meine Daten einzulesen. Unten wurde ich nun auch gefragt, wo ich denn hin wollte, worauf ich mit einem „kurzen Umsehen“ antwortete. Mein Verdacht, dass ich beim Einpacken überwacht wurde, hatte sich übrigens dadurch bestätigt, dass Aizawa noch hastig einen Knopf drückte, als ich rein kam und dann unschuldig die Hände von dem Steuerungscomputer für die Monitore ließ, als hätte ich nichts gesehen. Sollte mir doch egal sein. Ohne noch ein weiteres Wort zu sagen, lief ich aus dem Gebäude heraus und sah mich zu erst einmal um. Ich befand mich schier direkt an einer Hauptstraße, denn der Verkehr war wirklich obenbetäubend laut und ich hatte noch nie so viele Autos auf einmal gesehen. Eigentlich hatte ich immer in einem kleinen Kaff am Ende der Welt gelebt, weshalb ich Großstädte nicht wirklich kannte. Nur in Essen – Deutschland, versteht sich – war ich ab und an mal mit einigen Freunden. Folglich war das hier ein wahnsinniger Unterschied zu dem, was ich normalerweise gewohnt war. Ich beeilte mich, über die Straße zu kommen. Unmengen Menschen gingen an mir vorbei, an meinem ersten Tag hier war es mir nicht so extrem aufgefallen. „Entschuldigen Sie bitte!“ Höflich und noch immer schnell verbeugte ich mich, die Frau tat es mir gleich. Sie hatte eine gut aussehende Bluse an und eine beige Jacke darüber, einen Sekretärinnenrock in der gleichen Farbe. Vermutlich war sie auch eine Bürofrau. „Wissen Sie, wie ich zur Touou Universität komme?“, fragte ich sie in perfekt klingendem Japanisch. Okay, ich hatte zwei Jahre einen Kurs dafür besucht, aber damit kam man nicht so weit und mein Wortschatz war sowieso verschwindend gering. Wie konnte so etwas nur sein? „Aber sicher weiß ich das.“ Freundlich lächelte sie mich an. Anschließend beschrieb sie mir genauestens den Weg, den ich gehen musste. Zu erst mit der Straßenbahn drei Stationen, danach noch etwa zehn Minuten Fußweg. Nachdem ich mich – noch immer übertrieben höflich – von ihr verabschiedet hatte, wartete ich wie vorgeschlagen auf die Bahn. Ein Blick auf den Plan verriet mir, dass ich ganze achtzehn Minuten zu warten hatte. So was Blödes! Zum Glück hatte ich es nicht eilig, schließlich würde mein Plan auch noch zwanzig Minuten später gelingen, da war ich mir hundertprozentig sicher. „Hey, Puppe!“ Ich erschrak. War damit ich gemeint? Vorsichtig drehte ich meinen Kopf nach oben und sah einen Angst einflößenden Mann, der selbstbewusst, oder mehr egoistisch und hochnäsig, auf mich hinunter schaute. Schluckend antwortete ich mit einem kurzen „Guten Tag“ und wollte mich von dem Kerl abwenden, doch auf einmal griff er nach meinem Handgelenk und hielt mich fest. Ich spürte, wie mir das Blut aus den Armen wich. „B-Bitte, lassen Sie mich los.“ Ein wenig versuchte ich mich loszureißen, allerdings ohne Erfolg. Hau ihm eine rein!, befohl ich mir in Gedanken, aber mein Körper gehorchte nicht. Der fremde Mann begann damit, mir den obersten Knopf der Bluse aufzuknöpfen, weshalb ich entsetzt anfing, meine Hände hin und her zu wedeln. „Lassen Sie mich auf der Stelle los!“ Der Mann lachte dreckig. „Ah ja, und wer wird mir weh tun, wenn nich?“ Eins zu Null für den Kerl, auch wenn ich es nur ungern zugab. Auf einmal hörte ich eine vertraute Stimme, über die ich in dieser Situation sofort dankbar war. „Das werde ich dann übernehmen.“ Light! Noch nie war ich so glücklich, ihn zu sehen, aber gleichzeitig hatte ich auch Angst. Angst davor, dass der Mann vor mir plötzlich tot zusammensacken würde. „Soso, du Knirps?“ „Nein, ich der Polizist.“ Gekonnt öffnete Light eine Dienstmarke. Anscheinend hatte auch er eine mit gefälschtem Namen bekommen. „Wenn Sie das Mädchen jetzt loslassen, kann ich noch einmal ein Auge zudrücken.“ Auf Kommando ließ der Kerl, wenn auch widerwillig, von mir ab. Mit einem Knurren verdrückte er sich und ich blieb mit einem Schrecken zurück. Kein Wunder, dass Light diese Menschen hasste. [align type="left"]„Alles in Ordnung mit dir?“ Ich nickte. Gerade noch mal gut gegangen, und das nur dank Light. „Ja, danke.“ Aus unerfindlichen Gründen senkte ich den Blick und spürte, wie mir das Blut in den Kopf stieg. Im Hintergrund hörte ich Light lachen. Natürlich nicht seine Psycho-Lache, sondern eine nette, vielleicht sogar liebevolle. Ich hätte nur zu gern gewusst, was in diesem Moment in seinem Kopf vorging. „Sag mal, Light, ich dachte, du müsstest in der Uni sein?“[/align] „Ja, richtig. Allerdings ist der Professor heute nicht da, daher fallen zwei Kurse für mich aus.“ Ah, so ist das also. „Wohin warst du gerade unterwegs? Soweit ich weiß, bist du seit vier Tagen nicht draußen gewesen.“ Überrascht blickte ich ihn an. Okay, das war meine Chance! „Na ja, um ehrlich zu sein… Ich war gerade auf dem Weg zu dir.“ Light ließ sich von der Überraschung nichts anmerken, aber ich wusste, dass er damit nicht gerechnet hatte. „Also… Light, ich wollte dich fragen, ob du… Ob du heute Abend mit mir ausgehen möchtest.“ Ich senkte schon wieder den Blick. Man, war mir das peinlich! Fast schon ein indirektes Liebesgeständnis. Innerlich stutzte ich nach diesem Gedanken. Liebesgeständnis? Ich sollte nicht zu weit gehen, sonst… Haha, nein. Als ob sich Light in mich verlieben würde! Und ich mich schon gar nicht in ihn! Dafür hasste ich ihn einfach zu sehr. Oder besser gesagt den Kira in ihm. „Klar. Warum nicht?“ Hoppla, hatte er wirklich gerade zugesagt? Ein Strahlen stahl sich auf mein Gesicht und ich versuchte so glücklich wie möglich zu klingen. Light sollte denken, dass ich voll in ihn verknallt war. So lautete mein Plan. „Wie wär’s mit sieben Uhr? Dann kann ich nach der Uni direkt dich abholen. Ähm, wo bist du dann?“ Als ich ein wenig dämlich dreinschaute, erübrigte sich die Frage von allein. „Ah, okay. Ich hol dich dann in der Zentrale ab. Ich muss noch mal nach Hause. Auf Wiedersehen!“ Mit diesen letzten Worten ließ nun auch er mich zurück. Theoretisch konnte ich ebenfalls gleich zurück gehen, immerhin war meine Aufgabe jetzt erfüllt. Aber nun war ich schon draußen, warum sollte ich das nicht ausnutzen? Ich beschloss, noch wenigstens ein bisschen umher zu schlendern. Ein wenig umsehen, schließlich war man nicht jeden Tag urplötzlich in Japan. Es stellte sich heraus, dass einen hinter jeder Ecke etwas Unterwartetes erwartete. Egal ob es ein riesiger Bildschirm oder ein komischer, wie ein Agent aussehender Mann war. Seufzend setzte ich mich auf eine Bank. Japan war um einiges weniger spannend, als ich es gedacht hatte. Zwar waren da diese Sachen, aber dennoch war es nicht genug. Mit der Zeit hatte man sich daran gewöhnt. Wenn ich mir nichts wirklich Besonderes ansehen konnte, verzweifelte ich noch. Vielleicht sollte ich mal eine Sightseeing Tour machen. Mir fiel auf, wie genial der Gedanke war. Wenn ich mich schon mit Light traf, warum ließ ich mich dann nicht gleich von ihm herumführen? Vor Vorfreude sprang ich von der Bank auf, auf die ich mich eben vor Erschöpfung gesetzt hatte, woraufhin mich die alte Frau neben mir entsetzt anstarrte. Verlegen lachte ich und entschuldigte mich wie es so üblich war. Ich ging nach dieser kurzen Ruhepause erneut los. Diesmal auf den Weg nach Hause. Moment mal…! Nannte ich die Zentrale jetzt etwa schon Zuhause?! Das wurde ja immer schlimmer. Schien, als würde ich mich immer mehr an das Leben hier gewöhnen, und das nach der kurzen Zeit, die ich bisher hier verbracht hatte. Seufzend drückte ich meinen Rucksack enger an mich heran. Heute hatte er sich für mich als nutzlos erwiesen. Während ich über eine, die geschätzte Zehnte heute, Ampel schlurfte, beobachtete ich die anderen Menschen. Die meisten sahen bedrückt aus oder hatten ein Pokerface, wenn sie nicht sogar entsetzte Augen machten. Andere wiederum lächelten jeden weiteren Passanten an. Deren Optimismus wollte ich haben! Schließlich hatte ich keine Ahnung, wie es jetzt weitergehen würde, nachdem all meine Planungen über den Haufen geworfen wurden. Blöder Light! Ich wollte ihn doch heimlich von dem Treffen mit Misa abbringen und nicht gleich in ihre Rolle springen. Mal hoffen, dass trotzdem alles so verläuft, dass mein Hauptziel erreicht wird. Ich rette L! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)